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    Deutscher Bundestag 119. Sitzung Bonn, den 6. September 1967 Inhalt: Nachrufe auf Vizepräsident Dr. Dehler, Abg. Mengelkamp und Reichstagspräsident Paul Löbe 5953 A Glückwunsch an Vizepräsident Prof. Dr Carlo Schmid zur Verleihung des GoethePreises der Stadt Frankfurt/Main . . . 5954 C Glückwünsche zu den Geburtstagen der Abg. Dr. Birrenbach, Borm, Lenz (Trossingen), Kühn (Hildesheim), Enk, Frau Bundesminister Strobel, Dr. Schmidt (Wuppertal), Teriete und Walter . . . . . 5954 C Die Abg. Dr. Vogel (Speyer) und Holkenbrink legen ihr Mandat nieder . . . . 5954 D Die Abg. Porsch, Falke, Knobloch und Rein- holz treten in den Bundestag ein . . . 5954 D Überweisung der Zusammenstellung der über- und außerplanmäßigen Haushaltsausgaben im 1. und 2. Vierteljahr des Rechnungsjahres 1967 an den Haushaltsausschuß 5954 D Amtliche Mitteilungen 5955 A Fragestunde (Drucksache V/2091) Frage des Abg. Dr. Friderichs: Aufkündigung der Mittel für den „liberal"-Verlag von Hase, Staatssekretär . . . . . 5987 B Dr. Friderichs (FDP) 5987 C Dr. Bucher (FDP) 5987 D Borm (FDP) . . . . . . . . 5988 A Genscher (FDP) 5988 B Mertes (FDP) . . . . . . . . 5988 C Zoglmann (FDP) 5988 C Tallert (SPD) . . . . . . . . 5988 D Moersch (FDP) 5989 B Schmidt (Hamburg) (SPD) . . . 5989 C Ertl (FDP) 5989 D Raffert (SPD) . . . . . . . . 5990 A Dr. Schmidt (Wuppertal) (CDU/CSU) 5990 B Dr. Schulze-Vorberg (CDU/CSU) . 5990 C Jung (FDP) 5991 A II Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 119. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. September 1967 Frage des Abg. Felder: Gebrauch von Schußwaffen im Strafvollzug Dr. Dr. Heinemann, Bundesminister . 5991 A Frage des Abg. Felder: Ausschluß von Ersatzansprüchen der Angehörigen von Gefangenen Dr. Dr. Heinemann, Bundesminister 5991 B Felder (SPD) 5991 B Frau Dr. Diemer-Nicolaus (FDP) . 5991 C Rollmann (CDU/CSU) 5991 C Frage des Abg. Rollmann: „Ordnungsgemäße Vorbereitung" auf einen Beruf oder eine öffentliche Prüfung Leicht, Parlamentarischer Staatssekretär 5991 D Rollmann (CDU/CSU) 5992 A Frau Freyh (SPD) 5992 B Frage des Abg. Schmidt (Hamburg) : Zahl der auf Reisen in ost- und südosteuropäischen Ländern im Jahre 1967 Verhafteten Jahn, Parlamentarischer Staatssekretär . . . . . . . 5992 D Prochazka (CDU/CSU) 5993 A Stingl (CDU/CSU) 5993 B Dr. Becher (Pullach) (CDU/CSU) . 5993 D Ertl (FDP) 5994 A Baron von Wrangel (CDU/CSU) . . 5994 B Dr. Klepsch (CDU/CSU) . . . . . 5994 C Dr. Lenz (Bergstraße) (CDU/CSU) . . 5994 D Rollmann (CDU/CSU) •. . . . . . 5995 A Dr. Schellenberg (SPD) . . . . . . 5995 B Frage des Abg. Schmidt (Hamburg) : Zahl der verhafteten und ausgelieferten Deutschen mit früherem Wohnsitz im anderen Teil Deutschlands Jahn, Parlamentarischer Staatssekretär . . . . . . . . 5995 C Schmidt (Hamburg) (SPD) . . . . . 5995 D Frage des Abg. Schmidt (Hamburg) : Zahl der Entlassungen von Besuchern ost- oder südosteuropäischer Staaten ohne Einleitung eines Strafverfahrens Jahn, Parlamentarischer Staatssekretär 5995 D Frage des Abg. Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller: Verhältnis der Verhaftungen in ost-und südosteuropäischen Staaten zu Verhaftungen in west- und südeuropäischen Ländern Jahn, Parlamentarischer Staatssekretär . . . . . . . . 5996 A Frehsee (SPD) . . . . . . . . . 5996 B Dr. Schmidt (Wuppertal) (CDU/CSU) . 5996 C Ott (CDU/CSU) . . . . . . . . 5996 C Dr. Becher (Pullach) (CDU/CSU) . . 5996 D Dr. Lenz (Bergstraße) (CDU/CSU) . 5996 D Raffert (SPD) 5997 B Dorn (FDP) . . . . . . . . . 5997 C Könen (Düsseldorf) (SPD) 5997 D Stingl (CDU/CSU) 5998 A Dr. Wörner (CDU/CSU) 5998 B Borm (FDP) 5998 C Genscher (FDP) . . . . . . . 5998 D Moersch (FDP) . . . . . . . 5999 A Frage des Abg. Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h Möller: Rechtsschutz durch die deutschen diplomatischen Vertretungen Jahn, Parlamentarischer Staatssekretär 5999 C Frage des Abg. Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h Möller: Zahl der Anklagen wegen allgemeiner krimineller und wegen angeblich politischer Delikte Jahn, Parlamentarischer Staatssekretär 5999 C Fragen des Abg. Dr. Schellenberg: Verhaftung von Staatsangehörigen europäischer Staaten in ost- und südosteuropäischen Ländern 1967 Jahn, Parlamentarischer Staatssekretär 5999 D Dr. Schellenberg (SPD) 5999 D Beratung der von der Bundesregierung vorgelegten Finanzplanung des Bundes 1967 bis 1971 (Drucksache V/2065) in Verbindung mit der Entschließung des Bundesrates (Drucksache V/2084), in Verbindung mit Beratung des von der Bundesregierung vorgelegten Zweiten Programms der Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 119. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. September 1967 III Bundesregierung für besondere konjunktur- und strukturpolitische Maßnahmen 1967/68 (Drucksache V/2070) und der Entschließung des Bundesrates gemäß § 8 Abs. 1 Satz 4 des Gesetzes zur Förderung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft vom 8. Juni 1967 (Drucksache V/2085), mit Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes (Mehrwertsteuer) (Drucksache V/2086) — Erste Beratung —, mit Entwurf eines Gesetzes zur Verwirklichung der mehrjährigen Finanzplanung des Bundes, I. Teil Zweites Steueränderungsgesetz 1967 (Drucksache V/2087) — Erste Beratung —, mit Entwurf eines Gesetzes über Finanzierungshilfen aus Mitteln des ERP-Sondervermögens für Investitionen im Bereich der Gemeinden (ERP-Investitionshilfegesetz) (Drucksache V/2088) — Erste Beratung —, und mit Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Deutsche Bundesbank (Drucksache V/2089) — Erste Beratung — Dr. h. c. Kiesinger, Bundeskanzler . . 5957 C Dr. h. c. Strauß, Bundesminister . . . 5959 B, 6024 C Dr. Schiller, Bundesminister 5966 D, 6039 D Mischnick (FDP) . . . . . . . . 5972 D Dr. Pohle (CDU/CSU) 5980 B Hermsdorf (SPD) 6000 C Dr. Friderichs (FDP) . . . . . . 6005 B Dr. Burgbacher (CDU/CSU) . . . 6010 D Junghans (SPD) . . . . 6015 C, 6044 A Dr. Emde (FDP) 6018 A Dr. Luda (CDU/CSU) 6033 C Dr. Haas (FDP) 6035 B Dr. Barzel (CDU/CSU) . . . . . 6044 D Schmidt (Hamburg) (SPD) . . . . 6047 A Scheel (FDP) 6049 C Genscher (FDP) zur GO . . . . 6051 C Rasner (CDU/CSU) zur GO . . . 6052 A Nächste Sitzung . . . . . . . . . 6052 D Anlagen 6055 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 119. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. September 1967 5953 119. Sitzung Bonn, den 6. September 1967 . Stenographischer Bericht Beginn: 9.02 Uhr
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    . Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 119. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. September 1967 6053 Berichtigung Es ist zu lesen: 117. Sitzung, Seite 5881 D, Zeile 13 statt mich erinnern: mich nicht erinnern. 118. Sitzung, Seite 5944 A, Zeilen 13 — 17 statt Was die Versicherten wissen möchten, Herr Schellenberg, das erfuhren sie früher bei ihrer VHD und das erfahren sie heute bei einzelnen Kassenarten auf diesem Wege mit Sicherheit nicht: Was die Versicherten wissen möchten, Herr Schellenberg, das erfuhren sie früher bei ihrer VAB nicht, und das erfahren sie heute bei einzelnen Kassenarten auf diesem Wege mit Sicherheit auch nicht. Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordneter) beurlaubt bis einschließlich a) Beurlaubungen Dr. Apel * 9. 9. Arendt (Wattenscheid) * 9. 9. Dr. Arndt (Berlin/Köln) 9. 9. Dr. Bechert (Gau-Algesheim) 9. 9. Bergmann * 9. 9. Brand 9. 9. Frau Brauksiepe 9. 9. Dröscher * 9. 9. Frau Enseling 9. 9. Dr. Eppler 9. 9. Faller * 9. 9. Gibbert 9. 9. Hauffe 9. 9. Frau Herklotz ** 9. 9. Hübner 9. 9. Kiep 9. 9. Frau Klee 9. 9. Freiherr von Kühlmann-Stumm 9. 9. Kulawig * 9. 9. Dr. Lenz (Bergstraße) 9. 9. Lenz (Trossingen) 9. 9. Merten * 9. 9. Dr. Rinderspacher ** 9. 9. Dr. Schober 9. 9. Seifriz * 9. 9. Dr. Starke (Franken) 9. 9. Dr. Freiherr von Vittinghoff-Schell ** 6. 9. Dr. Wilhelmi 9. 9. Frau Dr. Wolf 9. 9. Wurbs 9. 9. b) Urlaubsanträge Dr. Abelein 22. 9. Bading * 17. 9. Bäuerle 15. 9. Bazille 30. 9. Behrendt * 15. 9. Bühling 16. 9. Busse (Herford) 26. 9. von Eckardt 30. 9. Frau Dr. Elsner * 16. 9. Gerlach * 19. 6. Graaff 30. 9. Haage (München) 30. 9. Haase (Kassel) 30. 9. Hahn (Bielefeld) * 15. 9. Hansing 30. 9. Herold 16. 9. Kriedemann * 15. 9. Frau Dr. Krips 30. 9. Kubitza 16. 9. * Für die Teilnahme an einer Sitzung des Europäischen Parlaments ** Für die Teilnahme an einer Sitzung der Beratenden Versammlung des Europarats Kunze 16. 9. Lautenschlager 15. 9. Lemper 20. 9. Dr. Löhr 30. 9. Dr. Marx (Kaiserslautern) 17. 9. Metzger * 30. 9. Dr. h.c. Dr.-Ing. E. h. Möller 30. 9. Dr. Müller (München) 30. 9. Peters (Norden) 30. 9. Frau Pitz-Savelsberg 15. 9. Rock 16. 9. Ruf 30. 9. Sänger 15. 9. Seuffert * 30. 9. Dr. Stammberger 25. 9. Steinhoff 21. 10. Struve 30. 9. Dr. Tamblé 23. 9. Varelmann 30. 9. Frau Wessel 30. 9. Anlage 2 Der Präsident des Bundesrates Abschrift Bonn, 14. Juli 1967 An den Herrn Bundeskanzler Bonn Ich beehre mich mitzuteilen, daß der Bundesrat in seiner 312. Sitzung am 14. Juli 1967 beschlossen hat, dem vom Deutschen Bundestage am 28. Juni 1967 verabschiedeten Gesetz zur Änderung strafrechtlicher Vorschriften der Reichsabgabenordnung und anderer Gesetze (AOStrafÄndG) gemäß Artikel 108 Abs. 3 Satz 2 des Grundgesetzes zuzustimmen. Außerdem hat der Bundesrat die aus der Anlage ersichtliche Entschließung angenommen. Dr. Lemke 1 Anlage 6056 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 119. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. September 1967 Bonn, 14. Juli 1967 An den Herrn Präsidenten des Deutschen Bundestages Bonn Vorstehende Abschrift wird mit Bezug auf das dortige Schreiben vom 29. Juni 1967 mit der Bitte um Kenntnisnahme übersandt. Dr. Lemke Entschießung des Bundesrates zum Gesetz zur Änderung strafrechtlicher Vorschriften der Reichsabgabenordnung und anderer Gesetze (AOStrafÄndG) Der Bundesrat hält es für erforderlich, daß die Finanzämter auch in Zukunft berechtigt bleiben, im Steuerstrafverfahren als Nebenkläger mitzuwirken. Die Strafprozeßordnung (§ 374) gibt verletzten natürlichen und juristischen Personen in zahlreichen Fällen die Möglichkeit, im Strafprozeß gegen den Schädiger ihre Interessen neben der Staatsanwaltschaft als Nebenkläger wahrzunehmen (§ 377 Abs. 2 in Verbindung mit i§§ 395 ff. StPO). In weitaus größerem Maße besteht ein Interesse der ehrlichen Steuerzahler an einer vollständigen und zutreffenden Aufklärung von Steuervergehen und an einer gerechten Strafe des Steuersünders. Zur Verwirklichung dieses Zieles hat bisher das Finanzamt durch seine Mitwirkung im gerichtlichen Steuerstrafverfahren wesentlich beigetragen und die Rechtsfindung durch mit der schwierigen Materie weniger vertraute Richter und Staatsanwälte erheblich erleichtert. Das Finanzamt hatte in seiner Eigenschaft als Nebenkläger die Möglichkeit, sachdienliche Beweisanträge zu stellen und gegebenenfalls — unabhängig von der Staatsanwaltschaft — Rechtsmittel gegen Strafurteile einzulegen. § 441 des Gesetzes bietet dazu künftig keine Möglichkeit. Gerade die großen Steuersünder werden sich die Rechtslage zunutze machen und sich durch steuerlich versierte Anwälte verteidigen lassen. Bisher konnte das Finanzamt der Verteidigung als gleichberechtigter Verfahrensbeteiligter entgegentreten. Der Gesetzgeber sollte es nicht zulassen, daß die Position derjenigen, die in erster Linie zur Wahrung der öffentlichen Interessen in der Lage sind, unnötig geschwächt wird. Obgleich der Gesetzesbeschluß des Deutschen Bundestages vom 28. Juni 1967 eine Nebenklagebefugnis der Finanzämter nicht mehr vorsieht und ihnen in § 441 lediglich ein Recht auf Anhören gibt, sieht der Bundesrat davon ab, den Vermittlungsausschuß gemäß Artikel 77 des Grundgesetzes anzurufen, damit das Steuerstrafverfahren ohne weitere Verzögerung wieder eine einwandfreie rechtliche Grundlage erhält. Der Bundesrat erwartet jedoch, daß der Deutsche Bundestag bei der weiteren Beratung der noch nicht erledigten Teile des Regierungsentwurfs eines Gesetzes zur Änderung strafrechtlicher Vorschriften der Reichsabgabenordnung und anderer Gesetze (AOStrafÄndG) — Drucksache V/1812 — die Nebenklagebefugnis der Finanzämter erneut mit dem Ziel ihre Wiedereinführung behandelt. Anlage 3 Der Präsident des Bundesrates Abschrift Bonn, 14. Juli 1967 An den Herrn Bundeskanzler Bonn Ich beehre mich, mitzuteilen, daß der Bundesrat in seiner 312. Sitzung am 14. Juli 1967 beschlossen hat, dem vom Deutschen Bundestag am 28. Juni 1967 verabschiedeten Dritten Gesetz zur Änderung des Wasserhaushaltsgesetzes gemäß Artikel 84 Abs. 1 des Grundgesetzes zuzustimmen. Ferner hat der Bundesrat die sich aus der Anlage ergebende Entschließung gefaßt. Dr. Lemke Bonn, den 14. Juli 1967 An den Herrn Präsidenten des Deutschen Bundestages Bonn Vorstehende Abschrift wird mit Bezug auf das dortige Schreiben vom 29. Juni 1967 mit der Bitte um Kenntnisnahme übersandt. Dr. Lemke Anlage zum Schreiben des Präsidenten des Bundesrates vom 14. Juli 1967 an den Bundeskanzler Entschließung des Bundesrates zum Dritten Gesetz zur Änderung des Wasserhaushaltsgesetzes Die Bundesregierung wird gebeten zu prüfen, welche Auswirkungen die Ausdehnung des Wasserhaushaltsgesetzes auf die Küstengewässer für das in der Bundesrepublik wie in allen anderen Schiffahrtsländern anerkannte Rechtsinstitut der beschränkten Reederhaftung mit sich bringt. Gegebenenfalls sollte durch ein Änderungsgesetz sichergestellt werden, daß die Wettbewerbsfähigkeit der Seehäfen in der Bundesrepublik nicht dadurch beeinträchtigt wird, daß der deutschen und ausländischen Seeschiffahrt in Küstengewässern der Bundesrepublik Haftungsrisiken aufgebürdet werden, die international anerkannten Grundsätzen des Seerechts widersprechen. Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 119. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. September 1967 6057 Anlage 4 Der Präsident des Bundesrates Abschrift Bonn, 14. Juli 1967 An den Herrn Bundekanzler Bonn Ich beehre mich, mitzuteilen, daß das Gesetz zur Änderung des Patentgesetzes, des Warenzeichengesetzes und weiterer Gesetze nach Ansicht des Bundesrates seiner Zustimmung bedarf. Der Bundesrat hat in seiner 312. Sitzung am 14. Juli 1967 beschlossen, dem vom Deutschen Bundestag am 13. Juni 1967 verabschiedeten Gesetz gemäß Artikel 84 Abs. 1 des Grundgesetzes zuzustimmen. Der Bundesrat hat weiterhin die aus der Anlage ersichtliche Entschließung gefaßt. Dr. Lemke Bonn, den 14. Juli 1967 An den Herrn Präsidenten des Deutschen Bundestages Bonn Vorstehende Abschrift wird mit Bezug auf das dortige Schreiben vom 29. Juni 1967 mit der Bitte um Kenntnisnahme übersandt. Dr. Lemke Anlage zum Schreiben des Präsidenten des Bundesrates vom 14. Juli 1967 an den Bundeskanzler Entschließung Der Bundesrat hat bereits im ersten Durchgang zum Ausdruck gebracht, daß die neue gesetzliche Regelung allein nicht ausreichen wird, um die volle Leistungsfähigkeit des Patentamts zu gewährleisten. Zur Erreichung dieses Ziels müssen auch personelle, organisatorische und arbeitstechnische Maßnahmen ergriffen werden. Die Bundesregierung hat diese Stellungnahme des Bundesrates positiv aufgenommen, da sie ihrer Einschätzung der Situation entspricht. Der Bundestag teilt gleichfalls die Auffassung des Bundesrates und hat seine Vorstellungen an einer einstimmig angenommenen Entschließung dargetan. Der Bundesrat begrüßt es, daß der Bundestag diesen Appell an die Bundesregierung und das Patentamt gerichtet hat, und tritt seiner Entschließung ausdrücklich bei. Anlage 5 Schriftliche Ausführungen des Bundesministers Dr. Schiller zu Punkt 3 der Tagesordnung 1. Der Bundeskanzler hatte im wirtschaftspolitischen Teil seiner Regierungserklärung vom 13. Dezember 1966 den „Ernst der Lage deutlich gemacht" und „auf die Gefahr eines gesamtwirtschaftlichen Rückschlages hingewiesen". Durch ,die weitere Entwicklung wurde in der Tat bestätigt, daß die „Talsohle in der Konjunkturentwicklung" damals noch vor uns lag. Trotz der mit den Regierungsbeschlüssen vom 18./19 Januar eingeleiteten Gegenmaßnahmen gab es im ersten Halbjahr 1967 eine deutliche Beschäftigungsschrumpfung (die Zahl der Beschäftigten lag in der Industrie um 6,4 % und im Bauhauptgewerbe mit 13,9 % unter dem Vorjahresstand), ein erhebliches außenwirtschaftliches Ungleichgewicht (der Ausfuhrüberschuß erreichte vor allem infolge des Rückgangs der Importe fast 8,8 Milliarden DM) und beträchtliche Wachstumsverluste (gegenüber einem Zuwachs des realen Bruttosozialprodukts im ersten Halbjahr 1966 von 3,4 % rechnen die wissenschaftlichen Forschungsinstitute für das erste Halbjahr 1967 mit einem Rückgang von etwa 1,5 bis 2 %). Gegenüber dieser eindeutigen Entwicklung im ersten Halbjahr 1967 ist das Konjunkturbild seit Mitte des Jahres differenzierter geworden. Einerseits deuten in den letzten Monaten einige Indikatoren auf eine beginnende Besserung hin, andererseits zeigt die Gesamtheit der verfügbaren Informationen noch .immer eine sehr gedämpfte gesamtwirtschaftliche Aktivität. A. Die gesamtwirtschaftliche Nachfrage ist nach wie vor zu niedrig. Im Inlandsgeschäft sind zwar partiell erste Anzeichen für eine Belebung zu erkennen; die Nachhaltigkeit dieser Entwicklung muß aber nach den vorliegenden Monatsergebnissen für Juli noch sehr in Frage gestellt werden. a) Der Auftragseingang bei der Industrie erreichte zwar im Vergleich zum Vorjahr bei kalendermonatlichen Berechnung nach iminus 13,5 % im März minus 9,0 % im April und minus 7,1 % im Mai im Juni erstmals wieder mit plus 1,0 % einen positiven Wert (bei arbeitstäglicher Berechnung jedoch nur einen Wert von minus 6,1 %)., das Juliergebnis zeigt jedoch mit minus 6,6 % (sowohl bei kalendermonatlicher als auch bei arbeitstäglicher Berechnung) wieder einen deutlich negativen Wert. Die Schwäche der Nachfrage liegt dabei nach wie vor besonders im Inlandsgeschäft, das zwar einen gewissen Abbau von Minuszahlen aufweist (bei kalendermonatlicher Berechnung minus 18,2 % im März, minus 12,5 % im April, minus 10,6 % im Mai, minus 4,2 % im Juni und minus 10,1 % im Juli), aber noch keinen Hinweis gibt auf eine durchschlagende und anhaltende konjunkturelle Besserung. Auch wenn im Auslandsgeschäft die Auftragseingänge weiterhin zunehmen, so läßt ihre expansive Entwicklung doch offensichtlich nach. Die Zuwachsrate bei kalendermonatlicher Berechnung von plus 18,6 % im Juni (nach plus 3,9 % im Mänz, plus 4,7 % im April, plus 6,1 % im Mai) ist jedoch im Juli wieder auf plus 6,5 % gesunken. b) Im Baubereich entwickelt sich die Nachfrage trotz gewisser Verbesserungen in den letzten Monaten nach wie vor erheblich unter dem Vorjahresniveau. Der Rückgang der Baugenehmigungen im Hochbau hat sich zwar verlangsamt (nach minus 27,4 % im März, minus 13,6 % im April, minus 15,0 % im Mai und minus 9,7 % im Juni), das genehmigte Bauvolumen lag jedoch im Juli wieder mit minus 13,1 % beträchtlich unter dem Vorjahresstand. Bei der Auftragsvergabe im Tiefbau zeigt sich ein ähnliches Bild (nach minus 26,9 % im März, minus 26,7 % im April, plus 5,4 % im Mai und minus 12,3 % im Juni), doch ist hier infolge des merklichen Preisrückgangs die Abnahme des realen Auftragsvolumens weniger stark. c) Der private Verbrauch hatte sich - gemessen an den Einzelhandelsumsätzen - (nach plus 1,1% im März, minus 4,4 % im April, minus 0,9 % im Mai) im Juni mit plus 4,3 % wieder merklich erweitert. Das Juliergebnis mit minus 1,4 % zeigt jedoch, daß das Juniergebnis durch die Sondereinflüsse etwa der Nahostkrise verzerrt worden ist. Der private Verbrauch bleibt durch die Konjunkturschwäche geprägt. Die Expansion der Masseneinkommen hat sich stark vermindert; die Lohn- und Gehaltssumme in der Industrie und im Bauhauptgewerbe lag im ersten Halbjahr 1967 unter dem Vorjahresniveau. B. Der schwachen Nachfrageentwicklung entsprechend stagniert die industrielle Produktion weiterhin auf einem Niveau, das erheblich unter dem Vorjahresstand liegt. Das Juliergebnis zeigt im Vergleich zu den Vorjahresmonaten (März minus 5,6 %, April minus 6,4 %, Mai minus 5,5 %, Juni minus 7,7 %) allerdings mit minus 2,4 % eine erkennbare Besserung. C. Die Beschäftigungslage ist trotz der saisonalen Besserung seit März nach wie vor ungünstig. Die Arbeitslosenzahl ist zwar seit März von 576 000 auf 359 000 im August gesunken (daneben: Zahl der Kurzarbeiter von 252 000 im März auf 64 000 im August). Die Zahl der offenen Stellen ist im gleichen Zeitraum von 302 000 auf 347 000 gestiegen. D. In der Entwicklung des Außenhandels spiegelt sich neben der Auslandskonjunktur auch die binnenländische Konjunkturentwicklung wider; die Schwäche der Binnenkonjunktur veranlaßt die Unternehmer zu verstärkten Exportanstrengungen. Während aber die Zuwachsrate bei der Ausfuhr nunmehr deutlich geringer wird (nach plus 3,4 % im März, plus 19,7 % im April, plus 1,3 % im Mai, plus 14,5 % im Juni, nunmehr im Juli nur noch plus 1,1 %), ist der Rückgang des Imports in den letzten Monaten zwar schwächer geworden (nach minus 14,4 % im März, minus 4,8 % im April, minus 9,0 % im Mai, plus 0,8 % im Juni), im Juli jedoch wieder minus 5,2 %. Der monatliche Exportüberschuß ist dadurch zwar nicht mehr gewachsen, aber auch nicht wesentlich kleiner geworden, so daß der Exportüberschuß in den ersten sieben Monaten dieses Jahres insgesamt 10,1 Milliarden DM erreicht hat. E. Die Preise sind im wesentlichen stabil, teilweise haben sie sinkende Tendenz. Die industriellen Erzeugerpreise liegen seit Februar ständig unter dem Vorjahresniveau, wobei der leichte Wiederanstieg im Juni (minus 1,3 %) und im Juli (minus 1,4 %) gegenüber Mai (minus 1,5 %) seine Ursache fast ausschließlich in der Verteuerung einiger Rohstoffe auf den Weltmärkten infolge des Nahostkonfliktes haben dürfte. Die Verbraucherpreise sind weitgehend stabil und halten jetzt den Abstand zu dem entsprechenden Vorjahresniveau (April plus 1,6 %, Mai plus 1,3 %, Juni plus 1,5 %, Juli plus 1,6 %). Diese konjunkturstatistischen Daten lassen die Grundzüge der gegenwärtigen Konjunkturlage erkennen. Sie ist gekennzeichnet durch eine Beendigung der scharfen konjunkturellen Abwärtsbewegung in der ersten Jahreshälfte 1967 und durch ein Verharren der Wirtschaftstätigkeit auf dem Niveau eines nicht hinreichend genutzten Produktionspotentials. Zwar zeigt sich in einigen Bereichen bereits ein Abbau von Minuszahlen, doch hat der Aufbau von Pluszahlen noch nicht begonnen. 2. Ausschlaggebend für die konjunkturpolitischen Entscheidungen ist jedoch nicht nur die vergangene und gegenwärtige gesamtwirtschaftliche Lage, sondern ebensosehr ihre voraussichtliche weitere Entwicklung. Ein Urteil über die künftige Entwicklung kann u. a. an Hand des oben dargelegten Verlaufs der Auftragseingänge bei der Industrie gewonnen werden. Er zeigt im ganzen keinerlei sichere Merkmale einer Belebung. Dieselbe Prognose kommt auch in den Ergebnissen der Unternehmerbefragungen zum Ausdruck. Sie deuten noch auf eine gewisse Verbesserung der Stimmungen und Erwartungen in der deutschen Wirtschaft hin. Der Ifo-Konjunkturtest vom Juli zeigt, daß die befragten Unternehmer die künftige Geschäftsentwicklung zwar günstiger einschätzen als Ende 1966. Trotzdem beurteilt mehr als ein Drittel die Geschäftslage negativ. Überwiegend wird nur mit einem schwachen Herbstgeschäft gerechnet. Da auch die partielle Besserung der binnenländischen Auftragsentwicklung und die Stabilisierung einiger Erwartungsgrößen weniger Ausdruck spontaner Marktkräfte als vielmehr eine Folge der bisherigen konjunkturpolitischen Maßnahmen, insbesondere der Auftragsvergabe aus dem ersten Investitionshaushalt und der Ankündigung des zweiten konjunktur- und strukturpolitischen Programms ist, kann darin kein Grund für konjunkturpolitische Enthaltsamkeit gesehen werden. Angesichts der labilen Lage muß ohne eine zusätzliche deutliche konjunkturpolitische Gegensteuerung mit der Gefahr gerechnet werden, daß sich die Rezession erneut fortsetzt, sobald im Herbst die Aufträge aus dem ersten Konjunkturprogramm abgewickelt sind, die Wirkung der Sonderabschreibungen (gültig bis 31. Oktober) endet, und die saisonalen Kräfte des bevorstehenden Winters wirksam werden. Ange- Deutscher Bundestag — .5. Wahlperiode — 119. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. September 1967 6059 sichts des erheblichen Zurückbleibens der binnenländischen Nachfrage privater Investoren hinter den Produktionsmöglichkeiten (Stand der Kapazitätsauslastung im Juli -1967 in der Industrie 78 %, im Bauhauptgewerbe ca. 65 %) erscheint eine zusätzliche Investitionsgüternachfrage von 5,3 Milliarden DM keineswegs als zu hoch bemessen. Diese Beurteilung der Konjunkturlage und ihrer voraussichtlichen Entwicklung im zweiten Halbjahr 1967 wird auch durch die Prognosen der wissenschaftlichen Forschungsinstitute unterstrichen. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung Berlin schätzt den Rückgang des realen Bruttosozialprodukts — bei einem Verzicht auf weitere konjunkturfördernde Maßnahmen — für das zweite Halbjahr 1967 auf rund 3 %. Das Ifo-Institut München rechnet für das zweite Halbjahr 1967 — bei zu-s ätzli chen öffentlichen Investitionsausgaben von rund 3 Milliarden DM im Herbst 1967 (was der möglichen Abwicklung des Zweiten Konjunktur- und Strukturprogramms der Bundesregierung noch in diesem Jahr entsprechen könnte) — mit einer leichten Zunahme des Bruttosozialprodukts von real 0,4 %, nominal 1,2 %. Die aktuelle Konjunkturlage und die voraussichtlichen Tendenzen der weiteren Entwicklung lassen somit erkennen, daß das gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht gegenwärtig nicht erreicht ist und daß drei der im § 1 des Stabilitäts- und Wachstumsgesetzes genannten vier Ziele nach wie vor gefährdet sind. Weitgehend erreicht undungefährdet ist das Ziel der Stabilität des Preisniveaus. In Anbetracht der erheblichen Kapazitätsreserven ist bei einer weiteren Belebung der Wirtschaftstätigkeit infolge der damit verbundenen Stückkostensenkung eher mit einer Senkung des Preisniveaus als mit einem erneuten Anstieg zu rechnen. Die Bundesbank hat in ihrem Monatsbericht vom Juli 1967 darauf hingewiesen, daß sich durch eine Fortsetzung der Stagnation für das Stabilitätsziel nicht mehr viel gewinnen ließe. Den Preiseffekt der Mehrwertsteuer ab 1. Januar 1968 genau abzuschätzen ist nicht möglich. Ein marktwirtschaftlicher Weg, ihm entgegenzuwirken, besteht im Wiederaufbau der Lagervorräte bis zur Einführung der Mehrwertsteuer. Bei einer Arbeitslosenquote von 1,7 % (Stand Ende August) ist das Ziel eines hohen Beschäftigungsstandes nicht erreicht. Ohne eine erhebliche Stärkung der schwachen konjunkturellen Auftriebskräfte müßte im Winterhalbjahr 1967 mit einem erheblichen Anwachsen der Arbeitslosigkeit und der Kurzarbeit gerechnet werden. Der Exportüberschuß in der Höhe von 10,1 Milliarden DM in den ersten sieben Monaten des Jahres 1967 steht im deutlichen Widerspruch zu dem Ziel des außenwirtschaftlichen Gleichgewichts. Diese Überschußentwicklung, die vom Sachverständigenrat bereits in seinem Sondergutachten vom März 1967 prognostiziert wurde, ist zu einem Teil eine Folge des inländischen Nachfragemangels; sie stellt insoweit ein „Einfuhrdefizit" dar. Sie ist damit zugleich eine erhebliche Belastung unserer Partnerländer, die auf diese Weise in den Sog unserer rezessiven Konjunkturentwicklung geraten sind. Die unserer Lage entsprechende Beseitigung des Ungleichsgewichts geschieht dadurch, daß durch inländische Nachfragesteigerung zugleich die Einfuhren in die Bundesrepbulik vermehrt werden. Am stärksten gefährdet bleibt nach wie vor das Ziel des angemessenen und stetigen Wachstums. Ein Vergleich des von einigen Forschungsinstituten für das ganze Jahr 1967 geschätzten Rückganges des realen Bruttosozialprodukts von 0,5 % (bei weiteren konjunkturfördernden Maßnahmen) und 2,5 % (ohne solche) mit der von der Bundesregierung in ihrer mittelfristigen Zielprojektion angestrebten und für möglich gehaltenen Wachstums von real 4 % zeigt das Ausmaß des Wachstumsverlustes im Jahre 1967. Ohne die Maßnahmen des zweiten konjunktur- und strukturpolitischen Programms der Bundesregierung besteht die Gefahr, daß sich auch im Jahre 1968 erhebliche Wachstumsverluste ergeben. 4. Das von der Bundesregierung nach Abstimmung mit den Vertretern der Länder und Gemeinden im Konjunkturrat für die öffentliche Hand vorgelegte zweite Programm für besondere konjunktur- und strukturpoliische Maßnahmen 1967/1968 sieht zusätzliche öffentliche Investitionsausgaben in Höhe von 5,3 Milliarden DM vor. Die Auswahl der Ausgabenkategorien und -projekte erfolgte sowohl unter konjunktur- als auch unter strukturpolitischen Gesichtspunkten. Maßgebend für den konjunkturpolitischen Aspekt waren bei der Auswahl: — die Möglichkeit einer zügigen, den Sachobjekten entsprechenden Auftragsvergabe, — die Kapazitätsauslastung der unmittelbar betroffenen Wirtschaftszweige und — die konjunkturelle Anstoßwirkung der Aufträge für andere Wirtschaftsbereiche (Komplementärbereiche, Zulieferindustrie). Für den strukturpolitischen Aspekt waren insbesondere maßgebend: — regionale Disproportionalitäten im wirtschaftlichen Entwicklungsstand und Gebiete mit erheblichen strukturellen Anpassungsproblemen („Strukturgebiete"), — die Beseitigung des Nachholbedarfs an öffentlichen Investitionen im Bereich der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Infrastruktur, — die Förderung des wissenschaftlichen und technischen Fortschritts. 5. Die Aufträge aus dem zweiten Konjunktur- und Strukturprogramm werden — nicht nur wegen des ohnehin größeren Volumens — erheblich mehr in die Breite und in die Tiefe wirken als das erste Programm. Dies ist darauf zurückzuführen, daß im zweiten Konjunktur- und Strukturprogramm Hochbau und Investitionsgüterbereiche in der unmittelbaren Auftragsvergabe mit einem Anteil von zusammen 71 % stärker im Vordergrund stehen als 6060 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 119. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. September 1967 im ersten Programm, an dem sie mit 54 % beteiligt waren. Dafür liegt nun der Anteil ,des Tiefbaues bei 29 % gegenüber 46 % im Ersten Programm. Diese Verlagerung der Schwergewichte entspricht vor allem auch der verstärkten strukturpolitischen Zielsetzung des neuen Programms. Die Vorlieferanten des Hochbaues und der Investitionsgüterindustrie verteilen sich außerdem über weit mehr Branchen der Volkswirtschaft als die Lieferanten des Tiefbaues, zudem sind die Anteile der Vorlieferungen am Produktionswert der beiden zuerst genannten Bereiche viel größer als beim Tiefbau. In der folgenden Tabelle ist die aus dem Zweiten Konjunktur- und Strukturprogramm resultierende Umsatzstruktur der entsprechenden Gliederung auf Grund des Ersten Investitionshaushalts gegenübergestellt. Beteiligung der Wirtschaftszweige an dem Umsatzzuwachs auf Grund des Ersten und Zweiten Konjunkturprogramms (in v. H.)* Zweige Erstes Zweites Programm (zusätzliche ausgaben ausgaben gemäß §§ 6 und l des Stabilitäts- Programm Erste und (Erster Erstetionshaushalt) Wachstumsgesetzes) Steinkohlenbergbau und Kokerei 1,2 1,1 Gewinnung und Verarbeitung von Steinen und Erden 6,7 4,7 Eisen- und Stahlerzeugung 9,5 9,2 Stahl- und Leichtmetallbau 3,2 1,4 Maschinenbau 2,4 5,9 Straßenfahrzeugbau 3,0 2,9 Schiffbau 0,5 0,7 Luftfahrzeugbau 1,0 0,3 Elektrotechnik 6,5 5,8 Textilgewerbe 0,4 0,3 Bauhauptgewerbe 30,2 20,7 Ausbau- und Bauhilfsgewerbe 4,5 12,9 übrige Zweige 30,9 34,1 100 100 *) Berechnet auf Basis einer Input-Output-Studie des Ifo-Instituts, München. Komplementärausgaben der privaten Investoren und die Multiplikatorwirkungen wurden bei dieser Rechnung nicht berücksichtigt. Auch bei Berücksichtigung vom Komplementärausgaben und Multiplikatorwirkungen wird die Gesamtnachfrage angesichts der vorhandenen personellen und materiellen Produktionsreserven die Kapazitätsgrenzen keineswegs übersteigen und damit auch nicht zu konjunkturellen Überhitzungserscheinungen führen. 