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ID0517427200

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    Deutscher Bundestag 174. Sitzung Bonn, den 15. Mai 1968 Inhalt: Glückwünsche zu den Geburtstagen der Abg. Struwe und Dr. Seume 9311 A Überweisung einer Vorlage des Präsidenten des Bundesrechnungshofes an den Finanzausschuß 9311 A Amtliche Mitteilungen 9311 B Zur Tagesordnung 9311 B Rasner (CDU/CSU) 9311 D Genscher (FDP) 9312 A Erweiterung der Tagesordnung . . . . 9312 B Abwicklung der Tagesordnung 9312 D Einspruch des Bundesrates gegen das vom Bundestag beschlossene Gesetz über eine Statistik der Einkommen- und Körperschaftsteuererklärungen (Drucksache V/2899) D. Dr. Gerstenmaier, Präsident . . . 9313 A Entwurf eines Gesetzes zur Ergänzung des Grundgesetzes (Drucksachen V/1879, V/2130); Schriftlicher Bericht des Rechtsausschusses (Drucksache V/2873) — Zweite Beratung Dr. Lenz (Bergstraße) (CDU/CSU) . . 9313 A Matthöfer (SPD) . . . . . . . . 9314 D Dorn (FDP) . 9315 D Hirsch (SPD) . . . . . . . . 9315 D Busse (Herford) (FDP) 9316 B Dr. Wilhelmi (CDU/CSU) 9320 A Da. Reischl (SPD) . . . . . . 9321 D Benda, Bundesminister 9323 D Schultz (Gau-Bischofsheim) (FDP) . 9328 C Genscher (FDP) . . . . . . . 9329 B Dr. Rutschke (FDP) . . . . . . 9332 D Dr. Even (CDU/CSU) 9332 D Mertes (FDP) 9333 B Frau Dr. Diemer-Nicolaus (FDP) . 9333 D Schlager (CDU/CSU) 9335 B Schmitt-Vockenhausen (SPD) . . 9341 A Frau Funcke (FDP) . . . . . . 9341 B Frau Dr. Schwarzhaupt (CDU CSU) 9350 C Frau Renger (SPD) . . . . . . . 9354 B Rasner (CDU/CSU) . . . . . . . 9358 B Mischnick (FDP) . . . . . . . . 9359 D Dr. Stammberger (SPD) 9363 C Dr. Bucher (FDP) . . . . . . . 9364 C Dröscher (SPD) . . . . . . . 9372 A Fragestunde (Drucksachen V/2904, V/2914) Frage des Abg. Schmidt (Kempten) : In Bereitschaft stehende kriegsstarke bewaffnete Einsatzzüge bei Einheiten der Bundeswehr von Hase, Staatssekretär . . . . . 9379 B Schmidt (Kempten) (FDP) . . . . . 9379 C Fellermaier (SPD) . . . . . . . 9380 A II Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 174. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 15. Mai 1968 Fragen des Abg. Dr. Jahn (Braunschweig) : Nachrichten über Vorliegen eines Referentenentwurfs für ausländische Investmentgesellschaften Dr. Arndt, Parlamentarischer Staatssekretär . ....... 9380 B Dr. Imle (FDP) 9380 C Frage des Abg. Fritsch (Deggendorf) : Einfuhr rumänischer Bord- und Pflastersteine Dr. Arndt, Parlamentarischer Staatssekretär .. ...... 9380 D Fritsch (Deggendorf) (SPD) . . . . 9380 D Dr. Müller (München) (SPD) . . . 9381 B Ramms (FDP) 9381 D Dr. Jaeger, Vizepräsident 9381 D Ott (CDU/CSU) 9381 D Kähnen (Düsseldorf) (SPD) . . . 9382 A Dr. Hofmann (Mainz) (CDU/CSU) . 9382 C Unertl (CDU/CSU) 9382 1) Fragen des Abg. Baltes: Schaffung eines deutsch-französischen Wirtschaftszentrums im Raum Saarbrücken—Saargemünd Dr. Arndt, Parlamentarischer Staatssekretär 9383 A Baltes (FDP) 9383 B Frage des Abg. Peters (Poppenbüll) : Bundesausbaugebiete im Land Schleswig-Holstein Dr. Arndt, Parlamentarischer Staatssekretär . . . . . . . . 9383 D Dr. Imle (FDP) 9384 A Frage des Abg. Peters (Poppenbüll) : Berücksichtigung von Firmen aus dem Zonenrandgebiet bei der Vergabe öffentlicher Aufträge Dr. Arndt, Parlamentarischer Staatssekretär 9384 A Frage des Abg. Dr. Giulini: Parteipolitische Aussagen bzw. Kritiken in den Tagesnachrichten des Bundesministeriums für Wirtschaft Dr. Arndt, Parlamentarischer Staatssekretär . . . . . . . . 9384 B Fragen des Abg. Strohmayr: Höhe und Verwendung der Wertguthaben der ehemaligen „Ostbanken" . . 9384 C Frage des Abg. Weigl: Schwierigkeiten überschuldeter Gemeinden des Zonenrand- und Bundesausbaugebietes, Industriegelände zu erschließen Dr. Arndt, Parlamentarischer Staatssekretär . . . . . . . . 9384 C Fritsch (Deggendorf) (SPD) . . . . 9384 D Unertl (CDU/CSU) . . . . . . . 9385 A Frage des Abg. Dr. Imle: Autobahnabzweiger von der Autobahn Hamburg—Flensburg nach Kiel Börner, Parlamentarischer Staatssekretär . . . . . . . . 9385 B Dr. Imle (FDP) . . . . . . . . 9385 C Frage des Abg. Geldner: Übermäßige Lärmbelästigung durch ausländische Schiffe Börner, Parlamentarischer Staatssekretär . . . . . . . . 9385 D Geldner (FDP) . . . . . . . . . 9386 A Fragen des Abg. Dr. Kempfler: Ausgleichsmaßnahmen bei Stillegung von Bundesbahnstrecken Börner, Parlamentarischer Staatssekretär . ..... . 9386 B Dr. Kempfler (CDU/CSU) 9386 B Lemmrich (CDU/CSU) 9386 D Fritsch (Deggendorf) (SPD) . . . 9387 B Frage des Abg. Dr. Kempfler: Ausgleichsmaßnahmen anläßlich der Stillegung der Strecke Dorfen—Velden Börner, Parlamentarischer Staatssekretär 9387 C Dr. Kempfler (CDU/CSU) . . . . 9387 C Unertl (CDU/CSU) 9388 A Frage des Abg. Peters (Poppenbüll) : Erklärung der Bundesausbaugebiete des Landes Schleswig-Holstein zu Frachthilfegebieten Börner, Parlamentarischer Staatssekretär . . . . . . . . 9388 B Dr. Imle (FDP) . . . . . . . . . 9388 C Frage des Abg. Dr. Apel: „Optimale Nutzung der niederländischen Konzessionen im grenzüberschreitenden Verkehr auf der Straße Börner, Parlamentarischer Staatssekretär . . . . . . . . 9388 D Dr. Apel (SPD) . . . . . . . . 9389 A Dr. Imle (FDP) 9389 B Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 174. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 15. Mai 1968 III Fragen des Abg. Riegel (Göppingen) : Übernahme der Kosten für die besondere Beleuchtung von Fußgängerüberwegen im Zuge von Bundesstraßen Börner, Parlamentarischer Staatssekretär 9389 D Riegel (Göppingen) (SPD) . . . . 