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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag 188. Sitzung Bonn, den 16. Oktober 1968 Inhalt: Glückwünsche zum Geburtstag des Abg. Müller (Worms) . . . . . . . . . 10143 A Überweisung von Vorlagen an Ausschüsse 10143 A Wahl des Abg. Kühn (Hildesheim) zum Mitglied des Vorstandes . . . . . . . . 10143 A Wahl des Abg. Dichgans zum ordentlichen Mitglied im Wahlprüfungsausschuß . . 10143 B Wahl der Abg. Even, Dr. Jaeger, Hirsch, Hansing und Dorn zu Mitgliedern des Gremiums nach § 9 Abs. 1 des Gesetzes zu Art. 10 GG 10143 B Amtliche Mitteilungen . . 10143 C 10144 A, B, C Fragestunde (Drucksache V/3350) Frage des Abg. Porsch: Zuschüsse für Kindergärten in den Zonenrandgebieten Wehner, Bundesminister . . 10145 A, D, 10146 A Porsch (FDP) . . . . . . . . . 10145 C Dr. Imle (FDP) . . . . 10145 D, 10146 A Frage des Abg. Dr. Imle: Gleichstellung von Kriegsgefangenen mit Verfolgten in der Sozialversicherung Kattenstroth, Staatssekretär . 10146 B, C, D, 10147 A Dr. Imle (FDP) 10146 B, C Josten (CDU/CSU) 10146 D Schmidt (Kempten) (FDP) . 10146 D, 10147 A Frage des Abg. Folger: Entwurf eines Deutschen Arbeitsgesetz- buches 10147 A Frage des Abg. Frehsee: Angabe von Gerichts- und Polizeistrafen bei Einstellung von Arbeitnehmern 10147 C Frage des Abg. Geldner: Nachholbedarf an Telefonanschlüssen Dr. Steinmetz, Staatssekretär . . . 10147 D Frage des Abg. Ollesch: Ingenieur-Zeugnis der Ingenieurschule für Bergwesen Dr. Steinmetz, Staatssekretär . . . . 10148 A, B, C, D Ollesch (FDP) . 10148 B, C Frau Funcke (FDP) 10148 D Frage des Abg. Burger: Änderung des Bundesbaugesetzes zur Erleichterung der Bebauung des Außenbereichs ländlicher Räume 10148 D Fragen des Abg. Schonhofen: Bundesmittel zur Förderung der Ersatzbauvorhaben aus Anlaß der Räumung von Wohngrundstücken in der Gemeinde Oberbauerschaft 10149 A Fragen der Abg. Frau Pitz-Savelsberg: Förderung des Freiwilligen Sozialen Jahres . 10149 A II Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 188. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 16. Oktober 1968 Frage des Abg. Geldner: Kritik des Bezirksparteitages der CDU Mittelfranken an der Jugendpolitik der Bundesregierung Dr. Barth, Staatssekretär . . . . 10149 B Mertes (FDP) 10149 B Frage des Abg. Schlager: Verwendung von einheimischem Granit für die Staatsbibliothek in Berlin Dr. Vogel, Staatssekretär . . . . . 10149 A Präsident D. Dr. Gerstenmaier . . 10149 A, B Frage des Abg. Ertl: Grundstückspreise betreffend Olympisches Dorf . . . . . . . . . . 10150 B Fragen des Abg. Dr. Bechert (Gau-Algesheim) : Gefährdung von Nichtrauchern durch Tabakschwelprodukte . . . . . . . 10150 B Frage des Abg. Dröscher: Entschädigung für Impfschäden Frau Strobel, Bundesminister . . 10150 C, D Dröscher (SPD) . . . . . . . . 10150 D Frage des Abg. Dr. Enders: Krankenhausfinanzierung Frail Strobel, Bundesminister . 10151 A, C, D, 10152 A, B Dr. Enders (SPD) . . . . . . . . 10151 B Dr. Dittrich (CDU/CSU) 10151 C, D, 10152 A Ott (CDU/CSU) . . . . . . . . 10152 A Fragen der Abg. Frau Funcke und Frau . Mönikes: Verbilligte Reisen bei der Bundesbahn Leber, Bundesminister 10152 C, D, 10153 A, B, C, D, 10154 A, B, C, D, 10155 A Frau Funcke (FDP) 10152 C, D Opitz (FDP) . . . . . . . . 10153 A Strohmayr (SPD) . . . . . . . 10153 B Frau Geisendörfer (CDU/CSU) . . 10153 B Dr. Imle (FDP) . . . . .. . . . 10153 C Schultz (Gau-Bischofsheim) (FDP) . 10153 D Frau Freyh (SPD) 10154 A Dr. Dittrich (CDU/CSU) . . . . 10154 B Dr. Schulze-Vorberg (CDU/CSU) . 10154 B Josten (CDU/CSU) 10154 C Könen (Düsseldorf) (SPD) . . . 10154 D Dr. Hofmann (Mainz) (CDU/CSU) . 10154 D 10155 A Ott (CDU/CSU) . . . . . . . . 10155 A Fragen des Abg. Mertes: Bundesautobahn Basel—Lindau—München Leber, Bundesminister . . . 10155 B, C, D Reichmann (FDP) . . . . . . . 10156 C Frage des Abg. Dr. Hellige: Bundesbahnstrecke Göttingen—Dransfeld—Hann. Münden Leber, Bundesminister . . . . . . 10155 D Dr. Hellige (CDU/CSU) . . . . . 10155 D Fragen des Abg. Freiherr von Kühlmann-Stumm: Verkehrslage im Kreis Schlächtern . . 10156 A Frage des Abg. Burger: Ausbau der Bundesstraße 33 . . . . 10156 B Fragen des Abg. Dr. Schmidt (Wuppertal) : Schweizerische Straßenrechnung Leber, Bundesminister 10156 C, D Dr. Schmidt (Wuppertal) (CDU/CSU) 10156 C, D Frage des Abg. Dr. Schmidt (Wuppertal) : EWG-Richtlinie zur Anpassung der nationalen Systeme der Steuern für Nutzfahrzeuge — Straßenbenutzungsgebühr Leber, Bundesminister . . . . . 10157 A, B Müller-Hermann (CDU/CSU) . . 10157 B Frage des Abg. Baier: Autobahnkreuz Walldorf . . . . 10157 B Fragen des Abg: Strohmayr: Format für den Führerschein und andere Kfz-Papiere Leber, Bundesminister 10157 C, D Strohmayr (SPD) . . . . . . 10157 D Frage des Abg. Ollesch: Parkgebühren Leber, Bundesminister . . . . . . 10158 A Fragen des Abg. Müser: Kosten für Beleuchtung der Bundesautobahnen Leber, Bundesminister 10158 B Fragen des Abg. Schmidhuber: S-Bahn-Verkehr im Raum München Leber, Bundesminister . . . . . . 10158 B Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 188. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 16. Oktober 1968 III Fragen des Abg. Wieninger: S-Bahnzüge im Raum München Leber, Bundesminister . . . 10158 B, C, D Wieninger (CDU/CSU) . 10158 D, 10159 B Frage des Abg. Wieninger: Massenverkehrsmittel im Raum München Leber, Bundesminister 10159 B Eidesleistung der Bundesminister Frau Brauksiepe und Dr. Eppler 10159 C Sammelübersicht 33 des Petitionsausschusses (2. Ausschuß) über Anträge von Ausschüssen des Deutschen Bundestages zu Petitionen (Drucksache V/3293). . . . 10160 A Abgabe einer Erklärung der Bundesregierung Dr. h. c. Kiesinger, Bundeskanzler . 10160 A Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1969 (Haushaltsgesetz 1969) (Drucksache V/3330) — Erste Beratung —, in Verbindung mit Beratung der von der Bundesregierung vorgelegten Finanzplanung des Bundes 1968 bis 1972 (Drucksache V/3299), mit Entwurf eines Dritten Gesetzes über das Beteiligungsverhältnis an der Einkommensteuer und der Körperschaftsteuer (Drucksache V/3332) — Erste Beratung — und mit Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Länderfinanzausgleichsgesetzes 1965 (Drucksache V/3333) — Erste Beratung — Dr. h. c. Strauß, Bundesminister . . 10166 D Nächste Sitzung . . . . . . . . . 10183 C Anlagen 10185 A Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten . . 10185 A Anlage 2 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Anfrage des Abg. Gierenstein betr. Einschränkung der Importe von Agrarprodukten aus Ostblockländern . . . . . 10185 D Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 188. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 16. Oktober 1968 10143 188. Sitzung Bonn, den 16. Oktober 1968 Stenographischer Bericht Beginn: 9.04 Uhr Präsident D. Dr. •Gerstenmaier: Die Sitzung ist eröffnet. Meine Damen und Herren! Vor Eintritt in die Tagesordnung gebe ich bekannt, daß der Abgeordnete Müller (Worms) am 10. Oktober seinen 65. Geburtstag gefeiert hat. Ich spreche ihm die herzlichen Glückwünsche dieses Hauses aus. (Allgemeiner Beifall.) Nach § 76 Abs. 2 der Geschäftsordnung soll die Vorlage des Bundeskanzlers „Bericht der Bundesregierung über die Situation in den Europäischen Gemeinschaften" dem Auswärtigen Ausschuß überwiesen werden. — Kein Widerspruch; es ist so beschlossen. Die Fraktion der CDU/CSU hat mit Schreiben vom 27. September 1968 für den aus dem Vorstand des Deutschen Bundestages ausscheidenden Abgeordneten Dr. Götz den Abgeordneten Kühn (Hildesheim) benannt. — Das Haus ist damit einverstanden; kein Widerspruch. Der Herr Abgeordnete Kühn (Hildesheim) ist hiermit als Mitglied des Vorstands des Deutschen Bundestages gewählt. Ich spreche dem langjährigen Mitglied im Vorstand des Deutschen Bundestages, dem Abgeordneten Dr. Götz, den Dank des Hauses aus. (Beifall.) Die Fraktion der CDU/CSU hat am 30. September 1968 für den ausgeschiedenen Abgeordneten Dr. Vogel (Speyer) den Abgeordneten Dichgans als ordentliches Mitglied im Wahlprüfungsausschuß benannt. — Das Haus ist einverstanden; kein Widerspruch. Damit ist der Herr Abgeordnete Dichgans als ordentliches Mitglied des Wahlprüfungsausschusses gewählt. Nach § 9 Abs. 1 des Gesetzes zu Art. 10 des Grundgesetzes bestimmt der Bundestag aus seiner Mitte ein aus fünf Abgeordneten bestehendes Gremium. Die Fraktionen haben dafür folgende Mitglieder benannt: die CDU/CSU Herrn Abgeordneten Dr. Even und Herrn Abgeordneten Dr. Jaeger, die SPD Herrn Abgeordneten Hirsch und Herrn Abgeordneten Hansing und die FDP Herrn Abgeordneten Dorn. — Das Haus ist einverstanden. Damit sind die benannten Abgeordneten als Mitglieder des Gremiums nach § 9 Abs. 1 des Gesetzes zu Art. 10 des Grundgesetzes bestimmt. Die folgenden amtlichen Mitteilungen werden ohne Verlesung in den Stenographischen Bericht aufgenommen: Der Bundesminister für Verkehr hat am 28. September 1968 die Kleine Anfrage der Fraktion der FDP betr. Koordinlerungsausschuß für Straßenbauplanung — Drucksache V/3249 — beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache V/3303 verteilt. Der Bundesminister für wissenschaftliche Forschung hat am 30. September 1968 die Kleine Anfrage der Fraktion der FDP betr. Förderung von deutschen Wissenschaftlern und der Zusammenarbeit auf internationaler Basis — Drucksache V/3176 — beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache V/3319 verteilt. Der Bundesminister des Innern hat am 2. Oktober 1968 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dorn, Moersch und der Fraktion der FDP betr. Reform von Parlaments- und Regierungsarbeit — Drucksache V/3253 — beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache V/3327 verteilt. Der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft hat am 7. Oktober 1968 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Lampersbach, Dr. Pohle, Orgaß und Genossen betr. Rechtsverordnung nach § 20 des Gesetzes zur Anpassung und Gesundung des deutschen Steinkohlenbergbaus und der deutschen Steinkohlenbergbaugebiete — Drucksache V/3251 — beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache V/3328 verteilt. Der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft hat am 9. Oktober 1968 die Kleine Anfrage der Fraktion der FDP betr. Fortschreibung der mittelfristigen Finanzplanung — Entwicklung der Einkommen aus mittelständiger Arbeit — Drucksache V/3240 — beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache V/3330 verteilt. Der Bundesminister der Verteidigung hat am 11. Oktober 1968 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Schultz (Gau-Bischofsheim), Ollesch, Jung, Schmidt (Kempten), Porsch, Mischnick und der Fraktion der FDP betr. Kritische Unteroffizierslage der Bundeswehr — Drucksache V/3257 — beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache V13345 verteilt. Der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung hat am 10. Oktober 1968 die Kleine Anfrage der Fraktion der FDP betr. Beseitigung von Defiziten in der Arbeiterrentenversicherung und der gesetzlichen Krankenversicherung — Drucksache V/3234 — beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache V/3347 verteilt. Der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung hat am 10. Oktober die Kleine Anfrage der Fraktion der SPD betr. Rentenversicherung und Sozialbudget — Drucksache V/3219 — beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache V/3348 verteilt. Gemäß § 6 Abs. 2 des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht vom 12. März 1951 in der Fassung des Gesetzes vom 21. Juli 1956 ist der Abgeordnete Dr. Schmidt (Wuppertal) aus der Reihe der nicht mehr Gewählten für den ausgeschiedenen Abgeordneten Benda als Wahlmann nachgerückt. Der Präsident des Bundestages hat am 28. Juni 1968 die Verordnung (EWG) Nr. 652/68 des Rates vom 29. Mai 1968 zur Festsetzung der Beihilfe für die Erzeugung von Hartweizen für das Wirtschaftsjahr 1968/69 dem Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten überwiesen mit der Bitte um Berichterstattung, wenn im Ausschuß Bedenken gegen die Verordnung erhoben werden. Der Vorsitzende des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten hat am 2. Juli 1968 mitgeteilt, daß Bedenken nicht erhoben würden. Der Vorsitzende des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen hat am 1. Oktober 1968 mitgeteilt, daß der Ausschuß für Wirtschaft und Mittelstandsfragen Bedenken gegen die inzwischen verkündete Verordnung (EWG) Nr. 950/68 des Rates vom 28. Juni 1968 über den Gemeinsamen Zolltarif nicht erhoben hat. 10144 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 188. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 16. Oktober 1968 Der Vorsitzende des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen hat am 7. Oktober 1968 mitgeteilt, daß der federführende Ausschuß für Wirtschaft und Mittelstandsfragen und die zum Teil mitberatenden Ausschüsse für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten bzw. Haushalt gegen die nachstehenden Verordnungen, die alle bereits im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften verkündet wurden und in Kraft getreten sind, keine Bedenken erhoben haben: Verordnung (EWG) Nr. 653/68 des Rates vom 30. Mai 1968 über die Bedingungen für die Änderung des Wertes der Rechnungseinheit für die gemeinsame Agrarpolitik Verordnung des Rates über die Bedingungen für die Änderung des Wertes der Rechnungseinheit für die gemeinsame Agrarpolitik (geänderter Vorschlag) Verordnung des Rates zur Festsetzung der Durchführungsvorschriften zu der vorstehenden Verordnung — Drucksache V/2866 —Verordnung des Rates Nr. 666/68 vom 30. Mai 1968 zur Anderung von Artikel 6 und der Anhänge A und B der Verordnung Nr. 217/67 EWG Verordnung Nr. 735/68 des Rates vom 18. Juni 1968 zur Änderung bestimmter Vorschriften der Verordnung Nr. 83/67/EWG Verordnung (EWG) Nr. 799/68 des Rates vom 27. Juni 1968 über eine vorübergehende Abweichung bei bestimmten Waren, von den Bestimmungen der Verordnung Nr. 160/66/EWG, welche das Verfahren zur Berechnung der beweglichen Teilbeträge betreffen Verordnung (EWG) Nr. 812/68 des Rates vom 28. Juni 1968 über die vorübergehende teilweise Aussetzung bestimmter Zollsätze des Gemeinsamen Zolltarifs Verordnung des Rates über die Grundregeln für die Gewährung von Erstattungen bei der Ausfuhr von Rindfleisch und über die Kriterien für die Festsetzung des Erstattungsbetrags — Drucksache V/2811 — Verordnung des Rates zur Änderung der Verordnung Nr. 755/67/EWG — Drucksache V/3145 — Der Präsident des Bundestages hat entsprechend dem Beschluß des Bundestages vom 23. Februar 1962 die Fünfunddreißigste Verordnung zur Änderung der Einfuhrliste — Anlage zum Außenwirtschaftsgesetz — Drucksache V/3285 — an den Ausschuß für Wirtschaft und Mittelstandsfragen überwiesen mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 15. Januar 1969 Der Präsident des Bundestages hat entsprechend dem Beschluß des Bundestages vom 25. Juni 1959 die nachstehenden Vorlagen überwiesen: Verordnung des Rates zur Änderung der Verordnung Nr. 359/67/EWG über die gemeinsame Marktorganisation für Reis bezüglich des Verfahrens für die Festsetzung des Berichtigungsbetrags für die Erstattung — Drucksache V/3269 — überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat, die voraussichtlich im Dezember erfolgen wird Verordnung des Rates zur neuen Änderung der Verordnung Nr. 120/67/EWG über die gemeinsame Marktorganisation für Getreide, insbesondere hinsichtlich der für Italien vorgesehenen besonderen Maßnahmen — Drucksache V/3270 -- überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (federführend) und an den Haushaltsausschuß mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat, die voraussichtlich im Oktober erfolgen wird Richtlinie des Rates für die Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten betreffend die technischen Sicherheitsmaßnahmen bei Bau und Betrieb von Ölfernleitungen — Drucksache V/3271 — überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft und Mittelstandsfragen mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat, die voraussichtlich im Dezember erfolgen wird Verordnung des Rates zur Änderung der Verordnung Nr. 800/68 hinsichtlich der tariflichen Bezeichnung der aus den assoziierten afrikanischen Staaten und Madagaskar oder den überseeischen Ländern und Gebieten eingeführten Stärke — Drucksache V/3276 -- überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft und Mittelstandsfragen mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat, die voraussichtlich im September erfolgen wird Richtlinie des Rates für die Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über gewisse Ausrüstungen und Merkmale von Kraftfahrzeugen — Rückspiegel — Sichtfeld — Scheibenwischer — Scheibenwascher Richtlinie des Rates für die Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Steckvorrichtungen an Kraftfahrzeugen für den Anschluß der Beleuchtungs- und Lichtsignaleinrichtungen des Anhängers Richtlinie des Rates für die Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Vorrichtungen für Schallzeichen von Kraftfahrzeugen — Drucksache V/3280 — überwiesen an den Verkehrsausschuß (federführend) und an den Ausschuß für Gesundheitswesen mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat, die voraussichtlich im Dezember erfolgen wird Verordnung des Rates zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1114/68 — Drucksache V/3304 — überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft und Mittelstandsfragen mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat, die voraussichtlich im Oktober erfolgen wird Verordnung (EWG) Nr. 1497/68 des Rates vom 27. September 1968 zur Verlängerung der Gültigkeitsdauer der Verordnung (EWG) Nr. 666/68 überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft und Mittelstandsfragen mit der Bitte um Berichterstattung innerhalb eines Monats, wenn im Ausschuß Bedenken gegen die Vorschläge erhoben werden Zu den in der Fragestunde der 187. Sitzung des Deutschen Bundestages am 27. September 1968 gestellten Fragen des Abgeordneten Jacobi (Köln), Drucksache V/3277 (neu) Nrn. 7 und 8 5), ist inzwischen die schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Jahn vom 30. September 1968 eingegangen. Sie lautet: Das Auswärtige Amt hat einigen Mitgliedern des Bundestages Mitte Juli auf ihre Frage nach der Zweckmäßigkeit einer Reise nach Griechenland durch den für die politischen Beziehungen zu Griechenland zuständigen Referenten in Einzelgesprächen folgende Hinweise gegeben: Es sei vom Standpunkt des Auswärtigen Amts zu begrüßen, wenn sich Mitglieder des Bundestags mit der Lage in Griechenland eingehend vertraut machten. In der Vergangenheit seien bekanntlich verschiedene Mitglieder der Fraktionen der SPD und der CDU/CSU nach Griechenland geflogen, um sich an Ort und Stelle ein Bild zu machen. Wir seien zwar im Prinzip der Ansicht, daß zur Zeit offizielle bilaterale Besuche nicht stattfinden sollten, doch gelte dies nicht für Einzel- oder Gruppenreisen zum Zwecke der Information über die Verhältnisse in Griechenland, Derartige Reisen, in deren Verlauf tunlichst auch mit Politikern der alten Parteien Fühlung zu nehmen sei, gäben zudem Gelegenheit, dem gegenwärtigen Regime deutlich zu machen, daß eine alsbaldige Rückkehr zu rechtsstaatlichen Verhältnissen im Interesse der deutsch-griechischen Beziehungen liege. Ferner böten solche Reisen Gelegenheit, sich zugunsten bestimmter politischer Gefangener und in Griechenland zurückgehaltener Gastarbeiter zu verwenden. Der Referent hat zu der Frage, ob es ratsam sei, sich von einer Werbe-Agentur im Auftrag der griechischen Regierung einladen zu lassen, geäußert, daß dies von den Eingeladenen selbst geklärt und entschieden werden müsse. Die Auskünfte, die das Auswärtige Amt erteilt hat, besagten, daß außenpolitische Bedenken gegen die Reisen als solche nicht bestanden, daß aber die Annahme der Einladungen hierzu allein im Ermessen der Eingeladenen selbst liege. Damit, meine Damen und Herren, kommen wir zur Tagesordnung. Punkt 1: Fragestunde — Drucksachen V/3350, zu V/3350, V/3354 — Wir beginnen mit den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für gesamtdeutsche Fragen. Zunächst die Frage 1 des Herrn Abgeordneten Schlager: Bedeutet die Gewährung eines 30 000-DM-Zuschusses für die Baufinanzierung der Kindertagesstätte der Evangelischen Kirchengemeinde Selbitz (Oberfr) aus Mitteln des Ministers für gesamtdeutsche Fragen, daß der Bundesminister für gesamtdeutsche Fragen damit seine seit 1964 eingenommene Haltung aufgibt, der Betrieb von Kindertagesstätten im Zonenrandgebiet sei keine kulturelle Einrichtung im Sinne des Einzelplanes 27 02 Tit. 602 b) und damit nicht förderungswürdig? *) Siehe 187. Sitzung, Seite 10 128 D Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 188. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 16. Oktober 1968 10145 Präsident D. Dr. Gerstenmaier Ist der Herr Abgeordnete Schlager nicht im Haus? — Die Frage wird schriftlich beantwortet. Frage 73 des Herrn Abgeordneten Porsch: Wird die Bundesregierung im Rahmen ihrer Förderungsprogramme in den Zonenrandgebieten auch Zuschüsse für dringend benötigte Kindergärten einplanen, nachdem es solche fur Schulen, Kulturhallen und Hallenschwimmbäder bereits gibt? Zur Beantwortung der Frage 73 der Herr Bundesminister für gesamtdeutsche Fragen! Wehner, Bundesminister für gesamtdeutsche Fragen: Da der Herr Fragesteller zur Frage 1 nicht anwesend ist, bin ich leider genötigt, die Frage des Herrn Kollegen Porsch ein wenig umständlicher zu beantworten, als ich es sonst hätte tun müssen, weil seine Frage in einem gewissen Zusammenhang mit dem anderen Komplex steht. Ich will dabei auch auf das Spezifikum der Frage des Herrn Kollegen Porsch noch besonders eingehen. Es geht hier um den Bau von Kindergärten im Zonenrandgebiet. Die Frage der Förderung solcher Bauten ist wiederholt Gegenstand von Erörterungen und noch häufiger Gegenstand von Korrespondenz gewesen. Dabei habe ich — das will ich jetzt betonen — zu keiner Zeit die Auffassung vertreten, daß der Bau von Kindergärten nicht förderungswürdig sei. Hier ging es bisher und geht es noch nach den geltenden Bestimmungen um Eingruppierungen in die Titel des Haushaltsplans. Der Herr Kollege Schlager hatte die Frage gestellt, ob das Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen seine Auffassung hinsichtlich der Förderungswürdigkeit geändert habe. Ich muß der Ordnung halber sagen, daß der Tit. 602 b für die Förderung von Kindergärten nicht herangezogen werden kann, weil die in diesem Titel zur Verfügung stehenden Mittel nach ihrer Zweckbestimmung ausschließlich zur Förderung von kulturellen Maßnahmen gesamtdeutschen Charakters im Zonenrandgebiet bestimmt sind, während es sich bei dem Bau von Kindergärten nach der Rubrizierung überwiegend um soziale Aufgaben handelt. Das ist keine Qualitätsbewertung, sondern ganz einfach eine Frage der Eingruppierung. Angesichts der zweifellos gestiegenen Bedeutung der Errichtung von Kindergärten gerade auch im Zonenrandgebiet mit seinen besonderen Verhältnissen haben wir im Haushaltsentwurf für das Rechnungsjahr 1969 die Zweckbestimmung des Tit. 602 a, der bisher für den Bau von Schulen vorgesehen war, erweitert in „Für den Bau von Schulen und Kindergärten im Zonenrandgebiet". Dieser Titel ist um 1 Million DM von 18 auf 19 Millionen DM erhöht worden. Ich brauche das wohl nicht besonders zu begründen. Wahrscheinlich befinden wir uns hier in Übereinstimmung, daß damit, wenn auch nicht im vollen Umfang, so jedenfalls in einem Ansatz der Bedeutung Rechnung getragen wird, die der Förderung des Baues von Kindergärten in der Nähe von Schulen oder in Verbindung mit ihnen zukommt. Wenn der Bundeshaushalt nach unseren Vorstellungen verabschiedet wird — wir treten jetzt erst in die Beratungen ein —, würden die Mittel bereitstehen, um dem ersten, jedenfalls dringenden Bedarf beim Kindergartenbau im Zonenrandgebiet durch Bundesmittel abzuhelfen. Ich muß hier nicht länger auf die Frage des Herrn Kollegen Schlager zurückkommen; ich will mich jetzt auf das beschränken, was der Herr Kollege Porsch speziell gefragt hat. Wenn vom Rechnungsjahr 1969 an Mittel für den Bau von Kindergärten im Zonenrandgebiet in eines unserer Förderungsprogramme aufgenommen werden können, so steht einer positiven Behandlung solcher Fragen nichts im Wege, wenn auch den übrigen Kriterien Rechnung getragen wird. Ich hoffe, ich bin nicht indiskret, wenn ich vermute, daß Sie, Herr Kollege, dabei auch die Förderung eines Kindergartens in der Gemeinde Speichersdorf im Kreis Kemnath in der Oberpfalz im Auge haben. Wir haben diesen uns vorliegenden Antrag bisher nicht abschließend behandeln können, weil die von uns beim bayerischen Kultusministerium erbetene Stellungnahme immer noch aussteht. Wenn das bayerische Kultusministerium den Antrag für besonders dringlich halten sollte — was ich nicht beurteilen kann —, könnte diesem Antrag, was uns betrifft, ausnahmsweise noch in diesem Jahr stattgegeben werden.
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    Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich a) Beurlaubungen Dr. Achenbach 18. 10. Dr. Aigner 18. 10. Frau Albertz 16. 10. Dr. Arndt (Berlin/Köln) 18. 10. Bäuerle 16. 10. Bauer (Wasserburg) 18. 10. Bauer (Würzburg) * 18. 10. Berlin 18. 10. Blumenfeld * 18. 10. Borm 18. 10. Brück (Holz) * 18. 10. Diekmann 18. 10. Draeger * 18. 10. Dr. Eckhardt 18. 10. Flämig * 18. 10. Frehsee 17. 10. Frieler 18. 10. Gerlach ** 19. 10. Gierenstein 18. 10. Hahn (Bielefeld) ** 21. 10. Hellenbrock 31. 10. Frau Herklotz * 18. 10. Herold * 18. 10. Höhmann (Hessisch Lichtenau) 18. 10. Hösl. * 18. 10. Hübner 18. 10. Dr. Jaeger 18. 10. Jahn (Marburg) * 16. 10. Jung 20. 10. Dr. Kempfler * 18. 10. Kiep 16. 10. Frau Klee * 18. 10. Dr. Kliesing (Honnef) * 18. 10. Dr. Kopf * 18. 10. Dr. Kübler * 18. 10. Freiherr von Kühlmann-Stumm 18. 10. Lemmer 18. 10. Lenze (Attendorn) * 18. 10. Dr. Löhr 18. 10. Lücker (München) ** 16. 10. Dr. h. c. Menne (Frankfurt) 16. 10. Dr. von Merkatz 18. 10. Metzger 19. 10. Mischnick 16. 10. Missbach 18. 10. Dr. Mommer 18. 10. Frau Mönikes 16. 10. Müller (Aachen-Land) ** 18. 10. Dr. Müller (München) * 18. 10. Frau Pitz-Savelsberg * 18. 10. Pöhler * 18. 10. Richter 20. 10. * Für die Teilnahme an einer Versammlung der Westeuropäischen Union ** Für die Teilnahme an Ausschußsitzungen des Europäischen Parlaments Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Dr. Rinderspacher * 18. 10. Rommerskirchen 18. 10. Dr. Rutschke * 18. 10. Sander * 18. 10. Schlager 18. 10. Dr. Schmidt (Würgendorf) * 18. 10. Schulhoff 16. 10. Dr. Schulz (Berlin) * 18. 10. Seidel 18. 10. Seifriz 18. 10. Dr. Serres * 18. 10. Dr. Süsterhenn 18. 10. Stücklen 18. 10. Dr. Freiherr von Vittinghoff-Schell * 18. 10. Walter 31. 10. Frau Wessel 31. 12. Wienand * 18. 10. Dr. Wilhelmi 18. 10. Wurbs 18. 10. b) Urlaubsanträge Dr. Birrenbach 23. 10. Burger 1. 11. Frau Griesinger 3. 11. Hauck 2. 11. Horstmeier 1. 11. Frau Kleinert 8. 11. Kubitza 1. 11. Lampersbach 25 10. Steinhoff 31. 10. Frau Stommel 1. 11. Dr. Tamblé 31. 10. Wendt 1. 11. Anlage 2 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Jahn vom 30. September 1968 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Gierenstein (Drucksache V/3277 [neu] Frage 12) : Die Bundesregierung erwägt keine Einschränkung der Importe von Agrarprodukten aus den Ostblockländern, die sich an der Okkupation der Tschechoslowakei beteiligt haben. Die Bundesregierung bleibt auch weiterhin bestrebt, ihre auf friedlichen Ausgleich und Zusammenarbeit gerichtete Politik durch die Aufrechterhaltung der bestehenden Wirtschaftsbeziehungen zu den osteuropäischen Staaten fortzusetzen. Die Einfuhren der wichtigsten Agrarerzeugnisse aus diesen Ländern (z. B. Getreide, Schweinefleisch, Rindfleisch, Eier und Geflügel sowie Ole und Fette) sind durch die EWG-Marktordnungen für alle EWG-Mitgliedstaaten einheitlich geregelt. Die Bundesregierung könnte in diesem Bereich schon aus 10186 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 188. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 16. Oktober 1968 Rechtsgründen keine von der EWG isolierten Maßnahmen treffen. Für die übrigen Güter der Ernährung und Landwirtschaft, die Gegenstand des Handels mit osteuropäischen Ländern sind, enthalten die jeweiligen Handelsabkommen mit diesen Ländern die gegenseitige Verpflichtung, angemessene Einfuhrmöglichkeiten zu schaffen. Den deutschen Einfuhrkontingenten entsprechen somit auf der anderen Seite Zugeständnisse der einzelnen Länder, die sich auch auf den Agrarsektor beziehen.
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    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich hätte heute zu Beginn der Beratungen über den Haushalt und die Fortschreibung der mittelfristigen Finanzplanung das Wort nicht genommen, wenn mir nicht der Wunsch der Fraktionen dieses Hohen Hauses übermittelt worden wäre, eine Erklärung über die Verhandlungen mit dem französischen Staatspräsidenten am 27. und 28. September abzugeben und auch zu einigen wichtigen Fragen der Innenpolitik Stellung zu nehmen.
    Seit meiner Erklärung vom 25. September ist im Gefolge der Ereignisse in der Tschechoslowakei vieles in Bewegung geraten. Ich meine daher, die Gelegenheit benutzen zu sollen, um dem Hohen Hause nicht nur über das Ergebnis der deutsch-französischen Beratungen, sondern auch über die Entwicklung der vergangenen drei Wochen zu berichten.
    Nachdem der Versuch der sowjetischen Führung, ihre Intervention in der Tschechoslowakei mit der Behauptung zu rechtfertigen, die tschechoslowakische Regierung habe um diese Intervention gebeten, gescheitert war, hat Moskau eine Theorie verkündet, die besagt, daß ein Land, das einmal sozialistisch geworden sei, immer sozialistisch bleiben müsse und daß, um diesen Status zu wahren, der Sowjetunion und den übrigen Mächten des Warschauer Paktes ein Interventionsrecht gegenüber einem Abweichenden zustehe.
    Diese Theorie wurde schon in dem Brief der intervenierenden fünf Mächte des Warschauer Paktes an die Kommunistische Partei der CSSR vom 15. Juli 1968 formuliert. Es lohnt sich, daran zu erinnern. Es hieß dort:
    „Wir werden niemals zulassen, daß der Imperialismus auf friedlichem oder unfriedlichem Wege von innen oder von außen her eine Bresche in das sozialistische System schlägt und das Kräfteverhältnis zu seinen Gunsten verändert."
    Ähnliche Gedankengänge enthielt die zweite Mitteilung, die mir Botschafter Zarapkin am 2. September überbrachte. In Artikeln der führenden sowjetrussischen Zeitungen und in der Rede des sowjetrussischen Außenministers vor den Vereinten Nationen am 3. Oktober wurde diese Doktrin weiter präzisiert.
    In unsere politische Sprache übersetzt bedeutet dies, daß die Sowjetunion auch eine friedliche Annäherung zwischen West- und Osteuropa jederzeit als eine Gefährdung und Bedrohung ihrer hegemonialen Sphäre bewerten kann. Eine Politik, die sich die Entspannung zwischen dem Osten und dem Westen zum Ziel gesetzt hat, muß also jederzeit damit rechnen, daß sie als aggressiv verurteilt wird, wenn die Sowjetunion dadurch eine Gefährdung ihrer Interessen im Sinne der neuen Doktrin befürchtet.
    Die kommunistischen Länder im Einflußbereich Moskaus, so wird offen verkündet, müssen insoweit eine Begrenzung ihrer Souveränität hinnehmen. Ihre Beziehungen zur übrigen Welt werden durch die von Moskau verkündeten und gehüteten Regeln des Zusammenlebens der sozialistischen Staaten beschränkt. Art und Umfang der Beziehungen nichtsozialistischer Länder zu Ländern des sozialistischen Einflußbereichs der Sowjetunion werden also nur innerhalb des von Moskau abgesteckten Rahmens zugelassen. Wer gegen diese von Moskau aufgestellten Regeln — friedlich oder unfriedlich — verstößt, wird als ein Konterrevolutionär und ein aggressiver Störer des Friedens gebrandmarkt.
    Meine Damen und Herren! Diese neue, zwar schon in früheren Jahren gelegentlich anklingende, aber jetzt in voller Schärfe formulierte Doktrin zwingt uns wie alle Völker der übrigen, insbesondere der westlichen Welt zu einer Überprüfung unserer bisherigen Politik. Der sowjetrussische Außenminister hat in seiner Rede vor den Vereinten Nationen in diesem Zusammenhang unsere eigene Politik ausdrücklich angegriffen. Er behauptete, in Bonn fänden sich Politiker, die Europa einem neuen Zuschnitt unterwerfen möchten durch Aushöhlung der Abkommen der Alliierten. Ich selbst hätte vor kurzem offen erklärt, daß die Bundesrepublik Deutschland eine Änderung des Status quo in Europa fordere.
    Wir weisen diese Behauptung mit allem Nachdruck zurück. Wir wollen Europa keinem neuen Zuschnitt unterwerfen. Es war und ist nicht unsere Absicht, die Verhältnisse im sozialistischen Lager, weder die inneren Verhältnisse der einzelnen sozialistischen Länder noch ihre Beziehungen zueinander, zu beeinflussen, nicht ideologisch, nicht politisch, nicht militärisch und nicht wirtschaftlich.
    Was wir in den beiden vergangenen Jahren getan haben, meine Damen und Herren, entsprach paradoxerweise einer Feststellung der Karlsbader Erklärung vom April 1967. Dort wurde begrüßt, daß sich gegenwärtig in der öffentlichen Meinung Europas ernsthafte Veränderungen zur Überwindung einer unfruchtbaren und gefährlichen Politik der Spaltung Europas vollzögen. Zwischen Ländern mit unterschiedlichen kapitalistischen und sozialistischen Gesellschaftsordnungen entwickelten sich, so hieß es da, Beziehungen der Zusammenarbeit, besonders auf dem Gebiet der Wirtschaft und der Kultur.



