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    Deutscher Bundestag 241. Sitzung Bonn, den 19. Juni 1969 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung . . . . 13411 A Wahl des Abg. Dr. Lenz (Bergstraße) als Mitglied des Gremiums gemäß § 9 Abs. 1 des Gesetzes zur Beschränkung des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses 13411 B Amtliche Mitteilungen 13411 B Beratung des Jahresgutachtens 1968 des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (Drucksache V/3550) in Verbindung mit Beratung des Jahreswirtschaftsberichts 1969 der Bundesregierung (Drucksache V/3786) und mit Beratung der Verordnung über die Bildung von Konjunkturausgleichsrücklagen durch Bund und Länder im Haushaltsjahr 1969 (Drucksache V/4358) Dr. Schiller, Bundesminister 13412 B,13442 A Dr. Mommer, Vizepräsident . . . 13415 D Dr. h. c. Menne (Frankfurt) (FDP) . 13419 B Dr. Burgbacher (CDU/CSU) . . . 13422 D Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller (SPD) . 13427 A Dr. Friderichs (FDP) 13431 A Schmücker (CDU/CSU) . . . . 13435 D von Hassel, Präsident . . . . 13444 C Entwurf eines Gesetzes zu dem Europäischen Übereinkommen vom 14. Dezember 1959 über die akademische Anerkennung von akademischen Graden und Hochschulzeugnissen (Drucksache V/3163) ; Schriftlicher Bericht des Innenausschusses (Drucksache V/4276) — Zweite und dritte Beratung — . . . . 13449 A Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Atomgesetzes (Drucksache V/4071); Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Wissenschaft, Kulturpolitik und Publizistik (Drucksache V/4316) — Zweite und dritte Beratung — Frau Geisendörfer (CDU/CSU) . . 13449 C Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zum Schutze der Berufsbezeichnung „Ingenieur" (Ingenieurgesetz) (Drucksache V/4053) ; Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen (Drucksachen V/4283, zu V/4283) — Zweite und dritte Beratung — 13449 D Entwurf eines Eingliederungsgesetzes für Soldaten auf Zeit (EinglG) (Drucksache V/4113) ; Schriftlicher Bericht des Verteidigungsausschusses (Drucksache V/4381) — Zweite und dritte Beratung — . . . 13450 B Entwurf eines Sechsten Gesetzes zur Änderung des Mühlengesetzes (Drucksache V/4115) ; Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (Drucksache V/4356) — Zweite und dritte Beratung — . . . . 13450 C Entwurf eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 12. Oktober 1968 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der So- II Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 241. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 19. Juni 1969 zialistischen Föderativen Republik Jugoslawien über Soziale Sicherheit (Drucksache V/4124) ; Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Sozialpolitik (Drucksache V/4340) — Zweite und dritte Beratung — 13450 D Entwurf eines Zwölften Gesetzes zur Änderung des Zollgesetzes (Drucksache V/4117) ; Schriftlicher Bericht des Finanzausschusses (Drucksachen V/4364, zu V/4364) — Zweite und dritte Beratung — 13451 A Entwurf eines Gesetzes zu den vom Rat für die Zusammenarbeit auf dem Gebiete des Zollwesens am 7. Juni 1967 beschlossenen Änderungen des Abkommens über den Zollwert der Waren (Drucksache V/4206) ; Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen (Drucksache V/4367) — Zweite und dritte Beratung — 13451 B Entwurf eines Gesetzes über das auf den ehelichen Güterstand anzuwendende Recht (Drucksache V/3242) ; Schriftlicher Bericht des Rechtsausschusses (Drucksache V/4368) — Zweite und dritte Beratung — 13451 D Absetzung des Punktes 21 von der Tagesordnung 13452 A Entwurf eines Gaststättengesetzes (GastG) (Drucksachen V/205, V/1652, V/3623); Zweiter Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen (Drucksache V/4380) — Zweite und dritte Beratung — . . . . . . 13452 A Absetzung des Punktes 23 von der Tagesordnung 13452 B Schriftlicher Bericht des Ausschusses für das Bundesvermögen über den Antrag des Bundesministers der Finanzen betr. Veräußerung einer Teilfläche der ehemaligen Königin-Olga-Kaserne in Ludwigsburg an die Stadt Ludwigsburg (Drucksachen V/3916, V/4321) 13452 B Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Wissenschaft, Kulturpolitik und Publizistik über den Antrag der Fraktion der FDP zur Großen Anfrage der Fraktion der FDP betr. politische Bildung (Umdruck 534, Drucksache V/4322) . . . . 13452 C Schriftlicher Bericht des Verkehrsausschusses über den Entschließungsantrag der Abg. Schmitt-Vockenhausen, Jacobi (Köln), Könen (Düsseldorf), Welslau u. Gen. zur dritten Beratung des Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Personenbeförderungsgesetzes (Umdruck 626, Drucksache V/4328) Scheel, Vizepräsident 13453 C Schriftlicher Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag der Abg. Rollmann, Wendelborn u. Gen. betr. Verkehrsverbindungen zwischen Hamburg und dem Ostseeraum (Drucksachen V/3818, V/4329) 13453 A Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Wissenschaft, Kulturpolitik und Publizistik über den Antrag der Abg. Dr. Schulze-Vorberg, Dr. Schober, Raffert, Dr. Lohmar, Dr. Mühlhan u. Gen. betr. Postzeitungsgebühren (Drucksachen V/3903, V/4363) Raffert (SPD) . . . . . . . . . 13453 B Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen über die Verordnungen zur Änderung des Deutschen TeilZolltarifs (Nr. 5/69) — Zollkontingent für Rohaluminium — und Nr. 7/69 — Zollkontingente für Rohblei und Rohzink) (Drucksachen V/4158, V/4294, V/4359) . . 13453 D Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen über die Verordnung zur Änderung des Deutschen Teil-Zolltarifs (Nr. 6/69 — Zollkontingent für getrocknete Pflaumen) (Drucksachen V/4159, V/4360) 13453 D Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen über die Siebenunddreißigste Verordnung zur Änderung der Einfuhrliste — Anlage zum Außenwirtschaftsgesetz — (Drucksachen V/4293, V/4357) 13453 D Antrag der Fraktionen der CDU/CSU, SPD betr. Geschäftsordnung für den Gemeinsamen Ausschuß (Drucksache V/4349) in Verbindung mit Antrag der Fraktionen der CDU/CSU, SPD betr. Geschäftsordnung für das Verfahren nach Artikel 415 d des Grundgesetzes (Drucksache V/4348) 13454 A Entwurf eines Gesetzes zur Änderung gebührenrechtlicher Vorschriften der Schlachtviehmärkte, Schlachthäuser und Fleischgroßmärkte (Abg. Burgemeister, Dr. Siemer, Struve, Riedel [Frankfurt], Wieninger u. Gen.) (Drucksache V/2957) ; Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (Drucksache V/4226) — Zweite und dritte Beratung — 13454 B Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetzes (SPD) (Drucksachen V/2676, V/3971 [neu]) — Zweite und dritte Beratung — Frau Enseling (CDU/CSU) . . . . 13454 C Moersch (FDP) 13456 A Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 241. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 19. Juni 1969 III Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gasöl-Verwendungsgesetzes — Landwirtschaft (FDP; Abg. Stooß, Dr. Schmidt [Wuppertal], Dr. Stecker, Struve, Bauknecht, Ehnes u. Gen.) (Drucksachen V/3375, V/3581, V/3877 [neu], V/4402) — Zweite und dritte Beratung — . . . . 13457 A Schriftlicher Bericht des Ausschusses für das Bundesvermögen betr. Zustimmung des Bundestages zur Ausgabe stimmrechtsloser Vorzugsaktien durch die Deutsche Lufthansa AG (DLH) (Drucksachen V/4324, V/4403) 13457 B Fragestunde (Drucksachen V/4395, V/4375) Frage des Abg. Marquardt: Übernahme der Hannoverschen Verkehrsbetriebe AG in kommunales Eigentum Schmücker, Bundesminister . . . . 13457 C, 13458 A, B, C, D, 13459 A Marquardt (SPD) 13458 A, B Junghans (SPD) 13458 B Westphal (SPD) 13458 C Rohde (SPD) 13458 C, D Raffert (SPD) 13458 D Frage des Abg. Franke (Hannover) : Steuerliche Entlastungen für kommunale Verkehrsunternehmen Leicht, Parlamentarischer Staatssekretär 13459 A, C Franke (Hannover) (SPD) . . . 13459 C Rohde (SPD) 13459 C Fragen des Abg. Hirsch: Verbesserung der Renten von Verfolgten des Nationalsozialismus . . . . 13459 D Fragen des Abg. Dr. Hauser (Sasbach) : Durchführung des Gleichheitsgrundsatzes bei der Steuerfreiheit für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit Leicht, Parlamentarischer Staatssekretär 13460 A, B, C, D Dr. Hauser (Sasbach) (CDU/CSU) 13460 C, D Frage des Abg. Dröscher: Entschädigung der zwangsweise und zu Unrecht Sterilisierten 13460 D Fragen der Abg. Strohmayr und Weigl: Sondermittel für Pflegebetten in Altenheimen — Facharbeiterwohnungsbau in den Zonenrandgebieten 13461 A Fragen der Abg. Frau Dr. Heuser: Freiverkäuflichkeit von Salzen der Acetylsalizylsäure sowie von jod- und bromhaltigen Injektionspräparaten Dr. von Manger-Koenig, Staatssekretär . 13461 C, 13462 A, B, C, D Frau Dr. Heuser (FDP) 13461 D, 13462 B, C Frage der Abg. Frau Dr. Heuser: Streichung des Wirkungskatalogs im Entwurf der Verordnung nach § 32 des Arzneimittelgesetzes Dr. von Manger-Koenig, Staatssekretär . . . . 13462 D, 13463 A Frau Dr. Heuser (FDP) 13463 A Fragen des Abg. Schmitt-Vockenhausen: Vorschriften über Herstellung und Verkauf von Speiseeis Dr. von Manger-Koenig, Staatssekretär 13463 B, C, D Schmitt-Vockenhausen (SPD) .13463 C, D Frage des Abg. Dr. Miessner: Amtsbezeichnung der aus dem Eingangsamt in den Ruhestand versetzten Beamten Köppler, Parlamentarischer Staatssekretär 13464 A, C, D Dr. Miessner (FDP) 13464 B, C Brück (Köln) (CDU/CSU) . . . 13464 D Fragen der Abg. Frau Renger: Bewährungsaufstieg der Angestellten im Schreibdienst Köppler, Parlamentarischer Staatssekretär . 13464 D, 13465 A, B, C, D, 13466 A, B Frau Renger (SPD) . . . . 13465 B, C Westphal (SPD) 13465 C, D Frau Enseling (CDU/CSU) . . 13466 A, B Brück (Köln) (CDU/CSU) . . 13466 B Fragen des Abg. Dr. Arndt (Hamburg) : Beteiligung ausländischer Studenten an den Ausschreitungen gegen den Botschafter Israels Köppler, Parlamentarischer Staatssekretär . . . . 13466 C, 13467 A Sieglerschmidt (SPD) 13466 D Frage des Abg. Strohmayr: Unterstützung der Abgeordneten bei der Ausübung ihres Amtes . . . . 13467 A Fragen des Abg. Kühn (Hildesheim) : Bevorzugte Berücksichtigung von Betrieben aus dem Zonenrandgebiet und Berlin (West) Dr. Arndt, Parlamentarischer Staatssekretär . . . . . . . . 13467 B Fragen des Abg. Lampersbach: Einfuhr von ostzonalen Waren zu außergewöhnlich niedrigen Preisen Dr. Arndt, Parlamentarischer Staatssekretär . . 13467 C, D, 13468 A, B Lampersbach (CDU/CSU) . . . . 13467 D, 13468 A, B IV Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 241. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 19. Juni 1969 Frage des Abg. Weigl: Neuabgrenzung bzw. Erweiterung des Regionalen Förderungsprogramms . . 13468 B Frage des Abg. Dichgans: Harmonisierung der Ingenieurausbildung innerhalb der EWG Dr. Arndt, Parlamentarischer Staatssekretär . . . . . . . 13468 C, D Dichgans (CDU/CSU) 13468 C Fragen des Abg. Dr. Klepsch: Werbung eines Majors der Bundeswehr für eine politische Partei in einer Zeitungsanzeige 13468 D Frage des Abg. Dr. Klepsch: Errichtung eines Hallenschwimmbades in Koblenz Adorno, Parlamentarischer Staatssekretär . . . . . . . 13469 A, B Dr. Klepsch (CDU/CSU) 13469 B Fragen des Abg. Moersch: Ausscheiden von Prof. Hiligruber aus dem Militärgeschichtlichen Forschungsamt in Freiburg . . . . . . . . 13469 C Fragen der Abg. Frau Blohm: Einheitliche Sonderregelungen für Ärzte im Straßenverkehr Wittrock, Staatssekretär 13469 D, 13470 A, B, C Frau Dr. Heuser (FDP) . . . . 13470 A, B Fragen des Abg. Dichgans: Aufwendungen für den Bau von Flughäfen und den Lärmschutz der Bevölkerung Wittrock, Staatssekretär 13470 D, 13471 A, C Dichgans (CDU/CSU) 13471 B Nächste Sitzung 13471 D Anlagen Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten . . 13473 A Anlagen 2 und 3 Änderungsanträge Umdrucke 712 und 661 zur zweiten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Reichs-und Staatsangehörigkeitsgesetzes (Drucksachen V/2676, V/3971 [neu]) 13474 A Anlage 4 Schriftliche Erklärung des Abg. Ravens (SPD) zu Punkt 34 der Tagesordnung . . 13474 C Anlage 5 Schriftliche Erklärung der Abg. Frau Geisendörfer (CDU/CSU) zu Punkt 16 der Tagesordnung 13478 B Anlage 6 Schriftliche Erklärung des Abg. Dr. Arndt (Hamburg) (SPD) zum ersten Zusatzpunkt der Tagesordnung . . . . . . 13478 D Anlage 7 Schriftliche Antwort auf die Mündlichen Anfragen des Abg. Moersch betr. Wohngeldgewährung für durch Berufsausbildung bedingte Zweitwohnungen . . . 13479 D Anlage 8 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Anfrage des Abg. Dröscher betr. Gebühren der Rechtsanwälte in Verfahren vor dem Bundessozialgericht . . . . . . 13481 C Anlage 9 Schriftliche Antwort des Staatssekretärs Dr. von Manger-Koenig auf die Mündlichen Anfragen des Abg. Petersen betr. Maßnahmen zur Behandlung cerebralparetischer Kinder 13481 D Anlage 10 Schriftliche Antwort auf die Mündlichen Anfragen des Abg. Biechele betr. Bau des zweiten Rheinübergangs in Konstanz 13482 C Anlage 11 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Anfrage des Abg. Wendelborn betr. Bekämpfung des Fluglärms 13483 A Anlage 12 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Anfrage des Abg. Dröscher betr. Verkürzung der Wartezeiten an beschrankten Bahnübergängen 13483 B Anlage 13 Schriftliche Antwort auf die Mündlichen Anfragen des Abg. Neumann (Stelle) betr. Bau des Verschiebebahnhofs Maschen 13483 C Anlage 14 Schriftliche Antwort auf die Mündlichen Anfragen des Abg. Porsch betr. Verbesserung des Verhältnisses zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Sowjetunion 13483 D Anlage 15 Schriftliche Antwort auf die Mündlichen Anfragen des Abg. Dr. Jahn (Braunschweig) betr. Freigabe von Mitteln für die Deutsche Forschungs- und Versuchsanstalt für Luft- und Raumfahrt . . . 13484 C Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 241. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 19. Juni 1969 13411 241. Sitzung Bonn, den 19. Juni 1969 Stenographischer Bericht Beginn: 9.01 Uhr
