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    Deutscher Bundestag 175. Sitzung Bonn, den 16. Mai 1968 Inhalt: Amtliche Mitteilung . . . . . . . . . 9399 A Fragestunde (Drucksache V/2904) Frage des Abg. Gscheidle: Kriterien für Größe und Grenzen eines Fernsprechortsnetzes . . . . . . . 9399 B Frage des Abg. Gscheidle: Anträge auf Einbeziehung von sog. Stadtrandgemeinden in das großstädtische Ortsnetz 9399 B Frage des Abg. Gscheidle: Konsequenzen in bezug auf Gebühren und Größe des Ortsnetzes für Wohngebiete außerhalb einer Großstadt . . 9399 B Frage des Abg. Fritsch (Deggendorf): Fernmeldezeugamt Regensburg Dr.-Ing. Pausch, Staatssekretär . . . 9400 A Fritsch (Deggendorf) (SPD) . . . . 9400 A Frage des Abg. Dr. Müller (München) : Etwaige Weiterführung des Stadt- und Landkreises München ais schwarzer Kreis 9400 C Fragen des Abg. Dr. Müller (München): Auswirkung der Weigerung Italiens zur Aufbringung der Kosten für die wissenschaftlichen Satelliten TD-1 und TD-2 Dr. Stoltenberg, Bundesminister . . 9400 D Dr. Müller (München) (SPD) . . . . 9400 D Frau Pitz-Savelsberg (CDU/CSU) . . 9401 C Frage des Abg. Dr. Mommer: Einführung von Sonderrezepten für Betäubungsmittel enthaltende Arzneien . 9401 D Frage des Abg. Geldner: Europäische Wasser-Charta Frau Strobel, Bundesminister . . 9402 A Geldner (FDP) . . . . . . . . 9402 B 11 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 175. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 16. Mai 1968 Frage des Abg. Dr. Hofmann (Mainz) : Etwaige Änderung des Wahlrechts durch Einführung des Vier-MannWahlkreissystems Köppler, Parlamentarischer Staatssekretär . . . . . . . . 9402 C Dr. Hofmann (Mainz) (CDU/ CSU) . . 9402 D Josten (CDU/CSU) . . . . . . 9402 D Maucher (CDU/CSU) 9403 A Geiger (SPD) 9403 B Dr. Wuermeling (CDU/CSU) . . . 9403 B Ertl (FDP) 9403 D Schmidt (Kempten) (FDP) 9404 A Frage des Abg. Borm: Angabe der Quelle eines vom Bundesinnenminister am 30. 4. 1968 im Bundestag gebrachten Zitats Köppler, Parlamentarischer Staatssekretär . . . . . . . 9404 B Borm (FDP) 9404 B Frage des Abg. Borm: Tagung im internationalen Freundschaftsheim Bückeburg keine „Tagung des SDS" Köppler, Parlamentarischer Staatssekretär . . . . . . . 9404 C Borm (FDP) 9404 C Moersch (FDP) . . . . . . . 9404 D Matthöfer (SPD) . . . . . . . 9405 A Krammig (CDU/CSU) 9405 B Fragen des Abg. Budde: Geplante Richtlinie des EWG-Ministerrats zur Umsatzsteuerharmonisierung für landwirtschaftliche Erzeugnisse — Auswirkungen auf die Verbraucherpreise Leicht, Parlamentarischer Staatssekretär 9405 B Schoettle, Vizepräsident 9406 A Frage des Abg. Staratzke: Widerspruch: Ein in einem Gewerbebetrieb Tätiger sozialrechtlich ,,Arbeitnehmer", steuerrechtlich „Unternehmer" 9406 A Fragen des Abg. Dr. Wuermeling: Abbau der hohen Auswirkungen des „Splitting" bei Spitzeneinkommen zugunsten einer Erhöhung der steuerlichen Kinderfreibeträge Leicht, Parlamentarischer Staatssekretär 9406 A Dr. Wuermeling (CDU/CSU) . . . 9406 B, 9407 C Frau Pitz-Savelsberg (CDU/CSU) . . 9406 C Krammig (CDU/CSU) . . . . . . 9407 A Dr. Bucher (FDP) . . . . . . . . 9407 A Schoettle, Vizepräsident . . . . . 9407 A Moersch (FDP) . . . . . . . 9407 B Ott (CDU/CSU) 9407 C Frage des Abg. Fritsch (Deggendorf) : Grenzertragsböden in Ostbayern Dr. Neef, Staatssekretär . . . . . 9407 D Fritsch (Deggendorf) (SPD) . . . . 9408 A Ertl (FDP) . . . . . . . . . . 9408 B Frage des Abg. Zebisch: Modellberatungen für Kleinbetriebe Dr. Neef, Staatssekretär . . . . . 9408 C Zebisch (SPD) . . . . . . . . . 9408 D Frage des Abg. Zebisch: Pläne betr. regionale Schwerpunktprogramme für ländliche Problemgebiete Dr. Neef, Staatssekretär . . . . 9408 D Zebisch (SPD) 9409 A Frage des Abg. Zebisch: Berücksichtigung des bayerischen Grenzlandes beim mittelfristigen Agrarprogramm Dr. Neef, Staatssekretär . . . . 9409 A Reichmann (FDP) 9409 B Frage des Abg. Geldner: Preisverfall bei Karpfen Dr. Neef, Staatssekretär 9409 B Geldner (FDP) 9409 C Fragen des Abg. Walter: Verfall der Schweinepreise Dr. Neef, Staatssekretär 9409 D Walter (FDP) 9410 A Logemann (FDP) 9410 A Dr. Ritz (CDU/CSU) 9410 C Reichmann (FDP) 9410 C Wächter (FDP) . . . . . . . 9410 D Schoettle, Vizepräsident 9411 A Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 175. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 16. Mai 1968 III Frage des Abg. Mertes: Gemeinsame Marktorganisation für Verarbeitungserzeugnisse aus Obst und Gemüse Dr. Neef, Staatssekretär 9411 A Mertes (FDP) 9411 B Dr. Ritz (CDU/CSU) 9411 C Fritz (Welzheim) (CDU/CSU) . . 9411 D Frage des Abg. Mertes: Außenschutzzoll Dr. Neef, Staatssekretär 9412 A Mertes (FDP) . . . . . . . . 9412 B Fragen des Abg. Wächter: Zuschlag bei der Ausschreibung von 500 t Milchpulverimport durch Israel an die Niederlande — Erstattungen seitens der EWG-Länder Dr. Neef, Staatssekretär 9412 C Wächter (FDP) 9412 D Entwurf eines Gesetzes zur Ergänzung des Grundgesetzes (Drucksachen V/1879, V/2130) ; Schriftlicher Bericht des Rechtsausschusses (Drucksache V/2873) — Fortsetzung der zweiten Beratung — Dr. Reischl (SPD) 9413 D Genscher (FDP) 9417 C Benda, Bundesminister . . . . 9422 A Gscheidle (SPD) 9425 D Busse (Herford) (FDP) 9428 C Dr. Arndt (Berlin/Köln) (SPD) . . . 9431 C Mischnick (FDP) . . . . . . . . 9433 B Moersch (FDP) 9434 B Dorn (FDP) 9435 C Haase (Kellinghusen) (SPD) . . . . 9439 B Dr. Even (CDU/CSU) . . . . . . 9441 B Ruhnau, Senator der Freien und Hansestadt Hamburg . . . . . 9442 C Schmidt (Hamburg) (SPD) . . . . 9443 D Frau Dr. Diemer-Nicolaus (FDP) . . 9446 A Hübner (SPD) . . . . . . . . . 9448 A Dr. Rutschke (FDP) 9449 B Könen (Düsseldorf) (SPD) . . . . 9449 D Dr. Stammberger (SPD) . . . . . 9450 C Schmitt-Vockenhausen (SPD) . . . 9451 D Dr. Lenz (Bergstraße) (CDU/CSU) . . 9453 B Dr. Bucher (FDP) (zur GO) . . . . 9454 D D. Dr. Gerstenmaier, Präsident . . . 9454 D Dr. Lenz (Bergstraße) (CDU/ CSU) (zur GO) . 9455 B Dr. Bucher (FDP) . . . . . . . . 9458 B Dr. Barzel (CDU/CSU) . . . . . . 9459 B Hirsch (SPD) . . . . . . . . . 9463 A Entwurf eines Achten Gesetzes zur Änderung des Tabaksteuergesetzes (Drucksache V/2832) ; Bericht des Haushaltsausschusses gem. § 96 GO (Drucksache V/2901), Schriftlicher Bericht des Finanzausschusses (Drucksachen V/2891, zu V/2891) — Zweite und dritte Beratung — 9478 A Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Bundesrechtsanwaltsordnung und der Patentanwaltsordnung (Drucksache V/2848) — Erste Beratung — . . . . . . . . 