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ID0605403500

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag 54. Sitzung Bonn, Dienstag, den 2. Juni 1970 Inhalt: Anteilnahme des Bundestages an den Naturkatastrophen in Peru und Rumänien 2749 A Regelung für die Einreichung von Fragen während der Parlamentsferien . . . 2749 B Amtliche Mitteilungen 2749 C Beratung des Weißbuchs 1970 zur Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland und zur Lage der Bundeswehr (Drucksache VI/765) 2750 A Schmidt, Bundesminister . 2750 A, 2806 C Dr. Zimmermann (CDU/CSU) . . 2762 A Buchstaller (SPD) 2767 A Jung (FDP) 2772 C Brandt, Bundeskanzler 2778 A Dr. Klepsch (CDU/CSU) 2780 D Wienand (SPD) 2786 D Ollesch (FDP) 2791 D Stahlberg (CDU/CSU) 2794 A Pawelczyk (SPD) 2796 A Damm (CDU/CSU) 2799 A Schmidt (Würgendorf) (SPD) . . 2803 B Dr. Wörner (CDU/CSU) 2811 A Schriftlicher Bericht des Verteidigungsausschusses über den Jahresbericht 1969 des Wehrbeauftragten des Bundestages (Drucksachen VI/453, VI/800) Ernesti (CDU/CSU) 2813 D Horn (SPD) . . . . . . . . 2814 A Jung (FDP) 2814 C Nächste Sitzung 2815 C Anlage Liste der beurlaubten Abgeordneten . . 2817 A Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 54. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 2. Juni 1970 2749 54. Sitzung Bonn, den 2. Juni 1970 Stenographischer Bericht Beginn: 14.00 Uhr
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    Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordneter) beurlaubt bis einschließlich a) Beurlaubungen Dr. Ahrens * 4. 6. Alber * 4. 6. Amrehn * 4. 6. Bals * 4. 6. Bauer (Würzburg) * 4. 6. Benda 2. 6. Berberich 5. 6. Dr. Birrenbach 8. 6. Blumenfeld * 4. 6. Frau Dr. Diemer-Nicolaus * 4. 6. Dr. Dittrich ** 2. 6. Draeger * 4. 6. Dr. Erhard 7. 6. Fritsch * 4. 6. Dr. Furler * 4. 6. Dr. Gölter 2. 6. Frau Herklotz * 4. 6. Dr. Hermesdorf (Schleiden) * 4. 6. Heyen 6. 6. Hösl * 4. 6. Katzer 5. 6. Dr. Kempfler * 4. 6. Frau Klee * 4. 6. Freiherr von Kühlmann-Stumm 2. 6. Lenze (Attendorn) * 4. 6. Dr. Martin 5. 6. Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Dr. Meinecke (Hamburg) 3. 6. Dr. Müller (München) * 4. 6. Müller (Remscheid) 6. 6. Pfeifer 4. 6. Pöhler * 4. 6. Richter * 4. 6. Dr. Rinderspacher * 4. 6. Roser * 4. 6. Dr. Rutschke * 4. 6. Dr. Schmücker * 4. 6. Dr. Schulz (Berlin) * 4. 6. Sieglerschmidt * 3. 6. Strauß 2. 6. Frau Dr. Walz * 4. 6. Werner 2. 6. Zebisch 3. 6. Zoglmann 5. 6. b) Urlaubsanträge Bartsch 20. 6. Dr. Jenninger 21. 6. Säckl 21.6. Schmidt (München) 19. 6. *Für die Teilnahme an einer Tagung der Versammlung der Westeuropäischen Union ** Für die Teilnahme an Ausschußsitzungen des Europäischen Parlaments
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    Rede von Kurt Jung


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Nein, diese Antwort bedeutet nicht, daß Herr Schmidt diese nukleare Komponente abschafft. Ich verweise auf die Interviews — ich komme nachher noch darauf —, die er auch im Zusammenhang mit der NATO-Ministerkonferenz in Rom gegeben hat. Es bedeutet, daß er bereit ist, diese Komponente im Rahmen der gegenseitigen Abrüstungsbemühungen in Frage zu stellen. Ich empfehle Ihnen, dieses Interview einmal kurz nachzulesen.

    (Abg. Stahlberg: Lesen Sie mal, was der Verteidigungsminister Herrn Schultz in der ersten Debatte in diesem Hause geantwortet hat!)

    — Lassen Sie mich kurz die Behandlung der zivilen Verteidigung zu Ende bringen. Es entspricht genau den Vorstellungen und den Forderungen der Freien Demokraten und unserer Festellung, daß eben die militärische Verteidigung inkonsequent ist und sinnlos werden kann, wenn ihr die zivile Verteidigung in der Dotierung, der materiellen Ausstattung und der Effektivität nicht entspricht,

    (Abg. Damm: Sehr richtig!)

    wenn der eine Sektor nicht fugen- und reibungslos in den anderen übergeht.