    Bundeskanzler Dr. h. c. Kiesinger
    Meine Damen und Herren, auch wir sahen in einer solchen sich anbahnenden Zusammenarbeit einen Weg zu besseren Zuständen in Europa. Noch im März dieses Jahres stellte der Generalsekretär der NATO fest, daß zwar eine angemessene Verteidigung weiterhin unabdingbar sei, daß aber jetzt als neues Element der Akzent etwas stärker auf der Forderung liege, zu einer Verständigung, zu einer Annäherung mit Osteuropa zu gelangen. Dies sei, so sagte er, eine Politik der ausgestreckten Hand, und es sei nun Sache der kommunistischen Länder, sich darüber klar zu werden, ob sie diese Hand ergreifen oder zurückweisen sollten.
    Ich hatte die oben angeführte Stelle aus der Karlsbader Erklärung vor kurzem in meiner Rede auf dem Deutschlandtag der Jungen Union zitiert. Es ist danach das Mißverständnis entstanden, als hätte ich durch dieses Zitat dem vollen Inhalt der Karlsbader 'Erklärung meine Zustimmung geben wollen. Das ist natürlich grotesk. Ich hatte selbstverständlich nichts Derartiges gemeint und nichts Derartiges gesagt.
    Nach den neuesten Äußerungen aus Moskau muß es nun fraglich erscheinen, ob die Sowjetunion die damals in Karlsbad begrüßte Zusammenarbeit zwischen sozialistischen und nichtsozialistischen Ländern heute noch billigen will. Wenn der sowjetische Außenminister mich angeklagt hat, ich wolle, da ich auf der friedlichen Wiedervereinigung Deutschlands im Wege der Verständigung der Beteiligten bestehe, in aggressiver Weise den Status quo ändern, so muß ich ihm diesen Vorwurf zurückgeben. Es ist in Wahrheit die Sowjetunion, die eine Änderung des Status quo beabsichtigt, wenn sie die zeitweilige Spaltung Deutschlands mit ihrer neuen Doktrin verewigen will.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Sie weiß genau, daß die überwältigende Mehrheit der Völker die sowjetrussische Auffassung nicht billigt. In der Debatte der Vereinten Nationen ist wieder, wie so oft, von einer ganzen Anzahl von Rednern das Recht des deutschen Volkes auf seine Wiedervereinigung in Frieden und Freiheit anerkannt worden.
    Wir haben — das muß immer wieder in die Erinnerung gerufen werden, weil uns die Sowjetunion gern als den Störenfried, den einzigen Störenfried darstellt — für unser friedliches nationales Anliegen bis zur Stunde die moralische und politische Unterstützung der großen Mehrheit der Völker unserer Erde.
    '(Beifall.)

    Vielleicht ist es hilfreich, wenn ich bei der Versicherung, daß wir die Einheit unseres Volkes mit friedlichen Mitteln erstreben, noch einmal ausdrücklich wiederhole, daß diese Bemühungen den Weg einer Verständigung, eines Einvernehmens aller an dem Problem Beteiligten, also auch mit der Sowjetunion suchen müssen. Ich frage mich neugierig, ob in der neuen Moskauer Doktrin auch dieses Verständigungsangebot als ein Fall feindseliger Aggression einbegriffen ist.
    Ich habe in den vergangenen beiden Jahren immer wieder betont — und wir alle haben es getan —, daß wir uns bei unseren Bemühungen um die Einheit unseres Volkes unserer Verantwortung für den Frieden voll bewußt sind. Wir haben ebenso oft gesagt, daß wir wissen, daß dieses schwierige politische Problem in einer Weise gelöst werden muß, die den berechtigten Interessen aller Beteiligten, also auch der Sowjetunion, gerecht wird, und wir haben ebenso oft klar gesagt, daß dies nur in einer allmählichen Überwindung des bestehenden Gegensatzes und der bestehenden Spannungen durch eine gemeinsame Bemühung um die Anbahnung einer Ordnung des Friedens in Europa gelingen kann. Meine Damen und Herren, dies ist ein völlig klares und redliches politisches Programm, über dessen Verwirklichung wir mit der Sowjetunion und allen anderen Beteiligten auch in Zukunft zu sprechen bereit sind, und genau dies meinen wir, wenn wir sagen, daß wir unsere Friedenspolitik trotz aller Enttäuschungen fortsetzen wollen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Leider hat weder die Rede des Außenministers der Sowjetunion vor den Vereinten Nationen noch die Unterredung zwischen unserem Außenminister und Herrn Gromyko in New York ein ermutigendes Ergebnis gebracht. Herr Gromyko wiederholte lediglich die bekannten Forderungen Moskaus, die man dort als unabdingbar bezeichnet. Wenn wir, meine Damen und Herren, trotzdem an einer Politik festhalten, welche die künftige Sicherung des Friedens in Europa durch eine letztliche Verständigung der Völker und Staaten anstrebt, so folgen wir damit keineswegs einer Palmström-Logik: weil nicht sein kann, was nicht sein darf, sondern wir folgen unbeirrbar der Erkenntnis, daß das, was heute noch nicht sein kann, vielleicht morgen oder übermorgen möglich sein wird.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Mit dieser unserer Friedenspolitik steht unsere Entschlossenheit zur Bewahrung und Festigung des nordatlantischen Bündnisses keineswegs im Widerspruch. Im Gegenteil! Solange die hochgerüstete militärische Macht der Sowjetunion und des sozialistischen Lagers besteht, muß ihr eine angemessene Verteidigungskraft des Westens entsprechen. Es geht dabei nicht um die Frage, welche Absichten wir bei den Führern der Sowjetunion vermuten. Dieser Irrtum ist leider in der Vergangenheit von manchen begangen worden. Die bloße Existenz einer so gewaltigen militärischen Macht auf der Seite der Sowjetunion fordert auf der Seites des Westens eine entsprechende Anstrengung. Nur unter dieser Voraussetzung — ich wiederhole es — kann der Westen eine Politik der Verständigung und des . Friedens mit der Sowjetunion betreiben. Ohne eine solche Sicherheit wären das Gleichgewicht und der Frieden in der Welt aufs höchste gefährdet. Es gibt natürlich eine Alternative, die wir bei weitem vorziehen würden — und wir haben es schon oft gesagt —: die schrittweise, kontrollierte, gleichzeitige und gleichwertige Abrüstung auf beiden Seiten. Diese Regierung wird sich auch in Zukunft bemühen, dazu durch eigene Initiativen beizutragen.



