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    Deutscher Bundestag 229. Sitzung Bonn, den 25. April 1969 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung 12623 A Überweisung von Vorlagen an Ausschüsse 12623 A Amtliche Mitteilungen 12623 B Fragestunde (Drucksache V/4097) Fragen des Abg. Genscher: Ernennung eines neuen Mitglieds des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung Dr. Arndt, Parlamentarischer Staatssekretär 12624 A, B, C, D, 12625 A, B Genscher (FDP) . . . 12624 C, D, 12625 A Spitzmüller (FDP) 12625 B Frage des Abg. Fritsch (Deggendorf) : Erhöhung der Zündwarenpreise Dr. Arndt, Parlamentarischer Staatssekretär . . . . . . .12625 C, D Fritsch (Deggendorf) (SPD) . . .12625 C, D Fragen des Abg. Dr. Pohle: Gründung einer europäischen Universität auf deutschem Boden — Verstärkung der Hochschulausbildung Brandt, Bundesminister . . . .12626 A, C Dr. Pohle (CDU/CSU) 12626 A, C Fragen des Abg. Lenders: Vorgänge bei einer Veranstaltung des griechischen Generalkonsulats in Düsseldorf 12626 C Frage des Abg. Kahn-Ackermann: Lektoren des Deutschen Akademischen Austauschdienstes an den französischen Universitäten Brandt, Bundesminister 12626 D Frage des Abg. Dr. Marx (Kaiserslautern) : Bemerkungen des Präsidenten Nasser betr. aus Deutschland stammende Flugblätter Brandt, Bundesminister . . . .12627 B, C Dr. Marx (Kaiserslautern) (CDU/CSU) 12627 C Fragen des Abg. Prochazka: Vertiefung der Kontakte zu den Ostblockländern — Politik der Sowjetunion in den Fragen der Anerkennung der ,,DDR" Brandt, Bundesminister . 12627 D, 12628 D, 12629 A, B, C Prochazka (CDU/CSU) . . . 12628 D, 12629 A von Hassel, Präsident 12629 A Dr. Pohle (CDU/CSU) 12629 B II Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 229. Sitzung. Bonn, Freitag, den 25. April 1969 Fragen des Abg. Baier: Dokumentation des Schicksals der deutschen Kriegsgefangenen des zweiten Weltkrieges Brandt, Bundesminister . . . . . 12629 C, 12630 B, C, D Baier (CDU/CSU) .. . . . . .12630 A, B Dr. Czaja (CDU/CSU) . . . . .12630 C, D Dr. Marx (Kaiserslautern) (CDU/CSU) 12630 D Fragen des Abg. Dr. Rinderspacher: Geschäfte sogenannter Arbeitsvermittler mit „Leihkräften" Kattenstroth, Staatssekretär . . 12631 A, B, 12632 A, B, C Dr. Rinderspacher (SPD) . 12631 D, 12632 A Dr. Schwörer (CDU/CSU) . . . 12632 B von Hassel, Präsident 12632 C Fragen des Abg. Cramer: Bewertung der Verfolgungszeiten in der Angestelltenversicherung Kattenstroth, Staatssekretär . . . 12632 C 12633 A, B Cramer (SPD) 12633 A, B Fragen des Abg. Hirsch: Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Vorschriften über die Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts in der Sozialversicherung . . . 12633 B Fragen des Abg. Schmidt (Braunschweig) : Dauer von Sozialgerichtsprozessen Kattenstroth, Staatssekretär . . . 12633 C 12634 A, B, C Schmidt (Braunschweig) (SPD) . . . 12634 A Fritsch (Deggendorf) (SPD) . . . . 12634 A Frage des Abg. Zebisch: Ärztliche Versorgung der Versicherten in strukturschwachen Regionen Kattenstroth, Staatssekretär . . . 12634 C, 12635 A, B, C Zebisch (SPD) 12635 A, B Fritsch (Deggendorf) (SPD) . . 12635 B, C Frage des Abg. Dröscher: Vorgezogenes Altersruhegeld von arbeitslosen Arbeitern Kattenstroth, Staatssekretär . . . 12635 D, 12636 A, B Dröscher (SPD) 12636 A von Hassel, Präsident 12636 B Große Anfrage der Fraktion der FDP betr Deutschlandpolitik (Drucksachen V/3769, V/4101) in Verbindung mit Antrag der Fraktion der FDP betr. Deutschlandpolitik (Drucksache V/3866) Schultz (Gau-Bischofsheim) (FDP) • . 12636 C Wehner, Bundesminister . 12639 A, 12681 B Dr. Mommer, Vizepräsident 12645 A, 12654 A, 12685 B, 12689 D, 12691 A Baron von Wrangel (CDU/CSU) . . 12645 A Franke (Hannover) (SPD) . . . 12648 D Scheel (FDP) 12654 A Dr. h. c. Kiesinger, Bundeskanzler 12663 A Schmidt (Hamburg) (SPD) . . . 12666 D Dr. Barzel (CDU/CSU) . . . . . 12671 B Mischnick (FDP) 12677 B Neumann (Berlin) (SPD) 12683' D Dr. Gradl (CDU/CSU) . . . . . 12685 C Genscher (FDP) 12688 D Entwurf eines ... Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 96) (Drucksache V/4085) — Erste Beratung — . . . 12690 A Entwurf eines Gesetzes zur allgemeinen Einführung eines zweiten Rechtszuges in Staatsschutz-Strafsachen (Drucksache V/4086) — Erste Beratung — 12690 A Entwurf eines Gesetzes zu dem Internationalen Übereinkommen vom 7. März 1966 zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung (Drucksachen V/3960, zu V/3960) ; Schriftlicher Bericht des Auswärtigen Ausschusses (Drucksache V/4127) — Zweite und dritte Beratung — 12690 B Sänger (SPD) 12690 B Entwurf eines Eingliederungsgesetzes für Soldaten auf Zeit (Drucksache V/4113) — Erste Beratung — . . . . . . . . . 12691 A Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen über die Verordnung zur Änderung des Deutschen Teil-Zolltarifs (Nr. 5/68 — Zollaussetzungen und Zollkontingente für Lachse usw.) (Drucksachen V/4001, V/4128) . . . 12691 B Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Parteiengesetzes (CDU/CSU, SPD, FDP) (Drucksache V/4126) — Erste Beratung — 12691 C Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 229. Sitzung. Bonn, Freitag, den 25. April 1969 III Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Bilanzpublizistik (Abg. van Delden, Burgemeister, Dr. Giulini, Rawe u. Gen.) (Drucksache V/3771) — Erste Beratung — 12691 C Nächste Sitzung 12691 D Anlagen Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten . . 12693 A Anlage 2 Schriftliche Erklärung des Abg. Prochazka (CDU/CSU) zu Punkt 46 der Tagesordnung 12693 D Anlage 3 Schriftliche Erklärung der Abg. Frau Dr. Diemer-Nicolaus (FDP) zu Punkt 25 der Tagesordnung 12696 C Anlage 4 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Anfrage des Abg. Geldner betr. Einfuhr von Trinkbranntwein aus EWG-Mitgliedstaaten 12697 A Anlage 5 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Anfrage des Abg. Peiter betr. Beförderungsteuer für die Landkreise Loreley, Unterlahn und Oberwesterwald . . . . 12697 C Anlage 6 Schriftliche Antwort auf die Mündlichen Anfragen der Abg. Frau Funcke betr. Vertraulichkeit der Beratungen der Steuerreformkommission . . . . . . 12698 A Anlage 7 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Anfrage des Abg. Ramms betr. Ermäßigung der Mineralölsteuer im öffentlichen Personennahverkehr 12698 C Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 229. Sitzung. Bonn, Freitag, den 25. April 1969 12623 229. Sitzung Bonn, den 25. April 1969 Stenographischer Bericht Beginn: 8.00 Uhr
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    Berichtigung Es ist zu lesen: 227. Sitzung, Seite 12576 A, Zeile 24 statt „unverständlicherweise" : „verständlicherweise" Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 229. Sitzung. Bonn, Freitag, den 25. April 1969 12693 Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordneter) beurlaubt bis einschließlich a) Urlaubsanträge Dr. Abelein 25. 4. Dr. Aigner * 25. 4. Adams 25. 4. Frau Albertz 1. 5. Dr. Apel * 25. 4. Dr. Arndt (Berlin/Köln) 26. 4. Bading * 25. 4. Dr.-Ing. Dr. h. c. Balke 15. 5. Dr. Bechert (Gau-Algesheim) 25. 4. Behrendt * 25. 4. Berberich 9. 5. Bergmann * 25. 4. Frau Blohm 25. 4. Dr. Brenck 26. 4. Brück (Holz) ** 27. 4. Corterier * 25.4. Damm 25. 4. Dichgans * 25. 4. Dr. Dittrich * 25. 4. Draeger * 25. 4. Frau Dr. Elsner * 25. 4. Dr. Erhard 4. 5. Dr. Even 10. 5. Fellermaier 29.4. Flämig ** 26. 4. Dr. Franz 31. 5. Frau Funcke 25.4. Geiger 25. 4. Gerlach * 25. 4. Dr. Gleissner 25. 4. Graaff 25. 4. Dr. h. c. Güde 25. 4. Haage (München) 25. 4. Dr. Haas 25. 4. Haase (Kassel) 25. 4. Hahn (Bielefeld) * 25. 4. Hamacher 25. 4. Hellenbrock 31. 7. Frau Dr. Heuser 25. 4. Höhmann (Hessisch Lichtenau) 25. 4. Hörauf 25. 4. Hörmann (Freiburg) 25. 4. Frau Dr. Hubert 25. 4. Dr. Jahn (Braunschweig) 15. 6. Jahn (Marburg) 25. 4. Junker 25. 4. Frau Kalinke 25. 4. Kahn-Ackermann 29. 4. Dr. Kliesing (Honnef) ** 27. 4. Klinker * 25. 4. Dr. Koch 25. 4. Kohlberger 25.4. * Für die Teilnahme an Ausschußsitzungen des Europäischen Parlaments ** Für die Teilnahme an Ausschußsitzungen der Beratenden Versammlung des Europarats Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete() beurlaubt bis einschließlich Kunze 30. 4. Lautenschlager * 25. 4. Lenze (Attendorn) 29. 4. Frau Dr. Maxsein ** 26. 4. Dr. h. c. Menne (Frankfurt) 25. 4. Mertes 25. 4. Metzger * 25. 4. Michels 25. 4. Dr. h. c. Dr.-Ing. Möller 25. 4. Müller (Aachen-Land) * 25. 4. Neemann 25. 4. Peters (Norden) 3. 5. Picard 10. 5. Ramms 29. 4. Rasner 25. 4. Richter ** 26.4. Riedel (Frankfurt) * 25. 4. Rollmann 25.4. Dr. Rutschke ** 27. 4. Schmitt-Vockenhausen 25. 4. Schulhoff 25.4. Dr. Schulz (Berlin) 10.5. Dr. Schulze-Vorberg 25.4. Séibert 25. 4. Dr. Starke (Franken) * 25. 4. Steinhoff 30. 4. Dr. Freiherr von Vittinghoff-Schell 25. 4. Weiland 29. 4. Welke 25. 4. Frau Wessel 25. 4. Dr. Wilhelmi 31. 5. Dr. Wörner 25. 4. Wuwer 25. 4. b) Urlaubsanträge Bals 2. 5. Burger 2. 5. Brück (Köln) 29.5. Glombig 2. 5. Maucher 2.5. Mick 2. 5. Riegel (Göppingen) 2. 5. Schmidt (Kempten) 2. 5. Anlage 2 Schriftliche Erklärung des Abgeordneten Prochazka (CDU/CSU) zu Punkt 46 der Tagesordnung. Auf der Konferenz der kommunistischen Parteien Europas erklärte Walter Ulbricht in Karlsbad: Es gehört zu den geschichtlichen Aufgaben der Deutschen Demokratischen Republik, dazu beizutragen, daß auch die Bevölkerung Westdeutschlands den Weg heraus aus dem imperialistischen Lager findet. Erst wenn das erreicht ist, kann die Vereinigung der beiden deutschen Staaten aktuell werden. 12694 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 229. Sitzung. Bonn, Freitag, den 25. April 1969 Und Professor Albert Norden folgerte: Da nur der Sozialismus dem deutschen Volk die sichere soziale, politische und nationale Zukunft gewährt, da nur der Sozialismus die Antwort auf die Probleme jedes werktätigen Menschen weiß, kann nur er die Zukunftslösung auch für Westdeutschland sein. Wir können diesen Prozeß dadurch beschleunigen, daß wir erstens unsere Republik in allen Bereichen unüberwindlich stark und unangreifbar machen; dadurch, daß wir zweitens den millionenfachen Dialog mit den westdeutschen Werktätigen so führen, daß sie vom Wunsch nach demokratischer Ordnung, nach radikaler Änderung der reaktionären westdeutschen Verhältnisse erfüllt werden. Bei der Frage der Anerkennung oder Nichtanerkennung der DDR geht es nicht darum, ob wir die Teilung Deutschlands zur Kenntnis nehmen, sondern darum, ob wir die Zone als selbständigen deutschen Staat anerkennen und legitimieren sollen. Daß es den Teil Deutschlands, der sich DDR nennt, gibt, steht außer Zweifel, jedoch ist damit noch nicht die Frage beantwortet, ob wir diesem Faktum staats- und völkerrechtliche Legitimität zuerkennen dürfen. Das natürliche und selbstverständliche Verlangen unserer Nation nach Zusammenleben muß sich nicht unbedingt in einem nationalen Einheitsstaat, sondern kann sich in einer Zeit, in der das nationalstaatliche Denken zurücktritt, auch in anderen, aus freier politischer Selbstbestimmung entwickelten Strukturen verwirklichen. Dabei bleiben die Prinzipien der politischen Freiheit, der Rechtsstaatlichkeit und der Selbstbestimmung für die Gestaltung unseres Verhältnisses zur Zone in jeder Weise maßgebend. Die Zone ist weder durch die Zustimmung ihrer Bürger zustande gekommen, noch hat sie diese Zustimmung nachträglich erhalten. Das verbietet eine eindeutige Legitimierung des Regimes im anderen Teil Deutschlands. Eine Anerkennung der Zone in dieser Situation würde auch für andere Prinzipien als die der politischen Freiheit, Rechtsstaatlichkeit und Selbstbestimmung für den Weg unseres ganzen Volkes in die Zukunft bestimmend sein. Das gilt um so mehr, als die Menschen im anderen Teil Deutschlands gegenwärtig in der Wiedervereinigung einen Weg zu Freiheit, Rechtsstaatlichkeit und Selbstbestimmung sehen können. Für Deutsche, die über das Gut freier politischer Entscheidungsmöglichkeiten verfügen, ist angesichts unserer totalitären Vergangenheit die Legitimation des deutschen Unrechtsstaates moralisch und rechtlich unmöglich. Ungeachtet der bestehenden prinzipiellen Gegensätze ist es die ständige Aufgabe aller in Deutschland lebenden und politisch handelnden Menschen, das zu ermöglichen, was praktisch getan werden kann, um die Not der Spaltung unseres Volkes zu erleichtern und dadurch einen Beitrag zur Entspannung innerhalb Deutschlands zu leisten. Abgesehen von diesen moralischen Argumenten gegen die völkerrechtliche Aufwertung einer Diktatur gibt es auch gewichtige rechtliche Gründe. 