Rede:
ID0605401500

insert_comment

Metadaten
  • sort_by_alphaVokabular
    Vokabeln: 69
    1. der: 4
    2. Sie: 3
    3. zur: 3
    4. daß: 3
    5. in: 3
    6. zum: 3
    7. und: 3
    8. Kollege: 2
    9. sich: 2
    10. noch: 2
    11. Kenntnis: 2
    12. zu: 2
    13. nehmen,: 2
    14. eine: 2
    15. Herr: 1
    16. Buchstaller,: 1
    17. ich: 1
    18. möchte: 1
    19. Sie,: 1
    20. damit.: 1
    21. nicht: 1
    22. mehr: 1
    23. an: 1
    24. Unnützem: 1
    25. vergeuden,: 1
    26. fragen,: 1
    27. ob: 1
    28. bereit: 1
    29. wären,: 1
    30. das: 1
    31. Weißbuch: 1
    32. zwei: 1
    33. Teile: 1
    34. zerfällt,: 1
    35. nämlich: 1
    36. einen: 1
    37. sicherheitspolitische: 1
    38. Analyse: 1
    39. zweiten: 1
    40. Zusammenstellung: 1
    41. von: 1
    42. Maßnahmen: 1
    43. Verbesserung: 1
    44. sozialen: 1
    45. Situation: 1
    46. Soldaten,: 1
    47. wären: 1
    48. bereit,: 1
    49. Zimmermann: 1
    50. ausschließlich: 1
    51. ersten: 1
    52. Teil,: 1
    53. hierzu: 1
    54. mit: 1
    55. Recht: 1
    56. sehr: 1
    57. kritisch,: 1
    58. geäußert: 1
    59. hat,: 1
    60. aber: 1
    61. zweite: 1
    62. Teil: 1
    63. hier: 1
    64. vom: 1
    65. Kollegen: 1
    66. Klepsch: 1
    67. abgehandelt: 1
    68. werden: 1
    69. wird?\n: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag 54. Sitzung Bonn, Dienstag, den 2. Juni 1970 Inhalt: Anteilnahme des Bundestages an den Naturkatastrophen in Peru und Rumänien 2749 A Regelung für die Einreichung von Fragen während der Parlamentsferien . . . 2749 B Amtliche Mitteilungen 2749 C Beratung des Weißbuchs 1970 zur Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland und zur Lage der Bundeswehr (Drucksache VI/765) 2750 A Schmidt, Bundesminister . 2750 A, 2806 C Dr. Zimmermann (CDU/CSU) . . 2762 A Buchstaller (SPD) 2767 A Jung (FDP) 2772 C Brandt, Bundeskanzler 2778 A Dr. Klepsch (CDU/CSU) 2780 D Wienand (SPD) 2786 D Ollesch (FDP) 2791 D Stahlberg (CDU/CSU) 2794 A Pawelczyk (SPD) 2796 A Damm (CDU/CSU) 2799 A Schmidt (Würgendorf) (SPD) . . 2803 B Dr. Wörner (CDU/CSU) 2811 A Schriftlicher Bericht des Verteidigungsausschusses über den Jahresbericht 1969 des Wehrbeauftragten des Bundestages (Drucksachen VI/453, VI/800) Ernesti (CDU/CSU) 2813 D Horn (SPD) . . . . . . . . 2814 A Jung (FDP) 2814 C Nächste Sitzung 2815 C Anlage Liste der beurlaubten Abgeordneten . . 2817 A Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 54. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 2. Juni 1970 2749 54. Sitzung Bonn, den 2. Juni 1970 Stenographischer Bericht Beginn: 14.00 Uhr
  • folderAnlagen
    Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordneter) beurlaubt bis einschließlich a) Beurlaubungen Dr. Ahrens * 4. 6. Alber * 4. 6. Amrehn * 4. 6. Bals * 4. 6. Bauer (Würzburg) * 4. 6. Benda 2. 6. Berberich 5. 6. Dr. Birrenbach 8. 6. Blumenfeld * 4. 6. Frau Dr. Diemer-Nicolaus * 4. 6. Dr. Dittrich ** 2. 6. Draeger * 4. 6. Dr. Erhard 7. 6. Fritsch * 4. 6. Dr. Furler * 4. 6. Dr. Gölter 2. 6. Frau Herklotz * 4. 6. Dr. Hermesdorf (Schleiden) * 4. 6. Heyen 6. 6. Hösl * 4. 6. Katzer 5. 6. Dr. Kempfler * 4. 6. Frau Klee * 4. 6. Freiherr von Kühlmann-Stumm 2. 6. Lenze (Attendorn) * 4. 6. Dr. Martin 5. 6. Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Dr. Meinecke (Hamburg) 3. 6. Dr. Müller (München) * 4. 6. Müller (Remscheid) 6. 6. Pfeifer 4. 6. Pöhler * 4. 6. Richter * 4. 6. Dr. Rinderspacher * 4. 6. Roser * 4. 6. Dr. Rutschke * 4. 6. Dr. Schmücker * 4. 6. Dr. Schulz (Berlin) * 4. 6. Sieglerschmidt * 3. 6. Strauß 2. 6. Frau Dr. Walz * 4. 6. Werner 2. 6. Zebisch 3. 6. Zoglmann 5. 6. b) Urlaubsanträge Bartsch 20. 6. Dr. Jenninger 21. 6. Säckl 21.6. Schmidt (München) 19. 6. *Für die Teilnahme an einer Tagung der Versammlung der Westeuropäischen Union ** Für die Teilnahme an Ausschußsitzungen des Europäischen Parlaments
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Werner Buchstaller