    Bundeskanzler Dr. h. c. Kiesinger
    Meine Damen und Herren, die militärische Intervention der Sowjetunion und anderer Mächte des Warschauer Paktes in der Tschechoslowakei ist nicht nur fast einmütig von den Staaten der Welt verurteilt worden; sie hat auch zu einer neuen Bestätigung des Verteidigungsauftrages des nordatlantischen Bündnisses geführt. Präsident Johnson hat am 10. September 1968 erklärt, aus diesem aggressiven Akt seien neue militärische und politische Risiken entstanden, die eine noch engere Zusammenarbeit zwischen den westlichen Verbündeten erforderten. Wir begrüßen diese Feststellung. Er und andere führende Staatsmänner der verbündeten Länder haben keinen Zweifel darüber gelassen, daß im Falle der Anwendung von Gewalt gegen das von der Allianz geschützte Gebiet die Bündnisverpflichtungen voll erfüllt würden.
    Die Sowjetunion weiß genau, daß der verbündete Westen niemals einen Angriff gegen sie oder gegen ein Land des sozialistischen Lagers beginnen würde. Der Zweck des Bündnisses ist die Verteidigung im Falles eines Angriffs bzw. die Verhinderung eines solchen durch die Existenz der Allianz. Die Sowjetunion weiß ebensogut, daß die Verteidigungsanstrengungen des Westens sich nach dem Bestand ihrer eigenen militärischen Macht richten. Sie hat es also selbst in der Hand, durch die Verminderung ihrer militärischen Macht auch auf die Rüstung des Westens Einfluß zu nehmen. Die Sowjetunion kann sich nicht darüber täuschen, daß sie durch die Besetzung der Tschechoslowakei und durch die Bereitstellung sowjetischer Divisionen an der deutsch-tschechoslowakischen Grenze die militärische Lage verändert hat. Die Zurückziehung ihrer Streitkräfte aus der Tschechoslowakei würde es den verbündeten Ländern ersparen, neue Überlegungen und Maßnahmen zu treffen, die dieser veränderten Situation entsprechen. Noch ist es dafür nicht zu spät.
    Die Gremien des Bündnisses haben sich in den vergangenen Wochen wiederholt mit den Konsequenzen dieser geänderten Situation und der Verbesserung der Verteidigungsbereitschaft der NATO-Streitkräfte befaßt. Bei einer Begegnung der NATO-Außenminister in New York am 7. Oktober, an der, wie Sie wissen, auch unser Außenminister teilgenommen hat, wurde eine Einigung über die Vorverlegung der nächsten Ministerkonferenz auf den 14. bis 16. November erzielt.
    Die sowjetrussische Intervention in der Tschechoslowakei und die dadurch bedingte Änderung der militärischen Lage haben Pläne innerhalb des nordatlantischen Bündnisses, die Zusammenarbeit der europäischen Partner zu verstärken, wieder belebt. Einige europäische Regierungen haben bestimmte Vorstellungen dazu entwickelt, und auch in Amerika hat der Gedanke, innerhalb des atlantischen Bündnisses einen europäischen Kern zu bilden, an Boden gewonnen. Das steht in Verbindung mit dem Wunsch der Vereinigten Staaten und ihrer Regierung und der amerikanischen öffentlichen Meinung nach einer stärkeren Beteiligung der verbündeten europäischen Partner an der gemeinsamen Verteidigung. Meine Damen und Herren, die Bundesregierung ist bereit, solche Vorschläge zu prüfen und sich an entsprechenden Überlegungen und Beratungen zu beteiligen. Das Ergebnis solcher Beratungen könnte für das Verhältnis der europäischen Partner zu den Vereinigten Staaten und für die Zukunft des Bündnisses von größter Bedeutung sein.
    Ich hatte am 11. Oktober den Besuch des amerikanischen Verteidigungsministers Mr. Clifford, der mir eine mündliche Botschaft des amerikanischen Präsidenten überbrachte, eine Botschaft, die sich auf die mit dem sowjetischen Einfall in der Tschechoslowakei verbundenen Probleme und auf die NATO bezog. In dieser Botschaft bestätigte der Präsident erneut, für die Vereinigten Staaten sei die NATO von überragender Bedeutung. Die Vereinigten Staaten stünden zu ihren Verpflichtungen. Diese Verpflichtungen gründeten sich nicht nur auf die Freundschaft mit den Bündnispartnern, sondern auf die Einsicht, daß es notwendig sei, durch ein funktionierendes Bündnis eine Weltkatastrophe zu vermeiden. Mit großem Nachdruck wies der Verteidigungsminister im Auftrag seines Präsidenten auf die Notwendigkeit der Verstärkung der Anstrengungen der europäischen Partner für das gemeinsame Bündnis hin.
    Dabei kam auch das Problem des Devisenausgleichs zur Sprache, das in den Beziehungen unserer beiden Länder seit Jahren, wie Sie wissen, eine besondere Rolle spielt. Wir haben in den letzten beiden Jahren kurzfristige Lösungen gefunden. Es wird aber unvermeidbar sein, eine für beide Länder akzeptable längerfristige Regelung zu vereinbaren. Eine solche Vereinbarung — das will ich nicht verschweigen — würde uns allerdings vor sehr schwierige Probleme stellen, wenn sie mit einer Erhöhung unseres eigenen Verteidigungshaushalts parallel liefe.
    Wie Sie wissen, meine Damen und Herren, hat der amerikanische Präsident aufs neue durch seinen Verteidigungsminister in Berlin bestätigt, daß die Vereinigten Staaten klar, voll und uneingeschränkt zu Berlin stehen. Wir verzeichnen diese Aussage mit Dankbarkeit.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Nun zu unseren Gesprächen mit General de Gaulle und seinen Mitarbeitern. Sie knüpften unmittelbar an die Ereignisse in der Tschechoslowakei an. Wir waren uns in der Verurteilung der Intervention der Sowjetunion in der CSSR einig, ebenso — trotz des schweren Rückschlags — in der Überzeugung der Notwendigkeit der Fortsetzung einer europäischen Friedenspolitik, die auch allein zur Überwindung der Teilung Deutschlands führen kann. Unsere französischen Gesprächspartner bestätigten, daß wir uns trotz der Verschiedenheit der Lage unserer beiden Länder ,gegenüber der Sowjetunion und den osteuropäischen Staaten im Ernstfall einer Katastrophe beisammen finden würden.
    Im Zusammenhang mit dem Nordatlantischen Bündnis erklärten sie, daß sie uns keineswegs den Austritt aus dem integrierten System des Bündnisses zugemutet hätten und daß sie volles Verständnis für unseren Wunsch nach Anwesenheit ver-



    Bundeskanzler Dr. h. c. Kiesinger
    bündeter, insbesondere amerikanischer Truppen in der Bundesrepublik hätten. Der General wies bei dieser Gelegenheit darauf hin, daß Frankreich das zweitstärkste Kontingent verbündeter Truppen auf dem Gebiete der Bundesrepublik stelle, ohne dafür einen Devisenausgleich zu fordern.
    Im Verlaufe der Gespräche erläuterten wir unseren französischen Gästen unsere Haltung gegenüber einem Atomsperrvertrag und machten ihnen ganz deutlich, daß damit keinerlei Absichten auf den Besitz nuklearer Waffen verbunden sind. Wir bleiben bei den von uns eingegangenen Verpflichtungen.
    Einen großen Teil der Gespräche mit unseren französischen Gästen nahm das Thema des Ausbaus und der Erweiterung der europäischen Gemeinschaften ein. Ich stelle mit Befriedigung fest, daß unsere Gesprächspartner das Ergebnis der Februar-Besprechungen noch einmal bekräftigt haben. Dort hieß es, daß beide Regierungen die Erweiterung der Gemeinschaften um andere europäische Länder wünschen und daß dies namentlich für Großbritannien gilt. Es ist sattsam bekannt, daß wir, wie auch die anderen Staaten der Gemeinschaft, verschiedener Ansicht mit Frankreich darüber sind, wie und wann die Verwirklichung dieser Erweiterung begonnen wenden kann. Das ist einer leidige Tatsache.
    Wir hatten am 27. September in Brüssel unsererseits Vorschläge unterbreitet, in denen wir versucht haben, den verschiedenen Standpunkten und den gegebenen Möglichkeiten für eine konstruktive Lösung Rechnung zu tragen. Wir haben diese Vorschläge in unseren Gesprächen noch einmal eingehend erläutert. Sie knüpfen an diese gemeinsame deutsch-französische Erklärung vom 16. Februar dieses Jahres über eine handelspolitische Zwischenlösung an, an der Frankreich, sogar mit gewissen Erweiterungen, auch seinerseits weiterhin festhalten will.
    Unsere französischen Partner haben uns auch versichert, daß sie in dem Willen mit uns einig sind, die Gemeinschaften weiter zu entwickeln. Wir können daher jedenfalls auf französische Unterstützung für den Teil unserer in Brüssel vorgelegten Vorschläge hoffen, der sich auf den inneren Ausbau der Gemeinschaften bezieht. Diese Vorschläge, meine Damen und Herren, sollen der Überwindung der bedauerlichen Stagnation der europäischen Politik dienen. Sie sollen bei der nächsten Ratssitzung am 4. November erneut erörtert werden.
    Mir scheint — ich sage das offen — eine der Ursachen der europäischen Stagnation zu sein, daß man sich zuviel und zu vieles auf einmal vorgenommen hat und dazu noch versucht, diese verschiedenen Vorhaben miteinander zu verketten. Die innere Entwicklung des Gemeinsamen Markts wird mit der Beitrittsfrage verknüpft. Die Zusammenarbeit auf Gebieten, die nicht in der Zuständigkeit des Gemeinsamen Markts liegen, wird wiederum mit den beiden vorgenannten Problemen verbunden. Schließlich wird in das Paket auch noch das Problem der Fusion der Gemeinschaften eingebunden.
    Ich meine — und dies nicht erst sei heute —, daß wir so nicht weiterkommen werden. Wir müssen bereit sein, das Problem nicht dogmatisch, sondern pragmatisch anzugehen, ohne allerdings dabei die Zusammenhänge und die weitergesteckten Ziele aus dem Auge zu verlieren. Es gilt ganz einfach das Mögliche zu erkunden, das, was jetzt im Konsensus mit den anderen Regierungen auf den verschiedenen Sektoren getan werden kann, energisch zu tun. Wenn wir uns dazu nicht entschließen können, meine Damen und Herren, werden wir noch jahrelang auf allen Gebieten hoffnungslos auf der Stelle treten.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Ich habe schon bei einer anderen Gelegenheit richtiggestellt, daß ich nie gesagt habe, wir würden in unserer europäischen Politik keinen Schritt ohne Frankreich tun. Das ist Unsinn. Ich habe in meinem Interview am 28. September erklärt: Nach meiner Meinung kann man Europa . nur mit Frankreich bauen, oder man kann es nicht bauen; das heißt, man kann Frankreich aus den Bemühungen um die europäische Einigung nicht ausklammern. Darin weiß ich mich mit anderen führenden europäischen Staatsmännern durchaus einig. Ich habe damit wiederholt, was ich in der Regierungserklärung vom 13. Dezember 1966 sagte und was heute wie damals gilt:
    Die deutsch-französische Zusammenarbeit, die wir wünschen, richtet sich gegen kein anderes Volk... Sie ist vielmehr Kristallisationspunkt einer Politik, die sich die Einigung Europas zum Ziele gesetzt hat.... Europa kann nur mit Frankreich und Deutschland, nicht ohne oder gar gegen eines der beiden Länder, gebaut werden.

    (Zustimmung in der Mitte. — Abg. Ertl: Und England?)

    — Und England? Sie wissen genau, daß diese Regierung mit der großen Mehrheit dieses Hauses der Überzeugung ist, daß England an der europäischen Gemeinschaft und am Bau des zukünftigen Europas teilnehmen soll und muß.

    (Abg. Ertl: Gleichrangig!)

    — Aber Sie wissen ebensogut, daß wir dieses Ziel nicht dadurch erreichen können, daß wir den Stuhl Frankreichs leerwachen, um anstelle Frankreichs Großbritannien auf diesen Stuhl zu setzen. Das wünscht selbst Großbritannien nicht.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Sie müssen die Frage und den Vorwurf nicht an meine Adresse, sondern an die Adresse derjenigen richten, die sich dem Beitritt Großbritanniens aus ihren eigenen Erwägungen und Interessen widersetzen.

    (Abg. Ertl: Aber mit denen haben Sie doch gerade gesprochen!)

    — Selbstverständlich. Haben Sie in Ihrem Leben die
    Erfahrung gemacht, daß Sie mit jedem, mit dem Sie



    Bundeskanzler Dr. h. c. Kiesinger
    sprechen, auch den Erfolg erreichen, ihn von Ihrer Auffassung zu überzeugen?

    (Beifall bei den Regierungsparteien. — Abg. Schmidt [Hamburg] : Das gelingt nur den Herren von der FDP!)

    Das ist Ihnen während Ihrer ganzen oppositionellen Arbeit in den vergangenen zwei Jahren auch mit uns nicht gelungen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien. — Abg. Ertl: Zum Schaden der deutschen Politik!)

    — Das lassen wir die Geschichte beurteilen.
    So verstehen wir auch die besondere — General de Gaulle nennt sie die präferentielle — Zusammenarbeit unserer beiden Länder im Rahmen des deutschfranzösischen Vertrages. Diese Zusammenarbeit darf auf keinen Fall — ich betone dies sehr nachdrücklich — zu einer Bevormundung der übrigen Länder der Gemeinschaft führen und damit die Entwicklung Europas stören. Sie darf vor allem auch nicht eine Schwächung der bestehenden Institutionen bewirken und damit das gegenseitige Vertrauen und die Entwicklung Europas gefährden. Wir sind im Gegenteil der Meinung, daß diese Zusammenarbeit für die Kräftigung und den Ausbau dieser Institutionen eingesetzt werden muß.
    So liegen eben die Dinge. Da hilft es nicht, sich an die Klagemauer zu stellen. Man wird mit diesen Klagen keinen Fortschritt erreichen. Es wird uns eher gelingen, unsere gemeinsamen Ziele zu erreichen, wenn wir über bestehende Meinungsverschiedenheiten offen miteinander sprechen, als wenn wir sie ungelöst gegeneinander stehen lassen. Die bisherigen Erfahrungen haben uns jedenfalls gezeigt — darin besteht wohl Übereinstimmung der Meinungen in Europa —, daß es für die Zukunft Europas von entscheidender Bedeutung sein wird, daß gerade unsere beiden Länder, Frankreich und Deutschland, sich nicht dauernd voneinander entfernen. Geschähe dies, wäre .es eine Katastrophe.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Wir werden uns also weiter plagen und mühen müssen. Wir werden uns auch — ich spreche jetzt von der Bundesregierung — weiter gefallen lassen müssen, Kritik und Vorwürfe derjenigen zu hören, die, ständen sie an unserer Stelle, gewiß kein Mittel zur Lösung dieses tragischen Konfliktes finden würden.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Ich rate jedem, der allzu bereit zu solchen kritischen Äußerungen ist, sich im stillen Kämmerlein zu fragen,

    (Abg. Dr. Barzel:: Herr Mommer sitzt da drüben!)

    — hüben wie drüben —, wozu er selbst wirklich imstande sein würde. Die Politik ist eben — das ist wahr — die Kunst des Möglichen.
    Meine Damen und Herren! Ich hatte am Vorabend der deutsch-französischen Besprechungen eine Botschaft des britischen Ministerpräsidenten erhalten, in welcher Mr. Wilson mir seine Auffassung zu der augenblicklichen Lage und zu der Möglichkeit der Zusammenarbeit unserer beiden Länder im Rahmen des nordatlantischen Bündnisses und im europäischen Bereich darlegte. Ich bin Mr. Wilson für das Verständnis, das er in seiner Botschaft für unsere deutschen Probleme und für unsere Politik, auch im Zusammenhang mit den europäischen Fragen, gezeigt hat, aufrichtig dankbar. Mr. Wilson legt in seiner Botschaft insbesondere noch einmal das britische Anliegen der Teilnahme seines Landes an den europäischen Gemeinschaften in großer Eindringlichkeit dar. Ich werde seine Botschaft in den nächsten Tagen beantworten, und ich hoffe, daß wir bei seinem Besuch zu Beginn des nächsten Jahres, auf den wir uns freuen, sowohl in den Beziehungen unserer beiden Länder als auch in der europäischen Zusammenarbeit einige beträchtliche Schritte weiter gehen können.
    Die Sicherheit jedes Landes, meine Damen und Herren, hängt nicht nur von seinen auswärtigen Gegebenheiten, sondern auch von seiner inneren Stabilität und Gesundheit ab. Die Wirtschaft der Bundesrepublik, deren Entwicklung uns zur Zeit der Regierungsbildung so schwere Sorge bereitet hat, hat die berüchtigte Talsohle längst hinter sich gelassen. Sie befindet sich im Herbst dieses Jahres in vollem Aufstieg. Wir erwarten für das Jahr 1968 einen realen Zuwachs unseres Sozialprodukts von etwa 6 %. Wir haben diesen bemerkenswerten Wiederaufschwung unserer Wirtschaft in einer im ganzen optimalen Stabilität der Preise erreicht.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Es ist uns auch gelungen, die Gefahren einer außenwirtschaftlichen Gleichgewichtsstörung vor allem durch unseren längerfristigen Kapitalexport und durch die zunehmenden Einfuhren abzuwehren, womit der sonst bedenkliche Überhang unserer Handelsbilanz weitgehend kompensiert wird.
    Meine , Damen und Herren! Angesichts dieser Situation sollte man das Rätselraten um eine etwaige Aufwertung der D-Mark besser unterlassen.

    (Beifall.)

    Aufwertungsgerüchte dienen ausschließlich der Spekulation, und sie beeinträchtigen die Ausgeglichenheit unserer wirtschaftlichen Entwicklung.

    (Beifall.)

    Die Bundesregierung und die sie tragenden Fraktionen dieses Hauses dürfen auf den großen wirtschaftlichen Erfolg ihrer Politik stolz sein. Dieser Erfolg wurde trotz der zahlreichen Unkenrufe des Sommers 1967 errungen, als wir uns bei der Beratung der mittelfristigen Finanzplanung mit unserem bekannten Zielkonflikt — einerseits Ordnung der öffentlichen Finanzen, andererseits wirtschaftlicher Aufschwung — abplagten. Wir verdanken diesen großen und unbestreitbaren Erfolg einer konsequenten, engen Zusammenarbeit in der Finanz-, Haushalts- und Wirtschaftspolitik, welche die Möglichkeiten des Gesetzes zur Förderung des Wachstums und der Stabilität der Wirtschaft energisch ausgenützt hat.
    Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 188. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 16. OktobeT 1968 10165
    Bundeskanzler Dr. h. c. Kiesinger
    Auch die Ordnung unserer öffentlichen Finanzen haben wir mit großem Erfolg vorangetrieben und bedeutende Reformen begonnen. Der Herr Finanzminister wird darüber sicher ausführlich sprechen, so daß ich darauf verzichten kann, dieses Thema näher zu behandeln. Ich verzichte auch darauf, heute einen umfassenden Rechenschaftsbericht über die umfangreiche gesetzgeberische Arbeit der Bundesregierung zu geben, auf die sie mit Genugtuung verweisen kann. Ich beschränke mich — und so durfte ich wohl die Bitte der Fraktionen verstehen — auf einige wichtige, noch diskutierte oder umstrittene Probleme.

    (Zuruf von der FDP: So ist es!)

    Auf dem Gebiet der Sozialpolitik wird die Bundesregierung als ersten Schritt zu einer besseren Transparenz der sozialen Leistungen ein Sozialbudget vorlegen. Das Sozialkabinett, das sich am 9. Oktober unter meinem Vorsitz konstituiert hat, wird noch in dieser Legislaturperiode einen Bericht über die Lage der gesetzlichen Rentenversicherung erarbeiten und Alternativvorschläge zu einer dauerhaften finanziellen Konsolidierung der sozialen Altersversicherung über das Jahr 1975 hinaus vorlegen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    In diesen Zusammenhang gehört auch das Problem der Lohnfortzahlung für kranke Arbeiter. Dieses Problem ist prinzipiell nicht mehr umstritten, da die gesellschaftspolitische Unterscheidung des Arbeiters vom Angestellten der Vergangenheit angehört.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Aber wir können dieses Problem nicht anpacken, ohne die unumgängliche Reform der Krankenversicherung mit ins Auge zu fassen und in Angriff zu nehmen.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Das Ziel einer solchen Reform — darüber sind wir uns alle einig — darf nicht die Verminderung der sozialen Leistungen sein, sondern sie muß die Besserung der Leistungsfähigkeit der Krankenversicherung mit sich bringen.
    Wir alle kennen ja die Schwierigkeiten des Problems. Ich betone: Ein ganz isoliertes Vorziehen der Frage der Lohnfortzahlung hat die Gefahr, daß hinterher die notwendige Reform der Krankenversicherung, die mit dem Problem ja in einer inneren Verbindung steht, allzu leicht versanden könnte.

    (Beifall bei der CDU/CSU. — Abg. Schmidt [Hamburg] : Ist dies die Meinung des Kabinetts?)

    — Das Kabinett hat sich zu dem Problem der Lohnfortzahlung noch nicht in einem Beschluß geeinigt, aber, Herr Kollege Schmidt, ich glaube, ohne meine prognostischen Kräfte zu überschätzen, Ihnen vorhersagen zu können, daß die Meinung des Kabinetts nicht weit von meinen Feststellungen abweichen wird.

    (Beifall bei der CDU/CSU. — Abg. Schmidt [Hamburg] Ich fände es ganz gut, wenn wir nicht in einen Wetteifer der Prognosen einträten! — Zuruf von der FDP: Das ist eine Regierungserklärung!)

    — In dieser Frage, Herr Kollege Schmidt, bin ich meiner Prognose ziemlich sicher. Aber hören Sie bitte ruhig weiter zu.
    Wir alle, sagte ich, kennen die Schwierigkeiten des Problems. Und weil wir sie kennen, müssen wir eben ein Verfahren finden, das die Gefahr eines Versandens der Bemühungen um eine Reform der Krankenversicherung vermeidet. Ich finde, das ist eine ganz versöhnliche Formel.

    (Abg. Ertl: Das ist die „unreine" Lösung!) — Warten Sie ab!

    In der heiß umstrittenen Frage — Sie sehen, es kommen noch weitere heiße Eisen — der Mitbestimmung wird die Bundesregierung in dieser Legislaturperiode keine anderen Schritte unternehmen als diejenigen, die sie in der Regierungserklärung angekündigt hat. Sie hat die von ihr in Aussicht gestellte Kommission unabhängiger Sachverständiger berufen; deren Bericht, welcher die Grundlage für weitere Überlegungen sein soll, muß abgewartet werden. Ich bin mir der großen gesellschaftspolitischen Bedeutung dieser Frage durchaus bewußt. Aber eben darum glaube ich, daß sie auf das gründlichste durchdacht werden muß und daß es daher für die Bundesregierung nicht möglich sein würde, in dieser Legislaturperiode einen weiteren Schritt zu tun als den, den wir gemeinsam bei der Gründung der Regierungskoalition ins Auge gefaßt haben.
    Die Bundesregierung hat unverzüglich nach Beginn der konjunkturellen Wiederbelebung ein mittelfristiges Agrarprogramm konzipiert. Sie wird noch in diesem Jahr dem Bundestag ein Bündel von Gesetzentwürfen zur Verwirklichung dieses Programms vorlegen. Schon für das Jahr 1969 ist dafür insgesamt ein Betrag von 265 Millionen DM vorgesehen. Die Kompliziertheit der Probleme unserer Agrarpolitik im nationalen wie im europäischen Zusammenhang ist uns allen wohlvertraut. Es gibt dabei ohne Zweifel Zwangsläufigkeiten, denen wir mit keinerlei Maßnahmen ausweichen können. Aber es wird sehr darauf ankommen, daß wir genau erkennen, was wirklich unausweichlich ist, um es von dem zu unterscheiden, was zwar auch unter dem Zwang des Geschehens steht, aber trotzdem von uns konstruktiv gestaltet werden kann.
    Hier, meine Damen und Herren, liegt die Gefahr globaler langfristiger Prognosen. Wir haben schon in den vergangenen Jahren erfahren, wie begrenzt in unserer schnellebigen Zeit unsere prognostische Kraft ist.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU.)

    Wir stehen zwar immer unter dem Zwang, Prognosen wagen zu müssen, um für die Zukunft überhaupt handeln zu können. Aber wir müssen uns auch stets darüber im klaren sein, daß wir von solchen Prognosen keine mathematisch verläßliche Genauigkeit erwarten können.

    (Erneute Zustimmung bei der CDU/CSU.)