6. Sollten die konjunkturellen Auftriebskräfte dennoch schneller und in stärkerem Umfange als erwartet wirksam werden, so ist die Bundesregierung jetzt entschlossen, unerwünschten Entwicklungen dann in dieser Richtung entgegenzuwirken. Bund und Länder sind ohnehin nach dem Stabilitäts- und Wachstumgesetz verpflichtet, in einem solchen Falle in bezug auf ihre Kernhaushalte 1968 die entsprechenden Instrumente anzuwenden. Anlage 6 Schriftliche Antwort des Staatssekretärs Dr. von Heppe vorm 7. Juli 1967 auf die Zusatzfragen der Abgeordneten Haase (Kassel), Frau Geisendörfer und Dr. Martin zu den Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Haase (Kassel) *) In der Fragestunde der 105. Sitzung des Deutschen Bundestages am 26. April 1967 ist die Sprachenregelung bei der Europischen Organisation für Kernforschung (CERN) in Genf erörtert worden. Entsprechend meiner Zusage in der Fragestunde möchte ich Sie über die Entwicklung der Angelegenheit unterrichten: 1. CERN hat sich bereit erklärt, Stellenanzeigen in deutschen Zeitungen in deutscher Sprache zu veröffentlichen (Frage des Herrn Abgeordneten Haase [Kassel]). 2. Die Einführung der deutschen Sprache als Amtssprache (einschließlich der Herausgabe aller wissenschaftlichen Veröffentlichungen in Deutsch) würde nach Schätzungen von CERN etwa 1 Million Schweizer Franken pro Jahr erfordern (Frage der Abgeordneten Frau Geisendörfer). 3. In der Ratstagung von CERN am 15. Juni d. J. hat die deutsche Delegation eine grundsätzliche Überprüfung der Sprachenregelung verlangt. Dieser Wunsch ist von anderen potentiell interessierten Delegationen, wie Osterreich, der Schweiz und Italien nicht unterstützt worden. Gleichwohl bleiben wir bemüht, in weiteren Verhandlungen eine Neuregelung in unserem Sinne zu erzielen (Frage des Herrn Abgeordneten Dr. Martin). Anlage 7 Schriftliche Antwort des Bundesministers Dr. h. c. Strauß vom 1. August 1967 auf die Zusatzfrage des Abgeordneten Ott zu der Mündlichen Anfrage des Abgeordneten Krammig **) Die Schweizer Regelung der Bildung von Arbeitsbeschaffungsreserven ist bereits in der Vergangenheit wiederholt auf die Möglichkeit einer Über- *) Siehe 105. Sitzung Seite 4839 D **) Siehe 109. Sitzung Seite 5150 A Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 119. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. September 1967 6061 nahme in das deutsche Steuerrecht geprüft worden. Die auf Grund Ihrer Zusatzfrage erneut durchgeführte Prüfung hat ergeben, daß weiterhin starke Bedenken gegen diese Regelung bestehen. Ich darf diese Bedenken kurz wie folgt zusammenfassen: Die Arbeitsbeschaffungsreserven müssen aus versteuerten Gewinnen gebildet werden. Eine steuerliche Vergünstigung wird erst bei Auslösung der Arbeitsbeschaffungsaktion und zweckentsprechender Verwendung der Reserven zu begünstigten Investitionen, also in einem bei Bildung der Reserven noch unbekannten, in der Zukunft liegenden Zeitpunkt gewährt. Im Hinblick hierauf kann nicht angenommen werden, daß von der Möglichkeit der Bildung dieser Reserven in erheblichem Umfang und gerade in Zeiten der Hochkonjunktur Gebrauch gemacht würde. Die von der Maßnahme zu erwartende konjunkturkämpfende Wirkung muß deshalb als gering veranschlagt werden. Die in der Schweizer Regelung vorgesehene Steuerrückerstattung bei Auslösung der Arbeitsbeschaffungsaktion und Verwendung der Arbeitsbeschaffungsreserven zu begünstigten Investitionen könnte zwar als Instrument zur Konjunkturbelebung vor größerer Wirkung sein. Voraussetzung hierfür wäre jedoch, daß Arbeitsbeschaffungsreserven in erheblichem Umfang für den Einsatz in Zeiten einer Rezession zur Verfügung stehen. Ob das der Fall sein würde, muß aus den vorgenannten Gründen bezweifelt werden. Würde jedoch entgegen dieser Annahme von der Regelung in stärkerem Umfang Gebrauch gemacht werden, so könnte das zu einer schwer tragbaren Haushaltsbelastung führen, weil diese Steuererstattungen in einer Zeit, in der die Steuereinnahmen ohnehin stark rückläufig sein würden, zusammengeballt für die gesamten, in mehreren Jahren angesammelten Arbeitsbeschaffungsreserven stattfinden müßten — es sei denn, der Staat würde in Zeiten einer Hochkonjunktur zweckgebundene Rücklagen für die Steuererstattungen im Falle einer Rezession bilden. Endlich begegnet auch das Ausmaß der Steuervergünstigung, die im Ergebnis dazu führt, daß die begünstigten Investitionen aus unversteuerten Gewinnen finanziert werden können, ohne daß eine Kürzung der steuerlichen Abschreibungen eintritt, starken Bedenken, weil sich hierdurch für die aus den Arbeitsbeschaffungsreserven finanzierten Investitionen eine Abschreibungsquote von 200 v. H. der Anschaffungs- oder Herstellungskosten ergibt. Diese Bedenken wiegen um so schwerer, als der hierdurch eintretende Steuervorteil progressionsabhängig wäre. Für Steuerpflichtige mit hohen Einkommen sowie für Kapitalgesellschaften würden sich sehr hohe, für Steuerpflichtige mit mittleren und kleinen Einkommen nur bescheidene oder gar keine Steuerrückerstattungen ergeben. Die Regelung würde deshalb auf eine zusätzliche Begünstigung der Bezieher hoher Einkommen hinauslaufen, während die Bezieher mittlerer und kleiner Einkommen hiervon nur jeringe oder überhaupt keine Vorteile hätten. Im Hinblick auf diese Bedenken kann die Übernahme der Schweizer Regelung der Bildung von Arbeitsbeschaffungsreserven in das deutsche Steuerrecht auch weiterhin nicht befürwortet werden, zumal die Bundesregierung heute mit den im Gesetz zur Förderung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft vorgesehenen Ermächtigungen zur Gewährung einer Investitionsprämie bzw. zur vorübergehenden Einschränkung der steuerlichen Abschreibungen oder zur Variierung der Einkommensteuer und der Körperschaftsteuer bereits über ausreichende und unserem Steuerrecht adäquate Instrumente, mit denen übermäßigen Konjunkturausschlägen entgegengewirkt werden kann, verfügt. Anlage 8 Schriftliche Antwort des Bundesministers Lücke vom 29. Juni 1967 auf die Zusatzfrage des Abgeordneten Dr. Jahn (Braunschweig) zu der Mündlichen Anfrage des Abgeordneten Dr. Jahn (Braunschweig) t) In der Fragestunde des Deutschen Bundestages am 12. Mai 1967 hatte ich zugesagt, Ihrer Frage, ob bekannt sei, daß eine zweijährige Sperrung des Spielers Polywka erfolgen würde, nachzugehen. Sie hatten sich damit einverstanden erklärt, daß Ihre zweite Zusatzfrage, ob der Bundesregierung bekannt sei, daß andere Sportorganisationen in der Bundesrepublik Deutschland aus der SBZ kommende Sportler ohne Schwierigkeiten starten lassen, schriftlich beantwortet werden würde. Ich kann Ihnen jetzt dazu mitteilen, daß der Internationale Fußball-Verband (FIFA) entschieden hat, daß der Fußballspieler Polywka ein Jahr nach Einreichung des Ubertrittsgesuches für einen Verein des Deutschen Fußball-Bundes spielen kann. Die Spielberechtigung des Spielers Polywka ist damit für die neue Saison gesichert. Ich darf daher die Angelegenheit als erledigt betrachten. Anlage 9 Schriftliche Antwort des Staatssekretärs Dr. Ernst vom 18. August 1967 auf die Zusatzfrage des Abgeordneten Dr. Abelein zu der Mündlichen Anfrage des Abgeordneten Dr. Abelein t*) Der Herr Bundesminister der Finanzen hat mich gebeten, die von Ihnen in der Fragestunde des Deutschen Bundestages am 9. Juni 1967 gestellte Zusatzfrage zu beantworten, ob erwogen wird, „die Meldeordnung dahin gehend zu ändern, daß Soldaten ebenfalls — ähnlich wie Studenten — ihren Hauptwohnsitz in den Garnisonsstädten haben". Die Grundlage der melderechtlichen Vorschriften der Länder über den Wohnsitz von Soldaten ist § 9 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches, nachdem „Soldaten, die nur auf Grund der Wehrpflicht Wehrdienst leisten oder die nicht selbständig einen Wohnsitz begründen können", keinen Wohnsitz am *) Siehe 110. Sitzung Seite 5193 C **) Siehe 113. Sitzung Seite 5495 C 6062 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 119. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. September 1967 Standort haben. Die insoweit gleichlautenden landesrechtlichen Meldevorschriften bestimmen daher, daß nur Berufssoldaten, Soldaten auf Zeit (und Angehörige der Bereitschaftspolizeien sowie des Bundesgrenzsschutzes) sich bei der Meldebehörde ihres Standortes anzumelden haben. Dagegen wird bei Soldaten, die den Grundwehrdienst ableisten, eine Meldepflicht nicht begründet. Die genannten Vorschriften gehen davon aus, daß Soldaten, die lediglich ihren Grundwehrdienst ableisten, keine Wohnung in der Garnisonsgemeinde beziehen, sondern kraft Gesetzes zum Wohnen in Gemeinschaftsunterkunft verpflichtet sind. Eine Änderung des § 9 des Bürgerlichen Gesetzbuches ist nach Auskunft des Herrn Bundesministers der Justiz nicht beabsichtigt. Demnach wird auch eine Änderung des Melderechts für Soldaten nicht erwogen. Anlage 10 Schriftliche Antwort des Bundesministers Höcherl vom 5. Juli 1967 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Bauer (Wasserburg) (Drucksache V/1706 Frage 89) : Trifft es zu, daß österreichische Landwirte, die Landmaschinen deutscher Fabrikate erwerben wollen, von einschlägigen staatlichen Subventionen oder zinsverbilligten Darlehen durch die österreichischen staatlichen Organe ausgeschlossen sind, während aus Östereich nach der Bundesrepublik Deutschland eingeführte Landmaschinen bei deutschen staatlichen Förderungsmaßnahmen den deutschen Fabrikaten gleichgestellt werden? Ihre Mündliche Anfrage beantworte ich wie folgt: In der Fragestunde im Bundestag am 12. Mai 1967 hatte ich auf Ihre Frage, ob es zuträfe, daß deutsche Landmaschinen von einschlägigen Förderungsmaßnahmen der österreichischen staatlichen Organe ausgeschlossen seien, geantwortet, es müßten zunächst Erkundigungen eingeholt werden. Ich erhielt das Einverständnis, später schriftlich zu antworten. Nunmehr hat mir die deutsche Botschaft in Wien mitgeteilt, daß es in Östereich zur Zeit zwei Kreditaktionen zur Förderung der Mechanisierung gäbe. Bei der ersten Aktion mit einem Volumen von jährlich 400 Millionen S, die vor allem für Betriebe im Flach- und Hügelland gedacht sei, bestehe eine Einschränkung hinsichtlich Typen und Herkunft der Maschinen nicht. Die zweite Aktion sei auf ein Volumen von 180 Millionen S begrenzt und auf Bergbauern-und Kleinbetriebe beschränkt. Hier würden in erster Linie Maschinen inländischer Herkunft berücksichtigt, die in der Prüfanstalt Wieselburg mit positivem Ergebnis geprüft worden seien. Ausländische Fabrikate würden nur dann einbezogen, wenn inländische Fabrikate entsprechender Leistung und Ausführung nicht vorhanden seien und für sie ein positives Gutachten der Prüfstelle Wieselburg vorläge. Diese Regelung sei unter anderem damit begründet worden, daß bei der oft ungünstigen Streulage der Betriebe auf eine gewisse Begrenzung der Maschinentypen Wert gelegt würde, um den Ersatzteil- und Reparaturdienst zu erleichtern. Die Diskriminierung ausländischer Fabrikate bei dieser Aktion sei bereits im handelspolitischen Ausschuß des EFTA-Sekretariats erörtert worden. Das habe inzwischen zu einer Überprüfung des Verfahrens geführt. Eine Auflockerung sei dahin gehend vorgesehen, daß in die Aktion alle Fabrikate einbezogen werden sollten, für die von der Prüfanstalt Wieselburg oder einer entsprechenden Stelle in einem anderen Land ein positives Gutachten vorläge. Vom österreichischen Bundesministerium für Landwirtschaft und Forsten sei im übrigen darauf hingewiesen worden, daß die Bedeutung dieser zweiten Aktion mit ihrem Kreditvolumen von 180 Millionen S im Vergleich zu den gesamten Maschinenanschaffungen im Werte von jährlich etwa 4 Milliarden S verhältnismäßig gering sei. Auch stehe Österreich nach Frankreich als Abnehmer deutscher Landmaschinen noch immer an zweiter Stelle. Die deutsche Botschaft hat zugesagt, die Angelegenheit weiter zu verfolgen. Anlage 11 Schriftliche Antwort des Bundesministers Frau Strobel vom 29. Juni 1967 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Dichgans (Drucksache V/1943 Frage 90): Ist die Bundesgesundheitsministerin der Auffassung, daß eine solche in Frage 78 ') erwähnte Aktion mit den gesundheitspolitischen Zielen der Bundesregierung vereinbar wäre? Aus der Antwort des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen zu der von Ihnen gestellten Frage in gleicher Sache sind Sie davon unterrichtet, daß ein Zeitpunkt,. zu dem die Deutsche Lufthansa nur noch Düsenflugzeuge für den Nachtpostflug in Düsseldorf-Lohausen einsetzt, nicht bekannt ist. Man muß jedoch damit rechnen, daß im Rahmen der allgemeinen Umrüstung auf Düsenflugzeuge früher oder später die noch vorhandenen Kolbenmaschinen aus dem Verkehr gezogen werden. Da noch nicht voraussehbar ist, welche Flugzeugtypen dann für die Postbeförderung in DüsseldorfLohausen herangezogen werden und die näheren Umstände des Einsatzes der Flugzeuge nicht ausreichend bekannt sind, bin ich jetzt nicht in der Lage, präzise zu beurteilen, ob die künftige Lärmbelastung bei der nächtlichen Postbeförderung wesentlich über die derzeitige hinausgehen wird. Ich werde mich jedenfalls dafür einsetzen, daß bei der zu erwartenden Umstellung auf Düsenflugzeuge nicht einseitig postalische oder wirtschaftliche, sondern auch die gesundheitlichen Belange der Bevölkerung Berücksichtigung finden. Zu diesem *) Beantwortet in der 116. Sitzung vom 28. Juni 1967, Seite 5766 B Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 119. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. September 1967 6063 Zweck werde ich rechtzeitig in Verhandlungen mit dem Bundespostministerium auf eine umfassende Prüfung hinwirken, durch welche organisatorischen und sonstigen Maßnahmen flugtechnischer und postalischer Art die Nachtpostbeförderung nach Wegfall der Kolbenmaschinen ohne Zunahme der Lärmstörungen in der Umgebung des Düsseldorfer Flughafens möglich ist. Anlage 12 Schriftliche Antwort des Bundesministers Frau Strobel vom 29. Juni 1967 auf die mündliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Hammans (Drucksache V/1943 Frage 91) : Was kann die Bundesregierung tun, um zu erreichen, daß auch im Bereich der Kläranlagen des Niersverbandes am linken Niederrhein die günstigen Werte des biologischen Abbaues von Detergentien erreicht werden, die im Bereich anderer Kläranlagen seit Inkrafttreten des Detergentiengesetzes zu verzeichnen sind? Die Werte des biologischen Abbaues von Detergentien im Bereich der Kläranlagen des Niersverbandes sind ungünstiger als im übrigen Bundesgebiete, weil dort bisher von privaten Haushalten und von der Industrie noch weitgehend Wasch- und Reinigungs- sowie Textilhilfsmittel mit sogenannten harten Detergentien weiterverwendet wurden. Nach meiner Unterrichtung sind diese Produkte wegen preislicher Vorteile aus den Niederlanden vor allem über den kleinen Grenzverkehr eingeführt worden. Die Entwicklung im Einzugsgebiet der Niers wird auf meinen Wunsch vom Hauptausschuß „Detergentien und Wasser" sorgfältig beobachtet. Seit dem letzten Jahr haben sich diese Schwierigkeiten jedoch laufend gebessert. Vermutlich ist das auf eine Nivellierung der Preise zurückzuführen. Das Detergentiengesetz erfaßt in seiner jetzigen Fassung nur das „Inverkehrbringen" detergentienhaltiger Wasch- und Reinigungsmittel durch den Hersteller oder Einführer, nicht aber die Einfuhr derartiger Stoffe zur Verwendung im eigenen Haushalt oder Betrieb. Eine entsprechende Änderung des Gesetzes würde eine Änderung seiner Grundkonzeption bedeuten; es müßten unter anderem auch private Haushalte Adressat der Gesetzesvorschriften werden. Im Hauptausschuß „Detergentien und Wasser" und in der Länderarbeitsgemeinschaft Wasser ist bei Beratungen über diese Frage einmütig die Auffassung vertreten worden, daß das Gesetz zur Zeit nicht geändert werden sollte, insbesondere nicht in seiner Grundkonzeption. Die Bundesregierung hat sich dieser Auffassung angeschlossen. Sie geht hierbei nicht zuletzt von der Annahme aus, daß sich die genannten Probleme lösen, wenn in absehbarer Zeit erreicht wird, daß sich die dem Europarat angehörender Länder unserem Vorgehen anschließen und ähnliche gesetzliche Regelungen oder Vereinbarungen treffen. Auf Initiative des Bundesministeriums für Gesundheitswesen wird im Europarat seit geraumer Zeit darüber verhandelt. Anlage 13 Schriftliche Antwort des Staatssekretärs Schütz vom 5. Juli 1967 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Dr. Schulz (Berlin) (Drucksache zu V/1943 Fragen 94 und 95) : Ist die Bundesregierung bereit, im Sinne der Empfehlung 489 der Beratenden Versammlung des Europarates vom 26. April 1967 diejenigen Forschungsinstitute und Hochschuleinrichtungen nachhaltig zu unterstützen, die sich speziell mit Fragen der internationalen Friedenssicherung beschäftigen? Ist die Bundesregierung bereit, im Ministerkomitee des Europarates für die Gründung eines europäischen Instituts für Friedensfragen einzutreten? Die Bundesregierung begrüßt die von der Beratenden Versammlung des Europarates angenommene Empfehlung 489 zur Förderung bestehender Friedensforschungsinstitute. Es ist allerdings noch nicht zu übersehen, ob und in welchem Umfang sich die darin empfohlene internationale Zusammenarbeit mit dem Ziel der Vereinheitlichung der Arbeit dieser Institute verwirklichen läßt und welchen gemeinsamen Beitrag die Mitgliedsregierungen des Europarates hierzu leisten können. Im Augenblick wird die Empfehlung 489 im Ausschuß der Ministerbeauftragten des Europarates behandelt. Die Bundesregierung hat aber unabhängig von dieser Initiative der Beratenden Versammlung schon bisher die Wissenschaft und Forschung auf dem Gebiet der internationalen Beziehungen — das bedeutet auch gerade Friedensforschung — tatkräftig gefördert und wird dies weiterhin im Rahmen ihrer Zuständigkeiten und finanziellen Möglichkeiten tun. Die Beratende Versammlung hat in Ziffer 2 dieser Empfehlung die Gründung eines europäischen Instituts für Friedensfragen als verfrüht bezeichnet und davon abgesehen, dem diesbezüglichen Antrag des dänischen Abgeordneten Normann zu entsprechen. Diese Frage steht daher im Ministerkomitee zur Zeit nicht zur Diskussion und sollte nach Ansicht der Bundesregierung auch erst dann erörtert werden, wenn über die Arbeit der vorhandenen Institute und über deren internationales Zusammenwirken in größerem Umfang Erfahrungen gesammelt worden sind. Anlage 14 Schriftliche Antwort des Staatssekretärs Schütz vom 5. Juli 1967 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Schulz (Berlin) (Drucksache zu V/1943 Frage 96): Teilt die Bundesregierung die kürzlich von dem französischen Staatspräsidenten vertretene Auffassung, daß die Vereinigten Staaten von Amerika nicht nur den Vietnam-Krieg ausgelöst, sondern sich dadurch auch am Ausbruch des Konflikts im Nahen Osten schuldig gemacht hätten? Es kann nicht die Aufgabe der Bundesregierung sein, Auffassungen über politische Zusammenhänge in der Welt, die von führenden ausländischen Persönlichkeiten geäußert und der Bundesregierung durch die Presse bekannt werden, zu bewerten. Damit verneine ich nicht die Notwendigkeit, für die Bundesregierung eigene Überlegungen anzustellen. Sie stellt diese an und sie teilt sie auch dem Hause mit. 6064 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 119. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. September 1967 Anlage 15 Schriftliche Antwort des Staatssekretärs Grund vom 30. Juni 1967 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Maucher (Drucksache zu V/1943 Fragen 99, 100 und 101) : Ist der Bundesregierung bekannt, daß sich der Erlaß der Grunderwerbsteuer, wenn mit Hilfe der Kapitalabfindung ein Grundstück erworben wird, sich sehr segensreich auswirkt und den Beschädigten ermöglicht, zu einem Eigenheim zu kommen, was in vielen Fällen sonst nicht der Fall wäre? Ist der Bundesregierung bekannt, daß die Unfallbeschädigten, obwohl sie unter gleichen Voraussetzungen neuerdings die Kapitalabfindung in Anspruch nehmen können, aus der in Frage 99 erwähnten Vergünstigung ausgeschlossen sind? Ist die Bundesregierung bereit, eine gesetzliche Änderung vorzunehmen, daß auch die Unfallbeschädigten in die in Frage 99 erwähnte Vergünstigung miteinbezogen werden? Bei der Grunderwerbsteuer stehen Gesetzgebung, Verwaltung und Aufkommen ausschließlich den Ländern zu. Die Bundesregierung ist dehalb mangels Zuständigkeit nicht in der Lage, zu den Anfragen sachlich Stellung zu nehmen. Anlage 16 Schriftliche Erklärung des Abgeordneten Dr. Staratzke (FDP) zu Punkt 3 der Tagesordnung. Ich möchte noch einmal auf die Widersprüche eingehen, die zwischen diesem Zweiten Konjunkturprogramm und den Maßnahmen der gleichzeitig zu verabschiedenden mittelfristigen Finanzplanung unverkennbar bestehen. Ich spreche also zum Zielkonflikt. Zunächst einmal bleibt die Frage offen, ob die sark verschuldeten Gemeinden überhaupt mitspielen werden, wenn auch Herr Minister Schiller in seiner Rede heute vormittag das Mitziehen der Länder so stark und so positiv herausgestellt hat. Dieses antizyklische konjunkturfördernde Programm soll Länder und Gemeinden von ihrem bisherigen prozyklischen Verhalten abbringen. Selbst wenn das gelingen sollte — was ich bezweifle —, können öffentliche Investitionen in gewissem Umfange bestenfalls die Konjunktur abstützen, jedoch niemals allein zu einem neuen Wirtschaftsaufschwung führen. Die Wirtschaft braucht einen schnellen und kraftvollen Aufstieg, den nur die „Antriebsraketen" privater Investitionen schaffen können. Die erfolgreiche „Zündung" derartiger Impulse wird aber leider von vornherein durch eine Reihe von „Kurzschlüssen" erschwert. Erstens paßt die Ergänzungsabgabe von 3 °/o zur privaten Investitionsbelebung wie die „Faust aufs Auge". Diese Kröte, die Minister Schiller hier nach seinen eigenen Worten schlucken mußte, entzieht der Wirtschaft weiteres Blut für die nun seit einem Jahr rückläufigen Investitionsausgaben. In seiner Begründungsrede zum Investitionshaushalt spricht Herr Minister Schiller von einer Verbesserung der Selbstfinanzierung, die er erreichen will. Glauben Sie, daß dies durch die Erhöhung der direkten Steuern erreicht wird, das alles in dieser Situation? Das glauben Sie doch selbst nicht, dafür sind Sie doch viel zu klug. Zweitens soll die Mehrwertsteuer erhöht werden. Daß diese Maßnahme der Konjunktur zuwiderläuft, statt sie zu beleben, weil sie die Kaufkraft mindert, weiß jedes Kind. In der Frage der Entlastung der Altvorräte wird immer noch gezögert. Entschließt sich das Parlament jetzt endlich dazu, diese Entlastung voll vorzunehmen, dann ist es reichlich spät. Die Pferde, die Herr Minister Schiller zum Saufen bringen möchte, finden also eine reichlich verschmutzte Quelle vor. Es kann doch nur so sein, daß im Koalitionskabinett Kräfte gegeneinander gewirkt haben, die sich am Ende aufheben. Wir stehen hier im Parlament vor schlechten Kompromissen ohne Ecken und Kanten. Der Bundesbürger wird wohl Abschied nehmen müssen von dem Wunschdenken, die beiden großen Parteien könnten eindrucksvolle Kraftakte vollbringen. Sehr gewagt, wenn nicht falsch, ist die Behauptung in der Regierungsbegründung, der erste Eventualhaushalt habe zu einem ganz erheblichen Teil eine Konjunkturbesserung herbeigeführt, und die Sonderabschreibungen hätten auch ganz wesentlich dazu beigetragen. Nein, meine Damen und Herren, das kann Ihnen wohl kaum jemand in der Wirtschaft bestätigen. Zustimmen muß man allerdings jenem Punkt 6 der Regierungsbegründung, in dem dargelegt wird, daß die — entgegen den weitergehenden Vorschlägen der FDP — seinerzeit beschlossene Behandlung der Altvorräte bei der Einführung der Mehrwertsteuer zu einem verstärkten Lagerabbau mit stark negativem Konjunktureinfluß geführt habe. Das allerdings kann Ihnen .die Wirtschaft voll bestätigen. Wir müssen uns doch immer wieder vor Augen halten, daß die Bemühungen um eine neue wirtschaftspolitische Belebung nur dann erfolgreich sein werden, wenn Wirtschaft und Verbraucher Vertrauen zur Wirtschafts- und Finanzpolitik der Bundesregierung gewinnen. Die Vorlagen der Bundesregierung erfüllen diese Anforderung nicht. Sie sind einfach in sich widersprüchlich und stehen im Gegensatz zu den großen und kraftvollen Ankündigungen der Bundesregierung. Mit den geplanten Steuererhöhungen wird die Massenkaufkraft eingeschränkt und werden Neuinvestitionen behindert. Diese Maßnahmen wirken deshalb gerade gegenteilig zur angestrebten Konjunkturbelebung. Aber auch das Flickwerk auf sozialpolitischem Felde in der mittelfristigen Finanzplanung bringt dem Einkommensbezieher weniger Konsumkraft und der Wirtschaft weitere Mehrbelastungen und damit Kostensteigerungen. Die vorgesehenen Ausgabenkürzungen bei den Sozialleistungen gehen am eigentlichen Problem der notwendigen Sozialreform schnurstracks vorbei. Der Bundeshaushalt wird zwar dadurch entlastet. Diese Entlastung kommt jedoch durch Beitragserhöhungen zustande, die der gewerblichen Wirtschaft wiederum über eine Milliarde Mehrbelastung, d. h. Kostensteigerung bringen. Das Wort „Vertrauen" ist der Schlüssel zur Wiederbelebung. Das Vertrauen in die wirtschaftliche Zukunft und damit der Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 119. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. September 1967 6065 Investitionswille der Unternehmungen hängen aber ganz entschieden davon ab, daß weitere Verschuldungen — langfristig, mittelfristig und kurzfristig — vermieden werden. Man erwartet mit Sehnsucht eine starke Einschränkung des Staats- und Sozialkonsums. Dazu hat sich die Bundesregierung in der vorgelegten Finanzplanung nicht bereit gefunden. Wenn die Bundesregierung aber schon im Konjunkturtief nicht die Kraft hat, Staats- und Sozialkonsum einzuschränken, wieviel weniger wird dies der Fall im Klima kommender Wahlen sein? Professor Müller-Armack hatte bereits in seinem Memorandum, das vor der „Woche der Wahrheit" — die wir wohl besser die Woche der Enttäuschung zu nennen haben — vorlag, nachdrücklich darauf hingewiesen, daß eine ganze Fülle von strukturellen Problemen jetzt dringend zu bereinigen seien. In diesem Punkt würde ich ihm ohne zu zögern folgen. Es muß heute ganz einfach die Frage gestellt werden, warum die Bundesregierung mit diesem Programm, das sowohl in der Höhe wie in der Struktur, wie bezüglich der Finanzierung höchst problematisch ist, sozusagen auf den Konjunkturgashebel treten will und zur gleichen Zeit mit aller Kraft auf die Bremse tritt. Warum geht man nicht den direkten Weg zur Ankurbelung der gesamten privaten Wirtschaft? Warum schafft man nicht wirkliche Incentives für die Wirtschaft, auch wenn sie im Augenblick Geld kosten? Dazu würde z. B. gehören: statt Ergänzungsabgabe und Einkommensteuer- und Körperschaftsteuer-Erhöhung eher eine Senkung der Steuersätze, wie es die Lehren der Nationalökonomie für die Rezession vorsehen. Mehr Staatseinnahmen in dieser Situation können eben nicht durch Erhöhung der Steuersätze erreicht werden, sondern einzig und allein durch Pflege und Anreiz der Steuerquellen. Der Vorsitzende jener großen Gewerkschaft, der den Investitionshaushalt so warm empfiehlt und' den Minister Schiller heute zitiert, hat aber auch eine zehnprozentige Steuersenkung wärmstens empfohlen. Wer halb zitiert, hat ganz gewonnen. Der hier vorliegende Widerspruch wird besonders eklatant, wenn man sich vor Augen hält, daß das vom Hohen Hause vor wenigen Wochen verabschiedete Stabilitätsgesetz Steuererhöhungen natürlich nur dann als zulässig ansieht, wenn mit der Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts zugleich erhebliche Preissteigerungen einhergehen. Davon kann nun allerdings in der augenblicklichen Konjunkturphase wirklich nicht gesprochen werden. Für eine Steuererhöhung ist also auf keinen Fall Raum. Die Bundesregierung schlägt genau das Gegenteil von dem vor, was das Stabilitätsgesetz in dieser Situation als richtige Maßnahme vorsieht. Was soll die Wirtschaft, auf deren Investitionsbereitschaft es jetzt so entscheidend ankommt, von einer derartigen Wirtschaftspolitik eigentlich denken? Soll sie dazu Vertrauen haben? Dazu gehört natürlich auch nicht die Erhöhung der Mehrwertsteuersätze, auch nicht in der zweiten Hälfte des nächsten Jahres; denn sie vermindert die Nachfrage. Dazu gehört die volle Entlastung der Altvorräte, und zwar nicht nur dann, wenn das Lager höher als am Stichtag 1. Januar 1967 ist. Wieviel Unternehmen sind zur letzten Jahreswende wegen der galoppierenden Rezession auf ihren hohen Lägern sitzengeblieben? Wollen Sie diese Konjunkturgeschädigten heute bestrafen? Die Freien Demokraten hatten bereits in der zweiten und dritten Lesung des Mehrwertsteuergesetzes mit Nachdruck eine vernünftige Entlastung der Altvorräte für das bevorstehende Jahresende gefordert. Ich selbst habe hier zweimal vor den Gefahren gewarnt, die dem Konjunkturverlauf bei der damals vorgesehenen Entlastungsregelung drohen müßten. Niemand hat auf uns gehört! Heute endlich beginnt man einzusehen, daß wir recht hatten. Statt der mageren Sonderabschreibungen sollte man sich ernsthaft überlegen, die steuerliche Invesitionsprämie, wie sie das Stabilitätsgesetz — allerdings erst ab 1. Januar 1969 — vorsieht, in einer angemessenen Höhe vorzuziehen und jetzt zu geben. Das würde ein echter Anreiz sein! Weiterhin wäre zu nennen, das Gleichziehen der Exportfinanzierung mit der des Auslandes und Abschaffung des sogenannten Selbstbehaltes bei der Hermes-Versicherung für Exporte. Glauben wir doch ja nicht, daß der augenblickliche Exportboom echt und andauernd ist. Er ist in großen Bereichen der Wirtschaft ein Kampf- und Krampf-Export. Dazu müßte kommen die Verhinderung aller anomalen und Dumping-Einfuhren, die marktzerrüttend wirken und die Investitionsfreudigkeit der Unternehmen für die Zukunft entschieden abschwächen. Auch sollte man Zuschüsse oder Steuererleichterungen für die Forschung in der Industrie sowie für Risikoinvestitionen, wie z. B. in der Elektronik und im Reaktorbau, vorsehen. Hierzu gehört aber auch die steuerliche Erleichterung bei Zusammenschlüssen, bei Fusionen und bei Umwandlungen, um rationeller arbeiten zu können. Dies ist in Deutschland heute nicht möglich, weil so etwas so viel Steuern kostet, daß die Unternehmen, bevor sie zusammengeschlossen oder umgewandelt sind, schon Konkurs anmelden können. Ich will noch auf einige Punkte eingehen, die gar nichts kosten, die aber ausgesprochen negative psychologische Wirkungen haben. Das Schlagwort von der „sozialen Symmetrie" — es wurde heute schon angeschnitten — lastet wie eine Hypothek auf unserer wirtschaftlichen Zukunft. Es erzeugt zudem auch eine falsche und verzerrte Optik, als wenn Arbeitnehmer und Arbeitgeber ein unterschiedliches Interesse an der Konjunkturbelebung, an Stabilität und Wirtschaftswachstum hätten. In Wirklichkeit kommen die konjunkturpolitischen Maßnahmen der Regierung, wenn sie Erfolg haben, doch nicht einseitig nur den Unternehmern zugute, sondern es profitieren alle davon, nämlich die Unternehmer in Form höherer Umsätze, die Arbeitnehmer mit wachsendem Realeinkommen und der Staat 'mit steigenden Steuereinnahmen. Weiterhin ist als bedeutsamer psychologischer Punkt zu erwähnen, das dauernd hochgespielte Gerede von der Erweiterung der Mitbestimmung, durch das weitere Unsicherheit und Unruhe in die Wirtschaft getragen wird, was aber ganz sicher nicht zum 6066 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 119. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. September 1967 Investitionsmut anregt. Aber auch die dauernde Androhung der Aufhebung der Preisbindung der zweiten Hand trägt nicht zur Beruhigung bei. Ich fasse zusammen. Die Bundesregierung hat es nicht vermocht, den Zielkonflikt zwischen Haushaltssanierung und Konjunkturbelebung zu bewältigen. Sie ist sich darüber hinaus selbst untreu geworden. Schon Ende 1966 hatte sie aus höherer konjunkturpolitischer Einsicht, nicht aus dem eigenen Triebe heraus, auf eine Erhöhung direkter Steuern und sogar die geplante Erhöhung des Umsatzsteuersatzes eindeutig verzichtet. Ausgerechnet in einer Phase, in der die künftige Konjunkturentwicklung auf des Messers Schneide steht, soll dies nachgeholt werden. Es sind kaum Maßnahmen denkbar, die unzeitgemäßer sein können. Mehr öffentliche Investitionsnachfrage in gewissem Umfange ist gewiß gut. Zur Vollauslastung der Kapazitäten, für einen höheren Beschäftigungsgrad und erst recht für einen neuen konjunkturellen Aufschwung braucht man aber die privaten Investitionen. Es sieht fast so aus, als ob die Bundesregierung dieses letzte, aber entscheidende Glied in der Kette zu einem neuen Konjunkturaufschwung in ihrer mittelfristigen Finanzplanung und in ihren Konjunkturmaßnahmen vergessen hätte. Anlage 17 Schriftliche Erklärung des Abgeordneten Spitzmüller (FDP) zu Punkt 3 der Tagesordnung. Steht die Bundesregierung noch voll zu den Vorhaben, wie sie sich aus dem Zahlenwerk der Drucksache 2065 darstellen? Ich fürchte, daß das, was der Finanzminister als ausgewogen bezeichnet hat, in vielen Punkten keine Bestätigung erfahren wird. Ich habe auch den Eindruck, daß dies der Kanzler ahnt, denn er sagt: Die Finanzplanung ist elastisch genug, es ist keine Zwangsjacke aber auch kein unverbindliches Papier. Der Finanzminister sagte heute: Erst am 13. 9. 67 wird sich das Kabinett mit den Einzelgesetzen zur Ausgabenkürzung beschäftigen. Nun da wäre es doch gut, wenn das Kabiett schon wüßte, wie sich die Abgeordneten in den Fachausschüssen für Sozialpolitik, Familienfragen und Jugendfragen, Arbeit und Kriegs- und Verfolgungsschäden sowie im Ausschuß für Angelegenheiten der Heimatvertriebenen und Flüchtlinge zu den einzelnen Punkten geäußert haben. Dies könnte nur von Vorteil für eine sachdienliche und schnelle Beratung im Kabinett und später im Bundestag sein. Oder gilt für das Parlament und die Ausschüsse im Verhältnis zur Regierung nicht das Wort von der konzertierten Aktion? Oder soll schließlich die RVO und deren Änderung zu den Aufgaben des Haushaltsausschusses werden? Zusammenarbeit oder — um mit Herrn Schiller zu sprechen — Kooperation schon jetzt wäre gut. Oder sind die Meinungsverschiedenheiten in der Koalition so groß, daß man die Beratung in den zuständigen Ausschüssen jetzt nicht riskieren kann? Herr Finanzminister Strauß hat heute morgen wieder in gewohnter Manier manches Wahre prägnant formuliert, z. B. als er davon sprach, daß „Kürzungen in Zeiten wachsender Steuereinnahmen" fast unmöglich seien. Sicherlich hat er dabei auch daran gedacht, daß dies in Wahljahren auch nicht möglich ist. Einen Satz aber muß ich doch entschieden richtigstellen. Sie sagten, der soziale Besitzstand des kleinen Mannes wird nicht angetastet. So etwas kann nur sagen, wer die Lehre von den drei Wahrheiten praktiziert. Sie wissen, der Erfinder dieser Lehre war Konrad Adenauer. Die Vorschläge der Finanzplanung greifen in die Grundlagen der Rentenreform ein: a) Beitragserhöhungen ohne höhere Rentenansprüche, b) Eingriff in den Steigerungssatz und damit in die Rentenformel der Knappschaftversicherung, c) Aussetzen von Teilen des Bundeszuschusses. Bisher bedeutete der Versicherungsbeitrag gleichzeitig vollen Krankenversicherungsschutz oder Leistung eines pauschalen Betrages für Krankenschutz einschließlich der Rente. Das soll in Zukunft nicht mehr gelten. Ein Rentnerkrankenversicherungsbeitrag ist vorgeschlagen. Hier liegt ein ganzes Fragenbündel. a) Welche Rentner werden zu einem Beitrag herangezogen? b) Was geschieht bei Rentenempfängern, die aus eigener Erwerbstätigkeit Krankenversicherungsbeiträge bezahlen? c) Was geschieht bei Rentnern, die mehrere Renten beziehen? d) Was geschieht bei Rentnern, die den Paüschbetrag von 40,70 DM erhalten und die übrigen Versicherungsbeiträge bzw. die Krankheitskosten selbst bezahlen? e) Womit wird die Einbeziehung aller Renten unabhängig von ihrer Höhe gerechtfertigt? (Arbeitseinkünfte in bestimmten Umfang — zur Zeit bis 175 DM monatlich — sind abgabefrei.) f) Warum sollen nach Pressemitteilungen Neurenten und Bestandsrenten (Altrenten) aus den Jahren 1968 und 1967 nicht gekürzt werden? Darüber hinaus wird das verfügbare Nettoeinkommen der Arbeiter und Angestellten prozentual in den nächsten Jahren laufend sinken. Nach den Worten der Regierungsvertreter handelt es sich bei der Finanzplanung um ein ausgewogenes Programm, dessen, was nötig und politisch möglich ist. Das glauben Sie aber wohl selbst nicht mehr; denn nach allem, was aus Zeitungen selbst bei Abmilderung herauszulesen ist, ist doch anzunehmen, daß die Vorhaben im Sozialbereich von Ihrer Koalition nicht durchgehalten werden. Wenn diese Kabinettsbeschlüsse Wirklichkeit werden sollen, bedeutet es die Abkehr der SPD von ihren bisher verkündeten Grundsätzen zur Sozialpolitik. Man könnte dann im Hinblick auf ihre frühere Oppositionsrolle im Vergleich zu ihrem heutigen Verhalten auch sagen: „Illusion und Wirk- Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 119. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. September 1967 6067 lichkeit". Für sie gab es einige Kriterien sozialer Gerechtigkeit, die sie an die Politik der früheren Regierung anlegte, erstens das Verhältnis der Sozialausgaben zu den Gesamtausgaben des Haushaltes. Die SPD versäumte keine Gelegenheit, den verflossenen Regierungen den sinkenden Anteil der Sozialausgaben an den Gesamtausgaben zum sozialpolitischen Vorwurf zu machen. Gewiß, wir haben diesen Vorwurf nicht anerkannt, weil für uns die Frage einer vernünftigen Sozialpolitik keine bloße Frage einer möglichst hohen Umverteilung von Geldern — keine bloße quantitative Frage — ist. Die Bundeszuschüsse waren der zweite beliebte Gegenstand der Kritik. Ungeachtet der Tatsache, daß er absolut gesehen ständig stieg, wurde der Vorwurf erhoben, daß er prozentual, auf die Ausgaben der Rentenversicherungsträger bezogen, ständig sinke. Diese sogenannte Finanzplanung mit entscheidender Mitverantwortung der SPD erweist sich in beiden erwähnten Punkten als genaues Gegenteil dessen, was als geradezu programmatische Zielsetzung von der SPD bisher verkündet wurde. Die Beratungen der Gesetze werden zeigen, inwieweit es sich bei den sozialpolitischen Vorstellungen der Oppositions-SPD nur um Treibhauspflänzchen handelte, die in theoretischen Modellen entwickelt wurden, oder ob sie auch die Freiluft der Regierungsbeteiligung ertragen. Diese verschlungenen Maßnahmen bedeuten im Prinzip die Fortsetzung dessen, was die alte SPD als Opposition aus Überzeugung oder Opportunismus bekämpft hat. Der Anteil der Sozialausgaben an den Bundesausgaben wird weiter sinken, unabhängig davon, ob die Regierung oder Teile der sie tragenden Kräfte bereit sind, dies einzugestehen oder nicht. Die Politik der Vernebelung mit Begriffen wie soziale Symmetrie, konzertierte Aktion usw. wird auf die Dauer darüber nicht hinwegtäuschen. Das Spiel, das die SPD betreiben will, ist klar zu durchschauen. Sie werden, um das Gesicht vor ihren Wählern wahren zu können, versuchen, die Regierungskonzeption punktuell zu ändern, um sagen zu können: Wenn wir nicht in der Regierung gewesen- wären, wäre alles viel schlimmer geworden. Für uns stellt sich nur die Frage, ob dieses Spielchen bei der Erstellung der Finanzplanung und des vorgelegten Zahlenwerks schon eingeplant war, etwa, daß die Interessenquote bei der Rentenversicherung nur 2% betragen soll und die anderen 2 % über Schuldbuchtitel oder durch weiteren Abbau des Vermögens abgedeckt werden können. Allerdings dürfte das dann wieder seine Konsequenzen auf dem Kapitalmarkt haben. Ich erinnere an die Warnungen der Bundesbank. Verschiedene Sprecher der Koalition haben dieses Papier als Arbeitshypothese bezeichnet. Diese Arbeitshypothese ist deshalb gefährlich, weil sie nur eine einzige Entwicklungsannahme hat. Es fehlt, Herr Kollege Burgbacher, die Bandbreite. Daß heißt, wer von möglichen Entwicklungen ausgeht, muß, gerade wenn er keine verbindliche Planung will, zumindest eine Minimum- und eine Maximumannahme zugrunde legen. Wir Freien Demokraten sind nicht zahlengläubig, aber Zahlen verdeutlichen mögliche Entwicklungen, insbesondere wenn von verschiedenen Hypothesen ausgegangen wird. Gerade der Mangel verschiedener denkbarer Entwicklungsmöglichkeiten birgt die große Gefahr, daß diese Finanzplanung, sicherlich ungewollt, aber trotzdem zwangsweise zu einer Planung und Lenkung in Bereichen ausarten kann, an die heute niemand denkt. Wir fragen deshalb: Warum ist man nicht vorgegangen wie bei den versicherungstechnischen Bilanzen? Wo sind die Zahlen über die Entwicklung der Beitragseinnahmen? In der Anlage 2 sind nur Globalzahlen enthalten. Wir wüßten gerne, von welchen Beträgen die Bundesregierung ausgegangen ist, I. Von welchen Beträgen ist die Bundesregierung bei der Erstellung der mittelfristigen Finanzplanung für die Jahre 1967-71 ausgegangen im Hinblick auf die Entwicklung 1. der Beitragseinnahmen a) der Arbeiterrentenversicherung, b) der Angestelltenrentenversicherung, c) der knappschaftlichen Rentenversicherung, d) der landwirtschaftlichen Alterskassen? 2. der Bundeszuschüsse an a) die Arbeiterrentenversicherung, b) die Angestelltenrentenversicherung, c) die knappschaftliche Rentenversicherung, d) die landwirtschaftlichen Alterskassen? 3. der Gesamtausgaben a) der Arbeiterrentenversicherung, b) der Angestelltenrentenversicherung, c) die knappschaftliche Rentenversicherung, d) der landwirtschaftlichen Alterskassen? 4. des Anteiles der Bundeszuschüsse an den Gesamtausgaben a) der Arbeiterrentenversicherung, b) der Angestelltenrentenversicherung, c) der knappschaftlichen Rentenversicherung, d) der landwirtschaftlichen Alterskassen? 5. der monatlichen Höchstbeiträge in a) der Arbeiterrentenversicherung, b) der Angestelltenrentenversicherung, c) der knappschaftlichen Rentenversicherung? 6. der monatlichen Pflichtbeiträge zur Handwerkerrentenversicherung? 7. der monatlichen Beiträge zu den landwirtschaftlichen Alterskassen? 6068 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 119. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. September 1967 8. der monatlichen Mindestbeiträge zur freiwilligen Weiterversicherung in a) der Arbeiterrentenversicherung, b) der .Angestelltenrentenversicherung, c) der knappschaftlichen Rentenversicherung? II. Welche Entwicklung wäre für die in Ziffer I genannten Bereiche für die Jahre 1967-71 zu erwarten, wenn sich die Annahme eines Wachstums des nominalen Bruttosozialprodukts von 5 bis 5,5 % als unrealistisch erweisen sollte und eine niedrigere oder höherer Zuwachsrate von z. B. 1. jährlich etwa 3 % oder 2. jährlich etwa 7 % zustande käme? III. Mit welchen Beitragssätzen müßte unter den in Ziffer II 1 und 2 genannten Voraussetzungen gerechnet werden a) in der Arbeiterrentenversicherung, b) in der Angestelltenrentenversicherung, c) in der knappschaftlichen Rentenversicherung? - In den versicherungstechnischen Bilanzen sind solche Dinge aufgezählt gewesen. Kein Mensch hat daraus geschlossen, es handele sich um Planung, sondern das waren Entwicklungen von hypothetischen Annahmen und der zahlenmäßigen Entwicklung. Die tatsächliche Entwicklung hat gezeigt, daß diese Annahmen im Bereich richtiger Einschätzungen lagen. Niemand soll deshalb heute die Ausrede gebrauchen, man habe die finanziellen Schwierigkeiten nicht etwa voraussehen können. Woher nimmt die Regierung den Mut, auf Seite 3 der Vorlage zu behaupten, ihre Vorschläge trügen zur Konsolidierung der gesetzlichen Rentenversicherung bei? Wie konnte es geschehen, daß der Bundesverband der Rentenversicherungsträger bei gleichen hypothetischen Annahmen zu einem Defizit von 8,5 Mrd. in diesen 4 Jahren kommt? Es ist doch bedenklich, wenn solche Differenzen des Berechnungsergebnisses von Fachleuten vorgetragen werden. Warum hat sich die Bundesregierung nicht vorher mit den Rentenversicherungsträgern über das zu erwartende Rechenvergebnis in Verbindung gesetzt? Wie sollen die Abgeordneten es werten, daß der Präsident der BfA bezüglich der Einnahmezahlen aus der Beseitigung der Versicherungspflichtgrenze auf ein völlig abweichendes Ergebnis kommt? Wie ist es zu erklären, daß in der Vorlage die Kürzungen beim Kindergeld mit 140 Millionen jährlich angesetzt sind und in der Presse von 68 Millionen gesprochen wird, weil niemand weiß, wie die vorgesehene Einkommensgrenze von 2000 DM gedacht ist (brutto, netto oder sonstwie). Dies sind nur einige Fragen, bei denen die finanziellen Konsequenzen zumindest nicht überschaubar sind. Aber es gibt einige weitere Fragen, die das Problem der sozialen Gerechtigkeit berühren. Wie will es die Bundesregierung vertreten, daß bestimmten Bevölkerungsgruppen abverlangt wird, daß sie trotz Preissteigerungen mit dem gleichen absoluten Einkommen in den nächsten 4 Jahren auszukommen haben, während in anderen Bereichen ein Mindestwachstum von 3, 4, 5 % für unumgänglich gehalten wird? Welche Gründe kann die Bundesregierung dafür vorbringen, daß eine Einkommensgrenze ohne Rücksicht auf die Kinderzahl vorgeschlagen wird? Als ich erstmals von dieser Einkommensgrenze hörte, dachte ich, der Familienminister wolle auch persönliche Opfer auf sich nehmen und auf Kindergeld verzichten. Aber bei näherem Hinsehen erweist es sich, daß diese Grenze auch bei vergleichbaren Einkommen nicht für alle gelten soll. Die Fragen meines Kollegen Mischnick zur Kriegsfolgegesetzgebung harren auch noch der Beantwortung. Letztlich muß ich auf den sozialpolitischen Widerspruch hinweisen, der darin zu sehen ist, 'daß manche Angestellte mit guten Verdiensten unter dem Vorwand der Schutzbedürftigkeit jetzt, wo die Beitragssätze steigen, in die Pflichtversicherung einbezogen werden, während man ihnen die freiwillige Mitgliedschaft bisher verwehrte, ihnen aber gleichzeitig jetzt das Kindergeld mit dem Argument nimmt, sie seien belastungsfähig. Verschiedene Sprecher der Koalition haben von ausgewogenen Maßnahmen gesprochen. Wir werden bei der Verabschiedung der einzelnen Gesetze erleben, was von dieser angeblichen Ausgewogenheit übrigbleibt. Ich erinnere an die Regierungserklärung vom 13. Dezember 1966, in der der Bundeskanzler von den „Führungsaufgaben" sprach. Wir warten gespannt darauf, ' ob das Problem nur erkannt und angesprochen wurde oder ob es wie in vielen anderen Fällen mit der Darstellung sein Bewenden hat. Wenn der Bundeskanzler glaubt, die Vorschläge zur Sozialpolitik in der Koalition durchsetzen zu müssen, dann muß er alle Minister und Staatssekretäre permanent in die Ausschüsse schikken und zweifelsfreies Zahlenmaterial vorlegen. Das, was hier bis jetzt geboten wird, ist in vieler Hinsicht so anfechtbar, daß ein verantwortungsbewußter Sozialpolitiker — unabhängig von der grundsätzlichen Einstellung — nicht bereit sein kann, auf dieser fragwürdigen Zahlenbasis Entscheidungen weitreichenden Ausmaßes zu treffen.
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    Rede von Hans-Jürgen Junghans