    (Abg. Damm: Sehr richtig!)

    — Ich freue mich, Herr Damm, daß Sie mir hier zustimmen.
    Zur Frage der Verkürzung des Grundwehrdienstes wird in dem Weißbuch eine Reihe von Modellen entwickelt. Wenn sich das Verteidigungsministerium hinsichtlich dieser Modelle auch noch nicht entschieden hat, so ist es doch klar, daß die Probleme der Personalstruktur der Bundeswehr ohne eine einschneidende Verkürzung in der Zukunft nicht gelöst werden können. Es ist schon jetzt abzusehen, daß sich die Kommission, die diese Frage nochmals untersuchen wird, in dieser Richtung entscheiden muß. Wir Politiker sollten hier und heute schon deutlich sagen, daß der Zug in diese Richtung fährt. Wir Freien Demokraten jedenfalls stehen nicht an, das hier und heute auch deutlich zu sagen.
    Allerdings haben wir die Forderung auf Verkürzung des Grundwehrdienstes auch nie isoliert erhoben. Wir haben damit eine ganze Reihe von Forderungen verbunden, insbesondere hinsichtlich der Behebung des Unteroffiziersmangels. Eine Einbuße an Kampfkraft soll nach unserer Vorstellung insbesondere aber auch dadurch verhindert werden, daß das bislang weitgehend ungenutzte Potential an ausgebildeten Reservisten für unsere Verteidigungsanstrengungen mit eingesetzt wird. Hierzu bedarf es eines wesentlich verbesserten Mobilmachungssystems. Auch in dieser Hinsicht sehen wir uns durch den Inhalt des Weißbuches vollauf bestätigt. Wir Freien Demokraten sichern der Bundesregierung schon jetzt unsere volle Unterstützung zu bei



    Jung
    ihren Bemühungen, die ausgebildeten Reservisten in unsere Verteidigungsanstrengungen einzubeziehen, auch im Rahmen der Präsenz. Wenn die Bundesregierung bereits vor einigen Wochen den Reservisten nach Abschluß ihres Grundwehrdienstes die Anweisung erteilt hat, im Verteidigungsfall zu ihren alten Einheiten zurückzukehren, so ist auch das ein Schritt in die richtige Richtung.
    Das Verteidigungsweißbuch unterstreicht die seit 1967 gültige NATO-Doktrin der flexiblen Reaktion. Auch die FDP ist seit langem der Ansicht, daß diese Doktrin einen erheblichen Fortschritt gegenüber dem Prinzip der massiven Vergeltung darstellt. Letzteres war eigentlich nie recht glaubhaft und konnte deshalb auch nicht in dem Maße abschrekkend wirken, wie es erforderlich ist. Nur durch eine hochmoderne, leistungsfähige konventionelle Rüstung 'der Bundeswehr kann innerhalb der NATO unseren berechtigten sicherheitspolitischen Interessen Rechnung getragen werden. Mit Bedauern müssen wir feststellen, daß nicht zuletzt die schwierige Konjunkturlage — wie Herr Buchstaller es sagte —, in der wir uns infolge der unterlassenen Maßnahmen der früheren Bundesregierung in diesem Bereich befinden, zu Streichungen und zu Streckungen gerade im konventionellen Rüstungsbereich führen wird.
    Die Situation der Bundeswehr, wie sie im Weiß- buch in bezug auf die Rüstungsplanung aufgezeigt ist, zeigt, wie sehr die FDP mit ihren von mir vorgetragenen Forderungen — ich erinnere an die Etatdebatte im Jahre 1968 — recht behielt, bei der Beschaffung atomarer Trägersysteme zugunsten der konventionellen Ausrüstung und des Personalbereichs zu kürzen. Schon damals schlug 'die FDP eine Kürzung um eine runde Milliarde D-Mark vor und forderte die Umschichtung dieser eingesparten Mittel — zumindest eines Teils dieser eingesparten Mittel, nämlich von 500 Millionen DM — zugunsten des personellen Bereichs. Wäre man damals diesem Vorschlag gefolgt, brauchten wir heute über die Probleme, über die wir uns nur unterhalten, gar nicht mehr sprechen; denn dann wären sie zumindest im personellen Bereich schon im wesentlichen in den letzten beiden Jahren gelöst worden.

    (Zustimmung bei der FDP.)

