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    Deutscher Bundestag 136. Sitzung Bonn, den 17. November 1967 Inhalt: Große Anfrage betr. Studienreform (CDU/ CSU) (Drucksache V/1742) in Verbindung mit Große Anfrage betr. Wissenschaftsförderung und Wissenschaftsplanung (SPD) (Drucksache V/2132) Zur Geschäftsordnung Dichgans (CDU/CSU) . . . . 6895 B Schulte (SPD) 6895 B Moersch (FDP) 6895 C Dr. Jaeger, Vizepräsident 6895 D, 6906 D Dr. Hammans (CDU/CSU) . . . . 6930 D Scheel, Vizepräsident . 6927 D, 6930 B, 6930 D Frau Dr. Wex (CDU/CSU) . . . . 6896 A Dr. Meinecke (SPD) . . . . . . . 6898 D Dr. Stoltenberg, Bundesminister . . 6901 B, 6938 C Moersch (FDP) . . . . 6906 D, 6941 A Dr. h. c. Kiesinger, Bundeskanzler . 6910 C Dr. Weichmann, Erster Bürgermeister der Freien und Hansestadt Hamburg 6912 C Schmidt (Hamburg) (SPD) . . . 6915 D Dr. Martin (CDU/CSU) . . . . . 6919 A Dr. h. c. Goppel, Ministerpräsident des Landes Bayern . . . . . . 6920 C von Heydebreck, Minister des Landes Schleswig-Holstein . . 6922 A Dr. Mühlhan (FDP) . . . . . . . 6928 A Dr. Vogel, Minister des Landes Rheinland-Pfalz . . . 6931 A Dr. Lohmar (SPD) . . . . . . . 6932 A Dr. Schütte, Minister des Landes Hessen . . . . . . 6934 A Dr. Althammer (CDU/CSU) . . . . 6936 A Fragestunde (Drucksachen V/2268, zu V/2268) Frage des Abg. Weigl: Zuweisung von Mitteln aus dem erhöhten Mineralölsteueraufkommen für Projekte des Personennahverkehrs Börner, Parlamentarischer Staatssekretär . . . . . . . . 6941 C Weigl (CDU/CSU) . . . . . . . 6941 C Geisenhofer (CDU/CSU) . . . . . 6941 D Frage des Abg. Weigl: Begrenzung der mit Hilfe des Bundes in München zu erstellenden Bauten Börner, Parlamentarischer Staatssekretär 6942 B Weigl (CDU/CSU) . . . . . . 6942 C Geisenhofer (CDU/CSU) . . . . 6942 D Dr. Gleissner (CDU/CSU) . . . 6943 B II Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 136. Sitzung. Bonn, Freitag, den 17. November 1967 Frage des Abg. Fritsch (Deggendorf) : Planung der Bundesautobahn Regensburg—Passau Börner, Parlamentarischer Staatssekretär 6943 C Fritsch (Deggendorf) (SPD) . . . 6943 D Frage des Abg. Josten: Fertigstellung der B 416 zwischen Lehmen und Winningen Börner, Parlamentarischer Staatssekretär 6944 A Frage des Abg. Dr. Freiherr von Vittinghoff-Schell: Von der Bundesregierung angemeldete Investitionsvorhaben von gemeinschaftlichem Interesse für die EWG Börner, Parlamentarischer Staatssekretär 6944 B Dichgans (CDU/CSU) 6944 C Frage des Abg. Dichgans: Zustand der B 9 in Bad Godesberg Börner, Parlamentarischer Staatssekretär 6944 D Dichgans (CDU/CSU) . . . . . . 6945 A Dr. Schulze-Vorberg (CDU/CSU) . . 6945 A Fragen des Abg. Fellermaier: Planungen zur Verlegung der B 10 bei Burlafingen und Nersingen . .. . . . 6945 C Frage des Abg. Dr. Jahn (Braunschweig) : Streckenstillegungen im Zonengrenzgebiet 6945 D Frage des Abg. Opitz: Bundeszuwendungen für durch den Straßenbau verursachte Veränderungen von Versorgungsanlagen und Anlagen des öffentlichen Nahverkehrs Börner, Parlamentarischer Staatssekretär 6945 D Genscher (FDP) 6946 B Fragen des Abg. Dr. Lenz (Bergstraße) : Gefahren für Benutzer und Anlieger der B 44 und B 47 im Bereich der Ortsdurchfahrt Bürstadt — Bau von Umgehungsstraßen — Durchführung der Baumaßnahmen im Jahre 1968 . . . 6946 C Frage des Abg. Schmidt (Kempten) : Beraterstab beim Bundeskanzleramt Freiherr von und zu Guttenberg, Parlamentarischer Staatssekretär 6946 D Genscher (FDP) 6947 B Frage der Abg. Frau Freyh: Verkehrsaufkommen auf dem RheinMain-Flughafen — Auffächerung des Langstreckenverkehrs auf andere Flughäfen Börner, Parlamentarischer Staatssekretär . . . . . . . . 6947 C Frau Freyh (SPD) . . . . . . . 6947 C Fragen des Abg. Dr. Tamblé: Einheitliche Geschwindigkeitsbegrenzung für alle vierspurigen Umleitungen an längeren Autobahnbaustellen . . . 6948 A Frage des Abg. Peiter: Tiefflüge von Düsenflugzeugen über Heilbädern 6948 B Fragen des Abg. Schultz (Gau-Bischofsheim) : Diebstahl eines Flugkörpers auf dem Flugplatz Neuburg (Donau) Dr. Carstens, Staatssekretär . . . . 6948 C Fragen des Abg. Dr. Enders: Räumung von Wohnungen für das Kreiswehrersatzamt Fulda 6948 D Frage des Abg. Schultz (Gau-Bischofsheim) : Verteilung des Berichts über die Hintergründe des Rücktritts der Generäle Trettner und Panitzki an die Truppe Dr. Carstens, Staatssekretär . . . . 6948 D Fragen des Abg. Dr. Mommer: Kindergeld für deutsche bzw. ausländische Arbeitnehmer 6949 B Frage des Abg. Freiherr von Gemmingen: Bericht über die Lage der Familien in der Bundesrepublik Dr. Barth, Staatssekretär 6949 C Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 136. Sitzung. Bonn, Freitag, den 17. November 1967 III Fragen des Abg. Müller (Mülheim):: Rechtsstandpunkt der Bundesregierung betr. die Rückführung aller verschleppten Koreaner — Zusage der koreanischen Regierung Jahn, Parlamentarischer Staatssekretär 6949 D Müller (Mülheim) (SPD) . . . . 6949 D Fragen des Abg. Dr. Müller (München) : Berichte über Einsatz deutscher Techniker während des nigerianischen Bürgerkrieges 6950 C Frage des Abg. Dr. Imle: Verhandlungen über die Freilassung der in Italien und in den Niederlanden noch inhaftierten Kriegsverurteilten Jahn, Parlamentarischer Staatssekretär 6950 D Dr. Imle (FDP) 6950 D Dorn (FDP) . . . . . . . . . 6951 B Frage des Abg. Dr. Mühlhan: Personelle Ausstattung der Kulturabteilung des Auswärtigen Amts . . . 6951 B Frage des Abg. Wächter: Zustimmungsgesetz zu dem Genfer Übereinkommen über den Festlandsockel Jahn, Parlamentarischer Staatssekretär 6951 C Fragen des Abg. Dorn: Rückkehr der aus der Bundesrepublik Deutschland entführten südkoreanischen Staatsangehörigen Jahn, Parlamentarischer Staatssekretär . . . . . . . 6951 D Dorn (FDP) 6952 A Frage des Abg. Kubitza: Bericht über die bilateralen Verhandlungen zur Intensivierung der Zusammenarbeit der jungen Generation Jahn, Parlamentarischer Staatssekretär 6952 B Frage des Abg. Dr. Schulze-Vorberg: Konzentrierung öffentlicher Mittel auf wenige Ballungsräume Leicht, Parlamentarischer Staatssekretär 6952 C Dr. Schulze-Vorberg (CDU/CSU) . 6952 C Dr. Gleissner (CDU/CSU) . . . 6952 D Frage des Abg. Dr. Müller (München) : Einführung eines festen Aussteuerfreibetrages für Jungvermählte — Entscheidung des Bundesfinanzhofs 6953 B Fragen des Abg. Mick: Entschädigung von Zwangssterilisierten 6953 C Fragen des Abg. Dr. Imle: Wirtschaftlichkeit der Gewinnung von Schmieröl aus Altölen Dr. Neef, Staatssekretär 6953 D Dr. Imle (FDP) . . . . . . . 6954 A Frage des Abg. Dr. Jahn (Braunschweig) : Versorgung der Bundesrepublik mit Einfuhrenergie während der Nahostkrise 6954 B Frage des Abg. Dr. Bucher: Vorlage des Berichts der Untersuchungskommission über die Wettbewerbsgleichheit von Presse, Funk/ Fernsehen und Film . 6954 B Frage des Abg. Haase (Kassel) : Existenzgefährdende Konkurrenznachteile der deutschen Mineralölwirtschaft 6954 C Frage des Abg. Brück (Holz) : Lizenzen für die Einfuhr von Hausbrandkohle aus der Bundesrepublik Deutschland in Luxemburg . . . . 6954 D Fragen des Abg. Büttner: Streitsachen beim Bundessozialgericht — Revisionsverfahren Kattenstroth, Staatssekretär . . . 6954 D Müller (Mülheim) (SPD) . . . . 6955 B Frage des Abg. Schmidt (Kempten) : Höhe der Elternrente im Fall eines tödlich verunglückten Gefreiten . . . 6955 C Frage des Abg. Mertes: Ausgleich von durch Strukturveränderungen bedingten unangemessenen Beitragsbelastungen einzelner Wirtschaftsbereiche 6955 D Frage des Abg. Jung: Bericht über die Gewährung eines Bildungsurlaubs 6956 A Frage des Abg. Reichmann: Nutzbarmachung der in der Kriegsopferversorgung gewonnenen Erkenntnisse 6956 A Frage des Abg. Spitzmüller: Beseitigung sozialversicherungsrecht- licher Nachteile 6956 B Frage des Abg. Pöhler: Ausübung einer bezahlten Tätigkeit von über die Altersgrenze hinaus Beschäftigung suchenden Berufstätigen Kattenstroth, Staatssekretär . . . 6956 C Frage dies Abg. Haase (Kassel) : Zügigere Ableistung des Ersatzdienstes von Kriegsdienstverweigerern . . . 6956 D Frage dies Abg. Schmidt (Kempten) : Anrechnungsbestimmungen in sozialen Leistungen 6956 D Fragen der Abg. Frau Rudoll: Ärztliche Betreuung während der Schwangerschaft und nach der Entbindung 6957 A Frage der Abg. Frau Dr. Hubert: Europäisches Übereinkommen zur gegenseitigen Hilfe auf dem Gebiet medizinischer Spezialbehandlung und -heilklimatischer Hilfsmittel . . . . 6957 C Frage der Abg. Frau Dr. Hubert: Ratifizierungsverfahren für das Europäische Übereinkommen über den Austausch von Testsera zur Blutgruppenuntersuchung . . . . . . . . . . 6957C Nächste Sitzung . . . . . . . . . 6957 D Anlagen 6959 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 136. Sitzung. Bonn, Freitag, den 17. November 1967 6895 136. Sitzung Bonn, den 17. November 1967 Stenographischer Bericht Beginn: 9.00 Uhr
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    Berichtigung 134, Sitzung, Seite 6869 B, in den Zeilen 5 und 6 von unten sind die Worte „und an den Haushaltsausschuß gemäß § 96 der Geschäftsordnung" zu streichen. Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Beurlaubungen Frau Albertz 17. 11. Dr. Apel * 17. 11. Dr. Arndt (Berlin) 17. 11. Dr. Arndt (Berlin/Köln) 17. 11. Dr. Arnold 17. 11. Dr. Artzinger * 17. 11. Bading* 17. 11. Dr. Barzel 17. 11. Behrendt * 17. 11. Berkhan 17. 11. Berlin 9. 12. Beuster 17. 11. Blachstein 17. 11. Dr. Brenck 17. 11. Dr. Burgbacher * 17. 11. Corterier * 17. 11. Damm ** 17. 11. Dr. Dittrich * 17. 11. Draeger ** 17. 11. Dr. Eckhardt 17. 11. Dr. Effertz 17. 11. Dr. Elbrächter. 17. 11. Frau Dr. Elsner 18. 11. Faller * 17. 11. Flämig** 17. 11. Dr. Frede 31. 12. Dr. Furler * 17. 11. Gerlach* 17. 11. Gibbert 16. 12. Dr. Giulini 17. 11. Graaff 17. 11. Haage (München) 17. 11. Hahn (Bielefeld) * 17. 11. Hanz (Dahlen) 18. 11. Frau Herklotz ** 17. 11. Hösl 28. 11. Hussong 17. 11. Illerhaus * 17. 11. Kiep 17: 11. Killat 17. 11. Kriedemann * 17. 11. Klinker * 17. 11. Knoblauch 17. 11. Dr. Koch 17. 11. Frau Dr. Krips 17. 11. Dr. Kübler 17. 11. Freiherr von Kühlmann-Stumm 17. 11. Kulawig* 17. 11. Kunze 30. 11. Kurlbaum 17. 11. Lenz (Brühl) 31. 12. Lenze (Attendorn) ** 17. 11. Dr. Löhr * 17. 11. Lotze 17. 11. Lücker (München) * 17. 11. Memmel * 17. 11. Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Beurlaubungen Dr. h. c. Menne (Frankfurt) 17. 11. Dr. von Merkatz 17. 11. Merten 30. 11. Mertes 17. 11. Metzger * 17. 11. MicheLs 17. 11. Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller 17. 11. Müller (Aachen-Land) * 17. 11. Ott 17. 11. Paul 31. 12. Petersen 17. 11. Picard 17. 11. Pähler ** 17. 11, Dr. Pohle 17. 11. Dr. Preiß 17. 11. Porten 17. 11. Reichmann 17. 11. Richarts * 17. 11. Riedel (Frankfurt) * 17. 11. Rollmann 17. 11. Ruf 17. 11. Schmidt (Braunschweig) 17. 11. Schmidt (Würgendorf) 9. 12. Schulhoff 17. 11. Dr. Schulz (Berlin) 30. 11. Dr. Serres 17. 11. Springorum * 17. 11. Dr. Starke (Franken) 17. 11. Dr. Stecker 17. 11. Steinhoff 31. 12. Stücklen 18. 11. Dr. Süsterhenn 17. 11. Weimer 17. 11. Welke 17. 11. Anlage 2 Umdruck 301 Antrag der Fraktion der FDP zur Großen Anfrage der Fraktion der CDU/CSU betr. Studienreform - Drucksache V/1742 - und der Großen Anfrage der Fraktion der SPD betr. Wissenschaftsförderung und Wissenschaftsplanung - Drucksache V/2132 -. Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird aufgefordert, in Wahrnehmung ihrer gesamtstaatlichen Verantwortung dafür Sorge zu tragen, daß 1. Die Autonomie der Hochschulen sich sinnvoll in ein Gesamtsystem der Zusammenarbeit aller Kräfte der Gesellschaft einordnet. Diese Einordnung muß nach innen eine stärkere Beteiligung * Für die Teilnahme an Ausschußsitzungen des Europäischen Parlaments ** Für die Teilnahme an Ausschußsitzungen der Westeuropäischen Union bzw. der Nordatlantischen Versammlung 6960 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 136. Sitzung. Bonn, Freitag, den 17. November 1967 auch der Studenten und Assistenten an der Gestaltung und Verwaltung der Hochschulen, nach außen Kontinuität in der Leitung der Hochschulen berücksichtigen; 2. alle an der Gestaltung des Bildungswesens mitwirkenden Gremien, auch die Selbstverwaltungsorgane und Zusammenschlüsse der Hochschulen, Mechanismen einführen, die es ermöglichen, eine gründlich durchgeführte Diskussion nach angemessener Überlegungszeit durch eine Mehrheitsentscheidung abzuschließen; 3. der Bundes- und die Landesgesetzgeber die gesetzlich geregelten Laufbahnvorschriften systematisch überprüfen und die Anforderungen an den Eintritt in eine Laufbahn der Notwendigkeit anpassen, daß der Beginn der praktischen Berufstätigkeit zu einem früheren Lebenszeitpunkt ermöglicht wird als bisher; 4. die Hochschulentwicklungspläne in den Bundesländern in einen Gesamtplan einmünden, unbeschadet der Möglichkeit von Experimenten mit neuen Ausbildungsgängen; 5. die neuen Erkenntnisse, die die Forschung ständig liefert, den Berufstätigen durch Kontaktstudien nutzbar gemacht werden. Bonn, den 16. November 1967 Freiherr von Kühlmann-Stumm und Fraktion Anlage 3 Umdruck 302 Antrag der Fraktion der SPD zur Großen Anfrage der Fraktion der CDU/CSU betr. Studienreform — Drucksache V/1742 — und zur Großen Anfrage der Fraktion der SPD betr. Wissenschaftsförderung und Wissenschaftsplanung — Drucksache V/2132 —. Der Bundestag wolle beschließen: 1. Der Bundestag appelliert an die Bundesregierung, die Landesparlamente, die Landesregierungen sowie an die Organisationen für Bildung und Wissenschaft, a) den im folgenden genannten Aufgaben den ihnen gebührenden Vorrang zu sichern und erforderliche haushalts- und finanzpolitische Folgerungen daraus zu ziehen, b) eine wirksame und zügige Zusammenarbeit von Bund, Ländern und Organisationen herzustellen, c) Schulreform, Berufsbildungsreform und Hochschulreform als Einheit zu betreiben, d) die Studienreform zu beschleunigen. 2. Wer Begabung und Leistungswillen mitbringt, muß ohne Rücksicht auf seine soziale Herkunft und seine finanzielle Lage Zugang zu den Ausbildungswegen Linden, die er wünscht. 3. Der Ausbau der bestehenden und der Bau neuer Hochschulen müssen beschleunigt werden, weil die Zahl der Absolventen höherer Schulen im nächsten Jahrzehnt sprunghaft ansteigen wird. Jeder für eine akademische Berufsausbildung aufgeschlossene und für eine wissenschaftliche Bildung begabte Abiturient muß die Chance haben, die Hochschule zu besuchen. Für anders befähigte junge Menschen müssen Fachschulen und Fachakademien erweitert und ausgebaut werden. 4. Die Notwendigkeit, die Gesamtdauer der Ausbildung zu verkürzen, erfordert a) eine Regelung, die es möglich macht, die Ausbildung mit dem 5. Lebensjahr zu beginnen, b) den Abschluß der Gymnasialausbildung mit 18 Jahren, c) die Verkürzung der jeweiligen Studiengänge an den Hochschulen auf der Grundlage der Vorschläge des Wissenschaftsrates. 5. Um den Ausbau und die Neugründung von Hochschulen und Fachschulen mit dem Bedarf, mit den Berufswünschen und mit der Ausbildungskapazität abstimmen zu können, ist eine gemeinsame Beratung und Planung im Koordinierungsausschuß von Wissenschaftsrat und Bildungsrat nötig. Bund und Länder sollten diese Institutionen zur Zusammenarbeit miteinander und zugleich mit Wissenschaftlern, Pädagogen und Wirtschaftlern stärker nutzen, um zu einem Gesamtkonzept für den Ausbau aller Instututionen in Bildung und Wissenschaft zu kommen. 6. Die seit langem ausstehenden Verwaltungsabkommen zwischen Bund und Ländern über den Ausbau und Neubau von Hochschulen müssen unverzüglich abgeschlossen werden. 7. Die Finanzreform muß in der Wissenschaftsförderung davon ausgehen, daß Forschung auf überregionale Zusammenarbeit angelegt ist und die Förderung der Forschung diesem Umstand in Form und Methode entsprechen muß. Die Zusammenarbeit des Bundes mit den Ländern darf nicht zugunsten von Regelungen aufgegeben werden, die nur noch ein Zusammenwirken des Bundes mit je einem Bundesland ermöglichen würde. Wenn die Wissenschaftsförderung im Sinne der Verhandlungen zwischen Bund und Ländern eine Gemeinschaftsaufgabe von Bund und Ländern werden soll, dann muß dies in einer Weise geschehen, die ein Zusammenwirken der Gesamtheit der Länder mit dem Bund sichert. 