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    Deutscher Bundestag 119. Sitzung Bonn, den 6. September 1967 Inhalt: Nachrufe auf Vizepräsident Dr. Dehler, Abg. Mengelkamp und Reichstagspräsident Paul Löbe 5953 A Glückwunsch an Vizepräsident Prof. Dr Carlo Schmid zur Verleihung des GoethePreises der Stadt Frankfurt/Main . . . 5954 C Glückwünsche zu den Geburtstagen der Abg. Dr. Birrenbach, Borm, Lenz (Trossingen), Kühn (Hildesheim), Enk, Frau Bundesminister Strobel, Dr. Schmidt (Wuppertal), Teriete und Walter . . . . . 5954 C Die Abg. Dr. Vogel (Speyer) und Holkenbrink legen ihr Mandat nieder . . . . 5954 D Die Abg. Porsch, Falke, Knobloch und Rein- holz treten in den Bundestag ein . . . 5954 D Überweisung der Zusammenstellung der über- und außerplanmäßigen Haushaltsausgaben im 1. und 2. Vierteljahr des Rechnungsjahres 1967 an den Haushaltsausschuß 5954 D Amtliche Mitteilungen 5955 A Fragestunde (Drucksache V/2091) Frage des Abg. Dr. Friderichs: Aufkündigung der Mittel für den „liberal"-Verlag von Hase, Staatssekretär . . . . . 5987 B Dr. Friderichs (FDP) 5987 C Dr. Bucher (FDP) 5987 D Borm (FDP) . . . . . . . . 5988 A Genscher (FDP) 5988 B Mertes (FDP) . . . . . . . . 5988 C Zoglmann (FDP) 5988 C Tallert (SPD) . . . . . . . . 5988 D Moersch (FDP) 5989 B Schmidt (Hamburg) (SPD) . . . 5989 C Ertl (FDP) 5989 D Raffert (SPD) . . . . . . . . 5990 A Dr. Schmidt (Wuppertal) (CDU/CSU) 5990 B Dr. Schulze-Vorberg (CDU/CSU) . 5990 C Jung (FDP) 5991 A II Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 119. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. September 1967 Frage des Abg. Felder: Gebrauch von Schußwaffen im Strafvollzug Dr. Dr. Heinemann, Bundesminister . 5991 A Frage des Abg. Felder: Ausschluß von Ersatzansprüchen der Angehörigen von Gefangenen Dr. Dr. Heinemann, Bundesminister 5991 B Felder (SPD) 5991 B Frau Dr. Diemer-Nicolaus (FDP) . 5991 C Rollmann (CDU/CSU) 5991 C Frage des Abg. Rollmann: „Ordnungsgemäße Vorbereitung" auf einen Beruf oder eine öffentliche Prüfung Leicht, Parlamentarischer Staatssekretär 5991 D Rollmann (CDU/CSU) 5992 A Frau Freyh (SPD) 5992 B Frage des Abg. Schmidt (Hamburg) : Zahl der auf Reisen in ost- und südosteuropäischen Ländern im Jahre 1967 Verhafteten Jahn, Parlamentarischer Staatssekretär . . . . . . . 5992 D Prochazka (CDU/CSU) 5993 A Stingl (CDU/CSU) 5993 B Dr. Becher (Pullach) (CDU/CSU) . 5993 D Ertl (FDP) 5994 A Baron von Wrangel (CDU/CSU) . . 5994 B Dr. Klepsch (CDU/CSU) . . . . . 5994 C Dr. Lenz (Bergstraße) (CDU/CSU) . . 5994 D Rollmann (CDU/CSU) •. . . . . . 5995 A Dr. Schellenberg (SPD) . . . . . . 5995 B Frage des Abg. Schmidt (Hamburg) : Zahl der verhafteten und ausgelieferten Deutschen mit früherem Wohnsitz im anderen Teil Deutschlands Jahn, Parlamentarischer Staatssekretär . . . . . . . . 5995 C Schmidt (Hamburg) (SPD) . . . . . 5995 D Frage des Abg. Schmidt (Hamburg) : Zahl der Entlassungen von Besuchern ost- oder südosteuropäischer Staaten ohne Einleitung eines Strafverfahrens Jahn, Parlamentarischer Staatssekretär 5995 D Frage des Abg. Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller: Verhältnis der Verhaftungen in ost-und südosteuropäischen Staaten zu Verhaftungen in west- und südeuropäischen Ländern Jahn, Parlamentarischer Staatssekretär . . . . . . . . 5996 A Frehsee (SPD) . . . . . . . . . 5996 B Dr. Schmidt (Wuppertal) (CDU/CSU) . 5996 C Ott (CDU/CSU) . . . . . . . . 5996 C Dr. Becher (Pullach) (CDU/CSU) . . 5996 D Dr. Lenz (Bergstraße) (CDU/CSU) . 5996 D Raffert (SPD) 5997 B Dorn (FDP) . . . . . . . . . 5997 C Könen (Düsseldorf) (SPD) 5997 D Stingl (CDU/CSU) 5998 A Dr. Wörner (CDU/CSU) 5998 B Borm (FDP) 5998 C Genscher (FDP) . . . . . . . 5998 D Moersch (FDP) . . . . . . . 5999 A Frage des Abg. Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h Möller: Rechtsschutz durch die deutschen diplomatischen Vertretungen Jahn, Parlamentarischer Staatssekretär 5999 C Frage des Abg. Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h Möller: Zahl der Anklagen wegen allgemeiner krimineller und wegen angeblich politischer Delikte Jahn, Parlamentarischer Staatssekretär 5999 C Fragen des Abg. Dr. Schellenberg: Verhaftung von Staatsangehörigen europäischer Staaten in ost- und südosteuropäischen Ländern 1967 Jahn, Parlamentarischer Staatssekretär 5999 D Dr. Schellenberg (SPD) 5999 D Beratung der von der Bundesregierung vorgelegten Finanzplanung des Bundes 1967 bis 1971 (Drucksache V/2065) in Verbindung mit der Entschließung des Bundesrates (Drucksache V/2084), in Verbindung mit Beratung des von der Bundesregierung vorgelegten Zweiten Programms der Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 119. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. September 1967 III Bundesregierung für besondere konjunktur- und strukturpolitische Maßnahmen 1967/68 (Drucksache V/2070) und der Entschließung des Bundesrates gemäß § 8 Abs. 1 Satz 4 des Gesetzes zur Förderung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft vom 8. Juni 1967 (Drucksache V/2085), mit Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes (Mehrwertsteuer) (Drucksache V/2086) — Erste Beratung —, mit Entwurf eines Gesetzes zur Verwirklichung der mehrjährigen Finanzplanung des Bundes, I. Teil Zweites Steueränderungsgesetz 1967 (Drucksache V/2087) — Erste Beratung —, mit Entwurf eines Gesetzes über Finanzierungshilfen aus Mitteln des ERP-Sondervermögens für Investitionen im Bereich der Gemeinden (ERP-Investitionshilfegesetz) (Drucksache V/2088) — Erste Beratung —, und mit Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Deutsche Bundesbank (Drucksache V/2089) — Erste Beratung — Dr. h. c. Kiesinger, Bundeskanzler . . 5957 C Dr. h. c. Strauß, Bundesminister . . . 5959 B, 6024 C Dr. Schiller, Bundesminister 5966 D, 6039 D Mischnick (FDP) . . . . . . . . 5972 D Dr. Pohle (CDU/CSU) 5980 B Hermsdorf (SPD) 6000 C Dr. Friderichs (FDP) . . . . . . 6005 B Dr. Burgbacher (CDU/CSU) . . . 6010 D Junghans (SPD) . . . . 6015 C, 6044 A Dr. Emde (FDP) 6018 A Dr. Luda (CDU/CSU) 6033 C Dr. Haas (FDP) 6035 B Dr. Barzel (CDU/CSU) . . . . . 6044 D Schmidt (Hamburg) (SPD) . . . . 6047 A Scheel (FDP) 6049 C Genscher (FDP) zur GO . . . . 6051 C Rasner (CDU/CSU) zur GO . . . 6052 A Nächste Sitzung . . . . . . . . . 6052 D Anlagen 6055 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 119. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. September 1967 5953 119. Sitzung Bonn, den 6. September 1967 . Stenographischer Bericht Beginn: 9.02 Uhr
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    . Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 119. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. September 1967 6053 Berichtigung Es ist zu lesen: 117. Sitzung, Seite 5881 D, Zeile 13 statt mich erinnern: mich nicht erinnern. 118. Sitzung, Seite 5944 A, Zeilen 13 — 17 statt Was die Versicherten wissen möchten, Herr Schellenberg, das erfuhren sie früher bei ihrer VHD und das erfahren sie heute bei einzelnen Kassenarten auf diesem Wege mit Sicherheit nicht: Was die Versicherten wissen möchten, Herr Schellenberg, das erfuhren sie früher bei ihrer VAB nicht, und das erfahren sie heute bei einzelnen Kassenarten auf diesem Wege mit Sicherheit auch nicht. Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordneter) beurlaubt bis einschließlich a) Beurlaubungen Dr. Apel * 9. 9. Arendt (Wattenscheid) * 9. 9. Dr. Arndt (Berlin/Köln) 9. 9. Dr. Bechert (Gau-Algesheim) 9. 9. Bergmann * 9. 9. Brand 9. 9. Frau Brauksiepe 9. 9. Dröscher * 9. 9. Frau Enseling 9. 9. Dr. Eppler 9. 9. Faller * 9. 9. Gibbert 9. 9. Hauffe 9. 9. Frau Herklotz ** 9. 9. Hübner 9. 9. Kiep 9. 9. Frau Klee 9. 9. Freiherr von Kühlmann-Stumm 9. 9. Kulawig * 9. 9. Dr. Lenz (Bergstraße) 9. 9. Lenz (Trossingen) 9. 9. Merten * 9. 9. Dr. Rinderspacher ** 9. 9. Dr. Schober 9. 9. Seifriz * 9. 9. Dr. Starke (Franken) 9. 9. Dr. Freiherr von Vittinghoff-Schell ** 6. 9. Dr. Wilhelmi 9. 9. Frau Dr. Wolf 9. 9. Wurbs 9. 9. b) Urlaubsanträge Dr. Abelein 22. 9. Bading * 17. 9. Bäuerle 15. 9. Bazille 30. 9. Behrendt * 15. 9. Bühling 16. 9. Busse (Herford) 26. 9. von Eckardt 30. 9. Frau Dr. Elsner * 16. 9. Gerlach * 19. 6. Graaff 30. 9. Haage (München) 30. 9. Haase (Kassel) 30. 9. Hahn (Bielefeld) * 15. 9. Hansing 30. 9. Herold 16. 9. Kriedemann * 15. 9. Frau Dr. Krips 30. 9. Kubitza 16. 9. * Für die Teilnahme an einer Sitzung des Europäischen Parlaments ** Für die Teilnahme an einer Sitzung der Beratenden Versammlung des Europarats Kunze 16. 9. Lautenschlager 15. 9. Lemper 20. 9. Dr. Löhr 30. 9. Dr. Marx (Kaiserslautern) 17. 9. Metzger * 30. 9. Dr. h.c. Dr.-Ing. E. h. Möller 30. 9. Dr. Müller (München) 30. 9. Peters (Norden) 30. 9. Frau Pitz-Savelsberg 15. 9. Rock 16. 9. Ruf 30. 9. Sänger 15. 9. Seuffert * 30. 9. Dr. Stammberger 25. 9. Steinhoff 21. 10. Struve 30. 9. Dr. Tamblé 23. 9. Varelmann 30. 9. Frau Wessel 30. 9. Anlage 2 Der Präsident des Bundesrates Abschrift Bonn, 14. Juli 1967 An den Herrn Bundeskanzler Bonn Ich beehre mich mitzuteilen, daß der Bundesrat in seiner 312. Sitzung am 14. Juli 1967 beschlossen hat, dem vom Deutschen Bundestage am 28. Juni 1967 verabschiedeten Gesetz zur Änderung strafrechtlicher Vorschriften der Reichsabgabenordnung und anderer Gesetze (AOStrafÄndG) gemäß Artikel 108 Abs. 3 Satz 2 des Grundgesetzes zuzustimmen. Außerdem hat der Bundesrat die aus der Anlage ersichtliche Entschließung angenommen. Dr. Lemke 1 Anlage 6056 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 119. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. September 1967 Bonn, 14. Juli 1967 An den Herrn Präsidenten des Deutschen Bundestages Bonn Vorstehende Abschrift wird mit Bezug auf das dortige Schreiben vom 29. Juni 1967 mit der Bitte um Kenntnisnahme übersandt. Dr. Lemke Entschießung des Bundesrates zum Gesetz zur Änderung strafrechtlicher Vorschriften der Reichsabgabenordnung und anderer Gesetze (AOStrafÄndG) Der Bundesrat hält es für erforderlich, daß die Finanzämter auch in Zukunft berechtigt bleiben, im Steuerstrafverfahren als Nebenkläger mitzuwirken. Die Strafprozeßordnung (§ 374) gibt verletzten natürlichen und juristischen Personen in zahlreichen Fällen die Möglichkeit, im Strafprozeß gegen den Schädiger ihre Interessen neben der Staatsanwaltschaft als Nebenkläger wahrzunehmen (§ 377 Abs. 2 in Verbindung mit i§§ 395 ff. StPO). In weitaus größerem Maße besteht ein Interesse der ehrlichen Steuerzahler an einer vollständigen und zutreffenden Aufklärung von Steuervergehen und an einer gerechten Strafe des Steuersünders. Zur Verwirklichung dieses Zieles hat bisher das Finanzamt durch seine Mitwirkung im gerichtlichen Steuerstrafverfahren wesentlich beigetragen und die Rechtsfindung durch mit der schwierigen Materie weniger vertraute Richter und Staatsanwälte erheblich erleichtert. Das Finanzamt hatte in seiner Eigenschaft als Nebenkläger die Möglichkeit, sachdienliche Beweisanträge zu stellen und gegebenenfalls — unabhängig von der Staatsanwaltschaft — Rechtsmittel gegen Strafurteile einzulegen. § 441 des Gesetzes bietet dazu künftig keine Möglichkeit. Gerade die großen Steuersünder werden sich die Rechtslage zunutze machen und sich durch steuerlich versierte Anwälte verteidigen lassen. Bisher konnte das Finanzamt der Verteidigung als gleichberechtigter Verfahrensbeteiligter entgegentreten. Der Gesetzgeber sollte es nicht zulassen, daß die Position derjenigen, die in erster Linie zur Wahrung der öffentlichen Interessen in der Lage sind, unnötig geschwächt wird. Obgleich der Gesetzesbeschluß des Deutschen Bundestages vom 28. Juni 1967 eine Nebenklagebefugnis der Finanzämter nicht mehr vorsieht und ihnen in § 441 lediglich ein Recht auf Anhören gibt, sieht der Bundesrat davon ab, den Vermittlungsausschuß gemäß Artikel 77 des Grundgesetzes anzurufen, damit das Steuerstrafverfahren ohne weitere Verzögerung wieder eine einwandfreie rechtliche Grundlage erhält. Der Bundesrat erwartet jedoch, daß der Deutsche Bundestag bei der weiteren Beratung der noch nicht erledigten Teile des Regierungsentwurfs eines Gesetzes zur Änderung strafrechtlicher Vorschriften der Reichsabgabenordnung und anderer Gesetze (AOStrafÄndG) — Drucksache V/1812 — die Nebenklagebefugnis der Finanzämter erneut mit dem Ziel ihre Wiedereinführung behandelt. Anlage 3 Der Präsident des Bundesrates Abschrift Bonn, 14. Juli 1967 An den Herrn Bundeskanzler Bonn Ich beehre mich, mitzuteilen, daß der Bundesrat in seiner 312. Sitzung am 14. Juli 1967 beschlossen hat, dem vom Deutschen Bundestag am 28. Juni 1967 verabschiedeten Dritten Gesetz zur Änderung des Wasserhaushaltsgesetzes gemäß Artikel 84 Abs. 1 des Grundgesetzes zuzustimmen. Ferner hat der Bundesrat die sich aus der Anlage ergebende Entschließung gefaßt. Dr. Lemke Bonn, den 14. Juli 1967 An den Herrn Präsidenten des Deutschen Bundestages Bonn Vorstehende Abschrift wird mit Bezug auf das dortige Schreiben vom 29. Juni 1967 mit der Bitte um Kenntnisnahme übersandt. Dr. Lemke Anlage zum Schreiben des Präsidenten des Bundesrates vom 14. Juli 1967 an den Bundeskanzler Entschließung des Bundesrates zum Dritten Gesetz zur Änderung des Wasserhaushaltsgesetzes Die Bundesregierung wird gebeten zu prüfen, welche Auswirkungen die Ausdehnung des Wasserhaushaltsgesetzes auf die Küstengewässer für das in der Bundesrepublik wie in allen anderen Schiffahrtsländern anerkannte Rechtsinstitut der beschränkten Reederhaftung mit sich bringt. Gegebenenfalls sollte durch ein Änderungsgesetz sichergestellt werden, daß die Wettbewerbsfähigkeit der Seehäfen in der Bundesrepublik nicht dadurch beeinträchtigt wird, daß der deutschen und ausländischen Seeschiffahrt in Küstengewässern der Bundesrepublik Haftungsrisiken aufgebürdet werden, die international anerkannten Grundsätzen des Seerechts widersprechen. Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 119. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. September 1967 6057 Anlage 4 Der Präsident des Bundesrates Abschrift Bonn, 14. Juli 1967 An den Herrn Bundekanzler Bonn Ich beehre mich, mitzuteilen, daß das Gesetz zur Änderung des Patentgesetzes, des Warenzeichengesetzes und weiterer Gesetze nach Ansicht des Bundesrates seiner Zustimmung bedarf. Der Bundesrat hat in seiner 312. Sitzung am 14. Juli 1967 beschlossen, dem vom Deutschen Bundestag am 13. Juni 1967 verabschiedeten Gesetz gemäß Artikel 84 Abs. 1 des Grundgesetzes zuzustimmen. Der Bundesrat hat weiterhin die aus der Anlage ersichtliche Entschließung gefaßt. Dr. Lemke Bonn, den 14. Juli 1967 An den Herrn Präsidenten des Deutschen Bundestages Bonn Vorstehende Abschrift wird mit Bezug auf das dortige Schreiben vom 29. Juni 1967 mit der Bitte um Kenntnisnahme übersandt. Dr. Lemke Anlage zum Schreiben des Präsidenten des Bundesrates vom 14. Juli 1967 an den Bundeskanzler Entschließung Der Bundesrat hat bereits im ersten Durchgang zum Ausdruck gebracht, daß die neue gesetzliche Regelung allein nicht ausreichen wird, um die volle Leistungsfähigkeit des Patentamts zu gewährleisten. Zur Erreichung dieses Ziels müssen auch personelle, organisatorische und arbeitstechnische Maßnahmen ergriffen werden. Die Bundesregierung hat diese Stellungnahme des Bundesrates positiv aufgenommen, da sie ihrer Einschätzung der Situation entspricht. Der Bundestag teilt gleichfalls die Auffassung des Bundesrates und hat seine Vorstellungen an einer einstimmig angenommenen Entschließung dargetan. Der Bundesrat begrüßt es, daß der Bundestag diesen Appell an die Bundesregierung und das Patentamt gerichtet hat, und tritt seiner Entschließung ausdrücklich bei. Anlage 5 Schriftliche Ausführungen des Bundesministers Dr. Schiller zu Punkt 3 der Tagesordnung 1. Der Bundeskanzler hatte im wirtschaftspolitischen Teil seiner Regierungserklärung vom 13. Dezember 1966 den „Ernst der Lage deutlich gemacht" und „auf die Gefahr eines gesamtwirtschaftlichen Rückschlages hingewiesen". Durch ,die weitere Entwicklung wurde in der Tat bestätigt, daß die „Talsohle in der Konjunkturentwicklung" damals noch vor uns lag. Trotz der mit den Regierungsbeschlüssen vom 18./19 Januar eingeleiteten Gegenmaßnahmen gab es im ersten Halbjahr 1967 eine deutliche Beschäftigungsschrumpfung (die Zahl der Beschäftigten lag in der Industrie um 6,4 % und im Bauhauptgewerbe mit 13,9 % unter dem Vorjahresstand), ein erhebliches außenwirtschaftliches Ungleichgewicht (der Ausfuhrüberschuß erreichte vor allem infolge des Rückgangs der Importe fast 8,8 Milliarden DM) und beträchtliche Wachstumsverluste (gegenüber einem Zuwachs des realen Bruttosozialprodukts im ersten Halbjahr 1966 von 3,4 % rechnen die wissenschaftlichen Forschungsinstitute für das erste Halbjahr 1967 mit einem Rückgang von etwa 1,5 bis 2 %). Gegenüber dieser eindeutigen Entwicklung im ersten Halbjahr 1967 ist das Konjunkturbild seit Mitte des Jahres differenzierter geworden. Einerseits deuten in den letzten Monaten einige Indikatoren auf eine beginnende Besserung hin, andererseits zeigt die Gesamtheit der verfügbaren Informationen noch .immer eine sehr gedämpfte gesamtwirtschaftliche Aktivität. A. Die gesamtwirtschaftliche Nachfrage ist nach wie vor zu niedrig. Im Inlandsgeschäft sind zwar partiell erste Anzeichen für eine Belebung zu erkennen; die Nachhaltigkeit dieser Entwicklung muß aber nach den vorliegenden Monatsergebnissen für Juli noch sehr in Frage gestellt werden. a) Der Auftragseingang bei der Industrie erreichte zwar im Vergleich zum Vorjahr bei kalendermonatlichen Berechnung nach iminus 13,5 % im März minus 9,0 % im April und minus 7,1 % im Mai im Juni erstmals wieder mit plus 1,0 % einen positiven Wert (bei arbeitstäglicher Berechnung jedoch nur einen Wert von minus 6,1 %)., das Juliergebnis zeigt jedoch mit minus 6,6 % (sowohl bei kalendermonatlicher als auch bei arbeitstäglicher Berechnung) wieder einen deutlich negativen Wert. Die Schwäche der Nachfrage liegt dabei nach wie vor besonders im Inlandsgeschäft, das zwar einen gewissen Abbau von Minuszahlen aufweist (bei kalendermonatlicher Berechnung minus 18,2 % im März, minus 12,5 % im April, minus 10,6 % im Mai, minus 4,2 % im Juni und minus 10,1 % im Juli), aber noch keinen Hinweis gibt auf eine durchschlagende und anhaltende konjunkturelle Besserung. Auch wenn im Auslandsgeschäft die Auftragseingänge weiterhin zunehmen, so läßt ihre expansive Entwicklung doch offensichtlich nach. Die Zuwachsrate bei kalendermonatlicher Berechnung von plus 18,6 % im Juni (nach plus 3,9 % im Mänz, plus 4,7 % im April, plus 6,1 % im Mai) ist jedoch im Juli wieder auf plus 6,5 % gesunken. b) Im Baubereich entwickelt sich die Nachfrage trotz gewisser Verbesserungen in den letzten Monaten nach wie vor erheblich unter dem Vorjahresniveau. Der Rückgang der Baugenehmigungen im Hochbau hat sich zwar verlangsamt (nach minus 27,4 % im März, minus 13,6 % im April, minus 15,0 % im Mai und minus 9,7 % im Juni), das genehmigte Bauvolumen lag jedoch im Juli wieder mit minus 13,1 % beträchtlich unter dem Vorjahresstand. Bei der Auftragsvergabe im Tiefbau zeigt sich ein ähnliches Bild (nach minus 26,9 % im März, minus 26,7 % im April, plus 5,4 % im Mai und minus 12,3 % im Juni), doch ist hier infolge des merklichen Preisrückgangs die Abnahme des realen Auftragsvolumens weniger stark. c) Der private Verbrauch hatte sich - gemessen an den Einzelhandelsumsätzen - (nach plus 1,1% im März, minus 4,4 % im April, minus 0,9 % im Mai) im Juni mit plus 4,3 % wieder merklich erweitert. Das Juliergebnis mit minus 1,4 % zeigt jedoch, daß das Juniergebnis durch die Sondereinflüsse etwa der Nahostkrise verzerrt worden ist. Der private Verbrauch bleibt durch die Konjunkturschwäche geprägt. Die Expansion der Masseneinkommen hat sich stark vermindert; die Lohn- und Gehaltssumme in der Industrie und im Bauhauptgewerbe lag im ersten Halbjahr 1967 unter dem Vorjahresniveau. B. Der schwachen Nachfrageentwicklung entsprechend stagniert die industrielle Produktion weiterhin auf einem Niveau, das erheblich unter dem Vorjahresstand liegt. Das Juliergebnis zeigt im Vergleich zu den Vorjahresmonaten (März minus 5,6 %, April minus 6,4 %, Mai minus 5,5 %, Juni minus 7,7 %) allerdings mit minus 2,4 % eine erkennbare Besserung. C. Die Beschäftigungslage ist trotz der saisonalen Besserung seit März nach wie vor ungünstig. Die Arbeitslosenzahl ist zwar seit März von 576 000 auf 359 000 im August gesunken (daneben: Zahl der Kurzarbeiter von 252 000 im März auf 64 000 im August). Die Zahl der offenen Stellen ist im gleichen Zeitraum von 302 000 auf 347 000 gestiegen. D. In der Entwicklung des Außenhandels spiegelt sich neben der Auslandskonjunktur auch die binnenländische Konjunkturentwicklung wider; die Schwäche der Binnenkonjunktur veranlaßt die Unternehmer zu verstärkten Exportanstrengungen. Während aber die Zuwachsrate bei der Ausfuhr nunmehr deutlich geringer wird (nach plus 3,4 % im März, plus 19,7 % im April, plus 1,3 % im Mai, plus 14,5 % im Juni, nunmehr im Juli nur noch plus 1,1 %), ist der Rückgang des Imports in den letzten Monaten zwar schwächer geworden (nach minus 14,4 % im März, minus 4,8 % im April, minus 9,0 % im Mai, plus 0,8 % im Juni), im Juli jedoch wieder minus 5,2 %. Der monatliche Exportüberschuß ist dadurch zwar nicht mehr gewachsen, aber auch nicht wesentlich kleiner geworden, so daß der Exportüberschuß in den ersten sieben Monaten dieses Jahres insgesamt 10,1 Milliarden DM erreicht hat. E. Die Preise sind im wesentlichen stabil, teilweise haben sie sinkende Tendenz. Die industriellen Erzeugerpreise liegen seit Februar ständig unter dem Vorjahresniveau, wobei der leichte Wiederanstieg im Juni (minus 1,3 %) und im Juli (minus 1,4 %) gegenüber Mai (minus 1,5 %) seine Ursache fast ausschließlich in der Verteuerung einiger Rohstoffe auf den Weltmärkten infolge des Nahostkonfliktes haben dürfte. Die Verbraucherpreise sind weitgehend stabil und halten jetzt den Abstand zu dem entsprechenden Vorjahresniveau (April plus 1,6 %, Mai plus 1,3 %, Juni plus 1,5 %, Juli plus 1,6 %). Diese konjunkturstatistischen Daten lassen die Grundzüge der gegenwärtigen Konjunkturlage erkennen. Sie ist gekennzeichnet durch eine Beendigung der scharfen konjunkturellen Abwärtsbewegung in der ersten Jahreshälfte 1967 und durch ein Verharren der Wirtschaftstätigkeit auf dem Niveau eines nicht hinreichend genutzten Produktionspotentials. Zwar zeigt sich in einigen Bereichen bereits ein Abbau von Minuszahlen, doch hat der Aufbau von Pluszahlen noch nicht begonnen. 2. Ausschlaggebend für die konjunkturpolitischen Entscheidungen ist jedoch nicht nur die vergangene und gegenwärtige gesamtwirtschaftliche Lage, sondern ebensosehr ihre voraussichtliche weitere Entwicklung. Ein Urteil über die künftige Entwicklung kann u. a. an Hand des oben dargelegten Verlaufs der Auftragseingänge bei der Industrie gewonnen werden. Er zeigt im ganzen keinerlei sichere Merkmale einer Belebung. Dieselbe Prognose kommt auch in den Ergebnissen der Unternehmerbefragungen zum Ausdruck. Sie deuten noch auf eine gewisse Verbesserung der Stimmungen und Erwartungen in der deutschen Wirtschaft hin. Der Ifo-Konjunkturtest vom Juli zeigt, daß die befragten Unternehmer die künftige Geschäftsentwicklung zwar günstiger einschätzen als Ende 1966. Trotzdem beurteilt mehr als ein Drittel die Geschäftslage negativ. Überwiegend wird nur mit einem schwachen Herbstgeschäft gerechnet. Da auch die partielle Besserung der binnenländischen Auftragsentwicklung und die Stabilisierung einiger Erwartungsgrößen weniger Ausdruck spontaner Marktkräfte als vielmehr eine Folge der bisherigen konjunkturpolitischen Maßnahmen, insbesondere der Auftragsvergabe aus dem ersten Investitionshaushalt und der Ankündigung des zweiten konjunktur- und strukturpolitischen Programms ist, kann darin kein Grund für konjunkturpolitische Enthaltsamkeit gesehen werden. Angesichts der labilen Lage muß ohne eine zusätzliche deutliche konjunkturpolitische Gegensteuerung mit der Gefahr gerechnet werden, daß sich die Rezession erneut fortsetzt, sobald im Herbst die Aufträge aus dem ersten Konjunkturprogramm abgewickelt sind, die Wirkung der Sonderabschreibungen (gültig bis 31. Oktober) endet, und die saisonalen Kräfte des bevorstehenden Winters wirksam werden. Ange- Deutscher Bundestag — .5. Wahlperiode — 119. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. September 1967 6059 sichts des erheblichen Zurückbleibens der binnenländischen Nachfrage privater Investoren hinter den Produktionsmöglichkeiten (Stand der Kapazitätsauslastung im Juli -1967 in der Industrie 78 %, im Bauhauptgewerbe ca. 65 %) erscheint eine zusätzliche Investitionsgüternachfrage von 5,3 Milliarden DM keineswegs als zu hoch bemessen. Diese Beurteilung der Konjunkturlage und ihrer voraussichtlichen Entwicklung im zweiten Halbjahr 1967 wird auch durch die Prognosen der wissenschaftlichen Forschungsinstitute unterstrichen. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung Berlin schätzt den Rückgang des realen Bruttosozialprodukts — bei einem Verzicht auf weitere konjunkturfördernde Maßnahmen — für das zweite Halbjahr 1967 auf rund 3 %. Das Ifo-Institut München rechnet für das zweite Halbjahr 1967 — bei zu-s ätzli chen öffentlichen Investitionsausgaben von rund 3 Milliarden DM im Herbst 1967 (was der möglichen Abwicklung des Zweiten Konjunktur- und Strukturprogramms der Bundesregierung noch in diesem Jahr entsprechen könnte) — mit einer leichten Zunahme des Bruttosozialprodukts von real 0,4 %, nominal 1,2 %. Die aktuelle Konjunkturlage und die voraussichtlichen Tendenzen der weiteren Entwicklung lassen somit erkennen, daß das gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht gegenwärtig nicht erreicht ist und daß drei der im § 1 des Stabilitäts- und Wachstumsgesetzes genannten vier Ziele nach wie vor gefährdet sind. Weitgehend erreicht undungefährdet ist das Ziel der Stabilität des Preisniveaus. In Anbetracht der erheblichen Kapazitätsreserven ist bei einer weiteren Belebung der Wirtschaftstätigkeit infolge der damit verbundenen Stückkostensenkung eher mit einer Senkung des Preisniveaus als mit einem erneuten Anstieg zu rechnen. Die Bundesbank hat in ihrem Monatsbericht vom Juli 1967 darauf hingewiesen, daß sich durch eine Fortsetzung der Stagnation für das Stabilitätsziel nicht mehr viel gewinnen ließe. Den Preiseffekt der Mehrwertsteuer ab 1. Januar 1968 genau abzuschätzen ist nicht möglich. Ein marktwirtschaftlicher Weg, ihm entgegenzuwirken, besteht im Wiederaufbau der Lagervorräte bis zur Einführung der Mehrwertsteuer. Bei einer Arbeitslosenquote von 1,7 % (Stand Ende August) ist das Ziel eines hohen Beschäftigungsstandes nicht erreicht. Ohne eine erhebliche Stärkung der schwachen konjunkturellen Auftriebskräfte müßte im Winterhalbjahr 1967 mit einem erheblichen Anwachsen der Arbeitslosigkeit und der Kurzarbeit gerechnet werden. Der Exportüberschuß in der Höhe von 10,1 Milliarden DM in den ersten sieben Monaten des Jahres 1967 steht im deutlichen Widerspruch zu dem Ziel des außenwirtschaftlichen Gleichgewichts. Diese Überschußentwicklung, die vom Sachverständigenrat bereits in seinem Sondergutachten vom März 1967 prognostiziert wurde, ist zu einem Teil eine Folge des inländischen Nachfragemangels; sie stellt insoweit ein „Einfuhrdefizit" dar. Sie ist damit zugleich eine erhebliche Belastung unserer Partnerländer, die auf diese Weise in den Sog unserer rezessiven Konjunkturentwicklung geraten sind. Die unserer Lage entsprechende Beseitigung des Ungleichsgewichts geschieht dadurch, daß durch inländische Nachfragesteigerung zugleich die Einfuhren in die Bundesrepbulik vermehrt werden. Am stärksten gefährdet bleibt nach wie vor das Ziel des angemessenen und stetigen Wachstums. Ein Vergleich des von einigen Forschungsinstituten für das ganze Jahr 1967 geschätzten Rückganges des realen Bruttosozialprodukts von 0,5 % (bei weiteren konjunkturfördernden Maßnahmen) und 2,5 % (ohne solche) mit der von der Bundesregierung in ihrer mittelfristigen Zielprojektion angestrebten und für möglich gehaltenen Wachstums von real 4 % zeigt das Ausmaß des Wachstumsverlustes im Jahre 1967. Ohne die Maßnahmen des zweiten konjunktur- und strukturpolitischen Programms der Bundesregierung besteht die Gefahr, daß sich auch im Jahre 1968 erhebliche Wachstumsverluste ergeben. 