9389 D Geiger (SPD) 9390 B Frage des Abg. Ramms: Erfahrungen seit Einbau der Trennscheiben in Taxen und Mietwagen Börner, Parlamentarischer Staatssekretär . . . . . . . . 9390 C Frage des Abg. Ramms: Widerstand des Kraftdroschkengewerbes gegen die Trennwandverordnung Börner, Parlamentarischer Staatssekretär . . . . . . . 9390 D Ramms (FDP) 9390 D Frau Freyh (SPD) . . . . . . 9391 A Frage des Abg. Ramms: Auslauftermin für die Einführung der Trennscheiben Börner, Parlamentarischer Staatssekretär 9391 B Ramms (FDP) 9391 B Frage des Abg. Dr. Lohmar: Konzentrierung der Zuständigkeiten der Bundesregierung auf den Gebieten der Technologie, der Bildungsplanung und der Wissenschaft auf das BM für wissenschaftliche Forschung Freiherr von und zu Guttenberg, Parlamentarischer Staatssekretär . 9391 C Dr. Lohmar (SPD) 9391 D Dr. Hammans (CDU/CSU) . . . 9392 A Dr. Wuermeling (CDU/CSU) . . 9392 B Frau Freyh (SPD) 9392 C Nächste Sitzung 9392 D Anlagen 9393 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 174. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 15. Mai 1968 9311 174. Sitzung Bonn, den 15. Mai 1968 Stenographischer Bericht Beginn: 10.02 Uhr
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    Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich a) Beurlaubungen Dr. Achenbach * 18. 5. Adams 15. 5. Dr. Aigner * 18. 5. Dr. Apel * 18. 5. Arendt (Wattenscheid) 18. 5. Dr. Artzinger * 18. 5. Bading* 18. 5. Bals 17. 5. Prinz von Bayern 20. 5. Behrendt * 18. 5. Bergmann * 18. 5. Dr. Burgbacher * 18. 5. Corterier * 18. 5. Cramer 20. 5. Deringer * 18. 5. Dichgans * 18. 5. Diekmann 20. 5. Dr. Dittrich * 18. 5. Dröscher* 18. 5. Frau Dr. Elsner 18. 5. Enk 31. 5. Frau Enseling 17. 5. Dr. Erhard 17. 5. Faller * 18. 5. Fellermaier * 18. 5. Dr. Frey 30. 6. Dr. Furler * 18. 5. Gerlach* 18. 5. Hahn (Bielefeld) * 18. 5. Frau Dr. Hubert 1. 7. Illerhaus * 18. 5. Kahn-Ackermann ** 15. 5. Klinker * 18. 5. Dr. Kraske 17. 5. Kriedemann * 18. 5. Kulawig* 18. 5. Kunze 1. 6. Lautenschlager * 18. 5. Lenz (Brühl) * 18. 5. Dr. Löhr * 18. 5. Frau Lösche 17. 5. Lücker (München) * 18. 5. Mank * 18. 5. Memmel * 18. 5. Metzger * 18. 5. Müller (Aachen-Land) * 18. 5. Neumann (Berlin) 17 5 Richarts * 18. 5. Riedel (Frankfurt) * 18. 5. Dr. Schulz (Berlin) 25. 5. Springorum * 18. 5. Dr. Starke (Franken) * 18. 5. Steinhoff 15. 5. * Für die Teilnahme an einer Tagung des Europäischen Parlaments ** Für die Teilnahme an Ausschußsitzungen der Westeuropäischen Union Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich b) Urlaubsanträge Neemann 15. 6. Struve 31. 5. Anlage 2 Umdruck 449 Änderungsantrag der Abgeordneten Dorn, Busse (Herford), Frau Dr. Diemer-Nicolaus und der Fraktion der FDP zur zweiten Beratung des Entwurfs eines Siebzehnten Gesetzes zur Ergänzung des Grundgesetzes — Drucksachen V/1879, V/2130, V/2873 -. Der Bundestag wolle beschließen: In § 1 Nr. 1 wird in Artikel 10 Abs. 2 der folgende Satz 2 gestrichen: „Dient die Beschränkung dem Schutze der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder des Bestandes oder der Sicherheit des Bundes oder eines Landes, so kann das Gesetz bestimmen, daß sie dem Betroffenen nicht mitgeteilt wird und daß an die Stelle des Rechtsweges die Nachprüfung durch von der Volksvertretung bestellte Organe und Hilfsorgane tritt." Bonn, den 14. Mai 1968 Dorn Busse (Herford) Frau Dr. Diemer-Nicolaus Mischnick und Fraktion Anlage 3 Umdruck 453 Änderungsantrag der Abgeordneten Dorn, Busse (Herford), Frau Dr. Diemer-Nicolaus und der Fraktion der FDP zur zweiten Beratung des Entwurfs eines Siebzehnten Gesetzes zur Ergänzung des Grundgesetzes - Drucksachen V/1879, V/2130, V/2873 —. Der Bundestag wolle beschließen: § 1 Nr. 2 b wird gestrichen. Bonn, den 14. Mai 1968 Dorn Busse (Herford) Frau Dr. Diemer-Nicolaus Mischnick und Fraktion 9394 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 174. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 15. Mai 1968 Anlage 4 Umdruck 450 Änderungsantrag der Abgeordneten Dorn, Busse (Herford), Frau Dr. Diemer-Nicolaus und der Fraktion der FDP zur zweiten Beratung des Entwurfs eines Siebzehnten Gesetzes zur Ergänzung des Grundgesetzes — Drucksachen V/1879, V/2130, V/2873 —. Der Bundestag wolle beschließen: In § 1 wird die Nummer 1 a gestrichen. Bonn, den 14. Mai 1968 Dorn Busse (Herford) Frau Dr. Diemer-Nicolaus Mischnick und Fraktion Anlage 5 Umdruck 451 Änderungsantrag der Abgeordneten Dorn, Busse (Herford), Frau Dr. Diemer-Nicolaus und der Fraktion der FDP zur zweiten Beratung des Entwurfs eines Siebzehnten Gesetzes zur Ergänzung des Grundgesetzes — Drucksachen V/1879, V/2130, V/2873 —. Der Bundestag wolle beschließen: § 1 Nr. 2 erhält folgende Fassung: 2. Artikel 12 erhält folgende Fassung: „Artikel 12 (1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausbildung kann durch Gesetz geregelt werden. (2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht. (3) Männer können vom vollendeten achtzehnten Lebensjahr an zum Wehrdienst verpflichtet werden. Im Verteidigungsfall können sie zum Zwecke der Verteidigung, der lebensnotwendigen Versorgung und des Schutzes der Zivilbevölkerung durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes auch zu zivilen Dienstleistungen und zu Dienstleistungen im Bundesgrenzschutz herangezogen werden. (4) Wer aus Gewissensgründen den Kriegsdienst mit der Waffe verweigert, kann zu einem Ersatzdienst verpflichtet werden. Die Dauer des Ersatzdienstes darf die Dauer des Wehrdienstes nicht übersteigen. Das Nähere regelt ein Gesetz, das