Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zwei Kriterien müssen im Mittelpunkt einer bundeseinheitlichen Verbrechensbekämpfung berücksichtigt werden. Erstens ist es notwendig, ein einsatzfähiges, umfassend weisungsbefugtes Bundeskriminalamt aufzubauen und die Bundeskompetenz dafür zu schaffen. Zweitens ist es notwendig, eine weitgehende Entlastung der örtlichen Polizei, insbesondere der Kriminalpolizeibediensteten, von Bagatelldelikten zu erreichen, um dadurch eine verstärkte vorbeugende Verbrechensbekämpfung insgesamt zu erreichen.
Wir Freien Demokraten fordern daher den Bundesinnenminister auf, er möge versuchen, so schnell wie möglich seinen ganzen Einsatz dahin zu lenken, auf diesem Gebiet eine Bundeskompetenz grundgesetzlich vorbereiten zu helfen, die eine zentrale Verbrechensbekämpfung mit allen modernen Mitteln und auf Grund der heutigen Erkenntnisse der Kriminologie ermöglicht.
Ich darf an dieser Stelle die Frage wiederholen, die mein Parteifreund Dr. Reinhold Maier, der frühere baden-württembergische Ministerpräsident, dem früheren Bundesinnenminister Lücke gestellt hat: „Was haben Sie für die Sicherheit der Bürger, für die Sie als Innenminister verantwortlich sind, und für eine bundeseinheitliche Verbrechensbekämpfung getan?" — Der damalige Innenminister hat sich mit Unzuständigkeiten entschuldigt. Diese Ausrede glaubt die Bundesregierung aber offenbar heute selber nicht mehr aufrechterhalten zu können. Denn immerhin hat der Bundeskanzler in seinem Bericht über die Lage der Nation im geteilten Deutschland am 11. März 1968 wörtlich erklärt:
Der Föderalismus steht, darüber soll sich niemand täuschen, vor einer ... Bewährungsprobe. Wir alle müssen wissen, wenn wir auf irgendeinem Gebiet versagen, daß die Geschichte niemandem ... die Entschuldigung abnehmen wird, ihm habe die Kompetenz gefehlt.
Auf dem Gebiet der Verbrechensbekämpfung liegt ohne Zweifel in vielen Bereichen auch ein politisches Versagen vor. Dabei gehe ich davon aus, daß den Kriminalbeamten kein Vorwurf daraus gemacht werden kann. Denn zu der ungenügenden personellen und materiellen Ausstattung der Kriminalpolizei kommen eine mangelhafte Gesamtorganisation und ein äußerst schwerfälliger Instanzenweg. Daher haben wir in der Vergangenheit oft genug erlebt, daß die Kriminalpolizei in vielen Dingen aus rein verfahrensrechtlichen Gründen nicht in der Lage war, die bestmögliche Leistung zu erbringen.
Hinzu kommt, daß die einzelnen Bundesländer ihre Polizeihoheit auch noch unterschiedlich ausüben und in den Ländern selbst teilweise staatliche und kommunale Polizeibehörden nebeneinander arbeiten.
Ich will gar nicht bestreiten, daß sich die Dienststellen die größte Mühe um eine gute Zusammenarbeit geben. Damit können aber der Zuständigkeitswirrwarr und die fehlenden Kompetenzen nicht überbrückt werden.