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Ja.


Rede von Dr. Manfred Wörner
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Kollege Buchstaller, ich möchte Sie, damit. Sie sich nicht noch mehr an Unnützem vergeuden, fragen, ob Sie bereit wären, zur Kenntnis zu nehmen, daß das Weißbuch in zwei Teile zerfällt, nämlich zum einen in eine sicherheitspolitische Analyse und zum zweiten in eine Zusammenstellung von Maßnahmen zur Verbesserung der sozialen Situation der Soldaten, und wären Sie bereit, zur Kenntnis zu nehmen, daß sich der Kollege Zimmermann ausschließlich zum ersten Teil, und hierzu mit Recht sehr kritisch, geäußert hat, daß aber der zweite Teil hier noch vom Kollegen Klepsch abgehandelt werden wird?

(Zurufe von der SPD.)


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Werner Buchstaller


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Ich nehme das gern zur Kenntnis. Aber gestatten Sie mir, dazu etwas zu sagen. Erstens glaube ich, daß jeder von uns, der sich mit der Debatte zu befassen hat, nicht nur auf das einzugehen hat, was heute gesprochen wird, sondern auch auf das, was in den letzten Tagen geschrieben wurde.

    (Zustimmung bei der SPD.)

    Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode —54. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 2. Juni 1970 2769
    Buchstaller
    Minister Schmidt hat mit einem gewissen Recht einige Punkte angesprochen, über die inzwischen schon geschrieben worden ist.

    (Abg. Dr. Wörner: Er hat eine Stunde geredet! Herr Zimmermann hatte nur 30 Minuten!)

    — Er hätte 45 Minuten Redezeit beantragen können. Das ist doch gar keine Frage.
    Hier geht es doch einfach um folgendes, Herr Dr. Klepsch; das muß einmal klar ausgesprochen werden.

    (Abg. Dr. Klepsch: Los, raus! Worum geht es?)

    Es geht darum, ob Sie anerkennen wollen, daß zur Stärkung der Verteidigungspolitik und der Schlagkraft der Streitkräfte Priorität Nummer eins die Lösung der Personalprobleme und der Personalschwierigkeiten in der Bundeswehr sein muß. Wenn Sie dem zustimmen, können Sie keinen anderen Weg wählen, als eine Umschichtung im Haushalt für Verteidigungslasten vorzunehmen.

    (Beifall bei der SPD.)

    Wenn Sie aber- -

    (Zuruf von der CDU/CSU.)

    — Entschuldigen Sie, herr Dr. Klepsch!

    (Abg. Dr. Klepsch: Ich habe nichts gesagt! Abg. Stahlberg: Wir haben Vorschläge gemacht! Die haben Sie nicht angenommen.)

    — Entschuldigen Sie! Selbstverständlich! Wir werden auch auf diese Vorschläge wieder eingehen,

    (Abg. Dr. Marx [Kaiserlautern]: Nach Weihnachten!)

    wenn wir in dem Umschichtungsprozeß, der eingeleitet worden ist., die Summen verlagern können, die dazu notwendig sind.
    ich weiß, daß auch Sie nicht ohne soziales Gewissen die Frage der Bundeswehr untersucht haben.