die Freiheit der Gewissensentscheidung nicht beeinträchtigen darf und auch eine Möglichkeit des Ersatzdienstes vorsehen muß, die in keinem Zusammenhang mit den Verbänden der Streitkräfte steht. (5) Außerdem kann im Verteidigungsfall zu den gleichen Zwecken durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes die Freiheit, den Beruf oder den Arbeitsplatz aufzugeben, eingeschränkt werden, soweit der Bedarf an Arbeitskräften auf freiwilliger Grundlage nicht gedeckt werden kann. (6) Frauen dürfen nicht gegen ihren Willen zu Dienstleistungen im Verbande der Streitkräfte verpflichtet werden. Zu einem Dienst mit der Waffe dürfen sie in keinem Fall verwendet werden. (7) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig." Bonn, den 14. Mai 1968 Dorn Busse (Herford) Frau Dr. Diemer-Nicolaus Mischnick und Fraktion Anlage 6 Umdruck 471 Änderungsantrag der Fraktionen der CDU/ CSU, SPD zur zweiten Beratung des Entwurfs eines Siebzehnten Gesetzes zur Ergänzung des Grundgesetzes — Drucksachen V/1879, V/2873 —. Der Bundestag wolle beschließen: In § 1 Nr. 2 a erhält Artikel 12 a Abs. 5 folgende Fassung: „ (5) Für die Zeit vor dem Verteidigungsfalle können Verpflichtungen nach Absatz 3 nur nach Maßgabe des Artikels 80 a Abs. 1 begründet werden. Zur Vorbereitung auf Dienstleistungen nach Absatz 3, für die besondere Kenntnisse oder Fertigkeiten erforderlich sind, kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes die Teilnahme an Ausbildungsveranstaltungen zur Pflicht gemacht werden. Satz 1 findet insoweit keine Anwendung. Bonn, den 15. Mai 1968 Dr. Barzel und Fraktion Schmidt (Hamburg) und Fraktion Anlage 7 Umdruck 454 Änderungsantrag der Abgeordneten Dorn, Busse (Herford), Frau Dr. Diemer-Nicolaus und der Fraktion der FDP zur zweiten Beratung des Entwurfs eines Siebzehnten Gesetzes zur Ergänzung des Grundgesetzes — Drucksachen V/1879, V/2130, V/2873 —. Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 174. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 15. Mai 1968 9395 Der Bundestag wolle beschließen: § 1 Nr. 3 wird gestrichen. Bonn, den 14. Mai 1968 Dorn Busse (Herford) Frau Dr. Diemer-Nicolaus Mischnick und Fraktion Anlage 8 Umdruck 459 Änderungsantrag der Abgeordneten Dorn, Busse (Herford), Frau Dr. Diemer-Nicolaus und der Fraktion der FDP zur zweiten Beratung des Entwurfs eines Siebzehnten Gesetzes zur Ergänzung des Grundgesetzes — Drucksachen V/1879, V/2130, V/2873 —. Der Bundestag wolle beschließen: In Artikel 1 Nr. 9 wird nach Artikel 115 b folgender Artikel 115 bb eingefügt: „Artikel 115 bb (1) Mit Eintritt des Verteidigungsfalles gemäß Artikel 115 a sind Bundestag, Bundesrat und Notparlament einberufen. (2) Das Notparlament besteht aus vierundvierzig Mitgliedern des Bundestages und aus elf Mitgliedern des Bundesrates. Die Abgeordneten werden nach den Grundsätzen der Verhältniswahl von den Fraktionen entsprechend ihren Stärkeverhältnissen im Bundestag bestimmt. Die Fraktionen bestimmen ferner die Reihenfolge der Vertretung durch andere Mitglieder ihrer Fraktion. Die Abgeordneten dürfen nicht der Bundesregierung angehören. Jedes Land wird durch ein von ihm bestimmtes Mitglied des Bundesrates vertreten, das die Stimme des Landes (Artikel 51 Abs. 2) abgibt. (3) Das Notparlament tritt außer im Falle des Artikels 115 a Abs. 2 nur im Verteidigungsfall und nur dann zusammen, wenn dem beschlußfähigen Zusammentritt des Bundestages unüberwindliche Hindernisse entgegenstehen und vor Beginn seines Zusammentritts die Beschlußfähigkeit des Bundestages nicht hergestellt werden konnte. Jeder Abgeordnete des Bundestages und jedes Mitglied des Bundesrates hat das Recht, an jeder Sitzung des Notparlaments teilzunehmen und das Wort zu ergreifen. Artikel 42 Abs. 1 findet auf die Sitzung des Notparlaments entsprechende Anwendung. (4) Die Mitglieder des Notparlaments beraten gemeinschaftlich. Zu einem Beschluß des Notparlaments ist die Mehrheit der abgegebenen Stimmen sowohl der Abgeordneten des Bundestages als auch der Mitglieder des Bundesrates erforderlich. Kommt ein Beschluß auf diese Weise nicht zustande, so bedarf es der Mehrheit von zwei Dritteln der Abgeordneten des Bundestages, die dem Notparlament angehören. (5) Die Bildung des Notparlaments und sein Verfahren werden durch eine Geschäftsordnung geregelt, die vom Bundestag zu beschließen ist und der Zustimmung des Bundesrates bedarf. Diese Geschäftsordnung muß vorsehen, daß eine nach Mitgliedern des Bundestages und des Bundesrates getrennte Mehrheitsfeststellung bei der Beschlußfassung erfolgt. (6) Das Notparlament kann die Rechte von Bundestag und Bundesrat wahrnehmen, wenn und solange dem beschlußfähigen Zusammentritt des Bundestages unüberwindliche Hindernisse entgegenstehen und die Lage sofortige Beschlüsse erfordert. Diese Voraussetzungen sind vor jeder Sitzung des Notparlaments durch Mehrheitsbeschluß sowohl der Abgeordneten des Bundestages als auch der Mitglieder des Bundesrates im Notparlament, mindestens mit der Mehrheit der Abgeordneten des Bundestages festzustellen. (7) Durch ein Gesetz des Notparlaments darf das Grundgesetz weder geändert noch ganz oder teilweise außer Kraft gesetzt werden. Zum Erlaß von Gesetzen nach Artikel 24 Abs. 1 und Artikel 29 ist das Notparlament nicht befugt. (8) Für die Verkündung der Gesetze des Notparlaments gilt Artikel 115 a Abs. 4 entsprechend." Bonn, den 14. Mai 1968 Dorn Busse (Herford) Frau Dr. Diemer-Nicolaus Mischnick und Fraktion Anlage 9 Umdruck 472 Änderungsantrag der Fraktionen der CDU/ CSU, SPD zur zweiten Beratung des Entwurfs eines Siebzehnten Gesetzes zur Ergänzung des Grundgesetzes — Drucksachen V/1879, V/2130, V/2873 —. Der Bundestag wolle beschließen: In § 1 Nr. 6 a Artikel 80 a Abs. 2 und 3 folgende Fassung: „(2) Abweichend von Absatz 1 ist die Anwendung solcher Rechtsvorschriften auch auf der Grundlage und nach Maßgabe eines Beschlusses zulässig, der von einem internationalen Organ im Rahmen eines Bündnisvertrages mit Zustimmung der Bundesregierung gefaßt wird. (3) Maßnahmen nach Absatz 1 und Absatz 2 sind aufzuheben, wenn der Bundestag es mit der Mehrheit seiner Mitglieder verlangt." Bonn, den 15. Mai 1968 Dr. Barzel und Fraktion Schmidt (Hamburg) und Fraktion 9396 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 174. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 15. Mai 1968 Anlage 10 Umdruck 455 Änderungsantrag der Abgeordneten Dorn, Busse (Herford), Frau Dr. Diemer-Nicolaus und der Fraktion der FDP zur zweiten Beratung des Entwurfs eines Siebzehnten Gesetzes zur Ergänzung des Grundgesetzes Drucksachen V/ 1879, V/2130, V/ 2873 —. Der Bundestag wolle beschließen: § i Nr. 6 a wird gestrichen. Bonn, den 14. Mai 1968 Dorn Busse (Herford) Frau Dr. Diemer-Nicolaus Mischnick und Fraktion Anlage 11 Schriftliche Antwort des Bundesministers Benda vom 15. Mai 1968 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Spillecke (Drucksache V/2753 Frage 13) : Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung fur eine weitere Förderung des Besuchs von Verwaltungs- und Wirtschaftsakademien durch Angehörige des gehobenen öffentlichen Dienstes? Die Bundesregierung hat wiederholt anerkannt, daß die Verwaltungs- und Wirtschafts-Akademien sich in besonderem Maße einer planvollen Fortbildung der Angehörigen des öffentlichen Dienstes widmen. Die Bundesregierung ist daher ständig bemüht, einen Anreiz zu dieser freiwilligen Fortbildung zu geben. Auf die Beantwortung der Kleinen Anfragen zu dieser Angelegenheit — Drucksachen V/1293 und V/1535 — und auf das Rundschreiben vom 31. August 1966 (BGBl. S. 495), dessen wesentlicher Inhalt in der Antwort vom 12. Januar 1967 — Drucksache V/1293 — wiedergegeben ist, weise ich hin. Außerdem wird den Angehörigen der Bundesbehörden im Raum Bonn der Besuch der Veranstaltungen der hiesigen Verwaltungs- und WirtschaftsAkademie vor Beginn eines jeden Semesters unter Hinweis auf das Rundschreiben vom 31. August 1966 nachdrücklich empfohlen. 1966 haben 45 und 1967 88 Beamte des gehobenen Dienstes bzw. Angestellte in vergleichbaren Vergütungsgruppen der Bundesverwaltung nach abgeschlossenem Akademiestudium die im Rundschreiben vom 31. August 1966 vorgesehene Zuwendung von 300,— DM erhalten. Aus diesen Zahlen ergibt sich eine erfreuliche Zunahme des Besuchs der Verwaltungs- und Wirtschafts-Akademien. Bei dieser Sachlage hält die Bundesregierung weitere Maßnahmen zur Förderung dieser freiwilligen Fortbildung vorerst nicht für geboten. Anlage 12 Schriftliche Antwort des Staatssekretärs Dr. Schornstein vom 10. Mai 1968 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Baier (Drucksache V/2868 Fragen 151 und 152) : Ist der Bundesregierung bekannt, daß in vielen neuen Stadtteilen und Siedlungen mit Sozialwohnungen insbesondere auch bei Demonstrativbauvorhaben der Bundesregierung sich die Klagen über die Preisgestaltung der Heiz- und Warmwasserkosten mehren, die von den ausschließlich mit der Heizversorgung betrauten Fernwärmeunternehmen gefordert werden? Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, um übersteigerte und mit marktwirtschaftlicher Preisgestaltung unvereinbare Forderungen für Heizkosten und Warmwasserbelieferung seitens der eine Monopolstellung innehabenden Fernwärmeunternehmen auszuschließen? Viele Fälle sind mir nicht bekannt. Ein Einzelfall war im Jahre 1967 Veranlassung, bei den Ländern über ihre Erfahrungen hinsichtlich der Höhe der Kosten bei der Lieferung von Fernwärme und Warmwasser anzufragen. Diese Rundfrage hat keine Feststellungen im Sinne der Anfrage ergeben. Für die Demonstrativbauvorhaben, die aus Mitteln meines Ministeriums gefördert und die auch hinsichtlich Preisgestaltung im einzelnen überprüft werden, gilt das Gesagte mit einer Ausnahme ebenfalls. Ich darf darauf hinweisen, daß bei der genannten Heizart und der Lieferung von Warmwasser in der Regel höhere Kosten gegenüber einer herkömmlichen Heizart entstehen. Was die öffentliche Förderung solcher Bauten anbetrifft, habe ich die Länder in der erwähnten Umfrage bereits darauf hingewiesen, daß der Preisgestaltung besondere Beachtung geschenkt werden müsse. So wird die Bewilligungsstelle bei der Bewilligung öffentlicher Mittel zu prüfen haben, ob die sich aus der Lieferung von Fernwärme und Warmwasser neben der Miete ergebende Belastung für die künftigen Mieter tragbar ist. Notfalls muß die Tragbarkeit der Belastung durch entsprechende Auflagen an den Bauherrn sichergestellt oder aber der Antrag auf Gewährung öffentlicher Mittel abgelehnt werden. Jedenfalls haben die Länder im öffentlich geförderten sozialen Wohnungsbau die Möglichkeit, übersteigerte Forderungen für Heizkosten und Warmwasserbelieferung bei der Errichtung von Sozialwohnungen zu verhindern. Anlage 13 Schriftliche Antwort des Staatssekretärs Dr. Schornstein vom 10. Mai 1968 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Dröscher (Drucksache V/2868 Frage 153) : Billigt die Bundesregierung, daß der Mietpreis für Bundesbedienstetenwohnungen für Berufs- und Zeitsoldaten im Standortbereich Sobernheim, erbaut und verwaltet von der Hausbau AG, innerhalb eines Zeitraumes von weniger als drei Jahren von 1,97 DM pro qm auf 2,69 DM (ohne Heizung, Licht und Wasser) erhöht worden ist und damit, während die Gehälter und Wohnungszusdschüsse sich nur bescheiden erhöht haben, eine Steigerung um 36,5 i/o erfahren hat? Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 174. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 15. Mai 1968 9397 Es ist richtig, daß die Mieten für die von Minen Angesprochenen im Jahre 1963 bezugsfertig gewordenen Bundesdarlehnswohnungen in Sobernheim innerhalb von 3 Jahren von 1,97 DM auf 2,69 DM/ qm/mtl. erhöht worden sind. Die erste Mieterhöhung ist auf meine im Jahre 1964 auf Verlangen des Bundestages und Bundesrates gegebene Weisung, die Bundesbedienstetenmieten den Mieten im öffentlich geförderten Wohnungsbau anzugleichen, zurückzuführen. Die späteren Mieterhöhungen sind durch Betriebskostensteigerungen, die dem Einfluß des Bauherrn entzogen sind (z. B. Erhöhung der Straßenreinigungspflicht und Entwässerungsgebühren usw.), und durch die Änderung der II. BVO, die eine Erhöhung der Pauschalsätze für Instandhaltungskosten, Schönheitsreparaturen und Verwaltungskosten vorsieht, verursacht worden. Ich darf bemerken, daß die jetzige Miete von 2,69 DM/qm/mtl. im Rahmen der Mieten für vergleichbare Wohnungen des öffentlich geförderten sozialen Wohnungsbaues in Rheinland-Pfalz liegt. Diese Mieten aber müssen auch für Bundesbedienstete grundsätzlich ais zumutbar angesehen werden. In Härtefällen kann über das Wohngeldgesetz geholfen werden. Anlage 14 Schriftliche Antwort des Staatssekretärs Dr. Schornstein vom 10. Mai 1968 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Strohmayr (Drucksache V/2868 Fragen 154, 155 und 156) Ist die Bundesregierung bereit, die mit den Ländern 1959 abgestimmte „Musterbauordnung" etwa in der Weise zu ändern und zu ergänzen, wie dies der Entwurf der neuen hamburgischen Landesbauordnung vorsieht? Teilt die Bundesregierung die Auffassung des hamburgischen Senats, daß es unausweichlich geworden ist, ausreichende Vorkehrungen für einen verstärkten Schallschutz von Häusern an Hauptverkehrsstraßen vorzuschreiben, aber auch ausreichende Spielecken und Spielplätze bei Mehrfamilienhäusern und Blockbauten? Ist die Bundesregierung bereit, allen Ländern dringend zu empfehlen, vor allem das Problem ausreichender Kinderspielplätze mit dem gleichen Nachdruck zu vertreten, wie sie dies bei den Abstell- und Garagenplätzen für Kraftfahrzeuge im Sinne der Reichsgaragenordnung bereits tun? Sie beziehen sich auf den Bereich des Bauordnungsrechts. Dieses Rechtsgebiet gehört nach einem Gutachten des Bundesverfassungsgerichts grundsätzlich nicht zur Gesetzgebungskompetenz des Bundes. Zur Vereinheitlichung und Neugestaltung des Bauordnungsrechts wurde von einer Sachverständigenkommission aus Vertretern der Länder unter Hinzuziehung des Bundes die Musterbauordnung erarbeitet. Sie sollte als Unterlage für die von den Ländern zu erlassenden Bauordnungen dienen. Auf ihrer Grundlage haben auch bereits sieben Länder neue Bauordnungen mit im wesentlichen übereinstimmenden Vorschriften erlassen. In zwei Ländern wird eine entsprechende neue Bauordnung vorbereitet. Auf Grund der inzwischen gewonnenen Erfahrungen wird z. Zt. die Musterbauordnung von den Ländern unter Beteiligung meines Ministeriums überarbeitet. Hierbei werden der Entwurf der Hamburger Bauordnung wie auch die Entwürfe anderer Länder zur Änderung ihrer Bauordnungen ihre Berücksichtigung finden. Für den Schallschutz bei Wohngebäuden ist nach den bisherigen Beratungen über die Änderung der Musterbauordnung vorgesehen, daß für Außenwände von Aufenthaltsräumen Schallschutzmaßnahmen verlangt werden können, wenn Lage und Nutzung der Räume dies erfordern. Dabei bin ich der Meinung, daß wegen der wachsenden Motorisierung bei Wohnungen an Hauptverkehrsstraßen auf geeignete Schallschutzmaßnahmen im Interesse der betroffenen Bevölkerung größter Wert gelegt werden sollte. Die Schaffung von ausreichenden Spielecken und Spielplätzen für Kinder halte ich für eine ganz selbstverständliche Forderung des modernen Wohnungsbaues. In den Einsatzrichtlinien des Bundes für den sozialen Wohnungsbau ist daher auch bestimmt, daß für alle Wohnungen, soweit dies erforderlich ist, nach Umfang und Lage ausreichend große, verkehrsabgewandte Spielplätze anzulegen sind. Die bisherige Fassung der Musterbauordnung trägt dieser Forderung Rechnung. Sie sieht vor, daß bei der Errichtung von Gebäuden mit mehreren Wohnungen auf dem Baugrundstück ein Spielplatz für Kinder anzulegen ist. Entsprechende Vorschriften enthalten die neuen Bauordnungen der Länder. Eine Gesetzgebungskompetenz des Bundes besteht in dieser Hinsicht ebensowenig wie hinsichtlich der Garagenplätze. Die Vorschriften der Reichsgaragenordnung über die Stellplatzpflicht gelten als Landesrecht fort, soweit sie nicht bereits durch entsprechende Vorschriften in den Landesbauordnungen ersetzt worden sind.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Wolfgang Stammberger


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Renger hat vorhin etwas gesagt, was sich eigentlich wie ein roter Faden durch die ganzen Beratungen des heutigen und des morgigen Tages ziehen sollte. Sie hat nämlich gesagt, daß es notwendig sei, im Zusammenhang mit der Notstandsgesetzgebung und allem dem, was damit zusammenhängt, Mißtrauen abzubauen und Vertrauen aufzubauen. Ich glaube, die letzte Stunde hat nicht dazu beigetragen, diesen Rat von Frau Kollegin Renger durchzusetzen.