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    Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete (r) beurlaubt bis einschließlich Dr. Aigner * 21. 6. Frau Albertz 21. 6. Dr. Arndt (Berlin) 20.6. Dr. Artzinger ** 20. 6. Bading ** 19. 6. Baier 19. 6. Bauer (Wasserburg) 19.6. Bauer (Würzburg) * 20. 6. Bauknecht 19. 6. Prinz von Bayern 19. 6. Bazille 21.6. Dr. Bechert (Gau-Algesheim) 19. 6. Frau Berger-Heise 19. 6. Bergmann ** 19. 6. Berkhan * 20. 6. Beuster 19. 6. Frau Blohm 20.6. Blumenfeld * 20. 6. Börner 19. 6. Dr. Brenck 15.7. Brück (Holz) * 20. 6. Buchstaller 19. 6. Dr. Burgbacher ** 19. 6. Burgemeister 20. 6. Busse (Herford) 19.6. Corterier ** 20. 6. Dr. Dahlgrün 19. 6. Dr. Dittrich ** 20. 6. Dorn 19. 6. Draeger * 20. 6. Dröscher ** 19. 6. Dr. Eckhardt 21.6. Frau Dr. Elsner ** 19. 6. Dr. Even 28.6. Faller ** 20. 6. Fellermaier ** 19. 6. Flämig * 20. 6. Franzen 19. 6. Frieler 19. 6. Frau Funcke 19. 6. Dr. Furler 19.6. Frau Geisendörfer 19. 6. Geldner 19. 6. Gerlach ** 19. 6. Dr. Giulini 30.6. Freiherr von und zu Guttenberg 15. 7. Hahn (Bielefeld) ** 21. 6. Hamacher 30. 6. Dr. Heck 19.6. Dr. Dr. Heinemann 20. 6. Hellenbrock 15.7. Frau Herklotz * 20. 6. Hösl * 20. 6. Illerhaus ** 19. 6. Dr. Ils 19. 6. Jacobi (Köln) 20.6. Jahn (Marburg) 19. 6. Dr. Jungmann 19. 6. Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete beurlaubt bis einschließlich Kahn-Ackermann * 20. 6. Dr. Kempfler * 20. 6. Kiep 19. 6. Frau Klee * 20. 6. Frau Kleinert 4. 7. Dr. Kliesing (Honnef) * 20. 6. Klinker ** 20. 6. Dr. Koch 19. 6. Koenen (Lippstadt) 20. 6. Dr. Kopf * 20. 6. Frau Korspeter 19. 6. Dr. Kübler * 20. 6. Kriedemann ** 19. 6. Kunze 15. 7. Lange 20. 6. Lautenschlager ** 19. 6. Lemmer 27. 6. Lemmrich * 20. 6. Lenz (Brühl) ** 20. 6. Lenze (Attendorn) * 20. 6. Dr. Lohmar 30. 6. . Lotze 15. 7. Lücker (München) ** 19. 6. Dr. Martin 19. 6. Mattick 19. 6. Frau Dr. Maxsein * 20. 6. Frau Meermann 20. 6. Meis 21.6. Meister 20. 6. Memmel ** 19. 6. Dr. von Merkatz * 20. 6. Mertes 19. 6. Metzger ** 19. 6. Michels 27. 6. Missbach 5. 7. Müller (Aachen-Land) ** 20. 6. Müller (Berlin) 19. 6. Dr. Müller (München) * 20. 6. Müller (Remscheid) 19. 6. Nellen 15. 7. Ollesch 19. 6. Opitz 19. 6. Frau Pitz-Savelsberg * 20. 6. Pöhler * 20. 6. Dr. Pohle 19. 6. Porten 19. 6. Ramms 19. 6. Reitz 20. 6. Richarts ** 20. 6. Richter * 20. 6. Riedel (Frankfurt) ** 20. 6. Dr. Rinderspacher * 20. 6. Rösing 19. 6. Frau Rudoll 20. 6. Dr. Rutschke * 20. 6. Sander * 20. 6. Schlager 20. 6. Schmidhuber 20. 6. Dr. Schmidt (Offenbach) * 20. 6. Schmidt (Würgendorf) * 20. 6. Schultz (Gau-Bischofsheim) 19.6. Dr. Schulz (Berlin) * 20. 6. Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Dr. Serres * 20. 6. Springorum** 20. 6. Dr. Staratzke 20. 6. Steinhoff 15. 7. Dr. Steinmetz 20.6. Dr. Freiherr von Vittinghoff-Schell* 20. 6. Vogt ** 19. 6. Dr. Wahl * 20. 6. Frau Wessel 15. 7. Frau Dr. Wex 19. 6. Wiefel 19. 6. Wienand* 20. 6. Dr. Wilhelmi 30. 6. Wolf 19. 6. Wurbs 19. 6. Zebisch 21. 6. * Für die Teilnahme an einer Sitzung der Versammlung der Westeuropäischen Union ** Für die Teilnahme an Ausschußsitzungen des Europäischen Parlaments Anlage 2 Umdruck 712 Änderungsantrag der Abgeordneten Schmitt-Vockenhausen, Dr. Arndt (Hamburg) und der Fraktionen der CDU/CSU, SPD zur zweiten Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetzes - Drucksachen V/2676, V/3971 (neu) -. Der Bundestag wolle beschließen: 1. Der Einleitungssatz wird wie folgt gefaßt: „Der Deutsche Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:" 2. In Artikel I Nr. 1 erhält § 9 Abs. 1 Nr. 2 folgende Fassung: „2. gewährleistet ist, daß sie sich in die deutschen Lebensverhältnisse einordnen," 3. Artikel III erhält folgende Fassung: „Artikel III Dieses Gesetz tritt am 1. Januar 1970 in Kraft." Bonn, den 18. Juni 1969 Dr. Barzel und Fraktion Schmitt-Vockenhausen Dr. Arndt (Hamburg) Schmidt (Hamburg) und Fraktion Anlage 3 Umdruck 661 Änderungsantrag der Fraktion der FDP zur zweiten Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetzes - Drucksachen V/2676, V3971 (neu) -. Der Bundestag wolle beschließen: In Artikel I Nr. 1 erhält § 9 Abs. 1 Nr. 2 folgende Fassung: „2. nach ihrem bisherigen Verhalten gewährleistet ist, daß sie sich in die verfassungsmäßige Ordnung der Bundesrepublik Deutschland einfügen" Bonn, den 13. Mai 1969 Mischnick und Fraktion Anlage 4 Schriftliche Erklärung des Abgeordneten Ravens (SPD) zu Punkt 34 der Tagesordnung In dieser letzten großen Wirtschaftsdebatte vor Abschluß der Legislaturperiode und nach 2 1/2 Jahren einer außerordentlich erfolgreichen Wirtschaftspolitik der Großen Koalition sollten wir uns noch einmal vergegenwärtigen, welchem wirtschafts- und gesellschaftspolitischen Leitbild unsere Politik folgt. Es ging uns nicht um Wachstum um seiner selbst willen, um eine Maximierung des Absatzes und des Konsums oder um eine sklavische Erfüllung von Plandaten. Jeder, der den Erfolg der Wirtschaftspolitik ausschließlich in Quanten mißt, geht an der gesellschaftspolitischen Motivierung der Wirtschaftspolitik vorbei. Wir haben mit unserer Wirtschaftspolitik die Existenzgrundlage unseres Volkes gesichert, nicht nur durch die Überwindung der Rezession, sondern zukunftgerichtet durch die Reorganisation der gesamten Wirtschafts- und Finanzpolitik. Gleichzeitig haben wir die Marktwirtschaft in sich gefestigt. Mit dieser Politik haben wir die Stellung unseres Landes als eine der führenden Industrienationen der westlichen Welt behauptet und dies ist uns nicht in den Schoß gefallen. Die Voraussetzungen des Wirtschaftens haben sich in der Bundesrepublik nach dem Abschluß des Wiederaufbaus verändert. Der anhaltende Nachkriegsaufschwung war das Ergebnis einer einmaligen, vorübergehenden Konstellation. Die Impulse, die ihn trugen, wirken nicht mehr. Der enorme Nachholbedarf ist gedeckt. Die Zollschranken im Gemeinsamen Markt sind abgebaut, die Integration in die Weltwirtschaft ist in weitem Maß vollzogen. Unsere Infrastrukturausstattung genügt bei weitem nicht mehr den Anforderungen. Das riesige Arbeitskräftepotentials ist ausgeschöpft. Die langfristige Knappheit an Arbeitskräften setzt der Expansion Grenzen. Wachstum wird nur noch im Ausmaß des Produktivitätsfortschritts zu erzielen sein. Nach Ausschöpfung des Wachstumsspielraums Anfang der sechziger Jahre führte die Politik des laisser faire zu einer Überforderung des gesamtwirtschaftlichen Leistungsvermögens, zu einer immer größeren Unstetigkeit in der konjunkturellen Entwicklung und schließlich in die Rezession. Aus-dieser Entwicklung haben wir die Konsequenzen gezogen. Wir können uns einen willkürlichen ge- Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 241. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 19. Juni 1969 13475 samtwirtschaftlichen Ablauf mit konjunkturellen Übersteigerungen — begleitet von Inflationsprozessen — und Rückschlägen, wie wir sie 1966/67 erlebten, nicht mehr erlauben. Zu unserer vorausschauenden und steuernden, rationalen Wirtschaftspolitik gibt es keine Alternative. Dies vor allem sollten wir bei der Diskussion des Jahreswirtschaftsberichtes bedenken. Und lassen Sie mich ein weiteres hinzufügen: auch gesellschaftlich hat sich die Situation gewandelt. Das gesellschaftspolitische Leitbild des Konsum-und Wohlstandsbürgers hat den Sturz seines Symbols nicht überdauert. Unsere Gesellschaft wandelt sich. Sie ist auf der Suche nach neuen Lebens- und Verhaltensformen, nach neuen Organisationsprinzipien der Gesellschaft. Wir haben Ende 1966 bei der Bildung der Großen Koalition unsere Reformvorstellungen zur Wirtschafts- und Finanzpolitik auf den Tisch gelegt und diese Vorstellungen sind in den vergangenen Jahren zum Tragen gekommen. Wir haben mit dem Stabilitäts- und Wachstumsgesetz ein wirschafts- und finanzpolitisches Instrumentarium geschaffen, das dem ökonomischen Wissen unserer Zeit entspricht. Wir haben mit dieser Koalition die mittelfristige Finanzplanung bei Bund und Ländern eingeführt. Wir haben den Jahreswirtschaftsbericht, die Rahmenplanung und Globalsteuerung aus der Taufe gehoben. Wir haben den runden Tisch der Konzertierten Aktion geschaffen, und wir haben mit dem Steinkohlegesundungsgesetz die Krise im Steinkohlenbergbau überwunden und die Strukturpolitik grundlegend reorganisiert. Wir sind uns voll darüber im klaren, daß die Durchführung von Reformen, ihre Umsetzung von der gesetzlichen Norm in die Wirklichkeit, ihre optimale Organisation Zeit und Erfahrung erfordern. Dies gilt für die Finanzplanung wie für den Jahreswirtschaftsbericht. Das Kernstück des Jahreswirtschaftsberichts ist die Zielprojektion, das Nationalbudget für das laufende Jahr. Die Ende 1968 für das Jahr 1969 aufgestellte Zielprojektion mußte auf Grund der neueren Entwicklung korrigiert werden. Dies kann kein Anlaß sein, das Instrument der Rahmenplanung in Frage zu stellen. Jedes moderne Unternehmen plant seine Unternehmenspolitik, plant seine Investitionstätigkeit und seinen Finanzierungsbedarf. Es ist längst eine Selbstverständlichkeit geworden, daß Großunternehmen ihre Investitionspläne und ihr Investitionsvolumen für einen mehrjährigen Zeitraum der Öffentlichkeit vorstellen. Das, was für die Privatwirtschaft längst eine Selbstverständlichkeit geworden ist, war für die staatliche Wirtschaftspolitik aus ideologischem Ressentiment lange Zeit verpönt. Bis zum Jahre 1966 klaffte eine gewaltige Lücke zwischen der Organisation der künftigen Entwicklung bei den privaten Wirtschaftssubjekten und der öffentlichen Hand, die ja nicht nur zu den größten Wirtschaftssubjekten gehört, sondern vor allem die Verantwortung für die gesamte wirtschaftliche Entwicklung und das soziale Schicksal unseres Volkes trägt. Dieser Niveauabfall der staatlichen Wirtschafts- und Finanzpolitik gegenüber der privaten Wirtschaft kam besonders eklatant in dem Finanzchaos des Jahres 1966 zum Ausdruck. Mit der Rahmenplanung und der Finanzplanung hat nun der Staat gegenüber der Wirtschaft nachgezogen. Die Niveaulücke wurde geschlossen. Jahreswirtschaftsbericht, volkswirtschaftlicher Rahmenplan, mittelfristge Finanzplanung und globale Ablaufsteuerung sind fortentwickelte Führungsformen der Wirtschafts- und Finanzpolitik, die in den vergangenen 21/2 Jahren erfolgreich angewandt wurden und die sich auch in Zukunft als tragfähig erweisen werden. Es ist heute, in der Vorwahlzeit hier und da en vogue, sich über administrative Eingriffe in die Wirtschaft, über staatlichen Dirigismus zu beklagen. Geht man den Dingen auf den Grund, so ist es ausgerechnet die Reorganisation des Steinkohlenbergbaus, die für diesen Vorwurf herhalten muß. Ich erinnere mich sehr wohl der tiefen energiepolitischen Malaise und der Atmosphäre der Resignation, in der wir vor zwei Jahren steckten. Der robuste Substitutionswettbewerb der großen Mineralölfirmen gegenüber der Steinkohle, die Unfähigkeit der Zechenwirtschaft, sich selbst zu helfen, und die Auswirkungen der Rezession brachten damals den deutschen Steinkohlenbergbau in eine bis dahin unvorstellbare Krise. So sah das freie Spiel der Kräfte aus. Von allen Seiten erging damals der Ruf an Vater Staat, helfend und ordnend einzugreifen. Der Ruf erging zu Recht und wurde von Parlament und Regierung gehört. Aber eine ganze Reihe derjeniger, die damals den Staat zu Hilfe riefen, hegen heute — nachdem wir die Krise gemeistert haben — Bedenken gegen die Konzentrationsvorgänge im Energiesektor, so als ob vorher die Marktkräfte für eine optimale Organisation des Energiebereichs gesorgt hätten. Lassen Sie mich folgendes feststellen: Wir haben von Anbeginn in der großen Strukturkrise des Steinkohlenbergbaus zielbewußt eine marktwirtschaftliche Reorganisation des deutschen Energiebereichs angestrebt. An diesem Konzept haben wir konsequent festgehalten. Ich habe den Eindruck, daß die Verdächtigungen gegenüber der neuen Wirtschaftspolitik darüber hinwegtäuschen sollen, daß Sie, meine Damen und Herren, nicht bereit waren, mit uns das Wettbewerbsrecht zu reformieren. Wir alle wissen, daß die Freiheit der wirtschaftlichen Betätigung, eine freiheitliche Wirtschaftsordnung, uns nur dann erhalten bleiben, wenn der Marktmacht rechtliche Nor, men gegenüberstehen, die deren Mißbrauch wirksam verhindern. Und wir sind uns alle nach über 10jähriger Erfahrung mit unserem Kartellrecht darin einig, daß es reformiert werden muß. Da spitzen so manche draußen im Lande den Mund und beklagen bitter die Konzentration, so als wenn wir sie erfunden hätten. Hier in diesem Hohen Hause, meine Herren, dürfen Sie pfeifen; machen Sie mit uns zusammen ein Wettbewerbsrecht, das den Mißbrauch wirtschaftlicher 13476 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 241. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 19. Juni 1969 Macht in unseren Tagen wirksam verhindert. Wir stehen ganz zu Ihrer Verfügung. Und lassen Sie mich hinzufügen: eine aktive auf Stabilität gerichtete Politik von Bundesregierung oder Bundesbank mit den Mitteln der Globalsteuerung ist gerade eine Absage an den Einzeldirigismus früherer Tage. Dies hat niemand besser als mein verehrter Kollege Dr. Elbrächter als Berichterstatter des Stabilitäts- und Wachstumsgesetzes zum Ausdruck gebracht. Er führte in seinem Bericht zur Globalsteuerung aus: In Übereinstimmung mit dem Regierungsentwurf ist der Ausschuß der Auffassung, daß in einer modernen hochindustrialisierten, mit der Weltwirtschaft verflochtenen Volkswirtschaft die Selbststeuerungskräfte der Wirtschaft allein nicht mehr ausreichen, die in § 1 genannten Ziele in befriedigendem Maße zu verwirklichen. Die marktwirtschaftlichen Steuerungselemente der Preisbildung am Markt und des Wettbewerbs müssen ergänzt werden durch eine wirtschaftspolitische Beeinflussung des gesamtwirtschaftlichen Prozeßablaufs. Unter den heutigen und künftigen Bedingungen kann die Effizienz des marktwirtschaftlichen Systems und damit der unternehmerischen Freiheit nur gewährleistet werden durch eine ergänzende globale Steuerung der wichtigsten Aggregate des gesamtwirtschaftlichen Kreislaufs. Nur so kann eine gleichgewichtige Entwicklung der Volkswirtschaft und damit das marktwirtschaftliche System auf Dauer gesichert werden. Eine gleichgewichtige Entwicklung, die größere Konjunkturausschläge vermeidet und ein angemessenes Wachstum auch langfristig ermöglicht, kann nicht durch dirigistische Einzeleingriffe — die zudem nach und nach die marktwirtschaftliche Ordnung aushöhlen würden —, sondern nur durch eine systematische globale Steuerung des gesamtwirtschaftlichen Kreislaufs erreicht werden. Nach Auffassung des Ausschusses beeinträchtigt die Globalsteuerung keineswegs die Funktionsfähigkeit des marktwirtschaftlichen Systems; im Gegenteil: sie wird dadurch gestärkt. Wir stellen durchaus in Rechnung, daß das Instrument der Rahmenplanung in der Bundesrepublik neu ist und die Zielvorstellungen für 1968 wie 1969 in wirtschaftlich schwieriger Situation aufgestellt werden mußten. Bei der Aufstellung des Jahreswirtschaftsberichts 1969 gab es eine Reihe von Anhaltspunkten, die eine sichere Aussage über die wirtschaftliche Entwicklung in der Bundesrepublik über den gesamten Zeitraum des Jahres 1969 hinweg erschwerten. Drei Komponenten waren es vor allem, die zu einer gewissen Unsicherheit der Beurteilung der Entwicklung über die erste Jahreshälfte hinaus geführt hatten. Unsere beiden bedeutendsten Handelspartner, Frankreich und die USA, hatten wirtschafts-, finanz- und kreditpolitische Maßnahmen ergriffen, die auf das Wiedererlangen ihres inneren wie äußeren Gleichgewichts gerichtet waren. Heute wissen wir, daß diese Stabilisierungsbemühungen einen größeren Zeitraum beanspruchen werden. Damit zusammenhängend war damals die Wirkung nicht abzumessen, welche die von der Bundesregierung zur außenwirtschaftlichen Absicherung getroffenen Maßnahmen haben würden (Ziffern 42, 49 JWB). Heute steht fest: diese Maßnahmen haben uns zwar Luft geschaffen, die außenwirtschaftlichen Probleme nicht gelöst. Drittens prüft der Sachverständigenrat auf Grund seiner Erfahrungen mit der wirtschaftlichen Entwicklung früherer Jahre, unter der Fragestellung: Ein neuer Konjunkturzyklus?, ob die konjunkturelle Entwicklung ihren Höhepunkt überschritten habe und ein neuer Abschwung bevorstehe. Der Sachverständigenrat versagte sich verständlicherweise eine präzisere Antwort. Dennoch gab er zu erwägen: „Hielte man sich lediglich an die Aufschwungsdauer in den beiden vorangegangenen Zyklen, so käme man zu dem Schluß, daß der Höhepunkt im Frühjahr 1969 zu erwarten sei." (Ziffer 40 SVR). Gestützt wurde diese These durch die Prognosen angesehener wirtschaftswissenschaftlicher Institute, die eine deutliche Verlangsamung des Wachstums im Verlauf des Jahres 1969 voraussahen (IFO-Institut, Institut für Weltwirtschaft, DIW u. a.). Bei der Aufstellung des Jahreswirtschaftsberichtes hat die Bundesregierung diese Ungewißheiten und Unwägbarkeiten zu berücksichtigen. Heute ist die wirtschaftliche Entwicklung dieses Jahres klar zu überblicken. Wir stehen inmitten einer Hochkonjunktur mit all ihren Gefahren für die Stabilität des Preisniveaus. Hier hilft keine Vogel-Strauß-Politik. Hier hilft allein Nüchternheit und Rationalität, die Bereitschaft, jederzeit aufs neue Fakten zu prüfen, Positionen zu überdenken und Entscheidungen zu treffen. Eine Stabilitätspolitik greift dann am besten, solange noch wirtschaftliche Stabilität besteht. Je früher in der Hochkonjunktur korrigierend auf die wirtschaftliche Entwicklung eingewirkt wird, desto dosierter kann die Wahl der Mittelsein und desto kürzer ist der Bremsweg. Der Boom des Jahres 1965 hat uns gezeigt, wie massiv der Mitteleinsatz in einer Spätphase sein muß, um zu wirken, wie lange der Bremsweg ist und wie 'tief die Bremsspur. Wir haben am 14. Mai deutlich gemacht, welche Politik in der gegenwärtigenkonjunkturellen Situation angemessen ist, und unsere Haltung ist vom deutschen Volk verstanden worden. Anpassungsinflation ist für uns keine Alternative. Der positivste Aspekt der gegenwärtigen konjunkturellen Entwicklung besteht zweifellos in dem weiterhin ungemein kräftigen Produktivitätszuwachs in der Industrie, der sich im ersten Quartal dieses Jahres auf 9 % belief. Der Spielraum kostenneutraler Lohnerhöhungen wurde bisher nicht ausgeschöpft. Wir unterstreichen daher mit allem Nachdruck, daß konjunkturelle Preissteigerungen in keiner Weise der Lohnentwicklung anzulasten sind. Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 241. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 19. Juni 1969 13477 Für 1968 sah die Bundesregierung ihre Zielprojektion als „Untergrenze" an (Ziffern 27, 34 JWB). Angesichts der Rezession des Jahres 1967 war diese Absichtserklärung der Bundesregierung heilsam. Sie schuf damit eine Vertrauensbasis hinsichtlich der künftigen Entwicklung, .die sich als überaus tragfähig erwies. Es ist vernünftig, daß die Bundesregierung nach erfolgtem Aufschwung — auf dem Grat der Hochkonjunktur — ihre Jahresprojektion für dieses Jahr als „mittlere Zielsetzung", als eine mittlere Orientierungslinie verstanden wissen will (Ziffern 43, 64, 58 JWB). Eine Gegensteuerung soll erst bei erheblichen konjunkturellen Abweichungen nach oben oder unten erfolgen (Ziffer 65 JWB). Damit ist deutlich gesagt, daß die Bundesregierung den Marktkräften das Primat einräumt, aber gewillt ist, von der Zielprojektion kumulativ abweichende Ausschläge zu verhindern. Ein solches Vorgehen wird stets unsere volle Unterstützung finden. Wir erwarten, daß die Bundesregierung konkrete Entscheidungen trifft und eine unkontrollierte Entwicklung der Konjunktur verhindert. In den vergangenen Jahren sind wir wirtschaftspolitisch ein großes Stück vorwärtsgekommen. Welcher der beiden Koalitionsparteien hier das größere Verdienst zukommt, überlasse ich Ihrem gemessenen Urteil. Wir haben durch eine solide Wirtschafts-, Haushalts- und Finanzpolitik die Vertrauenskrise zwischen Staat und Wirtschaft, die im Verlaufe des Jahres 1966 immer deutlicher zutage trat, abgebaut. Der Sachverständigenrat legt in seinem jüngsten Jahresgutachten schlüssig dar, daß die entscheidenden Anregungen des neuen Aufschwungs von den beiden Invesitionshaushalten der öffentlichen Hand ausgingen. Es hatte großer Überzeugungskraft bedurft, um diese Politik konjunktureller Anregung durchzudrücken. Durch die Überwindung der Rezession — die wir nicht gewollt haben, und die für uns niemals ein Mittel der Politik sein wird — haben wir die Arbeitslosigkeit, die Kurzarbeit, das Bangen um den Arbeitsplatz überwunden und den Verlust der Existenz vieler mittelständischer Gewerbetreibender verhindert. Wir haben das Entstehen einer industriellen Reservearmee mit allen ihren negativen Folgen mit Erfolg verhindert. Wir haben mit unserer Wirtschaftspolitik unser Versprechen eines Aufschwungs nach Maß wahrgemacht. Das reale Wirtschaftswachstum betrug 1966 + 2,3 % bei einer Inflationsrate von 3,8 %. 1967, im Tal der Rezession, betrug der reale Zuwachs + 0,2 % bei Preiserhöhungen von insgesamt 0,7 %. Und 1968 betrug der Zuwachs des Bruttosozialprodukts — bei einem mäßigen Preisanstieg von + 1,9 % — + 7 % real. Nach Japan haben wir die höchste Wachstumsrate der Welt. Trotz dieses steilen Aufstiegs blieb die Bundesrepublik in einer inflatorischen Umwelt eine Oase der Stabilität. Der Preisindex für die Lebenshaltung stieg 1968 (gegenüber dem Vorjahr) in Japan um + 5,4 %, in Großbritannien um + 4,7 %, in Frankreich um + 4,5 %, in ,den USA um + 4,2 % und in der Bundesrepublik um + 1,5 %. Mit Recht können wir sagen: der wirtschaftliche Aufschwung kam allen Schichten unseres Volkes zugute. Das gilt es nun zu sichern. Wir haben der Krise im Steinkohlenbergbau ein für .allemal ein Endegesetzt. Mit dem Steinkohlegesundungsgesetz und mit der Gründung der Ruhrkohle AG haben wir einen Schlußstrich unter die Vergangenheit gezogen. Die Krise ist tot, die deutsche Steinkohle und die Kumpels an Ruhr und Saar haben eine gesicherte Zukunft. Unser Konzept einer modernen regionalen Wirtschaftsförderung ist in der Verwirklichung begriffen (Ziffer 73 JWB). Zu keinem Zeitpunkt gab es in Berlin, dem Zonenrandgebiet, in den Steinkohlegebieten Nordrhein-Westfalens und des Saarlandes, in den strukturschwachen Regionen an der Küste und in den anderen Bundesförderungsgebieten eine wirksamere Wirtschaftsförderung und größere Fortschritte in ,der Sanierung dieser Gebiete als heute. Die gesamte Strukturpolitik wird reorganisiert. In diesem Jahr werden die vielen, oft unzusammenhängenden, kleinen Fördergebiete des Bundes zu einer Reihe großer, wirtschaftlich zusammenhängender Förderräume zusammengefaßt, für die mehrjährige Förderprogramme aufgestellt werden. Damit werden gerade auch in überwiegend landwirtschaftlich strukturierten Gebieten neue Erwerbsmöglichkeiten geschaffen. Die Gesetzentwürfe zu den Gemeinschaftsaufgaben regionale Wirtschaftsförderung, Agrarstruktur und Küstenschutz und wissenschaftliche Hochschulen wurden gestern verabschiedet. Damit sind die gesetzlichen Grundlagen einer partnerschaftlichen strukturpolitischen Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern geschaffen Die Reform der Wirtschafts- und Finanzpolitik hat feste Konturen angenommen. Dennoch ist sie noch nicht abgeschlossen. Reformen vollziehen sich nicht von heute auf morgen, langsam nur nehmen sie ihre gedachte Gestalt an. Dazwischen liegen Fehler und müssen Erfahrungen gesammelt werden. Enttäuschung wird es nur bei denen geben, die politisch von der Hand in den Mund leben. Wir denken langfristig. Und wir sind in der Organisation staatlicher Wirtschafts- und Finanzpolitik bereits einen großen Schritt vorwärtsgekommen. Der Jahreswirtschaftsbericht, die Planung einer stabilen gesamtwirtschaftlichen Entwicklung und die Steuerung des gesamtwirtschaftlichen Ablaufs sind in einer hochindustrialisierten Volkswirtschaft unentbehrlich. Ohne die mittelfristige Finanzplanung ist eine staatspolitisch, gesellschaftspolitisch und volkswirtschaftlich sinnvolle Verwendung der riesigen Finanzmassen bei Bund und Ländern nicht mehr gewährleistet. Eine aktive Strukturpolitik ist die Basis der Wirtschaftspolitik. Sie erleichtert den technischen Fortschritt und mobilisiert die Leistungsreserve unserer Volkswirtschaft. Konservierung führt zu Stagnation. Anpassung sichert Wachstum und Wohlstand. Strukturpolitik hält die Marktwirtschaft fit. 13478 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 241. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 19. Juni 1969 Die Konzertierte Aktion fördert den Dialog zwischen Staat, Gewerkschaften und Unternehmern. Sie stellt eine neue Form wirtschaftspolitischer Führung dar: Government by discussion. Die Konzertierte Aktion ist der große Versuch, in unserer pluralistischen Gesellschaft die Spannung zwischen Regierungsverantwortung und autonomen Interessen rational zu lösen. Die in anderen westeuropäischen Ländern übliche Form der Austragung sozialer Konflikte hat bisher zu keinen tragfähigen Lösungen geführt. Ich bin der Auffassung, daß der soziale Dialog in der Konzertierten Aktion, so verbesserungsbedürftig er im einzelnen sein mag, der Weg ist, der auf die Dauer die Autonomie der Gruppen ermöglicht, ihr Gewicht zur Geltung bringt und zu einer ausgewogenen wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung beiträgt. Wir haben einer Wirtschaftspolitik zum Durchbruch verholfen, die einer modernen Industriegesellschaft entspricht. Unsere Politik setzt allerdings eine entscheidungsfähige und entscheidungsfreudige Regierung voraus. Wir haben hinter dieser Regierung gestanden, als es darum ging, die Staatsfinanzen zu sanieren, die Rezession zu überwinden und einen erneuten Aufschwung einzuleiten. Wir werden sie mit gleicher Entschlossenheit in ihren Bemühungen unterstützen, die konjunkturelle Entwicklung in diesem Jahr im Griff zu behalten. Das Stabilitäts- und Wachstumsgesetz hat uns ein modernes Instrumentarium in die Hand gegeben. Wir sind bereit, es anzuwenden. Wir Sozialdemokraten schieben Entscheidungen nicht vor uns her, wir lassen uns nicht von sachfremden Erwägungen leiten und sind jederzeit dazu bereit — unabhängig von irgendwelchen Wahlterminen — für unser Volk die politische Verantwortung zu tragen. Anlage 5 Schriftliche Erklärung der Abgeordneten Frau Geisendörfer (CDU/CSU) zu Punkt 16 der Tagesordnung. Zunächst ist darauf hinzuweisen, daß die Novellierung des Atomgesetzes dem schon vor längerer Zeit vorgetragenen Anliegen Rechnung