Während sich die Verbrecher der modernsten technischen Methoden bedienen und außerdem ohne Visum und Grenzkontrolle durch halb Europa reisen können, muß die Kriminalpolizei, sobald die Spuren über die eigenen Zuständigkeitsgrenzen — seien sie kommunal- oder landespolitisch bedingt — hinausgehen, entsprechende Genehmigungen einholen, um einen Fall weiterverfolgen zu dürfen. Es gab in den letzten Jahren eine Fülle von Einzelbeispielen dafür, daß sich allein durch diesen Zuständigkeitswirrwarr manche Verbrecher monatelang zwischen den Grenzen bewegen konnten und weitere Delikte ausübten. Wenn sich unser Staat und unsere Politik auf die Wohlstandskriminalität noch nicht eingestellt haben, so wäre es unfair, der Kriminalpolizei in der Bundesrepublik daraus einen Vorwurf zu machen. Wir müssen erkennen, daß die Aufklärungsquote von Verbrechen ständig zurückgegangen ist: 1963 waren es noch 55,5 Prozent, 1966 sind es nur noch 53 Prozent.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, es kommt jetzt darauf an, darauf zu dringen, eine Lösung zu finden und die Verfolgung vergleichsweise kleiner Delikte wie falsches Parken, Geschwindigkeitsüberschreiten und dergleichen dem zentralen Einsatz der vorbeugenden Verbrechensbekämpfung unterzuordnen. Ich bin daher der Meinung, daß es dringend erforderlich ist, die Kriminalpolizei von der Verfolgung von Bagatelldelikten zu entlasten. Es ist deshalb auch erforderlich, daß sich die Behörden in erster Linie auf die wesentlichen Aufgaben ihrer Tätigkeit konzentrieren können. Es sollte daher eine Novellierung des Bundeskriminalamtgesetzes vom 8. März 1961 erfolgen, um auf diese Weise ebenfalls eine Verbesserung der Verbrechensbekämpfung zu erreichen.
Die Bundestagsfraktion der Freien Demokraten hat den Antrag, über den wir heute diskutieren, im Oktober 1968 eingebracht. Die Bundesregierung wird auch in dem Bericht des Kollegen Hübner aufgefordert, entsprechende Maßnahmen zu ergreifen. — Ich darf dem Kollegen Hübner an dieser Stelle ein persönliches Wort sagen. Herr Hübner, wir freuen uns darüber, daß Sie das Amt des Polizeipräsidenten von Berlin angenommen haben. Wir wünschen Ihnen für dieses Amt Erfolg; denn Sie können diesen Erfolg im Interesse der Bürger dieser Stadt dringend brauchen.
Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 206. Sitzung. Bonn, Freitag, den 13. Dezember 1968 11165
Dorn
Auf der anderen Seite bedauern wir, einen so fachkundigen Kollegen im Innenausschuß zu verlieren. Aber ich glaube, Sie selbst werden am besten wissen, warum Sie sich für die Annahme dieses Amtes entschieden haben.
Meine Damen und Herren, die Bundesregierung soll also auch nach dem Entwurf des Berichterstatters, des Kollegen Hübner, aufgefordert werden, einen Gesetzentwurf zur bundeseinheitlichen Verbrechensbekämpfung vorzulegen. Die Kriterien, die in dem Gesetzentwurf, der später erstellt werden muß, nach unserer Auffassung berücksichtigt werden sollten —
— Ich habe das leider akustisch nicht verstanden, Herr Kollege Moersch.
Die Sicherstellung einer zentralen und wirkungsvollen Fahndung nach Personen, die einer Straftat verdächtig sind, ist der Punkt 1 unseres Antrags. Hier muß man, glaube ich, doch erkennen, daß uns die Erfahrungen, die in anderen Staaten, z. B. in den Vereinigten Staaten von Amerika, gesammelt worden sind, eine Fülle von Anregungen geben. Wir können durchaus noch vieles zu den Einzelproblemen lernen, nicht nur was den Einsatz von Computern, sondern auch was die Frage eines Ausbaus des Polizeibildfunknetzes und ähnliche Dinge mehr angeht.
Daß das erfolgreicher sein kann als das bisherige Verfahren der kriminalpolizeilichen Arbeit, hat sich doch auch in einem Punkt sehr deutlich gezeigt. Wenn wir uns einmal die Erfahrungen mit der Fernsehsendung „Aktenzeichen: XY ... ungelöst" ansehen, müssen wir doch feststellen, daß der Erfolg auf Grund besserer Information der Öffentlichkeit sowie durch den Appell an die Öffentlichkeit, sich in besonderem Maße für die Regelung bestimmter Fragen einzusetzen, eigentlich für eine solche Aktion gesprochen hat. Ich will nicht verkennen, daß durch die Aufrufe eine Fülle von Mehrarbeit auf die einzelnen Polizeidienststellen zugekommen ist. Aber es ist auch festzustellen, daß Verbrecher, die immerhin monatelang, zum Teil jahrelang, gesucht wurden, durch eine solche Aktion dingfest gemacht werden konnten.