1 Sowjetrußland, das gegen die Bundesrepublik gern unter Berufung auf die Konferenzen von Jalta und Potsdam agiert, verletzt die völkerrechtliche Vereinbarung von 1945, wenn es um die Zone geht. Es ist nicht einzusehen, welcher Nutzen daraus entstehen sollte, die rechtliche Einheit Deutschlands in den Grenzen von 1937 deutscherseits aufzugeben, obgleich sie die Siegermächte des zweiten Weltkrieges noch — wenigstens teilweise — beachten. Wer die Anerkennung der sogenannten DDR befürwortet, schwört logischerweise damit einer Wiedervereinigung in Freiheit ab und unterstützt die dauernde Teilung Deutschlands. Er sollte dann auch den Mut haben, sich offen dazu zu bekennen. Es ist Augenauswischerei, den Anschein zu erwecken, als könnte man durch die Anerkennung Pankows einer Wiedervereinigung näherkommen. Nicht zuletzt ist den Befürwortern eines zweiten deutschen Staates die Frage vorzulegen, ob sie bereit sind, die von Ulbricht als unabdingbaren Bestandteil der Anerkennung verlangte Aufopferung West-Berlins zu verantworten. Wer die Zone anerkennen will, kommt nicht umhin, ihren Anspruch auf West-Berlin zu unterstützen. Er muß darüber hinaus auch den Mut haben, das Grundgesetz für sich als unverbindlich zu betrachten; denn diese Verfassung schließt eine Anerkennung der Zone aus. Ich möchte daher meinen, daß diese Forderung nach völkerrechtlicher Aufwertung des SED-Regimes offensichtlich mehr eine Folge der Ungeduld als der nüchternen Überlegung ist. Andere Völker würden niemals eine Teilung anerkennen, die praktisch von außen aufgezwungen wurde. Wer sich von der Anerkennung konkrete Verbesserungen der Beziehungen zwischen den beiden deutschen Staaten erhofft, unterliegt dem Wunschdenken. Ulbrichts System benötigt den Haß auf die Bundesrepublik Deutschland ebenso, wie Moskau den Buhmann des Bonner Revanchismus, um das System zu festigen. Gegenwärtig wird in Ostberlin das mangelnde Selbstvertrauen durch scharfe, pausenlose Propaganda ersetzt. Inhalt und Ton der kommunistischen Verlautbarungen und Veröffentlichungen sind kältester kalter Krieg. Die Behauptung im Zentralorgan der SED, man sehe sich unmittelbaren Aggressionsvorbereitungen der Bonner Regierung gegenüber, ist noch eine vergleichsweise milde Formulierung. Wer so sehr der Entstellung und Lüge bedarf wie das Zentralkomitee der SED, seine Sprecher und Publizisten, der muß sich in seiner politischen Position sehr schwach fühlen. Das Regime Walter Ulbrichts braucht eben ständig Schreckgespenster, um die Bevölkerung abzulenken und damit eine unbefangene Meinungsbildung zu verhindern. Es geht doch darum, die CDU/CSU zu denunzieren und die These, daß nur wir ein Recht auf Alleinvertretung besitzen, in Abrede zu stellen und uns als Störenfriede abzustempeln. Man kann sich sehr oft des Eindrucks nicht erwehren, daß gewisse politische Kreise vergessen zu haben scheinen, daß die SED anfänglich auf ein konföderatives System hinarbeitete und heute noch eine Neutralisierung der Bundesrepublik, das Disengagement, den Austritt der Bundesrepublik aus Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 229. Sitzung. Bonn, Freitag, den 25. April 1969 12695 der NATO anstrebt und damit nichts anderes betreibt als die Zerstörung der Front unserer staatstragenden demokratischen Parteien. Es gehört aber auch zu einer globalen Strategie der Sowjetunion, die westliche Anerkennung der Drei-Staaten-Theorie zu erreichen oder aber die Welt davon zu überzeugen, daß es zwei deutsche Staaten gibt. In der sogenannten Terminologie der kleinen Schritte sollte es damit zu keiner Abkehr von unserer Politik kommen, denn die Aufgabe von Rechtsansprüchen ist weitaus gefährlicher als das Quantum des Erreichbaren. In einer Anerkennung der Realitäten sähe Moskau lediglich einen Beweis der Schwäche und keinen Beweis für guten Willen. Die Befürworter eines Anerkennungsschrittes sollten ohne Selbsttäuschung noch einmal die wirklichen Realitäten durchdenken, wenngleich nicht geleugnet werden kann, daß Ulbricht, gestützt auf die 20 sowjetischen Divisionen, die Macht in Mitteldeutschland ausübt. Gleichzeitig ist es jedoch auch eine Realität, daß er ohne die Sowjettruppen sofort von der politischen Bühne verschwinden würde. 1. Bei einer Anerkennung der Zone würde daher die Oder-Neiße-Linie nicht mehr unsere Grenze sein. 2. Unsere diplomatischen Vertretungen im Ausland dürften sich nicht mehr um die Landsleute in der Zone kümmern. 3. Wir müßten Ulbricht und Genossen alle diplomatischen Ehrungen zubilligen. 4. Berlin würde seinen alliierten Schutz verlieren. 5. Alle Verkehrswege in der Zone würden souverän von Pankow beherrscht sein. Wenn wir von unserer geteilten Heimat sprechen, denken wir an unsere Brüder und Schwestern, die durch Mauer und Stacheldraht von uns getrennt sind. Wo aber hat es jemals einen solchen Wall von Sperranlagen gegeben, nicht schützend das Land und seine Bewohner, sondern ihnen drohend. In ihrer Gesamtlänge von 1350 km unterbricht die Demarkationslinie Eisenbahnen, Straßen, Wasserwege und unzählige Verbindungen von Dorf zu Dorf. Die Welt soll wissen, daß die Sperranlagen der Mittelzone inzwischen einen Umfang erreicht haben, den man sich perfektionierter kaum vorstellen kann. Mehr als 25 000 Betonpfähle stehen von der Ostsee bis nach Bayern, 30 000 cbm Beton wurden dazu verarbeitet, 50 qkm Wald- und Buschwerk sind abgeholzt worden. Das brachliegende Gelände umfaßt etwa 140 qkm. Neben über 1200 Betonbunkern, Beobachtungsständen, Signalanlagen, Minenfeldern und Lichtsperren, die mehr als 280 km ausleuchten, werden außerdem immer mehr Hundelaufanlagen eingerichtet. Dazu kommen die im Hinterland angelegten Sperren. Das Ganze wird überwacht von 50 000 Soldaten der NVA-Grenztruppe. Abseits vom großen politischen Geschehen spielen sich an der Demarkationslinie fast täglich furchtbare Tragödien ab, von denen die sachlichen Presse- und Rundfunkmeldungen so wenig aussagen: Fluchtversuch gescheitert, Flüchtling schwer verletzt im Doppelzaun, junges Mädchen überwand Minensperren, NVA erschoß Flüchtling an der Mauer, Flüchtling beim Durchschwimmen der Elbe ertrunken. Denken wir wirklich darüber nach, was sich dahinter verbirgt? Die Bundesregierung sollte in einer Freiheitsnote, die allen Verantwortlichen in dieser Welt zu unterbreiten wäre, auf die Tatsache hinweisen, daß in Mitteldeutschland Rechtssicherheit und Rechtsschutz für den einzelnen nicht existieren. Der Justizminister der Zone erklärte: Das Gesetz muß so angewandt werden, wie es den Zielen der Partei der Arbeiterklasse und der Regierung entspricht. So kann z. B. über unschuldige Menschen Zwangsaufenthalt verhängt werden für einen Zeitraum, an einem Ort und zu einer Arbeit, die völlig im Ermessen der dortigen Machthaber liegen. Seit dem 17. Juni 1953 bis zur Errichtung der Mauer 1961 wurden im unfreien Teil Deutschlands 158 Todesurteile gefällt. Die Gerichte erkannten in 457 Fällen auf lebenslängliche Zuchthausstrafe, nahezu 47 000 Menschen wurden aus politischen Gründen verhaftet und zu Freiheitsstrafen von zum Teil mehr als 20 Jahren verurteilt. Tausende politische Häftlinge befinden sich noch immer in den sowjetzonalen Strafanstalten. Seit dem Bau der Mauer wurden folgende Gewalturteile aus politischen Gründen gefällt und vollstreckt: 4 Todesurteile, 19 Verurteilungen zu lebenslänglichem Zuchthaus, 59 Verurteilungen zu Arbeitslager auf unbestimmte Zeit. Die Bundesregierung sollte sich an alle Regierungen und Völker wenden, die Wahrung der Menschenrechte im unfreien Teil Deutschlands zu erwirken. In einem Zeitalter, das die Selbstbestimmung zur Maxime der nationalen und internationalen Ordnung erhebt, hat auch das deutsche Volk Anspruch auf dieses Grundrecht. Wenn Menschenrechte und Selbstbestimmung in ganz Deutschland verwirklicht werden, verschwinden die Gegensätze, wird der Frieden gesichert und Deutschland geeint. Im Rahmen einer neuen Deutschlandinitiative sollten gefordert werden 1. die völlige Freizügigkeit im Reiseverkehr; das bedeutet im besonderen: Wegfall der Personenkontrolle und Aufenthaltsbedingungen; 2. Wiedereinführung der Rückfahrkarte innerhalb ganz Deutschlands, sofortige Erleichterung im Verkehr der Zonengrenzbewohner, Fortfall der Beschränkungen des Postverkehrs, Einstellung der Störsendungen beim Rundfunkempfang und freier Zugang zu allen Nachrichtenquellen innerhalb Deutschlands. Mit Rücksicht darauf, daß die Machthaber in Pankow in verstärktem Maße Bemühungen anstellen, in den internationalen Gremien und Institutionen, insbesondere bei den Vereinten Nationen, Aufnahme als ordentliches Mitglied zu finden, sollte in Hinblick auf die momentane Entwicklung abermals die Forderung nach Abhaltung freier Wahlen in beiden Teilen Deutschlands unter internationaler Kontrolle erhoben werden. Bei einer Weigerung des Pankower Regimes sollte die freie Welt einer Aufnahme Ostberlins in diese internationalen Gremien nicht zustimmen. Dem Treiben sowjetzonaler Rundfunk- und Fernsehreporter in der Bundesrepublik Deutschland 12696 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 229. Sitzung. Bonn, Freitag, den 25. April 1969 sollte so lange ein Ende gesetzt werden, als die Machthaber in Pankow unseren Presse-, Rundfunk-und Fernsehgremien eine Gleichbehandlung versagen und damit eine eindeutige Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes praktizieren. Die Förderung des Zonenrand- und Grenzgebietes ist eine politische Aufgabe ersten Ranges. Es handelt sich primär um eine politische Frage, aus der sich wirtschaftliche und kulturelle Gesichtspunkte ableiten. Die Prioritäten des Bundes und aller Länder müssen dieser staatspolitischen Tatsache mehr denn je Rechnung tragen. Die Verbindung des Zonenrandgebietes mit dem Ausland muß nach Kräften gefördert werden. Ausländische Besuche sollten mehr als bisher auch . auf Städte und Gemeinden des Zonenrandes ausgedehnt werden. Partnerschaften zwischen den Gemeinden des Zonenrandgebietes und ausländischen Gemeinden sollten die Regel und nicht die Ausnahme sein. Das Zonenrandgebiet muß stärker als bisher in die staatsbürgerliche Erziehung einbezogen werden. Der Abwerbung aus dem Zonenrandgebiet und aus den Grenzgebieten muß stärker denn je entgegengetreten .werden. Es muß dementsprechend erwogen werden, gewisse steuerliche oder sonstige Vergünstigungen für die im Zonenrand- und Grenzgebiet wohnenden Arbeitnehmer zu schaffen. Zu erwägen wäre die Gewährung eines Ortszuschlages und die generelle Überprüfung der Ortsklassenregelung. In den Reihen der demokratischen Gegenkräfte beginnen sich Skepsis und Unmut auszubreiten. Nachdem die kommunistische Führung in Pankow jahrelang Hunderte von Millionen für ihre subversive Arbeit bei uns ausgegeben hat, während in der Bundesrepublik dringende Aufklärungspropaganda oft keine Finanzierung fand, scheint der Zeitpunkt gekommen zu sein, den Terrainverlust wieder aufzuholen. Die Flut der gegnerischen Propaganda abzufangen und einzudämmen, ist heute bereits ein schwieriges Unterfangen, dies um so mehr, als bestimmte intellektuelle Kreise sich dazu rüsten, das Unwerturteil, das über den Kommunismus und über die SED durch die ganze Nachkriegszeit bestand, abzubauen, ohne in Betracht zu ziehen, daß es in der Bundesrepublik viele Millionen von Menschen gibt, die mit dem kommunistischen Terror unmittelbar in Berührung kamen. Diese werden ihr Urteil nicht revidieren. Das Ulbricht-Regime in Pankow sollte endlich wissen, daß es auch Grenzen politischen Taktierens gibt. Ulbricht, der zur Zeit best-gehaßte Mann im Comecon, der stalinistische Novotny der Zone, wird eines Tages an seiner eigenen Politik scheitern. Die Welt sollte wissen, daß 95 Prozent unserer deutschen Brüder und Schwestern in Mitteldeutschland ihn mit stiller Verachtung strafen. Wir erklären uns aber bereit, mit Moskau in ein sofortiges Gespräch einzutreten. Das Sowjetvolk würde viele neue Freunde gewinnen, wenn sich seine derzeitige Führung bereit fände, auch dem deutschen Volke das Heimat- und Selbstbestimmungsrecht und damit die Einheit Deutschland zuzugestehen. Deshalb sind wir entschlossen, den Willen zu bekunden, das Selbstbestimmungsrecht für alle Deutschen durchzusetzen, für die demokratische Ordnung in ganz Deutschland einzutreten, jeder Art offene und versteckter Anerkennung der Teilung entgegenzuwirken und mit allen geeigneten friedlichen, geistigen und fruchtbaren Mitteln, allem Widerstand und aller Skepsis zum Trotz auf das Ziel der Herbeiführung der Einheit ganz Deutschlands hinzuarbeiten. Keiner unter uns ist gegen die Entspannung, jeder ist für eine Entspanung in Deutschland und Europa. Es kommt nur darauf an, ob man diese Entspannung durch Anerkennungsaktionen und Rechtsverzicht oder durch Verfassungstreue und Treue zum Selbstbestimmungsrecht erreicht. Ich halte es für töricht und unzweckmäßig, in diesem Zusammenhange, wie das geschehen ist, Erklärungen zu zitieren, die u. a. auch das Münchner Abkommen in diese Diskussion hineinziehen. Ich weise im Namen der Sudetendeutschen Volksgruppe die Behauptung, dieses Abkommen sei von Anfang an ungerecht gewesen, als eine falsche Geschichtsinterpretation deshalb zurück, weil sie das Unrecht negiert, von dem in diesem Falle eine gute deutsche Volksgruppe von Anfang an, nämlich seit 1918/19 betroffen wurde. Anlage 3 Schriftliche Erklärung der Abgeordneten Frau Dr. Diemer-Nicolaus (FDP) zu Punkt 25 der Tagesordnung. Die Freien Demokraten haben stets die Auffassung vertreten, daß eine Liberalisierung des materiellen politischen Strafrechts nicht genügt. Außerdem müsse das Strafverfahren so reformiert werden, daß auch in Staatsschutzsachen ein fairer Prozeß gewährleistet ist. Schon im Juli 1966 forderte sie deshalb, daß im Zusammenhang mit der Reform des materiellen Strafrechts für das Verfahren mindestens folgende Reformen erfolgen sollten: 1. Alle erstinstanzlichen Urteile sollten in einer Rechtsmittelinstanz überprüft werden können. 