    (Zuruf des Abg. Dr. Marx [Kaiserslautern]: ist das wahr?)

    Selbstverständlich! Aber weil Sie nicht bereit waren, den vielleicht gar nicht so populären Schritt einmal zu tun,

    (Zuruf von der CDU/CSU: Populär ist das doch bestimmt!)

    Rüstungsaufgaben und Rüstungsausgaben etwas zu strecken, waren Sie einfach nicht in der Lage und wären Sie auch künftig nicht in der Lage, das, Problem zu lösen. Das ist die Kernfrage, auf die, wie ich annehme, Herr Dr. Klepsch noch eingehen wird.
    Die Fragen, ob die Bundeswehr und ob Verteidigungsanstrengungen überhaupt nötig sind, nehmen in dem Maße zu, in dem wir uns in Mitteleuropa von dem zweiten Weltkrieg entfernen. In anderen Teilen der Welt zeigt sich auch deutlich, daß die Folgen eines Einsatzes von Waffen nicht wert sind, mit Gewalt nationale Ziele zu verfolgen, eine Ideologie zu verbreiten oder irgendeinen Gebietsanspruch durchzusetzen. Die Streitkräfte unserer Zeit sind nur noch geeignet, anderen Staaten gegenüber das Recht zur Verteidigung zu behaupten. Ein System der Abschreckung soll den Einsatz von Waffen verhindern. Der Zweifel, ob dieses System diese Aufgabe zu lösen vermag, scheint begründet. Solange jedoch noch nichts gefunden ist, was an seine Stelle treten kann, bleibt es bei der Gemeinschaftsaufgabe, die .Abwehr zu organisieren. Dies sollten
    wir gemeinsam, unserer Bevölkerung klarmachen.
    Andererseits müssen wir uns-auch die Angehörigen der Bundeswehr - bemühen, Konflikte ohne Waffengewalt zu beseitigen. Ich spreche hiermit das weite Feld der Friedens- und Konfliktforschung an. Die Bundeswehr wird von ihren Gesichtspunkten aus für beide Gebiete wertvolle Beiträge liefern müssen und liefern können.
    Es ist nicht meine Absicht, jetzt in allen Einzelheiten auf den Inhalt des Weißbuches einzugehen. Das werden meine Kollegen im Laufe der Diskussion noch tun. Es sei mir jedoch gestattet, einige Punkte des Weißbuches hervorzuheben.
    Während das Weißbuch 1969 die Frage der Sicherheits- und Verteidigungspolitik nur kurz anspricht, geht das Weßbuch 1970 sehr ausführlich auf diesen Komplex ein. Unsere Verteidigungsanstrengungen werden überzeugend und glaubwürdig motiviert. Das Weißbuch setzt diese Verteidigungsanstrengungen aber gleichzeitig auch in die richtige Relation zu den außenpolitischen Bemühungen der Regierung um Entspannung zwischen Ost und West. Es legt die Notwendigkeit dar, „in Europa durch Riistungskontrollvereinbarungen eine für alle Partner nicht minder verläßliche, cinch möglicherweise stabilere und billigere Sicherheitsstruktur zu schaffen als die bisherige".
    Wenn es der Regierung der Sowjetunion wirklich ernst. ist mit ihrem Vorschlag für eine internationale Konferenz über die Sicherheit Europas, dann wird sie auf die Vorschläge der NATO zur beiderseitigen Truppenreduzierung mit realistischen Verhandlungsangeboten eingehen müssen. Niemand soll sich über das mögliche Ausmaß von Trunpenreduzierungen und einen frühen Zeitpunkt dafür Illusionen machen. Die ersten sowjetischen Reaktionen auf die Vorschläge von Rom sind nicht, das muß unumwunden zugegeben werden, besonders ermutigend.

    (Abg. Damm: Gar nicht ermutigend! Abcj. Dr. Klepsch: Was ist an ihnen ermutigend, Herr Kollege Buchstaller?)