9478 B Entwurf eines Gesetzes zur Entlastung des Bundesgerichtshofes in Zivilsachen (Drucksache V/2849) — Erste Beratung — 9478 B Entwurf eines Gesetzes zu dem Internationalen Kaffee-Übereinkommen 1968 (Drucksache V/2906) — Erste Beratung — 9478 C Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Häftlingshilfegesetzes (Drucksache V/2877) — Erste Beratung — . . . . . . . . . . . 9478 C Schriftlicher Bericht des Finanzausschusses über die Vorschläge der Kommission der EWG für eine Richtlinie des Rats zur Harmonisierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften über i . die zollamtliche Überwachung der Waren, die in das Zollgebiet der Gemeinschaft verbracht werden, 2. die vorübergehende Verwahrung dieses Zollguts eine Richtlinie des Rats zur Harmonisierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften über das Zollagerverfahren eine Richtlinie des Rats zur Harmonisierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften über den Zahlungsaufschub für Zölle, Abgaben gleicher Wirkung und Abschöpfungen — Drucksachen V/2375, V/2897 — . . . 9478 D Schriftlicher Bericht des Finanzausschusses über den Vorschlag der Kommission der EWG für eine Verordnung des Rats über den Zollwert der Waren (Drucksachen V/2374, V/2898) . . . . . . . . . . 9479 A IV Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 175. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 16. Mai 1968 Schriftlicher Bericht des Auswärtigen Ausschusses über den Antrag betr. Rückführung deutscher Wissenschaftler (Abg. Dr. Martin, Dr. Huys, Dichgans, Frau Geisendörfer u. Gen.) (Drucksachen V/2179 [neu], V/2892) 9479 C Antrag des Bundesministers der Finanzen betr. Veräußerung der ehemaligen Flakkaserne in Duisburg-Meiderich an die Stadt Duisburg (Drucksache V/2874). . 9479 C Nächste Sitzung 9479 C Anlagen 9481 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 175. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 16. Mai 1968 9399 175. Sitzung Bonn, den 16. Mai 1968 Stenographischer Bericht Beginn: 9.01 Uhr
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    Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Beurlaubungen Dr. Achenbach* 18. 5. Dr. Aigner * 18. 5. Dr. Apel * 18. 5. Arendt (Wattenscheid) 18. 5. Dr. Arndt (Berlin) 17. 5. Dr. Artzinger * 18. 5. Bading * 18. 5. Dr.-Ing. Dr. h. c. Balke 17. 5. Bals 17. 5. Prinz von Bayern 20. 5. Behrendt * 18. 5. Bergmann * 18. 5. Dr. Burgbacher * 18. 5. Corterier * 18. 5. Cramer 20. 5. Deringer * 18. 5. Dichgans * 18. 5. Diekmann 20. 5. Dr. Dittrich* 18. 5. Dröscher * 18. 5. Frau Dr. Elsner 18. 5. Enk 31. 5. Frau Enseling 17. 5. Dr. Erhard 17. 5. Faller * 18. 5. Fellermaier * 18. 5. Dr. Frerichs 16. 5. Dr. Frey 30. 6. Frau Funcke 16. 5. Dr. Furler 18. 5. Gerlach * 18. 5. Hahn (Bielefeld) * 18. 5. Frau Dr. Hubert 1. 7. Illerhaus * 18. 5. Klinker * 18. 5. Dr. Kraske 17. 5. Kriedemann * 18. 5. Kulawig * 18. 5. Kunze 1. 6. Lautenschlager * 18. 5. Lenz (Brühl) * 18. 5. Liehr 17. 5. Dr. Löhr * 18. 5. Frau Lösche 17. 5. Lücker (München) * 18. 5. Mauk * 18. 5. Memmel * 18. 5. Metzger * 18. 5. Für die Teilnahme an einer Tagung des Europäischen Parlaments Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Müller (Aachen-Land) * 18. 5. Neemann 15. 6. Neumann (Berlin) 17. 5. Richardts * 18. 5. Riedel (Frankfurt) * 18. 5. Schmidhuber 17. 5. Dr. Schulz (Berlin) 25. 5. Springorum* 18. 5. Dr. Starke (Franken) * 18. 5. Steinhoff 1. 7. Stingl 16. 5. Struve 31. 5. Anlage 2 Umdruck 464 Änderungsantrag der Abgeordneten Dorn, Busse (Herford), Frau Dr. Diemer-Nicolaus und der Fraktion der FDP zur zweiten Beratung des Entwurfs eines Siebzehnten Gesetzes zur Ergänzung des Grundgesetzes - Drucksachen V/1879, V/2130, V/2873 -. Der Bundestag wolle beschließen: In § 1 Nr. 9 wird nach Artikel 115 i folgende Bestimmung als Artikel 115 j eingefügt: „Artikel 115 j (1) Ist in Gesetzen die Anwendung von Vorschriften davon abhängig, daß ein Angriff droht, oder dienen Vorschriften der beschleunigten Herstellung der Verteidigungsbereitschaft oder der Sicherung von Verteidigungszwecken, so ist die Anwendung dieser Gesetze nur im Verteidigungsfall zulässig oder wenn die Bundesregierung mit Zustimmung einer Zweidrittelmehrheit des Bundestages feststellt, daß die Lage die Anwendung des Gesetzes erfordert. Artikel 115 a Abs. 4 und Abs. 1 Satz 1 gelten entsprechend. (2) Ein Beschluß der Bundesregierung, durch den im Rahmen eines Bündnisvertrages die beschleunigte Herstellung der vollen Verteidigungsbereitschaft stufenweise angeordnet wird, erhält Rechtswirkung erst dann, wenn der Bundestag zugestimmt hat. (3) Die Bundesregierung hat eine von ihr nach Absatz 1 getroffene Feststellung aufzuheben, wenn der Bundestag oder der Bundesrat es verlangt." Bonn, den 14. Mai 1968 Dorn Busse (Herford) Frau Dr. Diemer-Nicolaus Mischnick und Fraktion 9482 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 175. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 16. Mai 1968 Anlage 3 Umdruck 456 Änderungsantrag der Abgeordneten Dorn, Busse (Herford), Frau Dr. Diemer-Nicolaus und der Fraktion der FDP zur zweiten Beratung des Entwurfs eines Siebzehnten Gesetzes zur Ergänzung des Grundgesetzes — Drucksachen V/1879, V/2130, V/2873 . Der Bundestag wolle beschließen: In § 1 Nr. 6 b werden in Artikel 87 a a) in Absatz 3 Satz 1 die Worte „und im Spannungsfall" b) in Absatz 3 der folgende Satz 2: „Außerdem kann den Streitkräften im Verteidigungsfall und im Spannungsfall der Schutz ziviler Objekte auch zur Unterstützung polizeilischer Maßnahmen übertragen werden; die Streitkräfte wirken dabei mit den zuständigen Behörden zusammen.", c) der Absatz 4 gestrichen. Bonn, den 14. Mai 1968 Dorn Busse (Herford) Frau Dr. Diemer-Nicolaus Mischnick und Fraktion Anlage 4 Umdruck 470 Änderungsantrag der Fraktionen der CDU/ CSU, SPD zur zweiten Beratung des Entwurf eines Siebzehnten Gesetzes zur Ergänzung des Grundgesetzes — Drucksachen V/1879, V/2130, V/2873 —. Der Bundestag wolle beschließen: In § 1 Nr. 6 b erhält Artikel 87 a Abs. 4 folgende Fassung: „(4) Zur Abwehr einer drohenden Gefahr für den Bestand oder die freiheitliche demokratische Grundordnung des Bundes oder eines Landes kann die Bundesregierung, wenn die Voraussetzungen des