2. Geheime bzw. indirekte Zeugenaussagen dürfen nicht zulässig sein. 3. Die Sachverständigen müssen völlig unabhängig sein, sie dürfen also nicht dem Verteidigungsministerium angehören. 4. Auch sollten unabhängige Pressekommissionen gebildet werden, die vor Veröffentlichungen beratend tätig sein können. Leider konnte die FDP nicht erreichen, daß diese Mindestreform des Strafverfahrens gleichzeitig mit der Reform des materiellen politischen Strafrechts im vergangenen Jahr erfolgte. Immerhin erreichte sie auch im Zusammenhang mit der Diskussion einer entsprechenden Großen Anfrage der FDP die Zusage des damaligen Bundesjustizministers Dr. Heinemann, daß noch in dieser Legislaturperiode eine Rechtsmittelinstanz auch in den politischen Strafverfahren, in denen bisher der Bundesgerichtshof in 1. Instanz und ausschließlich zuständig ist, geschaffen werden solle. Die jetzt vorliegenden Gesetz- Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 229. Sitzung. Bonn, Freitag, den 25. April 1969 12697 entwürfe sollen den zweiten Rechtszug in Staatsschutzsachen allgemein einführen und tragen damit auch einer Entschließung des Bundestages bei der Verabschiedung der Reform des materiellen politischen Strafrechts Rechnung. Langwierige und schwierige Verhandlungen mit den Ländern verzögerten die Vorlage. Die Zeit für die Beratungen ist jetzt am Ende der Legislaturperiode nur sehr kurz. Sie muß aber ausreichen, um diese Reform noch zu verwirklichen. Die vorgesehene Regelung entspricht den Vorstellungen, die von der FDP schon früher im Sonderausschuß für die Strafrechtsreform vorgetragen wurden. Sie wird deshalb den Gesetzen zustimmen. Unerfüllt sind aber noch die anderen Forderungen für einen fairen Prozeß, nämlich das Verbot von geheimen bzw. indirekten Zeugenaussagen, von wirklich unabhängigen Sachverständigen und von unabhängigen Pressekommissionen. Diese Forderungen erhalten wir aufrecht. Der nächste Bundestag sollte diese Reformen verwirklichen, wie auch endlich die Strafverfahrenskommission bilden, die bereits der 3. Bundestag einmütig gefordert hatte. Die Reform des Strafverfahrens überhaupt kann nicht länger aufgeschoben werden. Anlage 4 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Leicht vom 24. April 1969 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Geldner (Drucksache V/4097 Frage 109) : Hält es die Bundesregierung für eine besonders mittelstandsfreundliche Politik, wenn sie durch die Bundesmonopolverwaltung für Branntwein selbst von kleinsten Firmen verlangt, bei Einfuhr von Trinkbranntwein aus Mitgliedstaaten der EWG die Anträge im Januar zu stellen (im Februar sind die Kontingente schon erschöpft), die Ware dann innerhalb von drei Monaten einzuführen und sie monatelang zu lagern, weil sie in der Masse erst im Oktober/Dezember gebraucht wird? Die Bundesmonopolverwaltung hat von keiner Firma — weder von größeren noch von kleinen — verlangt, Anträge im Rahmen ihrer Ausschreibung für Trinkbranntweineinfuhren aus Mitgliedstaaten der EWG innerhalb eines bestimmten Zeitraums zu stellen. Solche Ausschreibungen ergehen auf Grund einer Empfehlung der EWG-Kommission seit dem Jahre 1964. Die jeweiligen Quoten waren für Weinbrand erstmals im Laufe des Jahres 1966 voll ausgenutzt, diejenigen für Kornbranntwein und andere Trinkbranntweinerzeugnisse dagegen bis 1968 in keinem einzigen Kalenderjahr. Dieses Bild änderte sich nach Wegfall der Binnenzölle für Trinkbranntwein erstmals und schlagartig bei der Einfuhrausschreibung 1969, deren Weinbrandquote bereits am ersten Tage (2. 1. 1969) und deren Quote für andere Trinkbranntweine am 20. 2. 1969 erschöpft waren. Diese Entwicklung war nach den Erfahrungen der Vorjahre nicht vorauszusehen. Noch im Zeitpunkt der Einfuhrausschreibung 1969 am 2. 12. 1968 war von den Quoten 1968 nur die für Weinbrand voll, die für Kornbranntwein mit 44 % und die für anderen Trinkbranntwein mit 60,5% ausgenutzt. Die Bundesmonopolverwaltung prüft mit den Verbänden der Branntweinwirtschaft, wie bei künftigen Ausschreibungen die jetzt aufgetretenen Nachteile des bisher reibungslosen Verfahrens ausgeschlossen oder wenigstens gemildert werden können. Dabei wird sie allerdings an der Ausnutzung bewilligter Einfuhrgenehmigungen innerhalb einer bestimmten Frist (bisher drei Monate) wahrscheinlich festhalten müssen, um Scheinanträge — mit denen nur die Einfuhr durch Konkurrenten blockiert werden soll — auszuschließen. Anlage 5 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Leicht vom 24. April 1969 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Peiter (Drucksache V/4097 Frage 110) : Ist die Bundesregierung bereit, für die Bundesausbaugebiete Landkreis Loreley, Unterlahn und Oberwesterwald, insbesondere für deren land- und forstwirtschaftlich orientierte Höhengebiete mit relativ geringer Verkehrsdichte, den § 5 des Gesetzes über die Besteuerung des Straßengüterverkehrs in Anwendung zu bringen, der eine 50%ige Eimäßigung der Beförderungsteuer ermöglicht? Um eine dem Zweck des Gesetzes über die Besteuerung des Straßengüterverkehrs entsprechende gleichmäßige Auswahl der in Betracht kommenden Gebietsteile zu ermöglichen und Berufungen zu vermeiden, ist das Institut für Raumordnung in Bad Godesberg mit einer gutachtlichen Stellungnahme zur Ausfüllung der Ermächtigung beauftragt worden. Im Zusammenwirken mit den beteiligten Ministerien sind danach die in Betracht kommenden Landkreise und kreisfreien Städte nach einheitlichen Grundsätzen ermittelt -worden. Die Verordnung wird in den nächsten Tagen erlassen werden. Nach den Auswahlgrundsätzen wurden solche Kreise als verkehrsmäßig schwach aufgeschlossen ermittelt, die zu mehr als 50 v. H. ihrer Fläche außerhalb von Umkreisen mit sechs Kilometer Radius um Güterverladebahnhöfe mit Waggon- und Stückgutabfertigung liegen. Als verkehrsungünstig (in Randlage) gelegen wurden solche Kreise ermittelt, die zu mehr als 50 v. H. ihrer Fläche außerhalb gewogener Entfernungsbereiche um die größeren Wirtschaftszentren und außerdem mehr als 50 km von der nächsten Autobahnauffahrt entfernt liegen. In beiden Fällen wurde die Begünstigung aber nur dann zur Vermeidung schwerwiegender volkswirtschaftlicher Nachteile für vertretbar gehalten, wenn die Wirtschaftskraft des jeweiligen Kreises, gemessen an Bruttoinlandsprodukt, Realsteuerkraft und Industriebesatz, unter dem Durchschnitt der Landkreise liegt. Die vom Bundesminister der Finanzen gebilligte Verordnung wird dem Hohen Hause in Kürze mit einer ausführlichen Begründung über die Herren Vorsitzenden der zuständigen Ausschüsse bekanntgegeben werden. Eine Begünstigung der Landkreise Loreley, Unterlahn und Oberwesterwald ist nicht vorgesehen. Nach den dargelegten Grundsätzen und den getroffenen Feststellungen können sie weder als ver- 12698 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 229. Sitzung. Bonn, Freitag, den 25. April 1969 kehrsmäßig schwach aufgeschlossen noch als verkehrsungünstig in Randlage gelegen angesehen werden. Ich verkenne nicht, daß die wirtschaftliche Situation dieser Kreise nicht günstig ist. Es ist aber zu beachten, daß das Gesetz verkehrsstrukturelle Voraussetzungen vorschreibt. Im übrigen müßte das halbe Bundesgebiet begünstigt werden, wenn die genannten Kreise in die Steuerermäßigung einbezogen würden. Eine solche Ausweitung der Verordnungsermächtigung würde dem Gesetzeszweck zuwiderlaufen und auf verfassungsmäßige Bedenken aus dem Gleichheitsgrundsatz stoßen. Anlage 6 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Leicht vom 24. April 1969 auf die Mündlichen Anfragen der Abgeordneten Frau Funcke (Drucksache V/4097 Fragen 113 und 114) : Trifft es zu, daß der Vorsitzende der von der Bundesregierung berufenen Steuerreformkommission, Minister a. D. Eberhard, in der Steuerfachtagung Ende März in München bereits Andeutungen über vermutete Ergebnisse der Kommission gemacht hat, obwohl diese ihre Arbeit kaum begonnen hat? Sieht die Bundesregierung eine Möglichkeit, die Objektivität und Unvoreingenommenheit der Kommission dadurch sicherzustellen, daß sie bei Berufung der Mitglieder die Vertraulichkeit der Beratungen bis zum endgültigen Abschluß zur Bedingung macht? Bei Eröffnung der ersten Sitzung der Steuerreformkommission hat der Bundesminister der Finanzen angeregt, die Beratungen in der Kommission vertraulich zu behandeln. Mir ist bekannt, daß die Kommission sich diese Auffassung zu eigen gemacht hat. Am 27. März 1969 hat der Vorsitzende der Kommission, Herr Dr. h. c. Rudolf Eberhard, Präsident der Bayerischen Staatsbank, auf der Münchner Steuerfachtagung einen Vortrag über Probleme der Steuerreform gehalten. Der Wortlaut der Rede liegt mir vor. Nach einem Rückblick auf frühere Reformpläne hat der Vorsitzende der Kommission allgemeine Zielvorstellungen erörtert und das Für und Wider einiger Überlegungen zur Gewerbesteuer, Grundsteuer, Erbschaftsteuer, Vermögensteuer, Körperschaftsteuer und Einkommensteuer angesprochen. Es handelt sich hierbei um Probleme, die seit langem in der Öffentlichkeit diskutiert werden und zum Beispiel in Gutachten des Wissenschaftlichen Beirats beim Bundesministerium der Finanzen oder im Gutachten der Finanzreformkommission behandelt werden. Die hierbei getroffene Auswahl bedeutet nach den Worten des Vortragenden nicht, daß die Reform bei den erörterten Problemen in jedem Falle ansetzen werde. Dr. h. c. Eberhard hat im Gegenteil ausdrücklich betont, daß die Arbeit der Kommission erst am Anfang stehe und sich daher noch nicht absehen lasse, welchen Sachproblemen die Kommission ihr besonderes Augenmerk widmen werde. Ich vermag hiernach dem Vortrag keine Andeutungen über mögliche Ergebnisse der Kommissionsberatungen zu entnehmen. Anderslautende Presseberichte geben die Ausführungen Dr. h. c. Eberhards nicht zutreffend wieder. Es besteht unter diesen Umständen keine Notwendigkeit, weitere Schritte zu unternehmen, um die für eine erfolgreiche Arbeit der Kommission unerläßliche Vertraulichkeit der Beratungen zu sichern. Anlage 7 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Leicht vom 24. April 1969 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Ramms (Drucksache V/4097 Frage 115) : Wie beurteilt die Bundesregierung die Einführung der Ermäßigung der Mineralölsteuer im öffentlichen Personennahverkehr (50 km) analog der Regelung der Mehrwertsteuer, um den Personenverkehr zu verbessern? Die Frage, ob überhaupt und gebenenfalls in welchem Umfang den Unternehmen des öffentlichen Personennahverkehrs Erleichterungen bei der Mineralölsteuer gewährt werden können, wird zur Zeit in der Bundesregierung beraten. Eine Antwort in der Sache kann daher erst zu einem späteren Zeitpunkt gegeben werden.
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    Ich schreibe dem Teufel einen Brief, wenn das unserem Volke gemeinsam nützt.

