Ich darf vielleicht darum bitten, daß wir diese Fragen am Schluß sammeln, wenn dann noch welche übrigbleiben.
Gleiches, meine Damen und Herren, gilt — nur um zu zeigen, daß das keine willkürlich herausgelesenen Einzelfälle sind — für die Themen der Regionalpolitik, der allgemeinen Strukturpolitik, der Energiepolitik und der Verkehrspolitik, wo wir wahrscheinlich vielleicht nicht überall umstürzende, aber zum Teil doch bedeutende und immer respektheischende Leistungen der Gemeinschaft vorzuweisen haben, die man nicht einfach mit Schweigen übergehen kann.
Nach alledem - und nun komme ich am Schluß zum wichtigsten Punkt der Bemerkungen, die ich machen will — nimmt es nicht Wunder, wenn wir zu der bedeutendsten und aktuellsten Frage der europäischen Einigungspolitik keine Auskunft bekommen. Das ist die Frage, die auch der Herr Bundesaußenminister mit Recht in den Mittelpunkt seiner Analyse der gegenwärtigen Krisensituation gerückt hat. Er hat gesagt, wir sind an einem Wendepunkt der Entwicklung der Gemeinschaft angelangt. Das ist eine vollkommen zutreffende Interpretation der Situation. Wir haben die Zollunion vollendet. Die Zollunion war getragen von einem festen vertraglichen Gerüst, einem Zeitkalender und quantitativen Festlegungen. Die Wirtschaftsunion, die wir jetzt zu vollziehen haben, kann mit so einfachen Rechnungsgrößen nicht arbeiten. Hier sind die grundlegenden Entscheidungen den Organen der Gemeinschaft — übrigens aus vielen Gründen — überlassen worden.
Nun kommen wir deshalb nicht weiter in einer Fülle von Sachfragen, die auf dem Tisch des Rates der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft liegen, und auch in der Erhaltung der institutionellen Ordnung unserer Gemeinschaft, weil es an einer grundsätzlichen Entscheidung fehlt, daß und wann Wirtschaftsunion und Währungsunion, Herr Bundesaußenminister — bestehen werden, wann sie vollendet sein werden. Wir brauchen eine solche Entscheidung. Das bloße weitere Fortwursteln in der Routine reicht, das hat die Erfahrung bewiesen, nicht aus, um hier den Fortschritt zu sichern.
Wir brauchen einen grundsätzlichen Anstoß. Wir brauchen das, was man in der europäischen Fachsprache eine „relance" nennt. Dieser Anstoß ist jetzt fällig. Die Gelegenheit dazu, ihn zu geben, wird durch zwei Fakten erleichtert: einmal durch den Ablauf der Übergangsperiode, die uns zu bestimmten Entscheidungen zwingt, die nach dem Vertrag befristet sind, und zweitens durch den bevorstehenden Gipfel.
Und nun, Herr Bundesaußenminister, darf ich mich vielleicht an Sie wenden und sagen, daß es in einer solchen Lage nicht genügt, festzustellen, daß der europäische Weg mühsam ist. Das wissen wir. Was wir erwartet hätten, das wäre, daß uns in all diesen Punkten, die ich erwähnt habe, gesagt worden wäre, wie hier der Fortschritt bewirkt werden kann: in der Verkehrspolitik, in der Strukturpolitik, in der Energiepolitik, in der Regionalpolitik — alles Themen, in denen die Bundesregierung zur Mitwirkung an Gemeinschaftsentscheidungen aufgerufen worden ist.