Rede von
Wolfgang
Mischnick
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FDP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Herr Kollege Guttenberg, jetzt verwechseln Sie etwas: Sie verwechseln den allgemeinen Briefwechsel mit den Vorbehalten, auf die ich mich bezogen habe und die der damalige Bundeskanzler hier ausdrücklich dargelegt hat. Bitte lesen Sie das noch einmal nach. Dann werden Sie feststellen, daß der Vergleich mit dem, was Herr Strauß gesagt hat, stimmt. Es ist damit nicht der allgemeine Briefwechsel gemeint gewesen. Das war eine zweite Sache.
Herr Kollege Strauß, Sie haben davon gesprochen, die Darlegungen zum Münchener Abkommen seien so gewesen, daß Sie daraus eine Veränderung des Standpunktes gegenüber dem bei früheren Erklärungen eingenommenen herausgehört hätten. Ich habe mir noch einmal die Erklärung angesehen, die die Bundesregierung der Großen Koalition am 13. Dezember 1966 abgegeben hat. Darin hieß es ausdrücklich:
Auch mit der Tschechoslowakei möchte sich das deutsche Volk verständigen. Die Bundesregierung verurteilt die Politik Hitlers, die auf die Zerstörung des tschechisch-slowakischen Staatsverbandes gerichtet war. Sie stimmt der Auffassung zu, daß das unter Androhung von Gewalt zustande gekommene Münchener Abkommen nicht mehr gültig ist.
ich nehme an, Sie stehen zu dem, was Sie damals in Ihrer gemeinsamen Regierungserklärung gesagt haben. Genau um diese Fragen geht es in den weiteren Gesprächen, die geführt werden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, da ausgemacht ist, die Debatte um 16 Uhr zu beenden, möchte ich jetzt nur noch auf zwei Punkte eingehen. Die Koalition hat, wie hier mehrfach dargelegt worden ist, gemeinsam mit der Bundesregierung die sechs Punkte, das Ergebnis der Aussprache der Bundesregierung über einen möglichen Gewaltverzichtsvertrag mit der Sowjetunion nicht nur zur Kenntnis genommen, sondern als Grundlage solcher Verhandlungen angesehen. Diese sechs Punkte sind Ihnen bekannt. Trotzdem fangen Sie immer wieder an, davon zu sprechen, daß hier Unklarheiten vorhanden seien. Mit Recht hat Herr Minister Ehmke darauf hingewiesen, daß sich der Eindruck verstärken müsse, daß es gar nicht darum gehe, diese oder jene Frage sachlich zu klären, sondern darum, immer wieder in Zweifel zu ziehen, ob es überhaupt sinnvoll ist, mit der Sowjetunion ein Abkommen abzuschließen.
Wir bleiben bei der Auffassung, daß es sinnvoll ist.
Wenn Sie in Zweifel ziehen — das ist der zweite Punkt —, daß überhaupt verhandelt werden könne, dann scheinen Sie überhört zu haben, daß auch von sowjetischer Seite vor wenigen Tagen deutlich gemacht worden ist, daß die Sowjetunion bereit sei, mit uns über diesen Gewaltverzichtsvertrag zu verhandeln. Das macht deutlich, daß keine Rede davon sein kann, daß das, was hier an Aufzeichnungen vorliegt, etwa ein fertiger Vertragsentwurf wäre. Es ist vielmehr der Ausgangspunkt für weitere Verhandlungen. Es wäre gut, wenn Sie sich endlich entschlössen, einmal konkret zu sagen, was Sie gegebenenfalls bei solchen Verhandlungen anders geregelt wissen wollen oder wo Sie glauben, daß zusätzliche Punkte eingebaut werden müssen. Unterrichtet worden sind Sie im zuständigen Ausschuß.
Wenn Sie aber diese Fragen beantworten sollen, entsteht doch immer wieder die gleiche Situation,
daß ein Teil von Ihnen sagt: ja, wir sind zu Verhandlungen bereit, ein Teil sagt: es hat gar keinen Sinn, Abkommen zu treffen,
und der andere Teil praktisch offenbleibt. Entscheiden Sie sich endlich einmal! Sind Sie bereit, Verträge mit der Sowjetunion abzuschließen, oder sind Sie dazu nicht bereit?
Diese Frage müssen Sie beantworten.