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Entschuldigen Sie, ich habe es gerade erklärt. Ich verstehe unter einer moralischen Wertung: „schwarz — weiß", „richtig oder falsch".

    (Lachen bei der FDP.)

    — Ja, natürlich! (Zuruf von der FDP.)

    — Entschuldigen Sie; ich will hier keine Theologen bemühen; aber wenn Sie es so sehen wollen, Ihre Politik damit belasten wollen, ist das Ihre Sache.

    (Lachen bei der FDP.)

    Sie haben gesagt: „Die Projektion bis 1972!" Entschuldigen Sie, Herr Dr. Friderichs, dann verstehe ich wirklich nicht, was Sie gegen eine wachstumsorientierte Wirtschaftspolitik haben, gegen die Sie polemisiert haben. Ich will hier nicht unter die Wetterfrösche gehen und sagen: „Da wird das so oder so aussehen." Aber im übrigen müssen Sie dann auch das Gesetz lesen, in dem ja von einer jährlichen Überprüfung die Rede ist.
    Zur Frage, warum denn nicht vorzeitig getilgt werden könne! Der Bundesfinanzminister und auch der Bundeswirtschaftsminister haben von dieser Stelle aus eindeutig die Versicherung abgegeben, daß sie, wenn die Finanzlage und die Einnahmeseite es gestatten, vorab eine Schuldentilgung vornehmen werden.
    Ich bin auch sehr dankbar, daß Sie vor diesem Hause klar zum Ausdruck gebracht haben, daß Sie zur Ergänzungsabgabe nein sagen. Ich schließe mich im weiteren wegen der Wirkung der Ergänzungsabgabe den Äußerungen von Herrn Professor Burgbacher an; ich habe ihnen nichts hinzuzufügen.
    Wenn Sie unter „Umstrukturierung der Ausgabenseite "nur eine Subsumierung partieller Interessen verstehen, wenn Sie darunter die Abgabe von Versprechen auf dieser oder jener Verbandstagung verstehen und nachher zusammenschreiben, was dabei herauskommt, dann, darf ich Ihnen sagen, verstehe ich Ihren sogenannten Mut zur Kürzung nur als einen Rückfall in das, was wir vorher schon einmal als „Gefälligkeitsdemokratie" apostrophiert gehört haben.
    Herr Kollege Dr. Friderichs, Sie haben doch selber gesagt — ich kann das nur unterstreichen, aber jetzt auf Sie beozgen —: Alternativen kann man nur dann vorbringen, wenn etwas da ist. Sie und auch der Kollege Mischnick haben davon gesprochen, welche großen Reformen vor uns stehen. Es wird Ihnen doch sicherlich bekannt sein, meine Damen und Herren, daß diese Reformen nicht erst seit dem Dezember 1966 anstehen; über diese Reformen — Große Finanzreform usw. — ist in diesem Hause seit Jahr und Tag geredet worden. Ich möchte nur replizieren, meine Damen und Herren von der FDP: die Große Koalition besteht nach den Worten des Bundeskanzlers — und das stimmt wohl auch — heute neun Monate; Sie haben dreizehn Jahre lang mit Zeit gehabt, — —

    (Zuruf von der FDP.)

    — Doch, dreizehn Jahre! Ich habe es mal nachgerechnet, wie lange Sie in der Regierung waren.

    (Zuruf von der FDP.)

    — Dann habe ich es falsch gerechnet; lassen Sie es zehn Jahre sein, spielt auch keine Rolle.
    Hier wird doch mit diesen Vorlagen tätig — tätig, meine ich jetzt; nicht nur im Wort und in der Deklamation — ein Schritt des Weges gegangen. Hier werden in der mittelfristigen Finanzplanung und im Zweiten Konjunkturprogramm eindeutig neue Prioritäten gesetzt. Das ist ebenfalls ein tätiger Schritt auf dem Wege zur Finanzreform. Und denken Sie nochmals an die Gemeinschaftsaufgaben: auch davon wird hier nicht nur in schönen Aufsätzen usw. geredet, sondern hier wird der Anfang gesetzt. Wir sehen die Aufgaben der Zukunft. Wir wissen, daß in der Wirtschaft strukturelle Veränderungen unvermeidlich sein werden, und wir wollen der Wirtschaft bei diesen strukturellen Veränderungen durch ein wirtschaftliches Wachstum helfen. Wir wissen, daß in Zukunft soziale Investitionen mehr denn je, mehr als heute notwendig sein werden. Auch für moderne soziale Interventionen wird man Mittel brauchen. Denken Sie an Beschäftigungspolitik, an Berufsausbildung, an Mobilität der Arbeitskräfte und an all das, was noch auf uns zukommt.
    Ich will mich nicht wiederholen; Herr Kollege Dr. Burgbacher hat das alles .schon gesagt. Wir glauben jedenfalls, daß bei allen Einwendungen im einzelnen — alles auf einmal kann man nicht haben, man kann nicht nur den Sonnenschein haben, sondern



    Junghans
    muß auch die Schatten in Kauf nehmen; das gilt z. B. für die Steuererhöhungen, die uns gar nicht schmekken — doch mit diesem Programm und mit diesen Vorlagen ein wichtiger Schritt in die Zukunft getan wird, der dazu beiträgt, daß die Wirtschaft und, wie wir meinen, auch die Arbeitnehmer in die von uns mitgetragene Bundesregierung weiterhin Vertrauen haben können.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)



Rede von Dr. Eugen Gerstenmaier
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Emde.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Hans Georg Emde


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben hier aus den Worten des Kollegen Junghans vernommen, wie sehr er entweder nicht begriffen hat, was wir gesagt haben, oder wie sehr er sich bemüht hat, uns mißzuverstehen. Meine Damen und Herren, wir werden das Exerzitium noch einmal vornehmen, wir werden noch einmal versuchen, auch Herrn Junghans klarzumachen, worum. es 'in diesen Dingen geht. Ichglaube diese Debatte führt ,allmählich zu einem Zwiegespräch im Parlament und wir sind bereit auf all die Fragen, die Sie jetzt an uns gestellt haben, in der entsprechenden klaren Form Antwort zu geben. Wir hoffen nur, daß auch die Regierung heute hier auf unsere Fragen antwortet, die der Kollege Mischnick und die der Kollege Friderichs ein zweites Mal vorgetragen haben. Damit sich hier nicht die Idee verbreitet, wir fragten aus rein rhetorischen Gründen, werde ich diese Fragen ein drittes Mal stellen und ein wenig tiefer graben, mag das für die eine oder andere Gruppe in der Koalition unangenehm sein, in der Erwartung, daß dann endlich die Minister und der Bundeskanzler hier zu den Problemen so klar und deutlich Stellung nehmen, wie es bei der großen Aufgabe, um die es geht, notwendig ist.

    (Beifall bei der FDP.)

    Wenn wir heute hier eine Sondersitzung haben, zu der der Bundeskanzler das Parlament gebeten hat — wobei völlig vergessen wurde, daß wir Wochen darum gekämpft hatten —, dann bedaure ich, daß der Bundeskanzler nicht der ganzen Debatte hier folgt. Eine in etwas müder Form vorgetragene Regierungserklärung ist nicht die äquivalente Behandlung des Parlaments in diesen Fragen.
    Meine Damen und Herren, der Bundeskanzler sprach von der schmerzlichen Krise des vorigen Herbstes. Es gibt keinen Zweifel, daß wir im vorigen Herbst eine labile Situation hatten, aber doch nur darum, weil damals keine Entscheidungen gefällt werden konnten. Das, was dann als schwere Erbschaft der Vergangenheit dargestellt wird, was dann von den Kollegen Hermsdorf und Junghans als eine Art Katastrophenpolitik mit dem Offenbarungseid einer alten Politik dargestellt wird,

    (Abg. Hermsdorf: Das habe ich nicht gesagt!)

    nun, das ist garantiert nicht die richtige Bewertung der Politik in Deutschland, die von 1949 bis 1966 betrieben worden ist.

    (Beifall bei der FDP.)

    Ich sage das ohne Rücksicht darauf, ob wir dabei in der ganzen Zeit mit in der Koalition gesessen sind oder, wie in einem Teil der Jahre damals, Opposition geübt haben.
    Um hier noch einmal einer Geschichtskitterung zu widersprechen, möchte ich das, was ich in der dritten Lesung des Bundeshaushalts schon einmal für meine Fraktion vorzutragen die Ehre hatte, wiederholen: In diesen neun Monaten der Großen Koalition ist zwar Arbeit geleistet worden, aber nicht in dem Sinne „die große Arbeit", wie es der Bundeskanzler darzustellen beliebte. Das Mehrwertsteuergesetz war praktisch so weit fertig, daß es nur noch im Plenum verabschiedet zu werden brauchte. Das Stabilitätsgesetz war so weit durchverhandelt, daß es, ergänzt um Regelungen für einen Konjunkturabschwung, verabschiedungsreif war. Das Problem des ersten Investitionshaushalts war in einer Diskussion zwischen SPD und uns von der FDP positiv behandelt, so daß die neue Regierung sich bloß über die Ausführung eines solchen Investitionshaushalts klarzuwerden brauchte. Der Haushalt 1967 war so weit vorbereitet, daß bloß Entscheidungen — so oder so — zu fällen waren.

    (Lachen bei ,der SPD.)

    — Ja, meine Damen und Herren, es ging doch nur noch um Entscheidungen, bei denen man nur ja oder nein zu sagen brauchte.

    (Zuruf des Abg. Dr. Pohle.)

    — Herr Pohle, wir haben doch Jahre mit Ihnen verhandelt und wir haben erlebt, wie Sie jede einzelne Position dann hier verteidigt haben, auch wenn sie völlig im Gegensatz zu dem stand, was Sie drei Monate vorher in den Verhandlungen mit uns gesagt haben.

    (Beifall bei der SPD. — Abg. Dr. Pohle: Wie können Sie so etwas sagen!)

    — Herr Pohle, ich bringe Ihnen gerne ein Beispiel. Sie haben mir im Dezember 1965, als wir uns über die Branntweinsteuer- und die Sektsteuererhöhung strittig waren, erklärt: Ich werde nie mitmachen, wenn eine Mineralölsteuererhöhung kommt; das ist die letzte Steuererhöhung, die ich mitzumachen bereit bin! — Herr Pohle, Sie sind Sprecher der CDU/ CSU in den Koalitionsgesprächen über das Haushaltssicherungsgesetz des Dezember 1965 gewesen, und ich könnte weitere Beispiele anführen. Ich glaube aber, dieses eine Beispiel sollte genügen. Ich bringe keine Attacke gegen Kollegen dieses Hauses vor, wenn ich nicht in der Lage bin, meine Behauptungen Wort für Wort bis ins letzte zu belegen.

    (Beifall bei der FDP. — Abg. Dr. Pohle: Ich kann das jetzt nicht nachprüfen, aber so etwas habe ich sicher nicht gesagt!)

    — Aber Herr Pohle, wir alle wissen es genau! Glauben Sie mir auch wenn ich manchmal so ein bißchen unbeteiligt dabeisitze, ich mache mir Notizen. Wir haben Aktenvermerke über alle diese Besprechungen gemacht, und ich bin gern bereit, diese Aktenvermerke mit Ihnen auszutauschen.

    (Zuruf des Abg. Dr. Pohle.)




    Dr. Emde
    Der Herr Bundeskanzler hat uns nun heute die mittelfristige Finanzplanung vorgetragen. An sich war das ja ein Stück politischer Willenserklärung, das von der Regierung im vorigen Dezember hätte abgegeben werden sollen. Denn wenn eine Regierung nach so langwierigen Koalitionsbesprechungen, die von den verschiedenen Partnern dann auch noch als größte politische Bestandsaufnahme der Bundesrepublik dargestellt werden, zustande kommt, sollte eine solche Regierung präzise wissen, welches Programm sie hat, was dieses Programm kostet und wie ein solches Programm finanzierbar ist. Aber die Bestandsaufnahme im vorigen Herbst hat doch nur zur Feststellung damals bekannter Probleme geführt, und das, was als politische Zukunftserklärung abgegeben wurde, war nichts weiter als die Darstellung allgemeiner Absichten, die wenig aussagekräftig und durchaus unverbindlich blieben. Garniert waren diese Zukunftserklärungen im vorigen Herbst mit vielen Entschuldigungen über Art und Methode des Zustandekommens dieser Koalition, verbunden mit der Absicht, durch die Änderung des Wahlgesetzes die politische Opposition auszuschalten.
    Nunmehr aber ist die Regierung nicht mehr länger in der Lage, den Problemen auszuweichen. Nun muß, nach monatelanger propagandistischer Vorbereitung, endlich regiert werden, und Bundestag und deutsche Öffentlichkeit erleben jetzt den Versuch der Regierung, eine der großen Aufgaben anzupacken, zu deren Lösung sich die Koalitionspartner ja angeblich zusammengefunden haben. Über diesen Versuch der alten Regierung im vorigen Jahr, im Rahmen einer Finanzplanung Entscheidungen zu fällen, ist hier schon mehrfach gesprochen worden, insbesondere von dem Kollegen der SPD, der mit einem gewissen Schwerpunkt in der Argumentation sagte: Ihr wart ja gar nicht fähig, euer Finanzminister taugte überhaupt nichts, und die Zahlen haben nicht gestimmt. Nun, das stimmt in keiner Weise. Die Zahlen, die im vorigen Jahr zur Verfügung standen, sind Februar/März im Finanzbericht der Bundesregierung niedergelegt worden. Im Frühjahr ist ein Ausschuß zur längerfristigen Finanzplanung zusammengestellt worden, der auch eine Fülle von Material zusammengestellt hat, mit dem einen Fehler — hier allerdings gebe ich der Opposition recht —, daß man sich dann nicht einig war über die Entscheidungen, die sich aus den Vorschlägen der Ministergruppe über die langfristige Finanzplanung ergaben. Daran ist die Regierung zerbrochen, und dadurch ist natürlich eine gewisse Schwierigkeit entstanden, aber nicht eine Schwierigkeit der Art, wie sie der Bundeskanzler als Kontrastprogramm darstellt, um im Gegensatz dazu entwickeln zu können, welche gewaltigen Leistungen er mit seiner Koalition heute vollbracht hat.
    Herr Bundeskanzler, Sie haben mit Ihrer schwarzroten Großen Koalition versprochen, alles besser zu machen, was nicht in Ordnung sei. Elegante Reden, neue, überraschende, zum Teil unverständliche Wortschöpfungen haben Ihnen eine einmalig günstige psychologische Ausgangsstellung gegeben, von der aus Sie so ziemlich alles hätten unternehmen können.
    Auch wird von der Opposition haben die Mitarbeit angekündigt. Mit Genehmigung des Herrn Präsidenten zitiere ich das, was ich im Namen meiner Fraktion in der Debatte vom 26. Januardieses Jahres in der Aussprache zur Regierungserklärung gesagt habe: Die FDP wolle überall mitarbeiten; wir wollten ja sagen, wenn wir den Maßnahmen zustimmen könnten; wir würden nur dann nein sagen, wenn wir die Maßnahmen für falsch hielten; wir würden Kritik üben, nicht um Gegensätze aufzureißen, sondern um Alternativen zu schaffen und Fehlhandlungen zu vermeiden.
    Aber hat die Regierung diese Chance genutzt, die sich ihr im vorigen Dezember bot? Falsche Entscheidungen wie die Steuererhöhung des Dezember 1966, unverständliches Zögern bei der Etatberatung, Ressortstreitigkeiten bei der Verteilung der Mittel im ersten Investitionshaushalt haben doch- erst die labile Lage zu dieser kritischen Situation verschärft, in der wir uns heute befinden.