8. Unbeschadet der individuellen Gestaltung der einzelnen Hochschulen, die sich durch ihre Schwerpunkte auch in Zukunft unterscheiden mögen, hält der Bundestag eine Verständigung zwischen den Ländern über die Grundsätze, die jedes Landeshochschulgesetz erfüllen muß, für notwendig. Die Autonomie der Hochschulen Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 136. Sitzung. Bonn, Freitag, den 17. November 1967 6961 muß sich in ein System der Zusammenarbeit aller Kräfte der Gesellschaft einordnen. Diese Einordnung erfordert nach innen eine stärkere Beteiligung der Dozenten, Assistenten und Studenten an der Gestaltung und Verwaltung der Hochschulen, nach außen eine längere Kontinuität in der Leitung der Hochschulen. 9. Die Laufbahn des Hochschullehrers sollte von unzumutbaren Belastungen der Abhängigkeit von einzelnen Persönlichkeiten befreit werden. Das führt zu einer Objektivierung und Beschleunigung des Promotions- und Habilitationsverfahrens, einer gleichberechtigten Eingliederung aller Dozenten in die Fakultät sowie zu einer angemessenen Beteiligung auch der jüngeren Dozenten an allen Lehr- und Forschungsaufgaben. Im Rahmen der Zusammenarbeit in der Forschung müssen auch die jüngeren Forscher, vom Zeitpunkt der Promotion ab, die Möglichkeit erhalten, ihren eigenen Fragestellungen nachzugehen. Die Freiheit der Forschung muß auch für sie gelten. 10. Bundes- und Landesgesetzgeber sollten die Laufbahnvorschriften im öffentlichen Dienst systematisch überprüfen und die Anforderungen an den Eingang in eine Laufbahn der Notwendigkeit anpassen, den Beginn der praktischen Berufstätigkeit zu einem früheren Lebenszeitpunkt zu ermöglichen als bisher. In den Laufbahnvorschriften für Hochschullehrer müssen die Voraussetzungen hergestellt werden, die für die neue Struktur des Lehrkörpers nötig sind. 11. Die neuen Erkenntnisse, die die Forschung liefert, müssen den Berufstätigen durch Kontaktstudien vermittelt werden. 12. Die Ausbildungs- und Bildungsberatung muß ergänzt sowie dem Umfang und der Qualität nach ausgebaut werden. Sie muß die Möglichkeiten der Massenmedien, insbesondere des Fernsehens, nutzen. 13. Nur ein kooperativer Föderalismus gibt der Bundesregierung, den Landesparlamenten, der Konferenz der Ministerpräsidenten, den Finanzministern und den Kultusministern sowie den Organisationen der Wissenschaft und des Bildungswesens die. Möglichkeit, diese Aufgaben für Wissenschaft und Bildung unverzüglich und in gemeinsamer Arbeit zu verwirklichen. Bonn, den 16. November 1967 Schmidt (Hamburg) und Fraktion Anlage 4 Umdruck 303 Antrag der Fraktion der CDU/CSU zur Großen Anfrage der Fraktion der CDU/CSU betr. Studienreform — Drucksache V/1742 — und zur Großen Anfrage der Fraktion der SPD betr. Wissenschaftsförderung und Wissenschaftsplanung — Drucksache V/2132 —. Der Bundestag wolle beschließen: 1. Der Bundestag appelliert an die Bundesregierung, die Länderparlamente, die Länderregierungen sowie an d) e Organisation für Bildung und Wissenschaft, a) den in folgenden genannten Aufgaben den ihnen gebührenden Vorrang zu sichern und erforderliche haushalts- und finanzpolitische Folgerung daraus zu ziehen, b) eine wirksame und zügige Zusammenarbeit von Bund, Ländern und Organisationen herzustellen, c) Schulreform, Berufsbildungsreform und Hochschulreform als Einheit zu betreiben, d) die Studienreform zu beschleunigen. 2. Der Ausbau der bestehenden und die Gründung neuer Hochschulen müssen beschleunigt werden, weil die Zahl der Absolventen höherer Schulen im nächsten Jahrzehnt sprunghaft ansteigen wird. Jeder für eine akademische Berufsausbildung aufgeschlossene und für eine wissenschaftliche Bildung begabte Abiturient muß die Chance haben, die Hochschule zu besuchen. Für anders befähigte junge Menschen müssen Fachschulen und Fachakademien erweitert und ausgebaut werden. 3. Die Notwendigkeit, die Gesamtdauer der Ausbildung zu verkürzen, läßt es wünschenswert erscheinen, a) die Gymnasialausbildung mit 18 Jahren abzuschließen, b) die jeweiligen Studiengänge an den Hochschulen auf der Grundlage der Vorschläge des Wissenschaftsrats zu verkürzen. 4. Die seit. langem ausstehenden Verwaltungsabkommen zwischen Bund und Ländern über den Ausbau und Neubau von Hochschulen müssen unverzüglich abgeschlossen werden. 5. Die Finanzreform muß in der Wissenschaftsförderung davon ausgehen, daß Forschung auf überregionale Zusammenarbeit angewiesen ist. Auch aus diesem Grunde sollte die Finanzreform rasch abgeschlossen werden. Sie muß eine sinnvolle Zusammenarbeit von Bund und Ländern in der Wissenschaftsförderung sichern. 6. Unbeschadet der individuellen Gestaltung der einzelnen Hochschulen, die sich durch ihre Schwerpunkte auch in Zukunft unterscheiden mögen, hält der Bundestag eine Verständigung zwischen den Ländern über die Grundsätze, die jedes Landeshochschulgesetz erfüllen muß, für notwendig. Die Autonomie der Hochschulen muß sich in die Gesamtheit der Aufgaben des Staates ein- 6962 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 136. Sitzung. Bonn, Freitag, den 17. November 1967 ordnen. Diese Einordnung erfordert nach innen eine stärkere Beteiligung der Dozenten, Assistenten und Studenten an der Gestaltung und Verwaltung der Hochschulen, nach außen eine längere Kontinuität in deren Leitung. 7. Die Laufbahn des Hochschullehrers sollte von unzumutbaren Belastungen aus der Abhängigkeit von einzelnen Persönlichkeiten befreit werden. Das sollte zu einer Objektivierung und Beschleunigung des Promotions- und Habilitätionsverfahrens, einer gleichberechtigten Eingliederung aller Dozenten in die Fakultät sowie zu einer angemessenen Beteiligung auch der jüngeren Dozenten an allen Lehr- und Forschungsaufgaben führen. 8. Bundes- und Landesgesetzgeber sollten die Laufbahnvorschriften im öffentlichen Dienst systematisch überprüfen und die Anforderungen an den Eingang in eine Laufbahn der Notwendigkeit anpassen, den Beginn der praktischen Berufstätigkeit zu einem früheren Lebenszeitpunkt zu ermöglichen als bisher. 9. Die neuen Erkenntnisse der Forschung müssen den Berufstätigen durch Kontaktstudien vermittelt werden. 10. Die Ausbildungs- und Bildungsberatung muß ergänzt sowie dem Umfang und der Qualität nach ausgebaut werden. Sie muß die Möglichkeiten der Massenmedien, insbesondere des Fernsehen, nützen. 11. Der moderne kooperative Föderalismus gibt den Regierungen und Parlamenten des Bundes und der Länder die Chance, diese Aufgaben für Wissenschaft und Bildung unverzüglich und in gemeinsamer Arbeit zu verwirklichen. 12. Der Bundestag begrüßt es, daß die Bundesregierung den Vorrang dieser Aufgaben durch eine großzügige Erhöhung der Ansätze im Haushaltsplan 1968 anerkannt hat. Sie begrüßt ferner die Zusage der Bundesregierung, den Ausbau und Neubau von Universitäten mit jährlich steigenden Anteilen zu unterstützen. Bonn, den 16. November 1967 Dr. Barzel und Fraktion Anlage 5 Schriftliche Erklärung des Abgeordneten Dr. Hammans (CDU/CSU) zu Punkt 10 der Tagesordnung. Ohne die Frage der Kompetenz anzutasten, sollten wir das Rede- und Informationsrecht dieses Hohen Hauses zur so notwendigen Studienreform voll in Anspruch nehmen. Ich will nur noch ein paar Akzente setzen und einige Fragen aufwerfen, die bisher nicht oder nicht genügend behandelt worden sind. Zu dieser fortgeschrittenen Stunde sollte man unnötige Wiederholungen vermeiden. Zugleich aber darf ich mein Bedauern darüber zum Ausdruck bringen, daß Herr Dr. Martin auf seine sehr konkreten und wichtigen Fragen von der Bundesratsbank bisher keine konkreten Antworten bekommen hat. Es wäre sehr schade, wenn die Gelegenheit dieser gemeinsamen Diskussionsrunde vorüberginge, ohne daß er auf seine Fragen Antwort bekommen hätte. Die Akademiereife, die Professor Mikat vorgeschlagen hat, die Frau Wex erläutert hat und die von Herrn Dr. Martin noch näher erfragt sein wollte, würde noch einen Gesichtspunkt bringen, der bisher nicht genannt worden ist. Wir würden nämlich damit im Rahmen einer europäischen Lösung eine gemeinsame Akademiereife am Ende der 11. Klasse haben. Dies hätte auch im EWG-Raum ganz entscheidende Folgen. Wenn der Staat auf allen Ebenen mit dazu beiträgt, daß diese Akademiereife eine entsprechende Aufwertung erfährt, würde erreicht werden, was Herr Dr. Martin vorher meinte: die sehr erfreulichen Bildungsströme in eine bestimmte Richtung zu lenken. Natürlich müßten der Zoll, die Bundesbahn, die Bundespost, die Finanzverwaltungen die Akademiereife als Grundlage für den gehobenen Dienst anerkennen. Auch müßte die Akademiereife genügen, Offizier in der Bundeswehr und im Bundesgrenzschutz zu werden. Mit der Akademiereife und dem dadurch bedingten Abgang eines großen Teiles der Schüler der höheren Schule könnte die Unter- und Oberprima auf bessere Weise die Vorbereitung für die Hochschulreife und das wissenschaftliche Studium vollziehen. Durch andere Einteilungen des Unterrichts, durch kleinere Klassen, durch eine andere Methodik könnte zusammen mit einer Verschulung der ersten zwei Semester an der Universität hier eine Einheit geschaffen werden, auf die ich gleich an anderer Stelle zurückkommen werde. Obwohl Frau Dr. Wex heute morgen ihre Jungfernrede in diesem Hohen Hause gehalten hat, kann ich nicht umhin, ihr an einer Stelle ihrer sonst so ausgezeichneten Begründung der Großen Anfrage widersprechen zu müssen. Frau Dr. Wex war der Meinunng, daß mit der Akademiereife die Oberstufe der höheren Schule ihre Aufgabe wieder erfüllen könnte. Für meine Kollegen und Kolleginnen in den höheren Schulen der Bundesrepublik möchte ich hier sagen dürfen, daß sie trotz sehr erschwerter Umstände in .den Primen ihre Aufgabe zum Teil unter großen Opfern und auch unter körperlichen Strapazen erfüllt haben. Die vom Wissenschaftsrat empfohlene Verschulung der beiden ersten Semester an den Hochschulen wird dazu führen, daß ein Bruch zwischen Endstufe der höheren Schule und dem Hochschulstudium — der doch heute noch weitgehend zu beklagen ist — vermieden wird. Durch die ungeheure Expansion der Schülerzahlen an den weiterführenden Schulen ist es zu einem großen Lehrermangel gekommen. Wer sich die Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 136. Sitzung. Bonn, Freitag, den 17. November 1967 6963 Zahlen der zu erwartenden Schüler und die Zahl der in den nächsten Jahren zu erwartenden Lehrer vor Augen führt, wird feststellen, daß die Beseitigung des Lehrermangels durch die normale Ausbildung nicht zu beseitigen sein wird. Es wurde allseits sehr begrüßt, daß der seinerzeitige Kultusminister von Nordrhein-Westfalen Mikat für bestimmte Fächer an allen Schulen Lehrer an Akademien ausbilden läßt, an denen kein Abitur Vorschrift ist. Bei dieser Gelegenheit möchte ich auch noch einmal auf die großen Erfolge hinweisen dürfen, die .der Kultusminister mit seinen sogenannten Mikätzchen hat. In diesem Zusammenhang sei auch erwähnt, daß sowohl in Nordrhein-Westfalen als auch in Rheinland-Pfalz neuerdings an ,den höheren Schulen besonders im naturwissenschaftlichen Bereich Hilfskräfte eingesetzt werden, ohne daß sie eine pädagogische Ausbildung haben. Die große Fehlzahl an Lehrern brachte aber auch eine positive Seite zum Aufleuchten. Dies ist die Durchlässigkeit der Lehrer an den einzelnen Schultypen. Ebensowenig wie wir uns finanzielle Experimente leisten können, können wir uns in diesem Bereich der Erziehung, Bildung und Ausbildung ein Prestigedenken leisten. Ich glaube, daß ich dies sagen darf, vielleicht gerade deshalb, weil ich als Abgeordneter des Deutschen Bundestages und Studienrat mit der Genehmigung des Kultusministers von Nordrhein-Westfalen an der Oberstufe der Volksschule in meiner Heimatgemeinde Tönisberg Naturkundeunterricht erteilt habe. Übrigens, gestatten Sie mir eine Zwischenbemerkung dazu: mir persönlich ist es leichter gewesen, den gleichen Unterricht in der gleichen Altersstufe einer höheren. Schule zu erteilen, als in der Volksschule. Warum sollte nicht gelegentlich ein Dozent oder Assistent einer Hochschule an den Primen der höheren Schulen unterrichten? Würde es nicht eine Befruchtung bedeuten für den Unterricht einerseits und das Studium der ersten Semester an den Hochschulen andererseits, wenn ein Lehrer einer höheren Schule ein Vorserninar oder eine Vorübung an der Universität abhielte? Mit Freude haben wir beobachtet — und ich bin persönlich bei einem meiner Söhne davon betroffen —, daß Realschullehrer an höheren Schulen unterrichten. Ich könnte mir sehr gut vorstellen, daß Volksschullehrer in den entsprechenden Stufen der Realschulen und höheren Schulen eingesetzt würden. Wenn unsere Kinder in Zukunft mit fünf Jahren in die Volksschule kommen können und mit 16 Jahren die Akademiereife erhalten, wenn diese eingeführt sein wird, im Zusammenhang damit eine Änderung der letzten zwei Jahre ,des Unterrichts an den höheren Schulen erfolgt sein wird, die ersten Semester der Hochschulen eine Veränderung erfahren haben werden, sowie eine erhebliche Verkürzung des Studiums erreicht sein wird, dann könnte das Ziel in greifbare Nähe rücken, daß das Hochschulstudium, die Wehrdienstzeit einbezogen, in einem Lebensalter von 24 Jahren abgeschlossen werden kann. Wenn all dies erreicht ist, muß in Ruhe gearbeitet werden können. Es darf nicht geschehen, daß dann bereits neue Pläne an unsere Türe klopfen, die Milliarden kosten würden. Für weitere Milliarden Experimente ist im Rahmen ,der mittelfristigen Finanzplanung des Bundes und, wenn diese auch in den Ländern eingeführt sein wird, auch dort kein Platz. Die Kultusminister der deutschen Länder können sich große Verdienste, ja Ruhm erwerben, wenn es ihnen bald gelänge, die großen Fragen der Bildungs-und Studienreform von den Schulen zu den Hochschulen in bester Weise zu koordinieren ohne zu egalisieren. Der Dank des gesamten Volkes wäre ihnen gewiß. Anlage 6 Schriftliche Erklärung des Abgeordneten Dr. Rau (SPD) zu Punkt 10 der Tagesordnung. Der Beifall quer durch die Fraktionen des Bundestages, der meinen Kollegen gespendet wurde, und das Lob meines Parteifreundes Schmidt für Professor Dahrendorf zeigen weitgehende Gemeinsamkeit des Urteils in diesem Haus. Für mich zum erstenmal so deutlich ist eine andere Fraktionierung hervorgetreten zwischen den erfreulich zahlreichen Mitgliedern des Bundesrats, die heute hier sind. Leider muß auch ich in diese Kerbe schlagen, obwohl ich glaube, den Wert des Föderalismus zu kennen. Zunächst möchte auch ich, wie es der Kollege Schmidt schon tat, an die eigene Brust schlagen. Auch der Bundestag hat manches versäumt, entschuldbar höchstens durch die größere Sachferne im Detail, z. B. bei der Neukonzipierung des Hochschullehrerrechts. Die Vorstellung, daß die Lehrkörper der Hochschulen aus Hochschullehrern und solchen bestehen sollen, die es werden wollen, denen gemeinsam ist, daß Forschung zu ihren Berufspflichten oder zu ihren Berufszielen gehört, ist veraltet, herrscht bei uns aber noch ganz und gar vor. Das trifft auch den Punkt der Kontroverse zwischen meinem Freund Schmidt und Herrn Minister von Heydebreck über die Kosten. Wenn wir ungezielt mit Schrot schießen in der Hoffnung, daß ein Schrotkügelchen mit zweifelhaftem Erfolg trifft, indem wir es unterlassen, die Personalstruktur an den vielfältigen Aufgaben der Hochschulen gezielt zu orientieren, dann wird der Aufwand für oftmals in der Sache nicht begründete Forschungseinrichtungen, die der eigentliche kostenbestimmende Faktor sind, so wie jetzt überproportioniert bleiben, zumal dieser Aufwand auch vom Prestigedenken beeinflußt ist. Es kostet eben weniger Geld, auch wenn did Zahl der Wissenschaftler an den Hochschulen unter dem Strich größer wird bei einer angemessenen Verkleinerung der Zahl der Hochschullehrer im engeren Sinn. Ich möchte also wenige Sätze an die erfreulicherweise so gut besetzte Bundesrats-Bank richten. Es war von 20 Jahren die Rede, die seit dem Erscheinen des „Blauen Gutachtens" verstrichen sind. Ich 6964 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 13.6. Sitzung. Bonn, Breitag, den 17. November 1967 möchte Herrn Ministerpräsident Goppel daran erinnern, daß es fast 50 Jahre her ist seit dem Erscheinen von Beckers „Gedanken zur Hochschulreform". Wenn das, was ich sage, auf der Bundesrats-Bank als Drohung oder gar Nötigung angesehen wird, habe ich gar nicht dagegen, nicht nur weil ich das Recht der Immunität genieße, sondern weil ich mich auch durch einen außergesetzlichen Notstand, in welchem sich unser Land befindet, gerechtfertigt fühle: Hauptträger der Forschung in der Bundesrepublik sind noch immer die wissenschaftlichen Hochschulen. Forschung und Lehre sind nach allgemeiner Ansicht, wenn auch nicht unbestrittenermaßen, in unserem System nicht trennbar. Nach Art. 74 Nr. 13 in Verbindung mit Art. 72 Abs. 2 Nr. 3 des Grundgesetzes besitzt der