    Vielleicht darf ich eines deutlich machen, nachdem hier in einer Zeitung steht, daß von mir Kritik an Minister Schmidt geübt wurde, weil diese Umschichtung jetzt eben nicht durchgeführt worden sei: Diese Forderung bezieht sich auf das Jahr 1968. Ich bitte Sie, die Protokolle nachzulesen. Es ist also nicht eine Forderung, die hier und heute gestellt wurde, sondern die von uns damals gestellt worden ist. Und ich weise nochmals darauf hin: Vieles wäre in der Zwischenzeit bereits erledigt worden.
    Unter dem Druck der Umstände muß jetzt eine Reihe von Waffensystemen, wie schon in den vorhergegangenen Reden erwähnt, zum Teil zeitlich gestreckt und zum Teil gekürzt werden. Aber man soll jetzt aus den Sünden der Vergangenheit lernen und - hier wende ich mich an Sie, Herr Dr. Klepsch — nicht mit billigen Schlagworten wie „Butter statt Kanonen", wie die CDU es jetzt tut, eigene Fehler verschleiern.
    Nach Streichung des Main-Battle-Tank 70 sowie der Fregatten stehen wir jetzt vor einer Kürzung des Etats für die Beschaffung der Transporthubschrauber CH 53. Das wird natürlich Folgen haben, die nicht nur auf taktischer und technischer, sondern auch auf ökonomischer Ebene zu suchen sind. Eine Streichung des Programms um rund 40 % würde bedeuten, daß eine neue Heereskonzeption erarbeitet werden muß. Denn es liegt auf der Hand, daß eine so starke Kürzung von 135 auf 80 natürlich die höhere Luftbeweglichkeit des Heeres beeinträchtigen würde. Auch die niedrigere Produktionszahl wird zwar die absoluten Kosten verringern, aber nicht die stückzahlunabhängigen Fixkosten. Dadurch wird der einzelne Hubschrauber natürlich teurer.
    Auch scheint mir der Lizenzbau dann in Frage gestellt, wenn eine so starke Kürzung vorgenommen wird, weil dieser zumindest nach den Angaben, die uns seinerzeit im Verteidigungsausschuß gemacht wurden, an sich nur bei etwa 120 vertretbar sei. Die deutsche Luftfahrtindustrie, die sich zum Teil bereits auf dieses Programm eingestellt hat, wird natürlich erhebliche Ausfälle an Kapazitäten hinnehmen müssen. Diese werden auch Auswirkungen auf die Beschäftigungslage haben. Was mir aber viel wichtiger ist, ist der Verlust an Know-how, der bei der Entwicklung und bei dem Bau solcher Systeme insbesondere der gesamten Volkswirtschaft zugute kommen könnte.
    Aber nicht nur die CH 53 ist betroffen, sondern auch andere Waffensysteme, z. B. der Luftwaffe. Ich erinnere daran, daß zur gleichen Zeit, als die FDP ein Waffensystem bekämpfte, das mit dem für eine Zwischenlösung horrenden Stückpreis von rund 25 Millionen DM veranschlagt wurde — Sie wissen, es war die „Phantom" —, die FDP die Vorantreibung eines europäischen Gemeinschaftsprojekts „Neues Kampfflugzeug" forderte, das den Anforderungen der siebziger und achtziger Jahre gerecht werden sollte, insbesondere mit Rücksicht auf unsere politische, militärpolitische und geographische Situation. Aus dem NKF wurde dann das MRCA, das in der Tat, Herr Minister — und hier muß ich Herrn Zimmermann recht geben —, sowohl diesem Parlament als auch uns Mitgliedern im Verteidigungsausschuß als das Nachfolgemuster für die Fiat G 91 und die F 104, den Starfighter, vorgestellt wurde. Wie anders könnte den dieser Name „Multi-Roll" —„Mehrfach" — und für mehrere Zwecke einzusetzendes Flugzeug — zustande kommen? Denn das bedeutet ja eben MRCA. Der Systemstückpreis sollte bei etwa 10 Millionen DM liegen. Mittlerweile zeichnet sich in der Tat durch die Verhandlungen im Konsortium ab, daß dieses Flugzeug nicht geeignet ist, alle die Aufgaben zu übernehmen, die ihm ursprünglich - ich sage ursprünglich, nicht nach den Verhandlungen im Konsortium — zugedacht waren. Deswegen steht nun die Frage, ob man statt der vorgesehenen 800 nur 400 beschafft. 800 sollten zum Gesamtpreis von knapp einer Milliarde beschafft werden. Diese 400 werden aber nach meinen



    Jung
    Schätzungen bei einem Systempreis pro Stück liegen, der näher bei 30 Millionen denn bei 10 Millionen DM liegt, wie es ursprünglich vorgesehen war. 400 werden dann 20 % mehr kosten, als ursprünglich insgesamt vorgesehen war, und dafür haben wir dann nur die Hälfte der vorgesehenen Flugzeuge. Außerdem müssen wir gerade für den Air-closesupport, für die Erdkampfunterstützung, nun ein anderes Flugzeug konzipieren. Zumindest die Kollegen im Verteidigungsausschuß kennen die Absicht, zu diesem Zweck das deutsch-französische Trainerprojekt mitzuverwenden.
    Meine Damen und Herren, vergessen wir aber auch nicht die Geschichte um den „Matador". Die seit Jahren betriebene Entwicklung der 30-MillimeterPanzerflak hat inzwischen etwa 200 Millionen DM verschlungen. Trotzdem liegen immer noch keine greifbaren Ergebnisse vor. Ich möchte Sie, meine Kollegen von der CDU/CSU, in diesem Zusammenhang daran erinnern, daß vor wenigen Tagen Ihr Vorsitzender, Herr Kiesinger, gesagt hat, man solle diese Koalition vor dem 14. Juni bekämpfen, wo man sie bekämpfen könne, und alles offenlegen. Herr Minister Schmidt, ich fordere Sie auf: Legen Sie noch vor dem 14. Juni diese Geschichte offen! Informieren Sie die Öffentlichkeit und machen Sie deutlich, wer hier versagt hat und wo die Schwächen liegen!