    (Beifall bei der FDP.)

    Die Arbeitslosenquote lag im November bei 1 %, im Dezember bei 1,6 %. Sie ist erst zum 15. Februar auf diese 3,1 % gestiegen.
    Wenn der Herr Bundeskanzler immer wieder von der schweren Erbschaft spricht, — nun, ganz fair ist das nicht gegenüber den Kollegen seiner Fraktion, die hier in diesem Hause sitzen. Denn in erster Linie hat doch die Mehrheit der Unionsparteien in diesem Hause die Macht in der Bundesrepublik gehandhabt. Sich so von der eigenen politischen Gruppe zu distanzieren, um sein politisches Gesicht in der Gegenwart aufzubauen, — nun, das mag Herr Kiesinger machen. Wir halten das für einen schlechten Stil politischer Propaganda.

    (Beifall bei der FDP.)

    Auch der Bundekanzler persönlich hat doch die Lage völlig verkannt. Sie brauchen bloß seine Rede zur zweiten Lesung dieses Bundeshaushalts nachzulesen, in der er am 7. Juni gesagt hat: „Das, was die vorige Regierung nicht fertiggebracht hat,- haben wir binnen weniger Wochen geschaffen", und weiter: „Wollen Sie leugnen, daß wir binnen weniger Wochen den Haushalt 1967 ausgeglichen haben?" So sahen Sie die Dinge, Herr Bundeskanzler. Binnen weniger Wochen hatten Sie das Problem gelöst. Nun, einen Monat später war es vorbei mit der Fähigkeit, binnen weniger Wochen die Probleme zu lösen. Da begann auch für Sie der Ernst des Bundeskanzlerdaseins. Denn mit dem Etat 1967 war zwar eine Übergangsregelung gefunden, in Wahrheit aber kein Problem gelöst worden. Jetzt liegen die Probleme auf dem Tisch. Eines ist wohl hoffentlich jedermann klargeworden: daß dieser Staat nicht allein zu regieren ist mit Charme, Beredsamkeit und landesväterlicher Tugend, sondern daß sich dazu Fachwissen, eiserner Fleiß und Entschlossenheit gesellen müssen, wenn die großen Probleme unseres Volkes in der heutigen Zeit gelöst werden sollen.
    Nun hat die Regierung in der Grundkonzeption ihrer Maßnahmen eine erstaunliche Unsicherheit gezeigt. Sie bemäntelte diese Unsicherheit in einer genialen Wortschöpfung, nämlich mit dem Begriff



    Dr. Emde
    „Zielkonflikt". Es wäre eine reizvolle Aufgabe für Sprachforscher, die in den letzten Monaten geprägten neuen Begriffe in Gebrauchsdeutsch zu übersetzen. Das würde nicht immer leicht, aber es würde sehr nützlich sein. Denn was kann sich der Bürger in unserem Land schon unter „konzertierter Aktion" oder unter „sozialer Symmetrie" vorstellen? Das Wort „Mifrifi" klingt für die durch die angekündigten Steuererhöhungen aufgescheuchten Steuerzahler doch fast wie Rififi.

    (Heiterkeit.)

    Daß ein „antizyklischer Seitensprung" nichts Amouröses ist, ergibt sich aus der Tatsache, daß dieser Begriff erstmalig auf der Bundespressekonferenz von einem Minister vorgetragen worden ist; aber mehr, Herr Minister, weiß selbst der gebildete Bürger nicht.

    (Heiterkeit.)

    Die richtige Ausdeutung des Wortes „Zielkonflikt" scheint mir zu lauten: die Regierung weiß nicht, wofür sie sich entscheiden soll. Es ist genial, wie ein einfaches Wort Dinge verdecken kann. Man hat bei einem ganz großen Meister gelernt, und ich möchte einige Zeilen zitieren:
    Am besten ist's auch hier, wenn ihr nur Einen hört
    Und auf des Meisters Worte schwört. Im ganzen — haltete euch an Worte! Dann geht ihr durch die sichre Pforte Zum Tempel der Gewißheit ein.

    (Zuruf von der SPD: Noch ein Gedicht!) — Das stammt aus dem Faust.

    Zielkonflikt — die Regierung weiß also nicht, wofür sie sich entscheiden soll: für die Konjunkturbelebung oder für den Haushaltsausgleich. Ich glaube, so ist es doch richtig dargestellt. Gewählt hat man — wie könnte es anders sein — einen Kompromiß: ein Stück Wirtschaftsbelebung, kombiniert mit dem unsicheren Versuch, den Etat auszugleichen, ein tapferes Sowohl-als-auch, das Sowohl der Konjunkturspritze und das Als-auch des Haushaltsausgleichs, zu allem Unheil aber belastet mit neuen Steuererhöhungen.
    Meine- Damen und Herren, sind denn eigentlich die Erfahrungen der letzten Monate alle umsonst gewesen? Hat die Regierung nicht aus den Fehlern der Steuererhöhung des Dezember 1966 gelernt, wo es durch die massiven Eingriffe in die deutsche Kraftfahrzeugwirtschaft zu der Flaute in der Autoproduktion gekommen ist? Haben diejenigen Mitglieder der Regierung und der Regierungsparteien, die seit dem Winter Steuererhöhungen als konjunkturdämpfend bezeichneten, inzwischen ihre Meinung wieder geändert? Sollen wir in dieser Debatte alle Redner zitieren, die sich z. B. bei der Einführung der Mehrwertsteuer gegen Manipulationen mit der Höhe des Steuersatzes gewandt haben? Wir haben in unserer fdk-Korrespondenz am 12. Juli eine kleine Zusammenstellung der Erklärungen führender Koalitionspolitiker zur Möglichkeit der Erhöhung der Mehrwertsteuersätze gebracht. Keiner von diesen Koalitionspolitikern war damals für diese Erhöhung. Jetzt soll es dann doch so sein Diejenigen, die damals dagegen argumentiert haben, müssen nun wenige Wochen später diese Erhöhung als vernünftig und sinnvoll vertreten.
    Am 26. April haben wir hier im Parlament für die Mehrwertsteuer einen Satz von 10 % beschlossen. Am 6. Juli hat die Regierung die Erhöhung der noch nicht in Kraft befindlichen Steuer in zwei Stufen von je einem halben Prozent zum 1. Januar 1968 und 1. Januar 1969 beschlossen. Entrüstung im ganzen Lande. Ein neuer Plan der Regierung. Am 14. Juni 1967 ein neuer Vorschlag der Regierung: Erhöhung um 1 % am 1. Juli nächsten Jahres. Glaubt denn jemand, daß ein derartiges Hin und Her Vertrauen auslöst? Glaubt jemand, daß so Ruhe und klare Kalkulationsmöglichkeiten in die Betriebe kommen? Glaubt man, mit dem Hin und Her hinsichtlich der Entlastung der Altvorräte einen sinnvollen Bestellungsrhythmus in den Betrieben herbeizuführen? Glaubt die Regierung, daß mit der erstmaligen Einführung der Ergänzungsabgabe die Investitionsneigung der Betriebe gestärkt wird? Ist sich die Regierung im klaren darüber, daß die Veränderung des Körperschaftsteuersatzes bei Sparkassen und Kreditgenossenschaften eine Strukturveränderung im deutschen Bankwesen zur Folge haben wird? Ist diese Strukturveränderung von der Bundesregierung gewollt? Oder sind alle diese Entscheidungen nur einfach so obenhin gefällt worden, nur um mehr Geld in die Kassen des Staates zu bekommen? Glaubt die Regierung, daß ihre Vorschläge zum Haushaltsausgleich ausreichend sind, um die Dinge auf Dauer zu lösen? Glaubt die Regierung
    ' wirklich, daß das, was sie uns als Einsparungen und Streichungen vorträgt, auch überall parlamentarische Mehrheiten findet? Glaubt die Regierung daß es sinnvoll ist, mit Tricks und unechten Streichungen der Bevölkerung vorzuspielen, welche gewaltigen Abstriche man an den Ausgaben künftiger Haushaltsjahre gemacht habe? Nein, das kann die Regierung nicht alles geglaubt haben; dazu sind die Männer, die dort auf der Regierungsbank sitzen, viel zu klug.
    Aber untersuchen wir doch einmal die. Dinge im einzelnen! Beim Verteidigungshaushalt hat es im Laufe der letzten Monate eine heftige öffentliche Auseinandersetzung gegeben, durch die Zug um Zug bestätigt wurde, was wir als Oppositonspartei zur Höhe der Streichungen im Verteidigungshaushalt gesagt haben. „Im Bereich der militärischen zvilen Verteidigung werden jährlich zwischen 2 und 21/2 Milliarden gestrichen!" Erschreckte Gemüter und manche Polemik aus dem Regierungslager war darauf abgestellt, Gemüter zu erschrecken — konnten folgern, daß hier nun tatsächlich die Mittel der Verteidigung gekürzt werden sollten. Nun, wir wissen aus der Diskussion der beiden zuständigen Minister und wir wissen aus den Darlegungen, die der Bundesfinanzminister heute hier gemacht hat, daß man in Wirklichkeit nur die Zuwachsraten gekappt hat. Nichts anderes ist bei den sogenannten Kürzungen im Verteidigungshaushalt geschehen. Wenn man einmal die Zahlungen aus dem deutschamerikanischen Devisenausgleichsabkommen herausnimmt, wenn man das dazuzählt, was über den ersten und den zweiten Investitionshaushalt dem



    Dr. Emde
    Verteidigungsetat im Jahre 1967 zugeschlagen wird, und sich klarmacht, daß damit das Haushaltsjahr 1968 entlastet wird, dann sieht man doch, daß praktisch nichts gestrichen worden ist, daß im Gegenteil der Plafond wächst.
    Ich beziehe mich hier auf die Darstellung des Berichterstatters bei der zweiten Lesung des Bundeshaushalts, in der der Kollege Gierenstein von den Unionsparteien erklärt hat: Wenn man den Verteidigungshaushalt auf seinen Kern zurückführt — den des Jahres 1967 —, verbleibt ein Plafond von 18,3 Milliarden DM. So ist die Realität im Verteidigungshaushalt des Jahres 1967, so daß definitiv mit dem, was an Mitteln in den nächsten Jahren zur Verfügung steht, kein Soldat entlassen zu werden braucht, daß die heutige Zielprojektion der Bundeswehr, so wie sie früher einmal vorgestellt war, fortgeführt werden kann. Man kann allerdings die Bundeswehr nicht um 60 000 Mann verstärken, man kann nicht all die zusätzlichen Beschaffungen, die irgendwann einmal im vorigen Herbst in die Diskussion eingeschleust wurden und die auch in der alten Regierung Erhard weder beraten noch beschlossen worden waren, zur Basis von Berechnungen machen. Das ist hier geschehen.
    Meine Damen und Herren, die Diskussion im Juli hat gezeigt, wie wenig Substanz in diesem überhöhten Zahlenmaterial gesteckt hat. Es ist nur bedauerlich und ein Zeichen für die Situation des Kabinetts, daß der Bundeskanzler die Auseinandersetzungen über den Verteidigungshaushalt nicht herbeigeführt hat, ehe die mittelfristige Finanzplanung der Öffentlichkeit vorgelegt wurde, sondern daß uns ein Zahlenrahmen bekanntgegeben wurde und dann erst in der Öffentlichkeit die zwei Minister — der Verteidigung und der Finanzen — vor allen Augen und Ohren über die Zukunft unserer militärischen Verteidigung und unserer staatlichen Sicherheit eine Auseinandersetzung führten, von der einer gesagt hat, die Russen könnten sich einen Teil ihrer Geheimdienste in der Bundesrepublik sparen, wenn solche Sachen auf offenem Markt behandelt werden.

    (Zustimmung bei der FDP.)

    Solche Dinge sind nicht geeignet, das Vertrauen zu
    anderen Entscheidungen des Kabinetts zu stärken.
    Darf ich Ihnen, Herr Bundeskanzler, aber einen anderen Trick bei den vorgesehenen Streichungen nennen? Im Familienlastenausgleich werden ab 1969 schätzungsweise 300 Millionen DM mit der Begründung eingespart: Verzicht auf die am 26. August 1966 von der alten Bundesregierung grundsätzlich beschlossene Erhöhung des Kindergeldes ab 1969. Man kann doch nur streichen, was tatsächlich beschlossen worden ist. Es gab keinen Gesetzentwurf, keinen Parlamentsbeschluß, es gab keine Koalitionszustimmung der FDP im Jahre 1966. Es gab auch keinen definitiven Kabinettsbeschluß über Höhe und Umfang dieser Erhöhung des Kindergeldes. Das Nichtverfolgen von politischen Plänen der einen oder anderen Partei, der einen oder anderen Gruppe ist doch nicht eine ernsthafte Streichung im Haushalt. Das entspricht doch der Methode unseriöser Handelsschacherei, bei der zuerst das Doppelte verlangt wird und der Verzicht auf die erhöhte Forderung als besondere Kulanz im geschäftlichen Leben dargestellt wird.

    (Beifall bei der FDP.)

    Das sollte diese Regierung doch wirklich nicht nötig haben.
    Im Verkehrssektor sollen ab 1968 mehr als 1 Milliarde DM eingespart werden, obwohl jeder weiß, daß die Maßnahmen für Verkehrsbauten aufgestockt werden müssen und auch tatsächlich aufgestockt werden. Hier ist es doch so, daß das, was man an Streichungen — für das Jahr 1968 z. B. in Höhe von 500 Millionen DM — erreicht, über die beiden Investitionshaushalte in diesem Jahr bereits vorweggenommen ist. Es ist nicht falsch, das vorwegzunehmen und vorauszuleisten. Aber es ist für die Öffentlichkeit zumindest trügerisch, wenn man erklärt, daß man eine Streichung vornimmt, wenn man im ordentlichen Haushalt Positionen wegnimmt, die man über den Investitionshaushalt im Jahre vorher bereits dotiert hat.
    Ganz genial ist die Operation bei der Rentengesetzgebung. Seit 1957 hat die CDU der Bevölkerung das Rentensystem als der Weisheit letzten Schluß angepriesen und alle Vorausberechnungen, alle Warnungen in den Wind geschlagen. Das System, die Renten nach der Entwicklung der Löhne und Gehälter zu berechnen, mußte doch eines Tages dazu führen, daß weder steigende Bundeszuschüsse noch der Abbau der Rücklagen den Ausgleich zwischen Einnahmen und Ausgaben würde herstellen können. Die Erhöhung der Leistung der Beitragspflichtigen im größeren Umfang war von Fachleuten immer vorhergesagt worden. Sie von der CDU haben das immer bestritten. Sie haben mit gekonnter Dialektik versucht, alle diejenigen als unsozial zu deklassieren, die auf diesen Tatbestand hingewiesen haben. Heute versuchen Sie nun, einen Ausweg zu finden, der Ihnen das Gesicht läßt, einen Ausweg, bei dem Sie sagen können: Seht, wir haben doch recht gehabt. Sie führen eine Abgabequote an die Krankenversicherung ein. Das ist in Wirklichkeit eine Verringerung der Zahlung an die Rentenberechtigten. Sie heben die alte Obergrenze für die Versicherungspflicht auf und verschaffen sich so einige Hunderttausende neuer Zahlungsverpflichteter, die Ihnen im Moment mehr Einnahmen, aber in wenigen Jahren steigende Ausgaben und vergrößerte Defizite bringen werden. Und Sie erhöhen die Beiträge. Sie haben den Tag gewonnen, und darauf scheint es anzukommen. Das Heute ist die Parole; um die Zukunft mögen sich die anderen kümmern. Sie behaupten, die Rentenformel verteidigt zu haben, und haben doch in Wirklichkeit begonnen, die Rentenformel auszuhöhlen. Sie haben, wie wir das als Soldaten im Krieg genannt haben ,schräg von hinten durch die Brust ins Auge operiert.

    (Beifall bei der FDP. — Abg. Dr. Schellenberg: Was wollen Sie denn?)