Das zweite Problem, das wir in unserem Antrag anschneiden, ist, eine rationelle und optimal koordinierte Ermittlungstätigkeit aller im Bereich der Verbrechensbekämpfung tätigen Behörden zu erreichen. Hier werden wir nicht an der Feststellung vorbeikommen, daß sich die föderalistischen Prinzipien, die in unserem Staat auch ihre Vorteile haben können, auf diesem Sektor in der Vergangenheit eindeutig als Hemmschuh erwiesen haben. Wir werden die gesetzlichen Bestimmungen so ändern müssen, daß wir die Möglichkeit zu einer wirklich durchgehenden Verbrechensbekämpfung und Verbrecherverfolgung über die Landesgrenzen unseres Bundesstaates hinweg erhalten, damit nicht der Fahrer eines Polizeieinsatzwagens an der Grenze von
Rheinland-Pfalz die Verfolgung einstellt, weil seine Zuständigkeit hier aufhört.
— Sehr verehrter Herr Kollege, viele Absichten sind bisher geäußert worden, aber leider sind bisher nur wenige Schritte unternommen worden, um zu einer effektiveren Verfolgung dieser Dinge zu kommen. Sonst würden wir uns heute nicht so ausführlich mit diesem Thema befassen müssen.
Ich glaube, auch der dritte Punkt unseres Antrags muß in diesem Zusammenhang positiv bewertet werden: die Versorgung der Strafverfolgungsorgane mit allen zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben erforderlichen wissenschaftlichen und technischen Einrichtungen, welche Sicherheit, Schnelligkeit und Erfolg ihrer Arbeit gewährleisten und zur Auswertung der so gewonnenen Ergebnisse notwendig sind. Der Aufbau einer Kriminaldatenbank, die Frage einer zentralen Verbrechens- und Verbrecherkartei und ähnliche Dinge werden ja schon seit Monaten, eigentlich schon seit fast drei Jahren in der Bundesrepublik in einzelnen Ländern mit unterschiedlichem Engagement diskutiert. Der Aufbau nimmt eine gewisse Zeit in Anspruch — das wollen wir gar nicht bestreiten —, nur ist nach unserer Meinung bisher zu wenig getan worden, um diesen Aufbau so voranzutreiben, wie es den . Erfordernissen nach notwendig gewesen wäre.
— Natürlich muß man mehr Geld hineinstecken; da bin ich mit Ihnen einer Meinung. Wir meinen, daß diese Geldanlage in höchstem Maße investitionsintensiv ist, im Gegensatz zu anderen Maßnahmen, die man bisher ergriffen hat 'und die ohne Zweifel nicht den gewünschten Erfolg gehabt haben. Deswegen muß man hier eben zu neuen Überlegungen
bereit sein und neue Initiativen ergreifen.
Meine Damen und Herren, wir sollten an dieser Stelle auch ein Wort zu den Problemen der Polizei, die in vielen Fällen in der Diskussion aufgetaucht sind, vortragen, z. B. auch zu der Frage der Auseinandersetzung um die Bewaffnung der Polizei. Wir haben uns in diesem Hause ja mehrfach über die Frage des Kombattantenstatus unterhalten. Wenn wir die Diskussionen und die Ergebnisse der Innenministerkonferenz der Länder in den letzten Jahren verfolgen, sehen wir doch deutlich, daß es zu diesem Thema in den einzelnen Ländern, nicht nur in der parteipolitischen Beurteilung der Innenminister, die zuständig sind, sondern auch in den Kabinetten der einzelnen Länder, sehr unterschiedliche Auffassungen gibt.