    (Beifall bei den Regierungsparteien. — Lachen bei der CDU/CSU.)

    Denn, meine Damen und Herren, so kann man es nicht machen.
    Ich möchte darüber hinaus empfehlen, Herr Minister, daß alle Projekte, über die wir in den letzten beiden Jahren befunden haben, in die Überprüfung mit einbezogen werden, damit wir sehen, ob wir noch die Möglichkeit haben, zugunsten der konventionellen Seite auf Streichungen, die nicht in unser Gesamtkonzept hineinpassen, zu verzichten.
    Es wäre sicher zweckmäßiger gewesen, den schon vor Jahren gemachten Vorschlägen der FDP, von denen ich vorhin sprach, zu folgen und Einsparungen nicht im Konventionellen, sondern im Bereich der nuklearen Trägermittel vorzunehmen. Der entstandene Schaden ist kurzfristig nicht zu beseitigen. Wir dürfen jedoch mit Interesse feststellen, daß man bei der NATO-Ministerratstagung in der vorigen Woche nicht mehr unter allen Umständen auf der Beibehaltung der nuklearen Trägersysteme der Bundeswehr bestanden hat. Hier verweise ich nochmals auf die beiden Interviews vom 27. und 31. Mai, die der Verteidigungsminister gegeben hat.
    Wir haben Verständnis dafür, daß über die sogenannte nukleare Komponente der deutschen Verteidigung nicht nur unter rein verteidigungs- oder rüstungspolitischen und auch nicht etwa nur unter rein finanzpolitischen Aspekten gesprochen werden kann. Vielmehr sind hier vorrangig sicherheits- und außenpolitische Gesichtspunkte zu berücksichtigen. Das bedeutet, daß wir Freien Demokraten eine Politik unterstützen werden, die einen Verzicht auf die nuklearen Trägersysteme mit der Forderung auf Äquivalenz und entsprechenden Sicherheitsgewinn gegenüber dem Warschauer Pakt und besonders der Sowjetunion verknüpft. Es ist vollkommen klar, daß jede außenpolitische Möglichkeit ausgeschöpft werden muß, um aus einer etwaigen Hingabe der nuklearen Komponente den höchstmöglichen Sicherheitsgewinn zu erzielen.
    Ich möchte an dieser Stelle wiederholen, daß die langjährige Forderung der FDP nach Verzicht auf die Trägersysteme nie allein gestellt wurde, sondern stets mit der Forderung nach präzise vereinbarter Arbeitsteilung im Bündnis und einem Gesamtwandel in der Struktur unseres Verteidigungspotentials gekoppelt wurde, einem Wandel, von dem vieles in der Ankündigung des Weißbuches zu erkennen ist.
    Anders ausgedrückt: In der sehr maßvollen Erklärung über die Bereitschaft zu einer Einbeziehung der nuklearen Komponente in ein etwaiges gegenseitiges Sicherheits- und Entspannungsarrangement mit den Ländern des Warschauer Paktes sehen die Freien Demokraten ein Politikum ersten Ranges. Hier deutet sich ein Wandel an, der deshalb hoch einzuschätzen ist, weil er das Prinzip der flexiblen Reaktion aus dem militärstrategischen in den eigentlichen politischen Bereich hinein ausweitet, und zwar in die für uns alle wünschbare Richtung auf Entspannung, Abbau von Konfrontation und Friedenssicherung. Die Regierung und Helmut Schmidt haben in dieser Richtung die volle Unterstützung der FDP, einer Richtung, die wir nunmehr in der dritten Legislaturperiode konsequent ansteuern.
    Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zum Abschluß noch eine grundsätzliche Bemerkung machen. Als diese Koalition die Regierungsverantwortung übernahm, war in einigen politischen Bereichen im Parallelogramm von Kontinuität und Fortsetzung des Bisherigen einerseits und von Wechsel und Reform andererseits das Gewicht auf die Reform zu legen. Dies galt und gilt für den Sicherheits- und Verteidigungsbereich ganz gewiß, nicht weil ein Regierungswechsel stattgefunden hatte, sondern weil frühere Regierungen, auch solche, an denen wir beteiligt waren, einen Rückstau hatten auflaufen, einen Stillstand hatten eintreten lassen.
    Wir haben mit Interesse die Methodik Helmut Schmidts beobachtet. Er hat sich zunächst an eine Bestandsaufnahme gemacht, die im Unterschied zu so mancher früheren Bestandsaufnahme diesen Namen wirklich verdient. Er fand im Zuge dieser Bestandsaufnahme einige unveränderbare und von uns nicht beeinflußbare Daten vor. Andere Daten und Fakten aber waren veränder- und beeinflußbar. Diese Daten und Fakten wurden und werden geprüft, und ich meine, nach einer gründlichen Prüfung muß eben das Ministerium dann auch die konkreten Maßnahmen hier diesem Hause vorlegen.
    Wir begrüßen, daß die Verteidigungs- und Sicherheitspolitik nicht vordergründig auf eine Koalitionsstromlinie à la kleinster gemeinsamer Nenner gebracht wurde, sondern daß sie objektiviert und rationalisiert wurde. Die Probleme der Bundeswehr liegen nunmehr deutlich vor aller Augen. Niemand