    (Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU. — Zurufe.)

    Aber ich möchte mich jetzt mit Herrn Scheel ein bißchen auseinandersetzen, aber auch mit dem Begriff „staatliche Existenz", den unser Koalitionspartner gebraucht hat, nur um klarzumachen, was ich meine, wenn ich hier immer wieder warne. Daß das Regime drüben von uns allen nicht als legitim anerkannt wird, darf ich als selbstverständlich voraussetzen. Dieses Regime ist nicht von einem Volk in demokratischer Freiheit gewählt, es ist der Bevölkerung drüben aufgezwungen worden. Nun findet man das ja auch in anderen Staaten. Es gibt Staaten, die eine nicht legitime demokratisch gewählte Regierung haben. Deswegen wird eine solche I Regierung vielfach auch nicht anerkannt. Das ändert aber nichts daran, daß der Staat, in dem diese nicht legitime Regierung herrscht, tatsächlich ein Staat ist.
    Aber es gibt einen Unterschied drüben. Wenn nach der traditionellen Staatslehre zum Begriff eines Staates drei Elemente gehören: Staatsgebiet, Staatsvolk und oberste Gewalt, dann möchte ich doch Ihre Aufmerksamkeit darauf lenken, daß im Begriff des Staatsvolks mehr steckt als nur eine Gruppe von Menschen, die von einem illegitimen Regime beherrscht wird.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Ich gebe Ihnen zu bedenken, daß zum Begriff des Staatsvolks wohl doch gehören muß, daß sich die von einem illegitimen Regime beherrschte Gruppe von Menschen selbst als Staatsvolk, d. h. als Volk eines eigenen, souveränen Staates, begreifen will. Das ist eben nach unserer Meinung — und ich hoffe, nach unser aller Meinung — drüben nicht der Fall.