    Diese Behutsamkeit und Vorsicht ist um so mehr geboten, als wir es in der Agrarpolitik nicht nur mit einem sachlich-ökonomischen Problem zu tun haben,



    Bundeskanzler Dr. h. c. Kiesinger
    sondern mit dem Schicksal vieler bäuerlicher Menschen und Familien, die unserer Sorge anvertraut sind.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Unsere bäuerliche Bevölkerung darf gewiß sein, daß wir diese unsere Pflicht gegenüber den Menschen, bei allen unseren Bemühungen um eine moderne, an der Zukunft orientierten Agrarpolitik ganz ernst nehmen. Wir müssen sie allerdings um Verständnis dafür bitten, daß sich die gegenwärtigen Schwierigkeiten nicht durch ein Zauberrezept sofort beheben lassen Worauf sie sich aber verlassen kann, ist, daß wir alle Mittel anwenden werden, um für unsere bäuerliche Bevölkerung die Voraussetzungen für eine gesicherte und ihr gebührende Zukunft in unserem Volke zu schaffen.
    Meine Damen und Herren, in der Regierungserklärung vom 13. Dezember 1966 haben die beiden die Große Koalition bildenden Parteien angekündigt, daß während ihrer Zusammenarbeit ein neues Wahlrecht grundgesetzlich verankert werden sollte, das für Wahlen zum Deutschen Bundestag nach 1969 klare Mehrheiten ermöglicht. Auch ein Übergangswahlrecht für die Bundestagswahl 1969 sollte von der Bundesregierung geprüft werden. Im Zuge der Beratungen dieser Fragen sind starke Kräfte, insbesondere bei der Fraktion der CDU/CSU, dafür eingetreten, schon für die Bundestagswahl 1969 unter Verzicht auf eine Übergangslösung ein mehrheitsbildendes Wahlrecht einzuführen. Angesichts der Tragweite der zu treffenden Entscheidung ist eine Einigung leider bisher nicht zustande gekommen. Ich selbst halte diese Frage nach wie vor für eine der wichtigsten Entscheidungen, vor die wir gestellt sind, wichtig im Hinblick auf eine solide tragfähige Struktur des politischen Lebens in Deutschland.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Daher halte ich es für höchst wünschenswert, daß sich doch noch eine positive Entscheidung gewinnen läßt, wofür in beiden Fällen die rechtlichen Möglichkeiten noch offen sind. Ich würdige dabei durchaus die Schwierigkeiten, vor die- wir alle bei dieser Entscheidung gestellt sind.
    Meine Damen und Herren, ich glaube, daß ich damit die heißen Eisen, die anzufassen von mir erwartet wurde, auch tatsächlich behandelt und das dazu gesagt habe, was in der gegenwärtigen Lage gesagt werden kann.
    Wir 'stehen nicht nur vor einem Wahljahr, meine Damen und Herren, sondern dieses Jahr wird für die Regierung und für das Parlament noch eine überreiche Fülle von Arbeit Mit sich bringen. Wir werden nicht darum herumkommen, uns in diesem Wahljahr demokratisch miteinander auseinanderzusetzen. Auch die Koalitionspartner werden nicht darum herumkommen. Aber das Wichtigste für uns ist, daß wir die Arbeit, die vor uns liegt, trotzdem unbeirrt und gewissenhaft erledigen. Das ist es, was unser Volk von uns erwartet, und wenn wir es tun, dann wird es uns dafür danken.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)



Rede von Walter Scheel
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Meine Damen und Herren, wir kommen damit zu Punkt 5 unserer Tagesordnung:
a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1969 (Haushaltsgesetz 1969)

— Drucksache V/3300 —
b) Beratung der von der Bundesregierung vorgelegten Finanzplanung des Bundes 1968 bis 1972
— Drucksache V/3299 —
c) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes über das Beteiligungsverhältnis an der Einkommensteuer und der Körperschaftsteuer
— Drucksache V/3332 --
d) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Länderfinanzausgleichsgesetzes 1965
— Drucksache V/3333 —
Das Wort dazu hat der Herr Bundesfinanzminister.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Franz Josef Strauß


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit dem Haushaltsentwurf für das Rechnungsjahr 1969 und mit der Finanzplanung des Bundes für die Jahre 1968 bis 1972 hat die Bundesregierung ihre programmatischen Absichten dargelegt. Dieser Haushaltsentwurf und diese fortgeschriebene Finanzplanung tragen in verstärktem Maße den Stempel der bisherigen Arbeit und der politischen Vorstellungen dieser Bundesregierung. Im vorigen Jahr bestand aus mancherlei Gründen ein Zwang zu raschem Handeln; die Entscheidungen der Bundesregierung waren in gewisser Weise vorgegeben. Wir haben jetzt wieder eine bereinigte Ausgangsbasis gewonnen. Auf dieser Grundlage war in diesem Jahr der Übergang zu einer gestaltenden und in die Zukunft weisenden Finanzpolitik möglich. Wir können heute mit Befriedigung feststellen, daß diese Regierung der Großen Koalition mit der bisherigen Finanz- und Wirtschaftspolitik ihre erste große Bewährungsprobe auf einem uns alle bewegenden und die deutsche Offentlichkeit beunruhigenden Gebiet bestanden hat. Der Haushaltsentwurf 1969 und die Finanzplanung für die Jahre bis 1972, die in deutlich erkennbarer Weise ihre Ausprägung durch die politischen Absichten dieser Regierung erfahren haben, sollten deshalb auch den eigentlichen Maßstab für die Beurteilung der bisherigen Arbeit und der politischen Absichten dieser Regierung abgeben.
    Dieser Anspruch wird deutlich, wenn man die unterschiedliche Ausgangslage bei der Aufstellung der Finanzplanung im Jahre 1967 und in diesem Jahre einander gegenüberstellt. Ich darf kurz noch einmal die besonderen Probleme in die Erinnnerung



    Bundesminister Dr. h. c. Strauß
    zurückrufen, die für die finanzpolitischen Entscheidungen im vorigen Jahr bestimmend waren. Auf der einen Seite war die Aufgabe einer langfristigen Sanierung der Bundesfinanzen gestellt. Wir mußten einen Schlußstrich unter die finanzielle Entwicklung der Jahre ziehen, in denen, verschuldet von vielen Seiten, die Ausgabenflut sich beinahe der Kontrolle zu entziehen drohte. Zum anderen galt es, den anhaltenden konjunkturellen Abstieg zu beenden, der sich nicht zuletzt auch als eine Folge der Vertrauenskrise zwischen Staat und Wirtschaft entwickelt hatte, und ihn wieder in eine Aufwärtsbewegung überzuleiten.
    Mit der ersten Finanzplanung und den Gesetzen zur Verwirklichung der Finanzplanung des Bundes — ich erinnere an das Finanzänderungsgesetz 1967 und an die Steueränderungsgesetze — ist die Ordnung der Bundesfinanzen wiederhergestellt worden. Sie .kann und wird dauerhaft sein, wenn die Lehren aus der Vergangenheit verstanden worden sind, alte Sünden nicht mehr begangen und neue vermieden werden, aber auch nur dann.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Die einschneidenden Einschränkungsmaßnahmen, die seinerzeit in fast allen Punkten einer — sicherlich verständlichen — Kritik seitens der Betroffenen ausgesetzt waren, haben zu dem angestrebten Ergebnis geführt. Bei der Anpassung und Fortschreibung der Finanzplanung in diesem Jahre waren erneute gesetzgeberische Eingriffe auf der Ausgabe- oder Einnahmeseite des Haushalts in nennenswertem Umfang nicht mehr nötig. Dies scheint mir ein Erfolg der Arbeit der Jahre 1967/68 zu sein. Das bestätigt die Richtigkeit der bisher getroffenen Entscheidungen auch gegenüber einer vielstimmigen Kritik, nach der wir — je nach Standort — im einen Fall zuwenig und im anderen Fall zuviel, und das meistens in ein und demselben Fall, getan haben. Ich sage das mit Nachdruck allen denen, die von den seinerzeitigen Einschränkungsmaßnahmen betroffen worden sind. Die Opfer, die wir dem einzelnen, sei es auf der Ausgabeseite, auf der Leistungsseite, sei es auf der Einnahmeseite — Steuererhöhungen — abverlangt haben, sind nicht umsonst gewesen und waren nicht Ausdruck einer willkürlichen Fiskalpolitik.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Wir haben nicht nur die Unsicherheit beseitigt, die darin lag, daß in der Vergangenheit jederzeit aus der Situation heraus bestimmte Leistungen des Staates infolge finanzieller Schwäche in Frage gestellt werden konnten und daneben die Sicherheit der Arbeitsplätze nicht mehr gewährleistet erschien. Wir haben auch eine Basis geschaffen, auf der alle Bürger unseres Staates wieder an dem weiteren wirtschaftlichen Fortschritt teilnehmen können.
    Auch die bewußte und entschlossene Hinwendung des Bundes zu einer antizyklischen Finanz- und Wirtschaftspolitik dort, wo sie möglich war, hat inzwischen ihre Früchte getragen. Mit den beiden Konjunkturprogrammen der Jahre 1967/68 sowie mit den sonstigen konjunkturstützenden Maßnahmen des Bundes ist der entscheidende Anstoß für eine schnelle Beendigung der Rezessionsphase und für eine Wiederbelebung der Konjunktur gegeben worden. Im Laufe dieses Jahres hat sich der Konjunkturaufschwung auf breiter Front wider alle pessimistischen Prognosen durchgesetzt. Wir haben wieder ein gesundes und normales Wirtschaftswachstum.
    Die Situation, in der die Fortschreibung der Finanzplanung für die Jahre bis 1972 vorgenommen wurde, unterscheidet sich somit wesentlich von der des Jahres 1967. Wir haben eine normalisierte Ausgangslage, frei von brennenden Sorgen — ich möchte nicht sagen: frei von Problemen; das wird es nie geben; aber frei von brennenden Sorgen — hinsichtlich der weiteren finanziellen oder wirtschaftlichen Entwicklungsmöglichkeiten. Diese veränderten Voraussetzungen bieten auch eine bessere Möglichkeit, die Absichten der Bundesregierung zahlenmäßig auszudrücken und zu verwirklichen.
    Die Erarbeitung des Jahreshaushalts auf der Grundlage einer mehrjährigen Finanzplanung, die im vorigen Jahre die Wende in der Haushalts- und Finanzpolitik markierte, ist inzwischen zur Selbstverständlichkeit geworden. War im vorigen Jahr der erste Versuch einer mehrjährigen Finanzplanung unvermeidbar noch mit gewissen Unzulänglichkeiten behaftet, so kann doch jetzt die Feststellung gewagt werden, daß die Fortschreibung der Finanzplanung für die Jahre bis 1972 eine echte Fortentwicklung gegenüber dem ersten Versuch darstellt. Die Erfahrungen der ersten Finanzplanung sind genutzt, das ökonomische Instrumentarium ist weiter verfeinert worden, und die ersten Abstimmungen für eine gemeinsame Finanzplanung zwischen den drei Ebenen von Gebietskörperschaften, Bund, Ländern und Gemeinden, sind herbeigeführt.
    An den grundlegenden Zielsetzungen der Finanzplanung, die mit der ersten Planung des Jahres 1967 fixiert worden sind, hat sich allerdings nichts geändert und brauchte sich auch nichts zu ändern. Die erste Aufgabe der neuen Finanzplanung bestand darin, den Rahmen festzulegen, innerhalb dessen sich die Ausgaben des Bundes bewegen sollen und begrenzen müssen. Wir halten dabei nicht den kleinsten Haushalt für den besten — wie eine zwar weitverbreitete, aber trotzdem an Überalterung leidende Denkweise immer wieder festzustellen pflegt; im übrigen wird die Kleinheit des Haushalts auch nur an der Begrenzung der Leistung gegenüber anderen, nicht bei den eigenen Interessen gesehen, gleichgültig, worauf es sich bezieht —, sondern den Haushalt, der dazu beiträgt, die Produktionsreserven der Wirtschaft so weit auszunutzen, wie das ohne Gefährdung der Preisstabilität möglich ist, um durch gezielte Ansetzung der finanziellen Schwerpunkte die geistige und materielle Infrastruktur des Lebens von morgen sicherzustellen. Dieser Haushalt ist der beste.
    Der Rahmen, den wir in der mehrjährigen Finanzplanung gesetzt haben, beruht auf einer gesamtwirtschaftlichen Zielprojektion, die keine Aussageverbindlichkeit und Vollzugsverbindlichkeit haben kann. Aber sie ist mit nominal 6 v. H. und real 4,4 v. H. im Durchschnitt der Jahre 1968 bis 1972 nicht wesentlich von der Grundtendenz der ersten mehrjährigen Finanzplanung abgewichen, aber



    Bundesminister Dr. h. c. Strauß
    etwas verbessert worden. Bei der Bemessung der Haushaltsvolumen des Bundes für die kommenden Jahre ist allerdings eine nicht unwesentliche methodische Verbesserung vorgenommen worden: Die Entwicklung des öffentlichen Gesamthaushalts — d. h. Bund einschließlich Sondervermögen, Lastenausgleich und ERP, Länder und Gemeinden sowie Sozialversicherungen — ist in stärkerem Umfang in die Gesamtbetrachtung mit einbezogen worden.
    Beim Vollzug des Haushalts 1968 und bei der Aufstellung des Haushalts 1969 muß neben den langfristigen Wachstumstendenzen auch die nur kurzfristige, voraussehbare konjunkturelle Entwicklung berücksichtigt werden.
    Im Hinblick auf den Bundeshaushalt 1968 darf ich feststellen, daß er der gesamtwirtschaftlichen Lage in der Bundesrepublik angemessen und in seiner expansiven Wirkung richtig dimensioniert war, obgleich nicht wenige Stimmen bis weit in dieses Jahr herein weitere konjunkturbelebende Maßnahmen für unbedingt erforderlich hielten, um wesentlich weniger Wachstum zu erreichen, als heute ohne Durchführung dieser Maßnahmen für Ende dieses Jahres schon mit Sicherheit vorausgesagt werden kann. Wäre man damals diesen Vorschlägen gefolgt — und es gab ihrer viele —, befänden wir uns heute bereits wieder mitten in der Gefahr einer konjunkturellen Überhitzung; denn nach neuesten Schätzungen wird die Bundesrepublik im Jahre 1968 auch ohne derartige Schritte ein Wachstum des realen Bruttosozialprodukts von 6 v. H. statt wie ursprünglich angenommen von 4 v. H. erreichen. Darüber hinaus hätte der Minderertrag aus Steuersenkungen oder die Mehrbelastung durch weitere zusätzliche Ausgaben von neuem die finanzielle Ordnung des Bundes gefährdet und beeinträchtigt.
    Hier erhebt sich folgende Frage. Wenn der Zuwachs sowohl des realen als auch des nominalen Sozialprodukts 2 % höher ist, als in der ursprünglichen Projektion vorgesehen war, stellt sich gerade für ein Parlament und seinen Haushaltsausschuß die Frage, ob auch gemäß diesem Zuwachs mehr Steuern eingegangen sind. Da müssen wir zugeben, daß unsere Steuerschätzungen für 1968 zu optimistisch waren. Meist unterstellt man dem Finanzminister das Gegenteil. Der Bund wird in diesem Jahr seine Steuerschätzungen im günstigsten Fall knapp erreichen oder, wenn nicht, dann mit einem nicht erheblichen Betrag — wenn man das Gesamtvolumen sieht — unterschreiten. Der Bund wird — das kann ich heute bereits mit Sicherheit für den 31. Dezember dieses Jahres und für die Kassenbestandsaufnahme, die Anfang Januar möglich sein wird, voraussagen — auf keinen Fall Mehreinnahmen erzielen, im Gegensatz zu den Ländern und vielleicht auch zu den Gemeinden.
    Eine solche Entwicklung ist in keiner der vor einem Jahr aufgestellten Prognosen vorausgesagt worden. Vielmehr wurde heute die Auffassung vertreten, daß nach dem Auslaufen des ersten und zweiten Konjunkturprogramms die wirtschaftseigenen Kräfte die Konjunktur kaum allein weiter zu tragen und zu heben vermöchten. Der Sachverständigenrat hat sich beispielsweise in dem Gutachten vom November 1967 für die Gewährung von Investitionsprämien, für eine Herabsetzung der Einkommen- und Körperschaftsteuersätze, für den Verzicht auf die dreiprozentige Ergänzungsabgabe und für die Aussetzung der sogenannten Investitionsteuer im Interesse einer optimalen Auslastung aller Produktionskapazitäten ausgesprochen. Aber nicht nur von diesem Kreis, auch von verschiedenen anderen Seiten wurde eine Senkung der Investitionsteuer als unvermeidbar zur Erreichung der angestrebten Ziele befürwortet, nicht zuletzt, weil man damals das von der Bundesregierung angestrebte Wachstumsziel durch die Pfundabwertung und durch die befürchteten Maßnahmen der USA zur Verbesserung der Zahlungsbilanz für gefährdet hielt.
    Diese Sorge war gottlob offensichtlich unbegründet. Denn die Maßnahmen des Auslandes, die Abwertung verschiedener Währungen, bewirkten in keiner Weise den befürchteten Rückgang des Außenbeitrags. Im Gegenteil, Mitte dieses Jahres wurde sogar wegen der anhaltend hohen Exporte eine Ausweitung des Haushaltsvolumens zur Stärkung der Binnennachfrage vorgeschlagen, damit auf diesem Wege ein stärkeres Wachstum der Einfuhr und eine stärkere Auslastung der Binnenkapazitäten durch Binnenkaufkraft erreicht wird. Eine Verstärkung der Binnennachfrage hätte aber dann bei dem inzwischen in der Bundesrepublik erreichten Auslastungsgrad der Kapazitäten die Preisstabilität wieder zur Diskussion gestellt. Eine solche Entwicklung konnten wir auch nicht zulassen.
    Aus dem gleichen Grunde kam ja im Ausland und im Inland das bis zur Stunde noch nicht gestorbene Stichwort der Aufwertung in die Diskussion, über die ich mich allerdings hier aus verständlichen Gründen im einzelnen nicht mehr weiter auslassen will. Der Standpunkt, den wir bezogen haben, ist mehrfach sehr klar dargelegt und auch mit entsprechenden Argumenten versehen worden.
    Ich mache dabei auch kein Hehl aus unserer Auffassung, daß wir uns diese Sache auch nicht leicht machen, also nicht aus nationalistischem Egoismus heraus handeln. Jede Entscheidung darf nicht unter dem Stichwort falsch oder richtig gesehen werden, sondern jede Entscheidung ist eine Entscheidung zwischen dem kleineren und dem größeren Übel. Das heißt, es geht um die Bewertung der Pro- und Kontra-Argumente nach der einen wie nach der anderen Richtung hin, aber nicht um eine so apodiktische Feststellung: das eine ist falsch und das andere ist richtig. Das wäre die Schwarz-Weiß-
    Malerei, die bei diesem Thema noch weniger angebracht ist.
    Konnte man vielleicht zu Beginn dieses Jahres die weitere wirtschaftliche Entwicklung noch mit einigem Unbehagen betrachten, so kann man heute feststellen, daß die Konjunkturflaute seit dem Frühjahr dieses Jahres überwunden ist. Am Arbeitsmarkt ist die Vollbeschäftigung erreicht. Im September unterschritt die Arbeitslosenstatistik erst-



    Bundesminister Dr. h. c. Strauß,
    mals seit 13/4 Jahren mit 0,8 v. H. die berühmte 1 %-Grenze.

    (Abg. Dr. Barzel: Hört! Hört!)

    Es muß wieder auf ausländische Arbeitskräfte zurückgegriffen werden. Man kann als gewiß davon ausgehen: der konjunkturelle Aufschwung, der durch die Maßnahmen der Wirtschafts- und Finanzpolitik herbeigeführt worden ist, hat eine sich selbst tragende Dynamik entwickelt.
    Die konjunkturellen Entwicklungstendenzen deuten darauf hin, daß das Wachstumspotential im kommenden Jahr voll ausgeschöpft wird, ohne daß es zu Spannungen mit schädlichen Folgen für die Preisentwicklung kommen muß. Das gilt jedoch nur — und das möchte ich mit allem Nachdruck betonen —, wenn mit dem Haushalt 1969 der konjunkturgerechte Rahmen nicht überschritten wird. Mit dem Haushaltsentwurf 1969 hat die Bundesregierung diesen konjunkturgerechten Rahmen gesetzt. Das hat auch die Deutsche Bundesbank im Kabinett zum Ausdruck gebracht. Aus heutiger Sicht ist weder eine bewußt restriktive noch eine expansive Ausrichtung der öffentlichen Haushalte notwendig. Nach der Abstimmung einiger wichtiger Grundannahmen für die Entwicklung des öffentlichen Gesamthaushalts 1969 mit den Ländern ist deshalb das Ausgabevolumen des Bundes auf den Betrag von 82,4 Milliarden DM — nach neuer Rechnung —festgelegt worden. Das bedeutet eine Steigerung gegenüber dem Vorjahr — unter Berücksichtigung der Überhänge aus den beiden Konjunkturprogrammen — von 5,4 %.
    Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß über den für 1969 im Haushaltsentwurf und für die Folgejahre in der Finanzplanung gezogenen Rahmen hinaus neue haushaltswirksame Vorhaben — sie mögen für sich betrachtet noch so gerechtfertigt und erwünscht sein — nur verwirklicht werden können, wenn andere gleichwertige Aufgaben dafür zurückgestellt werden.

    (Beifall.)