    Nicht ermutigend! Ermutigend wäre für mich, wenn auf diese Bemühungen der Bundesregieung, eingebettet in die Bemühungen der NATO-Partner, auf seiten der Warschauer-Pakt-Staaten die Bereitschaft erkennbar wäre, zu einem echten Gespräch z' kommen und über diese Vorschläge zu verhandeln. Das wäre für mich ermutigender als das, was heute als Reaktion festzustellen ist.
    In dem gesamten Prozeß einer etwaigen Truppenreduzierung, das möchte ich hier festhalten, darf das Sicherheitsgefühl auf beiden Seiten nicht verloren-



    Buchstaller
    gehen. Alle Völker Europas müssen sich auch in Zukunft in ihren jeweiligen Sicherheitssystemen oder in neu zu schaffenden Sicherheitssystemen geborgen fühlen können. Deshalb wird es für die Bundesrepublik besonders wichtig sein, daß die amerikanische Präsenz in Europa und besonders in unserem Lande gewahrt bleibt und nicht vorzeitig und einseitig abgebaut wird. Solange es Staaten gibt, deren Absicht es ist oder sein könnte, anderen Staaten den eigenen politischen Willen durch Gewalt oder durch Androhung von Gewalt aufzuzwingen, ist es notwendig, daß jeder Staat die Fähigkeit behält, sich zu wehren.
    In diesem Zusammenhang möchte ich im Gegensatz zu den Darlegungen von Dr. Zimmermann die realistische Darstellung der Bedrohung durch die Streitkräfte des Warschauer Paktes im Weißbuch besonders hervorheben. Die differenzierten Methoden des Weißbuchs 1970 erlauben eine sachgerechte und realistische Einschätzung der uns gegenüberstehenden Streitkräfte. In diesem Jahr kommen auch die amerikanischen und britischen Untersuchungen zu den gleichen Ergebnissen wie wir. Was mir in diesem Zusammenhang — und deswegen habe ich das erwähnt — sehr wesentlich ist: Die nüchterne Betrachtung des Kräfteverhältnisses zwischen hüben und drüben erlaubt auch die Feststellung, die Helmut Schmidt getroffen hat: daß die Bundeswehr ein brauchbares und verläßliches und ein keineswegs ungenügendes Instrument der Sicherheitspolitik unseres Staates ist. Bei der früher oft geübten, an Panikmache erinnnernden übertriebenen Darstellung des militärischen Kräfteverhältnisses ergab sich nämlich für die Öffentlichkeit und für die Soldaten der Bundeswehr selbst zu leicht der Rückschluß, daß die eigenen militärischen Anstrengungen gemessen an denen der anderen Seite fruchtlos sind und weitere Anstrengungen fruchtlos bleiben müssen.
    Im zweiten Teil des Weißbuches zur Lage der Bundeswehr finden wir die Darstellung des IstZustandes, gleichzeitig eine Reihe von Maßnahmen zur Verbesserung, die — das nehme ich erfreut zur Kenntnis — einem Großteil sozialdemokratischer Forderungen entsprechen. Für viele Mängel müssen Maßnahmen noch erwogen werden, Mängel, deren Beseitigung unser aller Anstrengung bedarf. Entscheidend für diesen Teil des Weißbuches ist die Erkenntnis, daß für die Angehörigen der Bundeswehr in vieler Hinsicht noch Außerordentliches getan werden muß, damit sie ihre Aufgaben erfüllen können. Wir