Rede von
Kurt
Jung
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FDP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Sie haben vorhin gefehlt, Herr Kollege Klepsch, sonst hätten Sie gehört, daß Herr Kollege Schultz schon erklärt hat, daß wir bereits 1964 in der Regierungsmitverantwortung diese unsere Forderung klar und deutlich hier vorgetragen haben, aber auch schon in den Jahren zuvor.
Ich bin der Meinung, daß noch nicht einmal die kleinen atomaren Gefechtsfeldwaffen einsetzbar sind, und ich glaube, diese Meinung teilen auch die Journalisten, die in Kreta das Schießen mitgemacht haben.
Wir meinen, daß statt dessen die konventionelle Feuerkraft zu stärken ist, daß Flächenfeuer- und Streuwaffen weiterzuentwickeln sind, um unsere Verteidigung glaubhaft zu machen. Dazu brauchen wir eben tiefgestaffelte Panzer- und Fliegerabwehr. Wir stellen fest, daß unsere Vorstellungen mehr und mehr Eingang in NATO-Konzepte finden, z. B. auch in der Frage der Nutzung des Reservistenpotentials. Auch in der NATO ist man neuerdings dieser Meinung. Vorher gab es ja nur die assignierten Verbände. Bezüglich der Stärkung der konventionellen Kraft der Luftwaffe — und im Gegensatz zu Herrn Kollegen Lenze; wir führen ja auch Gespräche mit Kollegen anderer Nationen — bin ich der Meinung, daß das auch hinreicht bis zur Arbeitsteilung.
Wir, die Bundesrepublik, haben innerhalb der NATO natürlich auf unsere besondere militärische und geographische Lage im Bündnis Rücksicht zu nehmen und das dieser besonderen Lage Angemessene und Notwendige zügig und zielbewußt zu tun. Dies muß natürlich von uns, von den Vertretern der Bundesrepublik, auch innerhalb der NATO entschieden vertreten werden.
Heute hat Herr Staatssekretär Adorno in den „Informationen für die Truppe" mitgeteilt, daß die Amerikaner befriedigt seien über unsere Rüstungsanstrengungen, sprich: Wohlverhalten in der Frage der Waffenkäufe als Funktion des Devisenausgleichs. Nach meiner Meinung kommt es weniger darauf an, daß andere sich befriedigt zeigen; es muß vielmehr darauf ankommen, daß unsere Soldaten, unsere Bevölkerung und wir, dieses Parlament, davon überzeugt sind, daß die Mittel, die wir für die Rüstung ausgeben, so wirksam wie möglich und optimal effektiv in vernünftigen, robusten und unserer militärisch-geographischen Lage entsprechenden Waffensystemen angelegt werden. Waffenkäufe als Funktion des Devisenausgleichs lehnen wir Freien Demokraten mit aller Entschiedenheit ab.
An dieser Stelle darf ich noch einmal unseren Standpunkt zu der Beschaffung, die ja in diesen Tagen die Ausschüsse dieses Hauses passiert hat, darlegen, nachdem Minister Schröder in seiner Regierungserklärung als die erste Maßnahme die
10874 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 201. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 4. Dezember 1968
Jung
Beschaffung der 88 „Phantom" begründet hat. Wir sind der Meinung, daß die Aufklärungslücke und hier handelt es sich ja um die Fernaufklärungslücke — mit dieser Beschaffung durchaus nicht geschlossen, sondern mindestens noch etwa bis zum Jahre 1972 bestehenbleiben wird. Denn der Zulauf dieses Waffensystems wird ja ohnehin erst in zwei Jahren erfolgen können — 23 Monate nach Auftragsbestätigung —, und die Einsatzbereitschaft der Verbände wird ja auch erst anderthalb Jahre nach Zulauf hergestellt sein.
Entschuldigen Sie bitte, Herr Kollege Berkhan, ich habe gesagt, daß diese Verbände erst in anderthalb Jahren mit diesem System einsatzbereit sein werden. Sie haben die gleichen Unterlagen wie ich.
— Schneller und genauso gut? — Herr Kollege Rommerskirchen, hier muß ich Ihnen natürlich sagen, daß nach unserer Meinung diese Aufklärungslücke nicht mit einer Zwischenlösung geschlossen werden sollte, sondern daß man den Schritt nach vorn in eine neue Flugzeuggeneration tun und in Gottes Namen noch anderthalb oder zwei Jahre mit dieser Lücke weiterleben sollte, um dann aber auch mit einem System diese Lücke zu schließen, das uns auf Grund unserer Lage auch in den 70er und 80er Jahren dient, also mit einem Waffensystem, das disloziert werden kann, das auf kleinen Plätzen starten und landen kann. Denn, Herr Kollege Rommerskirchen, das werden Sie mir doch zugeben: Am Schleudersitz baumelnde Piloten — nämlich deswegen, weil man die Waffensysteme entweder nicht in die Luft bringt oder aber, wenn sie in der Luft sind, nicht wieder herunterbringt — bringen uns auch keine ausreichenden Aufklärungsergebnisse zurück.
— Herr Kollege Marx, wir leben doch in einem Bündnis, und ich muß doch Vertrauen in dieses Bündnis haben. Diese Lücke wurde doch bisher auch von Bündnispartnern geschlossen. Diese könnten doch auch noch weitere zwei Jahre diese Lücke schließen, bis wir mit dem Waffensystem da sind, das unserer Lage gerecht ist.
— Herr Kollege Marx, die Zeit wird nicht ausreichen. Es wäre sehr interessant, auf einige Dinge auch aus dem Nahostkonflikt einzugehen, um Ihnen zu beweisen, wie richtig unsere Überlegungen sind.
Nur eines. Auch das Side-Looking-Airborn-Radar, das wir in dieses System hineinbauen wollen, wird
ja nicht früher als in drei bis vier Jahren zur Verfügung stehen.
— Natürlich, Herr Kollege Damm, stimmt es. Lassen Sie sich das doch von den Leuten im Ministerium noch einmal bestätigen. Es wurde uns ja auch im Verteidigungsausschuß gesagt.
Wir, meine Damen und Herren, binden mit diesem Waffensystem, das uns für die 70er Jahre ungeeignet erscheint, nahezu 4 Milliarden DM. Ich wiederhole das, weil Herr Kollege Damm gleich wieder sagt: es sind ja nur 2,05 Milliarden DM. Sie haben aber dabei die 1 3/4 Milliarden DM nicht mit einbezogen, die wir für die Wartung, für die Instandhaltung, für Ersatzteile usw. bei diesem Waffensystem brauchen.
Sie, Herr Kollege Damm, wissen auch, daß wir mit solchen Waffensystemen immer wieder die Mentalitat einkaufen. Wir sehen es doch beim Staufighter, der uns dafür pro Jahr und Stück auch fast 1 Million DM kostet, und bei der Phantom ist es noch entsprechend mehr.
Ich bin also wie Herr Kollege Zimmermann der Meinung, daß die Effektivität nicht mit den Kosten, die hierfür aufgewendet werden, in Einklang steht.
Bitte schön, Herr Kollege Damm!