    Die Bundesregierung wird die ihr nach der Verfassung zustehenden Rechte — auch und gerade in einem Wahljahr — einsetzen, um die Einhaltung dieses Rahmens sicherzustellen.
    Die konjunkturgerechte Gestaltung des Bundeshaushalts 1969 findet ihren Ausdruck auch in der vorgesehenen Kreditaufnahme. Im Haushaltsentwurf 1969 ist die Nettokreditaufnahme des Bundes mit rund 3,6 Milliarden DM nur noch halb so hoch wie der für 1968 vorgesehene Kreditbetrag von rund 7,3 Milliarden DM. Diese Hinweise mögen verdeutlichen, daß auf 'besondere Konjunkturimpulse und Konjunkturanreize verzichtet wird.
    Bei der Aufstellung des Haushaltsentwurfs 1969 und bei der Fortschreibung der Finanzplanung hat sich die Bundesregierung nicht damit begnügt, lediglich global die Ausgaberahmen für die künftigen Jahre festzulegen. Das allein wäre noch keine aktive Wachstumspolitik. Das allein wäre noch keine hinreichende Bemühung zur Bewältigung der vor uns liegenden dringenden Aufgaben der Zukunftsvorsorge und Zukunftssicherung. Dafür ist nicht nur das Volumen, sondern dafür ist besonders die Struktur, die Zusammensetzung des Bundeshaushalts von entscheidender Bedeutung. Um es konkret zu sagen, entscheidend sind die Ausgaben für die Verbesserung .der Infrastruktur, für die Lösung struktureller und regionaler Probleme sowie für ,die Hebung unseres technischen Leistungsstandes.
    Bereits in der Finanzplanung des Vorjahres haben wir im Rahmen einer Umstrukturierung des Haushalts den Anteil der investiven und sonstigen wachstumsfördernden Ausgaben an den Gesamtausgaben des Bundes erhöht. Dieser Richtungswandel unserer Politik wird in der neuen Finanzplanung fortgesetzt. Es ist deswegen vorgesehen, den zur Verfügung stehenden Handlungsspielraum, soweit er nicht bereits durch zwangsläufigen, gesetzlich festliegenden Mehrbedarf — ich nenne nur die Stichworte knappschaftliche Rentenversicherung und Kriegsopferversorgung — festgelegt ist, 'zum ganz überwiegenden Teil für eine Verstärkung der zukunftsweisenden Aufgaben auszunutzen.
    Die Förderung von Wissenschaft und Forschung, die schon in der alten Finanzplanung einen bedeutsamen Schwerpunkt bildete, erhält in noch größerem Maße hervorragenden Rang. Der Haushalt des Bundesministers für wissenschaftliche Forschung soll zum Ende des Planungszeitraums der neuen Finanzplanung, also 1972, mit 4 Milliarden DM mehr als doppelt so hoch sein wie im Jahre 1968.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Durch die neue Finanzplanung soll eine wesentlich verbesserte Ausbildungsförderung der jungen Menschen ermöglicht werden.
    Verstärkte Mittel gegenüber der alten Planung sind auch für den landwirtschaftlichen Bereich vorgesehen mit dem Ziel, die Finanzierung des Agrarprogramms der Bundesregierung im Rahmen unserer Möglichkeiten sicherzustellen.
    In engem, fast unlösbarem Zusammenhang mit den Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur stehen die Maßnahmen zur Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur, d. h. zum Einbau der Landwirtschaft von heute in eine große Leistungs- und Wirtschaftsgemeinschaft auf der Grundlage der Marktwirtschaft von morgen. Das ist das Problem, weshalb sowohl der Agrarminister wie der Wirtschaftsminister hier zur Kooperation geradezu verdammt sind,

    (Heiterkeit und Beifall)

    — wobei ich das Wort „verdammt" nicht bösartig meine. Hier ist mit der neuen Finanzplanung ein eindeutiger Schwerpunkt auch im Wirtschaftshaushalt gesetzt worden, um auch in den durch Standort und strukturelle Schwächen benachteiligten Gebieten ein ausgeglichenes und für die dortigen Verhältnisse optimales Wachstum zu erreichen.
    Für den Verkehrssektor hat die Bundesregierung gegenüber der alten Finanzplanung zusätzliche Mittel veranschlagt, um ihr verkehrspolitisches Programm zu verwirchlichen und zur Sanierung der Deutschen Bundesbahn weiterhin beizutragen.
    10170 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 188. Sitzung. Bonn, Mittwoch, ,den 16. Oktober 1968
    Bundesminister Dr. h. c. Strauß
    Die Finanzkraft der Länder und Gemeinden wird weiter verstärkt. Vor allem soll die zügige Fortführung der gerade auf Gemeindeebene zu tätigenden Infrastrukturinvestitionen, die für Leistungskraft und Wachstum unserer Volkswirtschaft von großer Bedeutung sind, gesichert werden.
    Das Ausmaß der mit dieser Planung erreichten Umstrukturierung des Bundeshaushalts wird deutlich, wenn ich die Entwicklung des Anteils der investiven und wachstumsfördernden Ausgaben an den Gesamtausgaben des Bundes nenne. Dieser Anteil steigt in der Planungsperiode von 1968 bis 1972 von 19,4 v. H. im ersten Jahr auf 21,4 v. H. im Jahre 1972. Diese Finanzplanung und die in ihr gesetzten Prioritäten werden sicherlich wieder nicht der Kritik entgehen; sie werden selbstverständlich der Kritik von allen Seiten ausgesetzt sein, wobei die vorgesehene Umstrukturierung der Bundesausgaben den einen zu wenig und den anderen zu viel sein wird.
    Zunächst ein Wort an diejenigen, die ein Zuwenig an Umstrukturierung bemängeln. Für die Investitionstätigkeit des Bundes, besonders im Infrastrukturbereich, sowie für die Wachstumsförderung des Bundes gibt es verfassungsrechtliche Grenzen. Durch die verfassungsrechtliche Verteilung der Zuständigkeiten ist auf der anderen Seite die Struktur des Bundeshaushalts in großem Umfange rechtlich zwingend vorgeschrieben. Der Bund hat nun einmal die Hauptlast der sozialen Sicherung zu tragen, er hat allein die finanzielle Last der äußeren Sicherheit ex natura rerum und gemäß Verfassung zu gewährleisten, ihm obliegt das weite Gebiet der Kriegsfolgenlasten. Deshalb werden die Sozialausgaben und die Verteidigungsausgaben immer den größten Anteil am Bundeshaushalt ausmachen. Natürlich hätte man an der einen oder anderen Stelle durch Kürzungen noch Spielraum für weitere investive oder wachstumsfördernde Ausgaben schaffen können. Wenn wir das nicht getan haben, so ist das nicht Angst vor der eigenen Courage oder Mangel an politischem Mut.
    Der Entschluß der Bundesregierung, von neuen Einschränkungen, namentlich auf dem Sozialgebiet, abzusehen, ist eine Entscheidung zugunsten des „sozialen Besitzstandes". Der Bund bekennt sich zu seiner Verantwortung für die Erfüllung der sozialen Aufgaben. Wir wollen unsere Wachstumspolitik, die allen Bürgern des Landes zugute kommen soll und zugute kommen wird, nicht auf dem Rücken der sozial Schwachen austragen.
    Ebenso entschieden muß ich einer Kritik entgegentreten, die der Bundesregierung ein Zuviel an Umstrukturierung der Ausgaben und damit ein Zuwenig an sozialen Verbesserungen vorwerfen möchte. Dabei gebe ich mich keinen Illusionen darüber hin, daß besonders in einem Wahljahr, wie es vor der Tür steht, die Neigung zur Verbesserung von Leistungen auf diesem Gebiet besonders groß ist. Ich will auch gar nicht bestreiten, daß es Bereiche gibt, in denen Verbesserungen wünschenswert sind oder berechtigt sein könnten. Aber wie sind die Tatsachen?
    Wenn wir weiterhin ein stetiges Wirtschaftswachstum wollen, und das nicht nur morgen, sondern auch übermorgen, so brauchen wir einen steigenden Anteil der investiven und wachstumsfördernden Ausgaben bei einem Haushaltsvolumen, das unsere volkswirtschaftliche Gesamtleistungsfähigkeit nicht erneut überfordert.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Die Leistungsfähigkeit der Wirtschaft von morgen
    und übermorgen ist auch die Basis für die Sozialpolitik der nächsten und übernächsten Generation.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Gerade die Finanzplanung, die ihre Stärke und Aussagekraft aus der gedanklichen Vorwegnahme künftigen Geschehens gewinnt, verdeutlicht, daß die Verwirklichung der mit der gesamtwirtschaftlichen Projektion anvisierten Ziele entscheidend davon abhängig ist, daß der Bund wie die gesamte öffentliche Hand den Anteil ihrer Leistungen zur Zukunftsvorsorge und Zukunftssicherung an den Gesamtausgaben erhöhen.
    Mit der jetzt vorgelegten Finanzplanung und den in ihr enthaltenen wachstumsfördernden Elementen sollen und müssen die Voraussetzungen für den wirtschaftlichen und sozialen Fortschritt in den kommenden Jahren und Jahrzehnten geschaffen werden. Diesen Fortschritt dürfen wir nicht zugunsten eines Augenblickskonsums aufs Spiel setzen.
    Noch ein anderer Gesichtspunkt in diesem Zusammenhang. Der Verfügungsspielraum, der auf der Ausgabenseite weitgehend mit wachstumsfördernden Maßnahmen ausgefüllt worden ist, konnte nur durch eine Erhöhung der Nettokreditaufnahmen gegenüber der alten Finanzplanung gewonnen werden. Das hat verschiedene Gründe: auf der einen Seite die Starrheit der großen Ausgabenblöcke, an denen, wie auch die parlamentarischen Verhandlungen zeigen werden, wesentliche Korrekturen und Einschnitte nicht mehr vorgenommen werden können.

    (Abg. Dr. Barzel: Sehr wahr!)

    Ich möchte das nicht dramatisieren; ich möchte aber auch Erwartungen unterbinden, daß etwa gegenüber der unzulänglichen Finanzplanung der Bundesregierung das Parlament Wunder wirken könnte. Hier sind die Grenzen eng gesetzt.

    (Abg. Dr. Barzel: Von allen Seiten keine Wunder!)

    — Keine Wunder auf allen Seiten! — Herr Kollege Barzel, darf ich in diesem Zusammenhang ein paar Stichworte erwähnen. Auf welchem der großen Ausgabengebiete sozialer Art ist es möglich, Korrekturen vorzunehmen, um damit den finanziellen Spielraum zu erhöhen oder die Kreditaufnahme zu vermindern? Freiwillige vor! Wer würde heute einer Beschneidung unseres. Verteidigungshaushalts das Wort reden angesichts der gesamten sicherheitspolitischen Konstellation, angesichts der Verhandlungen, die der Herr Bundesaußenminister und der Herr Bundeswirtschaftsminister in den USA mit auch nicht ganz leichten Partnern zu führen hatten? Wer würde heute, wo wir wirklich vor der Frage stehen, durch



    Bundesminister Dr. h. c. Strauß
    einen verstärkten Aufwand die Landwirtschaft von morgen lebensfähig zu halten, einer Kürzung des Agrarhaushalts das Wort reden, um damit Spielraum zu gewinnen oder einen geringeren Schuldenstand zu haben?!
    Wir haben uns außerstande gesehen, und zwar unter Abwägung aller Pro und Contra und unter Inkaufnahme vieler Enttäuschungen, etwas anderes vorzulegen als das, was ich heute Ihnen vorzutragen die Ehre habe.
    Ich verteidige damit auch gegen eine manchmal wenig sachkundige Kritik die Höhe der Nettokreditaufnahme, die erheblich zurückgegangen ist, die aber, jedenfalls nach unserer Sicht, nach tagelangen Beratungen und wochenlangen Verhandlungen im Wirtschaftskabinett in der heute vorgelegten Höhe nicht vermeidbar war.

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)

    Der andere Grund liegt ja in der Entwicklung des Steueraufkommens, über das ich vorher gesprochen habe.
    Ich muß auch die hie und da noch gehegte Hoffnung abermals enttäuschen, daß sich alle Finanzierungsprobleme durch höhere Steuereinnahmen bzw. durch höhere Steuerschätzungen im Rahmen des weiteren konjunkturellen Aufstiegs gewissermaßen von selbst lösen würden. Aus heutiger Sicht kann — ich darf das noch einmal betonen — nicht gesagt werden, ob die im Bundeshaushalt 1968 veranschlagten Steuern, die die Basis für das Jahr 1969 abgeben, voll erreicht werden.
    Ich darf zur Begründung noch ein paar Zahlen nennen: Die Steueransätze für das Jahr 1968, also das laufende Rechnungsjahr, sind 3,5 Milliarden DM höher als 1967. Nach den vorliegenden Aufkommensergebnissen für die Monate Januar bis September 1968, die ersten neun Monate, haben aber die tatsächlichen Einnahmen des Bundes nur um 1,4 Milliarden DM zugenommen. Das ist pro rata zu wenig. In den drei fetten Monaten dieses Jahres — Oktober, November, Dezember — müßte eine Aufkommenssteigerung von 2,1 Milliarden DM mehr als in den gleichen drei Monaten des Vorjahres erzielt werden, um das Einnahmesoll des Haushalts 1968 zu erreichen.
    Von besonderer Bedeutung für die' Steuereinnahmen in den ersten neun Monaten war die Umsatzsteuer. Hier hat die Entlastung der Altvorräte zu stärkeren Mindereinnahmen geführt, als wir ursprünglich sowohl in der Vorlage der Bundesregierung als auch bei den parlamentarischen Beratungen zugrunde gelegt haben. Wir konnten aber auch nicht eine so präzise und exakte Bestandsaufnahme aller Läger in unserer Wirtschaft zugrunde legen, wie man sie für eine genaue Kalkulation gebraucht hätte. Wir kommen jedoch in diesem Jahre hin, nur ist nichts Zusätzliches mehr drin. Ich darf mich auf diese Feststellung beschränken.
    Bei allem Optimismus hinsichtlich der gegenwärtigen Wirtschaftsentwicklung ist eine gewisse Unterschreitung, allerdings in einem geringfügigen Promillesatz — ich spreche nicht einmal von Prozentsatz —, nicht auszuschließen, auch wenn noch zwei wichtige Steuertermine mit auslaufender Entlastung der Altvorräte wohl einen günstigeren Verlauf für die Gesamtheit des Jahres ergeben werden, als die ersten neun Monate aus den vorhin genannten Gründen erwarten lassen.
    Für 1969 waren bei einem nominalen Zuwachs des Bruttosozialprodukts von 6,3 % nach der Zielprojektion die Steuereinnahmen des Bundes auf 73,58 Milliarden DM geschätzt worden. Das sind 7,2 Milliarden DM oder 10,9 % mehr als das Haushaltssoll des Jahres 1968. Sollte das Sozialprodukt stärker steigen als in der Zielprojektion angenommen, so dürften sich daraus möglicherweise ergebende Mehreinnahmen keinesfalls zur Finanzierung zusätzlicher Ausgaben empfehlen,

    (Beifall bei den Regierungsparteien)

    wenn wir den Grundsätzen treu bleiben wollen, die wir in der Stunde der sich anbahnenden Krise und in der Stunde der Hoffnung, die Schwierigkeiten überwinden zu können, damals als für uns verbindlich beschworen haben.

    (Erneuter Beifall bei den Regierungsparteien)

    Für diesen Fall müßten die Mehreinnahmen zur Herabsetzung des Kreditbedarfs oder zur verstärkten Schuldentilgung oder, je nach der Situation, für die Konjunkturausgleichsrücklage verwendet werden. Wenn die Mehreinnahmen entstehen, kann man sich in der dann gegebenen Situation darüber unterhalten und einigen. Ich kann jetzt hier nur sagen, was mit ihnen auf keinen Fall geschehen dürfte. Wir wollen die antizyklische Finanzpolitik nicht nur zur Vermeidung einer Rezession anwenden, sondern genauso auch zur Verhinderung einer konjunkturellen Übertreibung heranziehen, auch wenn es manchmal unpopulär und schwierig ist.
    Ein Umstand, der die Einnahmeerwartungen des Bundes in besonderer Weise berührt und den ich deshalb auch zur Begründung einer höheren Nettokreditaufnahme für das Jahr 1969 in der heutigen Planung und in der Planung der Jahre 1967 bis 1971 anführen muß, ist die Neuregelung des Beteiligungsverhältnisses an der Einkommen- und Körperschaftsteuer. Die bisher festgesetzten Anteile — 37 % für den Bund, 63 % für die Länder — gelten nach Absprache zwischen dem Herrn Bundeskanzler und den Ministerpräsidenten und nach der gesetzlichen Rege- lung nur für die Jahre 1967 und 1968. Um den Ländern und Gemeinden, bei denen das Schwergewicht der öffentlichen Investitionen auf Grund verfassungsmäßiger Regelung sowieso liegt, verstärkte Maßnahmen in diesen vordringlichen Aufgabenbereichen zu ermöglichen, soll nach dem ebenfalls zur Beratung anstehenden, Ihnen vorliegenden Gesetzentwurf der Bundesanteil an der Einkommen- und Körperschaftsteuer mit Wirkung ab 1969 auf 35 %, also um 2 %, zugunsten der Länder herabgesetzt werden. Damit ist — und deswegen muß ich das 'in diesem Zusammenhang erwähnen — ein Einnahmeverlust des Bundes, bezogen auf 1969, von 1 Milliarde DM verbunden, der aus konjunkturellen Gründen nicht durch Erhöhung von Steuern und aus



    Bundesminister Dr. h. c. Strauß
    den vorher genannten Gründen auch nicht durch anderweitige Kürzung von Ausgaben gedeckt werden konnte.
    Ich bitte auch um Verständnis für den Standpunkt der Bundesregierung, daß sie angesichts der großen Entscheidungen, die wir auf finanzpolitischem Gebiet gütlich und schiedlich im Einvernehmen mit den Ländern zu treffen haben, aber auch angesichts allgemeinpolitischer Notwendigkeiten es für denkbar falsch gehalten hätte, den leidigen Streit um den Anteil des Bundes und den der Länder an der Einkommen- und Körperschaftsteuer um ein weiteres Kapitel sinnlos zu verlängern. Herausgekommen wäre zum Schluß doch nichts anderes, als was hier vorgelegt wird, aber wieder einmal hätte ein häßlicher politischer Streit jahrelang sozusagen in der Landschaft gestanden. Wir brauchen jedoch — ich mache aus meiner sehr opportunistischen Einstellung in dem Fall gar kein Hehl — ein gutes Klima für die Entscheidungen, die in der Finanzreform und der Haushaltsrechtsreform nun einmal noch in dieser Legislaturperiode erzielt werden müssen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Damit bin ich bei einem Thema, meine Damen und Herren, das die Öffentlichkeit sehr bewegt, dem Thema der Schuldenpolitik. Hierüber kann man mit um so größerem Freimut sprechen, als uns gerade in der jüngsten Zeit sowohl die Deutsche Bundesbank wie der Wissenschaftliche Beirat beim Bundesministerium für Wirtschaft expressis verbis bestätigt haben, daß die Kreditaufnahmen des Bundes, wie sie in der Vergangenheit waren und wie sie für die Dauer der Planungsperiode beabsichtigt sind, aus heutiger Sicht bei einer gleichgewichtigen Wirtschaftsentwicklung unbedenklich sind.
    Die Frage der Verschuldung darf man nicht nur, wie erwähnt, fiskalisch sehen. Man muß sie namentlich auch unter konjunktur- und wachstumspolitischen Gesichtspunkten betrachten.
    Bereits mit der ersten Finanzplanung des Bundes ist eine Neuorientierung der Kreditpolitik eingeleitet worden. Dahinter stand und steht die Überlegung, daß eine aktive Wachstumspolitik eine stärkere Kreditfinanzierung erfordert. Bei den Investitionen der öffentlichen Hand, die in aller Regel eine lange Nutzungsdauer haben und mit denen vor allem die unentbehrlichen Voraussetzungen für ein weiteres stetiges Wirtschaftswachstum geschaffen werden sollen, ist die Kreditfinanzierung in einem modernen Staat also ein legitimes Mittel der staatlichen Finanzgestaltung und nicht ein widerwillig hingenommener Bastard, dessen man sich zu schämen bräuchte, um ein sehr deutliches Wort zu diesem Thema zu sagen.
    Ich kann nur die ganz nüchterne Feststellung treffen: Wer sich zur Wachstumsförderung als einer mit dem Akzelerationsprozeß, dem Beschleunigungsprozeß der menschlichen Geschichte von heute unvermeidlich verbundenen Begleiterscheinung bekennt, und zwar als einer Zielsetzung, die auch der öffentlichen Hand gestellt ist, nicht nur der privaten Wirtschaft, der muß auch ja sagen zu einer höheren
    Kreditaufnahme des Staates, zur Leistung der wachstumsfördernden Ausgaben. Man soll uns nicht weismachen, daß man ein ausreichendes Maß an äußerer und innerer Sicherheit, die ja auch Geld kostet, schaffen kann und daneben noch ohne diese Kreditaufnahme die beträchtlichen und wachsenden Investitionen der öffentlichen Hand finanzieren kann.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Wer das tun wollte, der hat entweder von den Dingen keine Ahnung, oder er führt die Offentlichkeit bewußt in die Irre. Etwas Drittes gibt es kaum mehr.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Denn schließlich geht es auch um die Erhaltung des Finanzierungsspielraumes für die privaten Investitionen, und hier besteht ein enger innerer Zusammenhang. Natürlich kann der Staat auf Grund seiner Machtposition sich die Mittel für seine Investitionen auch durch Erhöhung der Steuern besorgen, wenn Regierung und Parlament diesen Weg zu gehen beschließen. Aber dann muß er sich darüber klar sein, daß ausschließlich auf diesem Wege finanzierte öffentliche Investitionen den Finanzierungsspielraum der privaten Hand, der wieder in einem ausgewogenen Maße zu ihrer Verschuldung stehen muß, in gleichem Maße beeinträchtigen. Wir können heute nicht allein eine Wirtschaftsexpansion durch private Initiative erwarten, wenn nicht die Maßnahmen, die ihr meistens vorangehen — die Infrastruktur, das Schul- und Bildungswesen, die Planung beim Ausbau der Verkehrswege, die Erschließung und all diese Dinge, die wir schon oft in diesem Kreise besprochen haben —, von der öffentlichen Hand gefördert worden sind.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Beide Dinge gehen so eng Hand in Hand, daß wir keinen anderen Zusammenhang sehen und vertreten können.
    Gerade die Finanzplanung verdeutlicht, daß wir weiterhin ein stetiges Wachstum brauchen, um für die zukunftsorientierten wirtschafts-, sozial- und gesellschaftspolitischen Aufgaben auch die nötige Basis zu haben. Das möchte ich besonders den oppositionellen Kräften vor Augen halten, deren Sprecher nur allzugern bereit sind, vorschnell das Wort „Inflation" auf der Zunge zu führen — ein Wort, für das die Ergebnisse unserer Wirtschafts- und Finanzpolitik keinen Spielraum gewähren,

    (Beifall bei den Regierungsparteien)

    aber ein böses Wort, wenn es leichtfertig verwendet wird.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Zur Erreichung der Wachstumsziele ist eine Steigerung der Investitionen erforderlich. Die private Investitionstätigkeit hängt in der jetzigen Phase von einer Normalisierung der Wachstumsraten und den Möglichkeiten der Selbstfinanzierung ab. Insofern würde ein Verzicht auf die vorgesehene Kreditfinanzierung des Bundes bei gleichzeitiger Erhöhung von Steuern keine Alternative bieten. Wenn die Steuerlastquote erhöht wird, so kann das zwei