Artikels 91 Abs. 2 vorliegen und die Polizeikräfte sowie der Bundesgrenzschutz nicht ausreichen, Streitkräfte zur Unterstützung der Polizei und des Bundesgrenzschutzes beim Schutze von zivilen Objekten und bei der Bekämpfung organisierter und militärisch bewaffneter Aufständischer einsetzen. Der Einsatz von Streitkräften ist einzustellen, wenn der Bundestag oder der Bundesrat es verlangen." Bonn, den 15. Mai 1968 Dr. Barzel und Fraktion Schmidt (Hamburg) und Fraktion Anlage 5 Umdruck 457 Änderungsantrag der Abgeordneten Dorn, Busse (Herford), Frau Dr. Diemer-Nicolaus und der Fraktion der FDP zur zweiten Beratung des Entwurfs eines Siebzehnten Gesetzes zur Ergänzung des Grundgesetzes — Drucksachen V/1879, V/2130, V/2873 —. Der Bundestag wolle beschließen: In § i Nr. 7 erhält Artikel 91 Abs. 2 folgende Fassung: „(2) Ist das Land nicht selbst zur Bekämpfung der Gefahr bereit oder in der Lage, so kann die Bundesregierung die Polizei in diesem Land und die Polizeikräfte anderer Länder ihren Weisungen unterstellen, Einheiten des Bundesgrenzschutzes einsetzen sowie den für die Bekämpfung der Gefahr zuständigen Landesbehörden Weisungen entsprechend Artikel 85 Abs. 3 erteilen. Maßnahmen nach Satz 1 sind jederzeit auf Verlangen des Bundesrates, im übrigen unverzüglich nach Beseitigung der Gefahr aufzuheben." Bonn, den 14. Mai 1968 Dorn Busse (Herford) Frau Dr. Diemer-Nicolaus Mischnick und Fraktion Anlage 6 Umdruck 467 Änderungsantrag der Fraktionen der CDU/ CSU, SPD zur zweiten Beratung des Entwurfs eines Siebzehnten Gesetzes zur Ergänzung des Grundgesetzes — Drucksachen V/1879, V/2873 —. Der Bundestag wolle beschließen: In § 1 Nr. 7 erhält Artikel 91 Abs. 2 folgende Fassung: „(2) Ist das Land, in dem die Gefahr droht, nicht selbst zur Bekämpfung der Gefahr bereit oder in der Lage, so kann die Bundesregierung die Polizei in diesem Lande und die Polizeikräfte anderer Länder ihren Weisungen unterstellen sowie Einheiten des Bundesgrenzschutzes einsetzen. Die Anordnung ist nach Beseitigung der Gefahr, im übrigen jederzeit auf Verlangen des Bundesrates aufzuheben. Erstreckt sich die Gefahr auf das Gebiet mehr als eines Landes, so kann die Bundesregierung, soweit es zur wirksamen Bekämpfung erforderlich ist, den Landesregierungen Weisungen erteilen; Satz 1 und 2 bleiben unberührt." Bonn, den 14. Mai 1968 Dr. Barzel und Fraktion Schmidt (Hamburg) und Fraktion Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 175. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 16. Mai 1968 9483 Anlage 7 Umdruck 458 Änderungsantrag der Abgeordneten Dorn, Busse (Herford), Frau Dr. Diemer-Nicolaus und der Fraktion der FDP zur zweiten Beratung des Entwurfs eines Siebzehnten Gesetzes zur Ergänzung des Grundgesetzes — Drucksachen V/1879, V/2130, V/2873 —. Der Bundestag wolle beschließen: In § 1 Nr. 9 werden in Artikel 115 a die Absätze 2 bis 5 durch die folgenden Absätze 2 bis 7 ersetzt: „(2) Erfordert die Lage unabweisbar ein sofortiges Handeln und stehen einem rechtzeitigen beschlußfähigen Zusammentritt des Bundestages unüberwindliche Hindernisse entgegen, so trifft ein Notparlament diese Feststellung mit einer Mehrheit von je zwei Dritteln der Abgeordneten und der Vertreter des Bundesrates, mindestens mit der Mehrheit jeder dieser Gruppen. (3) Wird das Bundesgebiet mit Waffengewalt angegriffen und sind die zuständigen Bundesorgane offensichtlich außerstande, die Feststellung zu treffen, so gilt der Verteidigungsfall zu dem Zeitpunkt als eingetreten, in dem der Angriff begonnen hat. Ein Beschluß nach Absatz 1 oder 2 ist binnen einer Woche nachzuholen. (4) Der Eintritt des Verteidigungsfalles wird vom Bundespräsidenten gemäß Artikel 82 im Bundesgesetzblatt verkündet. Ist dies nicht rechtzeitig möglich, so erfolgt die Verkündung in anderer Weise. Sie ist im Bundesgesetzblatt nachzuholen, sobald die Umstände es zulassen. (5) Die Feststellung des Verteidigungsfalles wird unwirksam, wenn sie nicht nach vier Wochen erneuert wird. Das gleiche gilt nach Ablauf von vier Wochen nach Stellung eines Antrags auf erneute Beschlußfassung über den Verteidigungsfall durch mindestens fünfzehn Abgeordnete. (6) Der Bundespräsident darf völkerrechtliche Erklärungen über das Bestehen des Verteidigungsfalles erst nach Verkündung abgeben. (7) Über den Friedensschluß wird durch Bundesgesetz entschieden." Bonn, den 14. Mai 1968 Dorn Busse (Herford) Frau Dr. Diemer-Nicolaus Mischnick und Fraktion Anlage 8 Umdruck 460 Änderungsantrag der Abgeordneten Dorn, Busse (Herford), Frau Dr. Diemer-Nicolaus und der Fraktion der FDP zur zweiten Beratung des Entwurfs eines Siebzehnten Gesetzes zur Ergänzung des Grundgesetzes — Drucksachen V/1879, V/2130, V/2873 —. Der Bundestag wolle beschließen: In § 1 Nr. 9 wird Artikel 115 c Abs. 4 gestrichen. Bonn, den 14. Mai 1968 Dorn Busse (Herford) Frau Dr. Diemer-Nicolaus Mischnick und Fraktion Anlage 9 Umdruck 461 Änderungsantrag der Abgeordneten Dorn, Busse (Herford), Frau Dr. Diemer-Nicolaus und der Fraktion der FDP zur zweiten Beratung des Entwurfs eines Siebzehnten Gesetzes zur Ergänzung des Grundgesetzes — Drucksachen V/1879, V/2130, V/2873 —. Der Bundestag wolle beschließen: In § 1 Nr. 9 wird Artikel 115 e Abs. 2 und 3 gestrichen. Bonn, den 14. Mai 1968 Dorn Busse (Herford) Frau Dr. Diemer-Nicolaus Mischnick und Fraktion Anlage 10 Umdruck 462 Änderungsantrag der Abgeordneten Dorn, Busse (Herford), Frau Dr. Diemer-Nicolaus und der Fraktion der FDP zur zweiten Beratung des Entwurfs eines Siebzehnten Gesetzes zur Ergänzung des Grundgesetzes — Drucksachen V/1879, V/2130, V/2873 —. Der Bundestag wolle beschließen: In § 1 Nr. 9 erhält Artikel 115 f folgende Fassung: „Artikel 115 f (1) Die Bundesregierung kann im Verteidigungsfall, soweit es zur Abwehr der unmittelbar drohenden Gefahr erforderlich ist, 1. den Bundesgrenzschutz im gesamten Bundesgebiet einsetzen, 2. auch den Landesregierungen Weisungen erteilen. 9484 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 175. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 16. Mai 1968 (2) Bundesrat, Bundestag und Notparlament sind unverzüglich von den nach Absatz 1 getroffenen Maßnahmen zu unterrichten." Bonn, den 14. Mai 1968 Dorn Busse (Herford) Frau Dr. Diemer-Nicolaus Mischnick und Fraktion Anlage 11 Umdruck 463 Änderungsantrag der Abgeordneten Dorn, Busse (Herford), Frau Dr. Diemer-Nicolaus und der Fraktion der FDP zur zweiten Beratung des Entwurfs eines Siebzehnten Gesetzes zur Ergänzung des Grundgesetzes — Drucksachen V/1879, V/2130, V/2873 —. Der Bundestag wolle beschließen: In § 1 Nr. 9 werden in Artikel 115 h die Absätze 2 und 3 durch die folgenden Absätze 2 bis 4 ersetzt: „ (2) Wird eine Neuwahl des Bundeskanzlers durch das Notparlament erforderlich, so wählt die Mehrheit der Abgeordneten des Bundestages im Notparlament nach erneuter Feststellung der Funktionsunfähigkeit (Artikel 115 bb Abs. 6 Satz 1) des Bundestages einen neuen Bundeskanzler. Der Bundespräsident macht dem Notparlament einen Vorschlag. (3) Das Notparlament kann dem Bundeskanzler daß Mißtrauen nur dadurch aussprechen, daß die Mehrheit der Abgeordneten des Bundestages im Notparlament nach erneuter Feststellung der Funktionsunfähigkeit (Artikel 115 bb Abs. 6 Satz 1) des Bundestages einen Nachfolger wählt. (4) Für die Dauer des Verteidigungsfalles ist die Auflösung des Bundestages ausgeschlossen." Bonn, den 14. Mai 1968 Dorn Busse (Herford) Frau Dr. Diemer-Nicolaus Mischnick und Fraktion Anlage 12 Umdruck 464 Änderungsantrag der Abgeordneten Dorn, Busse (Herford), Frau Dr. Diemer-Nicolaus und der Fraktion der FDP zur zweiten Beratung des Entwurfs eines Siebzehnten Gesetzes zur Ergänzung des Grundgesetzes — Drucksachen V/1879, V/2130, V/2873 —. Der Bundestag wolle beschließen: In § 1 Nr. 9 wird nach Artikel 115 i folgende Bestimmung als Artikel 115 j eingefügt: „Artikel 115 j (1) Ist in Gesetzen die Anwendung von Vorschriften davon abhängig, daß ein Angriff droht, oder dienen Vorschriften der beschleunigten Herstellung der Verteidigungsbereitschaft oder der Sicherung von Verteidigungszwecken, so ist die Anwendung dieser Gesetze nur im Verteidigungsfall zulässig oder wenn die Bundesregierung mit Zustimmung einer Zweidrittelmehrheit des Bundestages feststellt, daß die Lage die Anwendung des Gesetzes erfordert. Artikel 115 a Abs. 4 und Abs. 1 Satz 1 gelten entsprechend. (2) Ein Beschluß der Bundesregierung, durch den im Rahmen eines Bündnisvertrages die beschleunigte Herstellung der vollen Verteidigungsbereitschaft stufenweise angeordnet wird, erhält Rechtswirkung erst dann, wenn der Bundestag zugestimmt hat. (3) Die Bundesregierung hat eine von ihr nach Absatz 1 getroffene Feststellung aufzuheben, wenn der Bundestag oder der Bundesrat es verlangt." Bonn, den 14. Mai 1968 Dorn Busse (Herford) Frau Dr. Diemer-Nicolaus Mischnick und Fraktion Anlage 13 Umdruck 465 Änderungsantrag der Abgeordneten Dorn, Busse (Herford), Frau Dr. Diemer-Nicolaus und der Fraktion der FDP zur zweiten Beratung des Entwurfs eines Siebzehnten Gesetzes zur Ergänzung des Grundgesetzes — Drucksachen V/1879, V/2130, V/2873 —. Der Bundestag wolle beschließen: In § 1 Nr. 9 erhält Artikel 1151 Abs. 2 folgende Fassung: „(2) Der Verteidigungsfall ist beendet, wenn die Voraussetzungen für seine Feststellung entfallen sind. Die Bundesregierung muß den Wegfall der Voraussetzungen unverzüglich erklären. Der Bundestag kann jederzeit feststellen, daß der Verteidigungsfall beendet ist. Diese Beschlüsse sind vom Bundespräsidenten gemäß Artikel 115 a Abs. 4 zu verkünden." Bonn, den 14. Mai 1968 Dorn Busse (Herford) Frau Dr. Diemer-Nicolaus Mischnick und Fraktion Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 175. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 16. Mai 1968 9485 Anlage 14 Umdruck 466 Änderungsantrag der Abgeordneten Dorn, Busse (Herford), Frau Dr. Diemer-Nicolaus und der Fraktion der FDP zur zweiten Beratung des Entwurfs eines Siebzehnten Gesetzes zur Ergänzung des Grundgesetzes — Drucksachen V/1879, V/2130, V/2873 —. Der Bundestag wolle beschließen: In § 1 Nr. 9 wird nach Artikel 1151 folgender neuer Artikel 115 m eingefügt: „Artikel 115 m Von allen Befugnissen und Ermächtigungen, die aus Anlaß und für die Zeit des Verteidigungsfalles vorgesehen sind, darf nur Gebrauch gemacht werden, wenn und soweit dies zur Abwehr der unmittelbar drohenden Gefahr erforderlich ist." Bonn, den 14. Mai 1968 Dorn Busse (Herford) Frau Dr. Diemer-Nicolaus Mischnick und Fraktion Anlage 15 Schriftliche Erklärung des Abgeordneten Dr. Jungmann (CDU/CSU) zu Punkt 4 der Tagesordnung. Die Bedeutung der Tabaksteuer für die Volksgesundheit, insbesondere der Jugendlichen, gibt mir Veranlassung zu der folgenden Stellungnahme. Alle Abgeordneten sind in den letzten Tagen in Zuschriften gebeten worden, eher für eine Erhöhung als für eine Senkung der Tabaksteuer einzutreten. Wir sind in diesen Zuschriften sehr nachdrücklich darauf aufmerksam gemacht worden, daß das Interesse des Staates an einem möglichst hohen Tabakverbrauch keineswegs so legitim ist, wie es nach der Begründung dieses Gesetzes erscheinen könnte. Es ist leider eine grausame Wahrheit, daß jährlich viele Tausende und von Jahr zu Jahr mehr Menschen an Bronchialkrebs sterben und daß dieser Krebs in einem nicht mehr zu übersehenden Umfang durch das Rauchen verursacht worden ist. Wir wissen, daß das Rauchen auch die Ursache von schweren Herz- und Gefäßveränderungen ist, die in sehr vielen Fällen zu Siechtum und frühem Tod führen. Wir wissen, daß das über das persönliche Schicksal hinaus z. B. für die Sozialversicherung Hunderte von Millionen kostet. Ich will nicht weiter wiederholen, was allgemein bekannt ist. Es geht aber nicht um unseren persönlichen Genuß, und an alten Rauchern ist ohnehin nichts mehr zu verderben. Es geht um die jungen Menschen, die von Jahr zu Jahr, ja, von Monat zu Monat immer früher und immer mehr Zigaretten rauchen. Ihnen soll das Rauchen durch die Senkung der Tabaksteuer erleichtert werden. Für den Fall, daß das Gesetz Zustimmung finden sollte, darf ich noch auf einen anderen Mißstand aufmerksam machen. Es gibt Länder, die wenigstens einen angemessenen Teil ihrer Steuereinnahmen für Tabak und Alkohol dazu verwenden, die Bevölkerung und insbesondere die Jugend über die Gefahren dieser Genußmittel aufzuklären. Das Gefühl für diese moralische Verpflichtung ist bei uns völlig unterentwickelt, wenn es nicht sogar ganz fehlt. Ich hoffe, daß der Bundestag bei den nächsten Haushaltsberatungen für eine angemessene Erhöhung unserer vergleichsweise beschämend niedrigen Ausgaben für die gesundheitliche Aufklärung stimmen wird.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Kurt Gscheidle