    Nun, meine Damen und Herren, ich kann verstehen, daß gerade in unserem Volk in mancher Hinsicht ein gewisses Unbehagen gegenüber der Notstandsgesetzgebung besteht, haben wir doch selbst erfahren, was es bedeuten kann, wenn eine Regierung zuviel und vor allen Dingen -- und das ist das wesentliche — unkontrollierbare Macht bekommt. Und um gerade klar zu machen, was für uns die Notstandsgesetzgebung bedeutet, nämlich nicht die Einschränkung der Freiheit, der freiheitlichen Lebensrechte und unseres freiheitlichen Staates, sondern gerade seine Verteidigung auch in Stunden der Gefahr, kam es uns darauf an, ein Widerstandsrecht einzubauen. Wir haben dieses Widerstandsrecht —und hier waren sich eigentlich alle Parteien im wesentlichen einig — in den Art. 20 des Grundgesetzes eingebaut; denn — meine Damen und Herren, das ist wichtig — in diesem Artikel kann es nicht mehr geändert werden. Selbst mit einer Zweidrittelmehrheit kann dieses Widerstandsrecht nicht mehr aufgehoben werden, wenn es im Art. 20 verankert ist.
    Ich glaube, dieses Widerstandsrecht ist eng mit der Demokratie überhaupt verbunden. Wenn die Zeit nicht so weit fortgeschritten wäre, könnte es einen geradezu reizen, jetzt einen geschichtlichen Überblick über diese Frage zu geben. Aber ich möchte nur auf die erste Dokumentation dieses Widerstandsrechts hinweisen. Sie stand in der virginischen Erklärung der Rechte im Jahre 1776, und bereits dort war gesagt — wie wir das heute im Art. 20 des Grundgesetzes tun —, daß es als unabänderliches, nicht aufhebbares Recht für die Bevöl-
    *) Siehe Anlage 6



    Dr. Stammberger
    kerung gegeben ist. Meine Damen und Herren, um allerdings kein Mißverständnis aufkommen zu lassen: Dieses Widerstandsrecht ist keine Rechtfertigung für das, was wir eben oben von der Tribüne erlebt haben. Das möchte ich gleich sagen. Dieses Widerstandsrecht ist nur dann, aber dann auf jeden Fall, gegeben, wenn alle anderen Mittel des Staates zur Verteidigung unserer Freiheit nicht mehr ausreichen.
    Nun hat es hier zwei Begriffe gegeben, die in der Diskussion aufgetaucht sind und die auch im Schriftlichen Bericht ihren Niederschlag gefunden haben, weshalb ich etwas dazu sagen möchte, um hier keine Mißverständnisse aufkommen zu lassen, nämlich die Frage des Staatsstreichs von unten und die Frage des Staatsstreichs von oben. Historisch gesehen ist das Widerstandsrecht etwas gegen den Staatstreich von oben. So ist es auch in der Magna Charta in England gewesen, so steht es in der virginischen Erklärung der Rechte, so haben wir es in der Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte 1789 in Frankreich und in vielem anderem mehr. Aber, meine Damen und Herren, das kann natürlich — und insofern möchte ich dem Bericht nicht etwa widersprechen, sondern nur klar machen, was wir darunter zu verstehen haben — auch ein Widerstandsrecht gegen eine Revolution von unten sein. Hier wird nun sehr häufig gesagt — und wir haben uns eben mit dem Problem beschäftigt , dieses Widerstandsrecht könne dazu führen, die außerparlamentarische Opposition mundtot zu machen. Das liegt uns völlig fern. Ich möchte sogar sagen: durch den Herrn Bundesinnenminister ist sie vorhin anerkannt worden. Er hat vorhin im Hinblick auf den Herrn Kollegen Dorn gesagt, daß die FDP die parlamentarische Opposition sei. Er hat also praktisch unterstellt, daß es auch eine außerparlamentarische geben kann. Ich kann mir vorstellen, daß das Ganze eine Freudsche Kurzschlußhandlung gewesen ist, und zwar im Hinblick auf den Kollegen Dorn, der gewissermaßen eine Personalunion für parlamentarische und außerparlamentarische Opposition darstellt.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Aber wir wollen auch, was die außerparlamentarische Opposition betrifft, uns über eines im klaren sein, was in diesem Art. 20 steht, dem jetzt ein Abs. 4 angefügt werden soll. Die Staatsgewalt wird in unserem Staate durch das Volk verkörpert; repräsentiert wird das Volk ausschließlich hier in diesem frei gewählten Bundestag. Darüber müssen wir uns klar sein. Das gilt sowohl für die Regierungskoalition wie auch für die jeweilige Opposition.