trägt. Nach der vorgesehenen Regelung wird die Haftung des Reeders für Drittschäden beim Seetransport von Kernbrennstoffen von uns zu einer Atomanlage in die Freistellungsverpflichtung des Bundes einbezogen. Hierin ist eine bedeutende Verbesserung der Situation der Reeder gegenüber dem geltenden Recht zu sehen, das nur in Ausnahmefällen, in denen der Kernbrennstofftransport eine dem Betrieb der Anlage zugehörige Handlung ist, eine Freistellung durch den Bund vorsieht (vgl. § 25 Abs. 1, § 36 Abs. 1 Atomgesetz). Es trifft allerdings zu, daß Eigenschäden des Reeders — an dem Schiff, auf dem die Kernbrennstoffe befördert werden — auch nach der Novellierung des Atomgesetzes nicht in die Haftung des Anlageninhabers und in die Freistellungsverpflichtung des Bundes eingeschlossen sind. Diese Regelung für Eigenschäden des Transporteurs bleibt im System des geltenden Rechts. In den Ausnahmefällen, in denen der Anlageninhaber nach § 25 Abs. 1 des geltenden Atomgesetzes für Schäden beim Kernbrennstofftransport haftet, ist der Transporteur eine nach § 15 Abs. 2 Nr. 2 des Atomgesetzes mit gedeckte Person, da er eine Leistung zur „Benutzung" oder „Inbetriebhaltung" der Anlage erbringt. Daher fallen Schäden am Beförderungsmittel unter die Ausnahmebestimmungen der §§ 36 Abs. 2 Nr. 2, 38 Abs. 2 Satz 1 des Atomgesetzes. Dies bedeutet, daß eine Haftung des Anlageninhabers nach § 25 des Atomgesetzes gegenüber dem Transporteur nicht besteht. Allerdings erfordert die Einführung der allgemeinen Transporthaftung des Anlageninhabers, daß die an der Beförderung beteiligten Personen in § 15 Abs. 2 Atomgesetz näher bestimmt werden, um auch diese Personen in die Deckung des Bundes einzubeziehen. Es trifft zu, daß die meisten OECD-Länder ausdrücklich oder stillschweigend Schäden am Beförderungsmittel in die Anlagenhaftung einbezögen. Die Frage, ob sich die Bundesrepublik bei Ratifizierung der europäischen Atomhaftungskonventionen dieser Rechtsentwicklung anschließen soll, wird bei den weiteren Beratungen über ein Zustimmungsgesetz zu den Übereinkommen eingehend geprüft werden. Es ist jedoch nicht möglich gewesen, die Frage der Schäden am Beförderungsmittel schon in der „kleinen" Novelle anders als bisher zu regeln. Die Novelle hat zum Ziel, von den vordringlichen Reformwünschen nur die in der Sache unstrittigen Punkte vorweg zu nehmen, bei denen die Aussicht bestanden hat, daß sie ohne Schwierigkeiten das Gesetzgebungsverfahren durchlaufen werden. Bei den Vorbesprechungen hatten sich jedoch Meinungsverschiedenheiten insbesondere zu der Frage ergeben, ob der Einschluß des Beförderungsmittels in die Anlagehaftung für alle Verkehrsbereiche oder nur für die Seeschiffahrt, bei der allein Schwierigkeiten enstanden sind, vorgesehen werden soll. Der Ausschuß ist jedoch dahin gehend übereingekommen, der Bundesregierung dringend zu empfehlen, diesen Fragenkomplex bei dem Entwurf der großen Novelle eingehend zu berücksichtigen. Anlage 6 Schriftliche Erklärung des Abgeordneten Dr. Arndt (Hamburg, SPD) zum ersten Zusatzpunkt der Tagesordnung. Im März 1968 hat die sozialdemokratische Fraktion des Deutschen Bundestages den Entwurf eines Gesetzes eingebracht, durch das endlich auch auf dem Gebiete des Staatsangehörigkeitsgesetzes dem Gleichheitsgrundsatz unserer Verfassung (Art. 3 GG) volle Geltung verschafft werden sollte. Lange und schwierige Verhandlungen innerhalb und mit der Bundesregierung und im Innenausschuß dieses Hohen Hauses sowie vielfache interfraktionelle Bera- Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 241. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 19. Juni 1969 13479 tungen haben schließlich zu der Vorlage geführt, die jetzt als Drucksache V/3971 (neu) von der Berichterstatterin, Frau Kollegin Enseling, vorgelegt wurde. Zugleich auch im Namen der SPD-Fraktion begrüße ich es ausdrücklich, daß durch diese Vorlage nunmehr das Prinzip der Gleichberechtigung von Mann und Frau auch auf dem Gebiete des Staatsangehörigkeitsgesetzes verwirklicht wird. Das ist ein Fortschritt, dessen Bedeutung niemand unterschätzen sollte, ein Fortschritt zugleich, der von einer großen Zahl von Familien in unserem Land eine schwere Sorge zu nehmen in der Lage ist. Bisher hatte zwar die nichtdeutsche Ehefrau eines Deutschen den klagbaren Rechtsanspruch, ebenfalls die deutsche Staatsangehörigkeit zu erhalten. Eine Deutsche, die einen Ausländer heiratete, konnte diesem jedoch keinerlei auch nur Anwartschaft auf die deutsche Staatsangehörigkeit vermitteln. Das hat häufig zu großen Härten bei solchen Familien geführt. Sowohl unter dem Gesichtspunkt des im Grundgesetz verbürgten Schutzes von Ehe und Familie (Art. 6 GG) als auch unter dem international anerkannten Grundsatz der Familieneinheit im Staatsangehörigkeitsrecht ist daher die vorliegende Novelle sehr zu begrüßen. Wenn wir Sozialdemokraten dennoch nur etwas schweren Herzens der Fassung zustimmen können, die unser Antrag im Ausschuß erhalten hat, so vor allem deshalb, weil die Durchsetzung des verfassungsrechtlichen Grundsatzes der Gleichberechtigung nur unter der Hinnahme von Erschwerungen für die Einbürgerung nichtdeutscher Ehefrauen Deutscher zu erreichen war, wie sie uns in diesem Umfang nur schwer verständlich sind. Hatten solche Frauen bisher das Recht, z. B. durch bloße Erklärung vor dem Standesbeamten bei der Eheschließung die deutsche Staatsangehörigkeit zu erwerben, so werden sie jetzt einem förmlichen Verfahren unterworfen, das zahlreiche Bedingungen stellt, ehe es die Zuerkennung unserer Staatsangehörigkeit zuläßt. Ich weiß zwar aus meiner eigenen Hamburger Verwaltungspraxis auf diesem Gebiet, daß es hier Mißbräuche gegeben hat. Dennoch rechtfertigten diese sicher nicht, die Einbürgerung der ausländischen Ehefrauen Deutscher so zu erschweren, wie es der Entwurf jetzt im Gegensatz zum ursprünglichen sozialdemokratischen Antrag vorsieht. Die SPD-Fraktion kann das nur im Hinblick auf den übergeordneten Gesichtspunkt der Durchsetzung des Verfassungsgrundsatzes der Gleichberechtigung der Geschlechter hinnehmen. Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion benutzt diese Gelegenheit jedoch zugleich auch, in Übereinstimmung mit der Auffassung wohl aller Fraktionen dieses Hauses darauf hinzuweisen, daß das Wort „sollen" in § 9 Abs. 1 des Gesetzes für die Verwaltung eine Rechtspflicht auf Einbürgerung begründet, wenn die übrigen in den §§ 8 und 9 genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Der Ausschuß hat seine Berichterstatterin ausdrücklich beauftragt, dies in ihren Bericht aufzunehmen. Das ist unter III auch geschehen. Weiter wird zwar in § 9 Abs. 1 des Gesetzes verlangt, daß der Einbürgerungsbewerber zur Vermeidung der unerwünschten Doppelstaatsangehörigkeiten seine bisherige Staatsangehörigkeit entweder aufgeben oder verlieren muß, ehe er Deutscher werden kann. Da es aber Staaten gibt, die ihre Bürger grundsätzlich nicht aus der Staatsangehörigkeit entlassen, müssen in Zukunft die deutschen Einbürgerungsbehörden bei der Ermessenseinbürgerung nach § 8 bei nichtdeutschen Ehegatten Deutscher bei richtiger Auslegung des jetzt neu gegebenen Gesetzeszusammenhangs großzügiger verfahren, wenn eine Rechtspflicht auf Einbürgerung allein deswegen nicht besteht, weil der Bewerber ohne sein Verschulden § 9 Abs. 1 Nr. 1 nicht erfüllen kann. Weiter ist darauf hinzuweisen, daß im Anschluß alle Fraktionen einmütig der Auffassung waren, daß die in § 9 Abs. 1 Nr. 2 geforderte Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse grundsätzlich immer dann anzunehmen ist, wenn der Einbürgerungsbewerber sich fünf Jahre in Deutschland aufgehalten hat. Dabei ging der Ausschuß davon aus, daß es sich hier nur in den allerseltensten Ausnahmen nicht um eine Höchstfrist handeln kann. Ein wichtiges Merkmal dafür, ob eine solche Einordnung erfolgt ist, muß man sicherlich darin sehen, ob der Bewerber die deutsche Sprache jedenfalls so weit beherrscht, daß er sich im Alltagsleben mit ihr verständigen kann. Mehr zu fordern sollte schon das Beispiel eines der bedeutendsten Männer unserer Zeit verbieten: Albert Einstein hat trotz jahrzehntelangen Aufenthalts in New York bis an sein Lebensende nie richtig englisch gelernt und sich am liebsten in seiner deutschen Muttersprache mit schwäbelndem Unterton unterhalten. Die SPD-Fraktion verbindet die Zustimmung zu der vorliegenden Kompromißfassung des Gesetzes mit der Hoffnung, daß sich auch der Bundesrat dem sowohl verfassungsrechtlichen als auch familienfreundlichen Anliegen dieses Entwurfs nicht versagen wird. Er appelliert an die für die Einbürgerung zuständigen Länderverwaltungen, das Gesetz in Zukunft großzügig und im Geiste nicht nur der Gleichberechtigung der Geschlechter sondern auch des über nationale Bande immer mehr hinausgreifenden Gedankens der Völkerverständigung und der weltoffenen Partnerschaft von Menschen aller Länder und Kontinente auszulegen. Anlage 7 Schriftliche Antwort des Staatssekretärs Dr. Schornstein vom 16. Juni 1969 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Moersch (Drucksache V/4306 Fragen 6 und 7) : Ist der Bundesregierung der grundsätzliche Unterschied zwischen einer Ferienzweitwohnung und einer durch Berufsausbildung von Studenten und anderen in der Ausbildung befindlichen Personen notwendig bedingten Zweitwohnung bekannt? Ist die Bundesregierung bereit, auf dem Wege des Erlasses oder gegebenenfalls durch Novellierung des Wohngeldgesetzes 13480 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 241. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 19. Juni 1969 für eine sinnvolle und großzügige Regelung der Wohngeldvergabe an den angesprochenen Personenkreis zu sorgen, der im Regelfall die Erstwohnung (Elternwohnung) nur noch kurzzeitig benutzt und vielfach nicht mehr endgültig dorthin zurückkehrt? Der Unterschied zwischen einer Ferienzweitwohnung und einer durch Berufsausbildung bedingten zweiten Wohnung ist mir bekannt. Wenn für mehrere Wohnungen Miete zu entrichten oder Belastungen aufzubringen ist und wenn für eine Wohnung bereits ein Wohngeld gewährt wird, ist Wohngeld für die andere Wohnung nach § 27 WohngeldG ausgeschlossen. Der Zweck dieser Vorschrift, Wohngeld nur für eine Wohnung zu gewähren ohne Rücksicht darauf, ob die zum Haushalt rechnenden Familienmitglieder nur diese eine oder mehrere Wohnungen — z. B. eine Ferien-Zweitwohnung — bewohnen und auch für mehrere Wohnungen Entgelt bezahlen, entspricht dem Ziel des Wohngeldgesetzes, zur Vermeidung sozialer Härten ein Mindestmaß an Wohnraum wirtschaftlich zu sichern. Die Vorschrift geht davon aus, daß es sich um einen gemeinsamen Familienhaushalt handelt und sämtliche oder einzelne Familienmitglieder mehrere Wohnungen innehaben. Dagegen fällt unter § 27 a. a. O. nicht der Tatbestand, daß mehrere auf die Dauer getrennte Haushalte vorhanden sind; in solchen Fällen kann für jeden Haushalt ein Wohngeld in Betracht kommen. Wohngeld wird ebenfalls nicht gewährt, wenn Wohnraum von Familienmitgliedern vorübergehend benutzt wird und sie nur vorübergehend vom Familienhaushalt abwesend sind (§§ 26, 7 Abs. 2 Satz 2 WohngeldG) ; diese Familienmitglieder rechnen auch weiterhin zu dem Haushalt, von dem sie sich vorübergehend entfernt haben. Die Handhabung der letztgenannten Vorschriften wird in zunehmendem Maße, insbesondere von Studenten, kritisiert. Sie wenden sich dagegen, daß lediglich ein Teil der in Ausbildung befindlichen Antragsteller Wohngeld erhalten, die Mehrzahl dagegen als lediglich vorübergehend vom Familienhaushalt abwesend behandelt werden, weil sie in ihrer Lebenshaltung unselbständig sind und von ihren Eltern finanziell oder auf andere Weise materiell in erheblichem Umfang unterstützt werden. Ich verkenne nicht, daß bei der Anwendung der genannten Vorschriften des Wohngeldgesetzes auf Studenten und andere in der Berufsausbildung befindliche Antragsteller in Einzelfällen Härten eintreten können, die sicherlich am besten durch eine Änderung oder Ergänzung des Gesetzes zu beseitigen sind. Bis dahin sollten die auftretenden Härten durch eine elastischere Handhabung der geltenden Vorschriften vermieden werden. Da das Wohngeldgesetz von den Ländern als eigene Angelegenheit ausgeführt wird, habe ich mich deswegen mit dem in Abschrift beiliegenden Rundschreiben an die zuständigen obersten Landesbehörden gewandt und sie um Mitteilung ihrer Auffassung zu meinen Vorschlägen gebeten. Wie ich aus dem Rundschreiben zu entnehmen bitte, soll die Angelegenheit auf der Länderministerkonferenz am 11. Juli 1969 erörtert werden. Über das Ergebnis werde ich Sie gerne unterrichten. Der Bundesminister für Wohnungswesen und Städtebau IC3-300929-8 Bad Godesberg, den 16. Juni 1969 Schnellbrief An die für das Bau-, Wohnungs- und Siedlungswesen zuständigen Herren Minister (Senatoren) der Länder An das Sozialministerium 65 Mainz Bauhofstraße 4 Betr.: Einzelfragen bei der Anwendung des Wohngeldgesetzes, hier: Behandlung der Antragsteller, die sich in der Ausbildung befinden In jüngster Zeit bereitet die Anwendung der §§ 26, 7 Abs. 2 WohngeldG auf Wohngeldanträge der Antragsteller, die zu beruflichen oder Ausbildungszwecken einen anderen Wohnort gewählt haben, zunehmend Schwierigkeiten. Diese Antragsteller, vor allem auch Studenten, wenden sich in wachsendem Maße gegen diese Vorschriften. Nach § 26 in Verbindung mit § 7 Abs. 2 WohngeldG wird Wohngeld nicht gewährt, wenn Wohnraum von Familienmitgliedern vorübergehend genutzt wird und sie nur vorübergehend vom Familienhaushalt abwesend sind. Fehlt auch nur eine dieser Voraussetzungen, so ist ein Versagungsgrund nach § 26 a. a. O. nicht gegeben. Das Wohngeld darf daher nicht versagt werden, wenn der Antragsteller seine Wohnung am Ausbildungsort zwar nur vorübergehend bewohnt, diese Wohnung jedoch Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen ist. Das trifft zu, wenn ein Student verheiratet ist und am Studienort einen eigenen Hausstand begründet oder als Vollwaise keine Verbindung zu einem Familienhaushalt hat (Entschließung der Obersten Baubehörde im Bayer. Staatsministerium des Innern vom 3. 