Rede von
Heinz
Westphal
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Dr. Martin, genau an der Stelle denke ich seit Jahren nach. Ich komme zu den Schlüssen, 'die ich Ihnen hier vorgetragen habe. Ich gehöre zu ,der Generation, die ;an dieser Stelle am stärksten getroffen 'worden :ist. Das trifft unsere heute nachgewachsenen jungen Menschen nicht mehr in der gleichen Weise. Diese sind über 20 Jahre und nicht in der Zeit geboren, in ,der noch Krieg war. Das ist völlig richtig.
Wir stehen also vor einer anderen Problematik einer anderen jungen Generation. Aber genau deshalb betrachte ich das, so könnte man sagen, fast als eine Art Generationsaulftrag, darauf aufzupassen, daß wir in diesen Dingen die Ratio verwenden und uns nicht auf „vorrationale" Dinge einlassen.
Es ist doch etwas dran an der These, 'daß 'eine nationale Orientierung keine der heute vor uns ,stehenden bedeutsamen Fragen unseres politischen Lebens für unser Land lösen, positiv beeinflussen oder gar beantworten kann. Frieden läßt sich nur international gestalten und sichern. Das Deutschlandproblem, die wirtschaftliche Entwicklung, soziale Gerechtigkeit, Bildungs- und Erziehungsfragen, die Oberwindung ;des Hungers in der Welt, Forschung und technische Entwicklung, alles fordert internationale Orientierung. Dies alles ist nur inernational lösbar. Da hilft uns kein auf Iden deutschen Nabel gerichteter Blick. Es gibt kein Zurück in ein in sich selbst ruhendes Nationalgefühl. Es gibt kein unproblematisches Nationalbewußtsein. Auch der Weg nach vorn, someine ich, führt weder dorthin, noch wieder daran vorbei.
Zum Schluß komme ich auf die Stellungnahme von Bundespräses Bokler zu sprechen, der für das Bundesjugendkuratorium die Kommission zur politischen Bildung leitet und .der einen hervorragenden Namen als Kenner dieser Aufgaben hat. Er kommt aus 'der katholischen Jugendarbeit. In seiner Stellungnahme heißt es unter der Oberschrift „Bedauerliche Einseitigkeiten" :
Der Versuch der Aufwertung des Begriffs „Vaterland". Man kann einfach 'nicht einsehen, warum gerade dieser so 'stark vorbelasteten Vokabel soviel Raum und soviel spürbare Anteilnahme gewidmet wird. Im „Europa der Vaterländer" kann es viel richtiger sein, .als bloßer Europäer gelten zu wollen. Wer will beweisen, daß Alteres auch besser sei?
Die Stellungnahme des Bundesjugendkuratoriums spricht von .einem „mißtrauischen Verhältnis des Berichtsautors gegen eine kritisch-wissenschaftliche Haltung". Man fürchtet, daß dadurch der Unterschied zwischen Tatsachenerkenntnis lund Werturteilen verwischt wird. Das ist von den beiden Vorrednern schon erwähnt worden; sie haben sich 'mit dieser Frage auseinandergesetzt.
Ziel der politischen Bildung muß es gerade in dieser Zeit sein — nagt das Bundesjugendkuratorium in seiner Stellungnahme zu diesem Jugendbericht —, rationale Urteilsfähigkeit, die intellektuelle Unabhängigkeit, eine kritische Unzufriedenheit 'und 'daraus den Mut zu Verbesserungen zu stärken. Dem schließe ich mich gern an.
Der Bericht aber enthält eine ausgesprochen konservative, nicht nach vorn gerichtete Auffassung von den heutigen Aufgaben der poll'itischen Bildung. Sie mag die Ansicht des Herrn Minister's sein 'und auch die der früheren Regierung, unter der dieser Bericht erstellt wurde. Sie sollte nicht die Position 'der neuen Regierung werden!