    Bundesminister Dr. h. c. Strauß
    Folgen haben: Entweder führt die Verringerung der Selbstfinanzierungsquote der Unternehmen zu einem Verzicht auf Investitionen, der im Interesse unserer wachstumspolitischen Zielsetzung nicht hingenommen werden kann, oder die erhöhten Steuern schlagen auf die Preise durch. Beide Konsequenzen kann niemand ernsthaft wollen. Die Bundesregierung hat sich deshalb zu einer verstärkten Kreditfinanzierung innerhalb der genannten Grenzen entschlossen, weil sie den gesamtwirtschaftlichen Erfordernissen am besten entspricht.
    Wir haben auch die Frage der Höhe ernsthaft geprüft und nach langen Auseinandersetzungen, nach Angleichung der Interessen und Standpunkte zum Schluß als gemeinsames Ergebnis unserer Überlegungen eine Grenze von 3,6 Milliarden DM netto Kreditaufnahme herausgestellt.
    Gegenüber der ersten Finanzplanung sind in den neuen Plan für die Jahre bis 1972 erhöhte Kreditaufnahmen vorgesehen, aber nicht willkürlich. Detailliertere Projektionen der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung sowie eine genauere Untersuchung der Wechselwirkungen zwischen öffentlicher Finanzwirtschaft und privater Investitionstätigkeit, zwischen öffentlicher Investitionstätigkeit und gesamtwirtschaftlicher Entwicklung haben zu dem Ergebnis geführt, daß ein höheres Ausgabevolumen der öffentlichen Gebietskörperschaften und damit des Bundes in den kommenden Jahren leider aus den vorher genannten Gründen nicht zu vermeiden ist. Daraus ergibt sich eine gewisse Erhöhung der Kreditaufnahme gegenüber der gröberen Planung des Jahres 1967, die noch mit einem einfacheren Instrumentarium in kurzer Zeit bewältigt werden mußte. Die neuen Kreditansätze beruhen auf sorgfältigen Berechnungen über die Geldvermögensbildung unserer Volkswirtschaft, die vom Bundesfinanzministerium, Bundeswirtschaftsministerium und von der Bundesbank gemeinsam angestellt und ohne jede Diskrepanz der Zukunftsvorstellungen aufeinander abgestimmt worden sind. Dabei wurde die steigende Tendenz der privaten Ersparnisbildung natürlich berücksichtigt. Sie muß für Investitionen genutzt werden. Insgesamt steht für Bund, Länder und Gemeinden im Jahre 1969 ein Spielraum für Nettokreditaufnahmen von rund 10 bis 11 Milliarden DM zur Verfügung, auch nach Meinung der Bundesbank und anderer sachkundiger Institutionen. Wenn der Bund davon für 1969 ein Drittel — 3,6 Milliarden DM — in Anspruch nimmt, dann ist dieser Betrag nur halb so hoch wie die für 1968 unvermeidlich gewesene Neuverschuldung von rund 7,3 Milliarden DM.
    Nach den konjunkturpolitisch weiterhin bedingten hohen Kreditaufnahmen der Jahre 1967 und 1968 soll sich die Kreditfinanzierung des Bundes in dem Zeitraum 'bis 1972 etwa auf diesem Niveau einpendeln. Wenn sie aber mit einem Drittel des Spielraums angesetzt wird, bleibt noch genügend Spielraum für Länder und Gemeinden. Es ist eine heute nicht zu beantwortende Frage, ob die Länder und Gemeinden den ihnen übriggelassenen Spielraum auszunutzen in der Lage sind oder auszunutzen entschlossen sind. Gerade hier müssen die Arbeiten des Finanzplanungsrates dafür sorgen, daß eine ausgewogene Inanspruchnahme stattfindet. Nebendiesen 10 bis 11 Milliarden DM bleibt noch genug Spielraum und Funktionsfähigkeit auf dem Kapitalmarkt für die Investitionsbedürfnisse der privaten Wirtschaft, weil die öffentliche Hand ja in erster Linie auf den Geldmarkt oder auf den mittelfristigen Markt geht und sich ,das auch ,aus gutem Grundeleisten kann.
    Mit dem Kreditansatz von 3,6 Milliarden DM trägt der Haushaltsentwurf 1969 also den Kreditbedürfnissen der übrigen öffentlichen Haushalte Rechnung. Im Jahr 1969 wird die gesamte Kreditaufnahme des Bundes 28 % der investiven und wachstumsfördernden Ausgaben ausmachen, d. h. daß immer noch 72 % investive und wachstumsfördernde Ausgaben aus ordentlichen Einnahmen bestritten werden. Dieses Verhältnis von 1 : 4 kann man noch als eine gesunde Relation bezeichnen und nicht als einen leichtfertigen Gang in die Verschuldung hinein.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    In den folgenden Jahren geht dieser Anteil auf rund 26 % zurück. Es werden dann immer noch drei Viertel der Ausgaben des Bundes aus Steuern und sonstigen ordentlichen Einnahmen gedeckt. Auch die Zinsbelastung des Bundes, die sich von 1969 bis 1972 um rund 3,5 % der Gesamtausgaben bewegen wird, gibt zu finanzwirtschaftlichen Bedenken keinerlei Anlaß. Voraussetzung ist allerdings — und darauf muß mit Nachdruck 'hingewiesen werden —, daß in ,der Ausgabenstruktur des Bundes, wie sie Ihnen hier vorliegt, nichts zugunsten konsumtiven Ausgaben verändert wird. Unter dieser Voraussetzung ist mit der vorgesehenen Kreditfinanzierung, die uns nicht nur Steuererhöhungen erspart, sondern auch eine Beteiligung breiter Schichten unseres Volkes an 'der Vermögensbildung des Staates ermöglicht, der richtige Mittelweg eingeschlagen.
    Allerdings ist — auch das darf nicht verschwiegen werden — mit ,den Kreditansätzen der Finanzplanung der vorhandene Kreditspielraum auch ausgeschöpft. Eine weitere Ausdehnung des Kreditrahmens, d. h. eine weitere Steigerung der Ausgaben des Bundes auf dem Wege einer erhöhten Kreditfinanzierung könnte die Preisstabilität gefährden und könnte und würde gesamtwirtschaftlich nicht zu verantworten sein.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Auch aus dieser Sicht zeigen sich einfach Grenzen, die man nicht durch guten Willen, schöne Programme oder markige Erklärungen willkürlich verrücken kann.

    (Beifall bei ,der CDU/CSU.)

    In methodischer Hinsicht besteht die wesentliche Neuerung des Haushaltsentwurfs 1969 darin, daß die Bundesregierung zur reinen Nettoveranschlagung der Kredite übergegangen ist. Im Haushaltsplan ist nur noch die Nettoneuverschuldung des Bundes veranschlagt, die allein zur Finanzierung von Haushaltsausgaben im eigentlichen Sinne dient. Ich möchte in dem Zusammenhang allerdings nicht das Argument hören, daß man damit die wirkliche Höhe der Schuldenaufnahme verschleiern wollte, denn



    Bundesminister Dr. h. c. Strauß
    die alte Rechnung ist in der Finanzierungsübersicht — Brutto und Netto und Saldierung — in vollem Umfang und in allen Einzelheiten angeführt. Man braucht sich also nur die Mühe zu machen, es insgesamt zu lesen, dann wird man einerseits die Umstellung der rechnerischen Methodik, aber auch die Zahlen sehen, wie sie sich bei Fortsetzung der alten Methode ergeben hätten. Diese Form der Veranschlagung ist sozusagen ein Vorgriff auf die Haushaltsreform, weil moderne Finanz- und Wirtschaftspolitik die Nettoveranschlagung der Kredite und der Tilgungsausgaben erfordert. Für die gesamtwirtschaftlichen Wirkungen des Bundeshaushalts ist allein die Höhe der Nettokreditaufnahme entscheidend. Die Nettoveranschlagung der Kredite sollte nicht den Blick auf die Probleme verdecken, die sich in den kommenden Jahren aus den hohen Anschlußfinanzierungen für fällig werdende Schulden ergeben.
    Ich darf nur wenige Zahlen nennen. Die Bruttokreditaufnahme des Bundes beträgt im Jahre 1969 12,7 Milliarden DM und steigt bis zum Jahre 1971 auf 15,7 Milliarden DM. Die Umwälzung derart hoher Schuldenbeträge bereitet keine unüberwindlichen Schwierigkeiten, aber es bedarf noch eingehender Überlegungen über die Schaffung eines flexiblen schuldenwirtschaftlichen Instrumentariums der Finanzpolitik, das den vielseitigen finanz- und wirtschaftspolitischen Anforderungen an eine moderne öffentliche Schuldenpolitik gerecht wird. Die auf dem Gebiet des sogenannten debt-management in einer Reihe von ausländischen, insbesondere angelsächsischen Staaten seit längerer Zeit gewonnenen, in Deutschland von wissenschaftlicher Seite verwerteten Erfahrungen dürften sicherlich dazu beitragen, die Lösung der technischen schuldenwirtschaftlichen Probleme zu ermöglichen.
    Noch einen anderen Punkt zu den Fragen des öffentlichen Gesamthaushalts, soweit sie auf die Finanzplanung des Bundes einwirken. Die Einpassung der Ausgaben der gesamten öffentlichen Hand in die gesamtwirtschaftliche Entwicklung und die Bestimmung des Ausgabevolumens für die verschiedenen Ebenen der öffentlichen Hand haben bereits deutlich gemacht, daß eine Finanzplanung des Bundes, die Anspruch auf ökonomische Ausrichtung erheben will, nicht isoliert betrachtet werden kann. Es kann nicht geleugnet werden, daß wir uns auf diesem Gebiet noch in den Anfängen befinden. Der Bund muß seine Bemühungen zunächst darauf richten, der spezifischen Rolle der Länder und Gemeindehaushalte in der Gesamtwirtschaft Rechnung zu tragen. Ich habe schon ausgeführt, daß der Bund den Ländern zur Stärkung ihrer Investitionskraft zwei Punkte an dem Aufkommen von Einkommen- und Körperschaftsteuer zusätzlich vorschlägt. Ein Punkt davon — darin bestand im Finanzplanungsrat Einvernehmen — soll den Gemeinden zufließen, um auf diese Weise die Investitionskraft der Gemeinden zu stärken. Weiter sind immer noch Hilfen für die finanzschwächeren Länder vorgesehen. Der ebenfalls zur Beratung anstehende Gesetzentwurf zur Änderung des Länderfinanzausgleichsgesetzes sieht neben einem zusätzlichen Sonderausgleich unter den Ländern für 1969 auch Ergänzungszuweisungen des Bundes an finanzschwache Länder in Höhe von 190 Millionen DM vor, und vier leistungsschwache Länder werden durch den Haushalt 1969 außerdem 50 Millionen DM als Sonderzuweisungen für Strukturmaßnahmen erhalten.
    Die Bundesregierung hat mit diesen Maßnahmen, die eine Übergangsregelung bis zur Verwirklichung der Finanzreform darstellen, erneut bewiesen, daß sie sich ihrer gesamtstaatlichen Verantwortung bewußt sein will und bei Abwägung der Schwerpunkte des öffentlichen Ausgabebedarfs gewillt ist, den Bedürfnissen von Ländern und Gemeinden weitgehend Rechnung zu tragen. Die genannten Maßnahmen müssen ab 1970 allerdings durch die Steuerneuverteilung im Rahmen der Finanzreform abgelöst werden. Dabei muß eine Regelung erreicht werden, die ohne das Provisorium der Ergänzungszuweisungen für alle Länder einen angemessenen Ausgleich sichert.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Für die Finanzreform und für ihre Auswirkung auf die Finanzausstattung der Länder ab 1970 konnten in der Finanzplanung noch keine Folgerungen gezogen werden. Es liegt auf ¡der Hand, daß die Finanzreform auch die Haushaltsgestaltung des Bundes in den künftigen Jahren beeinflussen wird. Der Umfang der Verschiebung der Lasten und Deckungsmittel ist aber jetzt noch nicht zu übersehen. Die Neuverteilung der Steuern wird sich dann entsprechend danach 'zu richten haben.
    Im Zusammenhang damit erscheint es mir notwendig, den Stimmen entgegenzutreten, die dem Bund eine ungenügende Berücksichtigung der Gemeindefinanzen vorhalten. Diese Kritik wird durch die vorliegende Finanzplanung und die bisherigen Bemühungen des Bundes um eine Verbesserung der Gemeindefinanzmasse widerlegt.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU.)

    Einige Zahlen: Seit 1967 — das war .ein Teil der Koalitionsabsprache — werden den Gemeinden im Vorgriff auf die Finanzreform die Mehreinnahmen aus der Erhöhung der Mineralölsteuer um 3 Pf je Liter zur Förderung des Verkehrsausbaues zur Verfügung gestellt. Diese Mittel — sie sind im vorliegenden Haushaltsentwurf für 1969 mit 800 Millionen DM angesetzt — werden bis 1972 auf 950 Millionen DM ansteigen. Ab 1969 erhalten die Gemeinden zusätzliche Mittel in Höhe von 1 % des Aufkommens aus Einkommen- und Körperschaftsteuer, das sind rund 500 Millionen DM; dieser Betrag wird bis 1972 auf rund 620 Millionen DM ansteigen. Darüber hinaus ist vorgesehen, die Gemeindefinanzen ab 1970 um weitere 500 Millionen DM 'zu verbessern. Der Bund geht dabei von der Erwartung aus, daß dieser Betrag zur Hälfte von den Ländern getragen wird. Darüber wird im Finanzplanungsrat zu sprechen sein. Für 1970 ergibt sich insgesamt eine Verstärkung der Finanz- und Investitionskraft der Gemeinden von rund 1,9 Milliarden DM, das isind immerhin 10 % ihres Investitionsvolumens. Damit werden zwar nicht die Vorstellungen der Gemeinden und des Bundesrates erfüllt. Die Bundesregierung sieht jedoch bei Berück-



    Bundesminister Dr. h. c. Strauß
    sichtigung des Gesamtbedarfs der öffentlichen Hand keine weitere Möglichkeit zur Verbesserung der Gemeindefinanzen. Ich darf hier nur auf die drei Stichworte verweisen: Wo Einschränkung von Bundesausgaben? Sollen Steuern erhöht werden? Soll die Kreditaufnahme noch stärker ausgedehnt werden? Ich kann diese drei Fragen mit einem Nein beantworten.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Die Bundesregierung ist sich ferner bewußt, daß eine Finanzplanung, die sich bisher im wesentlichen auf den Bereich des Bundeshaushalts beschränkt, unvollkommen ist. Er trägt nur die Hälfte der Ausgaben aller Gebietskörperschaften. Deshalb ist Koordinierung der Haushaltsgestaltung aller öffentlichen Aufgabenträger der fiskalischen und parafiskalischen Gewalten eine dringende Aufgabe in der Fortentwicklung einer modernen Finanzwirtschaft.
    In Erkenntnis dieser Tatsache sind der Herr Bundeskanzler und die Herren Ministerpräsidenten der Länder im Frühjahr dieses Jahres übereingekommen, einen Finanzplanungsrat ins Leben zu rufen, für den auch bereits ein parlamentarischer Gesetzentwurf von einer Koalitionsfraktion vorlag. Der Finanzplanungsrat soll Empfehlungen für eine Koordinierung der Finanzplanung von Bund, Ländern und Gemeinden geben, dabei auch eine Rangordnung der öffentlichen Ausgaben nach ihrer Dringlichkeit für die öffentlichen Aufgabenträger erarbeiten. Nur in einer Gesamtschau der öffentlichen Finanzwirtschaft, quer durch alle drei Ebenen unseres Gemeinwesens — Bund, Länder und Gemeinden und auch noch eines Tages die parafiskalischen Gewalten —, kann eine Rangliste der Aufgaben in zeitlicher und sachlich richtiger Reihenfolge getroffen werden und damit ein für die Entwicklung von Wirtschaft und Gesellschaft abträgliches Nebeneinander oder Gegeneinander der Politik der verschiedenen Gebietskörperschaften vermieden werden.
    Ich verkenne nicht die Schwierigkeiten der Aufgaben, die hier zu lösen sind. Andere Staaten mögen es leichter haben. Dafür haben sie auch ihre Nachteile mit einer etwas stärkeren Straffung der Verwaltungsstruktur und der Finanzordnung. Die Arbeiten im Finanzplanungsrat haben immerhin in diesem Jahr schon dazu geführt, daß man sich auf einige Grundannahmen geeinigt hat. Hier muß man, wie in der Außenpolitik, Herr Bundeskanzler, viel Geduld haben. Der Finanzplanungsrat hat ferner die Probleme der öffentlichen Schuldenaufnahmen erörtert und Einvernehmen erzielt, daß der vom Kreditmarkt gezogene Rahmen bei einer Aufteilung auf die einzelnen Haushaltsträger beachtet werden muß. Der in früheren Jahren so unerquickliche Steuerstreit zwischen Bund und Ländern ist durch die Zusammenarbeit im Finanzplanungsrat vermieden worden.
    Diese allgemeinen Ausführungen zum Haushaltsentwurf 1969 und zur Finanzplanung bedürfen noch der Ergänzung durch eine kurze Bemerkung, nämlich zu der Frage, die möglicherweise bei der Haushaltsführung 1969 von erheblicher Bedeutung sein kann. Ich meine damit die notwendige Vorsorge von seiten des Staates für den Fall einer konjunkturellen
    Überhitzung. Die Bundesregierung hat in der Finanzplanung und im Haushaltsentwurf 1969 keine alternativen Maßnahmen vorgesehen, weil aus heutiger Sicht davon ausgegangen werden kann, daß der Haushaltsentwurf 1969 mit der voraussichtlichen Entwicklung im Einklang steht und mit der ihm zugedachten Funktion bei einer gesamtwirtschaftlichen Betrachtung zurechtkommt.
    Es kann nicht ausgeschlossen werden, daß wir zu kontraktiven Maßnahmen gezwungen sind. Die Bundesregierung hat sich mit dieser Frage bei der Vorbereitung dieser Gesetzgebungswerke eingehend befaßt. Sie ist zu der Überzeugung gekommen, daß bei einer etwaigen konjunkturellen Überhitzung in erster Linie finanzpolitische Maßnahmen -als Regulativ in Betracht gezogen werden sollen und nicht die Bundesbank dafür strapaziert werden könnte.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Wir müssen uns deshalb heute mit dem Gedanken vertraut machen, daß eine Bewährungsprobe unserer Finanz- und Wirtschaftspolitik vor uns liegt. Das Instrumentarium ist von Ihnen in diesem Hohen Hause mit dem Gesetz zur Förderung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft ja geschaffen worden. Die Bundesregierung hat die verfassungsrechtliche und gesamtpolitische Verpflichtung, von diesem Instrumentarium keinen übertriebenen Gebrauch zu machen, aber auch vor der Anwendung nicht aus irgendwelchen politischen Rücksichtnahmen oder Ängsten zurückzuscheuen. Das heißt, daß konjunkturbedingte Steuermehreinnahmen in keinem Fall für zusätzliche Ausgaben verwendet werden. Es möge niemand auf die traditionsgemäß kurz vor Abschluß der Beratungen zum Haushalt vorzunehmende Überprüfung der Steuerschätzung hoffen, um vielleicht doch noch die eine oder andere zusätzliche Ausgabe im Haushalt unterzubringen.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Ich erinnere mich noch an eine Rede, die der Vorgänger des heutigen Herrn Bundeskanzlers damals als Direktor der Verwaltung für Wirtschaft in Frankfurt gehalten hat, wo er vor der Methode gewarnt hat, in einem kalten Zimmer ein Streichholz unter das Thermometer zu stecken und dann auf eine höhere Temperatur zu schließen, wenn die Quecksilbersäule hochgeht.

    (Heiterkeit.)

    Ein solcher Verzicht mag schmerzlich sein, wenn der Druck von dieser oder jener Seite kommt. Für den Fall sich abzeichnender konjunktureller Spannungen müssen konjunkturbedingte Mehreinnahmen in der vorher erwähnten Form verwendet werden.
    Außerdem müssen wir darauf vorbereitet sein, notfalls Ausgaben des Bundeshaushalts zurückzustellen, um die von der öffentlichen Hand ausgehenden gesamtwirtschaftlichen Anstoßwirkungen, die oft gerade die kritische Grenze darstellen, zu vermindern. Hierfür kommen bei der gegebenen Ausgabenstruktur des Bundeshaushalts in erster Linie die Investitionsausgaben in Betracht, soweit diese keiner gesetzlichen oder faktischen Bindung unterliegen.