    Das bedeutet nicht, daß die Dinge, die uns bewegen, nicht im ganzen Volke diskutiert werden sollten. Uns bewegen ja sehr viele Dinge. Das trifft gerade auf die Studenten zu, mit denen ich in dieser Hinsicht völlig sympathisiere. Meine älteste Tochter debattiert in der Bonner Universität begeistert mit. Wir sind für das „Große Gespräch", wie wir Sozialdemokraten es auf unserem Parteitag 1964 in Karlsruhe genannt haben. Wir wollen das „Große Gespräch" mit allen führen. Aber die Entscheidungen können ausschließlich hier in diesem Hause fallen.
    Nur hier dürfen sie fallen.
    Wir sollten alles vermeiden, was so aussieht, als würden wir uns in irgendeiner Form unter Druck setzen lassen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Das gilt für viele Dinge, auch für die Dinge — Herr Kollege Hirsch hat bereits darauf hingewiesen —, die sich heute teilweise bis in die Wohnbereiche einzelner Abgeordneten abgespielt haben. Wir sollten uns hier nicht unter Druck setzen lassen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Das ist keine Frage eines inneren Notstandes. Damit werden wir selber fertig; davon bin ich überzeugt. Das ist eine Frage, in der wir alle zusammenstehen müssen.
    Wir haben das Widerstandsrecht im Abs. 4 des Art. 20 niedergelegt. Da kein Änderungsantrag vorliegt, dürfen wir wohl damit rechnen, daß er einstimmig verabschiedet wird. Ich darf noch einmal sagen: dieses Widerstandsrecht ist hoffentlich nie praktisch anzuwenden. Es ist in erster Linie symbolisch. Es zeigt, was der Sinn der Notstandsgesetzgebung sein soll: nicht die Einschränkung der freiheitlichen Rechte, sondern die Verteidigung der freiheitlichen Rechte auch bis zum letzten Extrem, daß ein jeder selbst dazu bereit sein muß, sie zu verteidigen, wenn alle anderen Mittel versagen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)



Rede von Dr. Karl Mommer
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Bucher.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Ewald Bucher


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn an einer Stelle dieses Entwurfs das Bedauern, daß wir wenig Zeit zur Vorbereitung hatten, berechtigt ist, dann an dieser; denn auch wenn man im übrigen diesen Vorwurf nicht gelten lassen wollte, hier muß er gelten.
    Einmal ist das Widerstandsrecht erst ganz zuletzt in den Ausschußberatungen in den Entwurf hineingekommen. Daneben gibt es noch einen anderen Grund. Wir meinen, eine so wichtige, so bedeutsame Frage, sollte nicht so nebenbei, beinahe versteckt — ich sage das nicht im Sinne einer bösen Absicht, sondern objektiv — in einem umfangreichen Gesetz und im Zusammenhang mit einem an sich höchst umstrittenen Thema — dem Notstand — eingebracht werden. Das müßte wirklich ganz für sich gemacht werden. Es ist schon der Verdacht geäußert worden — ich mache ihn mir nicht zu eigen —, daß jetzt das Widerstandsrecht hereingebracht werde, sei ein taktisches Austauschmanöver innerhalb der Koalition. Vor solchem Verdacht sollten wir uns bei einem so bedeutsamen Thema schützen.
    Meine Damen und Herren, es herrscht Einigkeit hier im Hause, und auch wir Freien Demokraten sind der Ansicht, daß es ein Widerstandsrecht gibt. Ich kann ebenso wie der Kollege Stammberger darauf verzichten, viele Zitate aus der gesamten Weltliteratur dazu anzuführen. Von Plato und der Bibel angefangen, über den Sachsenspiegel und



    Dr. Bucher
    Rousseau bis zu Johannes XXIII. in der Enzyclica „Pacem in Terris" finden Sie das Widerstandsrecht. Außerhalb dieser Reihe gestatten Sie mir aber interessehalber doch ein Zitat dazu. Ich möchte es mit Genehmigung des Herrn Präsidenten vortragen. Es lautet:
    Wenn durch die Hilfsmittel der Regierungsgewalt ein Volk dem Untergang entgegengeführt wird, dann ist die Rebellion eines jeden Angehörigen eines solchen Volkes nicht nur Recht, sondern Pflicht.
    Das Zitat stammt aus Adolf Hitlers „Mein Kampf", Seite 104. Es steckt ja viel Prophezeiung in diesen Worten.
    Es ist aber zunächst einmal eine Frage, ob überhaupt das Widerstandsrecht in der Verfassung niedergelegt werden soll, eine Frage, zu der wir in unserer Fraktion — das sage ich Ihnen ganz offen —. noch keine einheitliche Meinung bilden konnten. Ich neige zu der Ansicht, daß das Widerstandsrecht überhaupt vorgegeben ist, wenn man sich für die Demokratie entscheidet, daß es sozusagen die Kehrseite der Entscheidung für die Demokratie ist. Denn Demokratie bedeutet: Jedem sind die Grundrechte garantiert, und jeder muß die Grundrechte des anderen respektieren. Die Kehrseite davon heißt: Jeder darf sich gegen eine Verletzung seiner Grundrechte wehren, jeder muß sich aber auch dagegen wehren, wenn die Grundrechte seiner Mitbürger und die demokratische Staatsordnung angegriffen werden. Moralisch bejahe ich durchaus auch die Widerstandspflicht. Wenn man sich also für die Demokratie entschieden hat, hat man sich auch für das Widerstandsrecht entschieden, gleichgültig ob es in der Verfassung steht oder nicht. Das Widerstandsrecht wendet sich ja gegen bestehendes Unrecht. Es unterscheidet sich dadurch von der Revolution, die sich gegen bestehendes Recht wendet. Kollege Stammberger hat die möglichen Fälle des Widerstandsrechts aufgeführt. Ich teile allerdings seine Meinung insofern nicht, als ich es ganz und gar nicht für notwendig halte, das Widerstandsrecht gegen Unrecht von unten extra in die Verfassung hineinzuschreiben. Denn dagegen haben wir bereits heute zulängliche Bestimmungen. Wenn mich einer angreift, steht mir die Notwehr zur Verfügung, und auch wenn Unrecht gegen andere begangen wird — auch gegen den Staat; schon vom Reichsgericht ist die Rechtsfigur der Staatsnotwehr anerkannt worden —, darf ich mich dagegen wehren. Das Problem ist hier in erster Linie das Unrecht von oben, gegen das das Widerstandsrecht festgelegt werden soll.
