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    1. tocInhaltsverzeichnis
      Deutscher Bundestag 189. Sitzung Bonn, den 17. Oktober 1968 Inhalt: Amtliche Mitteilung 10187 A Fragestunde (Drucksache V/3350) Fragen des Abg. Felder: Zugsekretariat der Deutschen Bundesbahn Börner, Parlamentarischer Staatssekretär . . . 10187 C, D, 10188 A Felder (SPD) 10187 D, 10188 A Fragen des Abg. Schmitt (Lockweiler) : Kontingente für die große Zone im deutsch-französischen Straßengüterverkehr 10188 A Fragen des Abg. Dr. Hofmann (Mainz) : Ausbau der Bundesstraße 9 Börner, Parlamentarischer Staatssekretär 10188 C, D, 10189 A, B, C, D Dr. Hofmann (Mainz) (CDU/CSU) . 10188 C, D, 10189 A, B, C Dröscher (SPD) 10189 C Frage des Abg. Ramms: Wagen zweiter Klasse für Fernschnellzüge Börner, Parlamentarischer Staatssekretär . . . 10189 D, 10190 A, B Ramms (FDP) 10190 A Mertes (FDP) 10190 B Frage des Abg. Ramms: Abteilung Seeverkehr des Bundesverkehrsministeriums Börner, Parlamentarischer Staatssekretär . . . . . . . . 10190 C Frage des Abg. Ramms: Deutsches Hydrographisches Institut und Deutscher Seewetterdienst Börner, Parlamentarischer Staatssekretär . . . . . . . . 10190 D Frage des Abg. Dr. Enders: Abfahrten am Autobahnabzweiger Fulda-Nord Börner, Parlamentarischer Staatssekretär . . . . . . . . 10191 A Dr. Enders (SPD) 10191 A Frage des Abg. Schmitt-Vockenhausen: Private Kraftfahrzeuge der alliierten Streitkräfte 10191 A Frage des Abg. Schmitt-Vockenhausen: Winterflugplan der Lufthansa . . . . 10191 B Frage des Abg. Dr. Müller-Hermann: Zulassung bezirklicher Ortsmittelpunkte für die Bestimmung der Nahverkehrszone Börner, Parlamentarischer Staatssekretär 10191 C, D Dr. Müller-Hermann (CDU/CSU) . 10191 D II Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 189. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 17. Oktober 1968 Fragen des Abg. Dr. Müller-Hermann: Brillenträger für die Ausbildung zu nautischen Offizieren Börner, Parlamentarischer Staatssekretär . 10192 A, B, C, D, 10193 A Dr. Müller-Hermann (CDU/CSU) . 10192 C, D Könen (Düsseldorf) (SPD) . . . . 10193 A Fragen des Abg. Ott: Studienplätze nach Ableistung der Wehrpflicht Dr. Stoltenberg, Bundesminister 10193 B, C, D, 10194 A, B, C, D, 10195 A, B, C Ott (CDU/CSU) . . . 10193 C, D, 10195 C Dr. Lohmar (SPD) . . . 10194 A, 10195 B Dr. Hofmann (Mainz) (CDU/CSU) . 10194 A, B Moersch (FDP) . . . . . . . . 10194 C Dr. Schulze-Vorberg (CDU/CSU) . . 10194 D Josten (CDU/CSU) 10195 A, B Peters (Poppenbüll) (FDP) . . . 10195 C Fragen des Abg. Moersch: Förderung eines Dampfbrüter-Projektes Dr. Stoltenberg, Bundesminister 10195 D, 10196 A, B, C Moersch (FDP) . . . . . . 10196 A, B, C Frage des Abg. Moersch: ENEA-Studie über Reaktorförderung Dr. Stoltenberg, Bundesminister . . 10196 D Moersch (FDP) . . . . . . . . 10196 D Fragen des Abg. Rollmann: Zahl der Studenten auf deutschen wissenschaftlichen Hochschulen im Vergleich zu EWG-Nachbarländern Dr. Stoltenberg, Bundesminister 10197 A, B, C Rollmann (CDU/CSU) 10197 B Frage des Abg. Rollmann: Schul- und Hochschulwesen — Kulturföderalismus Dr. Stoltenberg, Bundesminister . 10197 C, D, 10198 A, B Rollmann (CDU/CSU) . . . 10197 D, 10198 A Dr. Lohmar (SPD) . . . . . . . 10198 B Frage des Abg. Dr. Marx (Kaiserslautern) : Tieflagerung radioaktiver Rückstände Dr. Stoltenberg, Bundesminister . . 10198 C Fragen des Abg. Dr. Martin: Beteiligung des Bundes an den Kosten für eine Fernsehuniversität Dr. Stoltenberg, Bundesminister . . 10198 D, 10199 A, B Dr. Martin (CDU/CSU) 10199 A Dr. Lohmar (SPD) 10199 A Fragen des Abg. Dorn: Nachrichtenagenturen Diehl, Staatssekretär 10199 C, D, 10200 A, C, D, 10201 A, B, C, 10202 A Dorn (FDP) . . . 10199 C, D, 10201 C, D Moersch (FDP) . 10199 D, 10200 A, 10202 A Frau Dr. Diemer-Nicolaus (FDP) . 10200 C, D Dr. Schulze-Vorberg (CDU/CSU) . . 10200 D Aussprache über die Erklärung der Bundesregierung in Verbindung mit Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1969 (Haushaltsgesetz 1969) (Drucksache V/3330) — Erste Beratung —, mit Beratung der von der Bundesregierung vorgelegten Finanzplanung des Bundes 1968 bis 1972 (Drucksache V/3299), mit Entwurf eines Dritten Gesetzes über das Beteiligungsverhältnis an der Einkommensteuer und der Körperschaftsteuer (Drucksache V/3332) — Erste Beratung — und mit Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Länderfinanzausgleichsgesetzes 1965 (Drucksache V/3333) — Erste Beratung — Windelen (CDU/CSU) 10202 C Hermsdorf (SPD) . . . . 10205 D, 10241 D Dr. Barzel (CDU/CSU) . 10210 B, C, 10211 A 10223 B, 10230 C, 10242 C Schmidt (Hamburg) (SPD) 10210 D, 10211 B, 10220 D, 10221 A, 10225 C, 10245 A Dorn (FDP) 10211 C, 10229 B Dr. Haas (FDP) . . . . . . . 10211 C Dr. Emde (FDP) . . . 10212 D, 10213 A Mischnick (FDP) . . . 10217 B, 10223 B Matthöfer (SPD) 10224 B Genscher (FDP) 10233 C Dr. Schiller, Bundesminister . . . 10235 A Dr. Emde (FDP) 10241 B Dr. Haase (Kassel) (CDU/CSU) . . 10248 A Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 189. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 17. Oktober 1968 III Dr. Althammer (CDU/CSU) 10248 D, 10255 D Peters (Poppenbüll) (FDP) . . . 10251 A, B Dr. Apel (SPD) . . . . . . . . 10253 D Moersch (FDP) . . . . . . . . 10255 C Dr. Staratzke (FDP) 10256 B Illerhaus (CDU/CSU) 10258 D Frau Klee (CDU/CSU) 10262 B Entwurf eines Elften Gesetzes über die Anpassung der Renten aus den gesetzlichen Rentenversicherungen sowie über die Anpassung der Geldleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung (Elftes Rentenanpassungsgesetz — 11. RAG) (Drucksache V/ 3335) — Erste Beratung — in Verbindung mit Beratung des Berichts der Bundesregierung über die Entwicklung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und der Produktivität sowie die Veränderungen des Volkseinkommens je Erwerbstätigen und über die Finanzlage der gesetzlichen Rentenversicherungen (Sozialbericht 1968) sowie das Gutachten des Sozialbeirats über die Rentenanpassung (als Anlage zu dem Sozialbericht 1968) (Drucksache V/3256) Dr. Schellenberg (SPD) . . . . . . 10263 A Nächste Sitzung . . . . . . . . . 10263 C Anlagen Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten . . 10265 A Anlage 2 Schriftliche Erklärung des Abg. Dr. Wuermeling zu Punkt 5 a und b der Tagesordnung 10265 D Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 189. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 17. Oktober 1968 10187 189. Sitzung Bonn, den 17. Oktober 1968 Stenographischer Bericht Beginn: 9.04 Uhr