    Jung
    kann sich mehr an ihnen vorbeidrücken. Die Weichen sind gestellt. An diesem Hohen Hause wird es jetzt weitgehend mit liegen, ob und wie schnell wir zu Lösungen kommen, die einerseits der sich ständig verändernden internationalen Lage vollauf Rechnung tragen, andererseits aber auch unseren Friedenswillen immer wieder überzeugend unter Beweis stellen, ohne unsere fundamentalen Sicherheitsinteressen zu vernachlässigen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)



Rede von Dr. Richard Jaeger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Meine Damen und Herren, das Wort hat der Herr Bundeskanzler.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von: Unbekanntinfo_outline


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()

    Meine Damen und Herren! Zunächst möchte ich hier vor dem Hohen Hause, wie ich es auch im Kabinett getan habe, denen danken, die direkt und indirekt zu dem Zustandekommen des Weißbuches beigetragen haben. Es gehört ein ungewöhnlicher Arbeitsaufwand dazu, die große Bestandsaufnahme durchzuführen und ihre Ergebnisse zusammenzufassen.
    Hinter dem Inhalt des Weißbuches und den konkreten Vorschlägen steht die Bundesregierung in ihrer Gesamtheit. Für uns gehören diese Vorschläge zum Programm der Reformen, das in der Regierungserklärung vom 28. Oktober vergangenen Jahres angekündigt worden war. Ich finde, das Weißbuch ist auch ein gutes Beispiel, wie man Probleme und Alternativen für die interessierte Öffentlichkeit durchsichtig machen kann.
    Der Bundesverteidigungsminister wird selbst zu antworten wissen auf das, was Herr Dr. Zimmermann in seinem Beitrag vorgebracht hat. Aber ein paar Punkte möchte ich jetzt in meinem Beitrag herausgreifen. Zumal zu dem ersten Punkt möchte ich etwas sagen, der mehr ins Parteipolitische ging und der dabei wirklich auch in die Irre ging.

    (Unruhe bei der CDU/CSU.)

    Ich will versuchen, das zu erklären. Die Vermutung von Herrn Dr. Zimmermann war, der Bundesverteidigungsminister habe das Weißbuch nicht so früh auf dem Markt haben wollen, wie es auf dem Markt hätte sein können, weil dies seine Stellung innerhalb seiner Partei auf deren Parteitag in Saarbrücken beeinträchtigt hätte. Das ist wirklich nicht wahr!

    (Zurufe von der CDU/CSU: Warum?)

    — Ich will versuchen, -das zu erklären. Erstens: Die Verantwortung dafür, daß das Weißbuch dem Kabinett noch im Mai und nicht, wie ich hier dem Hohen Hause angekündigt hatte, erst im Juni unterbreitet wurde, trage ich; denn ich habe den Verteidigungsminister gebeten, in einem bestimmten Zeitpunkt mit dem Kollegen Leussink zu tauschen, weil dieser wegen der Verzögerung an anderer Stelle seinen Bericht über Bildung und Wissenschaft erst jetzt, nämlich übermorgen, ins Kabinett bringen kann, während er für Mai vorgesehen war. Herr Kollege Schmidt war mit dem Vorziehen auf Mai einverstanden, was zu bestimmten Fristverkürzungen in seinem Hause und bei seinen Mitarbeitern geführt hat. Er hat mir selbst gesagt, daß er es begrüßt hätte, wenn das vor jenem Parteitag, auf den Bezug genommen worden ist, vorgelegen hätte. Das war nicht zu machen, weil es einen bestimmten zeitlichen Abstand nun einmal gab zwischen Verabschiedung durch den Sicherheitsrat der Bundesregierung, anschließend die Bundesregierung insgesamt und Drucklegung. Das kann sich jeder ausrechnen. Das steckt dahinter!