Ich will hier nicht näher auf die einzelnen Vorschläge eingehen. Der Hamburger Innensenator Ruhnau auf der einen Seite hat bei dem Hearing in bezug auf die Frage des Einsatzes der Bundeswehr im Fall des inneren Notstandes vorgetragen, daß die Begrenzung des Polizeiwaffeneinsatzes in Hamburg an besondere Bestimmungen und Entscheidungen gebunden ist. In anderen Ländern — ich erinnere an das, was der rheinland-pfälzische Innen-
11166 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 206. Sitzung. Bonn, Freitag, den 13. Dezember 1968
Dorn
minister oder der schleswig-holsteinische Innenminister vorgetragen haben — werden die Bestimmungen über den Einsatz der Waffen weit extensiver ausgelegt, als Herr Senator Ruhnau das tat. Ich glaube, wir müssen ganz nüchtern erkennen, daß sich aus den von den Regierungsparteien im Rahmen der Notstandsgesetzgebung beschlossenen besonderen Maßnahmen, nach denen in Zeiten des Notstandes auch die Bundeswehr im Inneren eingesetzt werden kann, logischerweise auch Konsequenzen für den Einsatz der Polizei mit größeren Waffen als den Schußwaffen, die ihr jetzt zur Verfügung stehen, ergeben. Wir meinen, daß die Ausbildung der Polizei an Granatwerfern und auch die Übungen mit scharfen Handgranaten auf den Truppenübungsplätzen in Zukunft nicht mehr Bestandteil des Ausbildungsprogramms der Polizei sein sollten. Wir meinen, daß die Polizeiausbildung sich mehr auf die tatsächliche Verbrechensbekämpfung in unserem Staate konzentrieren sollte. Ich glaube, daß diese Diskussion hier für die Zukunft anders verlaufen wird, als das bisher der Fall geweseen ist.
Es mag dem einen oder anderen, gemessen an den schwierigen Problemen, die bei der Verbrechensbekämpfung insgesamt anstehen, etwas kleinlich klingen, wenn ich Ihnen jetzt zwei Dinge vortrage, die vielleicht in der Auswirkung im einzelnen nicht so hoch bewertet werden, die aber nach meiner Auffassung für den polizeilichen Einsatz und für die Zurverfügungstellung von mehr Polizeibeamten zur Verbrechensbekämpfung eine ganz entscheidende Bedeutung haben.
Ich bin der Meinung, daß die Aufgaben, die Polizeibeamte heute zu einem großen Teil noch ausführen, einfach nicht mehr mit ihrem Einsatz zur Verbrechensbekämpfung vereinbart werden können. Tausende von Polizeibeamten müssen täglich mit ihrem „Zehn-Finger-Such-System" auf der Schreibmaschine tippen, um Berichte zusammenzustellen, um bei den Vernehmungen irgendwelche Dinge in stundenlangen Versuchen, der Schreibmaschinenbedienung Herr zu werden, zu Papier zu bringen, obwohl diese Schreibarbeit von einer Stenotypistin in wenigen Minuten erstellt werden könnte. Das beweist eigentlich schon, daß die innere Ordnung und Organisation der Polizei auch dringend reformbedürftig ist.
— Herr Kollege, ich bin nicht der Meinung, daß das eine Frage der Ausbildung der Polizeibeamten ist, sondern ich bin vielmehr der Meinung, daß das nicht zur Aufgabe der Polizei im Rahmen der Verbrechensbekämpfung gehört, sondern daß es viel besser wäre, die Polizeibeamten davon ganz freizumachen. Verwaltungsbeamte und Sekretärinnen sollten der Polizei diese Dinge abnehmen, um die Polizeibeamten zum Einsatz für die wirkliche Verbrechensbekämpfung freizubekommen.
Das ist das eine Problem.
Das zweite Problem gehört in den Bereich der Entscheidungen dieses Hauses in den letzten Tagen — ich denke da an das Ordnungsbehördengesetz —, wonach die Bewältigung von Ordnungsstrafen z. B. den Ordnungsbehörden übertragen werden sollte. Der nordrhein-westfälische Innenminister Willi Weyer hat dazu in den letzten Tagen eine Reihe von Anregungen gegeben. Hier könnte einiges geschehen, um wirklich polizeiintensivere Maßnahmen durchzuführen.
In engem Zusammenhang damit steht natürlich die Stellung des Polizeibeamten in unserer Gesellschaft überhaupt. Hier muß vermerkt werden, daß dazu einiges zu ändern ist, von beiden Seiten: von der Öffentlichkeit auf der einen Seite und von der Polizei — und damit von der Ausbildung des polizeilichen Nachwuchses — auf der anderen Seite. Ich bin nicht sicher, ob die lange Ausbildungszeit bei der Bereitschaftspolizei heute noch erforderlich ist. Ich bin vielmehr der Meinung, daß es besser wäre, eine konzentriertere Ausbildung der Polizeibeamten durchzuführen und sie eher aus dem kasernierten Bereich der Bereitschaftspolizei herauszubekommen und in ihre polizeiliche Arbeit hineinzustellen.