12. 1965, Anlage zum Runderlaß des Ministers für Wohnungsbau und öffentliche Arbeiten des Landes Nordrhein-Westfalen vom 28. 2. 1966). Diese Voraussetzungen sind ebenfalls erfüllt, wenn sich der Antragsteller völlig aus dem früheren gemeinsamen Familienhaushalt gelöst hat, so z. B. wenn er Vollstipendiat ist oder seinen Lebensunterhalt deshalb von dritter Stelle erhält, weil er die Verpflichtung eingegangen ist, nach Abschluß seiner Ausbildung in den Dienst der unterhaltsgewährenden Stelle einzutreten (OVG Berlin, Urt. vom 5. 1. 1968 — II B 52/67). Dagegen reicht es nicht ohne weiteres aus, wenn der auswärts studierende Sohn verlobt ist (OVG Berlin, Urt. vom 5. 1. 1968). Eine nur vorübergehende Abwesenheit ist auch dann nicht gegeben, wenn ein Student schon vor seinem Aufenthalt am auswärtigen Hochschulort nicht mehr dem Familienhaushalt angehört, sondern beispielsweise wegen der engen Wohnverhältnisse seiner Eltern bei Verwandten gewohnt hat (OVG Berlin, Urt. vom 6. 9. 1968 - II B 46/68). In diesem Falle sind finanzielle Zuwendungen der Eltern für den Wohngeldanspruch des Studenten unschädlich. Ein eigener Wohngeldanspruch wird ferner angenommen, wenn der Antragsteller als Lehrling außerhalb des Elternhauses wohnt und seinen Lebensunterhalt hauptsächlich von seiner Lehrlingsvergütung bestreitet. Dabei ist es unschädlich, wenn er gelegentlich seine Eltern besucht und auch einen Teil seines Urlaubs dort verbringt (Bay. VGH, Urt. vom 15. 6. 1967 - 4016/67). Das gleiche gilt für Antragsteller, die in einem Wohnheim wohnen, bereits eine abgeschlossene Ausbildung hinter sich haben (z. B. als Ingenieur) und sich ihren Lebensunterhalt zeitweise selbst verdienen und zeitweise mit Hilfe der Leistungen nach dem Honnefer Modell bestreiten (VG Berlin, Urt. vom 28. 3. 1968 - XI A 165/67). Für die Versagung des Wohngeldes ist es entscheidend, ob der Familienhaushalt weiterhin Mittelpunkt der Lebensbeziehungen eines auswärts wohnenden Antragstellers bleibt. Dies kann sich insbesondere darin äußern, daß ein Student seine Ferien ganz oder teilweise im elterlichen Haushalt verbringt, oder darin, daß seine Wohngelegenheit bei den Eltern erhalten bleibt (OVG Berlin, Urt. vom 5. 1. 1968 - II B 52/67; OVG Hamburg, Urt. vom 5. 1. 1968 - Bf I 5/67, Bay. VGH, Beschl. vom 23. 6. 67 - 31 VI 67; VG Saarland, Urt. vorn 1. 6. 67 - 4 K 517/66; VG Ansbach, Urt. vom 27. 10. 66 -9154 V/66). Insbesondere spricht die Tatsache für eine Haushaltszugehörigkeit, wenn ein Lediger, in Ausbildung befindlicher Antragsteller finanziell von seinen Eltern unterstützt wird und die Wirtschaftsgemeisnchaft mit dem elterlichen Haushalt aufrechterhalten bleibt (Bay. VGH, Urt. vom 2. 2. 1968 -230 III 66; OVG Hamburg, Urt. vom 5. 1. 1968 - Bf I 5/67). Dabei ist es unbedeutend, ob der Antragsteller am Ausbildungsort einen ersten oder zweiten Wohnsitz begründet hat (Bay. VGH, Urt. vom 2. 2. 1968), ob er Unter- oder Hauptmieter ist oder ob er in einem Wohnheim wohnt. Es steht der Anwendung des § 26 a. a. O. also auch nicht entgegen, wenn sich ein Student ein Appartement mietet und es mit eigenen Möbeln ausstattet (Bay. VGH, Urt. vom 2. 2. 1968) . Ich verkenne nicht, daß in Einzelfällen Härten entstehen können, die sicherlich am besten durch eine Änderung oder Ergänzung der betreffenden Vorschriften zu beseitigen sind. Aus diesem Grunde erwäge ich, mich für eine Änderung der einschlägigen Vorschriften dahin gehend einzusetzen, daß in der Ausbildung befindliche Antragsteller, die voraussichtlich länger als 12 Monate zu Ausbildungszwekken vom Familienhaushalt abwesend sind, nicht als nur vorübergehend abwesend gelten. Da die in dieser Legislaturperiode noch verfügbare Zeit jedoch für eine sorgfältige und abgewogene Neuformulierung und deren Beratung in den getzgebenden Körperschaften nicht mehr ausreicht, sollten die auftretenden Härten solange durch eine elastischere Handhabung der geltenden Vorschriften in Anlehnung an die Rechtsprechung und im Sinne meiner vorstehenden Ausführungen vermieden werden. Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wen Sie noch in diesem Monat zu dieser Frage und zu einer Änderung der einschlägigen Gesetzesvorschriften Stellung nehmen würden. Ich beabsichtige, diese Fragen in der Ministerkonferenz am 11. Juli 1969 zur Diskussion zu stellen. Dr. Lauritz Lauritzen Anlage 8 Schriftliche Antwort des Staatssekretärs Dr. Maassen vom 19. Juni 1969 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Dröscher (Drucksache V/4375 Frage 5) : Hält es die Bundesregierung für richtig, daß in einem kürzlich vor dem Bundessozialgericht, erfolgreich für die Klägerin, abgeschlossenen Rentenfall dem vertretenden Rechtsanwalt ein Honorar von weniger als 100 DM gewährt werden konnte, nachdem bei solch niedrigen Gebührensätzen die Rechtsgleichheit für minderbemittelte Kläger mangels zur Vertretung bereiter Rechtsanwälte nicht mehr gegeben erscheint? Die Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte sieht in § 116 für die Tätigkeit des Rechtsanwalts im Verfahren vor dem Bundessozialgericht einen Gebührenrahmen von 75 bis 500 DM vor. Ob im vorliegenden Fall ein Betrag von weniger als 100 DM angemessen war, entzieht sich der Beurteilung der Bundesregierung. Der Bundesregierung ist nicht bekannt geworden, daß die in der Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte bestimmten Gebührenrahmen dazu geführt hätten, daß nicht genügend Rechtsanwälte zur Vertretung vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit bereit sind. Ein etwa geringeres Interesse der Rechtsanwaltschaft an diesen Verfahren dürfte vornehmlich seine Ursache darin haben, daß diese Materie oft nicht zum üblichen Arbeitsgebiet des Anwalts gehört. Im übrigen liegt dem Deutschen Bundestag ein Gesetzentwurf vor (BT-Drucksache V/4146), nach dem die Gebühren, die nur dem Mindest- und Höchstbetrag nach bestimmt sind, erhöht werden sollen. Hierzu würden auch die Gebühren für die Vertretung vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit gehören. Anlage 9 Schriftliche Antwort des Staatssekretärs Dr. von Manger-Koenig vom 19. Juni 1969 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Petersen (Drucksache V/4375 Fragen 22, 23 und 24) : Ist der Bundesregierung bekannt, daß von 1 Million jährlich in der Bundesrepublik Deutschland geborenen Kindern 3 % = 3000 an infantiler Cerebralparese leiden? Welche Möglichkeiten und Maßnahmen hat die Bundesregierung getroffen, um die Früherfassung, Frühbehandlung und Rehabilitation dieser Kinder soweit möglich zu sichern? 13482 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 241. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 19. Juni 1969 Was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um eine ausreichende Behandlung und die Errichtung eines Spezialzentrums für Diagnostik, Therapie und Rehabilitation für cerebralparetische Kinder auf überregionaler Ebene zu ermöglichen? Eine genaue Zählung der Kinder mit infantiler Cerebralparese ist nicht möglich, da keine entsprechende Meldepflicht besteht. Es liegen daher lediglich Schätzzahlen vor. Auf der Basis von Informationen führender Wissenschaftler rechnet man damit, daß in der Bundesrepublik jährlich etwa 4000 Kinder mit frühkindlichen Hirnschäden geboren werden. Die Gesamtzahl der spastisch gelähmten Kinder bis zum Alter von 18 Jahren wird mit ungefähr 50 000 beziffert. Kinder mit frühkindlichen Hirnschädigungen sind zumeist Mehrfachbehinderte, bei denen die Lähmung oft nur ein Symptom neben Sinnes- und Intelligenzdefekten darstellt. Die Frage muß daher in Zusammenhang mit dem Problem der Mehrfachbehinderten überhaupt gesehen werden. Für die Früherfassung sind bisher mehrere Modelle unterschiedlichen Umfangs im Sinne von Vorsorgeuntersuchungen erarbeitet worden, die von der Geburt bis mindestens zur Einschulung reichen. Sie werden zur Zeit auf ihre Aussagekraft, praktische Durchführungsmöglichkeit, organisatorische Voraussetzungen und die Höhe der finanziellen Aufwendungen geprüft. In einem Forschungsvorhaben beschäftigt sich die Universitäts-Kinderklinik und Poliklinik in Göttingen mit der „Intensivierung der Frühdiagnose und Frühbehandlung cerebralparetischer Kinder". Wie in der Fragestunde des Bundestages am 7. Februar 1969 betont wurde, sind Besprechungen über einen Forschungsauftrag mit dem Ziel eines Modellprojektes im Lande Niedersachsen im Gange, die einer konkreten Planung dienen sollen. Die Sicherstellung ausreichender Therapie- und Rehabilitationsmöglichkeiten fällt in die Zuständigkeit der Bundesländer. Bekanntlich hat der Gesetzentwurf der Bundesregierung, durch die Zuständigkeit für die Verhütung und Bekämpfung von Krankheiten auch selbst ein Gesundheitshilfeprogramm für Säuglinge und Kleinkinder zu schaffen, auch im Deutschen Bundestag nicht die notwendige Mehrheit bekommen. Der Bund hat also weiterhin lediglich die Möglichkeit, durch Forschungsaufträge und Modelleinrichtungen tätig zu werden. Hier besteht ein Forschungsvorhaben im Annastift, Honnover, zur „Ermittlung der körperlich- und geistig-seelischen Belastungsfähigkeit und der Belastungsgrenzen spastisch gelähmter Kinder und Jugendlicher". Ein weiterer Modellversuch wurde vom Deutschen Roten Kreuz in Bonn mit dem Thema bearbeitet: „Anleitung von Eltern spastisch gelähmter Kinder in Anlehnung an eine Tagesstätte". Der Abschlußbericht über diese Form der Intensivierung der Frühbehandlung wird Ende 1969 vorliegen. Als Modellbehandlungsstätte für spastisch gelähmte Kinder hat das Bundesministerium für Gesundheitswesen eine Einrichtung in Göggingen bei Augsburg durch Gewährung eines Bundeszuschusses gefördert. Die Frühdiagnose, Frühbehandlung und Frührehabilitation von mehrfach behinderten Kindern ist Aufgabe eines Modellvorhabens, das die Forschungsstelle für soziale Pädiatrie und Jugendmedizin an der Universität München geplant hat und das ebenfalls vom Bundesministerium für Gesundheitswesen gefördert wird. Es ist beabsichtigt, weitere Modellvorhaben für die Rehabilitation spastisch gelähmter Kinder, soweit der überregionale Charakter dargetan ist, finanziell zu fördern. Zur Zeit werden vom Bundesministerium für Gesundheitswesen Antragsunterlagen zur Errichtung von solchen Modellvorhaben in Düsseldorf und in Münster sowie in München geprüft. Die Landesregierung Rheinland-Pfalz beabsichtigt, mit Hilfe des Bundes ein Zentrum zur Frühdiagnostik und Frühbehandlung behinderter Kinder in Mainz zu errichten, in das vorwiegend Kinder mit angeborenen oder frühkindlich erworbenen Hirnschädigungen aufgenommen werden sollen. Weiterhin bemüht sich das Bundesministerium für Gesundheitswesen, die sozialmedizinische Forschung auf dem Gebiet der Cerebralparese zu koordinieren, damit ein Überblick über die spezifischen Planungsbedürfnisse ermöglicht wird. Anlage 10 Schriftliche Antwort des Staatssekretärs Wittrock vom 19. Juni 1969 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Biechele (Drucksache V/4375 Fragen 61, 62 und 63): Ist die Bundesregierung bereit, den Bau des 2. Rheinübergangs in Konstanz planerisch und finanziell mit allen Möglichkeiten zu fördern, nachdem der verkehrspolitische Notstand im Zusammenhang mit der unumgänglichen Erneuerung des Belags der einzigen Rheinbrücke für Konstanz erschreckend deutlich wurde, ein Notstand, dessen Folgen unabsehbare Gefahren heraufbeschwören können? Bis zu welchem Zeitpunkt werden die Planungen für den 2. Rheinübergang in Konstanz (Brücke und Tunnel) abgeschlossen sein? Bis zu welchem Zeitpunkt kann mit dem Baubeginn und mit der Fertigstellung des 2. Rheinübergangs in Konstanz gerechnet werden? Die verkehrlichen Schwierigkeiten in Konstanz, die sich aus dem Vorhandensein nur eines Rheinüberganges ergeben, sind mir recht gut bekannt. Zur Verbesserung dieser Verhältnisse ist die Schaffung eines 2. Rheinüberganges im Zuge der verlegten Bundesstraße 33 geplant, dessen baldige Verwirklichung sowohl von den Mitarbeitern meines Hauses als auch allen anderen Beteiligten durch die bereits erfolgte Sicherung der Finanzierung und durch die bevorzugte Bearbeitung der planerischen Voraussetzungen angestrebt wird. Der Abschluß der baureifen Planung hängt jedoch zunächst von der noch zu treffenden Entscheidung über das System des neuen Rheinübergangs (Brücke oder Tunnel) ab. Die notwendigen Voraussetzungen für diese Entscheidung nehmen jedoch zwangsläufig gegenüber sonstigen Planungen eine überdurchschnittliche Zeit in Anspruch, nachdem die anstehenden technischen Probleme bei den gegebenen Bodenverhältnissen und bei den zu berücksichtigenden wasserbaulichen Erfordernissen eingehende Untersuchungen unumgänglich machen. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen, die von der bearbeitenden Bundesanstalt für Wasserbau in Karlsruhe für Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 241. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 19. Juni 1969 13483 Sommer dieses Jahres zugesagt sind, werden in jedem Falle wegen deren Einfluß auf die Durchführbarkeit und Wirtschaftlichkeit der zu wählenden Lösung zunächst abzuwarten sein. Es ist damit zu rechnen, daß für die Klärung der noch offenen technischen und wirtschaftlichen Fragen, den anschließenden Abschluß der baureifen Planung und die Planfeststellung der Zeitraum bis Ende nächsten Jahres benötigt wird, sofern dabei keine unerwarteten Schwierigkeiten auftreten. Einer unmittelbar darauf folgenden Baudurchführung, für die 3-4 Jahre anzusetzen sind, steht seitens der Straßenbauverwaltung nichts im Wege. Anlage 11 Schriftliche Antwort des Staatssekretärs Wittrock vom 19. Juni 1969 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Wendelborn (Drucksache V/4375 Frage 64) : Sieht die Bundesregierung in der Tatsache, daß auf der diesjährigen Luftfahrtschau in Paris der Prototyp eines Düsentriebwerkes gezeigt wurde, der sich durch eine bemerkenswert geringe Lärmentwicklung auszeichnet, die Möglichkeit, den Fluglärm in Zukunft an der Quelle zu bekämpfen? Es ist zu hoffen, daß auf diesem Wege ein weiteres Mittel gefunden wird, den Lärm an der Quelle zu bekämpfen. Die Bundesregierung verfolgt jede Möglichkeit, die sich zur Lärmminderung an der Quelle bietet, mit größtem Interesse. Durch neuartige Bauweisen werden die künftig international festzulegenden Lärmgrenzkriterien ohne Zweifel leichter eingehalten und möglicherweise unterschritten werden können. Bei dem hier erwähnten Strahltriebwerk ATF 3 handelt es sich um die Neukonstruktion eines kleinen Triebwerkes der Firma Garett. Durch eine gegenüber der konventionellen Weise neuartige Strahiführung soll neben geringerem Treibstoffverbrauch die Lärmabstrahlung niedriger liegen. Es ist zu wünschen, daß die in der Theorie und in ersten Versuchen gefundenen Verbesserungen tatsächlich eintreten, doch benötigen Triebwerksneuentwicklungen 3-5 Jahre Zeit. Ob die Konstruktion auch für 10-15fach leistungsstärkere Triebwerke, wie sie für Verkehrsflugzeuge benötigt werden, anwendbar ist, bleibt abzuwarten. Anlage 12 Schriftliche Antwort des Staatssekretärs Wittrock vom 19. Juni 1969 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Dröscher (Drucksache V/4375 Frage 65) : Was geschieht, um die angesichts der modernen Möglichkeiten der Technik oft ungewöhnlich langen Wartezeiten an den beschrankten Bahnübergängen zu verkürzen? Die Sperrzeiten an den beschrankten Bahnübergängen können durch den Einbau von Anrückmeldern oder ähnlichen Einrichtungen oder durch den Ersatz der Schranken durch Blinklichtanlagen mit oder ohne Halbschranken in gewissem Umfang verkürzt werden. Von diesen Möglichkeiten machen die Bahnverwaltungen zunehmend Gebrauch, soweit die Beseitigung dieser Bahnübergänge durch Überführungen noch nicht möglich ist. So wurde allein in den letzten zehn Jahren bei der Deutschen Bundesbahn die Zahl der beschrankten Bahnübergänge um rd. 4000 auf z. Z. 10 500 vermindert. Im gleichen Zeitraum wurden rd. 2000 Blinklichtanlagen mit und ohne Halbschranken eingebaut. Automatische Meldeanlagen sind z. Z. bei der Deutschen Bundesbahn rd. 1600 in Betrieb. Anlage 13 Schriftliche Antwort des Staatssekretärs Wittrock vom 19. Juni 1969 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Neumann (Stelle) (Drucksache V/4375 Fragen 66, 67 und 68) : In welchem Stadium sind die Vorarbeiten für den Bau des Verschiebebahnhofs Maschen/Krs. Harburg? Welchen finanziellen Umfang wird das Projekt haben? Wann wird mit dem Beginn der Baumaßnahmen gerechnet? Die Deutsche Bundesbahn hat das Planfeststellungsverfahren für den Bau des Rangierbahnhofs Maschen eingeleitet. An das Planfeststellungsverfahren schließt sich dann das nach dem Bundesbahngesetz vorgeschriebene Genehmigungsverfahren an. Hinsichtlich des finanziellen Umfangs können von der Deutschen Bundesbahn zunächst nur für den 1. Bauabschnitt Kostenschätzungen angegeben werden, da hierfür die Planungen im wesentlichen abgeschlossen sind. Einschließlich der Neubaustrecke von Maschen nach Jesteburg rechnet die Deutsche Bundesbahn mit einem Aufwand von rd. 150 bis 180 Mio DM. Wenn sich keine unvorhergesehenen Schwierigkeiten ergeben, kann mit dem Beginn der Bauarbeiten noch Ende 1969 oder Anfang 1970 gerechnet werden. Anlage 14 Schriftliche Antwort des Bundesministers Wehner vom 19. Juni 1969 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Porsch (Drucksache V/4375 Fragen 72, 73 und 74) : Was ist das Maximum dessen, was die Bundesregierung nach Ansicht des Bundesministers für gesamtdeutsche Fragen hätte tun können, aber nicht getan hat, um zu einer Verbesserung des Verhältnisses zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Sowjetunion zu kommen? Wann sind Gelegenheiten versäumt worden, zu einer Verbesserung des deutsch-sowjetischen Verhältnisses zu gelangen? Wer trägt die Schuld an diesen Versäumnissen? Sie haben drei Fragen gestellt, deren Gegenstand schon in der vorigen Woche aufgrund einiger Fragen des Herrn Abg. Borm eine Rolle gespielt hat. Leider muß ich zum besseren Verständnis noch einmal auf den Inhalt des Interviews zurückkommen, 13484 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 241. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 19. Juni 1969 an das die Fragen anknüpfen. Ich war gefragt worden, ob ich der Auffassung sei, daß in der Vergangenheit auf unserer Seite genügend getan wurde, um Moskau von der Notwendigkeit einer Verständigung zu überzeugen, und ob die Bundesregierung der Großen Koalition alle ihre Möglichkeiten genutzt habe, um das Verständnis mit Moskau in dem Sinne zu verbessern, daß man überhaupt einmal ins Gespräch kommen kann. Dazu habe ich u. a. geantwortet: „Was durch die im Dezember 1966 gebildete Regierung getan worden ist, ist vertretbar; es ist aber sicher nicht das Maximum dessen, was man hätte tun können. Sicher darf der Regierung zugute gehalten werden, daß sie durch ihre aufrichtige Art der Erläuterung ihres guten Willens das Verhältnis zwischen der Bundesrepublik und der Sowjetunion, von dem es in der Regierungserklärung hieß, daß es für beide Teile bis dahin enttäuschend gewesen sei, in positiver Weise zu fördern versuchte." Mit der Regierungserklärung vom Dezember 1966 ist versucht worden, die bestehenden Ansätze zu intensivieren. In der Regierungserklärung ist der ganze außenpolitische, verteidigungspolitische und deutschlandpolitische Teil unter das Leitwort „Verständigung und Frieden" gestellt worden. Von da an sind Punkt für Punkt, das Schwerstwiegende zuerst, die bestehenden Probleme angegangen worden: das Verhältnis zur Sowjetunion, das Verhältnis, das zu einer Aussöhnung auch mit Polen führen soll, das Verhältnis zur Tschechoslowakei usw. In dieser Folge haben wir die Probleme der auswärtigen Politik angesprochen, bei denen wir glaubten, daß etwas nachzuholen, verbesserungsbedürftig oder überhaupt erst in Angriff zu nehmen sei. Es schloß sich die Frage an, was denn über das Angebot von Gewaltverzichtserklärungen, über die Änderung der Tonart und auch der Tendenz der deutschen Ostpolitik hinaus noch hätte getan werden müssen. Darauf habe ich geantwortet: „Zunächst unterstelle ich den früheren Regierungen nicht, daß sie gar nichts getan hätten. Ich kann nur nicht umhin, zu sagen, daß sie jedenfalls das, was vor allem nötig war, zu gering oder nicht getan haben." Dabei habe ich an das gedacht, was versäumt worden ist, als es am 19. Juni 1964 zu dem Vertrag zwischen UdSSR und DDR kam, der für 20 Jahre den Zustand in Deutschland — so wie er jetzt ist — garantiert. Damals hat die Bundesregierung das, was außer einer Rechtsverwahrung der Alliierten das ebenso wichtige Glied des Reagierens hätte sein müssen nicht getan: Sie hat nämlich nicht die ganze deutsche Politik auf das Bemühen um Modusvivendi-Lösungen mit dem anderen Teil Deutschlands konzentriert. Ich habe auch daran gedacht, daß die ursprüngliche Bereitschaft, an den Vorbereitungen einer Weltabrüstungskonferenz mitzuwirken, die im Jahre 1966 von der damaligen Bundesregierung erklärt worden ist, bereits im Herbst 1966 wieder erloschen war. In diesem Zusammenhang will ich auch heute nochmals betonen, daß die Regierung der Großen Koalition leider nicht die Chance gehabt hat, die Verständigung mit dem Osten gänzlich neu anfangen zu können. Am vergangenen Freitag habe ich auch gesagt, daß es natürlich Meinungsverschiedenheiten gibt über die Intensitätsgrade unserer Bemühungen. Nicht nur im Kabinett, es gibt sie zwischen und in allen drei Fraktionen dieses Hauses. Nur sollten meines Erachtens diese Meinungsverschiedenheiten im gegenwärtigen Zeitpunkt nicht zum Gegenstand einer öffentlichen Debatte gemacht werden, weil ich die Gefahr vermieden sehen möchte, daß solche Meinungsverschiedenheiten auf der anderen Seite für entgegengesetzte Ziele nutzbar gemacht werden. Sie, Herr Kollege Porsch, sind mit meiner Antwort in der vorigen Woche nicht zufrieden gewesen. Leider muß ich an das erinnern, was ich Ihnen auf Ihre Zusatzfrage hin gesagt hatte: Wer angesichts der Verhärtung und Verharschung auf der Gegenseite hier darzulegen versuchte, was von der Bundesregierung maximal hätte getan werden können, und welche Gelegenheiten versäumt worden sind und wer gar an irgendwelchen Versäumnissen schuld ist, der würde einen Kunstfehler unverzeilicher Art begehen. Das wäre nicht zu verantworten, weil wir die Position der Politik, die Verständigung anstrebt, nicht schwächen wollen. Anlage 15 Schriftliche Antwort des Bundesministers Dr. Stoltenberg vom 19. Juni 1969 ,auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Dr. Jahn (Braunschweig) (Drucksache V/4375 Fragen 82, 83 und 84) : Ist die Bundesregierung bereit, nachdem durch die Vereinigung der Forschungsanstalten AVA, DFL und DVL die Begründung für die Sperrung von 5 Millionen DM fortgefallen ist, diese Mittel im Haushalt der DFVLR (früher DGP) freizugeben? Ist die Bundesregierung nicht auch der Auffassung, daß die weitere Sperre bzw. Kürzung der Haushaltsmittel um zusätzlich 3 Millionen DM mit dem Hinweis auf Konjunkturdämpfungsmaßnahmen im Bereich der Forschung völlig abwegig ist? Ist der Bundesregierung bekannt, daß die Mitarbeiter der zur DFVLR zusammengeschlossenen drei alten Anstalten eine Verbesserung und nicht eine Verschlechterung der bisher unbefriedigenden Lage im Personalbereich und auf dem Bau- und Investitionssektor erwarten? 1. Die Freigabe der gesperrten 5 Mio DM hat sich der Haushaltsausschuß des Deutschen Bundestages, der die Sperre ausgebracht hat, vorbehalten. Nachdem der Vorstand der im vergangenen Jahr gegründeten Einheitsgesellschaft für Flugforschung, nämlich der „Deutschen Forschungs- und Versuchsanstalt für Luft- und Raumfahrt e. V.", den Auflösungsbeschluß auch der letzten der drei bisherigen Forschungsanstalten DVL (Deutsche Versuchsanstalt für Luft- und Raumfahrt e. V.), DFL (Deutsche Forschungsanstalt für Luft- und Raumfahrt e. V.) und AVA (Aerodynamische Versuchsanstalt) zum 30. April 1969 mitgeteilt hat, habe ich den Bundesfinanzminister gebeten, den Haushaltsausschuß des Deutschen Bundestages von der Erfüllung der Voraussetzungen für eine Aufhebung der 5-Mio-DMSperre zu unterrichten und die Aufhebung der Sperre zu beantragen. Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 241. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 19. Juni 1969 13485 Die entsprechende Vorlage des Bundesministers der Finanzen an den Haushaltsausschuß ist für die nächsten Tage zu erwarten. 2. Es ist nicht ein weiterer Betrag von 3 Mio DM gesperrt; vielmehr ist innerhalb der vom Haushaltsausschuß qualifiziert gesperrten 5 Mio DM ein Teilbetrag von 3 Mio DM auch im Rahmen der auf den Einzelplan 31 entfallenden konjunkturpolitischen Sperre von 125 Mio DM gesperrt worden. Wenn der Haushaltsausschuß des Deutschen Bundestages dem Antrag auf Aufhebung der 5 Mio DMSperre nachkommt, werde (ich mich um Aufhebung auch der Konjunktursperre bemühen, um insbesondere dringende Baumaßnahmen zu ermöglichen. 3. Der Bundesregierung ist diese Erwartung der Mitarbeiter der Deutschen Forschungs- und Versuchsanstalt für Luft- und Raumfahrt e. V. bekannt. Sie glaubt auch, daß berechtigte Erwartungen der Mitarbeiter der Deutschen Forschungs- und Versuchsanstalt für Luft- und Raumfahrt e. V. bereits jetzt erfüllt werden, soweit dies nach den gegebenen Umständen möglich ist. Die Lage war schon vor der Fusion nicht pauschal unbefriedigend. Die Bundesregierung ist sich jedoch bewußt, daß infolge der in den letzten Jahren ganzerheblich gestiegenen Personalkosten — beruhend .auf Verbesserung der Tarife, Aufstieg im Tarif, Stellenmehrungen und Übernahme von Personal in die Grundfinanzierung, das vorher sonderfinanziert wurde —, die Mittel für die übrigen Betriebs- und vor allem die Investitionskosten nicht in dem Umfange gesteigert werden konnten, in dem dies für wünschenswert erachtet wird. Dies muß gesagt werden, obwohl es den Bemühungen der Bundesregierung gelungen ist, den Zuschuß zur Grundfinanzierung der Deutschen Forschungs- und Versuchsanstalt für Luft- und Raumfahrt e. V. erheblich zu steigern. Mein Haus hat zum Beispiel seinen Beitrag von 21 Mio DM im Jahre 1967 — dem Zeitpunkt der Übernahme der Federführung — auf 46,4 Mio DM im Jahre 1969 angehoben und für 1970 56,3 Mio DM eingeplant.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Karl Schiller