4. Das von der Bundesregierung nach Abstimmung mit den Vertretern der Länder und Gemeinden im Konjunkturrat für die öffentliche Hand vorgelegte zweite Programm für besondere konjunktur- und strukturpoliische Maßnahmen 1967/1968 sieht zusätzliche öffentliche Investitionsausgaben in Höhe von 5,3 Milliarden DM vor. Die Auswahl der Ausgabenkategorien und -projekte erfolgte sowohl unter konjunktur- als auch unter strukturpolitischen Gesichtspunkten. Maßgebend für den konjunkturpolitischen Aspekt waren bei der Auswahl: — die Möglichkeit einer zügigen, den Sachobjekten entsprechenden Auftragsvergabe, — die Kapazitätsauslastung der unmittelbar betroffenen Wirtschaftszweige und — die konjunkturelle Anstoßwirkung der Aufträge für andere Wirtschaftsbereiche (Komplementärbereiche, Zulieferindustrie). Für den strukturpolitischen Aspekt waren insbesondere maßgebend: — regionale Disproportionalitäten im wirtschaftlichen Entwicklungsstand und Gebiete mit erheblichen strukturellen Anpassungsproblemen („Strukturgebiete"), — die Beseitigung des Nachholbedarfs an öffentlichen Investitionen im Bereich der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Infrastruktur, — die Förderung des wissenschaftlichen und technischen Fortschritts. 5. Die Aufträge aus dem zweiten Konjunktur- und Strukturprogramm werden — nicht nur wegen des ohnehin größeren Volumens — erheblich mehr in die Breite und in die Tiefe wirken als das erste Programm. Dies ist darauf zurückzuführen, daß im zweiten Konjunktur- und Strukturprogramm Hochbau und Investitionsgüterbereiche in der unmittelbaren Auftragsvergabe mit einem Anteil von zusammen 71 % stärker im Vordergrund stehen als 6060 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 119. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. September 1967 im ersten Programm, an dem sie mit 54 % beteiligt waren. Dafür liegt nun der Anteil ,des Tiefbaues bei 29 % gegenüber 46 % im Ersten Programm. Diese Verlagerung der Schwergewichte entspricht vor allem auch der verstärkten strukturpolitischen Zielsetzung des neuen Programms. Die Vorlieferanten des Hochbaues und der Investitionsgüterindustrie verteilen sich außerdem über weit mehr Branchen der Volkswirtschaft als die Lieferanten des Tiefbaues, zudem sind die Anteile der Vorlieferungen am Produktionswert der beiden zuerst genannten Bereiche viel größer als beim Tiefbau. In der folgenden Tabelle ist die aus dem Zweiten Konjunktur- und Strukturprogramm resultierende Umsatzstruktur der entsprechenden Gliederung auf Grund des Ersten Investitionshaushalts gegenübergestellt. Beteiligung der Wirtschaftszweige an dem Umsatzzuwachs auf Grund des Ersten und Zweiten Konjunkturprogramms (in v. H.)* Zweige Erstes Zweites Programm (zusätzliche ausgaben ausgaben gemäß §§ 6 und l des Stabilitäts- Programm Erste und (Erster Erstetionshaushalt) Wachstumsgesetzes) Steinkohlenbergbau und Kokerei 1,2 1,1 Gewinnung und Verarbeitung von Steinen und Erden 6,7 4,7 Eisen- und Stahlerzeugung 9,5 9,2 Stahl- und Leichtmetallbau 3,2 1,4 Maschinenbau 2,4 5,9 Straßenfahrzeugbau 3,0 2,9 Schiffbau 0,5 0,7 Luftfahrzeugbau 1,0 0,3 Elektrotechnik 6,5 5,8 Textilgewerbe 0,4 0,3 Bauhauptgewerbe 30,2 20,7 Ausbau- und Bauhilfsgewerbe 4,5 12,9 übrige Zweige 30,9 34,1 100 100 *) Berechnet auf Basis einer Input-Output-Studie des Ifo-Instituts, München. Komplementärausgaben der privaten Investoren und die Multiplikatorwirkungen wurden bei dieser Rechnung nicht berücksichtigt. Auch bei Berücksichtigung vom Komplementärausgaben und Multiplikatorwirkungen wird die Gesamtnachfrage angesichts der vorhandenen personellen und materiellen Produktionsreserven die Kapazitätsgrenzen keineswegs übersteigen und damit auch nicht zu konjunkturellen Überhitzungserscheinungen führen. 6. Sollten die konjunkturellen Auftriebskräfte dennoch schneller und in stärkerem Umfange als erwartet wirksam werden, so ist die Bundesregierung jetzt entschlossen, unerwünschten Entwicklungen dann in dieser Richtung entgegenzuwirken. Bund und Länder sind ohnehin nach dem Stabilitäts- und Wachstumgesetz verpflichtet, in einem solchen Falle in bezug auf ihre Kernhaushalte 1968 die entsprechenden Instrumente anzuwenden. Anlage 6 Schriftliche Antwort des Staatssekretärs Dr. von Heppe vorm 7. Juli 1967 auf die Zusatzfragen der Abgeordneten Haase (Kassel), Frau Geisendörfer und Dr. Martin zu den Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Haase (Kassel) *) In der Fragestunde der 105. Sitzung des Deutschen Bundestages am 26. April 1967 ist die Sprachenregelung bei der Europischen Organisation für Kernforschung (CERN) in Genf erörtert worden. Entsprechend meiner Zusage in der Fragestunde möchte ich Sie über die Entwicklung der Angelegenheit unterrichten: 1. CERN hat sich bereit erklärt, Stellenanzeigen in deutschen Zeitungen in deutscher Sprache zu veröffentlichen (Frage des Herrn Abgeordneten Haase [Kassel]). 2. Die Einführung der deutschen Sprache als Amtssprache (einschließlich der Herausgabe aller wissenschaftlichen Veröffentlichungen in Deutsch) würde nach Schätzungen von CERN etwa 1 Million Schweizer Franken pro Jahr erfordern (Frage der Abgeordneten Frau Geisendörfer). 3. In der Ratstagung von CERN am 15. Juni d. J. hat die deutsche Delegation eine grundsätzliche Überprüfung der Sprachenregelung verlangt. Dieser Wunsch ist von anderen potentiell interessierten Delegationen, wie Osterreich, der Schweiz und Italien nicht unterstützt worden. Gleichwohl bleiben wir bemüht, in weiteren Verhandlungen eine Neuregelung in unserem Sinne zu erzielen (Frage des Herrn Abgeordneten Dr. Martin). Anlage 7 Schriftliche Antwort des Bundesministers Dr. h. c. Strauß vom 1. August 1967 auf die Zusatzfrage des Abgeordneten Ott zu der Mündlichen Anfrage des Abgeordneten Krammig **) Die Schweizer Regelung der Bildung von Arbeitsbeschaffungsreserven ist bereits in der Vergangenheit wiederholt auf die Möglichkeit einer Über- *) Siehe 105. Sitzung Seite 4839 D **) Siehe 109. Sitzung Seite 5150 A Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 119. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. September 1967 6061 nahme in das deutsche Steuerrecht geprüft worden. Die auf Grund Ihrer Zusatzfrage erneut durchgeführte Prüfung hat ergeben, daß weiterhin starke Bedenken gegen diese Regelung bestehen. Ich darf diese Bedenken kurz wie folgt zusammenfassen: Die Arbeitsbeschaffungsreserven müssen aus versteuerten Gewinnen gebildet werden. Eine steuerliche Vergünstigung wird erst bei Auslösung der Arbeitsbeschaffungsaktion und zweckentsprechender Verwendung der Reserven zu begünstigten Investitionen, also in einem bei Bildung der Reserven noch unbekannten, in der Zukunft liegenden Zeitpunkt gewährt. Im Hinblick hierauf kann nicht angenommen werden, daß von der Möglichkeit der Bildung dieser Reserven in erheblichem Umfang und gerade in Zeiten der Hochkonjunktur Gebrauch gemacht würde. Die von der Maßnahme zu erwartende konjunkturkämpfende Wirkung muß deshalb als gering veranschlagt werden. Die in der Schweizer Regelung vorgesehene Steuerrückerstattung bei Auslösung der Arbeitsbeschaffungsaktion und Verwendung der Arbeitsbeschaffungsreserven zu begünstigten Investitionen könnte zwar als Instrument zur Konjunkturbelebung vor größerer Wirkung sein. Voraussetzung hierfür wäre jedoch, daß Arbeitsbeschaffungsreserven in erheblichem Umfang für den Einsatz in Zeiten einer Rezession zur Verfügung stehen. Ob das der Fall sein würde, muß aus den vorgenannten Gründen bezweifelt werden. Würde jedoch entgegen dieser Annahme von der Regelung in stärkerem Umfang Gebrauch gemacht werden, so könnte das zu einer schwer tragbaren Haushaltsbelastung führen, weil diese Steuererstattungen in einer Zeit, in der die Steuereinnahmen ohnehin stark rückläufig sein würden, zusammengeballt für die gesamten, in mehreren Jahren angesammelten Arbeitsbeschaffungsreserven stattfinden müßten — es sei denn, der Staat würde in Zeiten einer Hochkonjunktur zweckgebundene Rücklagen für die Steuererstattungen im Falle einer Rezession bilden. Endlich begegnet auch das Ausmaß der Steuervergünstigung, die im Ergebnis dazu führt, daß die begünstigten Investitionen aus unversteuerten Gewinnen finanziert werden können, ohne daß eine Kürzung der steuerlichen Abschreibungen eintritt, starken Bedenken, weil sich hierdurch für die aus den Arbeitsbeschaffungsreserven finanzierten Investitionen eine Abschreibungsquote von 200 v. H. der Anschaffungs- oder Herstellungskosten ergibt. Diese Bedenken wiegen um so schwerer, als der hierdurch eintretende Steuervorteil progressionsabhängig wäre. Für Steuerpflichtige mit hohen Einkommen sowie für Kapitalgesellschaften würden sich sehr hohe, für Steuerpflichtige mit mittleren und kleinen Einkommen nur bescheidene oder gar keine Steuerrückerstattungen ergeben. Die Regelung würde deshalb auf eine zusätzliche Begünstigung der Bezieher hoher Einkommen hinauslaufen, während die Bezieher mittlerer und kleiner Einkommen hiervon nur jeringe oder überhaupt keine Vorteile hätten. Im Hinblick auf diese Bedenken kann die Übernahme der Schweizer Regelung der Bildung von Arbeitsbeschaffungsreserven in das deutsche Steuerrecht auch weiterhin nicht befürwortet werden, zumal die Bundesregierung heute mit den im Gesetz zur Förderung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft vorgesehenen Ermächtigungen zur Gewährung einer Investitionsprämie bzw. zur vorübergehenden Einschränkung der steuerlichen Abschreibungen oder zur Variierung der Einkommensteuer und der Körperschaftsteuer bereits über ausreichende und unserem Steuerrecht adäquate Instrumente, mit denen übermäßigen Konjunkturausschlägen entgegengewirkt werden kann, verfügt. Anlage 8 Schriftliche Antwort des Bundesministers Lücke vom 29. Juni 1967 auf die Zusatzfrage des Abgeordneten Dr. Jahn (Braunschweig) zu der Mündlichen Anfrage des Abgeordneten Dr. Jahn (Braunschweig) t) In der Fragestunde des Deutschen Bundestages am 12. Mai 1967 hatte ich zugesagt, Ihrer Frage, ob bekannt sei, daß eine zweijährige Sperrung des Spielers Polywka erfolgen würde, nachzugehen. Sie hatten sich damit einverstanden erklärt, daß Ihre zweite Zusatzfrage, ob der Bundesregierung bekannt sei, daß andere Sportorganisationen in der Bundesrepublik Deutschland aus der SBZ kommende Sportler ohne Schwierigkeiten starten lassen, schriftlich beantwortet werden würde. Ich kann Ihnen jetzt dazu mitteilen, daß der Internationale Fußball-Verband (FIFA) entschieden hat, daß der Fußballspieler Polywka ein Jahr nach Einreichung des Ubertrittsgesuches für einen Verein des Deutschen Fußball-Bundes spielen kann. Die Spielberechtigung des Spielers Polywka ist damit für die neue Saison gesichert. Ich darf daher die Angelegenheit als erledigt betrachten. Anlage 9 Schriftliche Antwort des Staatssekretärs Dr. Ernst vom 18. August 1967 auf die Zusatzfrage des Abgeordneten Dr. Abelein zu der Mündlichen Anfrage des Abgeordneten Dr. Abelein t*) Der Herr Bundesminister der Finanzen hat mich gebeten, die von Ihnen in der Fragestunde des Deutschen Bundestages am 9. Juni 1967 gestellte Zusatzfrage zu beantworten, ob erwogen wird, „die Meldeordnung dahin gehend zu ändern, daß Soldaten ebenfalls — ähnlich wie Studenten — ihren Hauptwohnsitz in den Garnisonsstädten haben". Die Grundlage der melderechtlichen Vorschriften der Länder über den Wohnsitz von Soldaten ist § 9 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches, nachdem „Soldaten, die nur auf Grund der Wehrpflicht Wehrdienst leisten oder die nicht selbständig einen Wohnsitz begründen können", keinen Wohnsitz am *) Siehe 110. Sitzung Seite 5193 C **) Siehe 113. Sitzung Seite 5495 C 6062 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 119. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. September 1967 Standort haben. Die insoweit gleichlautenden landesrechtlichen Meldevorschriften bestimmen daher, daß nur Berufssoldaten, Soldaten auf Zeit (und Angehörige der Bereitschaftspolizeien sowie des Bundesgrenzsschutzes) sich bei der Meldebehörde ihres Standortes anzumelden haben. Dagegen wird bei Soldaten, die den Grundwehrdienst ableisten, eine Meldepflicht nicht begründet. Die genannten Vorschriften gehen davon aus, daß Soldaten, die lediglich ihren Grundwehrdienst ableisten, keine Wohnung in der Garnisonsgemeinde beziehen, sondern kraft Gesetzes zum Wohnen in Gemeinschaftsunterkunft verpflichtet sind. Eine Änderung des § 9 des Bürgerlichen Gesetzbuches ist nach Auskunft des Herrn Bundesministers der Justiz nicht beabsichtigt. Demnach wird auch eine Änderung des Melderechts für Soldaten nicht erwogen. Anlage 10 Schriftliche Antwort des Bundesministers Höcherl vom 5. Juli 1967 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Bauer (Wasserburg) (Drucksache V/1706 Frage 89) : Trifft es zu, daß österreichische Landwirte, die Landmaschinen deutscher Fabrikate erwerben wollen, von einschlägigen staatlichen Subventionen oder zinsverbilligten Darlehen durch die österreichischen staatlichen Organe ausgeschlossen sind, während aus Östereich nach der Bundesrepublik Deutschland eingeführte Landmaschinen bei deutschen staatlichen Förderungsmaßnahmen den deutschen Fabrikaten gleichgestellt werden? Ihre Mündliche Anfrage beantworte ich wie folgt: In der Fragestunde im Bundestag am 12. Mai 1967 hatte ich auf Ihre Frage, ob es zuträfe, daß deutsche Landmaschinen von einschlägigen Förderungsmaßnahmen der österreichischen staatlichen Organe ausgeschlossen seien, geantwortet, es müßten zunächst Erkundigungen eingeholt werden. Ich erhielt das Einverständnis, später schriftlich zu antworten. Nunmehr hat mir die deutsche Botschaft in Wien mitgeteilt, daß es in Östereich zur Zeit zwei Kreditaktionen zur Förderung der Mechanisierung gäbe. Bei der ersten Aktion mit einem Volumen von jährlich 400 Millionen S, die vor allem für Betriebe im Flach- und Hügelland gedacht sei, bestehe eine Einschränkung hinsichtlich Typen und Herkunft der Maschinen nicht. Die zweite Aktion sei auf ein Volumen von 180 Millionen S begrenzt und auf Bergbauern-und Kleinbetriebe beschränkt. Hier würden in erster Linie Maschinen inländischer Herkunft berücksichtigt, die in der Prüfanstalt Wieselburg mit positivem Ergebnis geprüft worden seien. Ausländische Fabrikate würden nur dann einbezogen, wenn inländische Fabrikate entsprechender Leistung und Ausführung nicht vorhanden seien und für sie ein positives Gutachten der Prüfstelle Wieselburg vorläge. Diese Regelung sei unter anderem damit begründet worden, daß bei der oft ungünstigen Streulage der Betriebe auf eine gewisse Begrenzung der Maschinentypen Wert gelegt würde, um den Ersatzteil- und Reparaturdienst zu erleichtern. Die Diskriminierung ausländischer Fabrikate bei dieser Aktion sei bereits im handelspolitischen Ausschuß des EFTA-Sekretariats erörtert worden. Das habe inzwischen zu einer Überprüfung des Verfahrens geführt. Eine Auflockerung sei dahin gehend vorgesehen, daß in die Aktion alle Fabrikate einbezogen werden sollten, für die von der Prüfanstalt Wieselburg oder einer entsprechenden Stelle in einem anderen Land ein positives Gutachten vorläge. Vom österreichischen Bundesministerium für Landwirtschaft und Forsten sei im übrigen darauf hingewiesen worden, daß die Bedeutung dieser zweiten Aktion mit ihrem Kreditvolumen von 180 Millionen S im Vergleich zu den gesamten Maschinenanschaffungen im Werte von jährlich etwa 4 Milliarden S verhältnismäßig gering sei. Auch stehe Österreich nach Frankreich als Abnehmer deutscher Landmaschinen noch immer an zweiter Stelle. Die deutsche Botschaft hat zugesagt, die Angelegenheit weiter zu verfolgen. Anlage 11 Schriftliche Antwort des Bundesministers Frau Strobel vom 29. Juni 1967 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Dichgans (Drucksache V/1943 Frage 90): Ist die Bundesgesundheitsministerin der Auffassung, daß eine solche in Frage 78 ') erwähnte Aktion mit den gesundheitspolitischen Zielen der Bundesregierung vereinbar wäre? Aus der Antwort des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen zu der von Ihnen gestellten Frage in gleicher Sache sind Sie davon unterrichtet, daß ein Zeitpunkt,. zu dem die Deutsche Lufthansa nur noch Düsenflugzeuge für den Nachtpostflug in Düsseldorf-Lohausen einsetzt, nicht bekannt ist. Man muß jedoch damit rechnen, daß im Rahmen der allgemeinen Umrüstung auf Düsenflugzeuge früher oder später die noch vorhandenen Kolbenmaschinen aus dem Verkehr gezogen werden. Da noch nicht voraussehbar ist, welche Flugzeugtypen dann für die Postbeförderung in DüsseldorfLohausen herangezogen werden und die näheren Umstände des Einsatzes der Flugzeuge nicht ausreichend bekannt sind, bin ich jetzt nicht in der Lage, präzise zu beurteilen, ob die künftige Lärmbelastung bei der nächtlichen Postbeförderung wesentlich über die derzeitige hinausgehen wird. Ich werde mich jedenfalls dafür einsetzen, daß bei der zu erwartenden Umstellung auf Düsenflugzeuge nicht einseitig postalische oder wirtschaftliche, sondern auch die gesundheitlichen Belange der Bevölkerung Berücksichtigung finden. Zu diesem *) Beantwortet in der 116. Sitzung vom 28. Juni 1967, Seite 5766 B Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 119. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. September 1967 6063 Zweck werde ich rechtzeitig in Verhandlungen mit dem Bundespostministerium auf eine umfassende Prüfung hinwirken, durch welche organisatorischen und sonstigen Maßnahmen flugtechnischer und postalischer Art die Nachtpostbeförderung nach Wegfall der Kolbenmaschinen ohne Zunahme der Lärmstörungen in der Umgebung des Düsseldorfer Flughafens möglich ist. Anlage 12 Schriftliche Antwort des Bundesministers Frau Strobel vom 29. Juni 1967 auf die mündliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Hammans (Drucksache V/1943 Frage 91) : Was kann die Bundesregierung tun, um zu erreichen, daß auch im Bereich der Kläranlagen des Niersverbandes am linken Niederrhein die günstigen Werte des biologischen Abbaues von Detergentien erreicht werden, die im Bereich anderer Kläranlagen seit Inkrafttreten des Detergentiengesetzes zu verzeichnen sind? Die Werte des biologischen Abbaues von Detergentien im Bereich der Kläranlagen des Niersverbandes sind ungünstiger als im übrigen Bundesgebiete, weil dort bisher von privaten Haushalten und von der Industrie noch weitgehend Wasch- und Reinigungs- sowie Textilhilfsmittel mit sogenannten harten Detergentien weiterverwendet wurden. Nach meiner Unterrichtung sind diese Produkte wegen preislicher Vorteile aus den Niederlanden vor allem über den kleinen Grenzverkehr eingeführt worden. Die Entwicklung im Einzugsgebiet der Niers wird auf meinen Wunsch vom Hauptausschuß „Detergentien und Wasser" sorgfältig beobachtet. Seit dem letzten Jahr haben sich diese Schwierigkeiten jedoch laufend gebessert. Vermutlich ist das auf eine Nivellierung der Preise zurückzuführen. Das Detergentiengesetz erfaßt in seiner jetzigen Fassung nur das „Inverkehrbringen" detergentienhaltiger Wasch- und Reinigungsmittel durch den Hersteller oder Einführer, nicht aber die Einfuhr derartiger Stoffe zur Verwendung im eigenen Haushalt oder Betrieb. Eine entsprechende Änderung des Gesetzes würde eine Änderung seiner Grundkonzeption bedeuten; es müßten unter anderem auch private Haushalte Adressat der Gesetzesvorschriften werden. Im Hauptausschuß „Detergentien und Wasser" und in der Länderarbeitsgemeinschaft Wasser ist bei Beratungen über diese Frage einmütig die Auffassung vertreten worden, daß das Gesetz zur Zeit nicht geändert werden sollte, insbesondere nicht in seiner Grundkonzeption. Die Bundesregierung hat sich dieser Auffassung angeschlossen. Sie geht hierbei nicht zuletzt von der Annahme aus, daß sich die genannten Probleme lösen, wenn in absehbarer Zeit erreicht wird, daß sich die dem Europarat angehörender Länder unserem Vorgehen anschließen und ähnliche gesetzliche Regelungen oder Vereinbarungen treffen. Auf Initiative des Bundesministeriums für Gesundheitswesen wird im Europarat seit geraumer Zeit darüber verhandelt. Anlage 13 Schriftliche Antwort des Staatssekretärs Schütz vom 5. Juli 1967 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Dr. Schulz (Berlin) (Drucksache zu V/1943 Fragen 94 und 95) : Ist die Bundesregierung bereit, im Sinne der Empfehlung 489 der Beratenden Versammlung des Europarates vom 26. April 1967 diejenigen Forschungsinstitute und Hochschuleinrichtungen nachhaltig zu unterstützen, die sich speziell mit Fragen der internationalen Friedenssicherung beschäftigen? Ist die Bundesregierung bereit, im Ministerkomitee des Europarates für die Gründung eines europäischen Instituts für Friedensfragen einzutreten? Die Bundesregierung begrüßt die von der Beratenden Versammlung des Europarates angenommene Empfehlung 489 zur Förderung bestehender Friedensforschungsinstitute. Es ist allerdings noch nicht zu übersehen, ob und in welchem Umfang sich die darin empfohlene internationale Zusammenarbeit mit dem Ziel der Vereinheitlichung der Arbeit dieser Institute verwirklichen läßt und welchen gemeinsamen Beitrag die Mitgliedsregierungen des Europarates hierzu leisten können. Im Augenblick wird die Empfehlung 489 im Ausschuß der Ministerbeauftragten des Europarates behandelt. Die Bundesregierung hat aber unabhängig von dieser Initiative der Beratenden Versammlung schon bisher die Wissenschaft und Forschung auf dem Gebiet der internationalen Beziehungen — das bedeutet auch gerade Friedensforschung — tatkräftig gefördert und wird dies weiterhin im Rahmen ihrer Zuständigkeiten und finanziellen Möglichkeiten tun. Die Beratende Versammlung hat in Ziffer 2 dieser Empfehlung die Gründung eines europäischen Instituts für Friedensfragen als verfrüht bezeichnet und davon abgesehen, dem diesbezüglichen Antrag des dänischen Abgeordneten Normann zu entsprechen. Diese Frage steht daher im Ministerkomitee zur Zeit nicht zur Diskussion und sollte nach Ansicht der Bundesregierung auch erst dann erörtert werden, wenn über die Arbeit der vorhandenen Institute und über deren internationales Zusammenwirken in größerem Umfang Erfahrungen gesammelt worden sind. Anlage 14 Schriftliche Antwort des Staatssekretärs Schütz vom 5. Juli 1967 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Schulz (Berlin) (Drucksache zu V/1943 Frage 96): Teilt die Bundesregierung die kürzlich von dem französischen Staatspräsidenten vertretene Auffassung, daß die Vereinigten Staaten von Amerika nicht nur den Vietnam-Krieg ausgelöst, sondern sich dadurch auch am Ausbruch des Konflikts im Nahen Osten schuldig gemacht hätten? Es kann nicht die Aufgabe der Bundesregierung sein, Auffassungen über politische Zusammenhänge in der Welt, die von führenden ausländischen Persönlichkeiten geäußert und der Bundesregierung durch die Presse bekannt werden, zu bewerten. Damit verneine ich nicht die Notwendigkeit, für die Bundesregierung eigene Überlegungen anzustellen. Sie stellt diese an und sie teilt sie auch dem Hause mit. 6064 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 119. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. September 1967 Anlage 15 Schriftliche Antwort des Staatssekretärs Grund vom 30. Juni 1967 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Maucher (Drucksache zu V/1943 Fragen 99, 100 und 101) : Ist der Bundesregierung bekannt, daß sich der Erlaß der Grunderwerbsteuer, wenn mit Hilfe der Kapitalabfindung ein Grundstück erworben wird, sich sehr segensreich auswirkt und den Beschädigten ermöglicht, zu einem Eigenheim zu kommen, was in vielen Fällen sonst nicht der Fall wäre? Ist der Bundesregierung bekannt, daß die Unfallbeschädigten, obwohl sie unter gleichen Voraussetzungen neuerdings die Kapitalabfindung in Anspruch nehmen können, aus der in Frage 99 erwähnten Vergünstigung ausgeschlossen sind? Ist die Bundesregierung bereit, eine gesetzliche Änderung vorzunehmen, daß auch die Unfallbeschädigten in die in Frage 99 erwähnte Vergünstigung miteinbezogen werden? Bei der Grunderwerbsteuer stehen Gesetzgebung, Verwaltung und Aufkommen ausschließlich den Ländern zu. Die Bundesregierung ist dehalb mangels Zuständigkeit nicht in der Lage, zu den Anfragen sachlich Stellung zu nehmen. Anlage 16 Schriftliche Erklärung des Abgeordneten Dr. Staratzke (FDP) zu Punkt 3 der Tagesordnung. Ich möchte noch einmal auf die Widersprüche eingehen, die zwischen diesem Zweiten Konjunkturprogramm und den Maßnahmen der gleichzeitig zu verabschiedenden mittelfristigen Finanzplanung unverkennbar bestehen. Ich spreche also zum Zielkonflikt. Zunächst einmal bleibt die Frage offen, ob die sark verschuldeten Gemeinden überhaupt mitspielen werden, wenn auch Herr Minister Schiller in seiner Rede heute vormittag das Mitziehen der Länder so stark und so positiv herausgestellt hat. Dieses antizyklische konjunkturfördernde Programm soll Länder und Gemeinden von ihrem bisherigen prozyklischen Verhalten abbringen. Selbst wenn das gelingen sollte — was ich bezweifle —, können öffentliche Investitionen in gewissem Umfange bestenfalls die Konjunktur abstützen, jedoch niemals allein zu einem neuen Wirtschaftsaufschwung führen. Die Wirtschaft braucht einen schnellen und kraftvollen Aufstieg, den nur die „Antriebsraketen" privater Investitionen schaffen können. Die erfolgreiche „Zündung" derartiger Impulse wird aber leider von vornherein durch eine Reihe von „Kurzschlüssen" erschwert. Erstens paßt die Ergänzungsabgabe von 3 °/o zur privaten Investitionsbelebung wie die „Faust aufs Auge". Diese Kröte, die Minister Schiller hier nach seinen eigenen Worten schlucken mußte, entzieht der Wirtschaft weiteres Blut für die nun seit einem Jahr rückläufigen Investitionsausgaben. In seiner Begründungsrede zum Investitionshaushalt spricht Herr Minister Schiller von einer Verbesserung der Selbstfinanzierung, die er erreichen will. Glauben Sie, daß dies durch die Erhöhung der direkten Steuern erreicht wird, das alles in dieser Situation? Das glauben Sie doch selbst nicht, dafür sind Sie doch viel zu klug. Zweitens soll die Mehrwertsteuer erhöht werden. Daß diese Maßnahme der Konjunktur zuwiderläuft, statt sie zu beleben, weil sie die Kaufkraft mindert, weiß jedes Kind. In der Frage der Entlastung der Altvorräte wird immer noch gezögert. Entschließt sich das Parlament jetzt endlich dazu, diese Entlastung voll vorzunehmen, dann ist es reichlich spät. Die Pferde, die Herr Minister Schiller zum Saufen bringen möchte, finden also eine reichlich verschmutzte Quelle vor. Es kann doch nur so sein, daß im Koalitionskabinett Kräfte gegeneinander gewirkt haben, die sich am Ende aufheben. Wir stehen hier im Parlament vor schlechten Kompromissen ohne Ecken und Kanten. Der Bundesbürger wird wohl Abschied nehmen müssen von dem Wunschdenken, die beiden großen Parteien könnten eindrucksvolle Kraftakte vollbringen. Sehr gewagt, wenn nicht falsch, ist die Behauptung in der Regierungsbegründung, der erste Eventualhaushalt habe zu einem ganz erheblichen Teil eine Konjunkturbesserung herbeigeführt, und die Sonderabschreibungen hätten auch ganz wesentlich dazu beigetragen. Nein, meine Damen und Herren, das kann Ihnen wohl kaum jemand in der Wirtschaft bestätigen. Zustimmen muß man allerdings jenem Punkt 6 der Regierungsbegründung, in dem dargelegt wird, daß die — entgegen den weitergehenden Vorschlägen der FDP — seinerzeit beschlossene Behandlung der Altvorräte bei der Einführung der Mehrwertsteuer zu einem verstärkten Lagerabbau mit stark negativem Konjunktureinfluß geführt habe. Das allerdings kann Ihnen .die Wirtschaft voll bestätigen. Wir müssen uns doch immer wieder vor Augen halten, daß die Bemühungen um eine neue wirtschaftspolitische Belebung nur dann erfolgreich sein werden, wenn Wirtschaft und Verbraucher Vertrauen zur Wirtschafts- und Finanzpolitik der Bundesregierung gewinnen. Die Vorlagen der Bundesregierung erfüllen diese Anforderung nicht. Sie sind einfach in sich widersprüchlich und stehen im Gegensatz zu den großen und kraftvollen Ankündigungen der Bundesregierung. Mit den geplanten Steuererhöhungen wird die Massenkaufkraft eingeschränkt und werden Neuinvestitionen behindert. Diese Maßnahmen wirken deshalb gerade gegenteilig zur angestrebten Konjunkturbelebung. Aber auch das Flickwerk auf sozialpolitischem Felde in der mittelfristigen Finanzplanung bringt dem Einkommensbezieher weniger Konsumkraft und der Wirtschaft weitere Mehrbelastungen und damit Kostensteigerungen. Die vorgesehenen Ausgabenkürzungen bei den Sozialleistungen gehen am eigentlichen Problem der notwendigen Sozialreform schnurstracks vorbei. Der Bundeshaushalt wird zwar dadurch entlastet. Diese Entlastung kommt jedoch durch Beitragserhöhungen zustande, die der gewerblichen Wirtschaft wiederum über eine Milliarde Mehrbelastung, d. h. Kostensteigerung bringen. Das Wort „Vertrauen" ist der Schlüssel zur Wiederbelebung. Das Vertrauen in die wirtschaftliche Zukunft und damit der Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 119. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. September 1967 6065 Investitionswille der Unternehmungen hängen aber ganz entschieden davon ab, daß weitere Verschuldungen — langfristig, mittelfristig und kurzfristig — vermieden werden. Man erwartet mit Sehnsucht eine starke Einschränkung des Staats- und Sozialkonsums. Dazu hat sich die Bundesregierung in der vorgelegten Finanzplanung nicht bereit gefunden. Wenn die Bundesregierung aber schon im Konjunkturtief nicht die Kraft hat, Staats- und Sozialkonsum einzuschränken, wieviel weniger wird dies der Fall im Klima kommender Wahlen sein? Professor Müller-Armack hatte bereits in seinem Memorandum, das vor der „Woche der Wahrheit" — die wir wohl besser die Woche der Enttäuschung zu nennen haben — vorlag, nachdrücklich darauf hingewiesen, daß eine ganze Fülle von strukturellen Problemen jetzt dringend zu bereinigen seien. In diesem Punkt würde ich ihm ohne zu zögern folgen. Es muß heute ganz einfach die Frage gestellt werden, warum die Bundesregierung mit diesem Programm, das sowohl in der Höhe wie in der Struktur, wie bezüglich der Finanzierung höchst problematisch ist, sozusagen auf den Konjunkturgashebel treten will und zur gleichen Zeit mit aller Kraft auf die Bremse tritt. Warum geht man nicht den direkten Weg zur Ankurbelung der gesamten privaten Wirtschaft? Warum schafft man nicht wirkliche Incentives für die Wirtschaft, auch wenn sie im Augenblick Geld kosten? Dazu würde z. B. gehören: statt Ergänzungsabgabe und Einkommensteuer- und Körperschaftsteuer-Erhöhung eher eine Senkung der Steuersätze, wie es die Lehren der Nationalökonomie für die Rezession vorsehen. Mehr Staatseinnahmen in dieser Situation können eben nicht durch Erhöhung der Steuersätze erreicht werden, sondern einzig und allein durch Pflege und Anreiz der Steuerquellen. Der Vorsitzende jener großen Gewerkschaft, der den Investitionshaushalt so warm empfiehlt und' den Minister Schiller heute zitiert, hat aber auch eine zehnprozentige Steuersenkung wärmstens empfohlen. Wer halb zitiert, hat ganz gewonnen. Der hier vorliegende Widerspruch wird besonders eklatant, wenn man sich vor Augen hält, daß das vom Hohen Hause vor wenigen Wochen verabschiedete Stabilitätsgesetz Steuererhöhungen natürlich nur dann als zulässig ansieht, wenn mit der Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts zugleich erhebliche Preissteigerungen einhergehen. Davon kann nun allerdings in der augenblicklichen Konjunkturphase wirklich nicht gesprochen werden. Für eine Steuererhöhung ist also auf keinen Fall Raum. Die Bundesregierung schlägt genau das Gegenteil von dem vor, was das Stabilitätsgesetz in dieser Situation als richtige Maßnahme vorsieht. Was soll die Wirtschaft, auf deren Investitionsbereitschaft es jetzt so entscheidend ankommt, von einer derartigen Wirtschaftspolitik eigentlich denken? Soll sie dazu Vertrauen haben? Dazu gehört natürlich auch nicht die Erhöhung der Mehrwertsteuersätze, auch nicht in der zweiten Hälfte des nächsten Jahres; denn sie vermindert die Nachfrage. Dazu gehört die volle Entlastung der Altvorräte, und zwar nicht nur dann, wenn das Lager höher als am Stichtag 1. Januar 1967 ist. Wieviel Unternehmen sind zur letzten Jahreswende wegen der galoppierenden Rezession auf ihren hohen Lägern sitzengeblieben? Wollen Sie diese Konjunkturgeschädigten heute bestrafen? Die Freien Demokraten hatten bereits in der zweiten und dritten Lesung des Mehrwertsteuergesetzes mit Nachdruck eine vernünftige Entlastung der Altvorräte für das bevorstehende Jahresende gefordert. Ich selbst habe hier zweimal vor den Gefahren gewarnt, die dem Konjunkturverlauf bei der damals vorgesehenen Entlastungsregelung drohen müßten. Niemand hat auf uns gehört! Heute endlich beginnt man einzusehen, daß wir recht hatten. Statt der mageren Sonderabschreibungen sollte man sich ernsthaft überlegen, die steuerliche Invesitionsprämie, wie sie das Stabilitätsgesetz — allerdings erst ab 1. Januar 1969 — vorsieht, in einer angemessenen Höhe vorzuziehen und jetzt zu geben. Das würde ein echter Anreiz sein! Weiterhin wäre zu nennen, das Gleichziehen der Exportfinanzierung mit der des Auslandes und Abschaffung des sogenannten Selbstbehaltes bei der Hermes-Versicherung für Exporte. Glauben wir doch ja nicht, daß der augenblickliche Exportboom echt und andauernd ist. Er ist in großen Bereichen der Wirtschaft ein Kampf- und Krampf-Export. Dazu müßte kommen die Verhinderung aller anomalen und Dumping-Einfuhren, die marktzerrüttend wirken und die Investitionsfreudigkeit der Unternehmen für die Zukunft entschieden abschwächen. Auch sollte man Zuschüsse oder Steuererleichterungen für die Forschung in der Industrie sowie für Risikoinvestitionen, wie z. B. in der Elektronik und im Reaktorbau, vorsehen. Hierzu gehört aber auch die steuerliche Erleichterung bei Zusammenschlüssen, bei Fusionen und bei Umwandlungen, um rationeller arbeiten zu können. Dies ist in Deutschland heute nicht möglich, weil so etwas so viel Steuern kostet, daß die Unternehmen, bevor sie zusammengeschlossen oder umgewandelt sind, schon Konkurs anmelden können. Ich will noch auf einige Punkte eingehen, die gar nichts kosten, die aber ausgesprochen negative psychologische Wirkungen haben. Das Schlagwort von der „sozialen Symmetrie" — es wurde heute schon angeschnitten — lastet wie eine Hypothek auf unserer wirtschaftlichen Zukunft. Es erzeugt zudem auch eine falsche und verzerrte Optik, als wenn Arbeitnehmer und Arbeitgeber ein unterschiedliches Interesse an der Konjunkturbelebung, an Stabilität und Wirtschaftswachstum hätten. In Wirklichkeit kommen die konjunkturpolitischen Maßnahmen der Regierung, wenn sie Erfolg haben, doch nicht einseitig nur den Unternehmern zugute, sondern es profitieren alle davon, nämlich die Unternehmer in Form höherer Umsätze, die Arbeitnehmer mit wachsendem Realeinkommen und der Staat 'mit steigenden Steuereinnahmen. Weiterhin ist als bedeutsamer psychologischer Punkt zu erwähnen, das dauernd hochgespielte Gerede von der Erweiterung der Mitbestimmung, durch das weitere Unsicherheit und Unruhe in die Wirtschaft getragen wird, was aber ganz sicher nicht zum 6066 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 119. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. September 1967 Investitionsmut anregt. Aber auch die dauernde Androhung der Aufhebung der Preisbindung der zweiten Hand trägt nicht zur Beruhigung bei. Ich fasse zusammen. Die Bundesregierung hat es nicht vermocht, den Zielkonflikt zwischen Haushaltssanierung und Konjunkturbelebung zu bewältigen. Sie ist sich darüber hinaus selbst untreu geworden. Schon Ende 1966 hatte sie aus höherer konjunkturpolitischer Einsicht, nicht aus dem eigenen Triebe heraus, auf eine Erhöhung direkter Steuern und sogar die geplante Erhöhung des Umsatzsteuersatzes eindeutig verzichtet. Ausgerechnet in einer Phase, in der die künftige Konjunkturentwicklung auf des Messers Schneide steht, soll dies nachgeholt werden. Es sind kaum Maßnahmen denkbar, die unzeitgemäßer sein können. Mehr öffentliche Investitionsnachfrage in gewissem Umfange ist gewiß gut. Zur Vollauslastung der Kapazitäten, für einen höheren Beschäftigungsgrad und erst recht für einen neuen konjunkturellen Aufschwung braucht man aber die privaten Investitionen. Es sieht fast so aus, als ob die Bundesregierung dieses letzte, aber entscheidende Glied in der Kette zu einem neuen Konjunkturaufschwung in ihrer mittelfristigen Finanzplanung und in ihren Konjunkturmaßnahmen vergessen hätte. Anlage 17 Schriftliche Erklärung des Abgeordneten Spitzmüller (FDP) zu Punkt 3 der Tagesordnung. Steht die Bundesregierung noch voll zu den Vorhaben, wie sie sich aus dem Zahlenwerk der Drucksache 2065 darstellen? Ich fürchte, daß das, was der Finanzminister als ausgewogen bezeichnet hat, in vielen Punkten keine Bestätigung erfahren wird. Ich habe auch den Eindruck, daß dies der Kanzler ahnt, denn er sagt: Die Finanzplanung ist elastisch genug, es ist keine Zwangsjacke aber auch kein unverbindliches Papier. Der Finanzminister sagte heute: Erst am 13. 9. 