    Bundesminister Dr. h. c. Strauß.
    Der Staat ist in erster Linie berufen, seine Investitionsentscheidungen antizyklisch auszurichten. Die Bundesregierung hat deshalb bei der Verabschiedung der Finanzplanung und des Haushaltsentwurfs 1969 einen wichtigen Beschluß gefaßt, nämlich nach Dringlichkeitsstufen gegliederte Investitionsprogramme aufzustellen, um für alle Eventualitäten gerüstet zu sein. Der Bund kann die konjunkturelle Entwicklung allein durch zeitliche Variierung seiner Investitionen nur in gewissen Grenzen beeinflussen, da das Schwergewicht der Investitionen nicht beim Bund, sondern bei den Ländern und Gemeinden liegt. Um eine voll wirksame antizyklische Ausgabenpolitik zu betreiben, ist deshalb auch aus diesem Grunde ein aufeinander abgestimmtes Verhalten aller öffentlichen Hände erforderlich.
    Die Länder und Gemeinden müssen daher ebenfalls durch Aufstellung mehrjähriger Investitionsprogramme entsprechend § 10 des Stabilitätsgesetzes, der nicht nur ein Stück Papier oder ein Paragraph zu sein hat, sondern eine Verpflichtung darstellt, die Voraussetzungen dafür schaffen, daß auch sie rechtzeitig den konjunkturellen Schwankungen durch ihre Investitionspolitik Rechnung tragen. Auch darüber wird im Finanzplanungsrat noch eingehend zu sprechen sein.
    Dabei bin ich mir bewußt, daß ein Optimismus unangebracht ist, daß nämlich der Staat seine Investitionen allein nach konjunkturellen Gesichtspunkten manipulieren darf, daß er den Bau von Wohnungen, Straßen, Universitäten und was immer in einem Fall doppelt und dreifach forcieren kann, wenn es die Konjunktur erfordert, und dann als „Stabilitätsruinen" bis zur nächsten Rezession stilllegen kann. So töricht wird niemand sein. Aber es gibt Spielräume, innerhalb derer man Ausgaben vermindern kann, innerhalb derer man nach Dringlichkeiten handeln und wo man die Durchführung strecken kann.
    Die Bundesregierung ist darüber hinaus entschlossen — hofft aber, es vermeiden zu können —, die sonstigen Instrumente einzusetzen, die ihr nach diesem Gesetz zur Verfügung stehen. Wir haben über aus heutiger Sicht noch keinen Anlaß, Maßnahmen dieser Art zu treffen oder innerhalb eines festgelegten Zeitraums vorzusehen. Ich halte es nur für meine Pflicht, auf diese Probleme hinzuweisen. Ich hoffe auf die volle Unterstützung gerade dieses Hohen Hauses, wenn wir auch im Aufstieg finanzpolitische Disziplin üben und das tun, was die Bürger unseres Landes zu Recht von uns erwarten.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Nun noch wenige Worte zu den Ausgabenschwerpunkten. Die Leistungen im sozialen Bereich nehmen auch künftig — das sei entgegen einer oft im Lande getriebenen böswilligen Propaganda mit aller Deutlichkeit gesagt — eine hervorragende Stellung in der Ausgabenstruktur des Bundes ein. Im vorigen Jahr haben sich bei den Sanierungsmaßnahmen heftige Diskussionen gerade an diesen Einschränkungsmaßnahmen im Sozialbereich entzündet. Es ist damals — wenn auch zu Unrecht —das irreführende Schlagwort von der „sozialen Demontage" geprägt worden. Gerade im Sozialhaushalt des Bundes läßt sich feststellen, daß die Sanierung der Bundesausgaben gelungen ist. Wie im laufenden Haushaltsjahr 1968, so stehen auch 1969 die Sozialleistungen des Bundes an erster Stelle. Ihr Anstieg ist durch gewisse Einschränkungen des Finanzänderungsgesetzes verlangsamt worden. Aber ihr Anstieg ist auch weiterhin durch die Wiedergewinnung der finanziellen Solidität ermöglicht worden,

    (Sehr richtig! bei der SPD)

    und was in Aussicht gestellt wird, kann als garantiert in Aussicht gestellt werden und nicht zu Lasten der Währung, zu Lasten einer wirtschaftseinschränkenden Steuererhöhung oder zu welchen Lasten auch immer. Die fortwirkenden Regelungen des Finanzänderungsgesetzes 1967 haben die weitere organische Entwicklung der sozialen Sicherung nicht in Frage gestellt, sondern auf tragfähigen Boden gestellt.
    Im Gegenteil, mit dem Finanzänderungsgesetz sind sozialpolitisch sinnvolle Dauerlösungen eingeleitet worden ; Stichwort: Mutterschutz. Die Novellierung des Mutterschutzrechts ist vollendet, die Neugestaltung der Kostenträgerschaft in Anpassung an die finanziellen Möglichkeiten der einzelnen Kostenträger vorgenommen worden.
    Auf der anderen Seite konnte auch das Finanzänderungsgesetz nicht alle sozialpolitischen Probleme lösen. Das zeigt das Beispiel der knappschaftlichen Rentenversicherung, wo wir mit Beibehaltung der Difizithaftung in sechs Jahren etwa 3,3 Milliarden DM mehr auszugeben haben werden, als nach der Finanzplanung 1967 ursprünglich vorgesehen war, und zwar weil das Tempo der Zechenstillegungen und die sich daraus ergebenden sozialpolitischen Konsequenzen ein wesentlich größeres Ausmaß angenommen haben, als man damals von seiten aller Weisen einschließlich der Weisen innerhalb der Bundesregierung vorhersehen konnte.
    Das schwerwiegendste Problem bei den Überlegungen zur Weiterentwicklung des Sozialsystems ist die Sicherstellung der Leistungsfähigkeit der Arbeiter-Rentenversicherung. Obwohl im Finanzänderungsgesetz 1967 die Vorschläge der Bundesregierung zur Konsolidierung der Rentenversicherungsträger im wesentlichen übernommen worden sind, ist doch das Problem der längerfristigen Finanzierung noch nicht gelöst. Nach einer Vorausschau auf der Grundlage der gesamtwirtschaftlichen Projektion werden die Vermögen der beiden großen Zweige, Arbeiter- und Angestelltenversicherung, von insgesamt 24,8 Milliarden DM Anfang 1968 auf 17,1 Milliarden DM am Ende 1972 absinken, und das trotz der beschlossenen und beabsichtigten Beitragserhöhungen. Diese Vermögensabschmelzung kann schon im Interesse der Erhaltung der Liquidität nicht uferlos fortgesetzt werden.
    Während aber bei der Angestelltenversicherung auch künftig das Vermögen wächst, ist die Entwicklung bei den Trägern der Arbeiter-Rentenversicherung insgesamt gesehen besorgniserregend. Das Vermögen, das Anfang 1968 noch 12,8 Milliarden DM, also die Hälfte des Gesamtvermögens betragen



    Bundesminister Dr. h. c. Strauß
    hat, wird bis 1972 vollends aufgezehrt sein. Das hat seinen Grund in der tendenziellen Umstrukturierung der Arbeitnehmerschaft, die zu ständig steigenden Wanderungsverlusten bei der Arbeiter-Rentenversicherung zugunsten der Angestelltenversicherung geführt hat.
    Wenn diese große soziologische Umschichtung in unserem Land, die ein Ergebnis der zweiten oder dritten industriellen Revolution ist, nun einmal so abläuft, wie sie unvermeidbar abläuft, können die Konsequenzen daraus nicht aus irgendwelchen Berufungen oder aus irgendwelchem Privilegiendenken heraus auf die Dauer einfach ignoriert oder unterdrückt werden.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Es gibt in diesem Fall auch eine Solidargemeinschaft

    (erneuter Beifall bei den Regierungsparteien)

    und nicht nur ein Festhalten an einem einmal überkommenen Status, vor allen Dingen, wenn die Veränderungen dieses Status, wie sie aus der Wanderungsbewegung entstehen, zu Vorteilen führen, die von den Betreffenden, aber auch von den anderen, den Benachteiligten, nicht verschuldet worden sind. Hier kann nicht jeder sozusagen auf seinem Töpfchen sitzen und dieses Töpfchen bis in alle Zeiten hinein festhalten und uns damit die Lösung der Probleme durch eine Menge von Protesten und ärgerniserregenden Deklamationen noch immer schwieriger machen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Die Bundesregierung hat die Frage der längerfristigen Finanzierung der Rentenversicherungen natürlich besonders geprüft. Sie hat einen Kabinettsausschuß für Sozialbudget und soziale Strukturfragen eingesetzt, der Vorschläge für eine sozialpolitisch, finanzpolitisch und gesamtwirtschaftlich befriedigende Regelung der Finanzierung der sozialen Alterssicherung über das Jahr 1971 hinaus erarbeiten soll. Die Arbeit ist aufgenommen worden. Grundlage wird ein Sozialbudget sein, das entsprechend den Forderungen aller Fraktionen dieses Hohen Hauses erstmals aufgestellt und noch vor Ablauf dieses Jahres diesem Parlament vorgelegt werden soll.
    Im Mittelpunkt bewegter Diskussionen stehen immer wieder die Leistungen des Bundes für die Kriegsopfer. Es mehren sich in jüngster Zeit die Stimmen, die auch in diesem Bereich verständlicherweise neue Wünsche und Verbesserungsvorschläge an uns herantragen. Demgegenüber erlaube ich mir aber doch den Hinweis, daß es nicht ohne Risiken und Schwierigkeiten 1967 möglich war, Leistungsverminderungen zu vermeiden, was heute anerkannt werden -sollte, und daß sich auch auf der Grundlage des geltenden Rechts für die besonders hart betroffenen Gruppen gewisse Verbesserungen ergeben. Im Rechnungsjahr 1969 erhält ein großer Teil der- Versorgungsberechtigten höhere Versorgungsbezüge, weil der Berufsschadensausgleich für Beschädigte und der Schadensausgleich für Witwen kraft Gesetzes laufend den neuen Durchschnittsverdiensten angepaßt werden. Ferner führen die neuen Anrechnungsbestimmungen des Dritten Neuordnungsgesetzes für einen Teil der Versorgungsberechtigten zu höheren Ausgleichs- und Elternrenten.
    Die Bundesregierung hat sich der Erkenntnis nicht verschlossen, daß in manchen Bereichen noch Verbesserungen notwendig sind, ohne die Frage der Richtigkeit der Gesamtstruktur aufzuwerfen. Für die Jahre 1971 und 1972 sind deshalb begrenzte Beträge für Leistungsverbesserungen vorgesehen, die allerdings nach den Vorstellungen der Bundesregierung zur Beseitigung noch vorhandener Härten verwendet werden sollen. Wenn es uns ernst ist mit einer Umstrukturierung der Bundesaufgaben, wenn es uns ernst ist mit einer Zukunftsorientierung unserer Finanz- und Haushaltspolitik, müssen wir uns in Zukunft im sozialen Bereich stärker als bisher auf den Ausgleich von immer noch bestehenden Härten beschränken und denen, die wirklich dieses Ausgleichs bedürfen, in größerer Weise Hilfe zukommen lassen als denen, die dessen nicht bedürfen.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Die Bundesregierung hat sich eingehend mit der Frage der Abwicklung von Kriegs- und Nachkriegsfolgen befaßt. In das Lastenausgleichsgesetz soll nunmehr eine soziale Regelung zur Entschädigung der in der SBZ erlittenen Vermögensverluste mit einem Gesamtvolumen von 2,6 Milliarden DM aufgenommen werden. Weiterhin sind 70 Millionen DM zur Abschlußgesetzgebung des Kriegsgefangenenentschädigungsgesetzes sowie des Häftlingshilfegesetzes für 1971 in die Finanzplanung eingestellt. Damit ist nach Ansicht der Bundesregierung der letzte Schritt zur Entschädigung vergangenheitsbezogener Tatbestände getan.
    Nach den Vorstellungen der Bundesregierung sollen bei den Entschädigungen der Flüchtlinge aus der SBZ nur solche Vermögensverluste entschädigt werden, die zu einem Verlust der beruflichen Existenz geführt haben. Diese Entschädigung soll den Gruppen von Flüchtlingen zukommen, die noch nicht wieder in befriedigender Weise in den Wirtschafts- und Einkommensprozeß eingegliedert sind.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU.)

    Das bedeutet aber — ich sage: leider —, daß Leistungen nicht ohne Rücksicht auf die Wirtschaftslage des Empfängers sozusagen nach. dem Gießkannenprinzip verteilt werden können.
    Ich muß darauf hinweisen, daß eine Entschädigung von Flüchtlingen aus der SBZ eine gewisse Beteiligung der Länder an der Finanzierung voraussetzt. Der Bundesrat hat in seiner Stellungnahme zur Finanzplanung 1969 bis 1972 indessen jede finanzielle Beteiligung unter Hinweis auf Art. 120 des Grundgesetzes abgelehnt. Die Bundesregierung hofft, daß die Länder nicht bei dieser Weigerung bleiben. Sie wird das ganze Problem nochmals zur Diskussion stellen. Die Beteiligung der Länder soll nur darin bestehen, daß nur 0,25 % Vermögensteuer, also ein Viertel, die für den allgemeinen Lastenausgleich verwendet werden, etwas länger als nach der gegenwärtigen Rechtslage vorgesehen an den La-



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    stenausgleichsfonds abgeführt werden sollen und zur gemeinsamen Finanzierung dieser Aufgabe verwendet werden. Wenn der gute Wille auf allen Seiten vorhanden ist, müßte eine Bereinigung dieser Frage möglich sein, wobei eine Bereinigung dieser Frage allerdings auch ein Bekenntnis zur Solidargemeinschaft zwischen Flüchtlingen und Vertriebenen aller Kategorien einschließt. Die Einzelheiten darüber werden zu einem anderen Zeitpunkt an anderer Stelle in diesem Hause noch zur Sprache kommen.
    An zweiter Stelle der Ausgabenschwerpunkte steht der Bereich der Verteidigung. Er gibt der Ausgabenstruktur des Bundes nach den Sozialaufwendungen das entscheidende Gepräge. Die Finanzplanung macht deutlich, daß die Bundesregierung den Verteidigungsaufgaben gebührenden Rang einräumt. Sie wird auch fürderhin im Rahmen ihrer NATO-Verpflichtungen wiederum einen erheblichen Beitrag leisten. Diesem Bündnis ist vielleicht noch zu keiner Zeit größere Bedeutung zugekommen als heute.
    Für die künftigen Anstrengungen im Rahmen der NATO wird die an unseren Grenzen entstandene neue Lage möglicherweise nicht ohne Einfluß bleiben. Fernab von jeder Hektik in der Beurteilung dieser Vorgänge werden wir die neue und jeweilige Situation sehr sorgfältig prüfen. Bereits jetzt müssen wir uns bewußt sein, daß hier im Rahmen der Finanzplanung über das Jahr 1969 hinaus ein von uns nicht zu verantwortendes und auch nicht zu beeinflussendes Risiko liegt, ein Risiko nämlich, daß im Interesse unserer Sicherheit Opfer verlangt werden können. Wir halten gar nichts von einer Politik des Säbelrasselns.

    (Abg. Dr. Barzel: Sehr wahr!)

    Uns kann und soll nicht jede Provokation zu heftigen Reaktionen reizen. Wir müssen aber unseren Willen zur Selbstverteidigung, falls erforderlich, entsprechend zum Ausdruck bringen,

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    unter Umständen stärker, als es in der Vergangenheit geschehen ist.
    Wenn wirklich Umstände erkennbar würden, die aus zwingenden Gründen eine Überschreitung des in der Planung vorgesehenen Rahmens für die Verteidigung und für den Devisenausgleich nach sich ziehen, sollte jedermann wissen, daß vermehrte Opfer für Sicherheit nicht ohne Folgen für die gesamtwirtschaftliche Entwicklung gefordert werden können.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU.)

    Daß Sicherheit bei vermehrter Bedrohung sozusagen gratis, ohne irgendwelche Verzichte — sei es in Bezug auf Mehreinnahmen, sei es in bezug auf Einschränkungen von Ausgaben —, uns so magisch wie der deus ex machina hilfreich erscheinen könnte, dieser Meinung wird sich hoffentlich niemand hingeben.
    Die besondere Situation Berlins ist der Öffentlichkeit durch die jüngsten Erschwernisse der Ostberliner Regierung für den Berlin- und Interzonenverkehr erneut vor Augen geführt worden. Die Bundesregierung hat schnell reagiert. Sie hat die betroffenen Personen und Unternehmen von den finanziellen Belastungen der Ostberliner Maßnahmen freigestellt und den Flugverkehr Hannover—Berlin weiter verbilligt. Die Bundesregierung setzt ihre Bemühungen fort, die Lebensfähigkeit und Wirtschaftskraft Berlins zu stärken. Das kommt in der Bemessung der Bundeshilfe an den Berliner Haushalt zum Ausdruck. Sie ist gegenüber dem Vorjahr um weitere 159 Millionen DM auf 2564 Millionen DM in der Planung des Haushaltes für 1969 erhöht worden.

    (Abg. Dr. Barzel: Hört! Hört!)

    Bei der Gesamtberechnung dessen, was Beitrag für Sicherheit bedeutet, bei der Bewertung der Lasten, die die einzelnen Bündnismitglieder zu tragen haben, können wir nicht darauf verzichten, daß unsere beträchtlichen wirtschaftlichen und finanziellen Leistungen für Berlin entsprechend in Ansatz gebracht werden.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU.)

    Das gilt nicht nur für die Übertragung von Haushaltsmitteln, das gilt auch für den Verzicht auf Steuereinnahmen. Darüber hinaus steht der Bund wie in den Vorjahren mit einer Bürgschaftszusage hinter den notwendigen Anleihen Berlins. Diese Maßnahmen sind ergänzt durch eine vorzeitige und diesmal unbefristete Verlängerung und Ausweitung der steuerlichen Hilfsmaßnahmen. Weitere sind in Vorbereitung. Bei Investitionen soll das politische Risiko stärker abgedeckt werden. Im übrigen werden die Bemühungen fortgesetzt, den Zuzug von Arbeitskräften zu fördern. Aber, erlauben Sie mir den Hinweis, die Lösung der Berlin-Problematik liegt nicht im Bundeshaushalt; sie liegt bei der inneren Ordnung und der äußeren objektiven und subjektiven Sicherheit dieser Stadt, also in der großen Politik.
    Nun noch einige Akzente und Schwerpunkte, was Zukunftsorientierung anbetrifft. 1969 steht die Förderung von Wissenschaft und Forschung an erster Stelle. Für unsere künftige wirtschaftliche und politische Stellung in der Welt sind die Anstrengungen auf diesem Gebiet von entscheidender Bedeutung. Daran hängt das weitere Wachstum unserer Wirtschaft. Wir als Industrienation mit hoher Exportabhängigkeit stehen in einem weltweiten Wettbewerb gerade in den zukunftsträchtigen und technisch interessanten Bereichen. Im Bundeshaushalt 1969 werden deshalb fast 4 Milliarden DM — das sind 350 Millionen DM mehr als im laufenden Rechnungsjahr — für Zwecke der wissenschaftlichen Forschung zur Verfügung gestellt. Davon entfallen auf den Einzelplan des Wissenschaftsministers 2,2 Milliarden; das sind 13 % mehr als im Vorjahr.
    Im Durchschnitt der Jahre bis 1972 hat sich die Bundesregierung eine Steigerung der Ausgaben dieses Haushaltes durchschnittlich Jahr für Jahr von 20 v. H. zum Ziele gesetzt. Dabei unterstreicht die Bemessung der Steigerungsbeträge in den einzelnen Jahren die Notwendigkeit, die Mittel sinnvoll und



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    rationell auszugeben. Dafür ist eine kontinuierliche und planvolle Arbeit erforderlich.
    Der Mitteleinsatz im Hochschulausbau wird wesentlich verstärkt. Mit großer Sorge verfolgt die Bundesregierung die Entwicklung in den Länderhaushalten, die sich vielfach nicht in der Lage sehen, entsprechend den geltenden Verwaltungsabkommen eine Bleichhohe Quote bereitzustellen. Der Bundeswissenschaftsminister sucht gemeinsam mit den Ländern nach Möglichkeiten, die Länderetats im Forschungsbereich mit dem Ziel einer Aufstockung der Ausgaben für den Ausbau der Hochschulen zu entlasten.
    Ein beachtlicher Schwerpunkt liegt bei der Förderung der friedlichen Nutzung von Kernforschung und Kerntechnik, einem Gebiet, auf idem unbestritten Erfolge erzielt sind, die nicht zuletzt den Förderungsmaßnahmen des Bundes seit Ende 1955 zu verdanken sind.
    Die Aufwendungen für die Weltraumforschung und die Luftfahrtforschung werden im Rahmen des mittelfristigen Programms erhöht. Auch die Förderung der elektronischen Datenverarbeitung gewinnt im Bereich des Bundeswissenschaftsministers wie des Wirtschaftsministers zunehmende Bedeutung.
    Neu in den Förderungskatalog ist die Forschung und Entwicklung auf dem Gebiet neuer Technologien aufgenommen worden, d. h. in den sich schnell entwickelnden Bereichen der angewandten Mathematik und der technisch orientierten Naturwissenschaften.
    Die unmittelbaren Ausgaben zur Förderung von Wissenschaft und Forschung werden noch ergänzt durch die Einführung einer 10%igen Investitionszulage für Anlageinvestitionen der gewerblichen Wirtschaft, die der Forschung und der technischen Entwicklung dienen. Mit der Gesamtheit dieser Maßnahmen unterstreicht die Bundesregierung ihre Absicht, alles in ihren Kräften stehende zu tun, um die notwendigen Voraussetzungen für den weiteren technischen Fortschritt und damit eine auch in Zukunft gesicherte wirtschaftliche Entwicklung zu schaffen.
    Hervorragende Bedeutung kommt in diesem Zusammenhang der Ausbildungsförderung zu. Die Verbesserung der Ausbildungsförderung berührt sich eng mit der Frage einer Verbesserung des Familienlastenausgleichs. Bei der Knappheit der zur Verfügung stehenden Mittel mußten wir leider eine Entscheidung treffen, nicht die zusätzlichen Mittel halbe-halbe aufzuteilen, sondern zu fragen: welche der beiden Aufgaben genießt angesichts der Gesamtorientierung unserer Politik Vorrang? Darum hat die Bundesregierung eine Verbesserung der Ausbildungsförderung mit Priorität gegenüber der Verbesserung des allgemeinen Familienlastenausgleichs ausgestattet. Es geht dabei nicht nur um den Grundsatz gleicher Bildungschancen für alle; es geht auch um die bessere Ausnutzung unseres Bildungs-
    und Begabungsreservoirs. Bei den mit der wirtschaftlichen Dynamik verbundenen Strukturveränderungen werden in den kommenden Jahren und Jahrzehnten an die geistige Mobilität unserer Arbeitskräfte wesentlich höhere Anforderungen gestellt werden als jemals seit Beginn des Industrialisierungsprozesses vor vielen Generationen.
    Nach den Vorstellungen der Bundesregierung soll mit den zusätzlich bereitgestellten Mitteln zugleich ein Ansatzpunkt zu einer Zusammenfassung und Verbesserung der bisherigen Maßnahmen, d. h. einer Zusammenlegung statt der Kategorienförderung, erreicht werden. Allerdings, Pläne, die dia oder dort erarbeitet worden sind und die allein zusätzliche Mittel des Bundes bis zu einer Größenordnung von 3 Milliarden DM erfordern würden, entbehren leider der Realistik, die wir ihnen gern einräumen würden.
    Auf den Gebieten der Energiepolitik, der Luftfahrt und der Datenverarbeitung sind wesentlich erhöhte Mittel eingesetzt worden.
    Besonderen Wert haben wir darauf gelegt, im Haushalt zum Ausdruck zu bringen, .daß wir die Verbesserung unserer Wirtschaftsstruktur, die Schaffung gleichmäßiger Lebensverhältnisse und ein Wachstum auch in den bisher zu kurz gekommenen Gebieten durch Einsatz der staatlichen Haushaltspolitik fördern wollen. Es gibt eine Reihe von Gebieten, in denen regionale oder strukturelle Probleme bestehen. Hier waren wir uns einer Problematik bewußt, daß nämlich eine Summe von Maßnahmen für regionale Strukturpolitik zum Schluß auch nicht ohne konjunkturelle Auswirkungen bleiben kann. Darum sind wir bei der Zuweisung von Mitteln für die Lösung regionaler und struktureller Probleme nicht so weit gegangen, wie es da oder dort, wie es vor allen Dingen vom Bundesrat oder von .den betroffenen Ländern gewünscht worden ist. Aber immerhin, das von der Bundesregierung beschlossene Strukturprogramm, an dem sich auch 'die Nürnberger Anstalt beteiligen wird, wird in den Jahren 1968 bis 1970 zusätzliche Investitionen in Höhe von rund 1,3 Milliarden DM auslösen. Die dafür zur Verfügung stehenden 'Bundesmittel in Höhe von 270 Millionen DM für .die Zeit bis 1972 werden als Zuschüsse und Zinszuschüsse eingesetzt.
    Im Ruhrgebiet werden schwerpunktmäßig Verkehrsinvestitionen gefördert, auch im Hinblick auf die Verbesserung der Mobilität der Arbeitskräfte. Im Saarland und im angrenzenden Gebiet von Rheinland-Pfalz soll Industriegelände erschlossen und das Straßennetz verbessert werden. Im Zonenrandgebiet, in den Bundesfördergebieten und Bundesausbaugebieten stehen Maßnahmen der kommunalen Infrastruktur im Vordergrund. Zeitlich vorgezogene Baumaßnahmen an Bundesfernstraßen sollen die Verbindung gerade des Zonenrandgebietes mit dem übrigen Bundesgebiet verbessern.
    Daneben sollen durch eine Aufstockung der Zuschußmittel des Regionalfonds die regionalen Hilfsmaßnahmen des Bundes zur Steigerung der Wirtschaftskraft verstärkt werden.
    Zur Förderung der Industrieansiedlung wird außerdem eine Investitionsprämie in Höhe von 10 % der Anschaffungs- oder Herstellungskosten eingeführt, mit der die Bundesregierung die Schaffung von 20 000 neuen Arbeitsplätzen jährlich in den Strukturgebieten zu erreichen hofft.