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Vielen Dank, Herr Präsident! Aber wir liberalisieren



    Bundesminister Dr. Schiller
    gern nach allen Seiten. auch wenn es manchmal weh tut.

    (Beifall bei der SPD.)



Rede von Dr. Karl Mommer
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das habe ich soeben auch getan.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Karl Schiller


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Ich stelle noch einmal fest: die deutschen Gewerkschaften haben ein hohes Maß an Verantwortungsbewußtsein gezeigt und durch ihr Verhalten wesentlich zu dem Erfolg unserer binnenwirtschaftlichen Konjunkturentwicklung beigetragen. Daran kann es gar keinen Zweifel geben.

    (Beifall bei der SPD.)

    Nun liegt die Zukunft vor uns, so sicher, wie der Gregorianische Kalender abläuft. Bei der Beurteiteilung der kommenden Tarifverhandlungen muß berücksichtigt werden, daß, wie ich vorhin schon im Dialog mit Herrn Menne sagte, die Effektivlöhne in der jetzigen Aufschwungsphase die Tariflöhne erheblich hinter sich gelassen haben. Die Gewerkschaften gehen also sozusagen mit zurückversetzten Startblöcken in die kommenden Tarifverhandlungen.
    Um möglichst unerwünschte konjunkturelle Auswirkungen der Lohnentwicklung auszuschließen, sollten — das ist eine partielle Empfehlung, die ich hier gebe — die Tarifvertragsparteien prüfen, inwieweit sie in Zukunft einen Teil der Lohnerhöhungen in Form von vermögenswirksamen Leistungen vereinbaren können.

    (Abg. Dr. Burgbacher: Sehr richtig!)

    Von der Wirtschaftspolitik her würden wir eine solche Entwicklung nur begrüßen können.

    (Zustimmung bei den Regierungsparteien.)

    Die Bundesregierung, die jetzt dran ist, hat ihre eigenen Maßnahmen auf eine Dämpfung der Binnennachfrage und auf eine Erleichterung der Importe in diesem Jahr beschränkt. Ich verweise auf die bekannten Beschlüsse der Bundesregierung vom 18. März — vorläufige Sperrung von bestimmten Ausgaben — und vom 14. Mai, die auch dargelegt sind. Ihre gesetzgeberische Fundamentierung in dem einen oder anderen Punkt, z. B. § 16 des Bundesbankgesetzes und ähnliches, liegt dem Hohen Hause vor.
    Insgesamt gehen in der gegenwärtigen Aufschwungsphase keine zusätzlichen expansiven Impulse vom Staatshaushalt aus. Das muß auch einmal festgestellt werden. Die Ausgaben steigen mäßig, die Einnahmen steigen stark, ja, die Steuerquellen sprudeln über. Das ist ein wesentlicher Unterschied zu der Konstellation des Jahres 1965. Heute ist kein Anlaß zu einer „Strafexpedition" gegen die öffentliche Hand gegeben, wie das im Jahre 1965 im ersten Entwurf des Stabilitätsgesetzes von der damaligen Regierung besonders deutlich zum Ausdruck gebracht wurde. Aber wir wissen alle, diese binnenwirtschaftlichen Dämpfungsmaßnahmen können bei anhaltender internationaler Inflation nicht ausreichen, um die Preisniveaustabilität in unserem eigenen Lande aufrechtzuerhalten. Die Auslandsnachfrage ist groß genug, um Produktivkräfte, die durch Inlandsrestriktion frei werden, sofort mit der Schnelligkeit eines Computers zu absorbieren. Was wir binnenwirtschaftlich reduzieren, wird sofort durch eine entsprechende Mehrnachfrage aus dem Ausland, die durch die Orderbücher ja sozusagen schon ins Haus steht, ersetzt. Das Resultat einer starken, aggressiven binnenwirtschaftlichen Dämpfung wäre also ein noch kräftigerer Export, d. h. eine Verstärkung unserer Überschußposition.
    Meine Damen und Herren, dieser Zusammenhang von binnenwirtschaftlichen Restriktionsmaßnahmen und außenwirtschaftlichem Ungleichgewicht — sehr exakt niedergelegt in § 4 des Stabilitäts- und Wachstumsgesetzes — wird in der deutschen Öffentlichkeit seit Monaten mehr und mehr erkannt. Wir stehen in einem großen gesellschaftlichen Lernprozeß, an dem wir alle teilnehmen oder teilnehmen sollten. Ich möchte an dieser Stelle sagen, man mag die eine oder andere Variante der Vorschläge des Sachverständigenrates kritisieren, aber zu diesem gesellschaftlichen Lernprozeß hat der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung ganz entscheidend beigetragen,

    (Beifall bei der SPD)

    und wir alle sollten ihm dafür Dank sagen, Dank für die gesamte deutsche Gesellschaft, für die Bundesregierung und auch für dieses Hohe Haus.
    Ich sagte schon, binnenwirtschaftliche Dämpfungen auch leichter Art, wie wir sie bisher, am 18. März und 14. Mai, mit Recht beschlossen haben, führen zu außenwirtschaftlichen, expansiven Rückwirkungen. Folgerichtig hat der interministerielle Arbeitskreis am 5. Mai in seiner Prognose mit dem schönen Titel „Gesamtwirtschaftliche Vorausschätzungen" — das Papier liegt Ihnen vor — den zu erwartenden Ausfuhrüberschuß gegenüber der Jahresprojektion von Januar um 1,5 Milliarden DM, also auf 14 Milliarden DM nach oben korrigiert. Dieser Überschuß ist mehr, als wir brauchen, um unsere vielfältigen Verpflichtungen gegenüber dem Ausland zu erfüllen. Dieser Überschuß ist auch mehr, als es sich eine Politik des Wachstums und der Stabilität leisten kann.
    Ich sagte schon, die Risiken für die Preisstabilität kommen bisher in der tatsächlichen Entwicklung nur zum Teil zum Ausdruck. Sie kommen jetzt auch in der Korrektur unserer Zahlen im Tabellenwerk zum Ausdruck. Aus einer Preissteigerung von 2 % für den Bereich des privaten Verbrauchs sind jetzt, wie Sie aus der Tabelle ersehen, 2,5 % geworden.
    An dieser Stelle möchte ich auf eines hinweisen, was den meisten von Ihnen wohl bekannt ist, meine Damen und Herren; das ist eine technische Angelegenheit, die man wissen muß. Die Preissteigerungsraten — jetzt 2,5 % für den privaten Verbrauch —, die in dem Tableau niedergelegt sind, ergeben sich aus der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung. Ich möchte feststellen, sie sind nicht identisch mit dem Lebenshaltungskostenindex, den ich vorhin erwähnt habe und der für die mittlere Verbrauchergruppe zur Zeit bei 3 % steht. Aber wie wir es auch nehmen, ob wir die Preissteigerungsraten aus der Gesamtrech-



    Bundesminister Dr. Schiller
    nung oder den Lebenshaltungskostenindex nehmen, der uns vom Statistischen Bundesamt geliefert wird, wir stehen im internationalen Vergleich immer noch auf der Sonnenseite, und damit schneiden wir auch besser ab als 1965 und 1966. Im letzten Boom erreichte die deutsche Wirtschaft im April 1966 bekanntlich — das dürfen wir wohl nicht vergessen — die Preissteigerungsrate des Lebenshaltungskostenindexes von 4,5 %. Dennoch — um auf die Gegenwart und die Zukunft zu kommen — hätten wir noch mehr an Stabilität erreichen können. Den Weg weist auch hier die Regierungserklärung vom 13. Dezember 1966, die sich ja für unsere gesamte Regierungsarbeit immer mehr als entscheidender Wegweiser herausstellt, als ein sehr profaner Katechismus, in den man jeden Tag blicken sollte, vor allem, wenn man in diesem heißen Sommer versuchen will, sich von dem, was geleistet ist, beiseite zu begeben und in die Büsche zu schlagen. In dieser Regierungserklärung, in diesem Katechismus, Herr Bundeskanzler, heißt es wörtlich:
    An der Koordinierung der internationalen Währungs- und Konjunkturpolitik wird die Bundesregierung auch in Zukunft teilnehmen. Sollten sich hier jedoch keine Erfolge zeigen, so muß sich eine Wirtschaftspolitik, die auf Stabilität und Wachstum bedacht ist, gegenüber außenwirtschaftlichen Störungen möglichst zusammen mit anderen wirtschaftspolitisch gleich orientierten Staaten absichern.
    „Möglichst", das ist natürlich die beste Lösung. Aber 0 das Wort „möglichst" bedeutet ja wohl — und ich glaube, den Herrn Bundeskanzler gut interpretieren zu können —, daß es nach dem „möglichst", also der besten Lösung, auch eine zweitbeste Lösung gibt. Das ist wohl auch juristisch nicht abzustreiten.