müssen zumindest vorübergehend — und das möchte ich noch einmal unterstreichen: vorübergehend, aber jetzt zwingend — eine Umschichtung der Mittel vom Materialsektor auf den Personalsektor vornehmen; denn wenn es uns nicht gelingt, die Probleme im personellen Bereich zu lösen, haben ein noch so guter Panzer und ein noch so gutes Flugzeug im Verlaufe der Zeit nur noch Schrottwert. Auch in den Streitkräften macht erst der Mensch den Betrieb zum lebendigen Organismus, denn der Mensch als ein denkendes Wesen, das sich im Gegensatz zur Maschine ständig wechselnden Einsatzbedingungen anpassen kann, hat nun einmal in einem Dienstleistungsbetrieb, wie es die Streitkräfte sind, die größte Bedeutung. Aber seine Arbeitskraft — das kann doch auch von seiten der Opposition nicht verkannt werden — wird um so teurer, je höher der Lebensstandard steigt. Dieser Satz gilt für alle Lebensbereiche. Die Steigerung der Personalkosten ist für alle Dienstleistungsbetriebe, auch für die Bundeswehr, das zentrale Problem.
    Ebenfalls von zentraler Bedeutung in gesellschaftlicher Hinsicht für unsere Jugend und unseren Rechtsstaat ist die Herstellung von Wehrgerechtigkeit. Die eingehende Behandlung des Komplexes Wehrgerechtigkeit, Wehrdienstverweigerung und Wehrpflichtsystem liefert uns Parlamentariern mehr sachliche Information, als wir bisher bekommen hatten. Der, wie ich sagen möchte, gelungene Versuch, den Bedarf der Bundeswehr an Wehrpflichtigen in eine mathematische Formel zu kleiden, wird uns viele künftige Entscheidungen erleichtern. Die Entscheidung, die Wehrdienstzeit zu kürzen, darf nicht daran scheitern, daß Bedenken hinsichtlich der Ausbildung ins Feld geführt werden. Der Verteidigungsminister und seine zuständigen Dienststellen werden dann eben nach neuen Formen und Methoden suchen müssen. Forschung und Praxis bieten manche Anregung dazu. Für jedwede Bedenken, für alle gegebenen Probleme und Schwierigkeiten gibt es Möglichkeiten der Abhilfe. Für Gerechtigkeit gibt es keinen Ersatz.
    Auch die planerischen Überlegungen von Helmut Schmidt über die Kombination einer Berufsarmee und eines Milizsystems wird die Kommission über die Wehrstruktur zu überdenken haben, vor allen Dingen auch unter Berücksichtigung der Anpassung unserer Wehrorganisation an die Entwicklung unserer Industriegesellschaft. Das Parlament, insbesondere die Mitglieder des Verteidigungsausschusses, wird diese Entwicklung aufmerksam zu verfolgen haben und mit eigenen Vorstellungen und Vorschlägen aufwarten müssen.
    Uns Sozialdemokraten haben die soziale Lage des Soldaten und seine Einbettung in die Gesellschaft von jeher am Herzen gelegen. Es ist erfrischend, zu sehen, welche Ansätze zur Verbesserung sich in der kurzen Zeit seit der Amtsübernahme durch Helmut Schmidt im vergangenen Herbst ergeben haben und in Zukunft verwirklicht werden.
    Nun ist es nicht etwa so, daß alle Erkenntnisse, die das Weißbuch enthält, neu sind oder bisher unbekannt waren.