    (Zurufe von der CDU/CSU.)

    Im übrigen aber, Herr Kollege Zimmermann, muß ich auch den Mangel an Logik bedauern; denn erstens haben Sie unterstellt, Herr Schmidt habe das Weißbuch nicht vor Saarbrücken haben wollen, weil es dort seine Stellung hätte erschweren können, und in einem späteren Teil Ihrer Rede haben Sie gesagt, Herr Schmidt habe Rücksicht genommen auf Strömungen, denen er habe Rechnung tragen wollen. Das eine Argument paßt mit dem anderen nicht zusammen.

    (Beifall bei der SPD. — Zurufe von der CDU/CSU: Wo ist denn da der Unterschied?)

    Aber lassen wir das; ich habe einen wichtigeren Punkt. — Sie wissen selbst, daß dies ein Abgleiten der Argumentation, ein unnötiges Abgleiten, ins Parteipolitische war

    (Beifall bei den Regierungsparteien)

    zu einem Punkt, wo es nicht erforderlich ist. Das wissen Sie genau.
    Aber ich habe einen wichtigeren Punkt. Herr Kollege Zimmermann, wenn ich Sie vorhin bei Ihrer Rede richtig verstanden habe, haben Sie in bezug auf unseren Hinweis auf das streng defensive Prinzip unserer Verteidigung gesagt, hier handle es sich um eine fast servile Betonung des defensiven Prinzips. Das war kein guter Satz. Das war kein guter Satz, denn, meine verehrten Damen und Herren, das defensive Prinzip kann, wie die Dinge in der Welt stehen, von uns und für uns gar nicht deutlich genug unterstrichen werden!

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Darum unterstreiche ich es! Meine Damen und Herren, ich werde das begründen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Herr Bundeskanzler, ein Zwischenruf: Herr Zimmermann hat auch gesagt, daß dieses Prinzip bisher immer das grundlegende Prinzip der Bundeswehr war! — Lebhafte Zustimmung bei der CDU/CSU.)

    Ich wende mich gegen das Wort von der fast servilen Betonung! Das weise ich im Zusammenhang
    mit dem Weißbuch auf das nachdrücklichste zurück!

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Aber — und das hat jetzt nichts mit einer Polemik
    unter uns zu tun — weil wir, weil diese Regierung
    wie Regierungen sonst in der Bundesrepublik immer



    Bundeskanzler Brandt
    noch und immer wieder feindseligen Behauptungen ausgesetzt sind, sollte auch von meiner Seite

    (Zurufe von der CDU/CSU. — Zuruf von der SPD: Seid doch mal ruhig! — Zuruf von der CDU/CSU: Er ist doch kein Gott!)

    hier noch einmal festgestellt werden: die Bundeswehr dient ausschließlich der Verteidigung. Dies ist nicht nur so, weil es nach Ausrüstung, Organisation und Integration in das Bündnis nicht anders sein kann; es ist auch so, weil wir es nicht anders wollen!

    (Beifall bei den Regierungsparteien. — Zurufe von der CDU/CSU: Wir alle!)

    — Ich habe gesagt: Ich sage dies unabhängig von den polemischen Bemerkungen, die voraufgegangen sind!
    Das Gesetz, nach dem diese Bundesrepublik Deutschland angetreten ist, der Auftrag, der uns gestellt ist, schließt die Anwendung jeder Art von Gewalt als Mittel der Politik aus. Wir haben unsere Sicherheit in einem Bündnis gleichgesinnter Nationen gesucht, das ausschließlich auf Verteidigung eingestellt ist. Darüber hinaus haben wir unsere Bereitschaft erklärt, mit jedermann Abkommen zu schließen, die in den gegenseitigen Beziehungen die Anwendung oder Androhung von Gewalt ausschließen, und wir sind dabei, solche Abkommen vorzubereiten und nach Möglichkeit zu verhandeln. Es ist wichtig, daß wir uns dabei in vollem Einvernehmen mit unseren Verbündeten befinden. Es hat keinen Sinn, diese Feststellung, die ich in aller Kürze hier noch einmal treffe — die Feststellung über das volle Einvernehmen mit unseren Verbündeten —, ih Frage zu stellen.
    In der vorigen Woche, als noch nicht die Formulierung des NATO-Kommuniqués vorlag — sie lag erst am Abend des Tages vor, an dem hier die außenpolitische Debatte stattfand —, an jenem Mittwoch hat der Kollege Strauß den Hinweis auf das Einvernehmen mit den Verbündeten teils für nicht richtig, teils für nicht so wichtig gehalten. Herr Kollege Zimmermann sagt demgegenüber — und da habe ich besonders aufmerksam zugehört —, daß er und seine politischen Freunde mit Gesprächen mit den Staaten des Warschauer Pakts auf der Basis des NATO-Kommuniqués — ich habe sehr wohl verstanden: des ungekürzten NATO-Kommuniqués — einverstanden wären. Das ist eine ungewöhnlich wichtige Feststellung, die hier heute vor diesem Hohen Hause getroffen worden ist. Denn, meine Damen und Herren, dies ist die Politik der Regierung. Die Regierung hat an diesem Kommuniqué in allen seinen Teilen mitgewirkt.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Dies ist die entscheidende Basis unserer Politik gegenüber anderen.
    Heißt dies ein Einschwenken in Richtung auf ein gemeinsames Bemühen? Heißt es das Ankünden eines Abschlusses der totalen Opposition gegen diesen Teil unserer Politik? Wenn es dies 'bedeuten sollte, dann könnte ich nur sagen: jeder wäre uns dabei willkommen.