Bund konkurrierende und die Ordnung der allgemeinen Verhältnisse betreffende Gesetzgebungskompetenzen in der Forschungsförderung. Das Bundesverfassungsgericht hat in einem Urteil vom 16. Juni 1954, dessen Kenntnis ich Herrn Minister Hahn verdanke, den Grundsatz aufgestellt, daß es für den Bund wie auch für die Länder, hier also für den Bund, eine sogenannte Annex-Zuständigkeit aus dem Sachzusammenhang gibt. Wir müssen angesichts der Explosivität der Situation, die unser Kollege Dr. Lohmar zutreffend gekennzeichnet hat, erwarten, daß jetzt endlich die Länder auf dem schnellsten Weg zu Vereinbarungen gelangen, welche die bisher vereinzelten Ansätze zu in die Zukunft weisenden Reformkonzeptionen, wie die Universitäten Konstanz und Ulm sie entworfen haben, stützen. Die Neugründungen üben heute noch große Faszination auf Gelehrte aus, an deren Gewinnung fortschrittliche Universitäten interessiert sein müssen. Dies stellt ein wirksames Gegengewicht gegen gewisse selbstgewählte Nachteile dar, die diese neuen Hochschulen im Hinblick auf den Wettbewerb bei der Gewinnung von Hochschullehrern auf sich genommen haben. Wenn durch Zeitablauf diese Faszination abebbt, wird die Situation in Berufungsfragen infolge solcher Askese gewisser Reformuniversitäten hoffnungslos. Konstanz hat die Institutsstruktur aufgegeben, plant den Aufbau nach objektiven Maßstäben und gibt subjektiven Wünschen bei Berufungsverhandlungen keinen Raum. Es ist ein Unterschied, ob die berufende Hochschule dem Professor einen gestaltbaren, nach subjektiven Wünschen mit Personal und Material auszustattenden Machtbereich anbietet, oder ob die Berufung in eine bestehende Gemeinschaft, in der Konstanzer Terminologie den Fachbereich hinein erfolgt, wo er eine an objektiven Maßstäben orientierte und ohne sein Zutun geplante Situation vorfindet. Wird die Verlockung der Macht über einen eigenen wissenschaftlichen Stab und Apparat, wie das im Institut herkömmlicher Art der Fall ist, dann nicht in der Mehrzahl der Fälle stärker sein als die Bereitschaft des einzelnen zur Reform? Dies ist nur eines für viele Beispiele, das ich herausgriff, obwohl die Askese der jetzigen und künftigen Ulmer Ärzte, die ihre Einkünfte aus der Behandlung von Privatpatienten auf alle Mitarbeiter verteilen, ähnliche Wirkungen erzeugen kann und Ulm, das in meinem Wahlkreis liegt, mir an sich wohl näherstehen darf. Diese Beispiele sollen zeigen, daß die besten Reformansätze gefährdet sind, wenn nicht — etwa durch eine Vereinbarung, wie sie die Kultusminister früher zu weit weniger guten Zielen häufig abgeschlossen haben — die Länder sich verpflichteten, das subjektive Moment — abgesehen natürlich vom Gehalt — aus den Berufungsverhandlungen zu verbannen. Nur so kann sich die Entwicklung der Hochschulen planvoll vollziehen, und nur so kann das, was dabei an Reformen verwirklicht wird, aus der Gefahrenzone herausgenommen werden. Sonst zwingen Sie, meine Herren Kultusminister, diese fortschrittlichen Hochschulen in das veraltete System zurück zum Nachteil der Wissenschaft, zum Nachteil für den Ertrag unserer Hochschulen in Forschung und Lehre. Der Bund wir nicht untätig zusehen dürfen, wenn die noch schwachen Ansätze der Reform, die keineswegs etwa Experimente sind, sondern auf fundierten Erkenntnissen der Wissenschaftspolitik beruhen, in Gefahr geraten, das Opfer des Selbsterhaltungstriebs der Reformhochschulen zu werden. Die Legitimation des Bundes ist nicht, im Sinne dessen was ich eingangs sagte, rein formaljuristischer Natur, sondern sie ergibt sich auch aus den bekannten Interdependenzen zwischen wirtschaftlichem, gesellschaftlichem und kulturell-wissenschaftlichem Wachstum. Sicher sollen die Länder auch nach unseren Vorstellungen den Vortritt haben, aber sie dürfen sich durchaus auch als vom DamoklesSchwert der vom Verfassungsrecht sanktionierten Bundeszuständigkeit bedroht fühlen. Denn man muß mit Sorge feststellen, daß es nicht einmal das hochschulreichste Land der Bundesrepublik bisher mit den Mitteln, die ihm zu Gebote stehen, fertiggebracht hat, die angedeuteten Gefahren in bezug auf die eigenen neuen Hochschulen zu bannen. Man fragt sich, wozu ein Hochschulgesetz gut sein soll, wenn es nicht einmal die Sicherung von Reformkonzeptionen bewirkt, die im eigenen Land entstanden sind. Anlage 7 Schriftliche Erklärung des Abgeordneten Jung (FDP) zu Punkt 10 der Tagesordnung. Gestatten Sie mir, daß ich zum Schluß dieser Debatte noch kurz Ihre Aufmerksamkeit auf ein Gebiet lenke, das eigentlich zwischen den beiden großen Bereichen Schule und Universität einzuordnen ist, das Gebiet der Fachhochschulen nämlich. Dieses Gebiet, das bisher weithin fast sträflich vernachlässigt wurde und bildlich gesprochen allzu lange Zeit Niemandsland war, muß endlich als zukunftsbedeutsames Neuland vorrangig in die Landschaft unserer Bildungsplanung eingeordnet werden. Dieser Bereich ist in seiner Bedeutung weit größer als man es offenbar wahrhaben will, und ich bedauere deshalb sehr, daß sich die Bundesregierung in ihrer heutigen Stellungnahme so gut wie gar nicht dazu äußerte. Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 136. Sitzung. Bonn, Freitag, den 17. November 1967 6965 Der Hinweis des Herrn Bundesministers für wissenschaftliche Forschung auf den Plan einer „differenzierten Gesamthochschule". unseres Freundes Dahrendorf, in dem der Herr Bundesminister die Ingenieurschulen nur kurz erwähnte, genügt mir nicht. Die Industrie, die Wirtschaft weiß sehr wohl, warum die Ingenieurschulen — künftig Ingenieurakademien — einen bedeutsamen Platz in einem neuen Bildungssystem einnehmen müssen. Die Ingenieurschulen haben sich gewissermaßen von selbst, von innen heraus zu einer der erfolgreichsten Bildungseinrichtungen unseres Bildungssystems entwickelt, und gerade dieses Erfolges wegen, muß sich ihre Stellung künftig verändern. Diese Institution muß Schritt für Schritt in den differenzierten Hochschulbereich hineingeführt werden — wie es der Dahrendorf-Plan vorsieht —, um den begabten und bildungswilligen Ingenieuren normale Aufstiegsmöglichkeiten zu bereiten, wie es unserem angestrebten offenen System einer mobilen Leistungsgesellschaft entspricht. Die Berufsentscheidung des Heranwachsenden selbst oder seiner Eltern darf keine unabänderliche Entscheidung für das Leben sein, das in einem Kästchen unter dem Begriff „mittlere Führungsposition" abgeschlossen ist. Die vertikale und horizontale Mobilität, die Möglichkeit, auf der Leiter des Berufs oder der Macht herauf-, aber gelegentlich auch ohne großen Prestigeverlust herunterzusteigen, muß gegeben sein. Diese Institution an der Nahtstelle zwischen wissenschaftlicher Erkenntnis und ihrer praktischen Nutzanwendung ist hierzu in besonderem Maße geeignet. Ich stelle dies sehr bewußt heraus, weil ich sehr wohl das hohe Niveau der Ingenieurschulen kenne und bei meinen Informationsbesuchen nicht ohne einen gewissen Neid feststellen mußte, daß heute die Ingenieurschulen größtenteils über bessere Einrichtungen verfügen, als wir sie z. B. nach Kriegsende an den Technischen Hochschulen vorfanden. Dementsprechend sind auch die Leistungen angestiegen, und ich glaube fast, daß der „level", den ich z. B. an baden-württembergischen Ingenieurschulen feststellen konnte, fast dem unserer Technischen Hochschulen vor drei Jahrzehnten entspricht. Um so bedauerlicher ist es, daß den Absolventen solcher Anstalten innerhalb der EWG die Anerkennung immer noch versagt bleibt und die Bundesregierung es bisher nicht fertig brachte, diese Anerkennung durchzusetzen. Ja, durch die Entscheidungen des Bundesrates, der sich im wesentlichen aus CDU- und SPD-Ministern zusammensetzt, z. B. durch seine Ablehnung des Architektengesetzes, haben sich die Durchsetzungsmöglichkeiten dieser Forderung nach Anerkennung sogar wesentlich vermindert. Natürlich hängt die Niveau-Anhebung auch eng damit zusammen, daß auf dem weiten Gebiet der Technik ständig Neuerungen die Überholung oder gar Zerstörung des Alten bewirken. Allein diese Tatsache würde schon genügen, um der Forderung nach größerer Flexibilität noch mehr Nachdruck zu verleihen. Bei der Lösung des Problems der Durchlässigkeit beim Übergang von einem Ausbildungsgang in den anderen, muß selbstverständlich die gesamte Fachschulausbildung in die Überlegungen mit einbezogen werden. Obgleich also die Ingenieurschulen gute Ingenieure in die Praxis entlassen, gelingt es ihnen zumeist nur schwer, in der Industrie und bei den Behörden in führende Positionen zu kommen. Leider ist es bei uns in der Bundesrepublik Deutschland noch immer so, daß ein attraktiver Titel die Basis zum sozialen Aufstieg ist. Das hängt weitgehend mit dem Obrigkeitsdenken zusammen und scheint mir Symptom einer gewissen Unfreiheit zu sein. Hier gilt es, soziale Rangunterschiede abzubauen und das Sozialprestige der Ingenieurschulen anzuheben. Das ist eine gesellschaftspolitische Aufgabe. Im übrigen ist dieser Rangunterschied auch einer der Gründe des Andranges an unseren Technischen Hochschulen, der aus einem Mißverständnis resultiert, da gleiche Bildungschancen ja leistungsmäßig und nicht nach sozialer Stellung zu verstehen sind. Zur Beseitigung dieses Mißverständnisses würde unsere Forderung, den Weg zur kontrollierten studentischen Selbstverwaltung — wie bei den Universitäten — endlich freizugeben und .die noch vielfach vorhandene fatale Unterordnung unter die Schulämter aufzugeben, sehr wesentlich beitragen. Die Ingenieure werden ihrer neuen Rolle des Führens und Leitens in unserer Gesellschaft nur gerecht, wenn sie durch eine liberale Bildung und Ausbildung darauf vorbereitet sind. Es wäre gefährlich, wenn die Ingenieure nicht selbst auf die Gestaltung von Öffentlichkeit und Politik einwirken würden und ihre technischen Fähigkeiten überlegt zur Bewältigung der großen Zukunftsaufgaben zur Verfügung stellten. Beispiele aus der Vergangenheit zeigen uns, wie verhängnisvoll die Versuchung ist, sich von den technokratischen Möglichkeiten locken zu lassen, ohne zu prüfen, von wo das Kommando kommt und wohin es führt. Die gewünschte Arbeitsteilung zwischen Technischen Universitäten und Ingenieurakademien, die Teilung nach Begabung und Bedarf, nicht nach sozialem Rang, ist auch aus ökonomischen Gründen notwendig, denn die Ausbildungskosten bei der Technischen Hochschule sind dreimal so hoch wie die an den Ingenieurakademien. Allerdings wird es auch notwendig sein, um der Aufgabenstellung gerecht zu werden, die Allgemeinbildung der Ingenieurschulstudenten anzuheben und die Zugangsvoraussetzungen zu den Ingenieurakademien in Richtung auf eine fachgebundene Reife anzuheben. Die zweijährige Praktikantenzeit muß .auf ein Jahr reduziert und das andere Jahr zur Schließung .der zweifellos vorhandenen theoretischen Lücken — die bei den sehr verschieden gelagerten Zugangswegen nun einmal vorhanden sind — genutzt werden. Ein sinnvolles Nebeneinander der Schulformen, die Schaffung eines neuen Schultyps, etwa der einer polytechnischen Akademie — eine einfache Änderung des Namens, wie dies jetzt geschehen ist, genügt nicht — könnte zur Lösung der Probleme, die uns allen auf den Nägeln brennen, beitragen. 6966 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 136. Sitzung. Bonn, Freitag, den 17. November 1967 Auch die Entlastung der Dozenten durch die Entwicklung einer neuen Ingenieurschul-Didaktik, eine Reform der Besoldung und ,das Zugeständnis einer gewissen Unabhängigkeit der Dozenten wird dem Anspruch der Ingenieurakademien dienlich sein, Bildungsstätten von hohem Rang zu werden, Stätten, die nicht nur das berufliche Wissen, sondern auch das gesellschaftliche Verständnis vermitteln, um den jungen Ingenieur verfügbar zu machen für seine Berufswelt, für 'die Welt der Technik von morgen mit all ihren Anforderungen, die sie an uns alle stellt. Ich hoffe, daß diese Debatte ein Auftakt für eine große bildungspolitische Offensive der Bundesregierung und der Länderregierungen auf dem Gebiet der Fachhochschulen sein wird. Anlage 8 Schriftliche Antwort des Staatssekretärs Dr. Ernst vom 16. November 1967 auf 'die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Dr. Hudak (Drucksache V/2268 Fragen 78, 79 und 80) : Ist der Bundesregierung bekannt, daß die Bundesbürger die nach Artikel 116 Abs. 1 des Grundgesetzes Deutsche sind, ohne die deutsche Staatsangehörigkeit zu besitzen, bei den Behörden auf zunehmende Schwierigkeiten stoßen, wenn sie Einbürgerungsanträge stellen? Ist der Bundesregierung bekannt, daß durch den in Frage 78 aufgezeigten Sachverhalt sehr viele Anspruchsberechtigte von der Einbürgerungsmöglichkeit nicht Gebrauch machen? Wäre die Bundesregierung bereit, im Wege einer Novellierung des Gesetzes zur Regelung von Fragen der Staatsangehörigkeit allen Deutschen ohne deutsche Staatsangehörigkeit die deutsche Staatsangehörigkeit zu verleihen, zumal bereits eine zweite Generation dieser Deutschen ohne deutsche Staatsangehörigkeit herangewachsen ist? Davon, daß die Durchführung von Einbürgerungen nach dem § 6 des Ersten Staatsangehörigkeitsregelungsgesetzes bei den Behörden auf zunehmende Schwierigkeiten stößt und viele Deutsche dadurch bewogen werden, von ihren Rechten keinen Gebrauch zu machen, ist der Bundesregierung nichts bekannt. Da es sich um Anspruchseinbürgerungen handelt, können Schwierigkeiten nur im Zusammenhang mit den erforderlichen Nachweisungen über die deutsche Volkszugehörigkeit, den Vertreibungstatbestand und die Aufnahme im Reichsgebiet entstehen. Das Verfahren liegt hier ausschließlich in den Händen der Länder. Vorstellungen wegen etwaiger Unzulänglichkeiten bei der Durchführung von Anspruchseinbürgerungen wären daher bei dem betreffenden Land zu erheben. Das Erste Staatsangehörigkeitsregelungsgesetz hat ,es bewußt der Entscheidung des einzelnen überlassen, ob er die deutsche Staatsangehörigkeit erwerben oder zur Wahrung seiner Rechte und Interessen in seinem bisherigen Heimatstaate lieber davon absehen möchte. Daran ist nach Meinung der Bundesregierung festzuhalten. Einer generellen, gesetzlichen Zwangsverleihung der deutschen Staatsangehörigkeit an alle Deutschen ohne deutsche Staatsangehörigkeit stehen gewichtige rechtliche und tatsächliche Bedenken entgegen. Selbst bei einer solchen Regelung aber blieben — z. B. bei Beantragung von Staatsangehörigkeits- und Personalausweisen — die gleichen Beweise zu führen wie bei einer Anspruchseinbürgerung nach § 6 des Ersten Staatsangehörigkeitsregelungsgesetzes. Anlage 9 Schriftliche Antwort des Staatssekretärs Dr. Neef vom 17. November 1967 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Jahn (Braunschweig) (Drucksache V/2268 Frage 102) : Kann die Bundesregierung Auskunft darüber geben, für welchen Zeitraum während des Höhepunktes der Nah-Ost-Krise die Versorgung der Bundesrepublik mit Einfuhrenergie gesichert war? Ja. Die Versorgungssicherheit der Bundesrepublik war während der Nahost-Krise stets gewährleistet, da die gesetzlichen Mindestvorräte, die bei Benzin 35 Tage, bei Mitteldestillaten 36 Tage und bei schwerem Heizöl 37 betragen, zu keinem Zeitpunkt angegriffen werden mußten. Die tatsächlichen Vorräte reichten zu den jeweiligen Tiefpunkten bei Benzin für 53 Tage, bei Mitteldestillaten für 43 Tage und bei schwerem Heizöl für 50 Tage. Anlage 10 Schriftliche Antwort des Staatssekretärs Dr. Neef vom 17. November 1967 auf die Mündliche Anfrage dies Abgeordneten Dr. Bucher (Drucksache V/2268 Frage 103) : Warum hat die Bundesregierung ihre Stellungnahme zu dem Bericht der Untersuchungskommission über die Wettbewerbsgleichheit von Presse, Funk/Fernsehen und Film (Drucksache V/2120) noch nicht vorgelegt? Die Bundesregierung hat ihre Stellungnahme zu dem Bericht der Michel-Kommission noch nicht vorlegen können, weil die Verbände die von ihnen erbetenen Stellungnahmen zum Bericht der MichelKommission nicht, wie vorgesehen, bis zum 25. Oktober übergeben konnten. Die ierste ausführliche Äußerung der Spitzenorganisation ,der Filmwirtschaft erhielt die Bundesregierung am 8. November. Die Stellungnahme des Bundesverbandes Deutscher Zeitungsverleger ist am -13. November eingegangen; die der Zeitschriftenverleger soeben erst, und die Rundfunkanstalten haben sich ergänzende Ausführungen für später vorbehalten. Deshalb wird sich auch die Stellungnahme der Bundesregierung, die in Kenntnis der Einwände und Anregungen der Verbände erfolgen sollte, gleichfalls verzögern.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Rolf Meinecke