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Ja, aber Herr Genscher, würden Sie mir nicht zugestehen, daß ich in Ihrem Antrag, den Sie gestellt haben, folgende Wirkung sehe? Sie votieren mit Ihrem Antrag gegen eine Konstruktion, die hier zur Abstimmung gestellt wird. Diese Konstruktion geht auf folgende Überlegung zurück: Dieses Parlament setzt in der Frage einer internationalen Bündnisverpflichtung der Regierung einen Rahmen, inwieweit sie in diesem Bündnis handeln kann.

    (Widerspruch bei der FDP.)

    — Ich rede nicht zu Ihrem Antrag, sondern zunächst einmal von der Konstruktion. Sie geht doch davon aus, daß man in dem Rahmen, den dieser Vertrag geschaffen hat, im internationalen Bündnis der Regierung eine Handlungsfähigkeit einräumt. Hat nun auf Grund dieses Bündnisses, im konkreten Fall eines militärischen Bündnisses, die dort bechlossene Maßnahme zum Inhalt, daß in unserem Verfassungsrecht umfassend zu dieser bei uns wirkenden Maßnahme nun auch einmal im deutschen Verfassungsrecht geregelte Fragen mit in Gang gesetzt werden, dann - jetzt beziehe ich mich auf den Änderungsantrag der Regierungsparteien — sagen die Regierungsparteien mit ihrem Änderungsantrag: Wir
    haben aber als Bundestag das Recht, solche Maßnahmen, wenn sie uns unangenehm, unangemessen oder vorzeitig erscheinen, aufzuheben.
    Jetzt kommt Ihre Konstruktion, die sagt: Wir wollen, daß für solche Maßnahmen vorher die Zustimmung vorliegt. Das bedeutet, daß Sie der Bundesregierung — unter einer Diskussion der eventuellen Auswirkung — vorab sagen möchten: Wir wollen das nicht. Jetzt kommt aber die mir interessante Frage, und deshalb habe ich mich gemeldet. Das ist die Frage: Inwieweit kann man denn überhaupt Souveränitätsrechte auslagern? Ich meine das jetzt verfassungsrechtlich, nicht verfassungspolitisch. Verfassungsrechtlich stellt sich die Situation so dar, daß Sie natürlich jederzeit, bezogen auf ein konkretes Bündnis und auf konkret benannte Organe mit dem dort geregelten Abstimmungsmodus und dergl., durchaus Souveränitätsrechte auslagern können. Was die Sache in der ersten Fassung, wie sie noch ausgedruckt worden ist, gefährlich machte, war, daß nicht das konkrete Bündnis oder das konkrete Organ benannt wurde. Es wurde vielmehr sozusagen verfassungsrechtlich eine Regelung geschaffen, die es für die Zukunft gestattet hätte, internationale Verträge unbestimmter Art in ihrer Zahl, in ihrem Ausmaß, in ihren Organzuständigkeiten zu schaffen, und daß alle Maßnahmen, die auf Grund solcher Beschlüsse rückwirkend in unsere Verfassung gewirkt hätten, nicht unserer Kontrolle als Parlament unterlegen hätten, sondern in diesem einen Punkt der parlamentarischen Kontrolle ausdrücklich entzogen worden wären. Wenn dies stehengeblieben wäre, wären meine Bedenken die gleichen wie Ihre gewesen. Aber dieser Mangel, so meine ich, wird durch diesen Änderungsantrag der Regierungsparteien in der Tat geheilt.
    Wenn nun durch die Änderung des Absatzes 2 die Worte „mit Zustimmung der Regierung" eingeführt werden — darauf haben Sie in zwei Sätzen Bezug genommen —, dann ist dies nicht so zu interpretieren, wie es im Verlauf der Debatte geschehen ist. Hier ist vielmehr lediglich für die Zukunft festgelegt, daß bei allen internationalen Bündnissen, die unter der Gültigkeit dieser Verfassung eingegangen werden, in jedem Fall — ganz gleich, ob sich der Abstimmungsmodus in einem zukünftigen Bündnis ändert die Zustimmung der Bundesregierung vorliegen muß.
    Nun aber zu einer Bemerkung, die Sie hinsichtlich der psychologischen Situation gemacht haben. Sie versuchten da, das Kassationsrecht in seiner politischen Bedeutung darzustellen. Sie haben das Röhrenembargo als Beispiel gewählt. Ich glaube, Sie werden mir sofort zustimmen, wenn ich sage, daß wir „leider" — in diesem Falle ist dieses „leider" in Anführungsstriche gesetzt, damit ich nicht falsch interpretiert werde kein anderes Beispiel haben. Sie werden auch zugeben, daß es kein voll abdeckendes Beispiel ist. Wenn man unter Bemühung seiner Phantasie einmal versucht, das fehlende Beispiel zu ersetzen, stellt sich das Problem anders dar, Herr Genscher, nämlich so, ob eine Bundesregierung sich in einer solchen Situation noch in die allgemeine politische Beurteilung innerhalb dieses Lan-