In engem Zusammenhang damit steht natürlich auch die Frage, die in dieser Woche in diesem Hause von der Mehrheit entschieden worden ist, nämlich wie zukünftig durch besoldungspolitische Maßnahmen im Rahmen des Art. 75 des Grundgesetzes — diese Entscheidung haben Sie in Beratung der Finanzreform getroffen — .eine Verbesserung der Polizeibesoldung in den einzelnen Ländern überhaupt noch denkbar ist. Wir befürchten, daß als Auswirkung dieser Entscheidung, die Sie zu diesem Zeitpunkt getroffen haben, ohne daß das neue Besoldungsgesetz bereits in diesem Hause vorliegt oder zur Sachberatung ansteht, eine Nivellierung der zukünftigen Nachwuchsförderung erfolgen wird.
Lassen Sie mich zum Abschluß noch wenige Worte zum Verhältnis der Polizei und der Öffentlichkeit zueinander sagen. In den letzten Monaten ist es in steigendem Maße dazu gekommen, daß Polizeibeamte in tätliche Auseinandersetzungen vor allen Dingen mit Angehörigen der jungen Generation eingetreten sind. Hier bedarf es ganz besonders der Ausbildung der Polizeibeamten im psychologischen Bereich. Das Verhältnis zwischen der Polizei und der jungen Generation sollte so gestaltet werden, daß beide Seiten Verständnis füreinander aufbringen. Ich gestehe sehr freimütig, daß an dieser Stelle der richtige Adressat nicht der Polizeihauptwachtmeister oder auch der Polizeiobermeister an der Straßenecke ist, auch nicht der Polizeirat oder Kriminalrat, der diese Einsätze leitet, sondern daß der Adressat auf der einen Seite der Politiker ist, der mit seiner Möglichkeit der Einwirkung auf die Öffentlichkeit, mit seiner Möglichkeit, auch mit jungen Menschen in unserem Staate zu diskutieren, mit dazu beitragen muß, diese jungen Menschen davon zu überzeugen, daß der Polizeibeamte im Interesse der Gesamtheit unseres Volkes dort seine Pflicht zu erfüllen hat, wo die Interessen der Gesamtheit unseres Volkes berührt, wo sie bedroht
Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 206. Sitzung. Bonn, Freitag, den 13. Dezember 1968 11167
Dorn
werden können. Daß aber auch die Frage des verhältnismäßigen Einsatzes der Mittel von dem Polizeibeamten richtig erkannt werden muß, das ist die andere Seite dieser Medaille.
Wir müssen alle miteinander daran arbeiten, daß hier das richtige Verständnis gefunden wird und daß den jungen Menschen — lassen Sie mich das hier in aller Deutlichkeit sagen —, die glauben, die Auseinandersetzung in diesem Staat so führen zu können, daß sie die Argumente durch Gewalt ersetzen, klargemacht wird, daß sie sich dann nachher auch nicht beschweren dürfen, wenn diese Gewalt niedergeschlagen wird, sondern daß auch ihnen hier das Interesse der Gesamtheit unseres Staates die Grenze setzt, nicht mit Gewalt zu operieren, weder gegen den anderen Teil, der anderer Auffassung in der Sache ist, noch gegen den Polizeibeamten, weil eine parlamentarische Demokratie, der wir alle als Politiker, als Bürger und als Polizeibeamte genauso verpflichtet sind wie die jungen Menschen in diesem Staate, nur leben kann, wenn die Diskussion an erster Stelle steht und jede gewalttätige Auseinandersetzung unterlassen wird.
Das, meine Damen und Herren, wollte ich zum Abschluß noch sagen, um die Polizeibeamten auch gegenüber denen in Schutz zu nehmen, die glauben, die Polizeibeamten seien als Erfüllungsgehilfen und Büttel des sogenannten Establishments daran interessiert, diese Auseinandersetzung hart zu führen, und ihnen zu sagen, daß dies auf beiden Seiten nicht Grundlage der Auseinandersetzung sein kann. Recht und Gerechtigkeit in diesem Staate müssen von allen verteidigt werden. Der Polizeibeamte ist hier in besonderem Maße betroffen; er ist aber auch in besonderem Maße aufgerufen, seinen Dienst so zu tun, daß er im Interesse der Allgemeinheit unseres Volkes akzeptiert werden kann.