    Nun haben wir eine kleine interessante Parallele, sozusagen ein kleines Widerstandsrecht, nämlich die Regelung — früher im Militärstrafgesetzbuch und heute im Wehrstrafgesetzbuch — zum rechtswidrigen Befehl. Es ist ja dort so geregelt — im Grundsatz, auf die Details will ich nicht eingehen —, daß der Soldat einen rechtswidrigen Befehl nicht befolgen darf. Das war übrigens die ganze Zeit so geregelt, vom Kaiserreich über die Weimarer Republik durch das ganze Dritte Reich bis heute. Befolgt der Soldat einen rechtswidrigen Befehl irrtümlich, weil er meint, er sei nicht rechtswidrig, oder umgekehrt: befolgt er den Befehl irrig nicht, weil er meint, er sei rechtswidrig, dann wird der Konflikt im Gesetz immer zugunsten des Soldaten gelöst. Hier ist also die Situation so, daß ein einzelner, ein Vorgesetzter, eine vom Staat verliehene Befugnis im Rahmen der demokratischen Ordnung mißbraucht. In letzter Instanz entscheidet der Richter darüber, ob der Vorgesetzte recht hatte oder der Soldat, der in diesem Augenblick Widerstand geleistet hat. Anders ist die Situation beim politischen Widerstand. Hier ist die demokratische Ordnung als solche nicht mehr intakt, es wird also im Fall eines erfolgreichen Putsches oder Staatsstreichs Unrecht von oben begangen. Antidemokratische Kräfte haben die Staatsgewalt oder Teile davon übernommen. Die Situation ist also die, daß die demokratische Ordnung nicht mehr intakt ist. Hier kann kein Richter mehr entscheiden, sondern hier entscheidet der Erfolg, wie es ausgeht: Wenn sich die Demokratie wieder durchsetzt, hat der, der Widerstand geleistet hat, Recht bekommen; andernfalls hat er auf meistens dann entsetzliche Art unrecht. Das ist ein Tatbestand, der nicht justiziabel ist.
    Man stelle sich nun vor: in einer Verfassung ist das Widerstandsrecht verankert, ein Staatsstreich hat Erfolg, die Machtergreifung hat stattgefunden. Dann hat gerade in der Situation, in der sich das Widerstandsrecht — ich meine das Widerstandsrecht in Paragraphenform nun bewähren müßte, dieser Paragraph versagt. Stellen Sie sich etwa vor, wir hätten in der Weimarer Verfassung diesen Paragraphen gehabt, der ja dann nach dem vorher verlesenen Zitat dort sogar die Zustimmung Hitlers gefunden hätte, -- dieser Paragraph hätte bei der Machtergreifung kläglich versagt. Die Nazis hatten ja sogar die „Gelassenheit" — das kann man fast nicht anders sagen —, die Weimarer Verfassung formell weiterbestehen zu lassen.
    Aber wir brauchen gar keine hypothetischen Fälle zu nehmen. Oder doch! Der folgende ist auch ein hypothetischer Fall. Die frühere Verfassung der DDR enthielt in Art. 4 das Widerstandsrecht, allerdings sehr vorsichtig und beinahe sogar zynisch formuliert. Es heißt nämlich dort:
    Gegen Maßnahmen, die den Beschlüssen der Volksvertretung widersprechen, hat jedermann das Recht und die Pflicht zum Widerstand.
    Natürlich, diese Volksvertretung wird schon keine Beschlüsse fassen, denen irgendwelche Maßnahmen widersprechen könnten. Deshalb kann man diese Bestimmung als zynisch bezeichnen.
    Ich will mit diesen Ausführungen nur die Problematik aufzeigen,die besteht, wenn das Widerstandsrecht überhaupt in der Verfassung festgelegt wird. Wenn wir uns überlegen, ob wir das Widerstandsrecht in unsere Grundrechte tun sollen, müssen wir dabei besonders bedenken, daß unsere Grundrechte ja nicht nur wie in der Weimarer Verfassung Programmsätze, sondern geltendes Recht sind und daß der Art. 20 darüber hinaus überhaupt unabänderlich ist, worauf Herr Kollege Stammberger dankenswerterweise hingewiesen hat. Deshalb sollten wir dabei besonders vorsichtig sein.



    Dr. Bucher
    Der vorliegende Entwurf umfaßt den Widerstand gegen Unrecht von oben und von unten und ist für uns deshalb ganz besonders problematisch. Er schafft eben in der Richtung gegen Unrecht von unten zweifellos Konflikte, wenn man es sich auch nicht so einfach machen kann, zu behaupten, er sei eine Aufforderung zur Anarchie. Wir haben aber vor allem zu überlegen, ob ein solcher Paragraph angesichts der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts überhaupt notwendig ist. Das Bundesverfassungsgericht hat ja im KPD-Verbots-Urteil Ausführungen zum Widerstandsrecht gemacht, die dieses Widerstandsrecht jedenfalls ganz klar und deutlich anerkennen. Diesen Ausführungen ist, soweit ich es übersehen kann, auch nirgends in der Literatur und nirgends von politischer Seite widersprochen worden.
    Wir hatten im übrigen erwartet, daß aus den Reihen der Sozialdemokratischen Partei ein Alternativvorschlag kommen werde, der nach unseren Informationen so lauten sollte:
    Wird durch Mißbrauch oder Anmaßung von Zuständigkeiten versucht, Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes an der Erfüllung ihrer Aufgaben zu hindern oder die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beseitigen, so hat jeder Deutsche das Recht zum Widerstand gegen die Rechtsbrecher.
    Ich muß sagen, diese Bestimmung hätte uns auf den ersten Blick wesentlich besser zugesagt. Jedenfalls sehen wir uns nicht in der Lage, heute der vorgelegten Formulierung zuzustimmen. Wir würden es begrüßen, wenn Sie sich alle die Sache bis zur dritten Lesung noch einmal durch den Kopf gehen ließen; das ist ein Punkt, über den man 'in der dritten Lesung durchaus auch noch sprechen kann, denn das hat ja nichts mit den Vorbehalten der Alliierten zu tun. Wir möchten nicht zum Ausdruck bringen, daß wir diese Bestimmung ablehnen, da wir das Widerstandsrecht anerkennen. Aus diesem Grunde möchten wir uns, was wir sonst nicht gerne tun, heute in der zweiten Lesung dazu der Stimme enthalten.

    (Beifall bei der SPD.)