    Gscheidle
    des eingebettet weiß. Entfernt sich die Regierung aus dieser allgemeinen Beurteilung, kommt sie in Konflikt. Aber Sie können, finde ich, das Beispiel des Röhrenembargos hier nicht übersetzen; denn Sie würden dann in eine schwierige Situation der Fachbezogenheit zu einem sehr wirtschaftspolitischen Thema kommen, die in diesen Fällen, die hier zur Erörterung stehen, nicht durchschlagt. Hier handelt es sich ja um mehr als um Fragen einer wirtschaftspolitisch richtigen Entscheidung. Hier handelt es sich um eine Entscheidung, bei der es um den Fortbestand — ich würde gar nicht den Staat an die erste Stelle setzen — des Volkes in diesem Lande geht. Da kann ich mir nicht vorstellen das muß ich wirklich sagen —, daß eine Regierung in dieser Situation sich außerhalb der allgemeinen Beurteilung derer, die sie zu vertreten hat, befindet. Deshalb hätte ich bei der Übertragung dieses Beispieles einige Bedenken.
    Wenn Sie dann sagen, das sei letzlich nur noch ein Feigenblatt oder so etwas wie eine Sicherung, würde ich dem auch nicht zustimmen. Denn natürlich — und davon gehen wir, die wir sehr kritisch zu einer Notstandsgesetzgebung stehen, doch aus — muß man auch die Möglichkeit unterstellen daß in einer solchen Situation eine Regierung im Amt ist, die nur noch auf Grund ihrer Staatsgewalt und der Möglichkeit, die die Staatsgewalt einer Regierung gibt, gegen eine allgemeine Stimmung regiert. In diesem Fall ist allerdings die letzte Sicherung die Hoffnung, daß wenigstens das Parlament noch in Übereinstimmung mit der allgemeinen Beurteilung handeln wird. Ich würde also diese Reduzierung auf die Bedeutung, die Sie dargestellt haben, auch für bedenklich halten.
    Sie haben einige Ausführungen zur namentlchen Abstimmung gemacht. Das veranlaßt mich, auch einiges dazu zu sagen. Herr Dorn hat im Verlauf der gestrigen Debatte — und heute ist es auch einmal durchgeklungen — eine Anspielung auf vorliegende Papiere von einem Teil der SPD-Fraktion gemacht, die, wenn man sie liest, in unverkennbarem Zusammenhang auch mit Überlegungen stehen, die Sie aus der Opposition anstellen. Ich habe zunächst den Eindruck, nicht bei Ihnen, Herr Genscher, aber bei Herrn Dorn — und das bedaure ich an sich bei Herrn Dorn immer —, daß er in seiner Argumentation und seiner politischen Taktik — ich meine das wirklich so, wie ich das jetzt sage, Herr Dorn — nicht mit der Ernsthaftigkeit hier Politik betreibt,