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir, zur Begründung der Großen Anfrage der Fraktion der SPD einleitend bitte zwei Bemerkungen:
    Erstens. Jeder feiert das zehnjährige Bestehen des Wissenschaftsrats auf seine Weise, durch Fernbleiben oder Protest oder durch Dasein oder durch die kritische Würdigung der Empfehlungen dieses Rats und die Abwägung der Möglichkeiten ihrer Realisierung. Der Deutsche Bundestag hat seine Chance immer schon genutzt, alle Probleme der Wissenschaftsförderung auf Grund der vorliegenden Empfehlungen regelmäßig politisch hier zu durchleuchten, und setzt heute diesen Dialog fort. Neue Empfehlungen liegen vor. Welche Folgen zieht die Bundesregierung aus diesen neuen Empfehlungen bis zum Jahre 1970?
    Um die heutige Diskussion zu kürzen und zu straffen, gewissermaßen die Art, solche Gespräche



    Dr. Meinecke
    hier zu führen, ein wenig zu reformieren, beschränken wir uns auf die ersten drei Punkte unserer Großen Anfrage. Die weiteren Fragen kommen zu einem späteren Termin auf die Tagesordnung.
    Zweitens muß ich Sie bitten, sich gedanklich vorzustellen, daß vor Ihnen auf den Pulten die anderen bereits früher vorgelegten Empfehlungen des Rates, die Berichte der Bundesregierung über den Stand der Maßnahmen auf dem Gebiete der Bildungsplanung, der Ausbildungsförderung und der Bundesbericht Forschung II liegen, Berichte, die ihre Vorlage vorwiegend sozialdemokratischen Initiativen verdanken! Das Ausmaß der vorliegenden Daten ist also imponierend. Ein Informationsspeicher mit direktem Zugriffsverfahren müßte uns zur Verfügung stehen.
    Bei dieser Gelegenheit sei der deutschen Presse auf ihre immer wieder stereotyp gestellten Fragen, ob die Abgeordneten eigentlich solche Berichte auch lesen, zugesichert: die Abgeordneten fordern diese Berichte, sie lesen sie, und sie ziehen daraus ihre Konsequenzen.