    2. folderAnlagen
      Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordneter) beurlaubt bis einschließlich Beurlaubungen Dr. Achenbach 18. 10. Dr. Aigner ** 18. 10. Dr. Arndt (Berlin/Köln) 18. 10. Bauer (Wasserburg) 18. 10. Bauer (Würburg) * 18. 10. Berkhan * 20. 10. Berlin 18. 10. Dr. Birrenbach 23. 10. Frau Blohm 18. 10. Blumenfeld * 18. 10. Borm 18. 10. Brück (Holz) * 18. 10. Bühler 18. 10. Diekmann 18. 10. Draeger * 18. 10. Dr. Eckhardt 18. 10. Flämig * 18. 10. Frehsee 17. 10. Frieler 18. 10. Gerlach ** 19. 10. Gierenstein 18. 10. Frau Griesinger 3. 11. Haage (München) 18. 10. Hahn (Bielefeld) ** 21. 10. Hauck 2. 11. Hellenbrock 31. 10. Frau Herklotz * 18. 10. Herold * 18. 10. Frau Dr. Heuser 18. 10. Höhmann (Hessisch Lichtenau) 18. 10. Hösl * 18. 10. Hübner 18. 10. Dr. Ils 17. 10. Dr. Jaeger 18. 10. Jung 20. 10. Kahn-Ackermann * 18. 10. Dr. Kempfler * 18. 10. Frau Klee * 18. 10. Frau Kleinert 8. 11. Dr. Kliesing (Honnef) * 18. 10. Dr. Kopf * 18. 10. Kubitza 1. 11. * Für die Teilnahme an einer Sitzung der Versammlung der Westeuropäischen Union ** Für die Teilnahme an Ausschußsitzungen des Europäischen Parlaments Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) burlaubt bis einschließlich Dr. Kübler * 18. 10. Freiherr von Kühlmann-Stumm 18. 10. Lampersbach 25. 10. Lemmer 26. 10. Lemmrich* 18. 10. Lenze (Attendorn) * 18. 10. Dr. Löhr 18. 10. Dr. h. c. Menne (Frankfurt) 18. 10. Dr. von Merkatz 18. 10. Metzger ** 19. 10. Missbach 18. 10. Dr. Mommer 18. 10. Müller (Aachen-Land) * 18. 10. Dr. Müller (München) * 18. 10. Frau Pitz-Savelsberg * 18. 10. Pöhler * 18. 10. Richter 20. 10. Dr. Rinderspacher " 18. 10. Rommerskirchen 18. 10. Dr. Rutschke * 18. 10. Sander * 18. 10. Schlager 18. 10. Schmidt (Kempten) 17. 10. Schmidt (Würgendorf) * 18. 10. Dr. Schulz (Berlin) * 18. 10. Seidel 18. 10. Seifriz 18. 10. Dr. Serres * 18. 10. Dr. Süsterhenn 18. 10. Steinhoff 31. 10. Frau Stommel 1. 11. Stücklen 18. 10. Dr. Tamblé 31. 10. Dr. Freiherr von Vittinghoff-Schell * 18. 10. Dr. Wahl 18. 10. Walter 31. 10. Frau Wessel 31. 12. Frau Dr. Wex 18. 10. Wienand 18. 10. Dr. Wilhelmi 18. 10. Wurbs 18. 10. Anlage 2 Schriftliche Erklärung des Abg. Dr. Wuermeling (CDU/CSU) zu Punkt 5 a und b der Tagesordnung: 10266 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 189. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 17. Oktober 1968 Dr. Wuermeling Bei Beratung des Haushalts 1969 und der Finanzplanung 1968 bis 1972 hat der Bundesrat am 4. Oktober 1968 in außergewöhnlicher Weise die Bundesregierung gemahnt, ihre sozialen Pflichten gegenüber den Kriegsopfern und gegenüber den Familien mit Kindern rechtzeitiger zu erfüllen. Im Verlauf der heutigen Debatte wurde dazu bereits Stellung genommen unter dem Gesichtspunkt des Fehlens von Dekkungsvorschlägen. Darüber hinaus muß aber auch die sachliche Berechtigung dieser außergewöhnlichen Mahnung erörtert werden, die schlechthin nicht bestritten werden kann. Bezüglich der Kriegsopfer hat der Bundesrat die Bundesregierung in Nr. 13 seiner Entschließung zur Finanzplanung 1968 bis 1972 gebeten, die für eine Anpassung der Leistungen in der Kriegsopferversorgung an die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und das reale Wachstum der Volkswirtschaft notwendigen Mittel bereits ab 1969 bereitzustellen. In der Begründung der Ausschußvorlage — Drucksache 475/1/68 — heißt es dazu: Die Leistungen der Kriegsopferversorgung wurden zuletzt mit dem Dritten Neuordnungsgesetz am 1. 1. 1967 angehoben. Dabei blieben die Verbesserungen bereits damals hinter der allgemeinen Einkommensentwicklung zurück. In der Zwischenzeit sind alle übrigen Einkünfte und Sozialleistungen entsprechend der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung laufend erhöht worden. Es ist das erklärte Ziel der Bundesregierung, alle Bevölkerungsgruppen gleichmäßig am wirtschaftlichen Fortschritt in unserem Lande zu beteiligen. Aus diesem Grunde ist es nicht vertretbar, die Leistungen der Kriegsopferversorgung auch im Rechnungsjahr 1969 von der Erhöhung der Einkommen in der Bundesrepublik auszunehmen. Durch die steigenden Lebenshaltungskosten werden diese Leistungen weiterhin entwertet werden. Bezüglich des Familienlastenausgleichs empfiehlt der Bundesrat in Nr. 14 der gleichen Entschließung, die dringend notwendige Verbesserung des Familienlastenausgleichs nicht erst für 1972 vorzusehen, sondern schon zu einem früheren Zeitpunkt zu verwirklichen. Zur Begründung heißt es dazu in der Ausschußvorlage: Im Abschnitt VI über die neuen zukunftsweisenden Maßnahmen wird (Zf. 33, S. 21) bis 1971 eine Systemverbesserung des Familienlastenausgleichs in Aussicht gestellt, eine materielle Verbesserung dagegen erst für 1972 (in Höhe von 200 Mill. DM) ... Gegen diese sich abzeichnende Stagnation des Familienlastenausgleichs bestehen erhebliche politische Bedenken. Die hauptsächliche direkte Leistung des Bundes für Familien mit Kindern, das Kindergeld, ist zuletzt 1964 angehoben worden. Im Rahmen der mittelfristigen Finanzplanung ist nicht nur die Ausbildungszulage nach dem Kindergeldgesetz entfallen, sondern auch die vom Kabinett schon grundsätzlich gebilligte Erhöhung des Kindergeldgesetzes selbst wieder rückgängig gemacht worden. Demgegenüber muß festgestellt werden, daß seit 1964 die Einkommen einschließlich der Sozialleistungen, aber auch die Preise ständig gestiegen sind, während das Kindergeld nach den Vorstellungen der Bundesregierung mehr als sieben Jahre lang konstant bleiben soll. Die Richtigkeit dieser Feststellungen und die Berechtigung der vom Bundesrat daraus gezogenen Folgerungen kann meines Erachtens von niemandem bestritten werden, der das erklärte Ziel der Bundesregierung bejaht, „alle Bevölkerungsgruppen gleich mäßig am wirtschaftlichen Fortschritt in unserem Lande zu beteiligen." Im übrigen: Wenn diese Erwägungen mit vollem Recht für die Kriegsopferversorgung gelten, deren Sätze zuletzt am 1. Januar 1967 angepaßt wurden, um wieviel stärker gelten sie für die Kindergeldsätze, deren letzte Erhöhung am 1. Januar 1964 erfolgte, also drei volle Jahre länger zurückliegt und damals gleichzeitig mit der vorletzten Erhöhung der Kriegsopferrenten in Kraft getreten ist! Hinzu kommt, daß eine nicht rechtzeitige Anpassung der Kriegsopferrenten die Haushaltungen in der Regel jeweils nur einmal trifft, während sich die Wirkung einer Nichtanpassung beim Kindergeld regelmäßig mit der Zahl der Kinder multipliziert, für die Kindergeldanspruch besteht. Wenn die Bundesregierung