    (Abg. Damm: Das stimmt!)

    Das Weißbuch hat ausdrücklich den vorhandenen Bestand aufgenommen. Zum Teil sind die Probleme sogar schon sehr, sehr alt und waren immer wieder Diskussionsgegenstand, auch in den Fachberatungen. Aber wenn die Probleme auch alt sind, so haben wir doch in den vergangenen Jahren aus dem Verteidigungsministerium darüber nicht viel mehr als die Erklärungen guter Absichten bezüglich ihrer Lösung gehört. Ausreichende Taten sind den Erklärungen nicht gefolgt.



    Buchstaller
    Jetzt haben wir es im Weißbuch 1970 nicht mehr nur mit Erkenntnissen zu tun, sondern auch mit der Ankündigung einer ganzen Reihe von konkreten Verbesserungsmaßnahmen. Es ist müßig, die angekündigten internen Maßnahmen und die Gesetzesinitiativen einzeln aufzuzählen. Sie befassen sich fast ausschließlich mit der Person des Soldaten und seinem Wohlergehen. Helmut Schmidt sagt nicht nur, daß der Soldat ein Teil der Gesellschaft und uns allen ebenbürtiger Mitbürger ist, er will ihn auch so behandeln und am sozialen Fortschritt teilhaben lassen.
    Aus parlamentarischer Erfahrung und langer Beobachtung des Geschehens in der Bundeswehr weiß ich jedoch — und nicht nur ich allein —, wieviel guter Wille von Politikern in der Vergangenheit an den veralteten Verwaltungsstrukturen in unserem Staate, an bürokratischer Gesinnung und an Gleichgültigkeit gescheitert ist: Wir hier im Parlament haben daher die Aufgabe, wenn es notwendig ist, dem Verteidigungsministers entsprechend Schützenhilfe zu gewähren und Maßnahmen durchzusetzen, welche den Ablauf der Prozeduren beschleunigen und erleichtern.
    Der Abschnitt ,,Ausbildung der Soldaten" muß nach meiner Auffassung noch präzisiert und erläutert werden. Wir fordern, daß die Ausbildung in der Bundeswehr, soweit dies dienstlich tragbar ist, so gestaltet wird, daß der Soldat auch für sein ziviles Leben einen Vorteil davon hat. Das ist dann nicht nur ein Vorteil für ihn, den Soldaten, sondern auch ein Vorteil für unsere Gesellschaft. Meines Erachtens kann die Bundeswehr heute schon ohne weiteres mehr in dieser Richtung tun, als tatsächlich geschieht. Luftwaffe und Marine haben diesbezüglich schon manche Pionierarbeit geleistet.
    In der Diskussion um neue Leitbilder für das Führungspersonal der Bundeswehr geht es heute darum, diese Leitbilder in die Wirklichkeit umzusetzen. Die Bundeswehr hat sich von der Vorstellung zu lösen, daß im militärischen Bereich der preußische Leutnant und im zivilen Bereich der preußische Assessor alles könnten. Sollen die Mittel für unsere Sicherheit sinnvoll eingesetzt werden, dann darf bei der Besetzung der Stellen nicht danach gefragt werden, ob ein Soldat oder ein Beamter einzusetzen ist. Das ist nur eine Frage des Status. Genauso wenig darf die Besetzung einer Stelle von der Zugehörigkeit zu einer Teilstreitkraft abhängig sein. Die Frage muß vielmehr lauten: Von welcher Art ist die an der Stelle zu leistende Tätigkeit, und welche Voraussetzungen muß der Stelleninhaber mitbringen?
    Um die Aufgaben, die in der Bundeswehr zu leisten sind, als Gemeinschaftsaufgaben zu erkennen, sollte die Ausbildung auf möglichst vielen Gebieten in Einrichtungen vollzogen werden, die auch für andere Lebensbereiche zur Verfügung stehen. Dies ist zugleich ein guter Beitrag zur Integrierung der Bundeswehr.
    Die Feststellung, daß weite Teile der Ausbildung gemeinsam durchgeführt werden können, führt von selbst zu dem Schluß, daß das Personal der verschiedenen Bereiche austauschbar ist. Der Soldat kann mit vergleichbaren zivilen Tätigkeiten konkurrieren.
    Zugleich schafft eine Auffächerung der Laufbahnen I die Möglichkeit, durch eine funktionsorientierte Besoldung den tatsächlichen Tätigkeiten und dem tatsächlichen Verantwortungsbereich gerecht zu werden.
    Eine solche flexible Besoldungsordnung erlaubt es, hochwertige Spezialisten in der Bundeswehr zu halten, ohne sie an Unteroffiziers- bzw. Feldwebellehrgängen scheitern zu lassen. Und eine solche Personalplanung liefert gleichzeitig einen wichtigen Beitrag zum leidigen Problem der Wehrgerechtigkeit. Wie durch den Verteidigungsminister hier bereits dargetan, sind die Tauglichkeitsmerkmale ausschließlich an der Befähigung zu messen, einen brauchbaren Dienst in der Bundeswehr leisten zu können.
    Auch die Dauer der Zugehörigkeit zur Bundeswehr beeinflußt das Ausbildungssystem. Neben Wehrpflichtigen stehen Soldaten mit zeitlich begrenzter Verwendung. Ich glaube, daß gerade in diesem Bereich eine Reihe von Vorschlägen des Weißbuches von uns im Verteidigungsausschuß aufgegriffen werden sollten, um sie dann in gesetzgeberische Initiativen umzuwandeln.
    Ich sehe, Herr Präsident, daß meine Redezeit zu Ende geht. Ich versuche aus diesem Grunde, einige Punkte aus meinem Manuskript zu umgehen.
    Auf eine Bemerkung, die Herr Dr. Zimmermann gemacht hat, möchte ich noch eingehen. Auch ich bin nicht sehr glücklich über die im Haushaltsausschuß übrigens einstimmig beschlossene Umwandlung der Sperrungen in Kürzungen.

    (Abg. Damm: Wer hat da die Mehrheit?)