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    Es sei auch darauf hingewiesen, daß das ERP-Vermögen ebenfalls in den Dienst einer gezielten Regional- und Strukturpolitik gestellt werden soll.
    Diese regionalen strukturpolitischen Maßnahmen müssen in engstem Zusammenhang mit dem vorgesehenen Agrarprogramm zur Verbesserung der Landwirtschaftsstruktur gesehen werden. Das ist ein weiterer Beweis dafür, daß die neue Finanzplanung die Probleme nicht mehr für einzelne Gebiete isoliert betrachtet, sondern eine Gesamtschau herbeiführt, die zwingend geboten ist.
    Die Landwirtschaftspolitik stellt uns vor sehr komplexe Probleme. Ich habe bereits im vorigen Jahr ausgeführt, daß es das Ziel einer langfristigen Finanzplanung sein muß — unid wir haben dieses erklärte Ziel —, durch eine Neuorientierung der Landwirtschaftspolitik auf Dauer wettbewerbsfähige und von Einkommenshilfen unabhängige Landwirtschaftsbetriebe zu schaffen. Darum das neue Agrarprogramm, das dem Umstellungsprozeß eine ganz bestimmte Richtung gibt.
    Zur Durchführung sind zusätzliche Mittel vorgesehen, und zwar von 265 Millionen DM im Jahre 1969 ansteigend auf 770 Millionen DM für das Jahr 1972.. Die für die regionale Wirtschaftsförderung außerhalb des Landwirtschaftshaushalts veranschlagten Mittel sind in diesen Beträgen nicht enthalten. Wenn auch mit diesen Steigerungsbeträgen noch nicht optimale Vorstellungen verwirklicht werden können, so stellen sie dennoch nach Auffassung der Bundesregierung eine tragfähige finanzielle Grundlage für die Verwirklichung dieses Programms dar, das sowohl der Verbesserung der Infrastruktur in den ländlichen Räumen als auch den Maßnahmen der Bildungs-, Umschulungs- und ländlichen Sozialpolitik noch zusätzlich dient.
    Eine schwere Sorge, die ich letztes Jahr hier zum Ausdruck gebracht habe und die uns außen- wie innenpolitisch noch sehr zu schaffen machen wird, ist das Problem der EWG-Agrarpolitik. In diesem Zusammenhang nur ein kurzes Wort. Auf dem Agrarsektor sind 1968 wieder für die Zukunft bedeutsame Entscheidungen mit der Einführung der neuen Marktordnungen für Zucker und vor allem für Milch und Rindfleisch gefallen. Der gemeinsame Agrarmarkt ist entscheidend erweitert worden. Die Bedeutung dieser neuen Marktordnungen läßt sich am besten daraus ersehen, daß 40 % des landwirtschaftlichen Umsatzes in der Gemeinschaft aus der Rinderhaltung stammen und die Kosten aller drei Marktordnungen knapp 60 % der Gesamtausgaben des Brüsseler Agrarfonds im nächsten Abrechnungszeitraum ausmachen werden. Daraus ergibt sich eine steigende finanzielle Belastung, die man in der allgemeinen Bewertung der Bundesausgaben nicht schlechthin als „Hilfen für die deutsche Landwirtschaft" in einer die Öffentlichkeit irreführenden Weise subsumieren darf.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Ich möchte mich auf diese Bemerkung beschränken.
    Per Saldo, meine Damen und Herren, muß die Bundesrepublik im Rahmen der gemeinsamen Agrarfinanzierung für den laufenden Abrechnungszeitraum einen Betrag von rund 1,45 Milliarden DM für die Landwirtschaften der anderen Mitgliedstaaten aufbringen. In den folgenden Jahren wird sich die deutsche Nettobelastung noch erhöhen. 1969 strebt man die Verabschiedung von gemeinsamen Marktordnungen für Wein, Tabak — sehr problematisch wegen der Auswirkungen sowohl für Handelsströme und Verbrauchergewohnheiten als auch für den Steuerertrag! — sowie Fischereierzeugnisse an. 1970 läuft die dritte und damit letzte Rate der Getreidepreisausgleichszahlung aus der Sonderabteilung des Agrarfonds aus.
    Die absehbare Entwicklung der finanziellen Belastung der Bundesrepublik, die wachsende Kritik der Offentlichkeit an den Auswirkungen dieser Agrarpolitik, die manche Manipulationen z. B. auf dem Milchsektor oder bei Obst und Gemüse schon als skandalös empfindet, zwingen meines Erachtens zu einer Überprüfung dieses Bereiches.

    (Beifall bei der SPD.)

    Damit soll nicht die Bereitschaft der Bundesrepublik in Frage gestellt werden, für das große Werk der Einigung Europas Opfer zu bringen. Aber bei dem ständig steigenden Volumen des Brüsseler Agrarfonds besteht Anlaß, eine Begrenzung der Ausgaben ins Auge zu fassen, ohne das Prinzip der Gemeinschaftsfinanzierung damit über Bord zu werfen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Die Gelegenheit dazu bieten die Verhandlungen, die im nächsten Jahr über die Finanzierung der gemeinsamen Agrarpolitik für die Zeit nach dem 1. Januar 1970 geführt werden. Begrenzungsmöglichkeiten sehen wir bei den einzelnen Marktordnungen und beim Agrarfonds selbst. Auch der gegenwärtig noch gültige Beitragsschlüssel gilt nur noch bis zum Ende 1969 und kann von niemandem als „Heilige Kuh", die nicht angerührt werden darf, in Anspruch genommen werden.

    (Abg. Hermsdorf: Hoffentlich!)

    In allen diesen Punkten besteht die Möglichkeit, Korrekturen vorzunehmen, die der Vernunft und Gerechtigkeit dienen. Die Interessenlage anderer Länder wird die Verhandlungen nicht leicht machen.
    . Wir haben darüber hinaus das Bestreben, die Finanzverfassung und die Haushaltsregelung der Gemeinschaften zu verbessern. Uns liegt daran, die Gemeinschaften auch in ihrem Bereich zu einer mittelfristigen Finanzplanung zu veranlassen. Da diese Ausgaben im Rahmen der gemeinsamen Agrarpolitik der Beeinflussung durch unsere Gesetzgebung entzogen sind, muß sichergestellt werden, daß wir bei der Schätzung der Kosten eine vorausschauende Finanzplanung der Kommission zugrunde legen können, damit wir zuverlässige Daten für wesentliche Bereiche unserer eigenen Finanzplanung haben.
    Ich brauche in diesem Hohen Hause über die Bedeutung des Verkehrsbereiches nichts zu sagen. Er ist bereits zu einem vorrangigen Schwerpunkt in der Planung des letzten Jahres erklärt worden. Diese Priorität bleibt erhalten. Sie kommt zum Aus-



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    druck in der überproportionalen Steigerung der Verkehrsaufwendungen, die mit 10,7 % erheblich über der Zuwachsrate des Gesamthaushalts von 5,4 % liegt. Im Durchschnitt der Jahre bis 1972 sollen die Verkehrsausgaben jeweils um 7,8 % erhöht werden. In absoluten Zahlen ausgedrückt: Gesamtausgaben auf dem Verkehrssektor im Jahre 1969 9,06 Milliarden DM und Kreditmittel von 1,1 Milliarden DM, für die der Bund mittelbar oder unmittelbar den Kapitaldienst übernimmt. Es reicht aber nicht aus, erhöhte Mittel zur Verfügung zu stellen, es bedarf auch einer koordinierten und bedarfsgerechten Verkehrsplanung, ein Thema, über das man sich hier in diesem Hause, in seinen Ausschüssen und in anderen Kreisen und Gremien schon reichlich unterhalten hat, weshalb ich keine weiteren Ausführungen hierzu mehr zu machen brauche.
    Auch bei einem anderen kritischen Kapitel, das in der Offentlichkeit vielfach mißverstanden wird und deshalb auch starker Kritik ausgesetzt ist, finden wir eine überproportionale Erhöhung der Ausgaben, nämlich auf dem Gebiete der Entwicklungshilfe. Wenn man aber bedenkt, daß bereits bis Ende 1967 30 % aller Auslandsinvestitionen der deutschen Wirtschaft in Entwicklungsländern vorgenommen worden sind,

    (Abg. Dr. Barzel: Hört! Hört!)

    wenn man bedenkt, was die ja erst in Erschließung befindlichen Märkte für den Wettkampf der großen Industrienationen bedeuten, dann sollte man das Thema Entwicklungshilfe nicht unter nationalistisch engstirnigen, poujadistisch aufgezäumten und kleinkarierten Gesichtspunkten zum Gegenstand demagogischer Proklamationen machen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ein schwieriges Kapitel, bei dem uns Verhandlungen bevorstehen, die nicht leicht zu führen sein werden, ist das Kapitel der Besoldungspolitik. Der Bund hat für das Jahr 1969 einen Globalansatz für neue Besoldungs- und Tarifverbesserungen im Jahre 1969 von 894 Millionen DM eingestellt. Das sind 260 Millionen DM mehr an personellen Verstärkungsmitteln für 1969, als ursprünglich vorgesehen waren. Wir wollen damit einmal die Bediensteten der öffentlichen Hand, Arbeiter, Angestellte und Beamte, mit der Einkommensentwicklung — ich denke an die privatwirtschaftlichen Bereiche —, so gut wir können, gleichstellen. Wir wollen bei der Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt den Staat nicht von vornherein in eine schlechtere Position versetzen. Wir wollen auch die Voraussetzungen schaffen, um eine Harmonisierung der Beamtenbesoldung herbeizuführen. Aber ich muß hier in allem Ernste zum Ausdruck bringen, daß dieser Ansatz ohne schmerzliche Kürzungen an anderen Stellen, ohne Auswirkungen auf andere Gebiete, unter Umständen auch unter dem Gesichtspunkt konjunktureller Probleme nicht erhöht werden kann. Und nehmen Sie mir eine Bemerkung nicht übel: So große Begeisterung lösen Mehrausgaben auf dem Gebiete des öffentlichen Dienstes in der allgemeinen öffentlichen Meinung auch nicht aus, daß wir hier nicht auch gewisse warnende Grenzen, so will ich einmal sagen, sehen sollten.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Gilt das nicht auch für andere Gebiete?)

    — Das gilt auch für andere Gebiete, selbstverständlich. Aber ich habe soeben gesagt, daß wir 260 Millionen DM mehr als ursprünglich vorgesehen in den Haushalt 1969 eingesetzt haben, daß wir die Bediensteten der öffentlichen Hand an der allgemeinen Entwicklung teilhaben lassen wollen, daß wir den Staat auf dem Arbeitsmarkt nicht als Nachfrager in eine schlechte Konkurrenzposition drücken wollen. Und Sie können bei mir unterstellen, daß ich schon auf Grund meiner eigenen Ausbildung und früheren Tätigkeit ein Freund des öffentlichen Dienstes bin. Ich habe nur kein Verständnis für Forderungen, die damit begründet werden: Jetzt geht es uns wieder besser, also können wir das, was wir früher verlangt haben, nunmehr wieder aufgreifen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Dafür habe ich kein Verständnis aus Gründen, die
    ich hier nicht mehr im einzelnen darzulegen brauche.
    Schließlich darf ich zur Vermögenspolitik nur anführen die Einführung von Zusatzprämien für die unteren Einkommensschichten, die Novellierung des Zweiten Vermögensbildungsgesetzes zur Beseitigung sozialer Härten dieses Gesetzes und die Herausgabe eines voraussichtlich Anfang Januar erscheinenden Bundesschatzbriefes.
    Meine sehr verehrten Damen und Herren. Wir haben einen Subventionsbericht vorgelegt, und wir werden in gebührendem Abstand wieder einen vorlegen. Wenn man diesen Bericht in seinen Einzelheiten kritisch liest, gewinnt man die Erkenntnis, daß es eine Illusion wäre, zu glauben, die Finanzhilfen könnten eines Tages ganz verschwinden und der Staat könnte sich aus der Förderung durch sichtbare Finanzhilfen oder unsichtbare Steuerhilfen völlig zurückziehen, nur eine beobachtende Nachtwächterfunktion ausüben und im übrigen alles dem Automatismus des Spiels der freien Kräfte überlassen. Ich glaube, das werden wir angesichts der durch Wissenschaft und Technik hervorgerufenen Änderungs- und Umstellungsprozesse in unserem Leben nicht mehr erleben, daß der Staat sich aus diesen Bereichen voll zurückziehen kann. Und im allgemeinen gibt es erstens keine Subventionen bei denen, die sie beziehen, weil sie dafür eine andere Bezeichnung mit Rechtfertigung haben, zweitens haben nur andere Subventionen, dritten sind die eigenen Subventionen lebenswichtig, und viertens dienen sie der Zukunftssicherung.
    Meine sehr verehrten Damen und Herren, was auf dem Gebiet steuerlicher Hilfen an Abbau möglich und notwendig ist, wird durch die von uns beabsichtigte, demnächst ihre Arbeit aufnehmende Kommission gründlich geprüft werden. Wir haben uns gestern in dem dafür geeigneten Kreis unterhalten, wie diese Kommission endgültig aussehen
    soll. Ich kann nunmehr in den nächsten Tagen mit der Bildung dieser Kommission beginnen und sie einladen, ihre erste Arbeitssitzung abzuhalten. Ich



    Bundesminister Dr. h. c. Strauß
    erwarte, daß diese Kommission in einem Zeitraum von eineinhalb bis zwei Jahren ihr Arbeitsergebnis vorlegt, nämlich ein vereinfachtes Steuerrecht, ein gerechtes Steuerrecht. Aber erlauben Sie mir die pessimistische Bemerkung, daß „einfach" und „gerecht" zwei Zielorientierungen darstellen, die auf Kollisionskurs zueinander stehen. Ich könnte mich noch mehr zu dem Lieblingsthema äußern, aber ich habe mich dazu schon des öfteren geäußert.
    Mit der Finanzplanung, die die künftige Entwicklung nicht mehr Zufälligkeiten überläßt, mit der Neuregelung des Haushaltsrechts in Würdigung der neuen Funktion der Finanzpolitik, mit der Reform der Finanzverfassung zur Verbesserung der Wirkungsmöglichkeiten der öffentlichen Hand, mit der Aufnahme der Arbeit im Finanzplanungsrat mit dem Ziel, ein gleichgerichtetes Verhalten der öffentlichen Hände herbeizuführen und nicht zuletzt mit der Schaffung eines wettbewerbsneutralen Umsatzsteuerrechts wird der Durchbruch zu einer im echten Sinne des Wortes modernen Finanzpolitik einen Schritt weiter gelingen und weitgehend abgeschlossen sein.
    Zur Finanzplanung und zum Haushalt 1969, die das eigentliche Thema meiner Rede waren, glaube ich feststellen zu dürfen, daß sich die Bundesregierung ehrlich unter Abwägung aller Interessen und in Kenntnis aller Schwierigkeiten um eine vertretbare Gesamtkonzeption bemüht hat, eine Gesamtkonzeption, die die Bedürfnisse der Gegenwart und der Zukunft angemessen aufeinander abstimmt. Es liegt nun bei Ihnen in diesem Hohen Hause, diesen Rahmen mit der Entscheidung über den Bundeshaushalt 1969 auszufüllen. Ich habe die Bitte, daß Sie dabei die Zielsetzungen der Finanzplanung im Auge behalten. Schon jetzt ist diese Finanzplanung mit einigen Risiken, die ich vorher aufgezählt habe, belastet, und es können unerwartete Situationen auftreten, die dann aus Gründen, die wir nicht zu kontrollieren in der Lage sind, zu Änderungen zwingen, und deshalb ist die Einhaltung des Rahmens um so gebotener.
    Ich habe den Wunsch, daß der Finanzminister, der den nächsten Haushalt vorzulegen hat, und zwar den nächsten nach Verabschiedung des Haushaltsrechts, bereits in der Lage sein wird, seinen Haushalt so einzubringen, wie es erfreulicherweise der Haushaltsausschuß vorgeschlagen hat: nämlich bei den beiden gesetzgebenden Körperschaften des Bundes gleichzeitig. Ich halte diesen Vorschlag, der uns bei der Vorbereitung der Haushaltsrechtsreform nicht eingefallen ist, für einen echten Fortschritt in der Entwicklung eines kooperativen Föderalismus im Zusammenwirken der beiden gesetzgebenden Körperschaften Bundestag und Bundesrat. .
    Die finanziellen Auswirkungen, meine Damen und Herren, der in der Zeit vom 1. Januar 1965 bis 6. Juli 1965, also in sechs Monaten des Wahljahres 1965 verabschiedeten Gesetze waren folgende: Mehrausgaben für die Jahre 1965 und 1966 5,5 Milliarden DM und Mindereinnahmen 800 Millionen DM; das heißt in sechs Monaten sind für zwei Jahre Mehrbelastungen in einer Größenordnung von 61/2 Milliarden DM geschaffen worden. Das darf sich nicht mehr wiederholen, auch deshalb nicht, weil das Jahr 1969 vier Jahre nach 1965 liegt.
    Mit den gesetzlichen Maßnahmen zum Ausgleich der Haushalte 1966 und 1967 sind folgende Kürzungen auf der Ausgabeseite und Mehrbelastungen auf der Einnahmeseite zwangsläufig von uns erbeten und von Ihnen beschlossen worden: für das Jahr 1966 auf der Ausgabeseite Kürzungen von 3,2 Milliarden DM, auf der Einnahmeseite von 300 Millionen DM, für das Jahr 1967 auf der Ausgabeseite 3,4 Milliarden DM, auf der Einnahmeseite 2,8 Milliarden DM. Ich glaube nicht, daß diese Entscheidungen leichten Herzens getroffen worden sind und daß die Entschlüsse ohne Schwierigkeiten gefaßt werden konnten. Ich nenne diese Zahlen ohne Kommentar und ohne Wertung, weil sie für sich selbst sprechen.
    Ein Konjunkturaufschwung verführt natürlich dazu, wieder neue Wünsche zu äußern. Zu meiner großen Überraschung hat der Bundesrat zur vorliegenden Finanzplanung folgende Anliegen unterbreitet: noch stärkere Erhöhung der Gemeindefinanzmasse ab 1970 zu Lasten des Bundes,
    Weitergewährung der Ergänzungszuweisungen und der Strukturhilfen auch nach Verwirklichung der Finanzreform,
    stärkere Ausstattung des Agrarhaushalts,
    Anpassung der Kriegsopferversorgung bereits ab 1969,
    Erhöhung des Kindergeldes schon vor 1972,
    Berücksichtigung der Mittelaufbringung für das Arbeitsförderungsgesetz in der Finanzplanung.
    Deckungsvorschläge für .diese umfangreichen Anregungen sind allerdings nicht gemacht worden.

    (Hört! Hört! in der Mitte.)

    Ich muß hier, weil die Sammlung der Wünsche auf eine etwas ungewöhnliche Art zustande gekommen und in die Gesamtempfehlung eingegangen ist, die Frage stellen: Welche Ausgaben des Bundes können unter den Gesichtspunkten, die ich heute vor Ihnen abermals genannt habe, so gekürzt werden, daß die Wünsche, die auch wir kennen, erfüllt werden können?

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Ist man bereit, dem Bund einen so hohen Anteil an der Einkommen- und Körperschaftsteuer zu gewähren, daß diese Wünsche berücksichtigt werden können,

    (Beifall bei den Regierungsparteien)

    oder ist man der Meinung, daß man jetzt mit Steuererhöhungen vorgehen kann, oder ist man der Meinung, daß die 3,6 Milliarden DM Nettokreditaufnahme, die die Grenze des Zulässigen darstellen, aber noch unbedenklich sind, um die Beträge erhöht werden können, die zur Erfüllung dieser Empfehlungen notwendig sind, oder ist man der Meinung, daß die investiven und wachstumsfördernden Ausgaben des Bundes in dem Umfang vermindert werden sollen, in dem Mittel für ,die Erfüllung dieser Empfehlungen eingesetzt werden müssen, oder ist man



    Bundesminister Dr. h. c. Strauß
    der Meinung, daß die Umstrukturierung des Haushalts aufgegeben und alles wieder dem Zufall jährlicher Haushaltspläne, die unter oft sehr willkürlichen Einflüssen in der Struktur so oder so gestaltet worden sind, überlassen werden darf?

    (Abg. Hermsdorf: Eine sehr berechtigte Frage!)

    Damit hätten wir einen wesentlichen Ertrag unserer harten Arbeit der beiden letzten Jahre verspielt, und das kann doch niemand von der Bundesregierung verlangen, auch die Länder nicht, die an dem Erfolg ihrer Arbeit ein legitimes Interesse haben müssen.
    Es soll auch heute niemand so tun, als ob in der zurückliegenden Rezessionsphase irgend jemand zu kurz gekommen wäre und deshalb heute dieses oder jenes wieder schleunigst geändert werden müßte. Die Finanzplanung ist ein Spiegelbild der breiten Palette der Aufgaben des Bundes, die wegen ihrer unterschiedlichen Zielrichtungen Interessenkonflikte in sich bergen. Es gibt keine konfliktsfreie oder von Interessenkollision freie Finanzoder überhaupt Politik irgendwelcher Art.

    (Sehr gut! in der Mitte.)

    Man muß sich darüber klar sein, daß die in der Finanzplanung vorgesehenen Ausgaberahmen sowohl von der Finanzierungsseite her als auch unter gesamtwirtschaftlichen Gesichtspunkten das Maximum dessen darstellen, was aus heutiger Sicht vertretbar ist.
    Dieses Parlament hat im vergangenen Jahr gegen eine zum Teil sehr heftige Kritik die Gesundung der Bundesfinanzen gebilligt, durch mutige Entschlüsse herbeigeführt und damit ,die Basis dafür geschaffen, daß wir Ihnen eine planvolle Programmierung für die nächsten Jahre vorlegen können. Dieses Hohe Haus hat damit seine entscheidende Funktion abermals bewiesen. Vermeiden Sie jetzt bitte Entscheidungen, die das Errungene wieder aufs Spiel setzen könnten. Sie stellen jetzt .die Weichen. Ich übergebe Ihnen dieses Werk. Wir werden an ihm, vielleicht auch an der Erarbeitung von Verbesserungen, wo immer sie sich anbieten, mit allem, was an Sachverstand und kooperativer Haltung möglich ist, ehrlich mitarbeiten.
    Von der Bewältigung dieser gemeinsamen Arbeit wird nicht nur für die 'Bewertung dieser Regierung, sondern auch für die weitere 'Gestaltung des Lebens unseres Volkes, auch im Hinblick auf die Menschen drüben im anderen Teil Deutschlands, mehr abhängen, als man gemeinhin Zahlen .zu unterstellen traut.

    (Lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien.)