    (Beifall bei der FDP.)

    Meine Damen und Herren, eine Analyse der Wissenschaftsdebatten in diesem Hause seit dem letzten Jahr läßt ein vielfarbiges Bündel untereinander verfilzter Fragen erkennen. Diese konzentrieren sich im wesentlichen auf die folgenden Themen: Gesetz zur Förderung der Forschung auf Grund der Kompetenzverteilung im Grundgesetz — ja oder nein? Verwaltungsabkommen zwischen Bund und Ländern einerseits und unter den Ländern andererseits; Planungsmöglichkeiten, Schwerpunktbildung, Ausbildungs- und Studienreformfragen, Bedarfsschätzung, Studentenzahlen, ferner Finanzierungsmöglichkeiten im Zeichen der Depression. Als Hauptthema der letzten beiden Jahre ist aber hier immer wieder die Betonung der Interdependenz der Ziele der Wirtschafts- und Sozialpoiltik mit denen der Bildungs- und Wissenschaftspolitik aufgetreten. Kurz, die gesellschaftspolitischen Fragen haben sich in der letzten Zeit in den Vordergrund gedrängt, und zumindest seit dem Jahre 1964 trägt man, wie der Herr Kollege Strauß es damals gesagt hat, in diesem Haus „Hochschulreform". Nun, ich glaube, dieser Look ist noch nicht unmodern geworden, jedoch das Kostüm platzt aus den Nähten!
    Das Bild der hochschulpolitischen und wissenschaftspolitischen Landschaft hat sich nun gewandelt. Früher kontrovers betrachtete Alternativen sind umstritten geworden, neue Entwicklungen zeichnen sich ab, Prioritäten haben sich bereits durchgesetzt. Manche Fragen sind jedoch brennender geworden wie auch leider unlösbar geblieben. Was ist neu in dieser Landschaft? Lassen Sie mich versuchen, es knapp zu skizzieren.
    Das „Ertragreiche" der Förderung der Forschung in Schlüsselbereichen der technischen Entwicklung, wie der Elektronik, der Atomkernenergie und der Weltraumforschung, für die Zukunft der Gesamtwirtschaft und damit für das Wohl unseres Volkes betonte der Herr Bundeskanzler in seiner Regierungserklärung vom vergangenen Jahr. Das finanzielle Bekenntnis zu weiteren Schwerpunktgebieten, wie der Meeresforschung, der Errichtung von Großrechenzentren, neuen umwelthygienischen Aufgaben sowie biologisch-naturwissenschaftlichen Forschungsgebieten, liegt bereits vor. Wir sehen, daß die Ressortforschung mehr und mehr in die Bewältigung großer Zukunftsaufgaben einbezogen wird. Wir müssen aber erkennen, daß die Tendenz zur betonten Förderung einer zielgerichteten Grundlagenforschung, daß die Betonung ökonomisch-legitimer Staatsinteressen nur die eine Seite einer Medaille ist, deren andere Seite geprägt bleiben muß durch Freiheit und damit auch durch Zweckfreiheit, ja durch Blindheit der Grundlagenforschung. Hier drohen für die Zukunft gewisse Gefahren.
    Zweitens. Die Internationalisierung der Forschung und damit auch eine langfristige finanzielle Bindung haben für uns bereits den europäischen Raum überschritten; unsere Partnerschaften liegen in den Vereinigten Staaten, und Partner unserer Partner, wie unserer französischen Freunde, sind die UdSSR geworden. Das heißt: die Kommunikation der Forschung des ganzen Erdballs verdichtet sich in rasanter Weise. Diese Entwicklung dient dem Frieden!
    Warum diese übergreifende Schau? werden Sie mich fragen. Weil hier klargemacht werden muß, daß in der Suprastruktur unserer Forschung und Wissenschaft bereits klare Vorstellungen über eine sich anbahnende Gesamtplanung bestehen, daß das Element der Planung, der zielgerichteten Verteilung der Mittel bereits für die nächsten Jahrzehnte auf diesen Sektoren existiert.
    Drittens. Die früheren Empfehlungen des Wissenschaftsrates haben das leider nicht sehr erfolgreiche Prinzip der Schwerpunktbildung einiger Disziplinen an den Universitäten nicht durchsetzen können und jetzt erneut konkrete Vorschläge für Sonderforschungsgebiete entwickelt, deren Pflege jeweils auf eine oder mehrere Hochschulen beschränkt bleiben sollte. Hier sollte die erwünschte Konzentration der Kräfte und die Förderung der Kooperation durch Abstimmung mit der Deutschen Forschungsgemeinschaft und durch das Entgegenkommen der freien Wirtschaft flankierend unterstützt werden.
    Das Blaue Gutachten aus dem Jahre 1960 betonte noch, ein System einer Hochschulreform zu entwickeln, sei nicht die Aufgabe des Rates. Zwar wurde damals noch vor hierarchischer Entartung gewarnt — soweit diese Warnung damals noch angebracht war —, und es wurden Schlagworte geprägt wie das von der „Monokratie und der Oligarchie der Ordinarien". Doch im Grunde genommen stand damals Dringlicheres zur Diskussion. Der Irrtum, unsere Universitäten würden sich selbst reformieren, war als solcher damals noch nicht klar genug erkannt worden. So ist das Problem der Hochschulreform also gewiß nicht neu, jedoch der Aggregatzustand hat sich verdichtet. Der Rat ist jedenfalls jetzt mutiger geworden. Anregungen zur demokratischen Institutsverfassung, Bedenken gegen das etablierte Habilitationsverfahren und die Betonung der Möglichkeit, Berufungen in bestimmten Disziplinen auch ohne Habilitation auszusprechen, wie auch insbesondere die leider nur sehr, sehr vor-



    Dr. Meinecke
    sichtigen Äußerungen über die Heranziehung aller Gruppen der „Lehrenden und Lernenden" in die. Selbstverwaltung sollten von diesem Hause nachdrücklichst bekräftigt werden.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Eine unterschiedliche Lösung nur dieses kleinen Katalogs in den verschiedenen deutschen Universitätsverfassungen und -gesetzen, meine Damen und Herren, ist zwar zweifellos legitim, aber für die weitere Entwicklung in unserem Lande völlig sinnlos.
    Viertens: Was ist noch neu? Neu ist leider die resignierende Distanzierung von den Thesen des Blauen Gutachtens zum Thema der Zulassungsbeschränkungen. Den damals noch mit verfassungsrechtlichen und bildungspolitischen Argumenten gestützten Aussagen, keine Beschränkung des Zugangs zu,, den Hochschulen einzuführen, stellt sich das durch Erläuterung der Rechtslage fundierte Bekenntnis zur Unvermeidbarkeit des „numerus clausus" gegenüber. Hinzu kommen ganz einfach eben leider neue Zahlen; ich muß hier sagen: korrigierte Zahlen. Und nun, meine Damen und Herren, wird's brennend, nun wird es ernst: Allein schon um die mögliche Fehlerbreite geschätzter vorweg berechneter oder ermittelter Zukunftszahlen auch für künftige Debatten einmal in ihrem Ausmaß zu erkennen, muß hier doch noch einmal kurz ergänzt und dargelegt werden, daß die letzten Vorausschätzungen des Rates aus dem Jahre 1964 bezüglich der zu erwartenden Abiturientenzahlen für den Zeitraum von 1966 bis 1970 um 38%, d. h. um 100 000 Abiturienten, zu niedrig, für die Spanne von 1971 bis 1975 um 112 000 zu niedrig lagen. Das heißt: die Gesamtschätzung der Jahre 1963 bis 1980 lag um 350 000 Abiturienten zu niedrig.
    Nun werden Sie mir sagen: Was nützt das schon? Ich meine dennoch, hätten wir damals vor zwei, drei Jahren diese Zahlen gewußt und hätte die deutsche Öffentlichkeit sich diese Zahlen ins Bewußtsein drängen lassen, dann wären wir möglicherweise beispielsweise beim Ausbau der neuen Universitäten heute weiter und hätten deren Kapazität möglicherweise anders veranschlagen können.

    (Beifall bei der SPD. — Abg. Frau Geisendörfer: Konnte man das denn wissen?)