67 wird sich das Kabinett mit den Einzelgesetzen zur Ausgabenkürzung beschäftigen. Nun da wäre es doch gut, wenn das Kabiett schon wüßte, wie sich die Abgeordneten in den Fachausschüssen für Sozialpolitik, Familienfragen und Jugendfragen, Arbeit und Kriegs- und Verfolgungsschäden sowie im Ausschuß für Angelegenheiten der Heimatvertriebenen und Flüchtlinge zu den einzelnen Punkten geäußert haben. Dies könnte nur von Vorteil für eine sachdienliche und schnelle Beratung im Kabinett und später im Bundestag sein. Oder gilt für das Parlament und die Ausschüsse im Verhältnis zur Regierung nicht das Wort von der konzertierten Aktion? Oder soll schließlich die RVO und deren Änderung zu den Aufgaben des Haushaltsausschusses werden? Zusammenarbeit oder — um mit Herrn Schiller zu sprechen — Kooperation schon jetzt wäre gut. Oder sind die Meinungsverschiedenheiten in der Koalition so groß, daß man die Beratung in den zuständigen Ausschüssen jetzt nicht riskieren kann? Herr Finanzminister Strauß hat heute morgen wieder in gewohnter Manier manches Wahre prägnant formuliert, z. B. als er davon sprach, daß „Kürzungen in Zeiten wachsender Steuereinnahmen" fast unmöglich seien. Sicherlich hat er dabei auch daran gedacht, daß dies in Wahljahren auch nicht möglich ist. Einen Satz aber muß ich doch entschieden richtigstellen. Sie sagten, der soziale Besitzstand des kleinen Mannes wird nicht angetastet. So etwas kann nur sagen, wer die Lehre von den drei Wahrheiten praktiziert. Sie wissen, der Erfinder dieser Lehre war Konrad Adenauer. Die Vorschläge der Finanzplanung greifen in die Grundlagen der Rentenreform ein: a) Beitragserhöhungen ohne höhere Rentenansprüche, b) Eingriff in den Steigerungssatz und damit in die Rentenformel der Knappschaftversicherung, c) Aussetzen von Teilen des Bundeszuschusses. Bisher bedeutete der Versicherungsbeitrag gleichzeitig vollen Krankenversicherungsschutz oder Leistung eines pauschalen Betrages für Krankenschutz einschließlich der Rente. Das soll in Zukunft nicht mehr gelten. Ein Rentnerkrankenversicherungsbeitrag ist vorgeschlagen. Hier liegt ein ganzes Fragenbündel. a) Welche Rentner werden zu einem Beitrag herangezogen? b) Was geschieht bei Rentenempfängern, die aus eigener Erwerbstätigkeit Krankenversicherungsbeiträge bezahlen? c) Was geschieht bei Rentnern, die mehrere Renten beziehen? d) Was geschieht bei Rentnern, die den Paüschbetrag von 40,70 DM erhalten und die übrigen Versicherungsbeiträge bzw. die Krankheitskosten selbst bezahlen? e) Womit wird die Einbeziehung aller Renten unabhängig von ihrer Höhe gerechtfertigt? (Arbeitseinkünfte in bestimmten Umfang — zur Zeit bis 175 DM monatlich — sind abgabefrei.) f) Warum sollen nach Pressemitteilungen Neurenten und Bestandsrenten (Altrenten) aus den Jahren 1968 und 1967 nicht gekürzt werden? Darüber hinaus wird das verfügbare Nettoeinkommen der Arbeiter und Angestellten prozentual in den nächsten Jahren laufend sinken. Nach den Worten der Regierungsvertreter handelt es sich bei der Finanzplanung um ein ausgewogenes Programm, dessen, was nötig und politisch möglich ist. Das glauben Sie aber wohl selbst nicht mehr; denn nach allem, was aus Zeitungen selbst bei Abmilderung herauszulesen ist, ist doch anzunehmen, daß die Vorhaben im Sozialbereich von Ihrer Koalition nicht durchgehalten werden. Wenn diese Kabinettsbeschlüsse Wirklichkeit werden sollen, bedeutet es die Abkehr der SPD von ihren bisher verkündeten Grundsätzen zur Sozialpolitik. Man könnte dann im Hinblick auf ihre frühere Oppositionsrolle im Vergleich zu ihrem heutigen Verhalten auch sagen: „Illusion und Wirk- Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 119. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. September 1967 6067 lichkeit". Für sie gab es einige Kriterien sozialer Gerechtigkeit, die sie an die Politik der früheren Regierung anlegte, erstens das Verhältnis der Sozialausgaben zu den Gesamtausgaben des Haushaltes. Die SPD versäumte keine Gelegenheit, den verflossenen Regierungen den sinkenden Anteil der Sozialausgaben an den Gesamtausgaben zum sozialpolitischen Vorwurf zu machen. Gewiß, wir haben diesen Vorwurf nicht anerkannt, weil für uns die Frage einer vernünftigen Sozialpolitik keine bloße Frage einer möglichst hohen Umverteilung von Geldern — keine bloße quantitative Frage — ist. Die Bundeszuschüsse waren der zweite beliebte Gegenstand der Kritik. Ungeachtet der Tatsache, daß er absolut gesehen ständig stieg, wurde der Vorwurf erhoben, daß er prozentual, auf die Ausgaben der Rentenversicherungsträger bezogen, ständig sinke. Diese sogenannte Finanzplanung mit entscheidender Mitverantwortung der SPD erweist sich in beiden erwähnten Punkten als genaues Gegenteil dessen, was als geradezu programmatische Zielsetzung von der SPD bisher verkündet wurde. Die Beratungen der Gesetze werden zeigen, inwieweit es sich bei den sozialpolitischen Vorstellungen der Oppositions-SPD nur um Treibhauspflänzchen handelte, die in theoretischen Modellen entwickelt wurden, oder ob sie auch die Freiluft der Regierungsbeteiligung ertragen. Diese verschlungenen Maßnahmen bedeuten im Prinzip die Fortsetzung dessen, was die alte SPD als Opposition aus Überzeugung oder Opportunismus bekämpft hat. Der Anteil der Sozialausgaben an den Bundesausgaben wird weiter sinken, unabhängig davon, ob die Regierung oder Teile der sie tragenden Kräfte bereit sind, dies einzugestehen oder nicht. Die Politik der Vernebelung mit Begriffen wie soziale Symmetrie, konzertierte Aktion usw. wird auf die Dauer darüber nicht hinwegtäuschen. Das Spiel, das die SPD betreiben will, ist klar zu durchschauen. Sie werden, um das Gesicht vor ihren Wählern wahren zu können, versuchen, die Regierungskonzeption punktuell zu ändern, um sagen zu können: Wenn wir nicht in der Regierung gewesen- wären, wäre alles viel schlimmer geworden. Für uns stellt sich nur die Frage, ob dieses Spielchen bei der Erstellung der Finanzplanung und des vorgelegten Zahlenwerks schon eingeplant war, etwa, daß die Interessenquote bei der Rentenversicherung nur 2% betragen soll und die anderen 2 % über Schuldbuchtitel oder durch weiteren Abbau des Vermögens abgedeckt werden können. Allerdings dürfte das dann wieder seine Konsequenzen auf dem Kapitalmarkt haben. Ich erinnere an die Warnungen der Bundesbank. Verschiedene Sprecher der Koalition haben dieses Papier als Arbeitshypothese bezeichnet. Diese Arbeitshypothese ist deshalb gefährlich, weil sie nur eine einzige Entwicklungsannahme hat. Es fehlt, Herr Kollege Burgbacher, die Bandbreite. Daß heißt, wer von möglichen Entwicklungen ausgeht, muß, gerade wenn er keine verbindliche Planung will, zumindest eine Minimum- und eine Maximumannahme zugrunde legen. Wir Freien Demokraten sind nicht zahlengläubig, aber Zahlen verdeutlichen mögliche Entwicklungen, insbesondere wenn von verschiedenen Hypothesen ausgegangen wird. Gerade der Mangel verschiedener denkbarer Entwicklungsmöglichkeiten birgt die große Gefahr, daß diese Finanzplanung, sicherlich ungewollt, aber trotzdem zwangsweise zu einer Planung und Lenkung in Bereichen ausarten kann, an die heute niemand denkt. Wir fragen deshalb: Warum ist man nicht vorgegangen wie bei den versicherungstechnischen Bilanzen? Wo sind die Zahlen über die Entwicklung der Beitragseinnahmen? In der Anlage 2 sind nur Globalzahlen enthalten. Wir wüßten gerne, von welchen Beträgen die Bundesregierung ausgegangen ist, I. Von welchen Beträgen ist die Bundesregierung bei der Erstellung der mittelfristigen Finanzplanung für die Jahre 1967-71 ausgegangen im Hinblick auf die Entwicklung 1. der Beitragseinnahmen a) der Arbeiterrentenversicherung, b) der Angestelltenrentenversicherung, c) der knappschaftlichen Rentenversicherung, d) der landwirtschaftlichen Alterskassen? 2. der Bundeszuschüsse an a) die Arbeiterrentenversicherung, b) die Angestelltenrentenversicherung, c) die knappschaftliche Rentenversicherung, d) die landwirtschaftlichen Alterskassen? 3. der Gesamtausgaben a) der Arbeiterrentenversicherung, b) der Angestelltenrentenversicherung, c) die knappschaftliche Rentenversicherung, d) der landwirtschaftlichen Alterskassen? 4. des Anteiles der Bundeszuschüsse an den Gesamtausgaben a) der Arbeiterrentenversicherung, b) der Angestelltenrentenversicherung, c) der knappschaftlichen Rentenversicherung, d) der landwirtschaftlichen Alterskassen? 5. der monatlichen Höchstbeiträge in a) der Arbeiterrentenversicherung, b) der Angestelltenrentenversicherung, c) der knappschaftlichen Rentenversicherung? 6. der monatlichen Pflichtbeiträge zur Handwerkerrentenversicherung? 7. der monatlichen Beiträge zu den landwirtschaftlichen Alterskassen? 6068 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 119. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. September 1967 8. der monatlichen Mindestbeiträge zur freiwilligen Weiterversicherung in a) der Arbeiterrentenversicherung, b) der .Angestelltenrentenversicherung, c) der knappschaftlichen Rentenversicherung? II. Welche Entwicklung wäre für die in Ziffer I genannten Bereiche für die Jahre 1967-71 zu erwarten, wenn sich die Annahme eines Wachstums des nominalen Bruttosozialprodukts von 5 bis 5,5 % als unrealistisch erweisen sollte und eine niedrigere oder höherer Zuwachsrate von z. B. 1. jährlich etwa 3 % oder 2. jährlich etwa 7 % zustande käme? III. Mit welchen Beitragssätzen müßte unter den in Ziffer II 1 und 2 genannten Voraussetzungen gerechnet werden a) in der Arbeiterrentenversicherung, b) in der Angestelltenrentenversicherung, c) in der knappschaftlichen Rentenversicherung? - In den versicherungstechnischen Bilanzen sind solche Dinge aufgezählt gewesen. Kein Mensch hat daraus geschlossen, es handele sich um Planung, sondern das waren Entwicklungen von hypothetischen Annahmen und der zahlenmäßigen Entwicklung. Die tatsächliche Entwicklung hat gezeigt, daß diese Annahmen im Bereich richtiger Einschätzungen lagen. Niemand soll deshalb heute die Ausrede gebrauchen, man habe die finanziellen Schwierigkeiten nicht etwa voraussehen können. Woher nimmt die Regierung den Mut, auf Seite 3 der Vorlage zu behaupten, ihre Vorschläge trügen zur Konsolidierung der gesetzlichen Rentenversicherung bei? Wie konnte es geschehen, daß der Bundesverband der Rentenversicherungsträger bei gleichen hypothetischen Annahmen zu einem Defizit von 8,5 Mrd. in diesen 4 Jahren kommt? Es ist doch bedenklich, wenn solche Differenzen des Berechnungsergebnisses von Fachleuten vorgetragen werden. Warum hat sich die Bundesregierung nicht vorher mit den Rentenversicherungsträgern über das zu erwartende Rechenvergebnis in Verbindung gesetzt? Wie sollen die Abgeordneten es werten, daß der Präsident der BfA bezüglich der Einnahmezahlen aus der Beseitigung der Versicherungspflichtgrenze auf ein völlig abweichendes Ergebnis kommt? Wie ist es zu erklären, daß in der Vorlage die Kürzungen beim Kindergeld mit 140 Millionen jährlich angesetzt sind und in der Presse von 68 Millionen gesprochen wird, weil niemand weiß, wie die vorgesehene Einkommensgrenze von 2000 DM gedacht ist (brutto, netto oder sonstwie). Dies sind nur einige Fragen, bei denen die finanziellen Konsequenzen zumindest nicht überschaubar sind. Aber es gibt einige weitere Fragen, die das Problem der sozialen Gerechtigkeit berühren. Wie will es die Bundesregierung vertreten, daß bestimmten Bevölkerungsgruppen abverlangt wird, daß sie trotz Preissteigerungen mit dem gleichen absoluten Einkommen in den nächsten 4 Jahren auszukommen haben, während in anderen Bereichen ein Mindestwachstum von 3, 4, 5 % für unumgänglich gehalten wird? Welche Gründe kann die Bundesregierung dafür vorbringen, daß eine Einkommensgrenze ohne Rücksicht auf die Kinderzahl vorgeschlagen wird? Als ich erstmals von dieser Einkommensgrenze hörte, dachte ich, der Familienminister wolle auch persönliche Opfer auf sich nehmen und auf Kindergeld verzichten. Aber bei näherem Hinsehen erweist es sich, daß diese Grenze auch bei vergleichbaren Einkommen nicht für alle gelten soll. Die Fragen meines Kollegen Mischnick zur Kriegsfolgegesetzgebung harren auch noch der Beantwortung. Letztlich muß ich auf den sozialpolitischen Widerspruch hinweisen, der darin zu sehen ist, 'daß manche Angestellte mit guten Verdiensten unter dem Vorwand der Schutzbedürftigkeit jetzt, wo die Beitragssätze steigen, in die Pflichtversicherung einbezogen werden, während man ihnen die freiwillige Mitgliedschaft bisher verwehrte, ihnen aber gleichzeitig jetzt das Kindergeld mit dem Argument nimmt, sie seien belastungsfähig. Verschiedene Sprecher der Koalition haben von ausgewogenen Maßnahmen gesprochen. Wir werden bei der Verabschiedung der einzelnen Gesetze erleben, was von dieser angeblichen Ausgewogenheit übrigbleibt. Ich erinnere an die Regierungserklärung vom 13. Dezember 1966, in der der Bundeskanzler von den „Führungsaufgaben" sprach. Wir warten gespannt darauf, ' ob das Problem nur erkannt und angesprochen wurde oder ob es wie in vielen anderen Fällen mit der Darstellung sein Bewenden hat. Wenn der Bundeskanzler glaubt, die Vorschläge zur Sozialpolitik in der Koalition durchsetzen zu müssen, dann muß er alle Minister und Staatssekretäre permanent in die Ausschüsse schikken und zweifelsfreies Zahlenmaterial vorlegen. Das, was hier bis jetzt geboten wird, ist in vieler Hinsicht so anfechtbar, daß ein verantwortungsbewußter Sozialpolitiker — unabhängig von der grundsätzlichen Einstellung — nicht bereit sein kann, auf dieser fragwürdigen Zahlenbasis Entscheidungen weitreichenden Ausmaßes zu treffen.
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    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Bundesregierung legt Ihnen heute den mehrjährigen Finanzplan und ihr Zweites Konjunkturprogramm vor. Ich hatte .dieses Hohe Haus um eine Sondersitzung gebeten, damit durch die Beratung dieser Vorlagen die für die Planungen unserer Wirtschaft dringend notwendige Klarheit rechtzeitig herbeigeführt wird. Ich bin dem Hohen Hause für die Bereitschaft dankbar, diese Sondersitzung während der Parlamentsferien abzuhalten.
    In der Regierungserklärung waren die Maßnahmen, die Ihnen heute zur Beratung vorliegen, angekündigt, um einerseits die Finanzkrise, die im letzten Jahr offenbar wurde, endgültig zu überwinden und zukünftige Krisen ähnlicher Art zu vermeiden und um andererseits die notwendigen Maßnahmen zur Wiederbelebung unserer Wirtschaft zu treffen.