in der Fragestunde des Bundestages vom 9. Mai 1968 erneut bestätigen mußte, daß die Kindergeldsätze die einzigen für den Lebensunterhalt bestimmten monatlichen öffentlichen Leistungen sind, die seit 1964 nicht mehr der Entwicklung angepaßt wurden, so stellt sich die sehr ernste Frage, wie es gerechtfertigt werden kann, ausgerechnet die kinderreichen Familien und die Kriegsopfer in dem Sinne unter Ausnahmerecht zu stellen, daß allein ihnen der von der Bundesregierung proklamierte „gleichmäßige Anteil aller Bevölkerungsgruppen am wirtschaftlichen Fortschritt" vorenthalten wird. Kriegsopferrenten und Kindergeld werden zwar aus sehr unterschiedlichen Gründen gezahlt, erstere zum Ausgleich eines für die Allgemeinheit gebrachten besonderen Opfers, letztere als Ausgleich für besondere Leistungen für Staat und Gesellschaft, beide aber zur Deckung besonderen Aufwandes und unabhängig von Einkommen, weil beide Leistungen keinen Fürsorgecharakter haben und haben dürfen. Es ist gewiß richtig, daß sehr kostspielige neue Gemeinschaftsaufgaben auf den Bundeshaushalt zugekommen sind, deren Erfüllung sich niemand entziehen kann und will. Es ist aber ebenso richtig, daß es keinen sozial vertretbaren Grund gibt, diesen Mehraufwand zu decken, indem die unbestrittenen Ansprüche der Kriegsopfer und der Familien mit Kindern als einzige über das Maß der von allen zu bringenden Opfer hinaus beschnitten werden. Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 189. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 17. Oktober 1968 10267 Dies verstößt klar gegen das von der Bundesregierung vertretene Prinzip, daß notwendige Opfer möglichst gleichmäßig auf alle Schichten unseres Volkes verteilt werden sollen. Es ist keine gerechte Verteilung der notwendigen Opfer, wenn auf der einen Seite Kriegsopfern und Familien mit Kindern spürbare Sonderbelastungen auferlegt werden, auf der anderen Seite aber etwa dem kinderlosen Ehepaar mit 4200 DM Monatsnettoeinkommen — nach allen Absetzungen! — ganze 30 DM monatlich an Ergänzungsabgabe zugemutet bleiben. Für den Familienlastenausgleich gilt das Gesagte um so mehr, als gerade den kinderreichen Familien in der Vergangenheit zahlreiche weitere Sonderbelastungen auferlegt wurden. Wir hatten zwar bis 1965 einen erfreulichen Stand unserer Familienlastenausgleichsmaßnahmen erreicht, mit dem wir uns auch international gut sehen lassen konnten. Aber schon beim ersten Beginn der Spar- und Sanierungsmaßnahmen Ende 1965 waren die Familien mit Kindern die ersten und einzigen, bei denen bereits vorhandene regelmäßige Leistungen abgebaut wurden. Es ist notwendig, die wesentlichen sich insbesondere gegen die Familien mit Kindern richtenden Maßnahmen einmal aufzuzählen: 1. Die so wichtigen Ausbildungszulagen des Kindergeldgesetzes — sie waren nichts anderes als um 40 DM erhöhtes Kindergeld ab 15. Lebensjahr für die Kinder, die wegen weiterführender Ausbildung noch kein Geld zur Entlastung des elterlichen Haushalts heimbringen, aber mit 15 Jahren erst richtig zu „kosten" anfangen — wurden zuerst um 25 % gekürzt, dann wurde ihr Empfängerkreis eingeschränkt, und schließlich wurden sie völlig gestrichen. Allein hierdurch wurde das Volumen des Familienlastenausgleichs um 465 Millionen, also bald eine halbe Milliarde DM jährlich gekürzt. 2. Gleichzeitig wurden gerade viele der hiervon betroffenen Familien durch eine überproportionale Erhöhung der Schülertarife der Bundesbahn zu Mehrausgaben gezwungen, die durch die gestrichene Ausbildungszulage hätten erleichtert werden sollen. 3. Die allgemeinen Mittel für den Familienwohnungsbau wurden mehrfach erheblich gekürzt. 4. Die Wohnungsbauaktion „Große Familie", die Familien mit fünf und mehr Kindern durch zusätzliche Darlehen den Zugang zu dem gerade für die so wichtigen Eigenheime erleichtern sollte, wurde eingestellt. 5. Eingestellt wurde auch die „Aktion Junge Familie", durch die jungen Paaren als dem anderen Notstandsbereich des Wohnungsmarktes geholfen werden sollte. 6. Wesentlich gekürzt wurden die Mittel der „Aktion Junge Familie", mit der — ohnehin zu wenigen — jungen Ehen dringende finanzielle Hilfe gewährt werden konnte. 7. Die Zahlung des 1965 beschlossenen erhöhten Mutterschaftsgeldes an nicht berufstätige Hausfrauen und Mütter wurde mehrfach hinausgeschoben und schließlich ganz gestrichen. 8. Zu diesen offenen Abbaumaßnahmen kam der bereits angesprochene stille Abbau des Familienlastenausgleichs durch „Einfrierenlassen" allein der Kindergeldsätze seit Januar 1964. Hierdurch wurde schon bisher bei einer seitdem etwa 10%igen Steigerung der Lebenshaltungskosten der reale Wert des Kindergeldes um 10 %, d. h. bei 5 Kindern real um monatlich rd. 20 DM! gekürzt; gar nicht zu reden von der an sich notwendigen Beteiligung an der allgemeinen Aufwärtsentwicklung, die nur durch folgende Daten gekennzeichnet sei: Bruttosozialprodukt 1964: 413,8 Milliarden 1968: 549,8 Milliarden (Steigerung 33 %) Steuereinnahmen 1964: 99,4 Milliarden 1968: 131,8 Milliarden (Steigerung 32 %) Bruttowochenverdienste der Industriearbeiter April 1964: 169 DM April 1968: 207 DM (Steigerung 22,5%) Wenn angesichts solcher Gesamtentwicklung allein das Kindergeld nach den Plänen der Bundesregierung noch weitere vier Jahre stagnieren soll, bedeutet das, daß der Anteil der Familien mit Kindern am Volkseinkommen weiterhin um so mehr absinken soll, je mehr Kinder eine Familie hat. Dies ist weder sozialpolitisch noch gesellschaftspolitisch noch finanzpolitisch zu rechtfertigen, wenn man die Leistungen für die Familien nicht in den allerletzten Rang unserer politischen Aufgaben abgedrängt wissen will. 9. Obschon die Familien mit Kindern durch sonstige Maßnahmen der mittelfristigen Finanzplanung — insbesondere die Umsatzsteuererhöhung — stärker betroffen waren als andere Haushaltungen, forderte die Bundesregierung 1967 in der ersten mittelfristigen Finanzplanung neue Sonderopfer zu Lasten dieser Familien, und zwar: a) eine einschneidende Kürzung der Familienzusatzdarlehen im sozialen Wohnungsbau, b) eine nicht zuletzt familienpolitisch gezielte Kürzung des Wohngeldes, c) eine allen international anerkannten familienpolitischen Grundsätzen widersprechende Einkommensgrenze beim Kindergeld. Erfreulicherweise hat der Deutsche Bundestag diese drei weiteren Attacken auf den ohnehin schon so zurückgefallenen Status des Familienlastenausgleichs einmütig zurückgewiesen mit der Maßgabe, daß eine geringere Kürzung der Familienzusatz- 10268 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 189. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 17. Oktober 1968 darlehen durch die Wiederingangsetzung der „Aktion Große Familie" wettgemacht wurde. 10. Trotzdem forderte die Bundesregierung bei der Anpassung der Beamtenbesoldung per 1. Juli 1968 dann in diesem anderen Bereich eine Regelung, bei der durch Erhöhung ausschließlich der Grundgehälter — unter Ausschluß der Orts- und Kinderzuschläge — die Gesamtbruttobezüge der Beamten um so weniger erhöht wurden, je mehr Kinder in der Familie leben. Diese kaum glaublich erscheinende Forderung wurde im Innenausschuß des Bundestages dankenswerterweise wenigstens dahin abgemildert, daß die Ortszuschläge in die erfolgte 4 %ige Erhöhung einbezogen wurden. Der Bundestag konnte aber die durch den Ausschluß der Kinderzuschläge bedingte ungünstigere Behandlung der Beamten mit Kindern nicht mehr beseitigen, weil — wie so oft — eine in der Regierungsvorlage enthaltene falsche Weichenstellung im Bundestag nicht mehr ganz zu reparieren war. Alledem folgt nun die neue mittelfristige Finanzplanung der Bundesregierung für 1968 bis 1972, die den unwiderlegbaren Beweis dafür erbringen dürfte, daß die Familien mit Kindern auf der alleruntersten Stufe der Prioritätsliste der Bundesregierung stehen: Erst am allerletzten Ende der neuen vierjährigen Planungsperiode, nämlich 1972, sollen 200 Millionen — das ist nicht einmal aie Hälfte des schon bis heute aufgestauten Nachholbedarfs! — zusätzlich für den Familienlastenausgleich bereitgestellt werden. Deutlicher kann wohl nicht unter Beweis gestellt werden, in welchen Rang die Familienpolitik bei der Bundesregierung verdrängt ist, ungeachtet des Art. 6 des Grundgesetzes, nach dem die Familie „unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung" steht. Der ab 1970 mit denkbar bescheidenen Ansätzen für einzelne Bereiche vorgesehene Beginn einer besseren Ausbildungsförderung Kann weder die Anpassung der Familienausgleichsieistungen noch die vom Bundeskanzler im Rahmen der mittelfristigen Finanzplanung zugesagte Reform des Familienlastenausgleichs ersetzen. Denn die hier geplanten Ausbildungsbeihilfen werden nur einem relativ kleinen Teil unserer Kinder zugute kommen. Sehr viele kinderreiche Familien werden sich eine weiterführende Ausbildung ihrer Kinder auch mit neuen Ausbildungsbeihilfen nicht leisten können, solange eine angemessene Grundsicherung, also ein richtig angepaßtes Grundkindergeld, nicht gewährt wird. Denn ohne das fehlt die allgemeine finanzielle Grundbasis, aus der die vielen nicht durch Beihilfen zu deckenden Kosten weiterführender Ausbildung zwangsläufig bestritten werden müssen. Angemessenes Grundkindergeld ist die Voraussetzung dafür, daß der bildungspolitische Effekt der kommenden Ausbildungsbeihilfen auch bei kinderreichen Familien erreicht werden kann, daß also die hier noch reichlich vorhandenen Bildungsreserven auch aktiviert werden. Es muß in aller Form die tief schmerzliche Wahrheit ausgesprochen werden, daß wir noch nie eine die Rechte der Familie so an die Wand drückende Regierung gehabt haben wie heute. Ich formuliere das so unter ausdrücklicher Berufung auf Art. 38 des Grundgesetzes, nach dem die Abgeordneten des Bundestages an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen sind. Ich halte es für meine Gewissenspflicht, der Bundesregierung diese schmerzliche Tatsache so lange immer wieder vor Augen zu führen, bis sie der Familie wieder den nach Art. 6 des Grundgesetzes zwingend gebotenen Rang zukommen läßt. Es kann nicht dabei bleiben, daß alles andere wichtiger und vordringlicher ist als die Gerechtigkeit für die Familien mit Kindern. Es kann auch nicht dabei bleiben, daß die Familien mit Kindern deshalb im letzten Rang stehen, weil sie weder streiken noch „auf Bonn marschieren", sondern schlicht auf die Gerechtigkeit der Verantwortlichen vertrauen. Gerade weil sie sicher auch in Zukunft dabei verbleiben werden, darf man diese Haltung und dieses Vertrauen erst recht nicht enttäuschen. Es wäre bei dieser eindeutigen Sachlage auch mehr als geschmacklos, eine frühere Anpassung des Kindergeldes an die Entwicklung jetzt als „Wahlgeschenk" zu diffamieren, nachdem die Bundesregierung die Erfüllung dieser selbstverständlichen Pflicht — nicht zuletzt durch Bildung eines Kabinettsausschusses, der schon 10 Monate keine Ergebnisse sichtbar werden ließ — bis in das letzte Jahr vor der Bundestagswahl hingezögert hat. Man sollte bei alledem nicht zuletzt auch daran denken, daß in den nun seit Jahren ständig benachteiligten kinderreichen Familien, zu denen nur etwa ein Drittel unserer Familien gehören, fast zwei Drittel unserer kommenden Generation aufwachsen. In diesen Familien wird also die Staatsgesinnung von zwei Dritteln unserer kommenden Generation geprägt. Kann man es verantworten, gerade in diesen Familien den Glauben an den Willen unserer Staatsführung zur sozialen Gerechtigkeit in unserem sozialen Rechtsstaat zu erschüttern? Man dränge nicht gerade jene Familien in die Staatsverdrossenheit, in denen zwei Drittel unserer mündigen Staatsbürger von morgen aufwachsen! Deckungsvorschläge zur Verwirklichung der notwendigen Maßnahmen habe ich mehrfach gemacht, und ich bin gern bereit, sie unseren Finanzsachverständigen zu erläutern und zu ergänzen. Praktisch geht es einfach darum, der Familienpolitik den verfassungsrechtlich gebotenen Rang zu geben. Dann sind genügend Wege offen. Die Leitung des Familienministeriums ist nun in diesen Tagen zu meiner und vieler Freude unserer verehrten Kollegin Frau Brauksiepe übertragen worden, die für das bisherige familienpolitische Verhalten der Bundesregierung nicht verantwortlich ist. Ich kann unserer neuen Bundesministerin nur von Herzen wünschen, daß das Bundeskabinett ihr nicht zumutet, bis zur Bundestagswahl nur zur Überwachung des weiteren Abbaus des Familienlastenausgleichs tätig zu ein, sondern ihr eine Möglichkeit gibt, der nun seit drei Jahren andauernden Demon- Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 189. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 17. Oktober 1968 10269 tage ein Ende zu setzen, indem ein sichtbares Zeichen für die unerläßlich notwendige Kursänderung gesetzt wird. Es ist unsere Sache als Abgeordnete des Deutschen Bundestages, hierzu kräftige Unterstützung zu geben, nachdem der Bundestag schon mehrfach familienfeindliche Forderungen der Bundesregierung zurückgewiesen hat.
    • insert_commentVorherige Rede als Kontext
      Rede von Dr. Walter Althammer


      • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
      • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

      Herr Kollege Peters, das ist genau der Punkt, den ich jetzt ganz kurz angesprochen habe: es ist einfach notwendig, die immensen Beträge, die in den vergangenen Jahren geleistet worden sind und die auch in künftigen Jahren geleistet werden müssen, so zweckentsprechend wie möglich einzusetzen, und in diesem Bereich sind Korrekturen dringend notwendig.

      (Beifall bei den Regierungsparteien.)

      Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich möchte auch noch einige Anmerkungen zu dem machen, was heute vormittag mein Kollege Hermsdorf hier oben geäußert hat. Er hat — das ist heute nachmittag schon gesagt worden — ein sehr ausführliches Referat mit einer Fülle von Problemen vorgetragen. Wir haben heute nachmittag von Herrn Kollegen Schmidt gehört, daß der Wahlkampf für die Koalitionsparteien in nächster Zeit noch nicht zu beginnen habe. Aber dieses Programm des Kollegen Hermsdorf könnte — so war mein Gefühl - mühelos als eine sehr wertvolle Unterlage für den Wahlkampf benützt werden.

      (Abg. Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller: Schönen Dank für den Hinweis!)

      Ich hätte mich auch gewundert, meine sehr verehrten Kollegen, wenn am Anfang dieser Ausführungen nicht eine Schilderung des Hintergrunds gestanden hätte, bei dem die Große Koalition beginnen mußte.

      (Abg. Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller: Das hat Herr Strauß auch gemacht!)

      Wir haben also diese Dinge jetzt nun schon wiederholt miteinander behandelt. Ich habe die Befürchtung, daß diese Registerarie der Sünden auch in den nächsten Monaten noch hie und da gesungen werden wird. Gestatten Sie mir deshalb, nur ganz kurz ein paar Anmerkungen dazu zu machen.
      Ich habe Verständnis dafür, daß ein sehr begabter Photograph wie der Kollege Hermsdorf einen dunklen Hintergrund sucht, um das Profil der SPD besonders heraustreten zu lassen, um das es ihm zu tun ist. Aber Sie gestatten mir vielleicht, daß ich den Scheinwerfer ein klein bißchen weiter zurück ausstrahlen lasse. Ich komme darauf auch deshalb, weil der Finanzbericht zum Haushalt 1969 hierzu auch eine bemerkenswerte Feststellung enthält, nämlich die, daß diese Schwierigkeiten, von denen Sie gesprochen haben, dadurch entstanden sind, daß ein Boom zu bekämpfen war. Wir sollten nicht ganz vergessen, daß das Problem 1964/65 eben darin bestand, eine Überhitzungserscheinung in der Konjunktur in den Griff zu bekommen.

      (Zurufe von der FDP: Sehr richtig! — Jawohl! — Abg. Windelen: Dann sind wir einig!)

      Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir sind ja gar nicht unbußfertig in dieser Sache. Ich würde Ihnen gern zugeben, daß Fehler in der Bekämpfung dieses Booms gemacht worden sind. Der Streit beginnt meistens dort, wo behauptet wird, daß solche Fehler nur auf einer einzigen Seite gemacht worden seien und daß andere von diesen Fehlern völlig frei seien.

      (Abg. Windelen: Sehr wahr!)

      Ich wäre sehr dankbar dafür, Herr Kollege Hermsdorf, wenn wir uns wenigstens in diesem Hause — draußen wage ich das gar nicht anzunehmen — darauf einigen könnten, was Ihr Fraktionsvorsitzender am 30. August 1965 zu dieser Frage gesagt hat. Ich darf vielleicht zitieren; es ist in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung" vom 30. August nachzulesen.



      Dr. Althammer
      Schmidt räumte ein,
      — heißt es da —
      daß alle Fraktionen des Bundestages, auch die sozialdemokratische, und diese selbstverständlich auch aus wahltaktischen Erwägungen, an den Ausgabebeschlüssen mitgewirkt hätten.
      Ich würde damit von mir aus dieses Kapitel abschließen. Aber eines sollten wir uns' als Lehre aus den Erfahrungen dieser Jahre merken, nämlich, daß wir sehr darauf achtgeben sollten, daß wir in der Zukunft nicht wieder in eine ähnliche Situation hineinschlittern. Dazu, glaube ich, war es sehr heilsam und nützlich, daß unser Fraktionsvorsitzender uns heute nachmittag einmal diese Liste vorgehalten hat und daß hier ganz nüchtern die Frage gestellt worden ist: Was ist noch zu leisten, und was ist nicht mehr zu leisten? Denn wir wollen, glaube ich, alle zusammen ähnliche Fehler, wie sie damals gemacht worden sind, nicht mehr wiederholen.

      (Beifall bei der CDU/CSU.)