    Im übrigen ist in Anbetracht der warnenden Äußerungen Eddings und ,der wohlfundierten Voraussetzungen des Herrn Scheidemann aus dem damaligen Innenministerium, dem dafür heute von diesem Platz aus einmal ein großes Kompliment gemacht werden muß, mir persönlich diese Fehleinschätzung völlig schleierhaft.
    Was, meine Damen und Herren, haben wir nun daraus zu erkennen? Erstens, daß bei der Abfassung von Statistiken niemals Wunschvorstellungen als variable Größen eingesetzt werden dürfen. Zweitens, daß, wenn die Zahl der Studienanfänger eine etwa 85%ige Funktion der gleichzeitigen Abiturientenzahl bleibt, wir weder ,die Gegenwart meistern noch unter den gegebenen Umständen überhaupt die Zukunft bewältigen können. Das hat
    meine Vorrednerin schon klar gesagt. Drittens, daß mehr als 'bisher für politische Alternativen im Gesamtbereich der Bildungspolitik „Regelkreise mil Rückkopplungseffekt" zu erkennen sind, d. h. wer in diesen Funktionskreisen eine Variante ändert, wer z. B. den Zugang zu den höheren Schulen erhöht, wer die Abgangsquote aus ,den höheren Schulen senkt, muß vorher alle Konsequenzen durch Veränderung der Variablen durchrechnen. Er muß wissen, wenn er das „Bürgerrecht auf Bildung" verwirklichen will, wenn er die Begabungsreserven mobilisieren will, weiterführende Schulen eröffnen will, daß er die sich .daraus ergebenden Konsequenzen vorher in Betracht ziehen muß.
    Wir sollten nunmehr, ohne weiter in die Vergangenheit zu blicken, das für die Zukunft ganz klar sehen. Es sind neue Konzeptionen zu durchdenken. Darauf beziehen sich heute die Fragen der CDU/ CSU einerseits, darauf beziehen sich andererseits die von uns vor einem Jahr in der Aktuellen Stunde bereits vorgetragenen Argumente 'für eine ehrliche Lösung des Problems „Abitur". Auch wenn diese Lösung vielleicht unpopulär ist, habe ich das Gefühl, daß der Jugend eine ehrliche unpopuläre,, aber klare Lösung lieber ist als die Anwendung technischer Tricks über Jahre hinaus. Hinzuzuziehen sind natürlich bei unseren Betrachtungen die Pläne aus Baden-Württemberg, zu einer „differenzierten Gesamthochschule" zu kommen. Genau wie meine Vorrednerin möchte ich aber davor warnen, jetzt isoliert in einem Bundesland ein solches Modell durchzuspielen.
    Meine Damen unid Herren, ich fürchte, wir haben bisher die deutschen Studenten als Kollektiv, gewissermaßen nur als ein zu verkraftendes Zahlenbündel, als ,Subventionsempfänger, besser vielleicht: als Investitionsempfänger betrachtet. Wir müssen aber ganz klar sehen, daß der gesellschaftspolitische Kraftsektor der Studentenschaften natürlicherweise zur Staatsverdrossenheit führen muß, wenn wir diese Probleme nicht im nächsten Jahr lösen.
    Die Lösungen aber müssen sich in der Zusammenarbeit von Wissenschaftsrat und Bildungsrat, insbesondere da Bund und Länder in diese integriert sind, finden lassen. Wir fragen also nach der Möglichkeit, gemeinsam eine Art Gesamtvorstellung zugrunde zu legen, wobei heilige Kühe zumindest einmal theoretisch, im Modell, geschlachtet werden müssen. Welche Chancen, fragen wir, hat die Neuformulierung des am 31. Dezember 1966 abgelaufenen Abkommens zwischen den Ländern und dem Bund, in dessen Förderungsmaßnahmen auch die Finanzierung der Deutschen Forschungsgemeinschaft und der Max-Planck-Gesellschaft einbezogen ist? Wir fragen: Einigt man sich, ,das „Honnefer Modell" den Realitäten anzupassen, insbesondere natürlich dann, wenn Studienreformen zu einer Inanspruchnahme auch in den Semesterferien zwingen werden? Sind dem Bund und den Ländern die Stellungnahmen der Deutschen Forschungsgemeinschaft über die jetzt gepflogenen Finanzierungsmodalitäten bekannt, die auf die Aussage hinauslaufen: Das jährliche Hickhack über relativ kleine Beträge im Rahmen von Kompetenzüberspit-



    Dr. Meinecke
    zungen muß aufhören, da dieser Arbeitsaufwand nicht den Erfolg gerecht wird.
    Das Königsteiner Abkommen läuft 1968 aus. Was wird geschehen? Der Bund konnte bis jetzt dem Verwaltungsabkommen der Länder über den Ausbau der neuen Hochschulen nicht beitreten. Wie stehen die Chancen eines Beitritts des Bundes zu diesem Abkommen?
    Nun, wir wollen nicht verhehlen — das muß heute auch noch einmal erwähnt werden -: Neu. ist die sich anbahnende Einigung über Gemeinschaftsaufgaben im Rahmen der Finanzreform. Werden alle diese Abkommen, die ich eben erwähnt habe, für die Zukunft auf einen Nenner gebracht werden können? Neu ist auch — mein Vorredner hat das schon betont — die Durchsetzungskraft .des Prinzips der mittelfristigen Finanzplanung mit bereits festgelegten Plafondzahlen bis zum Jahre 1971 in den Einzelhaushalten. Entsprechende verpflichtende Festlegungen seitens der Länder liegen — soweit ich informiert bin; ich lasse mich gern korrigieren — bis jetzt nur seitens Hamburgs und Baden-Württembergs vor.
    Ein Wort zum Schluß: Ebenfalls neu sind prospektive Betrachtungen und Berechnungen über den künftigen Bedarf an qualifizierten Arbeitskräften und an Akademikern. Diese Bemühungen verdienen große Aufmerksamkeit und Anerkennung. Aber solche Voraussagen dürfen nicht im Sinne einer verfassungswidrigen Berufslenkung mißbraucht werden. Sie müssen dagegen zu weitaus intensiverer Berufsberatung und aufklärung führen.
    Ich hoffe, meine Damen und Herren, Ihnen die Bedrängnis, die hinter unseren Fragen steht, eindeutig klargemacht zu haben.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)



Rede von Dr. Richard Jaeger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Das Wort zur Beantwortung der beiden Großen Anfragen hat der Bundesminister für wissenschaftliche Forschung.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Gerhard Stoltenberg


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich beantworte die Großen Anfragen für die Bundesregierung wie folgt.
    Die Fragen unserer Hochschulen, ihrer inneren Organisation und Leistungskraft, ihrer Stellung im Bildungssystem, in Staat und Gesellschaft beschäftigen die deutsche Öffentlichkeit seit einiger Zeit mit großer Eindringlichkeit.
    Das Bild der deutschen Hochschulen fist nicht frei von Widersprüchen. Es ist durch einen bemerkenswerten Aus- und Neubau bestimmt, ihre Ausstattung mit modernen wissenschaftlichen Geräten und Hilfsmitteln, die großzügige Bereitstellung von neuen Forschungskapazitäten und viele andere Verbesserungen. Die Gesamtleistungen der Länder und des Bundes für die wissenschaftlichen Hochschulen erhöhten sich von 1,100 Milliarden DM im Jahre 1960 .auf 3,300 Milliarden DM im Jahre 1966, also in sechs Jahren auf 300 %.
    Auf der anderen Seite steigen die Studentenzahlen schneller, als der Ausbau nachkommt. Die Studienzeiten verlängern sich ständig. Ausbildungsmethoden und Ausbildungsziele werden in Frage gestellt. Die Verfassung und Struktur der Hochschulen, die Zusammensetzung des Lehrpersonals, seine Funktion und das Studium selbst sind ein Problem geworden.
    Das lebhafte Interesse der Öffentlichkeit ist voll berechtigt. Die Hochschulen bilden nicht nur unseren gesamten akademischen Nachwuchs aus, an ihnen findet auch etwa 80 % der Grundlagenforschung statt.
    Die Aufgaben, um die .es hier geht, sind groß, schwierig und vielgestaltig. Es gibt in der aktuellen Diskussion — wir haben es in den Begründungen gehört — eine Fülle von Überlegungen, von Vorschlägen und Plänen zur Hochschulreform und auch zahlreiche Ansätze zur Verwirklichung. Besondere Bedeutung haben hierbei und im Hinblick auf den Wortlaut der beiden Großen Anfragen die Empfehlungen des Wissenschaftsrats vom Mai 1966 zur Neuordnung .des Studiums. Sie, meine Damen und Herren, kennen die leitenden Gedanken dieses Reformvorschlags und die wichtigsten Stellungnahmen. Ich brauche sie deshalb nur kurz zu skizzieren.
    Das Studium ist heute vorwiegend zur Berufsvorbereitung geworden. Die Einheit von Forschung und Lehre kann somit nur in einer neuen, differenzierten Form aufrechterhalten werden. Der bedenklichen Tendenz zur zeitlichen Verlängerung des Studiums und der Ausbildung insgesamt muß entschieden entgegengewirkt werden.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    In mehreren Fakultäten ist es notwendig, die nicht befriedigende Erfolgsquote zu erhöhen. Der Wissenschaftsrat empfiehlt deshalb, die akademische Ausbildung in ein Studium für alle Studenten, ein Aufbaustudium und ein Kontaktstudium zu gliedern. Das Studium für alle Studenten soll in vier Jahren zu einer die Berufsfähigkeit bestätigenden Prüfung führen. Das Aufbaustudium dient der Vertiefung der Lehre und der unmittelbaren Beteiligung der Studenten an der Forschungsarbeit, und mit dem Kontaktstudium soll dem im Berufsleben stehenden Akademiker Gelegenheit gegeben werden, sein Wissen auf den neuesten Stand zu bringen.
    Die Bundesregierung hat, wie bereits mehrfach betont wurde, im Wissenschaftsrat an den Reformplänen mitgewirkt und bejaht diese Vorschläge. Sie hat darauf hingewiesen, daß es nach unserer Verfassung und Rechtsordnung vor allem Sache der Länder und der wissenschaftlichen Hochschulen selbst sein wird, die Neuordnung zu verwirklichen. Ich habe bereits am 29. Juni 1966 vor diesem Hohen Hause gesagt, daß der Bundesgesetzgeber nur dort, wo er die Voraussetzungen für die Ausübung eines akademischen Berufes zu regeln hat — beispielsweise bei den Prüfungsordnungen für die Heilberufe oder bei einer Tätigkeit in der Justiz und in der Bundesverwaltung —, unmittelbar die Verwirklichung



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    der Empfehlungen sichern kann, indem er die Studiendauer entsprechend festsetzt.
    Die Kritik an diesen Empfehlungen richtete sich vor allem gegen die sogenannte Verschulung und gegen die schematische Zweiteilung des Studiums. Es wurde gesagt, daß in Deutschland zum Studium auch die akademische Lernfreiheit gehöre. Die vorgeschlagene straffe Führung des Studiums, so wurde gemeint, gehe auf Kosten der Universalität und der Persönlichkeitsbildung. Mit der Zweiteilung des Studiums, so hieß es, mache der Wissenschaftsrat die von ihm propagierte Einheit von Forschung und Lehre wieder zunichte.
    Einige wichtige Beiträge zu dieser Diskussion kamen von der Westdeutschen Rektorenkonferenz. Sie hat auf ihrer Plenarsitzung im Februar dieses Jahres das sogenannte Anfangsstudium bis zur Zwischenprüfung beraten und diesen Teil der Empfehlungen positiv aufgenommen. Im übrigen bieten die Hochschulen in dieser Beziehung kein teinheitliches Bild. Die Stellungnahmen der verschiedenen Fakultäten, vertreten durch ihre Fakultätentage, sind unterschiedlich. Während die Natur- und Ingenieurwissenschaftler, die Mediziner mit Ausnahme der Promotionsvorschläge, die landwirtschaftlichen Fakultäten und die Theologen die empfohlene Studienreform bejahen und zum Teil schon verwirklicht haben, äußern die Juristen, die Geisteswissenschaftler und in gewissem Umfang auch die Wirtschafts- und Sozialwissenschaftler verschiedene Bedenken.
    Viele Äußerungen und Entscheidungen der Hochschulen sind von einem klaren und realistischen Remormwillen bestimmt. Aber, meine Damen und Herren, sie müssen auch ihrerseits das starke Drängen der Öffentlichkeit auf schnelle, wirkungsvolle Veränderung verstehen, weil sonst eine unerträgliche Lage zu entstehen droht.
    Die Kritik an den Vorschlägen zur Neuordnung verkennt, daß eine gewisse Straffung des Studiums und eine bewußte Beratung und Führung der Studenten noch keine Verschulung und noch kein Einpauken bedeuten. Viele Beispiele in Deutschland und im Ausland zeigen, daß ein derartiges System nicht zu einer Beeinträchtigung der wissenschaftlichen Leistungen und Ergebnisse führen muß. Es geht einfach nicht an, daß man einer bedrohlichen Entwicklung untätig zusieht. So ist beispielsweise in den Geisteswissenschaften bei einer Mindeststudiendauer von 8 Semestern die Zahl der tatsächlichen absolvierten Fachsemester erneut von 10,3 im Jahre 1960 auf 11,8 im Jahre 1965 gestiegen. In der Volkswirtschaft ging die Steigerung — bei einer Mindeststudiendauer von 8 Semestern — von 9 im Jahre 1960 auf 10,1 Semester im Jahre 1965. Gegenüber dem Anfang der fünfziger Jahre ergibt sich in diesen Fächern eine Verlängerung von durchschnittlich 1 bis 1112 Jahre. Dagegen nahm von 1960 bis 1965 die Studiendauer in den straffer gegliederten Fächern nur geringfügig zu.
    Es ist unbestritten, daß die Verwirklichung der Studienreform eine weitere beträchtliche Verstärkung der Lehrkörper voraussetzt. Hierzu hat der Wissenschaftsrat im Sommer 1967 detaillierte Vorschläge gemacht. In vielen Fakultäten kann heute und morgen der qualifizierte Nachwuchs freilich nur dann in genügender Zahl gewonnen werden, wenn den befähigten Kräften des sogenannten Mittelbaus ein größeres Maß an wissenschaftlicher Verantwortung und an Mitwirkung in den akademischen Gremien übertragen wird.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Auch die Rechtsstellung der Assistenten muß überprüft und verbessert werden.