    (Beifall bei der CDU/CSU. — Abg. Scheel: Das trifft auch für viele andere Staaten zu!)

    — Für welche bitte?

    (Abg. Scheel: Das gilt für Staaten, die jüngst entstanden sind, wo ja die Schwierigkeiten, wie das Staatsvolk sich begreift, offensichtlich sind!)




    Bundeskanzler Dr. h. c. Kiesinger
    — Gut, das gibt es. Nehmen Sie den Konflikt Nigeria—Biafra.

    (Ein Demonstrant dringt in den Plenarsaal ein und versucht zu sprechen. Er wird von Sicherheitsbeamten abgeführt!)

    Die Leute tin Biafra wollen ;sich nicht als Angehörige eines gemeinsamen Staatsvolkes begreifen.

    (Abg. Scheel: Trotzdem haben wir mit Nigera diplomatische Beziehungen!)

    — Das ist eine andere Frage. Ich versuche ja nur, Ihre Aufmerksamkeit, meine Damen und Herren, darauf zu richten, daß wir, wenn wir schon für das Gebilde drüben den Ausdruck Staat gebrauchen
    — wobei wir immer hinzusetzen: ein nicht legitimes Staatswesen —, immerhin dieses eine Element mit bedenken sollten, daß die Bevölkerung drüben sich eben nicht als ,ein Staatsvolk begreift.
    Herr Ulbricht meint das ganz anders. Herr Ulbricht spricht von einem „sozialistischen Staat deutscher Nation". Gut, wir halten ihn daran fest, daß er von einer deutschen Nation gesprochen hat. Aber er meint, daß in diesem sozialistischen Staat ein sich zu diesem sozialistischen Staat bekennendes Staatsvolk vorhanden sei. Das bestreiten wir.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Wenn wir uns schon darüber einig sind, — wenn wir nicht durch taktische Gegebenheiten uns gelegentlich dazu gezwungen glauben — dann frage ich mich, warum wir überhaupt — in diesem Zusammenhang von einem Staat reden und nicht nur einfach von den Machthabern im anderen Teil Deutschlands, mit denen wir bereit sind, so wie es diese Bundesregierung bekundet hat, Gespräche, Verhandlungen zu führen, um die Misere der Teilung des deutschen Volkes in vielen Fragen zu überwinden. Das ist eine ganz klare Sprache, und niemand kann sich dann täuschen, was wir meinen.
    Was meinen Sie denn nun wirklich, wenn Sie von „staatsrechtlicher Anerkennung" sprechen? Herr Mischnick hat in einem Interview im Südwestfunk folgenden Satz gesagt:
    Mit unserem Generalvertrag wollen wir die staatsrechtliche Anerkennung der DDR praktisch durch einen Vertrag niedergelegt wissen.

    (Hört! Hört! und Aha! bei der CDU/CSU.)

    Meine Damen und Herren, was soll das heißen? Es geht dann weiter:
    Diese Anerkennung würde selbstverständlich
    dazu führen, daß die beiden deutschen Staaten
    gleichberechtigt international mitarbeiten, . . .
    Was soll das bedeuten? Dann kommt das Schwänzchen, das darangeheftet wird:
    ... ohne daß das Verhältnis zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR ein Verhältnis von Ausland zu Ausland wird.
    Ja, meine Damen und Herren: nach dem, was Sie
    zuvor gesagt haben, wird die Aussage „ohne daß das
    ein Verhältnis von Ausland zu Ausland wird" ein frommer Wunsch.

    (Beifall bei der CDU/CSU und bei Abgeordneten der SPD.)

    Denn dann haben Sie praktisch anerkannt.
    Warum denn dieser Eifer für eine staatliche Anerkennung? Was zwingt Sie denn dazu? Welche Hoffnung, im Interesse des deutschen Volkes weiterzukommen, bewegt Sie, derartige Vorschläge zu machen?
    Was Sie in Ihrer Großen Anfrage vorgeschlagen haben, darauf haben wir geantwortet. Sie sagen, es sei eine Zustimmung. Ich würde eher umgekehrt sagen: es hat sich erwiesen, daß das, was in Ihrer Großen Anfrage vorgeschlagen wurde, längst praktizierte Politik der Regierung ist,

    (Beifall bei der CDU/CSU — Lachen bei bei der FDP)

    wobei es natürlich einige Dinge gibt, in denen Sie weiter gehen, etwa die Frage eines Generalvertrags überhaupt oder die Angelegenheit mit dem Austausch von Generalbeauftragten, auf die ich noch zurückkommen möchte.
    Einer der Redner — ich glaube, Herr Schultz ist es gewesen — hat vom Echo aus dem Ausland gesprochen. Ich war gespannt, was er sagen würde. Dann hat er nur gesagt, es sei sogar ein Echo aus dem Osten gekommen.

    (Lachen bei der CDU/CSU.)

    Das glaube ich gern, meine Damen und Herren. Aber betrachten Sie einmal das Echo aus dem Westen! Ich habe heute einen Artikel in „Time" gelesen, in dem ganz schlicht und einfach das, was Sie vorschlagen, als Anerkennung der DDR ausgelegt wird.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU.)

    Das ist doch die Wirkung. Die Menschen — auch in unserem Volk — können doch derart subtile Unterscheidungen nicht nachvollziehen wie „Anerkennung als Realität", „Anerkennung als ein deutscher Staat", oder wie es Herr Dahrendorf gesagt hat, dem ja immer wieder neue Formulierungen einfallen, „als ein zweiter deutscher Staat auf deutschem Boden", „Anerkennung als Staat", „staatsrechtliche Anerkennung, aber nicht völkerrechtliche Anerkennung", „völkerrechtliche Anerkennung, aber nicht so, daß ein Verhältnis Ausland zu Ausland entsteht". Was soll denn dieses Hexeneinmaleins, meine Herren? Wenn von Anerkennung die Rede ist, versteht das deutsche Volk sie so, wie sie in all den Debatten der vergangenen Jahre verstanden worden ist, wenn man von Anerkennung sprach, d. h. als eine Aufgabe unserer bisherigen gemeinsamen Politik.

    (Beifall bei der CDU/CSU und vereinzelt bei der SPD.)

    Und so, meine Herren von ,der FDP — und das ist noch viel gefährlicher — versteht sie eben auch das Ausland. Ich empfehle Ihnen die Lektüre dieses „Time"-Artikels.



    Bundeskanzler Dr. h. c. Kiesinger
    Aber ich will jetzt diese Debatte über den Gebrauch des Wortes „Anerkennung" zurückstellen. Ich kann nur immer wieder warnen, dieses Wort in den Mund zu nehmen, und nur raten, lieber über die praktischen Dinge zu sprechen, die wir vielleicht tun können und vielleicht gemeinsam zu tun bereit sind, um weiterzukommen.
    Sie haben gerügt, Herr Scheel, daß ich im Streit wider das Wort „Anerkennung" auf den Zusammenhang mit der Breschnew-Theorie hingewiesen hätte. Sehen Sie diesen Zusammenhang nicht?

    (Zustimmung bei der CDU/CSU.)

    — Bitte, Herr Mischnick, schütteln Sie nicht zu früh den Kopf; vielleicht kann ich Sie doch noch überzeugen!

    (Heiterkeit bei der CDU/CSU.)

    Die Breschnew-Theorie besagt: Jeder sozialistische Staat — siehe Herrn Ulbricht! —, der einmal entstanden ist, muß für ewige Zeiten im sozialistischen Lager, muß für ewige Zeiten ein sozialistischer Staat bleiben. — Wenn wir nun von uns aus eine staatsrechtliche Anerkennung aussprechen, dann geben wir selbst — ob wir es wollen oder nicht — der sowjetischen Politik das Argument in die Hand zu sagen: Niemals wird auch dieser Staat aus dem sozialistischen Lager wieder ausscheiden können! Und das ist es ja, was wir jede Woche einmal von drüben hören.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Ich mache mir keine Illusionen darüber, daß drüben an dieser Theorie festgehalten wird, gleich- gültig, ob wir von staatlicher Anerkennung sprechen oder nicht. Aber daß wir ihnen selber, wenn wir von staatlicher Anerkennung sprechen, ein weiteres Argument liefern, liegt auf der Hand. Nehmen Sie einmal an, die Entwicklung hätte sich so vollzogen, daß zwar drüben ein kommunistisches Regime herrschte, man dort aber nicht so weit gegangen wäre, von einem sozialistischen Staat zu sprechen; es hätte ja auch eine solche Entwicklung geben können. Dann gäbe es eine Chance, in der Auseinandersetzung mit der Breschnew-Theorie zu argumentieren: Im Osten Deutschlands ist es eben nicht so wie in Polen oder in der Tschechoslowakei oder in Ungarn oder Rumänien, denn dort gibt es keinen sozialistischen Staat. — Auch deswegen warne ich; denn dieser Zusammenhang besteht nun einmal!
    Und schließlich Berlin! Wenn Sie den anderen Teil Deutschlands staatlich oder gar völkerrechtlich mit ihrem Schlenker anerkennen, daß nicht ein Verhältnis von Ausland zu Ausland entstehen würde, was soll dann, wenn dies wirklich geschähe, aus Berlin werden?

    (Zustimmung bei der CDU/CSU.)

    Das Lebensprinzip Berlins — worin besteht es denn? Es besteht darin, daß wir alle davon ausgehen, daß eines Tages Deutschland wiedervereinigt und daß Berlin wieder die Hauptstadt Deutschlands werden wird!

    (Beifall bei der CDU/CSU und Abgeordneten der SPD.)

    Welchen merkwürdigen Umweg wollen Sie gehen? Sie wollen erst das, was drüben erzwungen worden ist, staatsrechtlich anerkennen, um dann zu sagen: So, jetzt können wir miteinander darüber sprechen, daß und wie wir uns wieder vereinigen. — Darauf läuft es doch bei Ihnen hinaus.
    Wir aber behaupten: genau dieser Schritt würde es sein, der eine Wiedervereinigung der Deutschen in einem Lande praktisch unmöglich machen würde.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Ich bin also der Meinung, daß in dem Augenblick, in dem wir diese staatsrechtliche Anerkennung aussprächen, genau das passieren würde — Herr Kollege Wehner hat es schon zitiert —, was Herr Ulbricht in ganz brutaler Weise gesagt hat: daß West-Berlin auf dem Territorium der Deutschen Demokratischen Republik liege, daß es praktisch zu ihr gehöre und daß man sich drüben unablässig dafür einsetzen werde, daß „Schritt um Schritt auch die letzten Überreste des zweiten Weltkriegs beseitigt werden, die von den imperialistischen Westmächten dazu benützt werden, die Deutsche Demokratische Republik und ihre Bürger zu schädigen" . Berlin gehört dann eben ganz und gar, mit Haut und Haaren zu dieser „Deutschen Demokratischen Republik".
    Deswegen möchte ich vorschlagen: wenn wir gemeinsame Deutschlandpolitik machen und über gemeinsame Deutschlandpolitik miteinander sprechen wollen — ich tue es gern —, sollten wir lieber über die praktischen Maßnahmen sprechen, als uns in scholastische Wortstreitigkeiten einlassen.

    (Abg. Dr. Barzel: Sehr gut!)

    Sie haben bezweifelt, Herr Kollege Scheel, daß in dem Brief des Herrn Stoph die Anerkennung der DDR als Voraussetzung für alle übrigen Verhandlungen angesprochen sei. Das ist unzweifelhaft der Fall. Er sagt in diesem Brief folgendes:
    Es ist verständlich, daß eine Vereinbarung über die Normalisierung der Beziehungen zwischen beiden deutschen Staaten der erste und wichtigste Schritt ist, der eine wesentliche Quelle der Spannungen in Europa zum Versiegen bringen wird.
    Nun könnten Sie sagen: Was heißt das: „Normalisierung der Beziehungen"? — Er sagt das ein wenig weiter:
    Die Regierung der Bundesrepublik sollte sich endlich von Realitäten leiten lassen. Das hartnäckige Negieren der im Ergebnis des zweiten Weltkrieges entstandenen realen Lage in Europa widerspricht den Interessen der europäischen Sicherheit und kann der westdeutschen Bevölkerung selbst nur zum Nachteil gereichen. Es ist an der Zeit, die Beziehungen zwischen beiden deutschen Staaten zu normalisieren.
    Kann jemand daran zweifeln, daß er also unter der „Normalisierung der Beziehungen" die Anerkennung der DDR versteht?

    (Abg. Scheel: Aber Herr Bundeskanzler, das sollte ja Gegenstand der Verhandlungen sein und nicht, wie eben gesagt wurde, die Voraussetzung!)