      Meine sehr verehrten Damen und Herren, der Kollege Hermsdorf hat auch einige Punkte angeschnitten, bei denen ich der Meinung war, daß er das, was ihm da aufgeschrieben worden ist, z. B. vom Justizministerium, vielleicht besser nicht vorgelesen hätte. Denn wenn jetzt das Gemälde gemalt wird, als wenn das Dornröschen Justitia droben in der Rosenburg geschlafen hätte, bis der schöne Prinz Heinemann gekommen ist und es wachgeküßt hat, dann würde ich nur empfehlen: Fragen Sie doch einmal Ihre Kollegen vom Rechtsausschuß, ob sie sich denn eigentlich bis zum Amtsantritt dieses Ministers auch solcher Beschaulichkeit hingeben konnten.

      (Beifall bei der CDU/CSU.)

      Ich meine also, diese Dinge kann man hier wirklich nicht guten Gewissens vortragen.
      Es ist aber festzuhalten — das möchte ich jetzt besonders gegen die Angriffe, die von seiten der Opposition gekommen sind, noch einmal mit aller Deutlichkeit sagen —: Es ist ein unbestreitbarer Erfolg der Regierung Kiesinger, daß der wirtschaftliche Rückschlag überwunden und die deutsche Volkswirtschaft in eine Gleichgewichtslage gebracht wurde, von der wir nur wünschen können, daß sie erhalten bleiben möge. So wurden Vollbeschäftigung, Wirtschaftswachstum und Geldwertstabilität gleichzeitig erreicht. Freilich macht uns die Außenhandelsbilanz Sorgen. Das hat eben der Herr Bundeswirtschaftsminister vorgetragen. Aber ich meine, diese Sorgen sind noch am ehesten zu ertragen. Unsere ganze Aufmerksamkeit muß sich jetzt darauf richten, diese Gleichgewichtslage nicht wieder zu zerstören. Das Parlament trägt dabei eine sehr große Verantwortung.
      Die Feststellung des Bundesfinanzministers FranzJosef Strauß, daß es gelungen ist, die Bundesfinanzen auf lange Jahre hinaus wieder in Ordnung zu bringen, kann ebenfalls von der Opposition nicht bestritten werden. Unser Volk hat diesen entscheidenden Erfolg zur Kenntnis genommen, auch wenn die FDP das nicht wahrhaben möchte.
      Es sind noch einige Komplexe angeschnitten worden wie z. B. das Problem der Mitbestimmung, wo wir ganz schlicht und einfach die Frage zu stellen halben, wie das konkretisiert werden soll.

      (der Auffassung der überwiegenden Mehrheit in der CDU/CSU voll deckt. Es ist auch eine Tatsache, daß der Kollege Helmut Schmidt in der Aussprache über die Regierungserklärung angemerkt hat, daß zu diesem Punkt noch ein besonderer Parteitag der SPD Stellung nehmen müsse. Ich habe mir die Protokolle des Nürnberger Parteitags zu diesem Sachkomplex gestern noch einmal angesehen. Ich war eigentlich betroffen darüber, wie ein Mitglied der Wahlrechtskommission der SPD, nämlich Dr. Ludwig, in dieser Diskussion Argumente gebracht hat, die ich in ganz derselben Form Ihnen heute hier auch vortragen wollte. Es ist einmal festzustellen, daß auch die Mitglieder der Wahlrechtskommission der SPD davon überrascht waren, daß ihre Empfehlung — nämlich : wenn eine Wahlrechtsänderung, dann schon 1969 — eigentlich gar nicht mehr zum Tragen gekommen ist. Nun, wir werden uns damit abzufinden haben, daß für 1969 eine Änderung nicht mehr möglich ist. Aber es bleibt natürlich die Frage, ob noch in dieser Legislaturperiode eine Dauerregelung möglich ist, die dann ab 1973 Gültigkeit haben müßte. Vielleicht darf ich, um Ihnen die Dringlichkeit dieser Frage nahezubringen, den Kollegen Alex Möller zitieren, der in einer Veröffentlichung des Bundesinnenministeriums — „Schwarz auf Weiß", 2/67, auf Seite 30 — folgendes gesagt hat — ich zitiere mit Erlaubnis des Herrn Präsidenten —: Es sei noch darauf hingewiesen, daß das Mehrheitswahlrecht als Verfahren zur Beseitigung einer Aufsplitterung und Radikalisierung des Parlaments untauglich ist. Vielmehr ist es nur ein Verfahren zur Verhinderung einer Aufplitterung und Radikalisierung. Daher darf mit Einführung des Mehrheitswahlrechts nicht zu lange zugewartet werden. Ihr Parteifreund, Herr Dr. Ludwig, hat nun in Nürnberg, ich glaube, sehr zu Recht, darauf hingewiesen: wenn das nicht mehr in dieser Legislaturperiode geschafft werden könne, sei es eigentlich nur dann möglich, wenn die Große Koalition darüber hinaus fortgesetzt werde. Ich meine, diese Dinge sollten uns zu denken geben und sollten vielleicht dazu führen, daß man sich doch noch einmal gründlich überlegt, ob hier nicht ein Weg vorhanden ist, der nach 1969 eine Lösung bringt. Ich möchte als letzten Teil meiner Ausführungen ein Problem behandeln, auf das auch der Kollege Emde sehr deutlich eingegangen ist, nämlich die Frage, unter welchen Unsicherheitsfaktoren der Haushalt 1969 und die mittelfristige Finanzplanung dadurch leiden, daß jetzt von der VerteidigungsDr. Althammer seite ganz neue Probleme auf uns zukommen. Nun, Herr Kollege Binde, eines, glaube ich, kann man unserer Regierung nicht vorwerfen, nämlich: daß sie weder im Haushalt 1969 noch in der mittelfristigen Finanzplanung diese Dinge eingeplant habe. Denn über eines sind wir uns klar: die neue Situation ist durch den 21. August entstanden, und zu diesem Zeitpunkt waren diese Entwürfe bereits in Druck. Aber wir sollten diese Fragen — das hat auch unser Fraktionsvorsitzender, Herr Barzel, schon gesagt — nicht nur und nicht in erster Linie auf das Problem „Offset" zuspitzen. Wir müssen uns hier in dieser Stunde sehr ernsthaft fragen, welche Konsequenzen im Bereich unserer eigenen Verteidigungsleistungen zu ziehen sind. Ein Irrtum dürfte inzwischen zu den Akten gelegt sein, nämlich die Meinung, wenn man nur auf deutscher Seite Friedensbeteuerungen und Anstrengungen zur Entspannung mache und wenn von seiten der Kremlmachthaber ähnliche Töne kämen, dann könne das bereits zu einer Einschränkung der eigenen Verteidigungsleistungen führen. Ich habe in der zweiten Lesung des Haushalts 1968 Ihnen die Zahlen genannt, in welcher Weise die Ostblockstaaten in den vergangenen Jahren ihre Verteidigungsausgaben erhöht haben, — in einer Zeit, wo wir unsere Ausgaben um einen hohen Prozentsatz herabgesetzt haben. Bei der Frage, was zur Verteidigung notwendig ist, müssen wir einfach davon ausgehen, was die andere Seite tun kann, wenn sie will. Wir dürfen nicht aus das vertrauen, was momentan dort erklärt wird. Nach den Ereignissen in Prag stellt unser Volk mit Recht die Frage nach unserer Sicherheit. Wir sind dankbar dafür, daß im Rahmen des NATO-Bündnisses nun die notwendigen Konsequenzen aus der verstärkten militärischen Bedrohung gezogen werden. Die Kritiker unserer Bundeswehr darf ich aber darauf hinweisen, daß wir keine autonome nationale Verteidigung zu entwickeln hatten, sondern daß eine gemeinsame NATO-Abwehrstrategie erarbeitet werden mußte. Dieser zentrale Einwand ist auch gegen die Fernsehäußerungen zu machen, von denen der Kollege Helmut Schmidt heute mittag schon gesprochen hat. In der weiteren Entwicklung dieses Bündnisses liegt die reale Abschreckungswirkung unserer Verteidigung und damit unserer Sicherheit. Daneben ist es auf dem Gebiete der Rüstung notwendig, zu einer verstärkten Zusammenarbeit mit unseren europäischen Partnern zu gelangen. Insbesondere müssen die Beziehungen zu unserem größten Nachbarn, nämlich Frankreich, ausgebaut werden. Wir dürfen dabei die berechtigten Forderungen unserer eigenen Industrie — ich denke vor allem an die Flugzeugindustrie — nicht vergessen. Eine angemessene Beteiligung der deutschen Firmen bei Entwicklung und Fertigung muß sichergestellt werden. Die Sicherung unserer Freiheit ist nicht nur ein. finanzielles Problem. Hier zählen moralische Kategorien entscheidend mit. Um es überspitzt zu sagen: mit 90 % Kriegsdienstverweigerern im Lande nützen die modernsten Abwehrwaffen nichts. Es darf nicht dahin kommen, daß der junge Mann, der seinen Wehrdienst ableistet, als der Dumme gilt. Deshalb muß dieses Hohe Haus bald die notwendigen gesetzgeberischen Folgerungen aus der Arbeit der Parlamentskommission „Wehrgerechtigkeit" ziehen. Ähnlich ist die Situation bei den Berufssoldaten. Die Fehlbestände bei den Längerdienenden, den Unterführern und den Offizieren — die Zahlen sind heute schon genannt worden — müssen uns beunruhigen. Die Fraktion der CDU/CSU wird in allernächster Zeit Änderungsgesetze zum Unterhaltssicherungsgesetz, zum Wehrsoldgesetz und zum Bundesbesoldungsgesetz vorlegen. Wir hoffen, daß alle Fraktionen des Hohen Hauses diese Initiative unterstützen werden. Ein weiteres Problem ist zu lösen. Die Reserveübungen der Gedienten müssen so ausgebaut werden, daß unsere Territorialverteidigung effektiver wird. Alle diese Maßnahmen und noch einige andere, die ich hier nicht gesondert behandelt habe, werden Opfer von unserem Volk fordern. Der Kollege Hermsdorf von der SPD hat gestern in einer Presseverlautbarung erklärt, daß nunmehr unsere Gesellschaftspolitik weiter ausgebaut werden könne, nachdem wir in finanzpolitischer Hinsicht wieder festen Boden unter den Füßen hätten. Die CDU/CSU wird sich in diesem Bemühen von niemandem übertreffen lassen. Aber die Erhaltung der Freiheit und Sicherheit unseres Volkes muß die Skala dieser Prioritäten anführen. Das Wort hat der Kollege Dr. Apel. Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der unerfindliche Ratschluß der Gewerkschaft der Fraktionsgeschäftsführer bringt mich jetzt dazu, zur Europapolitik zu reden. Ich bitte Sie, das zu entschuldigen; ich bin daran mehr oder minder unschuldig. (Abg. Genscher: Das haben nur die christlichen Gewerkschaften beschlossen! — Heiterkeit.)