    (Zustimmung in der Mitte.)

    Außerdem bedarf die Habilitationspraxis weithin einer Veränderung. Besonders qualifizierte Persönlichkeiten mit hervorragenden beruflichen Fähigkeiten und Erfahrungen sollten auch ohne Habilitation wesentlich zahlreicher als bisher in die Lehrkörper aufgenommen werden.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Schließlich ist eine einheitliche und wirkungsvollere Ausbildungsförderung notwendig, um den Studenten eine von starken materiellen Sorgen freie Konzentration auf ihr Studium zu ermöglichen.
    In den letzten beiden Jahren ist uns mit voller Schärfe bewußt geworden, wie stark die künftige Gestalt und Leistungskraft unserer Universitäten von allgemeinen bildungspolitischen Entscheidungen beeinflußt wird. Wir erleben in einem positiven Wettstreit der Bundesländer eine dynamische Ausweitung des weiterführenden Schulwesens in einem nicht vorhergesehenen Tempo; man spricht bereits von einer Bildungsexplosion. Staatliche Entscheidungen, vor allem aber die Hinwendung breiter, in ihrem sozialen Status gehobener und geistig lebendig gewordener Volksschichten zu einer qualifizierten Ausbildung ihrer Kinder kommen zusammen.
    In einzelnen Bundesländern haben 1967 erstmals mehr als 50 % der Elfjährigen den Übergang zu einer weiterführenden Schule erreicht, davon im Durchschnitt zu gleichen Teilen in die Gymnasien und die Realschulen. Dies wird zu einer weiteren erheblichen Steigerung der Abiturientenzahlen führen. Die letzten Schätzungen gehen von etwa 71 000 Abiturienten im Jahre 1970 und etwa 96 000 im Jahre 1975 aus, gegenüber rund 51 000 im Jahre 1966 und rund 31 000 im Jahre 1950.
    Dieser Prozeß ist von eminenter bildundgspolitischer, gesellschaftspolitischer und wirtschaftspolitischer Bedeutung. Er zeigt die Dynamik unserer freiheitlichen Gesellschaftsordnung und die Fähigkeit unseres gegliederten Schulsystems zu Reformen ohne abrupte Brüche. Aber hier werden nun zugleich tiefgreifende Reformentscheidungen ganz unumgänglich, die sowohl die Abschlußjahrgänge und -zeugnisse als auch den gesamten Bereich der Hochschulen und höheren Fachschulen einbeziehen müssen.
    Die Ausbildungskapazität der wissenschaftlichen Hochschulen für 1966 wird nach den Erhebungen des Wissenschaftsrates auf rund 207 000 Studenten veranschlagt; tatsächlich studierten jedoch rund 263 000 Studenten an diesen Hochschulen. Man rechnet, daß



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    die zur Zeit geplanten und im Bau befindlichen neuen Hochschulen und neuen Fakultäten in den siebziger Jahren einen Zuwachs der Ausbildungskapazität von etwa 30 000 Plätzen bringen werden. Ohne die erforderlichen bildungspolitischen Reformen, also bei unveränderten Bedingungen, würden nach den vorliegenden Schätzungen für die achtziger Jahre etwa 400 000 bis 500 000 Studenten an den wissenschaftlichen Hochschulen zu erwarten sein. Angesichts dieser in der Tat gefährlichen, bedrohlichen Perspektiven zeichnen sich folgende Lösungen ab.
    Erstens. Der zügige Ausbau der bestehenden Hochschulen und der Neubau von Hochschulen muß mit allem Nachdruck fortgesetzt werden. Wie Sie wissen, will der Bund für den Ausbau der bestehenden Hochschulen in den kommenden Jahren erhebliche Beträge zur Verfügung stellen, die sich von Jahr zu Jahr um 100 Millionen DM steigern: 1968 630 Millionen und 1969 730 Millionen DM. Die Verwendung dieser Mittel wird auf der Grundlage eines für mehrere Jahre geltenden Bauplanes geschehen, so daß isolierte, nicht in den gesamten Hochschulausbau eingepaßte Maßnahmen künftig unmöglich sein werden.
    Wir müssen aber deutlich erkennen, daß selbst unter optimalen Bedingungen für ihren Ausbau und ihre innere Entwicklung die wissenschaftlichen Hochschulen nicht in der Lage sein werden, wie bisher 80 bis 90 % der Abiturienten aufzunehmen. Der Neubau einer wissenschaftlichen Hochschule für 10 000 Studenten kostet heute ohne Kliniken über 2 Milliarden DM.

    (Hört! Hört! bei der CDU/CSU.)

    Zweitens. Durch die Verwirklichung der Studienreform wird eine spürbare Entlastung eintreten. Die durchschnittliche Verlängerung der Studienzeit um mindestens 2 Semester in den letzten 15 Jahren führt schon heute zu einer zusätzlichen Inanspruchnahme von etwa 40 000 Studienplätzen ohne eine entsprechende Vergrößerung der Zahl der Hochschulabsolventen.

    (Hört! Hört! in der Mitte.)

    Wer also in Deutschland weiterhin gegen eine Verkürzung der Studienzeiten, weiterhin gegen Zwischenprüfungen und verbindlichere Studiengänge im Namen der individuellen oder akademischen Freiheit opponiert, nimmt stillschweigend oder ausdrücklich eine erhebliche Verminderung der Plätze für Studienanfänger und damit eine weitere Verschärfung des numerus clausus in Kauf, der leider heute schon in einigen Fakultäten als Übergangsmaßnahme unvermeidlich geworden ist.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Dies gilt für die Äußerungen sowohl einiger Professoren als auch großer studentischer Organisationen.
    Es genügt nicht, wenn in dieser ernsten Situation Regierungen, Professoren und Studenten die Reform des jeweils anderen fordern würden. Alle müssen
    sich diesen harten Notwendigkeiten stellen und
    auch die Konsequenzen für sich selbst akzeptieren.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Wenn dies nicht geschieht und die Adresse der Reformvorschläge immer nur der andere ist, dann bleiben die kühnsten Parolen und eingreifendsten Forderungen unglaubwürdig, schal und leer.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Drittens. Der Ausbau der wissenschaftlichen Hochschulen und die Neuordnung und Verkürzung des Studiums sind unentbehrliche Voraussetzungen für jede künftige Lösung. Dennoch reichen sie nicht aus, wie mit Recht in den Begründungen der beiden Großen Anfragen betont wurde. In Deutschland gehen zur Zeit etwa 80 bis 90 % der Abiturienten an die wissenschaftlichen Hochschulen. Die entsprechenden Zahlen für unsere Nachbarländer zeigen, daß sich in Frankreich rund 80 %, in Großbritannien 75 % und in Belgien sogar nur 64 % der Sekundarschulabsolventen bei den wissenschaftlichen Hochschulen einschreiben lassen. Es gibt keinen zwingenden Grund dafür, daß in Deutschland auch in Zukunft ein derad hoher Prozentsatz der Gymnasialabsolventen das Studium an einer wissenschaftlichen Hochschule beginnen muß.
    Um hier eine Änderung zu schaffen, ist es allerdings nötig, die Funktion des Abiturs zu überdenken und zu klären.

    (Zustimmung in der Mitte.)

    Das Abitur vermittelt nicht nur die Berechtigung zu einem Studium an einer wissenschaftlichen Hochschule, sondern erlaubt auch den Zugang zu einer ganzen Reihe anderer Ausbildungsgänge. Eine mögliche Lösung des Problems besteht darin, daß neben die Ausbildungsgänge, die vorwiegend auf die Gewinnung wissenschaftlichen Nachwuchses gerichtet sind, andere, neue treten, die eine spezialisierte Ausbildung für nichtwissenschaftliche Berufe und eine erweiterte allgemeine Bildung vermitteln und die ihren Platz außerhalb der wissenschaftlichen Hochschulen haben müßten. In Wirtschaft und Verwaltung besteht ein besonderer, zunehmender Bedarf an qualifiziertem Nachwuchs, der in der Lage ist, sich die für seine Arbeit erforderlichen Spezialkenntnisse in der Praxis oder einer praxisbezogenen Ausbildung anzueignen. Durch die neue Art der Ausbildung kann zudem eine erhebliche Senkung der Ausbildungskosten erreicht werden. An derartigen Ausbildungsstätten, wo die Studenten rascher zum Abschluß geführt werden, weniger Studenten das Studium ohne Examen abbrechen und keine kostspielige Forschung betrieben wird, kostet ein Absolvent die öffentliche Hand, wenn man den Durchschnitt aller Fachgebiete nimmt, nur etwa den dritten bis fünften Teil dessen, was ein Absolvent der entsprechenden Fachrichtung einer wissenschaftlichen Hochschule erfordert.
    Ich möchte nicht falsch verstanden werden. Sicher brauchen der Staat und die Gesellschaft von morgen mehr Akademiker als gestern und heute. Wir erkennen jedoch deutlich, daß dies nicht für alle Disziplinen gleichmäßig gilt, daß in manchen Bereichen



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    der Fehlbedarf an Absolventen von höheren Fachschulen schon jetzt größer ist, die Nachfrage schon jetzt stärker als für Hochschulabsolventen der gleichen Fachrichtung.

    (Zustimmung bei den Regierungsparteien.)

    Von dieser Problemstellung gehen nun mehrere neue wichtige Beiträge zur Hochschul- und Bildungsreform aus. Ich nenne als Beispiel den schon zitierten Hochschulgesamtplan für Baden-Württemberg und die ebenfalls schon erwähnten Vorschläge des früheren nordrhein-westfälischen Kultusministers Professor Mikat. Der Plan für Baden-Württemberg sieht alle Hochschulen des Landes im Zusammenhang und unterscheidet innerhalb dieses „differenzierten Gesamthochschulbereiches" den „Allgemeinen Hochschulbereich", der etwa den gegenwärtigen wissenschaftlichen Hochschulen entspricht, und den „Fachhochschulbereich", der weitgehend mit den derzeitigen Ingenieurschulen und höheren Fachschulen gleichzusetzen ist. Daneben entwickelt der Plan mehrere „Studiengänge", von denen insbesondere das Kurzstudium, das drei Jahre dauern und zu einem berufsqualifizierenden Abschluß führen soll, und das Langstudium, das nach vier bis fünf Jahren beendet sein soll, charakteristisch sind.
    Nach den Vorschlägen von Professor Mikat soll das Abitur und damit die Hochschule demgegenüber dadurch entlastet werden, daß auf der Ebene der mittleren Führungskräfte die Fachakademien besonders stark ausgebaut werden. Voraussetzung für die Aufnahme in die Fachakademien soll der Abschluß der Realschule oder beim Besuch der Gymnasien die erfolgreiche Beendigung des elften Schuljahres, also eine Art „Akademiereife", sein. Für die auf dem Gymnasium verbleibenden Schüler soll dann in den letzten zwei Jahren vor dem Abitur eine intensivere Vorbereitung auf das Studium möglich sein.
    Beide Modelle, meine Damen und Herren, werfen eine Reihe von Fragen auf, die noch einer gründlichen Prüfung bedürfen. Deshalb ist eine abschließende Stellungnahme zur Zeit nicht möglich. Isolierte Lösungen im Bildungs- und Hochschulbereich sind bedenklich, wenn sie die Einheitlichkeit der wesentlichen Strukturen und damit in unserer immer mobileren Gesellschaft die Freizügigkeit über die Ländergrenzen hinweg bedrohen.
    Dies kann allerdings keine Rechtfertigung für Untätigkeit oder eine langfristige Vertagung der notwendigen Entscheidungen sein.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Dies kann allerdings keine Rechtfertigung für tragen nach unserer Verfassung ein besonderes Maß an Verantwortung. Wichtige Einzelfragen sind in Hochschulgesetzentwürfen der Länder in Angriff genommen; andere bedürfen dringend einer abgestimmten Initiative. Die Bundesregierung ist durch ihre Aufgaben in der Wissenschafts- und Gesellschaftspolitik, durch die zentrale Bedeutung der Bildungsfragen für die wirtschaftliche und soziale Ordnung von morgen zur tatkräften Mitwirkung verpflichtet.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Mit dem Wissenschaftsrat und idem Bildungsrat haben sich Bund und Länder gemeinsame Beratungs-und Planungsorgane geschaffen, deren Voten zu den neuen weitergehenden Problemen jetzt erarbeitet werden müssen, um die staatlichen Entscheidungen vorzubereiten, Die künftigen Empfehlungen müssen durch reformerischen Willen und Realitätssinn, durch die Bereitschaft zur Veränderung, aber auch den Willen zur Kontinuität und die realistische Berücksichtigung des ökonomisch und finanziell maximal Möglichen bestimmt sein.
    Ob wir in Deutschland diese großen Aufgaben überzeugend zu meistern vermögen, ist in der Tat ein schicksalhafter Testfall für die Fähigkeit zur Zusammenarbeit im Bundesstaat, den viel zitierten „kooperativen Föderalismus", aber auch für die geistige Kraft ,des Staates, der wissenschaftlichen Selbstverwaltung und der demokratischen Gesellschaft.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Ich nehme jetzt zu der Ziffer 2 der Großen Anfrage ,der CDU/CSU und der Ziffer 3 ,der Großen Anfrage der SPD Stellung.
    Im Wissenschaftsrat arbeiten Bund und Länder vor allem beim Ausbau und Neubau der wissenschaftlichen Hochschulen zusammen. Wie bereits erwähnt, liegen jetzt die Empfehlungen des Wissenschaftsrats zum Ausbau der wissenschaftlichen Hochschulen bis 1970 vor. In diesen Empfehlungen erscheinen alle Bauvorhaben der überkommenen wissenschaftlichen Hochschulen, deren Abschluß oder Inangriffnahme der Wissenschaftsrat bis 1970 für notwendig hält. Für die zeitliche Durchführung sind bestimmte Prioritäten festgelegt. An der Spitze dieser Prioritätenskala stehen vorrangig die Bauvorhaben, die der Verwirklichung der Studienreform dienen. Für die Zeit nach 1970 wird der Wissenschaftsrat sehr bald mit längerfristigen Gesamtplanungen des Hochschulbaus beginnen.
    Daneben gibt der Wissenschaftsrat sogenannte Jahresempfehlungen zur Verwendung der für den Ausbau der Hochschulen in einem Haushaltsjahr bei Bund und Ländern bereitstehenden Mittel. Auf dieser Grundlage werden Bund und Länder ihre Zusammenarbeit im Hochschulbau fortsetzen.
    Das Verwaltungsabkommen zur Förderung von Wissenschaft und Forschung vom 4. Juni 1964, das sich mit dem gemeinsamen Ausbau der wissenschaftlichen Hochschulen befaßt, ist zunächst mit dem 31. Dezember 1966 abgelaufen. Nach längeren Vorverhandlungen haben die beauftragten Kommissionen beider Seiten am 21. September 1967 einen gemeinsamen Text für die Neufassung des Abkommens vereinbart. Deshalb ist nach der jetzt bevorstehenden abschließenden Behandlung in der Ministerpräsidentenkonferenz ,der Länder mit seiner formellen Erneuerung in Kürze zu rechnen.
    Eine besonders wichtige Aufgabe für die Entwicklung von Forschung und Lehre kommt den neuen Hochschulen zu. Von ihnen wird eine Erhöhung der Ausbildungskapazität erwartet; ferner sollen sie neue Modelle zur Hochschul- und Studienreform entwickeln und erproben.