    Bundeskanzler Dr. h. c. Kiesinger
    — Natürlich, die Voraussetzung der von uns gewünschten Verhandlungen überhaupt, Herr Scheel! Wollen Sie sich in Verhandlungen mit Herrn Ulbricht darüber einlassen, ob oder daß wir bereit sind, die Beziehungen zur DDR so zu normalisieren, wie er es wünscht, nämlich daß wir anerkennen? Das wäre doch ein völlig illusionäres Unterfangen.
    Wir haben nun seit der Gründung der Bundesrepublik, wir alle zusammen, Parlament und Regierung und viele außerhalb von Parlament und Regierung, auf immer neue Weise über die Frage nachgedacht, wie wir weiterkommen könnten in dem dringlichen Anliegen der deutschen Wiedervereinigung. Dringlich bedeutet aber nicht, daß man jeden Augenblick irgend etwas unternehmen muß. Es ist die Rede davon gewesen, Untätigkeit führe niemals zum Ziel. Gewiß! Aber wir wissen auch, daß man nicht tätig werden kann in einer politischen Situation, in der sich für ein solches Tätigwerden überhaupt keine Chance anbietet. Dann ist nämlich Tätigwerden nicht nur erfolglos, sondern wird notwendigerweise zu einer politischen Niederlage.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Wir wollen nicht untätig bleiben. Wir halten unsere Hand ausgestreckt. Wir wollen verhandeln mit drüben. Wir wollen auch mit der Sowjetunion verhandeln, wenn sie zu einer solchen Verhandlung bereit ist, aber nicht unter der Bedingung der Anerkennung der sogenannten Realitäten. Das ist eben die bitterste aller Realitäten, daß die Sowjetunion von uns die Anerkennung des Status quo als Ergebnis des zweiten Weltkriegs verlangt. Jedesmal, wenn wir Gespräche vorschlagen, wind uns die Anerkennung dieser angeblichen Realitäten, die auch als Rechtsrealitäten aufgefaßt werden, vorgeschlagen. Das ist eine bittere Situation, und wir sollten endlich aufhören, uns gegenseitig diese bittere Tatsache zum Vorwurf zu machen.
    Es nützt unserem Volk nichts, etwa mit 'dem Blick auf einen Wahlkampf ,'so zu tun, als habe die Regierung nichts unternommen, um in der gegebenen Situation unser Problem voranzubringen, oder als wolle sie gar nichts tun. wir sollten diese Dinge aus dem Wahlkampf herauslassen.
    Wir sind alles andere als selbstgefällig in diesem Punkt, meine Damen und Herren von der Opposition. Herr Schultz hat selbst gesagt, daß Sie nicht damit rechnen, daß Ihr Generalvertrags-Vorschlag von drüben sofort angenommen würde. Er fügte, durchaus realistisch, hinzu, dann werde aber den Machthabern drüben oder, wie es wahrscheinlich vorziehen würde: der Regierung drüben, zum mindesten die Ablehnung nicht leichtfallen. Gewiß, das ist eine Überlegung, die wir bei unseren Vorschlägen auch angestellt haben. Wir haben bei manchem Vorschlag nicht die Illusion gehabt, daß man ihn drüben annehmen würde. Aber solche Vorschläge haben auch dann ihren Wert, wenn sie den 'anderen vor aller Welt 'zwingen, Farbe zu bekennen, d. h. zu sagen, was er will und was 'er nicht will. Darum, gut: es bleibt bei 'unserer Aussage: alles zu seiner Zeit. Es ist durchaus eine Lage, .ein Zeitpunkt denkbar, in dem wir einen solchen Vertrag abzuschließen bereit wären. Darüber läßt sich 'in der Zukunft miteinander reden.
    Ich will noch ein Wort zu der Frage des Austauschs von Generalbevollmächtigten oder Generalbeauftragten sagen. Das war 'ein Vorschlag von Herrn Kollegen Hellmut Schmidt. In der Antwort der Bundesregierung ist vorsichtig darauf eingegangen worden. Es ist natürlich ein Unterschied, ob ich sage: in Bonn hält sich ein hoher Beamter, der Staatssekretär des Bundeskanzleramts, ständig für Gespräche mit einem Beamten entsprechenden Niveaus drüben bereit, oder ob man Generalbevollmächtigte austauscht, die als eine Art von Halbbotschaftern in Ostberlin und hier in Bonn säßen. Ich will dazu folgendes sagen. Jetzt etwa etwas Derartiges zu machen hielte ich für schlechthin verfrüht und gefährlich. Aber auch hier kann ich mir eine spätere Möglichkeit denken, nämlich dann, wenn sich die Beziehungen, der Modus vivendi zwischen uns und drüben so entwickelt hätten, daß man sagen könnte: Jetzt sind viele unserer Vorstellungen zur Überwindung der Not der Spaltung erfüllt, oder dann, wenn man drüben bereit ist, auf unsere Vorschläge einzugehen. Dann könnte ich mir denken, daß auch ein solcher Austausch von Bevollmächtigten von Nutzen sein könnte. Man muß bei all diesen Dingen eben immer abwägen, ob das, was man vorschlägt und was man tut, ohne fruchtbares Ergebnis für die gesamtdeutsche Sache nur zu einer formalen und rechtlichen Stärkung .der Position der anderen führt, oder ob wir in der Sache selbst weiterkommen.
    Herr Schultz ist es, glaube ich, gewesen, der gesagt hat, wir müssen bei all dem der Welt beweisen, daß uns der Friede und die Verständigung über alles gehen. Gut; ich habe in meiner Regierungserklärung gesagt, daß unser erstes Wort und das Grundanliegen dieser Regierung der Frieden sei. Aber „Frieden" und „Verständigung" bedürfen dann auch der Interpretation, meine Damen und Herren. Friede und Verständigung gehen uns über alles; aber dann auch eine Verständigung über die deutsche Frage, nicht im Sinne der uns abgeforderten Anerkennung des Status quo, sondern in dem Sinne, daß endlich unserem deutschen Volk dadurch Gerechtigkeit widerfährt, daß man den Weg bahnt zu der Möglichkeit für unsere Landsleute drüben, zu sagen, was sie wollen und wohin sie wollen.

    (Anhaltender Beifall bei der CDU/CSU. — Vereinzelter Beifall bei der SPD.)



Rede von Dr. Richard Jaeger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Das Wort hat der Abgeordnete Schmidt (Hamburg).

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Helmut Schmidt


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich vorweg das Geständnis machen, daß ich der Debatte des heutigen Tages in den letzten 14 Tagen oder drei Wochen nicht gerade mit Freude entgegengesehen habe. Ich habe im vorhinein schwer zu erkennen vermocht, wie denn in der gegenwärtigen internationalen Diskussion, zu diesem Zeitpunkt, hier eine Situation geschaffen werden könne oder geschaffen werden solle, in der für die deutsche Frage und ihre



    Schmidt (Hamburg)

    Bewegung, ihr Bewegtwerden, etwas Fruchtbares herauskommt. Ich hatte auch nicht die Absicht, Herr Scheel, mich an dieser Debatte zu beteiligen. Allerdings muß ich sagen, daß ich während des zweiten Teils Ihrer Rede und auch während der Rede des Bundeskanzlers von einem zunehmenden Unbehagen
    — auch über die Reaktion des Hauses bei einzelnen Passagen — erfüllt worden bin.

    (Zuruf von der CDU/CSU.)

    — Das gilt für die letzten anderthalb Stunden.
    Ich muß sagen, Herr Scheel, Sie mögen recht gehabt haben, als Sie an einer Stelle, den Bundeskanzler zitierend, sagten, das sei eine sehr elegante Formulierung, aber sie sei eben auch sehr durchsichtig. Dann versuchten Sie zu zeigen, was nach Ihrer Auffassung wohl der eigentliche Zweck der Rede von Herrn Kiesinger, die er an einem dritten Ort gehalten hat, gewesen sein möge.
    Lieber Herr Scheel, das, was Sie heute gemacht haben, ist in gleicher Weise sehr durchsichtig. Was ist der eigentliche Zweck Ihres ganzen Vortrages und des Vortrages Ihrer Fraktion? Sie stellen Ihre Partei als initiativreich dar. Das ist gut und in Ordnung; das wird niemand kritisieren. Aber Sie nehmen dabei in Kauf, den Eindruck zu erwecken — und ich drücke mich vorsichtig aus, wenn ich nur sage, Sie nehmen es in Kauf; vielleicht wollen Sie den Eindruck erwecken —, als ob gegenwärtig Möglichkeiten zu Initiativen bestünden, die, wenn man sie nur ergreift, die Lage verändern würde.

    (Zustimmung bei der SPD.)

    Das finde ich nun meinerseits — und das ist auch ein freundlicher Ausdruck — sehr durchsichtig. Denn Sie selber wissen ganz genau, daß sieben oder acht Monate nach dem Einmarsch in die Tschechoslowakei
    — es ist wenige Tage her, daß Dubček beseitigt wurde, es ist wenige Tage her, daß die konservativen Kräfte im kommunistischen Lager in Osteuropa eine neue Bestätigung erfahren haben — —

    (Abg. Scheel: Es ist viel komplizierter!)

    — Ich weiß, wie kompliziert es ist. Ich habe mir auch Mühe gegeben, darüber nachzudenken. Ich habe zwar nicht über die verschiedenen Wortphilosophien geschrieben, die man im Zusammenhang mit den Begriffsinhalten zum Begriff Anerkennung anstellen kann. Ich habe mir aber z. B. Gedanken über die Breschnew-Doktrin, ihre Konsequenzen für die DDR wie für uns und ihre Konsequenzen für das Verhältnis beider Teile gemacht. Ich glaube von daher, dies ist ein sehr schwieriger internationaler Zeitpunkt.
    Was mir in dieser Debatte leid tut — und deswegen nehme ich überhaupt nur das Wort — ist folgendes: Diese Debatte könnte gegenüber dem Publikum, gegenüber der öffentlichen Meinung draußen den Eindruck erwecken, als ob im Grunde dies leine Situation in der man handeln könne, und es liege nur daran, daß einige zwar handeln wollten; aber die hätten nicht die Macht, und die, die die Macht hätten, wollten nicht handeln. Dieser Eindruck tut mir leid.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Das tut mir wirklich leid. Damit täuschen wir mindestens einen Teil des Publikums über die reale Lage, über die Wirklichkeit.
    Erlauben Sie mir, daß ich — scheinbar aus dem bisherigen Duktus der Debatte herausspringend — ein paar Absätze zur wirklichen Lage sage, wie sie ist, unabhängig von den Illusionen über mögliche Dinge, die die Deutschen sagen oder nicht sagen oder vielleicht so oder so meinen könnten. Ich will durch das Konzentrieren auf den sehr schmalen Spielraum der deutschen Beteiligten den Eindruck wieder vom Tisch bringen, als ob wir im Augenblick diese Frage bewegen könnten. Das nämlich scheint mir eine Illusion zu sein. Ich bin dankbar dafür, daß die alten Illusionen aus den fünfziger Jahren nun endlich vom Tisch gekommen sind: die NATO arbeite für die Wiedervereinigung oder die Zeit arbeite für die Wiedervereinigung, oder was für Illusionen wir alles gehabt haben. Aber ich bin wirklich dagegen, alte Illusionen durch neue zu ersetzen; wem würde das helfen?

    (Beifall bei der SPD. Zuruf des Abg. Lemmer.)