    Über Zweck und Ziel der mehrjährigen Finanzplanung besteht in der Öffentlichkeit noch manche Unklarheit. Diese-Finanzplanung ging von einer umfassenden Bestandsaufnahme unserer finanziellen Situation aus. Dabei wurden alle gesetzlichen, vertraglichen und internationalen Verpflichtungen kritisch überprüft. Es stellte sich heraus, daß wir für die Jahre 1968 bis 1971 mit einer Deckungslücke von rund 64 Milliarden DM zu rechnen hatten. Um diese Haushaltslücke zu schließen, war der rein konventionelle Weg über eine Kürzung der Ausgaben, Steuererhöhungen und langfristige Anleihen nicht gangbar. Steuererhöhungen konnten nicht über ein gewisses Maß hinaus vorgenommen werden, da sie in der jetzigen Konjunkturphase wachstumshemmend wirken müßten. Auch langfristige Anleihen stehen nur in beschränktem Umfange zur Verfügung. Andererseits konnten die Haushaltslücken auch nicht allein durch Ausgabekürzungen geschlossen werden. Ich habe schon in der Regierungserklärung darauf hingewiesen, daß man diesem Problem nicht einfach mit der Holzaxt beikommen kann. Allzu drastische Streichungen hätten zu einem Kahlschlag geführt und uns gezwungen, auch in die Bereiche der für die Sicherung der Zukunft unentbehrlichen Sozialinvestitionen einzugreifen.
    Wir haben daher in Übereinstimmung mit der Bundesbank kurz- und mittelfristige Kreditmittel in einem vertretbaren Umfang zur Finanzierung der mittelfristigen Finanzplanung eingestellt. Wir haben Verbesserungen der Bundeseinnahmen von etwas



    Bundeskanzler Dr. h. c. Kiesinger
    mehr als 11 Milliarden DM vorgesehen und Vergünstigungen von 2 Milliarden DM gestrichen. Die in den Einnahmeverbesserungen enthaltenen Steuererhöhungen, zu denen wir uns nur sehr ungern entschlossen, waren leider notwendig, um den Bundeshaushalt dauerhaft zu sanieren und um die Belastungen sozial ausgewogen zu verteilen.
    Trotz diesen Maßnahmen auf der Einnahmeseite war es erforderlich und ist es gelungen, Einsparungen im Bundeshaushalt in Höhe von rund 30 Milliarden DM vorzunehmen. Das Ausgabevolumen des Bundeshaushalts wird danach in den nächsten vier Jahren um durchschnittlich jährlich etwas unter 6 % steigen. Dieses Wachstum steht in Einklang mit den gesamtwirtschaftlichen Zielprojektionen für den Planungszeitraum, die schon in der Regierungserklärung mit etwa 4 % jährlich realer Zuwachsrate des Bruttosozialprodukts angegeben waren.
    Dieser mehrjährigen Finanzplanung liegt natürlich ein politisches Gesamtkonzept zugrunde. Wir führen einerseits seit langem Bewährtes fort; andererseits haben wir, wo es notwendig war, Korrekturen vorgenommen und neue Prioritäten gesetzt. Unter diesem Gesichtspunkt wurde der Anteil der Investitionsausgaben im Gesamthaushalt von 17,7 % in diesem Jahr auf 19,21 % im Jahre 1971 gesteigert, wurde ein Spielraum für neue Maßnahmen im Umfang von 0,5 Milliarden DM im Jahre 1970 und 1,2 Milliarden DM im Jahre 1971 geschaffen, wurden die Ansätze für Wissenschaft und Forschung, für Entwicklungshilfe und für den Verkehr über die durchschnittlichen Zuwachsraten des Haushalts hinaus erheblich erhöht. Die Zuweisungen der Mittel für den Verteidigungsetat stellen sicher, daß die Bundeswehr auch in Zukunft ihren Verteidigungsbeitrag im Rahmen des nordatlantischen Bündnisses erfüllen kann.
    Mit der mittelfristigen Finanzplanung hat diese Regierung etwas völlig Neues geschaffen, wofür es in unserer Finanzgeschichte kein Vorbild gibt. Wir werden daher notwendigerweise beim Vollzug der mehrjährigen Finanzplanung Erfahrungen sammeln müssen. Die Planung ist elastisch genug, um die Verwertung dieser Erfahrungen bei der vorgesehenen jährlichen Anpassung zu ermöglichen. Sie ist keine Zwangsjacke, sie ist aber auch nicht nur ein unverbindliches Papier. Ihre wichtigste Aufgabe ist es, für mehrere Jahre einen festen Rahmen zu setzen, der uns vor allem gegen die Wiederholung einer so schmerzlichen Krise wie der des Herbstes 1966 sichern soll.
    Das neue Konjunkturprogramm, meine Damen und Herren, steht in engstem Zusammenhang mit der Finanzplanung. Dieses Programm ist — darin stimmen die Bundesregierung und die Bundesbank überein — auch in der gegenwärtigen Phase der konjunkturellen Entwicklung noch notwendig. Zwar gibt es deutliche Anzeichen dafür, daß der wirtschaftliche Abschwung beendet ist; wir können uns aber nicht darauf verlassen, daß der wirtschaftliche Aufschwung ohne eine weitere konjunkturpolitische Hilfe des Staates gesichert sei. Unsere Produktion liegt noch deutlich unter dem Niveau des vergangenen Jahres, die industriellen Kapazitäten sind seit
    dem April dieses Jahres unverändert nur zu 78 % ausgefüllt, und noch immer haben wir 360 000 Arbeitslose. Wir brauchen daher das neue Konjunkturprogramm, um die Wirkungen des im Januar beschlossenen ersten Programms zu sichern und um der Wirtschaft über den Winter hinweg zu einem neuen Aufschwung zu verhelfen. Die Durchführung dieses Konjunkturprogramms muß allerdings flexibel genug sein, um einem etwaigen unerwartet raschen Aufschwung der Konjunktur angepaßt werden zu können.
    Die Regierung verfolgt mit diesem Programm auch das Ziel regionaler und sektoraler struktureller Verbesserungen. Seine Auswirkungen kommen vor allem dem weiten Gebiet der Infrastruktur zugute.
    Meine Damen und Herren, in unserem Bundesstaat können die notwendigen finanz- und konjunkturpolitischen Maßnahmen nicht auf den Bund beschränkt bleiben. Für die Konjunkturpolitik hat das Stabilitätsgesetz die Voraussetzungen für die notwendige Zusammenarbeit geschaffen. Das Stabilitätsgesetz verpflichtet neben dem Bund auch die Länder zu einer mehrjährigen Finanzplanung. Es enthält jedoch keine Vorschrift über die unerläßliche gegenseitige Abstimmung dieser Pläne. Ich begrüße daher den aus dem Bundesrat stammenden Vorschlag, zu diesem Zweck ein gemeinsames Beratungsgremium zu schaffen, das etwa den Namen „Finanzplanungsrat" erhalten könnte. Mit einem solchen Finanzplanungsrat, mit dem durch das Stabilitätsgesetz eingeführten Konjunkturrat und mit einer befriedigenden Reform der Finanzverfassung wäre eine außerordentlich wichtige Verbesserung unserer bundesstaatlichen Ordnung und Zusammenarbeit gewonnen. Die Bundesregierung ist entschlossen, die Reform der Finanzverfassung, über die die Verhandlungen mit den Ländern eingeleitet worden sind, noch in dieser Legislaturperiode durchzuführen.
    Meine Damen und Herren, die Regierung der Großen Koalition besteht nun seit neun Monaten. Sie hat in einer verhältnismäßig kurzen Zeitspanne ein großes Maß an innen- und außenpolitischer Arbeit, auch auf wirtschafts- und finanzpolitischem Gebiet, geleistet. Mit den Vorlagen, die sie dem Hohen Haus heute unterbreitet — und die von dem Herrn Finanzminister und dem Herrn Wirtschaftsminister noch eingehend erläutert werden —, vollzog sie bedeutsame Ankündigungen der Regierungserklärung vom 13. Dezember des vergangenen Jahres.
    Manche Kritiker dieser Vorlagen vermissen an der mehrjährigen Finanzplanung ein umfassendes detailliertes politisches Programm. Ich habe schon darauf hingewiesen, daß der Planung selbstverständlich ein bedeutsames Programm zugrunde liegt, das sich ohne große Mühe ablesen läßt. Wer von der mittelfristigen Finanzplanung ein alle Probleme zugleich anpackendes, erschöpfend detailliertes und abschließendes Regierungsprogramm für die beiden kommenden Jahre erwartet, verkennt freilich den Zweck der mittelfristigen Finanzplanung wie auch die Situation dieser Regierung und dieser Koalition. Sie war vor allem dazu aufgerufen, zwei brennende aktuelle Aufgaben zu lösen: die Sanierung des öf-



    Bundeskanzler Dr. h. c. Kiesinger
    fentlichen Haushalts und die Wiederbelebung unserer Wirtschaft. Wenn es ihr gelingt — und ich bin fest davon überzeugt, daß es uns gelingen wird —, diese beiden großen Aufgaben zu meistern, dann wird sie die Hoffnung, die unsere Bevölkerung auf sie setzte, schon weithin erfüllt haben. Wir haben aber weit über diese aktuellen Ziele hinaus gedacht, geplant und gehandelt.
    Natürlich muß ein solches Werk seine Kritiker finden. Aber die Kritiker der Großen Koalition und ihrer Arbeit müssen sich doch fragen, was man von ihr — gerade von ihr — fordern muß und was -man angesichts der programmatischen Unterschiede der beiden großen Parteien, die durch das Koalitionsbündnis ja nicht einfach aufgehoben wurden, vernünftigerweise nicht erwarten kann. Was man von der Großen Koalition fordern kann, ist durch die Regierungserklärung umrissen worden. Wenn ich nun gefragt würde, was man von dieser Koalition angesichts ihrer programmatischen Unterschiede vernünftigerweise nicht erwarten dürfe, so würde ich eine endgültige Antwort dazu nicht wagen; denn diese Antwort kann nur aus der gemeinsamen Bemühung um die Lösung der Probleme unserer Zeit gewonnen werden.
    Wir leben und wirken in einer sich stürmisch wandelnden Welt. Probleme, Aufgaben tauchen auf, die in den vergangenen Auseinandersetzungen der Parteien kaum eine Rolle gespielt haben und die viele Streitfragen der Vergangenheit obsolet erscheinen lassen. Man kann die Aufgabe der Politik in unserer Zeit mit dem Satz umschreiben, daß sie, was in ihrer Möglichkeit liegt, dazu beitragen soll, um unser Volk fähig zu machen, im kommenden Zeitalter, in der künftigen Welt mit allen ihren Schwierigkeiten und Gefahren, aber auch mit allen ihren Chancen erfolgreich und in Freiheit und Würde zu bestehen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Seien Sie überzeugt, meine Damen und Heren, daß wir in den kommenden Jahren den Blick auf diese großen Aufgaben richten werden. Die bisherigen Erfahrungen des schwierigsten Regierungsbündnisses seit der Gründung der Bundesrepublik geben mir die Hoffnung und die Zuversicht — und ich sage dies ausdrücklich gegen die eilfertigen und unermüdlichen Aufspürer vermeintlicher tiefgreifender Gegensätze und Zerworfenheiten der Großen Koalition —, daß wir in gemeinsamen Bemühungen um diese großen Probleme auch auf wichtigen Gebieten gemeinsam neue Lösungen finden werden.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)



Rede von Dr. Eugen Gerstenmaier
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat der Herr Bundesminister der Finanzen.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Franz Josef Strauß


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der vorliegende Punkt der Tagesordnung — Finanzplanung, Steueränderungsgesetze, Konjunktur- und Strukturprogramm — ist Teil eines geschlossenen Programms. Aus diesem geschlossenen Programm kann kein Baustein ersatzlos herausgelöst werden; sonst ist das Ganze gefährdet.
    Die Finanzplanung des Bundes für die Jahre 1967 bis 1971, die diesem Hohen Hause nach § 9 Abs. 2 des Stabilitätsgesetzes vorgelegt werden mußte und hiermit vorgelegt worden ist, bedeutet einen echten Einschnitt in der nunmehr achtzehnjährigen Finanzgeschichte der Bundesrepublik Deutschland. Diese Finanzplanung, von der man sich keine Wunder versprechen darf, deren Bedeutung aber auch nicht unterschätzt werden sollte, führt zu einer grundsätzlichen Abkehr von dem überkommenen Jährlichkeitsdenken in der Haushaltspolitik. Sie schafft damit eine wesentliche Grundlage für eine zunehmende Objektivierung und Versachlichung der politischen Willensbildung. Diese Finanzplanung soll auch dazu dienen, den Unterschied zwischen dem, was sachlich richtig, wirtschaftlich zweckmäßig und finanzpolitisch notwendig ist, einerseits und dem, was politisch als möglich anerkannt wird, andererseits zu vermindern.
    Bei der Erarbeitung einer Bestandsaufnahme der in der Zukunft zu erwartenden Ausgabeverpflichtungen auf Grund der geltenden Gesetze und Programme, die notwendige Grundlage einer wirklichkeitsnahen Finanzplanung ist, konnten wir auf den vom Bundesfinanzministerium seit dem Jahre 1964 veröffentlichten und methodisch ständig verbesserten Haushaltsvorausschauen jedenfalls aufbauen. Diese Haushaltsvorausschauen haben sich jedoch als für sich allein unzureichend erwiesen. Sie haben sich naturgemäß auf Registrierung und jährliche Fortschreibung beschränkt. Das hat sich zum Teil auch als unerfreuliche Konsequenz aus unzureichend koordinierten politischen Einzelentscheidungen ergeben.
    Von einer Finanzplanung unterschieden sich diese Haushaltsvorausschauen auch durch den jeweils jährlichen Ausweis gewaltiger, steigender Deckungslücken. Diese Deckungslücken haben dann von vornherein wieder eine volle Verwirklichung der zugrunde gelegten Gesetze und Programme in der jeweils beschlossenen Form ausgeschlossen.
    Die Folge war das System eines jährlichen Haushaltssicherungsgesetzes, das aber nur eine kurzfristige Lösung und nicht eine dauernde Regelung erbringen konnte. Dieses System der jährlichen Haushaltssicherungsgesetze mit Verminderung von Leistungen, Streckung von Fristen und ähnlichen Dingen konnte kein Dauermittel der Haushalts- und damit Finanzpolitik Deutschlands sein.
    Bei der dem Hohen Haus von der Bundesregierung vorgelegten Finanzplanung, die ein Gleichgewicht zwischen Ausgaben und Einnahmen herstellen soll — wobei dieses Gleichgewicht nicht im mathematisch-physikalischen Sinne verstanden werden kann —, handelt es sich demgegenüber um eine sichtbare Herausarbeitung eines in Zahlen gekleideten politischen Gesamtprogramms.
    Ich lese und höre immer wieder, daß dieser Finanzplanung kein echtes Programm zugrunde liege. Ich erlaube mir die kritische Gegenbemerkung, daß diejenigen, die vom Fehlen eines echten Programms sprechen, wie ich glaube, beinahe ausnahmslos selbst eine kleine Mangelerscheinung aufweisen: sie bieten nämlich selber nicht ein Programm und haben



    Bundesminister Dr. h. c. Strauß
    — jedenfalls zum Teil — vielleicht gar keine klaren Vorstellungen, was in einer gewachsenen politischsozialen Struktur ein Programm sein kann. Ich möchte deshalb auch in aller Deutlichkeit sagen, daß diese mehrjährige Finanzplanung, die einen Rahmen von vier Jahren umfaßt, ein politisches Programm mit ganz gewissen Schwerpunkten darstellt, daß sie aber kein Vierjahresplan nach dem Muster totalitärer Systeme sein kann.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Dieses Finanzprogramm verfolgt im wesentlichen drei grundlegende Ziele: erstens Fehlentwicklungen der Vergangenheit zu bewältigen und eine dauerhafte Ordnung der Bundesfinanzen herzustellen, zweitens vorausschauend die finanzpolitischen Entscheidungen mit den volkswirtschaftlichen Daten, Möglichkeiten und Notwendigkeiten abzustimmen und drittens die Zukunft durch verstärkte öffentliche Investitionen zu meistern, das heißt, soweit der Bund in seiner Zuständigkeit dazu berufen ist, das Leben von morgen zu gestalten helfen.