    Bundesminister Dr. Stoltenberg
    Die Errichtung neuer Hochschulen ist leider wesentlich langsamer vorangegangen als erwartet; zur Zeit verfügen sie nur über etwa 5000 Studienplätze; bis 1970 dürfte sich diese Zahl nach den Schätzungen der Länder auf etwa 13 000 erhöhen.
    Wie Ihnen bekannt ist, haben die Länder am 4. Juni 1964 ein Abkommen über die Finanzierung der neuen Hochschulen in Bochum, Bremen, Dortmund, Konstanz und Regensburg ohne Beteiligung des Bundes an den Verhandlungen geschlossen. Dem Bund ist später die Möglichkeit angeboten worden, dem Abkommen beizutreten. Über die Modalitäten einer solchen Beteiligung wird seit längerem verhandelt. Bereits jetzt fördert die Bundesregierung durch entsprechende vom Bundestag gebilligte Haushaltstitel im Vorgriff auf eine spätere Vereinbarung die Errichtung der Medizinischen Akademien Hannover, Lübeck und Ulm, die in das Förderabkommen der Länder nicht einbezogen waren. In diesem Jahr sind hierfür 39 Millionen DM vorgesehen.
    Von entscheidender Bedeutung für eine künftige und sachgerechte und wirkungsvolle Regelung wird die Finanzverfassungsreform sein. Nach dem Vorschlag der Bundesregierung sollen der Neubau und. der Ausbau von wissenschaftlichen Hochschulen eine „Gemeinschaftsaufgabe" sein. Die Gespräche zwischen Bund und Ländern sind, wie Sie wissen, noch nicht abgeschlossen. Die Ministerpräsidenten der Länder haben jedoch schon jetzt ihre Bereitschaft bekundet, in diesem Punkt einer Verfassungsänderung zuzustimmen, die zu einer gemeinsamen Rahmenplanung und Finanzierung führen wird.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Dieses grundsätzliche Einvernehmen eröffnet die Chance für ein erweitertes, noch erfolgreicheres Zusammenwirken und eine baldige Beteiligung des Bundes am Neubau von wissenschaftlichenn Hochschulen und damit die Meisterung dieser großen Aufgabe.
    Die Bundesregierung hat ferner einen neuen Art. 91 b des Grundgesetzes vorgeschlagen, der Bund und Ländern die Möglichkeit eröffnen soll, auch in anderen Bereichen von Wissenschaft und Forschung zusammenzuwirken. Dies würde eine Bestätigung und Festigung der bewährten Kooperation bei der Förderung der großen wissenschaftlichen Organisationen Max-Planck-Gesellschaft und Deutsche Forschungsgemeinschaft bedeuten, ferner die verfassungsrechtliche Grundlage für die gemeinsame Absicht, das neue wichtige Programm der Sonderforschungsbereiche an den Hochschulen nach den Vorschlägen des Wissenschaftsrats vereint in Angriff zu nehmen. Die Bundesregierung hat bereits im Haushalt für 1968 Mittel hierfür vorgesehen. Sie hofft, daß die Länder zu ähnlichen Entscheidungen für 1968 kommen. Dies kann auf dem Forschungssektor langfristig zu einer weiteren indirekten Entlastung der Länder für ihre hohen und schnell steigenden laufenden Ausgaben an den wissenschaftlichen Hochschulen führen.
    Von der Finanzverfassungsreform erwarten wir eine wesentliche institutionelle und tatsächliche
    Festigung der Zusammenarbeit von Bund und Ländern. Ihre Bedeutung, meine Damen und Herren, auch für die Wissenschaftspolitik kann gar nicht hoch genug veranschlagt werden.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Ich habe bereits auf die große Bedeutung der Empfehlungen des Wissenschaftsrates und des Bildungsrates für die Koordinierung der staatlichen Wissenschafts- und Bildungspolitik hingewiesen. Sobald der Vorschlag der Gemeinschaftsaufgaben verwirklicht ist, wird es notwendig sein, durch Institutionen von Bund und Ländern eine gemeinsame Rahmenplanung sicherzustellen, die nicht etwa den Eingriff in jedes administrative Detail bedeutet. Diese Fragen werden gegenwärtig in den regelmäßigen Besprechungen des Bundeskanzlers mit den Ministerpräsidenten der Länder und der zuständigen Bundes- und Landesminister behandelt.
    Die Frage 3 der Großen Anfrage der CDU/CSU und die Frage 2 der Großen Anfrage der SPD beantworte ich wie folgt.
    Die Bundesregierung hat am 6. Juli 1967 die mehrjährige Finanzplanung des Bundes bis 1971 beschlossen. Sie hat sich bei der notwendigen Festlegung von Prioritäten, der Kürzungen und der neuen Schwerpunkte davon leiten lassen, daß eine Erhöhung des Anteils der Investitionsausgaben an den Gesamtausgaben des Bundes zur Sicherung unserer wirtschaftlichen, sozialen und politischen Zukunft geboten ist. Im Zuge dieser Umstrukturierung wurde als besonderer Schwerpunkt die Förderung von Wissenschaft und Forschung herausgearbeitet. Die Mittel für den Etat des Bundesministers für wissenschaftliche Forschung sollen von 1967 bis 1971 um rund 16% jährlich zunehmen gegenüber einer durchschnittlichen Steigerung der Gesamtausgaben um 6 %.
    Auf der Grundlage dieser Zuwachsraten wird aus heutiger Sicht der Einzelplan 31 von 1 602 000 000 DM im Jahre 1967 auf 2 940 000 000 DM im Jahre 1971 ansteigen. Die Gesamtleistung des Bundes für Wissenschaft, Forschung und technische Entwicklung dürfte dann einschließlich des Verteidigungshaushalts fast 5 Milliarden DM betragen.

    (Hört! Hört! bei der CDU/CSU.)

    Davon entfallen auf den Ausbau der wissenschaftlichen Hochschulen und den Neubau Medizinischer Akademien 1967 554 Millionen DM, 1968 655 Millionen DM, 1969 763 Millionen DM, 1970 770 Millionen DM und 1971 790 Millionen DM. Zu diesen Summen treten, wie Sie wissen, 1967 Sondermittel aus den beiden Investitionshaushalten und Bindungsermächtigungen im Vorgriff auf die kommenden Jahre hinzu.
    Falls die entsprechenden Bund-Länder-Vereinbarungen auf der Grundlage der Finanzverfassungsreform rechtzeitig erreicht werden, soll der Betrag für 1970 und 1971 durch Umschichtungen im Etat zugunsten der neuen Hochschulen weiter erhöht werden. Die Begrenzung der Bundesleistungen auf 50 % und die Bestrebungen der Länder, auch ihrerseits zu einer mittelfristigen Finanz- und Sachplanung zu



    Bundesminister Dr. Stoltenberg
    kommen, rechtfertigen die Erwartung, daß auch ihre Leistungen trotz der gegenwärtigen Finanzschwierigkeiten ebenfalls angemessen steigen werden.
    Die Bundesregierung hat bereits mehrfach ihre Absicht ausgesprochen, durch eine Reform des Haushaltsrechts zu einem flexibleren Verfahren und zu mehrjährigen Investitionsplänen zu kommen. Die erforderlichen Verhandlungen mit den Ländern werden gegenwärtig vom Bundesminister der Finanzen geführt. Es kann damit gerechnet werden, daß die neuen Gesetzentwürfe noch in dieser Legislaturperiode den gesetzgebenden Körperschaften fristgerecht zugehen.
    Bereits heute geben Bund und Länder für den Bau und die Erstausstattung an wissenschaftlichen Hochschulen über 1,5 Milliarden DM im Jahr aus. Diese großen Summen und die noch größeren Anforderungen der Zukunft verlangen ein sparsames wirtschaftliches Bauen, das den optimalen Wirkungsgrad der Investitionen sichert.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Dieser Gesichtspunkt ist nach manchen bedenklichen Erscheinungen aufwendigen Bauens im öffentlichen Bereich allgemein und auch im Hochschulbau in den letzten beiden Jahren aus der Finanznot und der besseren Einsicht heraus erfreulicherweise wieder bestimmend geworden. Die Bundesregierung tritt im Wissenschaftsrat für die weitere Förderung und breite Anwendung moderner kostensparender Baumethoden ,ein.
    Längerfristige Analysen unter Nutzen-Kosten-Gesichtspunkten müssen durch eine ständige Verwendungs- und Erfolgskontrolle unterstützt werden. Nur so kann garantiert werden, daß die Planungen im Einklang mit den aktuellen und längerfristigen Erfordernissen bleiben und Fehlinvestitionen vermieden werden.
    Meine Damen und Herren, ich komme zum Schluß. Die Forderungen an die Universität von morgen sind mannigfach, in vielen Erwartungen durchaus widerspruchsvoll und auch im sachlich Unbestrittenen nur mit großer gestaltender Kraft zu verwirklichen. Die gesellschaftliche und politische Relevanz hochschulpolitischer Entscheidungen wurde in den letzten Jahren mit Recht wieder stärker betont. Dennoch gilt es, die Unabhängigkeit von Lehre und Forschung zu bewahren. Die Formen akademischer Selbstverwaltung wandeln sich. Die Autonomie der Institute und Lehrstühle muß vor den Notwendigkeiten der interdisziplinären Zusammenarbeit, der Schwerpunktbildung und der abgestimmten Studienpläne zurücktreten.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Dennoch bleiben auch im Zeitalter der Gruppenarbeit 'und übergreifenden Projekte wesentliche schöpferische Leistungen individuell. Sie verlangen die Chance zur Einsamkeit und Freiheit.
    Die Frage der Mitwirkung der Studenten in den Organen der Hochschulen wird zur Zeit lebhaft diskutiert. Die Bundesregierung begrüßt die Bemühungen der Lander, in ihren Hochschulgesetzen
    und die Bemühungen der wissenschaftlichen Organisationen um sachgerechte konstruktive Lösungen.
    Diese Debatten über die Reform unserer Universitäten werden gegenwärtig durch Aktionen einer kleinen Minderheit gestört, von der die Ordnung unseres freiheitlichen Rechtsstaats mißachtet und antidemokratische Ideen nicht nur verkündet, sondern auch praktiziert werden.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU.)

    Radikale Umsturzparolen und die Gefährdung des freien kritischen Dialogs durch gewaltsame Aktionen können den notwendigen Fortschritt hemmen und die nach 1945 wiedergewonnene und im Grundgesetz verankerte Freiheit von Wissenschaft und Publizistik beeinträchtigen. Sie erfordern deshalb eine entschiedene Zurückweisung.

    (Beifall bei der CDU/CSU und bei Abgeordneten der SPD.)

    Es gilt freilich, meine Damen und Herren, genau zu unterscheiden. Neue studentische Jahrgänge sind stärker durch ein betont politisches Engagement bestimmt. Wir haben alle miteinander in den letzten 20 Jahren oft die Klagen über mangelnde politische Anteilnahme und ein zu starkes Erfolgsdenken der studentischen Jugend gehört. Deshalb sollten wir die erkennbare Hinwendung vieler Studenten zu den Fragen des Staates und der Gesellschaft als einen Fortschritt begrüßen, auch wenn uns manche Aussagen einseitig und unausgeglichen erscheinen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Aus der geistigen Auseinandersetzung und Konfrontation erwachsen für alle Beteiligten neue Einsichten. Der Respekt vor der Überzeugung anderer, die Bereitschaft zum Gespräch, aber auch die Kraft zu neuen Erkenntnissen und die Entschlossenheit, sie trotz aller Widerstände zu verwirklichen, sind jetzt notwendig. Nur so können wir die großen Aufgaben der Reform unserer Hochschulen und der Neuordnung des Studiums im Gesamtsystem unseres Bildungswesens meistern, in der Tat eine schicksalhafte Frage für Deutschlands Zukunft!

    (Lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien.)