    (Abg. Wehner: Die wollen nur per Anhalter fahren!)

    Meine Damen und Herren, wenn draußen in der Welt oder in einem bestimmten Teil der Welt jemand behauptet, er kenne Angriffspläne, die in den Panzerschränken der Bundeswehr lägen, so ist das nicht nur feindselige Propaganda, sondern böswillige Verleumdung.

    (Sehr gut! bei der CDU/CSU.)

    Ich erkläre mit Nachdruck, daß es bei uns solche Pläne nicht gibt.

    (Beifall ,bei den Regierungsparteien und bei Abgeordneten der CDU/CSU.)

    Wenn man meint, der Bundeswehr oder den Verbündeten mit dem Schlagwort einer Vorwärts-Strategie eine aggressive Planung unterstellen zu können, so soll jeder wissen, daß weder die NATO noch die Bundeswehr militärische Pläne verfolgt, die über die Grenzen des vom Bündnis geschützten Gebiets hinausgehen. Diese Grenzen aber sichert das Bündnis, und zwar ganz vorn, gegen jede Bedrohung.
    Die Bundeswehr allein, meine Damen und Herren, wäre sowohl als Instrument der Abschreckung wie als Instrument der Verteidigung für diese Aufgabe nicht ausreichend. Sie ist von den Kräften und Hilfsmitteln der Allianz abhängig und kann ihre Aufgabe nur im Verband und gemeinsam mit anderen auf deutschem Boden stationierten verbündeten Streitkräften erfüllen. Für die Sicherheit Europas und der Bundesrepublik Deutschland bleiben besonders das politische Engagement und eine ausreichende militärische Präsenz der Vereinigten Staaten für eine nicht absehbare Zukunft unerläßlich. Die Bundesregierung wird weiterhin das in ihren Kräften Stehende dazu beitragen, daß diese Voraussetzungen der gemeinsamen Sicherheit gewährleistet bleiben.
    Die Nordatlantische Allianz ist, wie wir hier alle wissen, nicht nur ein Bündnis zur gemeinsamen Verteidigung, sondern sie hat sich zugleich die Aufgabe gestellt, nach einem stabilen Frieden in Europa zu suchen. Die Bundesregierung ist an diesen Bemühungen aktiv beteiligt, davon war schon die Rede. Eine Friedensordnung für Europa ist nur zu erreichen, wenn das relative Gleichgewicht der Kräfte erhalten bleibt. Andernfalls würde nicht nur unsere Sicherheit gefährdet, sondern es würden auch die Aussichten für einen Ausgleich zwischen West und Ost schwinden. Ich sehe nicht ein, warum wir uns wegen dessen streiten müssen, was die Fachleute MBFR, ausgewogene, gleichgewichtige, gleichwertige Begrenzungen von Truppen und Rüstungen, nennen. Ich kenne das, was damit zu tun hat, nun ziemlich genau; ich war an dem hier mehrfach zitierten Reykjaviker Vorgang im einzelnen beteiligt und war es auch seitdem. Ich weiß aber — ohne das zu überschätzen — natürlich auch, daß es ein Unterschied ist, ob das Bündnis durch seinen Ministerrat ein Signal — das Signal von Reykjavik