    (Beifall bei der SPD.)

    Meine Damen und Herren, auf jeden Fall zeigt diese Erklärung des Herrn Bundeskanzlers vom 13. Dezember 1966, daß die Bundesregierung — diese Bundesregierung — das Problem der offenen Flanke, der außenwirtschaftlichen Absicherung und der Erfolgschancen internationaler Koordinierung von Anfang an erkannt hat. Diese Erfahrungen, die wir inzwischen draußen und bei uns, buten und binnen, gemacht haben, sollten uns erneut Anlaß geben, das System der internationalen Währungsordnung neu zu überdenken.
    Ich möchte ganz deutlich feststellen: das System von Bretton Woods, meine Damen und Herren, hat uns in den letzten 20 Jahren einen Aufschwung, ein Wachstum der Weltwirtschaft und des Welthandels gebracht, wie wir es nie vorher in der Geschichte gehabt haben. Das müssen wir gegenüber Bretton Woods, gegenüber dem überkommenen Währungssystem, festhalten. Aber es mehren sich die Stimmen, die seine Reform in Richtung größerer Rationalität und Anpassungsfähigkeit wollen, und dem schließe ich mich an. Die Bundesregierung hat zusammen mit dem Deutschen Bundestag das Instrumentarium unserer eigenen Konjunktursteuerung auf den modernsten Stand gebracht. Dieses Instrumentarium, diese moderne Ausrüstung steht jedoch,
    nur in dem alten, nun starr gewordenen Gebäude von Brettton Woods.
    Das System von Bretton Woods verlangt auch in evidenten Fällen einer notwendigen Paritätskorrektur heute von den Teilnehmerstaaten große politische Entscheidungen und schwere politische Zerreißproben, weil solche Paritätskorrekturen auf dem Hintergrunde von Spekulationskrisen erfolgen oder nicht erfolgen. Das System macht zugleich Anpassungen sehr oft, ja in den allermeisten Fällen sogar — ich spreche ganz generell, und denken Sie dabei meinetwegen immer an Abwertungen —

    (Heiterkeit)

    zu Angelegenheiten nationalen Prestiges und nicht
    der eigentlichen Sachpolitik. Das liegt in diesem
    System von Bretton Woods und seiner Entwicklung.
    Man kann es auch so formulieren, daß sich das System von Bretton Woods mit seinen Starrheiten, wie die Erfahrung zeigt, nicht für heiße Sommer eignet; in einigen Ländern eignet es sich manchmal auch nicht für kühlere Jahreszeiten. Dieses System ähnelt also mehr und mehr einem Paar alter Schuhe, die ihrem kräftig wachsenden Besitzer längst zu klein geworden sind, ihn überall drücken und in seinen Bewegungen, vor allen Dingen nach vorne, hindern. Das Wachstum der Wirtschaften wird dadurch zu einem schmerzhaften Prozeß. Diese von der internationalen monetären Seite her verursachten künstlichen Wachstumsschmerzen sind einfach nicht notwendig. Wir sollten sie abbauen, indem wir ihre Ursachen aus der Welt schaffen, was wir nicht alleine können, soweit es das internationale System betrifft.
    Wir wollen unsere realen Produktionsmöglichkeiten und -chancen doch wirklich nutzen. Kein Land sollte gezwungen werden, wegen bestimmter Mängel im internationalen Währungssystem im eigenen Hause wirtschaftspolitische Fehler zu begehen.
    Die realen Veränderungen der Produktionsmöglichkeiten sind in Westeuropa, in den Vereinigten Staaten und in Japan, in der ganzen freien industriellen Welt in den letzten Jahren mehr als befriedigend, sie sind ausgezeichnet. In den EWG-Ländern, in den EFTA-Ländern, in den USA erleben wir eine ständige Produktionsausweitung und einen stetigen technischen Fortschritt. Neue Technologien werden in immer größerem Tempo produziert und auch zwischen den einzelnen Ländern übertragen. Die Handels- und Kapitalströme verbreitern sich laufend, und auch der Umfang der Direktinvestitionen in beiden Richtungen nimmt laufend zu. Nun, hier besteht also eine Diskrepanz zwischen der Entwicklung, ich möchte sagen, der Realökonomie, der Technologie in den meisten führenden Ländern unserer freien Welt und dem monetären System.
    Das Währungssystem sollte doch eigentlich den neu gestellten Anforderungen genügen. Die Bundesrepublik, die 1968 fast 24% ihrer erzeugten Güter und Leistungen auf dem Weltmarkt absetzte, ist doch an einem reibungslosen Absatz ohne Stockungen und ohne Rückschläge interessiert, und das er-



    Bundesminister Dr. Schiller
    fordert eben ein anpassungsfähiges Währungssystem.
    An dieser Weiterentwicklung von Bretton Woods wird intensiv gearbeitet, in unserem Lande durch eine breite öffentliche Diskussion und noch mehr — auch durch eine amtliche Diskussion — in den Vereinigten Staaten von Amerika. Ich habe bei meinem letzten Besuch in den USA mit großer Befriedigung feststellen können, daß die neue Administration auf diesem Felde sehr avantgardistisch und für alle diese Dinge sehr aufgeschlossen ist.
    Im kommenden September steht auf der diesjährigen normalen, regulären Tagung des Internationalen Währungsfonds die Aktivierung der Sonderziehungsrechte auf der Tagesordnung. Ich habe den amerikanischen Kollegen gesagt, bei dem Wort „Sonderziehungsrechte" erlischt hier sozusagen das Interesse aller Zuhörer an dem Thema. Ich nehme an, das liegt nicht daran, daß in unserem Lande der Lernprozeß auf diesem Gebiet rückständig ist, sondern daran, daß wir ein Überschußland sind. In Defizitländern ist man natürlich an Sonderziehungsrechten, die abstrakt, rational, ohne Gold, ohne Dollar ein Plus, ein Mehr an internationaler Reserveliquidität schaffen, weit mehr interessiert. Aber ich glaube — und das habe ich auch drüben gesagt —, die reine Schöpfung neuer, zusätzlicher internationaler Reserveliquidität wird doch gerade von Europa, gerade von den stabilitätsorientierten Ländern nicht ohne weiteres hingenommen werden. Wir werden das doch mit anderen Dingen verknüpfen müssen, d. h. wir werden weitergehen müssen, um zwischen den einzelnen Ländern notwendige Anpassungen an veränderte Produktivitäts- und Preisniveauentwicklungen zu erleichtern.
    Ich möchte so sagen: Erst wenn die währungspolitischen Einrichtungen nicht mehr hinter den technologischen und realökonomischen Fortschritten herhinken, werden wir periodische Wellen der Spekulation und anschließende abrupte Korrekturen vermeiden. Wie notwendig ein solches modernisiertes, anpassungsfähiges System ist, sollten uns gerade die letzten zwei Jahre mit der Entwicklung in England seit November 1967 und auch die jüngste Vergangenheit in unserem eigenen Lande zeigen.
    Meine Damen und Herren, unsere konjunkturpolitischen und währungspolitischen Probleme sind untrennbar verknüpft mit dem heutigen Stand und der zukünftigen Entwicklung der Europäischen Gemeinschaft. Wir alle spüren seit langer Zeit, wie trotz der großen Erfolge, die die Europäische Gemeinschaft und auch die EFTA erzielt haben, unter Politikern, unter Wirtschaftlern der Praxis, ja unter der ganzen Bevölkerung die Enttäuschung über die unzureichenden Fortschritte des europäischen Einigungswerkes wächst.

    (Abg. Franke [Hannover] : Sehr richtig!)

    Wir alle haben in den letzten Monaten und Wochen mit Interesse die vielen Ideen, Vorschläge und Pläne verfolgt, die von den verschiedensten Seiten für neue europäische Initiativen vorgetragen wurden. Hohe Ziele, große Wünsche, gigantische Visionen für Europa — die sind sicherlich alle ausgezeichnet. Aber vielleicht bin ich als Wirtschaftsminister und Wirtschaftspolitiker, der sich bei seinen Entscheidungen an der politischen Gegenwart und an dem politischen Morgen orientieren muß, eher geneigt, mich pragmatischen Lösungen zu nähern, Lösungen, die nicht den politischen SexAppeal von Toynbee oder Spengler besitzen.
    Wenn ich versuche, die Enttäuschungen der Europäer über sich selbst zu verstehen, so scheinen sie mir aus zwei Quellen gespeist zu sein: einmal wird immer sichtbarer, daß die Vertiefung der Integration innerhalb der Sechs die Gefahr eines Wirtschaftsgrabens zwischen den Sechs und den anderen europäischen Staaten mit sich bringt. Diese Gefahr ist von Anfang an vorausgesehen worden. Sie ist heute evident, sie ist heute Realität in einigen, Ihnen allzu bekannten Fällen. Ich erwähne nur beispielhaft Dänemark, Großbritannien und Österreich.
    Die zweite Quelle der Enttäuschungen liegt darin, daß der Integrationsprozeß innerhalb der Sechs immer noch nicht tief und wirkungsvoll genug ist. Diesen zwei Enttäuschungen, die beide verschieden gerichtet sind und die vielleicht sogar nach der Logik paradox sind, versucht die Bundesregierung geduldig beizukommen. Sie hält an den dafür notwendigen zwei Antworten fest: Erstens: Ausweitung der Gemeinschaft auf andere europäische Länder. Das ist gerade in diesem heißen Sommer doch wohl wegen der Ereignisse in anderen Ländern eine Aufgabe des Heute und Hier. Zweitens: Vertiefung und Beschleunigung der gemeinsamen Entscheidungen im jeweils erreichten Aktionsrahmen oder -radius der Gemeinschaft; das heißt: Ausweitung und Intensivierung müssen Hand in Hand gehen.
    Die Bundesregierung hat, wie Sie wissen, in Vergangenheit und Gegenwart mit ihrem Plädoyer für den Beitritt weiterer Staaten eine ganz klare Haltung bezogen, und wir werden diese Haltung in Zukunft, soweit das noch möglich ist, noch nachdrücklicher vertreten. Was wir allerdings im Augenblick nicht brauchen, ist die Fata Morgana vom europäischen Bundesstaat auf atomarer Basis.

    (Beifall bei der SPD.)

    Wir brauchen auch nicht das kritische Zögern von Verwaltungsexperten, die uns vor jedem Schritt erklären, warum wir ihn nicht tun können. Wir brauchen eine pragmatische Utopie für Europa. Auch mit einer EWG als Agrar-, Stahl- und Kohlegemeinschaft können wir uns nicht zufriedengeben.

    (Beifall bei der SPD.)

    Wir wissen das doch inzwischen alle aus der Praxis: die Integration einiger Branchen ohne ein entsprechendes Zusammenwachsen der Konjunktur-und Währungspolitik schafft neue Probleme an Stelle der alten.

    (Abg. Dr. Apel: Sehr richtig!)

    Ich sagte schon vor mehr als zehn Jahren mit anderen Kollegen aus dem Bereiche der Wissenschaft: die bloße Branchenintegration bedeutet das permanente Ungleichgewicht in Europa. Wir erleben das z. B. heute, indem wir feststellen müssen, daß wir auf einem Gebiete wie der Währungspolitik allein



    Bundesminister Dr. Schiller
    durch eine bestimmte Branchenintegration einfach einzementiert, d. h. zu einem Ungleichgewicht verurteilt sind, solange Europa bei diesem System der Branchenintegrationen stehenbleibt.
    Meine Damen und Herren, die Bundesrepublik kann auf dem Gebiet der europäischen und der internationalen Kooperation also keine Status-quoPolitik betreiben. Dazu bleibt die Realität viel zu sehr hinter dem Notwendigen zurück, und wir orientieren uns in der Bundesrepublik gemeinsam an dem Notwendigen.
    Meine Damen und Herren, zum Schluß! (Zuruf von der CDU/CSU: Es wird Zeit!)

    — Vielen Dank! — Nach dem Gesetz sind wir gleichzeitig auf Stabilität und Wachstum verpflichtet. Die letzten zweieinhalb Jahre haben immer wieder gezeigt, daß wir diese Ziele nicht durch eine nur binnenwirtschaftlich orientierte Politik erreichen können. Unser Markt liegt mehr und mehr außerhalb unserer Grenzen, und weil wir in hohem Maße den Einflüssen des Weltmarkts ausgesetzt sind — und das ist eine gute Sache, das ist ein Produktivitätsfortschrittsfaktor erster Ordnung —, liegt es in unserem ureigensten Interesse, für eine internationale Wirtschafts- und vor allem Währungsordnung einzutreten, die ihrerseits an Stabilität und Wachstum orientiert ist. Wir haben, wie gesagt, unser eigenes häusliches wirtschaftspolitisches Instrumentarium erfolgreich modernisiert. Ob wir es immer richtig anwenden, ist eine zweite Frage. Wir werden in Zukunft mit der gleichen Energie an der Reform der internationalen Wirtschafts- und Währungsordnung mitarbeiten. Wir müssen das tun, um für unser Land Wachstum und Stabilität auch von dieser Seite her, von der Weltmarktseite her, zu sichern. Darauf, auf diesen internationalen Weg, können wir immer noch hoffen. Ja, ich habe die sichere Hoffnung — und ich bin sehr sicher —, daß wir gerade von dieser Seite her, die uns sonst so viel Schmerzen macht, von der außenwirtschaftlichen Seite her, in absehbarer Zeit Lösungen mit anderen Ländern finden können, wenn wir das nur wollen.

    (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP.)