    — Lieber Ernst Lemmer, Sie sind ja noch gar nicht angegriffen; von mir aus werden Sie auch nicht angegriffen, heute jedenfalls nicht. Sie haben gar keinen Anlaß geboten. Mir bietet das, was die FDP heute vorträgt, Anlaß, davor zu warnen, daß man an die Stelle alter Illusionen neue setzt.
    Ich treffe also mal — herausspringend aus dem Duktus der Debatte — ein paar Feststellungen zur Lage. Diese Lage ist voller Widersprüche für uns, voller widerstreitender Prinzipien, eine Kette von Paradoxa, mit denen wir es zu tun haben. Zum Beispiel: daß unsere Nachbarn in Ost und West, daß die Vereinigten Staaten wie die Sowjetunion die Probleme, die aus der andauernden Spaltung unseres Landes immer wieder entstehen, durchaus besorgt betrachten, mit Sorge um den Frieden betrachten, aber zweitens: daß viele in unseren Nachbarstaaten und z. B. auch manche in den Weltmächten noch besorgter wären, wenn dieses Land wiedervereinigt wäre, und daß sie möglicherweise die Sorgen zum Punkt 1 leichter in Kauf nähmen als die Sorgen zum Punkt 2, die sie noch nicht ganz zu übersehen vermögen.
    Da haben wir neulich einen Film im Fernsehen gesehen — ich glaube, es war im Zweiten Deutschen Fernsehen —, wo ein Fernsehteam einmal gezeigt hat, wie eigentlich Franzosen oder Engländer oder Holländer oder Russen darüber denken, wenn hier ein wiedervereinigtes Deutschland mit 75 Millionen Menschen und dieser Leistungsfähigkeit industriell und technisch und wissenschaftlich usw. entstünde. Die hatten offenbar alle sehr viel Angst davor. Bei den Diskussionsteilnehmern war ein einziger, der nach diesem Film in großer Fairness sagte — es war übrigens ein Engländer —: Es mag so sein, daß man da besorgt sein muß, aber bei aller Gefahr, die ein großes wiedervereinigtes Deutschland bedeuten mag, bei aller Gefahr für den Frieden, die der Prozeß, der dahinführt, auslösen mag, bin ich — so hat dieser eine gesagt — doch dafür, daß man die Tei-



    Schmidt (Hamburg)

    lung des Landes als anomal, als unerträglich ansieht; und wenn es sein Land wäre, würde er es genau sehen wie die Deutschen, und infolgedessen müsse etwas geschehen.
    Jetzt haben wir also schon den dritten Widerspruch. Die einen sagen — international, ich rede gar nicht von den Deutschen, 'ich rede von unseren Nachbarn und von den Großmächten —: die Tatsache der andauernden Teilung ist gefährlich für den Frieden. Dann sagen sie zweitens: Ja, aber wenn wir die zusammenbringen, dann wird es vielleicht noch gefährlicher, dann werden sie zu stark. Dann sagt drittens einer: Ja, aber man muß sie zusammenbringen, denn das Ganze ist anomal; das kann man denen nicht zumuten. Dann kommen die anderen und sagen: Ja, schön, die beiden deutschen Teile zusammenbringen schon, aber wir Franzosen, wir Holländer, wir Polen, wir Dänen finden, so gut ihr Deutschen das auch rechtlich begründet und so lange das auch in geschichtlicher Entwicklung mit den Ansprüchen auf eure Heimat gewachsen sein mag, ihr müßt euch darauf einstellen, daß unsere Regierung oder unsere zukünftige Regierung, oder unsere übernächste Regierung in Den Haag oder in Paris usw. das sicherlich nicht mitmachen wird, was ihr euch in diesem Punkt vorstellt.
    Bei den Darlegungen von Herrn Schultz und auch bei den Darlegungen von Herrn Scheel, aber auch, Herr Bundeskanzler, bei Ihren Darlegungen, hat mir etwas gefehlt. Herr Scheel hat zwar gesagt, man müsse es im internationalen Rahmen sehen, aber er hat dann von den Bedingungen des internationalen Rahmens konkret überhaupt nicht gesprochen.

    (Abg. Scheel: Ich habe auf Sie verwiesen!)

    — Das ist ja sehr lieb, aber indem Sie auf mich verweisen, ersetzen Sie ja nicht das, was Sie hier zu Protokoll des Bundestages zu sprechen haben. Das geht nicht, daß man sich auf andere bezieht, oder daß Herr Mischnick woanders einen Aufsatz schreibt, der einen anderen Tenor hat als das, was hier gesagt wird.

    (Abg. Scheel: Das kommt noch!)

    — Aha, das kommt noch, entschuldigen Sie; ich will von mir aus keine Polemik in die Debatte bringen, Herr Scheel. Aber was mir notwendig zu sein scheint, ist, zu begreifen, daß alle, die an dieser Debatte über die ganzen Wortfetische „Anerkennung" oder „Gebilde" oder „Phänomen" — das ist ja weiß Gott auch nicht besser — beteiligt sind, doch dem eigenen Publikum sagen müssen, wie die Faktoren draußen in der Welt um uns herum nun einmal gestaltet sind. Dazu gehört eben dann auch, die Konsequenz zu ziehen: was auch limmer wir gegenüber der Regierung in Ostberlin machen, wir allein sind nicht die Beweger, und die dort auch nicht. Nicht einmal wir beide allein werden etwas bewegen, selbst wenn wir beide es wollten.

    (Abg. Scheel: Das habe ich aber gesagt, mehrfach gesagt!)

    — Aber lieber Herr Scheel, ich will Ihnen nicht Un-
    recht tun. Der Gesamteindruck, den Sie durch die
    öffentliche Debatte der letzten 14 Tage erzeugt
    haben, war der, es fehle hier in Bonn am Willen, und wenn der gute Wille da wäre, würde auch mehr bewegt werden können.

    (Beifall bei der SPD.)

    Das ist einfach nicht in Ordnung. Das ist der Eindruck, den Sie erzielt haben. Den kann ich weder auf der Bundestagsfraktion der Sozialdemokraten noch auf der der Christlichen Demokraten noch auf der Bundesregierung sitzen lassen; das geht einfach an der Wirklichkeit vorbei.
    Es tut mir leid, daß Sie nicht mit derselben Deutlichkeit vortragen, wie sehr nicht nur durch den Einmarsch in Prag, nicht nur durch das, was seither in der Tschechoslowakei geschehen ist, wie sehr auch durch die Rückwirkung dessen, was dort geschehen ist, auf die psychologische Verfassung der kommunistischen Parteien in anderen osteuropäischen Staaten, auf die Seelenverfassung und auf die Machteinschätzung der sich tatsächlich geändert habenden Lage in Osteuropa durch die dortigen kommunistischen Regierungen — sagen wir es ganz offen — die Möglichkeiten, die wir vielleicht heute vor zwölf Monaten größer eingeschätzt haben, im Laufe des letzten Jahres verringert worden sind und wie sehr die beharrenden Kräfte drüben gegenwärtig gestärkt worden sind.
    Es ist doch nicht so, Herr Scheel, daß wegen des Streits um diesen Anerkennungsfetisch die Herrn Ulbricht auf seine Bestellung am 9. August von der Volkskammer ausdrücklich erteilte Vollmacht nicht benutzt worden wäre. Diese Vollmacht hat die Volkskammer Herrn Ulbricht auf seinen Wunsch vor dem Einmarsch in die Tschechoslowakei erteilt. Dann kam der Einmarsch mit all den Konsequenzen. Nachher ist die Vollmacht nicht benutzt worden.
    Nun seien Sie doch bitte nicht der Meinung, es komme darauf an, wie wir irgendwelche Worte gebräuchten, damit die Vollmacht benutzt wird. Es stecken drüben doch ganz andere Erwägungen dahinter, Erwägungen, die auch Rücksicht auf die Situation gegenüber anderen kommunistischen Staaten, vornehmlich der Sowjetunion, nehmen. Da wird doch drüben auch versucht, mit der Ostberliner Deutschlandpolitik die sowjetische Deutschlandpolitik, die sowjetische Ostblockpolitik insgesamt zu beeinflussen und umgekehrt auch. Wir alle waren uns darüber einig und sind uns wohl auch jetzt noch darin einig, daß die Ereignisse im Ostblock im August letzten Jahres unsere Sorge um die Kontinuität unserer Sicherheit verstärkt haben und daß die Aufrechterhaltung der Sicherheit eine der wesentlichen Grundlagen ist, von denen aus — nur wenn sie sicher gehalten werden — wir das alles betreiben können, wovon heute die Rede sein soll. Sicherlich hat die FDP recht, wenn sie meint, man dürfe dieses Sicherheitsdenken nicht überbetonen. Es gibt sicherlich Kräfte in der deutschen Politik, die das überbetonen. Aber es gibt eben auch die umgekehrte Gefahr, Herr Scheel, daß man davon kaum noch richtig redet, eigentlich nur noch so, weil es dazugehört und im Katalog mit erscheinen muß, es aber im Grunde nicht mehr ganz ernst nimmt; dafür dann aber überbetont: es bestehe die Hoff-



    Schmidt (Hamburg)

    nung, daß etwas anderes geschehe, wenn man selbst nur ein paar andere Worte wählte.

    (Abg Scheel: Das gilt nicht für uns!)

    — Ich hoffe. Ich habe ein bißchen das Gefühl, daß die einen mehr zu dem einen Überbetonen und die anderen mehr zu dem anderen Überbetonen neigen könnten.
    Gewiß hat die FDP recht, daß die deutsche Frage nicht bewegt wird, wenn nicht die Deutschen den Versuch machen, sie zu bewegen. Das darf aber nicht dazu führen, daß wir uns selbst einreden, daß es Möglichkeiten gäbe, die in Wirklichkeit nicht da sind und die in Wirklichkeit doch wieder an das irrationale Moment in der deutschen Seele, an dieses romantische, voluntaristische Engagement appellieren, man müsse nur wollen, dann gehe es auch. Ich weiß genau, daß das sehr unpopulär ist, was ich hier sage, und es wird draußen auch keine Wirkung erzielen. Aber ich möchte damit gern auf uns selber die Wirkung erzielen, daß wir endlich einmal Schluß machen mit dieser ewig wiederkehrenden Romantik in der deutschen Politik: Man müsse nur etwas wollen; wo ein Wille ist, ist ein Weg, auf Biegen oder Brechen.

    (Beifall bei der SPD.)

    Das sage ich übrigens nicht nur an die Adresse der FDP, sondern genauso an gewisse junge Leute in meiner eigenen Partei.
    Es ist schon immer die Gefahr gewesen, die konkret in dieser Deutschland-Debatte wieder virulent wird, daß man in Deutschland politisch sagt: Wo ein Wille ist, ist ein Weg. Die einen möchten durch Lob und Anerkennung die polizeistaatliche Wirklichkeit in der DDR vergessen machen und beiseite schieben. Andere Extreme glauben, dem Shylock aus Shakespeares „Kaufmann von Venedig" gleich, durch endlose Wiederholung von moralischen Ansprüchen und Bestehen auf Papieren die Lage zu verändern. Weder der eine noch der andere verändert das wirkliche Geflecht der Interessengegensätze. Beides sind nur Spielarten des gleichen Typs, dessen Engagement, das hier nicht bezweifelt wird, im umgekehrten Verhältnis zu seiner Fähigkeit zum abwägenden politischen Urteil über das, was möglich ist, steht.
    Was sind denn die tatsächlichen Möglichkeiten? Herr Scheel sagt: Man muß mit der DDR verhandeln. Das sagt auch der Bundeskanzler — das schreibt er sogar in Briefen an den Ministerrat in der DDR —, das sagen die Sozialdemokraten, das sagen die Christdemokraten, das haben wir alle gesagt. Die DDR hat sich sogar nach 10 Monaten durch einen Beschluß ihres Parlaments darauf eingelassen und gesagt: Jawohl, wir erteilen eine Vollmacht an den Ministerrat; er soll verhandeln. Er tut es aber nicht. Da sagt Herr Scheel: Gut, das ist jetzt beinahe ein Jahr her, da müssen wir ein neues Angebot machen. Ich bin im Grunde nicht dagegen, daß wir immer wieder zeigen, daß es uns mit dem Verhandlungsangebot ernst ist. Ich bin dafür, daß wir in der Frage, wie man ein geregeltes Auskommen miteinander oder — wie Wehner immer sagt — wie man einen
    modus vivendi mit der DDR zustande bringt, die Initiative behalten, daß wir uns weder in die Resignation noch in die Defensive ,drängen lassen. Ich habe im Grunde nichts 'dagegen, wenn dies die Absicht ist, auch nichts gegen die Absicht, die Ihrem heutigen Auftreten zugrunde liegt.
    Wir wollen uns auch darüber nichts vormachen: Wenn hier ein Urheberrechtsstreit ausbräche, welcher Gedanke woher stammt und was bei der Regierung abgeschrieben ist und was bei der Christlich-Demokratischen Union und was bei der Sozialdemokratischen Partei und was von der FDP selbst stammt — ich meine, Sie sind ja auch nicht die einzigen, die solche Entwürfe gemacht haben; Sie wissen ja auch, daß andere solche Entwürfe gemacht haben —

    (Abg. Scheel: Wir nehmen kein Copyright in Anspruch!)