    (Beifall bei den Regierungsparteien)

    wie man es in einem solchen Punkt tun sollte. Ich möchte davor warnen, gerade dieses Thema, das gestern und heute hier behandelt wurde, als einen geeigneten Gegenstand anzusehen, mit dem man parteipolitische Taktik betreiben darf.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Herr Dorn, ich darf Ihnen eine Frage beantworten, die Sie vermutlich haben und die Sie hier nicht co deutlich gestellt haben. Das ist wohl die Frage: Verhalten sich SPD-Abgeordnete, von denen seit Jahren bekannt ist, daß sie in Opposition zur Notstandsgesetzgebung stehen, bei einer zweiten Lesung des Gesetzes so, weil von ihrer Partei offenbar mehrheitlich andere Beschlüsse gefaßt wurden, als sie sie selber vertreten? Herr Dorn, mein Verhalten hängt mit meinem Selbstverständnis in einer Demokratie zusammen. Ich habe in meiner Partei
    — und ich bin meiner Partei dankbar, daß sie mir die Gelegenheit gegeben hat — bis zur Fraktionssitzung vor dieser Beratung jede Möglichkeit wahrgenommen — und man hat sie mir eingeräumt —, mit Sachargumenten für meine Auffassung zu streiten. Wenn es aber in der Demokratie ein Prinzip gibt, das nicht ohne großen Schaden für uns alle verlassen werden darf, dann ist es erstens das, daß wir von dieser Stelle aus und in der Art unserer Arbeit klarmachen müssen, daß der Kompromiß in der Demokratie das Normale und nicht das Verwerfliche ist;

    (lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien)

    dann ist es auch die Notwendigkeit, — —

    (Zuruf von der FDP.)

    — Ich habe Ihre Zwischenbemerkung nicht verstanden, aber ich vermute, es ist eine Zwischenbemerkung von der gekennzeichneten Qualität, die ich bedaure; das muß ich sagen. Sie werden mich nicht dazu provozieren können, mit ähnlichen Argumenten zu antworten.

    (Abg. Dorn: Sie haben sie nicht gehört, aber Sie verurteilen sie!)

    — Nein, ich habe gesagt, ich vermute. (Zuruf von der FDP: Na ja!)

    Es gibt auch bestimmte Themen, Herr Dorn, wo ich bei einem Redner die Ernsthaftigkeit spüre, auch wenn ich seine Auffassung nicht teile; und ich würde dann keine Zwischenbemerkungen machen, gleich welcher Art; ich würde sie nicht tun, und Sie werden mich nie dabei ertappen, daß ich mich dazu hinreißen lasse.

    (Beifall bei der SPD.)