      (Abg. Dr. Barzel: Sehr gut!)


      (Sehr wahr! bei der CDU/CSU.)


      (Zuruf von der Mitte: Sehr wahr!)


      (Abg. Dr. Barzel: Sehr wahr!)


      (Beifall bei der CDU/CSU.)


      (Abg. Dr. Barzel: Sehr wahr!)


      (Beifall bei den Regierungsparteien.)


    Rede von Walter Scheel
    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
    • insert_commentNächste Rede als Kontext
      Rede von Dr. Hans Apel


      • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
      • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

      — Das wird sicherlich so sein, Herr Genscher.
      Die Regierungserklärung des Herrn Bundeskanzlers in ihrem Europa-Teil veranlaßt meine Fraktion zu drei Arten von Bemerkungen.
      Der Herr Bundeskanzler hat gestern sehr deutlich ausgesagt, daß die deutsch-französische Zusam-



      Dr. Apel
      menarbeit nicht dazu führen dürfe, daß irgendein Land in Westeuropa bevormundet werden würde. Er hat zweitens gesagt, diese deutsch-französische Zusammenarbeit dürfe nicht die bestehenden europäischen Institutionen gefährden.
      Wir Sozialdemokraten unterschreiben das nachdrücklich. Wir meinen aber, daß eine weitere Aussage hinzukommen muß, nämlich die, daß die deutsch-französische Zusammenarbeit auch nicht den Eindruck erwecken darf, als ob dadurch unsere Europapolitik bevormundet und beeinflußt werden könne.

      (Beifall bei den Regierungsparteien.)

      Wir wissen, daß Ausgangspunkt wie auch Zielsetzung der deutschen und der französischen Europapolitik unterschiedlich sind. Wir akzeptieren das. Wir können das nicht ändern. Dennoch versuchen wir, zu gewissen politischen Fortschritten zu kommen. Vor allem möchten wir, auch in diesem Hause, davor warnen, sich einem verbalen Radikalismus zu ergeben, zu meinen, man könne in der Europapolitik Fortschritte erzielen, indem man die Fäuste hebt und in Richtung Paris droht. Diese Art von verbalem Radikalismus bringt uns überhaupt nicht weiter.

      (Beifall bei den Regierungsparteien.)

      Wir sollten sie deswegen nachlassen.
      Wenn wir realistische Europapolitik betreiben wollen, müssen wir von vier Tatbeständen ausgehen.
      Erstens. Die EWG ist für uns wie für alle Mitglieder ein so wertvolles Instrument des Wirtschaftswachstums geworden, daß wir überhaupt nicht daran denken können, in der Diskussion um Europas Zukunft diese EWG zur Disposition und zur Diskussion zu stellen.

      (Beifall bei den Regierungsparteien.)

      Zweitens. Auch wenn es die gaullistische Europapolitik nicht gäbe, hätte die EWG ihre existenzgefährdenden Krisen; denn die kleinen „Sekundärgaullisten" machen überall nationale Politik.

      (Sehr gut! bei der SPD.)