    — Gut, wir wollen den Streit um Prioritäten hier nicht anfangen.
    Wir haben es im Augenblick nicht für opportun gehalten — andere auch nicht —, mit solch einem vollständigen Kompendium aufzukreuzen. Gleichwohl wird sich von uns im Grunde keiner dagegen wehren, wenn das das eigentliche Moment dessen ist, was Sie uns ins Bewußtsein träufeln wollen. Keiner wird sich dagegen wehren, wenn Sie sagen: Der Westen, die Bundesrepublik, Bonn muß hier aber initiativ bleiben, muß zeigen, daß es nach wie vor unser Wille ist, zu verhandeln. Da sind wir einig.

    (Abg. Scheel: Das war mein letzter Satz! — Weitere Zurufe von der FDP: Da sind wir schon einen Schritt weiter!)

    Der Zwischenruf, der da eben gemacht wurde, dann seien wir schon einen Schritt weiter, war nicht korrekt; denn das wissen Sie von 'der Sozialdemokratischen Partei und von mir seit vielen Jahren. Wir sahen das so, noch bevor ihr auf den Trichter kamt, meine Herren von der FDP.

    (Beifall bei der SPD.)

    Darum geht es hier aber nicht. Mir geht es bei der Auseinandersetzung mit euch von der FDP darum, daß ich Angst habe, daß ihr plötzlich auf die Ebene geratet, wo man Positionen fallenläßt, wo Positionen auf die schiefe Ebene gesetzt werden.
    Während Herr Scheel noch einmal auf .die beiden Entschließungen zurückgriff, die der Bundestag am 26. September 1968 vorgelegt bekam, habe ich sie mir noch einmal kommen lassen: Entschließungen, einmal vorgelegt von den Fraktionen der CDU/CSU und der SPD gemeinsam 15 Punkten, zum anderen vorgelegt von der FDP-Fraktion. Die Entschließungen stimmten bekanntlich in 14 Punkten überein; in einem Punkte differierten sie voneinander. Nun kommt aber ein Punkt, Herr Scheel, in dem sie übereinstimmten und den ich einmal zitieren will. In Ihrer Entschließung wie in der von Herrin Barzel und mir unterschriebenen steht gleicherweise der Punkt 8: „Der Deutsche Bundestag hält fest am Viermächtestatus ganz Berlins ...". Dann wird über Berlin gehandelt.



    Schmidt (Hamburg)

    Wenn ich nun Ihren Vertragsentwurf ansehe, dann handeln Sie bloß noch von West-Berlin

    (Abg. Scheel: Art. 6!)

    — Ja, den habe ich vor mir.

    (Abg. Scheel: Dann lesen Sie mal vor!)

    — Ich kann ihn nicht ganz vorlesen, aber zeigen Sie mir die Stelle!

    (Abg. Scheel: Erster Satz! — Weitere Zurufe von der FDP.)

    — Ich habe ihn vor mir: „Ausgehend von den Abmachungen der Vier Mächte über Berlin"

    (Abg. Scheel: Ja, Berlin!)

    — einen Augenblick! — „stellen beide Seiten fest, daß die Vereinigten Staaten von Amerika, das Vereinigte Königreich von Großbritannien und Nordirland sowie die Französische Republik in ihren Sektoren in Berlin (West) die oberste Gewalt innehaben".

    (Abg. Scheel: Das ist genau das, was die Bundesregierung tut! — Weitere Zurufe von der FDP.)

    — Dann geht es die ganze Zeit weiter über „West-Berlin".

    (Erneuter Zuruf des Abg. Scheel.)

    — Ich werfe Ihnen das doch nicht vor!

    (Abg. Scheel: Da folgt der entscheidende Satz!)

    — Moment, ich werfe Ihnen ja auch nicht vor, daß Sie leichtfertig wären. Ich werfe Ihnen nichts vor. Nur möchte ich Sie angesichts dieses Art. 6 — der uns am nachdenklichsten gemacht hat, weil er am umfangreichsten ist und mit vielen Worten in Wirklichkeit das Problem doch nicht löst — bitten, doch einmal zu überlegen, ob hier nicht die Gefahr besteht, daß man in dem Wunsche, etwas Neues zu machen und dabei auch neu auszusehen, einen Fehler macht, indem man Positionen, wie ich das nenne, ins Rutschen geraten läßt, die man im Grunde selber auf jeden Fall halten will; siehe Entschließung vom September.

    (Abg. Scheel: Das haben wir auch nicht getan!)

    Ich bin weit davon entfernt — innerlich, denke ich, weit davon entfernt —, in die Gefahr zu geraten, daß man sich hier gegenseitig moralische Vorwürfe macht. Insofern war die Debatte gut angefangen. Jeder hat versucht, offen seine Erwägungen auszubreiten. Das sollte auch in Zukunft möglich sein. Es sollte auch möglich sein ohne gleichzeitigen Appell an Emotionen hier in diesem Hause oder auch draußen. — Das war nicht an Ihre Adresse, Herr Scheel.
    Die FDP ist ja auch nicht der einzige, der meint, Neues sagen zu sollen, was man dann mit einigen Bedenken hört oder liest, ob nicht aus dem Wunsche heraus, etwas Neues zu machen, vielleicht eine Position gefährdet wird, die man eigentlich gemeinsam halten möchte. Ich habe hier ein Buch von jemand anderem vor mir liegen; der schreibt in
    dieser Zeit, wir sollten bereit sein, die deutschen Forderungen auf der Basis staatlicher Souveränität fallenzulassen und unsere nationalen Anliegen in die Mitgliedschaft einer europäischen Föderation einzubringen. Das ist — Sie haben erraten, wo es herkommt — sicherlich auch nicht jedes Kollegen Meinung hier. Es ist die Meinung von Franz Josef Strauß. Aber es ist gut, daß inzwischen überall so etwas in Deutschland offen geschrieben und debattiert werden kann, ohne daß man sich dem Vorwurf aussetzt, moralische Positionen zu gefährden. Das ist gut, das sollte auch nicht wieder in Frage gestellt werden, daran sollten sich alle halten. Herr Scheel, darf ich einmal in Fußnote sagen: das ist ja eines der positiven Ergebnisse von zweieinhalb Jahren Großer Koalition, daß hier inzwischen im Verhältnis von drei Polen jedenfalls die Vernünftigen so miteinander reden können, ohne daß einer den anderen verteufeln muß. Das laute Denken ist also nicht nur erlaubt, meine ich, sondern sogar erwünscht. Aber man soll dabei sich selber darauf hin kontrollieren, daß man nicht beim lauten Denken sich und andere über das, was vielleicht möglich sei, täuscht.
    Ganz wesentlich hängt das Verhältnis der beiden deutschen Teile zueinander und die Möglichkeit, da auf einem schmäleren oder einem breiteren Gebiet etwas auszuhandeln, von der Antwort auf die Fragen ab: Wie wird das zukünftige Verhältnis von Sowjetunion und Vereinigten Staaten von Amerika, was wird mit den Gesprächen über den Mittleren Osten, über die Begrenzung strategischer Waffen, über Vietnam, über europäische Sicherheit? Die Sowjets beschimpfen uns — anders kann man die Rede von Abrassimow kaum qualifizieren —, daß wir auf ihren Appell von Budapest nicht eingegangen seien. Bisher haben sie, soweit ich sehe, das gar nicht in den diplomatischen Verkehr eingeführt, was sie dort rein propagandistisch in die Welt gesetzt haben. Es ist auch nicht konkretisiert. Aber von all diesen Dingen, von der Frage, wieweit sich das konkretisiert, auch im Verhältnis von Sowjetrußland und Amerika, hängt ab, ob die Möglichkeiten wieder besser werden, ob die Chancen wieder größer werden. Das ist viel wichtiger als die Frage, ob wir ein bißchen mehr oder ein bißchen weniger Semantik in unsere Sprache hineinlegen oder aus der Sprache des anderen herauslesen.
    Dies war, wie ich zugebe, Herr Scheel, und wie ich auch dem Bundeskanzler gegenüber zugebe, keine konzipierte Rede; ich habe mich nur zu ein paar Anmerkungen veranlaßt gesehen durch ein paar Beobachtungen, die ich während der Debatte gemacht habe. Ich finde, man sollte im Verhältnis zueinander in solchen Debatten ganz bewußt und absichtlich Reizworte vermeiden, die im Grunde nur den Zweck haben, den anderen zu provozieren. Das gilt für mehrere, die heute morgen gesprochen haben. Man sollte auch Worte vermeiden, die außerhalb unseres Landes verschieden aufgefaßt werden können. Man soll versuchen, so wenig wie möglich Weltanschauung in diesen Debatten zu haben, so wenig wie möglich Rechthaberei — —

    (Abg. Dr. Hammans: Das gilt auch für Parteitage!)




    Schmidt (Hamburg)

    — Werfen Sie mir das vor?

    (Abg. Dr. Hammans: Nur so!)

    — Ich höre mir das gern an. Was haben Sie mir vorzuwerfen? Hören Sie mal, so wie ich mich zurückgehalten habe!

    (Heiterkeit und Beifall bei der SPD. — Zurufe von der Mitte.)

    — Das ist wirklich wahr; das hat mir schon Vorwürfe eingebracht.

    (Zuruf von der FDP: Bei Ihren Möglichkeiten?!)

    Darf ich zum Schluß kommen. Ich war schon beim letzten Satz: So wenig wie möglich Rechthaberei und so viel wie möglich Einfühlungsvermögen in die Positionen der anderen, und die Positionen der anderen sind nicht nur die der DDR, keineswegs. Da sind viele andere mit zu bedenken. Dazu gehört schließlich auch das Einfühlungsvermögen in die Positionen der anderen hier in diesem Hause. Die FDP wäre, glaube ich, gut beraten, wenn sie irgendwann im Laufe dieser Debatte noch einmal deutlich sagte, Herr Scheel, daß auch sie der Meinung ist, daß jedenfalls nach den Ereignissen der letzten acht, neun, zehn Monate dies nicht ein Zeitpunkt ist, der als so besonders günstig angesehen werden muß, wie es hier ein bißchen herausklang, nicht der Zeitpunkt ist, zu dem dringend etwas geschehen müßte, weil sonst die Chance versäumt würde, die auf dem Tische läge. Wenn Sie diesen Eindruck bitte noch korrigieren wollten, täten Sie sich und dem Gefühl, daß wir ehrlich miteinander handelten, einen guten Gefallen.

    (Beifall bei der SPD.)