    — Einstimmig! Und ganz einfach deshalb einstimmig, weil hier nicht verteidigungspolitische, sondern konjunkturpolitische Gesichtspunkte maßgebend waren. Es muß, glaube ich, ein Kompromiß gefunden werden, um in die Gestaltung des Haushalts künftig die Aspekte der Verteidigungspolitik angemessen einzubeziehen. Das ist eine Bitte, die ich vor allen Dingen an die Kollegen des Haushaltsausschusses, die diese entscheidende Verantwortung tragen, zu richten habe.
    Ein paar abschließende Bemerkungen, Herr Präsident, in der Bemühung, die Redezeit nicht allzu stark zu überziehen, gestatten Sie mir hinsichtlich der neuen Waffensysteme zu machen, die von Herrn Zimmermann angesprochen wurden. Wir sind uns klar darüber, daß neue Waffensysteme auch unter dem Gesichtspunkt der Bedienung und Wartung gesehen werden müssen. Ich erinnere nur daran, daß die Bundesmarine schon seit Jahren einen Teil ihrer Kriegsschiffe einmotten muß, weil sie weder Personal noch finanzielle Mittel hat, um diese Schiffe im Dienst zu halten. Das Projekt des Kampfpanzers 70 ist nicht zuletzt daran gescheitert, daß dieser Panzer nur von hochqualifizierten Fachleuten hätte bedient werden können. Es geht also nicht nur um die finanziellen und haushaltspolitischen Gesichtpunkte; es geht wesentlich auch um die personellen Notwendigkeiten.
    Waffensysteme und -geräte müssen vom Menschen voll beherrscht werden. In Friedenszeiten



    Buchstaller
    darf die Truppe nicht durch ständige Wartungsaufgaben überfordert werden. Wir dürfen nicht noch einmal ein solch bitteres Lehrgeld zahlen, wie wir es beim Starfighter mit Menschenleben und Millionenverlusten bezahlen mußten. Ich stimme deshalb dem Verteidigungsminister voll zu, wenn er erklärt, daß er sich bei der Einführung, Entwicklung und Beschaffung neuer Waffensysteme nicht von einer genauen und umsichtigen Prüfung und Überprüfung, auch hinsichtlich der personellen Bewältigung, abbringen läßt, auch dann nicht, — Herr Minister, ich nehme das, was hier zum Ausdruck gebracht wurde, sehr ernst —, wenn ein Exponent der sehr starken Rüstungslobby als CDU-Abgeordneter im Verteidigungsausschuß sitzt.

    (Hört, hört! bei der SPD. — Zurufe von der CDU/CSU.)

    Wenn es um Milliardenbeträge und um die Sicherheit des Menschen geht, darf sich kein Verteidigungsminister unter Zeitdruck setzen lassen.
    Unsere Vorstellungen von einem Plan oder von Planung überhaupt umfassen nicht nur voraussehbare neue wissenschaftliche Erkenntnisse und technische Erfindungen. Es sind vielmehr auch andere Möglichkeiten zur Gestaltung der Verteidigung zu entwickeln. Das Planen darf die Wahlmöglichkeiten nicht verengen, sondern es muß sie erweitern. Für die, die zu wählen vermögen, bedeutet das einen Zuwachs an realer Freiheit. Jeder Plan beinhaltet eine Vorstellung oder einen Willen zur Gestaltung der Zukunft.
    Form und Inhalt des Weißbuches lassen uns hoffen, daß die Bundeswehr unter Helmut Schmidt solche Planungen zuwege bringt, Planungen, die all die Veränderungen der Faktoren einbeziehen, von denen im ersten Teil des Weißbuches die Rede ist. Die Organisation zur äußeren Sicherheit, wird in weit höherem Maße dem Wandel unterworfen sein, als das bisher der Fall war. Zunehmend werden wir uns vom Hergebrachten lösen müssen. Auch die Ergebnisse der Friedens- und Konfliktforschung müssen einbezogen werden. Die Organisation zur äußeren Sicherheit darf nie zum Selbstzweck werden.
    Ausgangspunkt aller unserer Überlegungen hier in diesem Hohen Hause soll der Mensch, einbezogen in unsere staatliche Ordnung, sein. Um ihn in den Genuß der im Grundgesetz formulierten Rechte zu bringen, bemühen wir uns, seinen Arbeitsplatz, seine Gesundheit, seinen Lebensstandard, seine Familie, Leib und Leben zu sichern. Für dies alles bedarf es auch einer Sicherung nach außen. Diese Sicherung ist aber nur gegeben, wenn die Menschen, die diese Gemeinschaftsaufgabe der Sicherung, sei es als Beruf, sei es als Wehrpflichtige, erfüllen, in unserer sozialen Fürsorge ihre Bestätigung finden. Nur dies gibt ihnen die Kraft und die moralische Rechtfertigung zu dieser schweren und verantwortungsvollen Aufgabe. Die SPD-Bundestasgfraktion ist sehr froh darüber, daß dem Weißbuch diese Einstellung zugrunde liegt.

    (Beifall bei der SPD.)