    Die zweite Bemerkung, die ich dazu machen will, ist allgemein; ich will deshalb gar nicht mehr nach d e r Seite sehen, damit Sie nicht den Eindruck haben, dies seien nur Bemerkungen, die ich glaube gegenüber der FDP machen zu müssen; dafür sind in Ihren Reihen zu viele Demokraten, die in vielen Fragen in der Vergangenheit für mich beispielhaft argumentiert haben. Diese zweite Bemerkung, die ich machen will, ist die: Wer in einer Demokratie wirken will, muß akzeptieren, daß dies nur in Parteien geht. Wer sich scheut, diesen schwierigen Weg der Transmission seiner Idee über Parteien und die dort zu schaffenden Mehrheiten zu gehen, und versucht, unter Umgehung dieses schwierigen Prozesses direkt Einfluß auf die Politik nehmen zu wollen, muß wissen: ohne Mehrheiten geht es dann nur mit Gewalt; und wer dies dann mit Gewalt versucht, muß wissen, daß diese Parteien im Interesse ihrer Existenz und der Existenz dieser Demokratie sich wehren müssen.

    (Lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien.)




    Gscheidle
    Und wenn man das weiß, muß derjenige, der in einer Partei wirkt, wissen, daß, wenn diese Partei mehrheitlich gegen seine Meinung entschieden hat, es die demokratische Fairneß gebietet, daß er in dieser Frage nicht mehr durch Antragstellungen gegen Mehrheitsbeschlüsse seiner Fraktion argumentieren kann, wenn er die Basis für seine weitere politische Arbeit behalten will.

    (Abg. Dr. Rutschke: Ach nee!)

    - Das ist meine Auffassung von Demokratie. Es
    wäre interessant, Ihre dazu zu hören.

    (Abg. Dr. Rutschke: Das ist Fraktionszwang!)

    — Das hat mit Fraktionszwang nichts zu tun. (Abg. Dr. Rutschke: Allerdings! Genau das!)

    — In Ihrem Zwischenruf steckt die Unterstellung, als ob die Sozialdemokratische Partei nach ihrer nächtelangen Debatte um das richtige Verhalten im Interesse des Ganzen abschließend einen Beschluß gefaßt habe, daß sozusagen jeder darauf verpflichtet wird, der Mehrheitsmeinung zuzustimmen. Ich habe Ihnen darzustellen versucht, was mein Selbstverständnis innerhalb einer Demokratie für das politische Wirken ist. Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion hat es jedem ihrer Abgeordneten freigestellt, zu jedem Antrag, der hier gestellt und behandelt wird, entsprechend seiner Auffassung zu stimmen. Das werden Sie doch bei jeder Abstimmung durch einen Blick bestätigt gefunden haben, daß es unterschiedliche Gruppierungen zur einen oder anderen Frage gibt.
    Herr Genscher, wenn Sie jetzt und deshalb
    diese Vorbemerkung — hier zum wiederholten Male seitens der FDP-Bundestagsfraktion den Antrag auf namentliche Abstimmung stellen, dann würde ich Ihnen von meinem Verständnis aus folgendes zu bedenken geben. Hier handelt es sich nicht um Gesetze von der Art, wie wir sie täglich bei diesen Plenarsitzungen verabschieden, hier handelt es sich um eine Verfassungsänderung. Für viele meiner Freunde ist die Frage, wie sie sich zuletzt zu diesem Gesetz stellen, noch offen. Viele haben sich entschieden. Aber glauben Sie nicht, daß jede Entscheidung, die hier in der zweiten Lesung getroffen wird und die deshalb nach unserer Verfassung auch bei einem verfassungsändernden Gesetz nur die einfache Mehrheit verlangt, erst in der Summierung der Einzelentscheidungen das Gesamtbild ergibt?
    Nun sagen Sie, in einer repräsentativen Demokratie sei gerade die namentliche Abstimmung das eigentliche Mittel, die Verantwortung, die der einzelne Abgeordnete empfindet, auch zu Protokoll zu geben. Herr Genscher, darf ich Sie bitten, darüber nachzudenken, was es heißt, wenn in vielen namentlichen Abstimmungen bei einer zweiten Lesung zu einer Verfassungsänderung nunmehr nicht nur die Betrachtung legitim ist, wer wie wo entschieden hat, sondern auch, wie viele, nämlich im Hinblick auf einfache oder Zweidrittelmehrheit. Und glauben Sie nicht, daß es auch für denjenigen, der in einer Einzelabstimmung hier zustimmt, legitim ist, in einer anderen wieder sich zu enthalten? Glauben Sie,
    es wäre richtig, gemessen an einer Einzelabstimmung, sozusagen bezogen auf die Schlußabstimmung, jemanden unter den Druck zu setzen: du hast ja in der zweiten Lesung in einer wichtigen Frage namentlich dagegen gestimmt, wie kommst du in der Gesamtbeurteilung der Situation dazu, in der dritten Lesung zuzustimmen?

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Herr Genscher, ich achte Sie wegen Ihrer politischen Arbeit. Das veranlaßt mich, Sie ernsthaft zu bitten, das letzte Argument für sich zu bedenken.

    (Lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien.)



Rede von Walter Scheel
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Busse.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Hermann Busse


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren Kollegen! Sowohl der Beitrag, den vorhin der Herr Innenminister zu diesem so wichtigen Punkt, darüber besteht Einmütigkeit, gehalten hat, insbesondere aber auch das, was der Kollege Herr Gscheidle hier vorhin vorgetragen hat, veranlaßt mich noch einmal zu einigen Bemerkungen.
    Durch die Beiträge, die mit der Rede unseres Kollegen Genscher eingeleitet wurden, ist, glaube ich, die Problematik, über die es hier zu entscheiden gilt, in voller Breite aufgezeigt, so daß ich nicht noch einmal ab ovo anzufangen brauche. Aber ich möchte doch noch einmal versuchen, klarzustellen, wie ich die Dinge, die jetzt zur Entscheidung stehen, auf dem Hintergrund der Entwicklung der letzten Jahre, in denen ich bei der Beratung der Notstandsgesetzgebung laufend mitbeteiligt war, gesehen habe.