    Bundeskanzler Brandt
    hat man es damals genannt — ins Kommuniqué hineinnimmt oder ob man durch die Erörterungen seitdem — und es ist ja viel mehr aufgeschrieben worden, als jetzt dort veröffentlicht worden ist — und nun durch die Beratungen in Brüssel und anderswo dazu gekommen ist, eine eigene Erklärung des Bündnisses zu diesen Fragen herauszugeben.
    Ich bin der Meinung, wir sollten auf diesem Gebiet der gleichwertigen, ausgewogenen Rüstungsbegrenzungen nicht kurzatmig argumentieren. Hier geht es überhaupt nicht darum, wer was heute oder morgen oder übermorgen dazu sagt, sondern hier geht es darum, daß keiner von uns, denke ich, den Gedanken daran aufgeben will, daß der Tag kommen muß, an dem darüber verhandelt wird, wie diese größte Konzentration militärischer Zerstörungsmittel, die es je in der Geschichte in einem solchen Raum gegeben hat, durch etwas Vernünftigeres abgelöst und, was die Massivität angeht, reduziert werden kann.
    Insofern ist dies ein paralleler Vorgang zu den Bemühungen der Vereinigten Staaten, mit der Sowjetunion über eine Begrenzung der strategischen, zumal der interkontinentalen strategischen Rüstungen zu sprechen. Ich sehe das alles auf längere Sicht. Aber ich sage jedenfalls: auch der Skeptiker muß zugeben, daß es gut und vernünftig ist, daß die westliche Seite über eigene solide Vorschläge auf diesen Gebieten verfügt und daß nicht etwa im Bewußtsein mancher Leute die Sicherheitsproblematik oder gar die Friedenssehnsucht in falschen Händen oder irgendwo einseitig angesiedelt bleiben. Hier muß der Westen unabhängig davon, wann so etwas .wirklich zum Tragen kommen kann, selbst initiativ und aktiv sein.

    (Abg. Damm: Unstrittig!)

    Ich möchte noch einen ganz kurzen Blick auf die innere Ordnung der Bundeswehr werfen dürfen, die das Weißbuch auf Grund der bisherigen Ergebnisse der kritischen Bestandsaufnahme ausführlich behandelt. Unsere Sorge gilt, wie es der Verteidigungsminister hier heute mittag gesagt hat, vor allem einer höheren Wehrgerechtigkeit und einer angemessenen Fürsorge für die Angehörigen der Bundeswehr. Damit werden wir auch der Überwindung der Personalschwierigkeiten einen großen Schritt näherkommen. Die Bundesregierung ist entschlossen, geeignete Maßnahmen zu treffen, um diese Probleme zu lösen. Ich bitte das Hohe Haus, die Bundesregierung weiterhin bei ihren Bemühungen zu unterstützen, die innere und vor allem auch die soziale Ordnung der Bundeswehr zu verbessern. Die vorgeschlagenen Maßnahmen sind erforderlich, damit die Bundeswehr ihren Auftrag für die Allgemeinheit möglichst gut erfüllen kann.
    Unsere Soldaten und die zivilen Angehörigen der Bundeswehr verdienen auch eine Hebung ihres sozialen Status, denn sie haben in den vergangenen 15 Jahren — oft unter schwierigen Bedingungen — wesentlich dazu beigetragen, daß uns der Frieden erhalten geblieben ist. Die Angehörigen der Bundeswehr, nicht zuletzt die jungen Wehrpflichtigen, sollen wissen, daß ihr Dienst an ,der Gemeinschaft von der Gesellschaft und für diese von Regierung und Parlament, besser gesagt, von Parlament und Regierung anerkannt und gewürdigt wird.

    (Beifall.)

    Noch eine Bemerkung, Herr Kollege Zimmermann, was die Mittel für die Verteidigung angeht. Ich denke, wir sind uns darin einig, daß Verständigungsschwierigkeiten zwischen uns auftreten, wenn — manchmal am gleichen Tage, jedenfalls in einer gewissen Parallelität — von uns erwartet wird, wir sollten a) weniger Geld ausgeben und b) mehr Geld ausgeben. Das geht nicht gut zugleich. Sosehr ich das verstehen kann, was Herr Kollege Zimmermann gesagt hat — er steht damit ja auch nicht allein, auch nicht mit dem, was er im Hinblick auf die räumliche Ausdehnung des Hohen Hauses gesagt hat —, wir stehen andererseits vor der Tatsache, daß seine eigenen Fraktionskollegen keine entsprechenden Anträge im Haushaltsausschuß gestellt haben, sondern daß man sich dort quer über die Parteien hinweg auf einen Vorschlag verständigt hat, der dem Hause in dieser Woche unterbreitet wird. Der Haushaltsausschuß ist dabei sogar ein bißchen weitergegangen, als die Regierung es ihm vorgeschlagen hatte; das nur nebenbei.
    Meine Damen und Herren, ich möchte hier als Bundeskanzler deutlich sagen — auch dies nicht als Polemik und schon gar nicht als Retourkutsche —: was in diesem Jahr ,aus konjunkturpolitischen Gründen notwendig sein mag, darf nicht — hier weiß der Verteidigungsminister mich an seiner Seite —zum Ausgangspunkt und Maßstab für kommende Jahre werden. Das möchte ich hier ganz deutlich sagen.

    (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten ,der FDP und CDU/CSU.)

    Ich bin überzeugt, 'meine Damen und Herren, daß die von der Bundesregierung vorgeschlagenen Maßnahmen und die entsprechenden Entscheidungen des Parlaments dazu beitragen werden, die Sicherheit unseres Landes weiterhin zu ,gewährleisten und, so hoffe ich, zugleich die Opfer, die der Friede von uns fordert, gerechter zu verteilen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)