    — Herr Kollege, wir kommen.
    Das alles ist die Methode der Streichungen im Haushalt: unechte Streichungen, ergänzt durch Einsparungen, für die Sie keine Sachvoraussetzungen geschaffen haben, die Methode verdeckter System-



    Dr. Emde
    veränderungen, die offen vor der Bevölkerung beim Namen zu nennen, niemand den Mut hat.
    Und die Einnahmenseite, die Steuererhöhungen in Höhe von 1,8 Milliarden DM? — Nun, sie sind schon lange genug diskutiert worden. Sie reichen nicht aus, um die Einnahmen zu beschaffen, die der Finanzminister braucht. Dafür ist es viel zu wenig. Sie genügen aber, um die Romantiker einer falschen Sozialpolitik zu beschwichtigen, sie genügen, um diesen Romantikern, die in Wahlkämpfen ja eisenharte Kämpfer sind, Wahlargumente zu bieten, mit denen sie dann vor der Wählerschaft beweisen wollen, wie sehr sie um soziale Gerechtigkeit besorgt waren, indem sie auch den Steuerzahler mit in die Verpflichtungen dieser Belastungen heute eingebaut haben. Das ist eine Methode, die wir nicht mitmachen können, eine Methode, die wir immer abgelehnt haben. Meine Damen und Herren gerade von der SPD, wenn Sie die Frage stellen: „Wenn Sie diese Methode ablehnen, wie wollen Sie es dann machen, wie wollen Sie sich in dieser Konjunktursituation verhalten, wie wollen Sie den Ausgleich schaffen?" so antworten wir, daß wir keinen Zweifel daran gelassen haben, daß das Problem der Konjunkturpolitik bei uns Kategorie eins der Überlegungen ist, daß für uns die Lösung der Konjunkturfrage mit die Voraussetzung für die gedeihliche Weiterentwicklung auch der Bundesfinanzen ist.
    Aber ich möchte hier, wenn ich nun auf das Problem der Darlehen zu sprechen komme, eines gegenüber Herrn Professor Burgbacher völlig klarstellen. Die Tatsache, daß dieser Staat so wenig öffentliche Schulden hat, ist doch nicht das Ergebnis einer generationenlangen klugen, weisen Finanzpolitik, sondern ist die traurige Folge zweier Währungsreformen mit der totalen Vernichtung der Vermögen.

    (Beifall bei der FDP.)

    Das als eine besondere Ausgangsstellung hinzustellen, das zu begrüßen und als Begründung dafür anzuführen, daß man jetzt Schulden machen könne, das ist das Schlechteste und Falscheste, was überhaupt an Argumenten vorgetragen werden kann.

    (Sehr wahr! bei der FDP.)

    Natürlich sind wir der Meinung, daß man Darlehen aufnehmen muß, daß die heutige Konjunkturbelebung im Rahmen der Investitionshaushalte nur über Darlehensbeschaffung möglich war. Aber wenn man im Jahre 1967 runde 11 Milliarden DM, im Jahre 1968 runde 7 bis 8 Milliarden DM aufnimmt — also allein beim Bund 18 bis 19 Milliarden DM, wobei unser Schuldenstand Ende des vorigen Jahres 35 Milliarden DM ausmachte —, dann muß man sich darüber klar sein, wie lange und wie weit diese Politik getrieben werden soll, wann der Zeitpunkt gekommen ist, an dem man dann von der Darlehenspolitik umpolen und zu einer normalen, gesunden Finanzpolitik zurückkehren muß.
    Herr Bundeswirtschaftsminister, wir haben große Sorge, die verstärkt wird durch Indizien in der Vorlage und in der Argumentation des ganzen Zahlenwerks, das wir heute erlebt haben. Ein Indiz ist, daß diese Fünf-Jahres-Planung im Jahre 1967 beginnt und damit das, schlimme Jahr 1972 ausgeklammert ist, von dem wir nur wissen, daß wir dann 8 Milliarden DM zurückzahlen sollen, von dem wir aber keine Übersicht über die sonstigen Positionen des Haushalts haben.
    Herr Minister, gestatten Sir mir, einen weiteren Grund größter Sorge anzuführen. Daß gerade in der heutigen Situation das Notenbankgesetz geändert werden muß, daß gerade jetzt, in diesem Moment, die Erhöhung des Plafonds von 3 auf 6 Milliarden DM für den Bund und der entsprechenden Positionen bei Ländern und Gemeiden kommt, kann einen zu der Vermutung bringen, daß nunmehr die Vorstellungen der Regierung oder zumindest von Teilen der Regierung dahin tendieren, wenigstens das zu machen, was wir eine Politik des leichten Geldes nennen.
    Ich glaube, es ist Pflicht der parlamentarischen Opposition, in der ersten Stunde, in der solche Gefahren oder solch ein Verdacht auftauchen, sie in aller Deutlichkeit hier vorzutragen, um der Regierung die Möglichkeit zu geben, durch ihre Darstellung, durch ihr Dementi, durch ihre Erklärung klarzulegen, daß sie eine solche Politik nicht wilL Herr Bundeswirtschaftsminister, wir wären Ihnen dankbar, wenn Sie ganz klar und drastisch das ausschalteten, was ich eben hier im Rahmen meiner parlamentarischen Verantwortung als Gefahr vorzutragen mich verpflichtet fühlte.

    (Beifall bei der FDP.)

    Meine Damen und Herren, nur ganz wenige Worte noch zum Investitionshaushalt. Er ist in Wirklichkeit doch nur eine Summierung von unzähligen Posten, die bei der letzten Etatberatung unter den Tisch gefallen sind. Ich brauche doch bloß den Neubau der Zollschule in Sigmaringen mit einer Million DM als Symbol zu nehmen oder an die eine Million für ein Programm der Deutschen Welle zu erinnern. Das sind doch alles Dinge, die wir im Haushaltsausschuß oder in den Vorbesprechungen gestrichen haben. Hier ist doch ein Sammelsurium von Maßnahmen, die in der Etatberatung herausgeflogen und in den Investitionshaushalt hineingepackt worden sind. Hier liegt z. B. einer der Gründe für unsere tiefen Zweifel an diesem Investitionshaushalt.
    Zur Abkürzung des Verfahrens will ich aber nicht weiter in diesem Rahmen meiner Möglichkeiten argumentieren, sondern zur Frage der Alternative kommen. Es ist ganz richtig: Kritik, die über das Aufzeigen von Problemen und Schwierigkeiten hinausgeht, ist nur dann berechtigt, wenn man bereit ist, Alternativen 'zu setzen und ein eigenes Gegengebäude zu 'errichten. Meine beiden Vorredner, die Kollegen Mischnick und Friderichs, haben schon ebenso wie ich einen Teil unserer Vorstellungen drastisch dargelegt. Wir sind dafür, die Steuererhöhungen ersatzlos 'zu streichen, weil wir dann allerdings nicht zwei ungleiche Hälften eines Programms zusammen haben, sondern zwei gleiche Hälften eines Programms bekommen, die beide das Ziel haben, die Konjunktur zu beleben und eine sinnvolle Finanzpolitik für die Zukunft zu ermöglichen. Ich glaube, das muß als ganz klare Alternative der Opposition der FDP zu dem Gesamtspiel der Re-
    Deutscher Bundestag --- 5. Wahlperiode — 119. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. September 1967 6023
    Dr. Emde
    gierung gesehen werden. Ich weiß natürlich — wir haben ja auch Erfahrung —, wie schwierig es ist, in einer Koalition zu Entscheidungen zu kommen. Das wird immer schwierig sein. Es wind immer ein Kompromiß gefunden werden müssen. Bitte nehmen Sie, Herr Bundesinnenminister, das nicht als Argument für das Persönlichkeitswahlrecht und die absolute Mehrheit einer Partei;

    (Lachen rechts)

    denn auch in der einen Partei ist es dann schwierig, die unterschiedlichen Gruppen so unter einen Hut zu bringen, daß Sie Kompromisse ausschließen können.

    (Abg. Stücklen: Aber die Verantwortung ist eindeutig und klar!)

    Das Problem dieses Kompromisses ist doch, daß der Bundeswirtschaftsminister Steuererhöhungen, die er für seine Konjunkturpolitik nicht brauchen konnte, aus Gründen übergeordneter Regierungs-
    und Koalitionsüberlegungen zustimmen mußte. Ich habe auch den Eindruck, daß der Bundesfinanzminister diese Steuererhöhung gar nicht so gern gesehen hat, daß er vielmehr bereit gewesen wäre — das habe ich zumindest heute aus seinen Worten empfunden, und das ist der Eindruck vieler Worte, die ich in den vergangenen Monaten von ihm gehört habe —, in die Substanz des Etats einzugreifen und den Ausgleich allein durch Streichungen herbeizuführen.
    Wenn 'wir also die Alternative zum Punkt 1 bieten, dann lösen wir damit ,den Zielkonflikt auf, dann bequemen wir uns zu der Entscheidung: jawohl, Vorrang der Konjunkturpolitik, keine Steuererhöhung in diesem Zeitpunkt und schon gar nicht bei der Mehrwertsteuer. Ein jeder, 'der im Finanzausschuß oder in eingeweihten Kreisen tätig ist, weiß doch, daß Finanzministerium, Regierung und Fachleute Idiese Mehrwertsteuer als Steuerinstrument dann einsetzen wollen, wenn die große Finanzreform kommt. Dann soll die Erhöhung der Mehrwertsteuer der Ausgleich sein für Entlastungen im Bereich ,der Gewerbesteuer. Das habe ich nicht durch Indiskretionen aus Ihrem Hause, Herr Strauß. Jeder Fachmann kann sich ja ausrechnen, daß das schon im Rahmen der Harmonisierung des europäischen Steuerrechts in diese Richtung laufen wird. Heute an der Mehrwertsteuer herumbasteln heißt nichts anderes als das Instrument, ,das Sie in einigen Jahren brauchen, schon jetzt schmälern. Man opfert heute die Finanzmasse, die dann zur Verfügung steht, weil man nicht in der Lage 'und nicht bereit ist, stärker in die Substanz des Etats hineinzugehen.
    Ein Zweites. Sie werden fragen: Wo sollen denn die Streichungen herkommen, die dann mit 1,8 Milliarden DM zu beziffern sind? Meine Damen und Herren, so ist die Frage falsch gestellt. Ich kann sie Ihnen natürlich auch in dieser Richtung beantworten: wir werden gewillt und bereit sein, im Verteidigungshaushalt einige hundert Millionen und im Bereich der zivilen Notstandsgesetzgebung noch einmal 200 Millionen zu streichen. Wir erwarten dann auch höhere Steuereinnahmen, die mit 200 oder 300 Millionen DM zu beziffern sind. Ich glaube, 'daß man den Restbetrag, der dann übrigbleibt, im
    Haushalt wird finden können. Im übrigen, Herr Kollege Leicht, wissen wir doch, wie das ist. Wir sind doch beide alte Hasen. Ich kann einen Haushalt so oder so aufstellen; wenn ich will, kriege ich das hin. Es ist bloß eine Frage des Willens. Wir wissen doch, daß diese Steuererhöhungen nur das Geschenk oder die politische Zusage an den sozialen oder Familienflügel Ihrer Partei sind, um nach draußen argumentieren zu können. Wir nehmen es Ihnen ja auch gar nicht übel, sondern wir sprechen hier nur klar und deutlich aus, wie es ist.

    (Beifall bei der FDP.)

    Wenn man aber dann eines Tages mal hier nicht nur den Mund spitzt, sondern auch bereit ist, an die Subventionen heranzugehen, dann wird man auch dort sicherlich noch einige hundert Millionen finden, die diesen Ausgleich der 1,8 Milliarden DM tatsächlich ermöglichen, zwar nicht spielend und auch nicht binnen weniger Wochen, sondern im Zuge harter Arbeit im Haushaltsausschuß.
    Lassen Sie mich noch ein Wort sagen. Herr Leicht, selbst wenn im Jahre 1968 am Ende ein Defizit von 200 oder 300 oder 400 Millionen DM 'im Haushalt stünde, im Zuge der antizyklischen Politik wäre es doch — wenn man die innere Bereitschaft hat, einen späteren Aufschwung abzufangen, keine neuen Ausgaben zu beschließen, keine neuen Gesetze zu machen — ein viel klarerer Weg als dieser Umweg, auf dem heute Konjunktur angeheizt und zugleich wieder gebremst wird.

    (Vorsitz: Vizepräsident Dr. Mommer.)

    Man möge mir dabei nicht sagen: „Wir sind nicht bereit, in der Verteidigung einige hundert Millionen zu sparen." Die Entscheidungen über die Veränderungen unserer Verteidigungsverfassung werden immer von Monat zu Monat verschoben, natürlich mit dem Ergebnis, daß damit auch Einsparungsmöglichkeiten verringert werden. Wir reden — mit „wir" meine ich viele in diesem Hause, nicht nur unsere Fraktion — seit einem oder zwei Jahren von der Anpassung unserer Verteidigungsstruktur an die wirtschaftlichen und finanziellen Möglichkeiten unseres Landes. Je später sie kommt, um so geringer werden die Einsparungen sein. Daß sie bis heute nicht gekommen ist, ist nicht die Schuld unserer Partei, nicht die Schuld der Opposition, sondern ist die Verantwortung der Regierung. Daraus können wir sie nicht entlassen. Wenn wir Ihnen sagen. es sind einige hundert Millionen im Verteidigungshaushalt zu streichen, — je mehr Zeit Sie verspielen, um so weniger werden es sein. Aber Sie tragen dann die Verantwortung dafür, daß' Sie die Beträge nicht zur Verfügung haben.

    (Beifall bei der FDP.)

    Wenn man davon ausgeht, daß in der Verwaltung aber auch nicht der geringste Ansatz gemacht wird, zu sparen, daß über die Vorstellung hinaus, der Einsatz von Computern könne die Dinge vereinfachen, nichts weiter geschieht, daß die Ämter ständig den Drang haben, sich zu vermehren, daß mit allen Argumenten gearbeitet wird, daß das letzte Argument war, die politischen Notwendigkeiten der neuen



    Dr. Emde
    Regierung zwängen dazu, soundsoviel Ministerien mit neuen Positionen auszustatten, daß nunmehr auch die Politisierung der Beamten im Bundeskanzleramt bis zum Ministerialrat herunter erfolgen soll, wie es aus der Zeitung zu lesen ist — das ist etwas für mich Unfaßbares, nachdem die CDU seit 1949 das Bundeskanzleramt in der Hand hat und nachdem dort eine Reihe von politischen Beamten sitzen, die jederzeit in den Wartestand versetzt werden können —, dann muß man doch feststellen, daß all das nicht zur Vereinfachung der Verwaltung beiträgt, sondern am Ende immer nur wieder den alten Weg, den alten Schlendrian fortsetzt; er wird garniert mit neuen schönen Bezeichnungen, aber es geht immer in den alten Gleisen weiter.
    Ich sagte bereits, es wird für Sie von Jahr zu Jahr schwerer und härter werden. Meine Aufgabe war es, Ihnen heute an dieser Stelle klarzumachen, wo Sie jetzt stehen und welche Chance Sie jetzt haben. Wir werden Sie erinnern, wenn Sie diese Chance nicht ausnützen.
    Diese Regierung hat große Fähigkeiten in der Darstellung ihrer Politik nach außen. Sie ist in einer großen Propagandaschau vor den Parlamentsferien mit ihrer mittelfristigen Finanzplanung erschienen. Sie hat die heutige Sitzung mit ebensoviel Fanfarenstößen vorbereitet; nur haben die Trompeten nicht die Mauern von Jericho zum Einsturz gebracht. Die Regierung erreicht mit ihrer Taktik der Ausschaltung der Fachausschüsse, mit dem Verzicht auf die Diskussion mit den einzelnen Ministern, die für die Aufgaben zuständig sind, in Wirklichkeit doch nur eine Umspielung des Parlaments. Hier wird doch nicht Parlamentarismus gefördert; hier wird er in seiner entscheidenden Funktion getroffen und beeinträchtigt.

    (Beifall bei der FDP. — Abg. Dr. Pohle: Sie kommen doch ausgiebig zu Wort!)

    Wenn hier heute nur über die Einnahmen diskutiert wird und über die Ausgaben keine Beschlüsse vorliegen, wenn die Ausgabebeschlüsse erst — es wird hart für Sie sein — in harter Auseinandersetzung gefunden werden müssen, dann, meine Damen und Herren, ist das Konzept, das, was Sie uns heute hier vorlegen, nur ein Teil dessen, was Sie nach draußen vor der Öffentlichkeit darstellen. Ich habe mich oft gefragt, was der Grund für diese Taktik sein soll, ob es die Wahl in Bremen ist, vor der Sie keinen Knatsch haben wollen, ob es die Schwierigkeiten überhaupt sind, zu einer Übereinstimmung zu kommen, oder ob Sie etwa Ihren eigenen Fanfarenstößen zum Opfer gefallen sind, indem Sie glauben, Sie hätten tatsächlich die Dinge gelöst, obwohl sie noch alle vor Ihnen stehen.

    (Abg. Dr. Pohle: Sie wollten doch die Plenarsitzung in dieser Woche haben!)

    — Ja, wollten Sie das ganze etwa ohne Parlament machen?

    (Abg. Dr. Pohle: Nein, das nicht! — Beifall bei der FDP. — Weitere Zurufe von der CDU/CSU.)

    — Gut! Dann machen Sie nicht solche Zwischenrufe, die mir, Herr Pohle, wenn ich Demagoge wäre, die Chance gäben, Ihre Fraktion hier in Grund und Boden zu diskutieren. Ich will das nicht, weil wir uns ehrlich und korrekt hier unterhalten wollen,

    (Abg. Dr. Pohle: Das ist doch dialektisch!)

    auch in diesem Gegensatz zwischen Regierung und Opposition.
    Nein, meine Damen und Herren, jetzt beginnt für Sie der Ernst des Lebens dieser Koalition. Wir sind auch heute noch zu jeder konstruktiven Mitarbeit bereit. Aber wir sind nicht bereit, das zu unterstützen oder nicht offenzulegen, was wir hier an Verschleppung, an Vernebelung und an imaginären Handlungen im Bereich der Streichungen in Ihren Vorschlägen erleben. Wir stellen an Sie, meine Damen und Herren von dieser Regierung, die Forderung, nunmehr von dieser Stelle aus zu diskutieren. Es ist Zeit, daß Wahrheit und Klarheit über diese mittelfristige Finanzpolitik hier ausgesprochen wird.

    (Beifall bei der FDP.)