      Wir sollten also nicht so tun, als gebe es hier nur einen, der sündigt. Wahrscheinlich geht es auch hier nach dem Prinzip: Hannemann, geh du voran!
      Drittens. Ein wesentlicher Teil der Schwierigkeiten der europäischen Integration liegt darin, daß wir im Bereich der Wirtschafts- und Sozialpolitik versuchen zu integrieren, bisher aber nicht in der Vereinheitlichung der Außen- und der Verteidigungspolitik und auch der Innenpolitik vorangekommen sind. Man hat manchmal das Gefühl, als seien die Autoren des EWG-Vertrages Pseudomarxisten gewesen, die meinten, wenn man nur den ökonomischen Unterbau, die Produktionsverhältnisse, genügend ändere, werde der politische Oberbau schon folgen. Dieser Irrtum wird heute immer deutlicher.
      Viertens. Zehn Jahre europäische Erfahrung haben uns etwas an der allumfassenden Weisheit supranationaler Brüsseler Beschlüsse zweifeln lassen. Das gilt insbesondere für die Agrarpolitik und ihre Finanzierung.

      (Sehr richtig! bei der SPD.)

      Wenn die Gemeinschaft überhaupt aus dieser Sackgasse der Agrarfinanzierung mit einem blauen Auge herauskommen will, geht das nur, wenn sie mehr als bisher bereit ist, berechtigte nationale Interessen zur Kenntnis zu nehmen.
      Lassen Sie mich zu einem zweiten Bereich kommen, der sich für uns aus den Aussagen des Herrn Bundeskanzlers ergibt. Der Herr Bundeskanzler hat eine für uns bemerkenswerte Aussage gemacht, indem er gesagt hat, er meine, eine der Ursachen für die Krise in Europa sei, daß wir uns zu vieles auf einmal vornähmen. Er sprach von unserem Versuch erstens einer Fusion der Gemeinschaften, zweitens einer inneren Stärkung der Gemeinschaften und drittens einer Erweiterung der Gemeinschaften durch Beitrittswillige. Er hat dann gesagt, wir müßten wohl pragmatisch vorgehen, wir müßten das Mögliche möglich machen, sonst würden wir noch in einigen Jahren in einer echten Stagnation sein.
      Diese Aussage ist für uns nicht ganz deutlich. Wir bitten darum, hier zusätzliche Klarheit zu bekommen. Denn was meint nun der Herr Bundeskanzler? Will er innerhalb dieser Liste: Fusion, innere Stärkung der Gemeinschaften, Beitritt Englands eine Prioritätenskala aufstellen, derart nämlich, daß er erst die innere Stärkung der Gemeinschaften will, um dann später einmal den Beitritt Englands zu versuchen? Das wäre eine Annäherung an die französische Position, die von unserer, der deutschen Interessenlage her nicht akzeptiert werden kann. Oder will er — ich nehme das nicht an — erst die geographische Erweiterung anpacken und dann über die innere Stärkung der Gemeinschaft reden? Er wäre dann sehr in der Nähe der niederländischen Europapolitik, die es ja darauf anlegt, die EWG so lange in das Tiefkühlfach der Europapolitik zu legen, bis das Problem des britischen Beitritts geregelt ist. Auch das halten wir für nicht sehr realistisch. Die Illustrierten sagen uns zwar, daß man in Amerika versuche, todkranke Patienten für eine gewisse Zeit in so ein Tiefkühlfach zu legen, bis Heilmethoden gefunden sind; aber das Auftauen wird das zentrale Problem sein. Wir warnen also auch vor dieser Lösung.
      Wir müssen den Bundeskanzler bitten, uns deutlich zu machen, was er meint. Für uns Sozialdemokraten bleibt es auch in Zukunft dabei, daß die innere Stärkung der Gemeinschaften ebenso wie neue Mitgliedschaften gleichzeitig angestrebt werden müssen. Ich meine, dieser Bundestag wird dazu auch im nächsten Jahr ein praktisches Beispiel zu geben haben. Oder meinen Sie, meine Kollegen, daß wir die Agrarfinanzierung, wie sie auch immer aussehen wird, verlängern können, daß wir im nächsten Jahr erneut beschließen, Entwicklungshilfezahlungen über die EWG zu leisten, wenn nicht gleichzeitig deutlich wird, wie es mit dem Beitritt wird, ob England hineinkommt, ja oder nein? Wir können also hier keinen Schritt für die innere Stärkung tun, ohne deutlich zu sehen, wie es mit der Erweiterung der Gemeinschaften wird.

      (Abg. Dr. Lenz [Bergstraße] : Das ist aber doch der holländische Standpunkt!)




      Dr. Apel
      — Ob das der holländische ist, Herr Lenz, lassen wir mal dahingestellt sein. In jedem Fall ist das praktische Politik, und auch Sie werden sicherlich in diesem Hause einer Verlängerung der Agrarfinanzierung nur zustimmen können, wenn Sie auch in dem anderen Bereich gewisse Entwicklungslinien sehen.
      Der dritte Bereich — —

      (Abg. Dr. Lenz [Bergstraße] : Ich würde nicht das eine vom anderen abhängig machen!)

      — Ob ich das eine von dem anderen abhängig mache, wage ich heute nicht zu entscheiden, aber man muß hier gewisse Zusammenhänge sehen, und ich nehme an, die sehen Sie auch. Wenn Sie das anders sehen, dann würde mich interessieren, wie Sie dann vor dem deutschen Wähler mit dieser Aussage bestehen wollen. Aber das ist dann Ihre Angelegenheit.
      Der dritte Bereich von Bemerkungen, zu denen uns der Herr Bundeskanzler in seiner Erklärung veranlaßt hat, ist das Verhältnis zu England. Der Herr Bundeskanzler hat gesagt, wir könnten doch in der EWG den französischen Stuhl nicht leerfegen, um ihn dann quasi England anzubieten. Sicherlich nicht. Die EWG ist kein Bundesligaklub; hier kann man nicht Spieler und Trainer beliebig, je nach Tabellenstand und Zuschauergunst, auswechseln. Die EWG ist ein hochempfindliches, kompliziertes Gebilde. Wir müssen erneut sagen: die EWG steht einfach nicht zur Diskussion und zur Disposition, wenn es um diese Fragen geht.
      Aber wir vermissen weitere konkrete Aussagen des Herrn Bundeskanzlers. Er hat uns gesagt, Herr Wilson würde im nächsten Jahre zu Besuch kommen, und dann würde man ja sehen, wie man im britisch-deutschen Verhältnis und auch im Verhältnis der EWG zu England weiterkommen könne. Das kann uns nicht genügen.
      Es liegt in diesen Tagen der Plan einer Mitgliedsregierung der EWG, der sogenannte HarmelPlan des belgischen Außenministers, auf dem Tisch, der darauf hinausläuft, nun neben die EWG mit den Fünf ohne Frankreich und den anderen EftaStaaten neue institutionelle Ansätze zu versuchen.
      Im Bereich der Verteidigungspolitik hat der Herr Bundeskanzler darauf aufmerksam gemacht, daß es hier neue Überlegungen einer europäischen Gruppierung im Rahmen der NATO gibt. Er hat das vorsichtig positiv beurteilt. Ich füge dem nichts hinzu. Aber wir müssen uns doch wohl in diesem Hause dazu äußern: wollen wir neben die EWG mit den Fünfen ohne Frankreich und mit England und den anderen beitragswilligen Staaten eine technologische Gemeinschaft stellen? Wollen wir die Währungspolitik in dem gleichen Kreise, neben der EWG, anpacken? Wollen wir die Entwicklungspolitik im gleichen Maße neben der EWG behandeln?