    Im Vordergrund muß zunächst das Ziel der Wiederherstellung einer dauerhaften Ordnung der Bundesfinanzen stehen. Unter dieser Zielsetzung ist die Bundesregierung im Dezember letzten Jahres angetreten. Ich brauche nur auf die Äußerung des Bundeskanzlers in der ersten Regierungserklärung zu verweisen.
    Die jeweils nur kurzfristig angelegten haushaltspolitischen Überlegungen und unkoordinierten Einzelentscheidungen haben zu einer Verschiebung in der Zusammensetzung des Bundeshaushalts geführt. Sie haben damit auch zu einer dauernden Fehlentwicklung beigetragen, die sich darin äußerte, daß der Haushalt des Bundes durch Dauerausgaben mit periodisch wiederkehrenden Steigerungs- oder Dynamisierungseffekten belastet wurde und daß deshalb ein allmählicher Übergang von der Bewältigung der Vergangenheit zur Meisterung der Zukunft immer schwieriger werden mußte. Daß ein solcher Übergang schmerzliche Eingriffe auf der Einnahmenwie auf der Ausgabenseite verlangt, daß er nicht reibungslos und nicht kritiklos erfolgen kann, daß er nicht ohne schwerwiegende Einwände, auch nicht ohne Abschied von liebgewordenen Gewohnheiten stattfinden kann, beweist uns die öffentliche Auseinandersetzung der letzten Monate, bei der aber Uneigennützigkeit und strengste Sachlichkeit nicht immer Pate gestanden haben.
    Die schwierige finanzielle Lage des Bundes hat in der zurückliegenden Zeit zu einem allgemeinen Gefühl der finanziellen Hilflosigkeit oder Ausweglosigkeit und damit auch zu einem Vertrauensschwund für die Zukunft geführt. Dieser Vertrauensschwund war nicht allein, aber auch einer der wesentlichen Gründe für die wirtschaftliche Abwärtsentwicklung. Im Rahmen einer aufbauenden, in die Zukunft gerichteten Finanzplanung muß Vorsorge getroffen werden, daß sich eine solche Entwicklung nicht wiederholt. Der Sinn meiner Ausführungen ist es auch nicht, Kritik zu üben, sondern nach dem Grundsatz, daß sich alle an der Sünde beteiligt haben, die gewonnenen Lehren und Erfahrungen zu nutzen, um
    Wiederholungen solcher Fehlentwicklungen zu vermeiden.
    Die Wiederherstellung der Ordnung der Bundesfinanzen kann indessen nicht nur unter rein finanzwirtschaftlichen Gesichtspunkten angestrebt werden. Sie muß darüber hinaus in einer vorausschauenden Abstimmung der finanzpolitischen Entscheidungen mit den volkswirtschaftlichen Gegegebenheiten, Notwendigkeiten und Zielsetzungen erfolgen. Deshalb wurde dieser Finanzplanung eine mehrjährige gesamtwirtschaftliche Projektion zugrunde gelegt, d. h. eine Projektion der Volkswirtschaft, wie sie aus heutiger Sicht erstrebenswert und realisierbar erscheint. Damit die wirtschaftspolitischen Hauptziele — Vollbeschäftigung, angemessenes Wachsturn, Preisstabilität, außenwirtschaftliches Gleichgewicht — erreicht werden, geht die Wirtschaftsprojektion von einer Steigerung des Bruttosozialprodukts um 5 bis 51/2 % im Durchschnitt der Jahre 1968 bis 1971 aus. Die in der gesamtwirtschaftlichen Zielprojektion auf diese Zuwachsraten abgestimmte volkswirtschaftliche Gesamtnachfrage ist nicht zu erreichen, wenn die Ausgaben der öffentlichen Haushalte zurückgedrängt oder auch nur auf gleichem Stand gehalten werden. Ich weiß um das fatale Wort von dem wachsenden Umfang der Staatsausgaben, ich kenne die klassische Regel, die da heißt, der kleinste Haushalt sei der beste Haushalt. Aber diese Regel der Zeit des klassischen wirtschaftlichen Liberalismus gilt für die Bewältigung der Vergangenheit nicht, sie gilt auch nicht für die Meisterung der Aufgaben von morgen. Dem Staat sind sowohl in der Bewältigung der Vergangenheit wie in der Schaffung der allgemeinen materiellen und geistigen Infrastruktur für morgen Aufgaben gestellt, die sich nicht mit Lehren von gestern einfach abtun lassen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    An der angestrebten Leitlinie: 6 bis 6,5 % Wachs-tum der öffentlichen Ausgaben in den Jahren bis 1971 insgesamt und knapp 6 % Wachstum der Bundesausgaben, hat sich die Bundesregierung auch in der gegenwärtigen konjunkturellen Lage orientiert. Viele haben das zum Anlaß genommen, nach höheren Ausgaben der öffentlichen Hand zu rufen, viele haben den gegenteiligen Standpunkt vertreten. Diese situationsbezogenen Überlegungen können für eine längerfristige Finanzplanung nicht maßgebend sein. Ihnen muß vielmehr — und das ist geschehen und geschieht auch mit dem Zweiten Konjunktur- und Strukturprogramm — mit zeitlich begrenzten und gezielten Maßnahmen begegnet werden, die ihrerseits naturgemäß die Finanzplanung im Detail wieder beeinflussen.
    Man könnte die Kritik an dem vorliegenden Finanzprogramm auf jeweils drei Paare konfrontierter Argumente reduzieren. Die erste Forderung, der wir begegnet sind — eine Forderung, die bis in die jüngsten Tage hinein aufrechterhalten wird —, heißt: Keine Steuererhöhungen! Die gegenteilige Forderung heißt: Soziale Gerechtigkeit und soziale Symmetrie erfordern eine stärkere Besteuerung der höheren Einkommen und Vermögen. Beide Standpunkte lassen sich mit jeweils punktuell überzeugen-



    Bundesminister Dr. h. c. Strauß
    den Argumenten begründen, nur lassen sich beide Standpunkte nicht gleichzeitig verwirklichen. Ich erlebe auch — es ist nicht das erste Mal, und es wird auch nicht das letzte Mal sein —, daß zur Begründung des eigenen Standpunktes, hinter dem das eigene Interesse manchmal transparent wird, im Zweifelsfall verfassungsrechtliche Argumente angeführt oder konjunkturpolitische Notwendigkeiten strapaziert werden. Jeder, der die 3%ige Ergänzungsabgabe zum Objekt seines Zornes nimmt, hat im Zweifelsfall ein verfassungsrechtliches Argument zur Hand, die Einführung dieser 3%igen Ergänzungsabgabe als einen Widerspruch zur Verfassung, als einen Bruch der Verfassung, als verfassungswidrig hinzustellen.
    Mit konjunkturpolitischen Argumenten läßt sich ebenfalls trefflich streiten. Keine Forderung ist so sympathisch wie die Forderung nach Steuersenkung, Steuersenkung im Bereich der Einkommen- und Körperschaftsteuer, im Bereich der Besitz- und Vermögensteuern, im Bereich der Verbrauchsteuern, im Bereich der Umsatzsteuer. Eine solche durchaus populäre, manchmal opportunistische Forderung kann man naturgemäß sehr wohl mit konjunkturpolitischen Argumenten begründen.
    Lassen Sie mich deshalb eines in aller Deutlichkeit sagen: Eine mehrjährige Finanzplanung und Finanzpolitik allgemein kann sich nicht darin erschöpfen, die verschiedenen Instrumente eines Arsenals der Konjunkturpolitik anzuwenden; die Aufgabe der Finanzpolitik ist es und bleibt es wie in der Vergangenheit auch in der Zukunft, die für die Erfüllung der unabweisbar notwendigen Aufgaben des Staates erforderlichen Mittel zu beschaffen —

    (Beifall bei den Regierungsparteien)

    allerdings so, daß der geringste Schaden und die größte Gerechtigkeit erreicht werden — und sie so auszugeben, daß der optimale wirtschaftliche Nutzen dabei erzielt wird.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Ich wende mich mit aller Energie dagegen, wenn von einer mittelfristigen Finanzplanung — wie das teilweise geschehen ist, zum Teil von wissenschaftlich hoher Seite begründet, aber auch in der öffentlichen Diskussion — nichts anderes verlangt wird, als daß sie die Rolle eines Konjunkturprogramms erfüllen solle. Deshalb hat die Bundesregierung eine ausgewogene Summe von Maßnahmen vorgesehen, eine mittelfristige Finanzplanung mit gewissen Konsequenzen auf der Einnahmeseite — Mehrwertsteuer, Änderungen im Einkommen- und Körperschaftsteuerrecht —, mit gewissen Konsequenzen auf der Ausgabeseite. Die Bundesregierung wird sich mit der Ausgabeseite am 13. September in der nächsten Kabinettssitzung befassen und das Ergebnis ihrer Überlegungen, ihre Entscheidungen dann auf den Weg der ordentlichen Gesetzgebung über Bundesrat und Bundestag bringen. Es bedarf der Änderung einer ganzen Reihe von Bundesgesetzen. Es wird das zweite Gesetz zur Verwirklichung der mehrjährigen Finanzplanung werden.
    Es ist auch behauptet worden — damit komme ich zu dem zweiten Kritikpaar; es schallt landauf, landab, kreuz und quer auch durch den Blätterwald —, es sei nicht radikal genug gekürzt worden, es hätten viel mehr Ausgaben gekürzt werden müssen, sie hätten vor allen Dingen im Sozialbereich stärker gekürzt werden müssen, sie hätten im Verteidigungsbereich und im Landwirtschaftsbereich stärker gekürzt werden müssen. Es gibt nur einige Tabus. Man „trägt" — wie im Frühjahr so auch im Herbst — Wissenschaft und Forschung: dort darf nicht gekürzt werden.

    (Heiterkeit.)

    Selbstverständlich waren wir uns dieser Notwendigkeit auch bewußt. Ich komme darauf im Zusammenhang mit den Schwierigkeiten der mittelfristigen Finanzplanung noch zu sprechen.
    Dieser Kritik steht die andere Forderung gegenüber — sie läßt sich trefflich konjunkturpolitisch begründen —: diese Ausgabekürzungen zu diesem Zeitpunkt seien falsch, sie müßten, wenn überhaupt, später erfolgen; denn Ausgabekürzungen bedeuteten ja Verminderung der Umverteilung durch den Staat, Ausgabekürzungen bedeuteten weniger Geld unter die •Leute zu bringen, bedeuteten, eine Verminderung der Kaufkraft, eine Verminderung der Nachfrage und damit eine Verminderung des Absatzes, eine Verminderung der Produktion, einen Rückgang der Investitionen usw.
    Sicherlich, das Argument, die Ausgaben müßten stärker gekürzt werden, um die strukturellen Ausgabenüberhänge schneller zu beseitigen, um den Bundeshaushalt mehr auf morgen umzustellen, ist richtig. Das andere Argument, daß Ausgabekürzungen im Augenblick konjunkturpolitisch falsch seien und deshalb unterbleiben sollten, ist auch richtig. Aber wir gehören, viele von uns — ich darf das für mich in Anspruch nehmen —, diesem Hohen Hause seit sehr langer Zeit an, und ich weiß ganz genau, daß es fast unmöglich ist, in Zeiten einer aufwärtsgehenden Wirtschaftsentwicklung, die sich auch in einer überproportionalen Entwicklung der Staatseinnahmen ausdrückt, überhaupt noch Ausgabekürzungen vorzunehmen, die aus Gründen einer langfristigen Zukunftsplanung unabweisbar notwendig sind. Darum läßt sich die Frage der Ausgabekürzung nicht allein nach konjunkturpolitischen Gesichtspunkten sozusagen situationsbezogen oder momentbezogen entscheiden. Auch aus diesem Grunde kann eine mittelfristige Finanzplanung nicht nur die Anwendung eines konjunkturpolitischen Arsenals sein.
    Das dritte Kritikpaar — ich darf es hier gleich vorwegnehmen — heißt einerseits: der Bund bedient sich in einem Ausmaße der Kreditfinanzierung für die Jahre 1967 und 1968, daß die Gefahr besteht, es könnte hier ein echtes Inflationspotential aufgebaut werden; die gegenteilige Argumentation heißt: diese Bundesregierung in ihrer überkonservativen, ängstlichen Einstellung, in ihrer traditionellen fiskalischen Vorstellungsweise hat ja nicht die geringste Ahnung von den Notwendigkeiten einer modernen Volkswirtschafts- und Finanzpolitik; ihr sind die Möglichkeiten des deficit-spending völlig unbekannt, und sie bedient sich dieses Mittels nur in einem kümmerlichen Ausmaße.



    Bundesminister Dr. h. c. Strauß
    Ich darf hierzu in aller Deutlichkeit sagen: was wir an Mehrkreditaufnahmen für die Jahre 1967/68 eingeplant haben, ist mit der Bundesbank abgestimmt warden, ist volkswirtschaftlich und finanzpolitisch vertretbar und kann auch bewältigt werden, wenn in der kommenden Periode steigender Staatseinnahmen Disziplin, Nüchternheit und Selbstbesinnung dazu führen, an Konsolidierung und Einhaltung des Tilgungsplans und nicht an die Begründung neuer Ausgaben oder an die Aufnahme von mehr Krediten zu denken, als hier in dieser Rahmenplanung vorgesehen ist.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Wir haben uns des Mittels des deficit-spending bedient, aber in dem Ausmaße, wie es mit unserem kreditpolitischen Instrumentarium vereinbar ist, in dem Ausmaße, wie es konjunkturell notwendig war, und in dem Ausmaße, wie es mit den Notwendigkeiten und Möglichkeiten einer modernen, aber trotzdem an gewissen Prinzipien festhaltenden Gesamtfinanzpolitik in Einklang zu bringen war.
    Ich möchte damit auf kritische Äußerungen im einzelnen nicht weiter eingehen. Das wird im Rahmen der Aussprache geschehen. Aber die drei Gegensatzpaare: Steuern erhöhen — Steuern senken, Ausgaben kürzen — Ausgaben nicht kürzen, mehr Kredit aufnehmen — weniger Kredit aufnehmen, beweisen — und das habe ich auch mir immer zum Troste vorgehalten —, daß wir uns auf der Mittellinie bewegt haben. Wir hätten ernsten Grund zu einer ganz starken Selbstbesinnung gehabt, wenn die Kritik bei jedem der drei Paare einseitg immer nur nach der einen Richtung gegangen wäre.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Aufgabe der Finanzplanung für einen Zeitraum von fünf Jahren mit den in dieser Zeitspanne wechselnden kojunkturellen Situationen ist die Ansteuerung eines Ausgabevolumens, das einer stetigen Wirtschaftsentwicklung Rechnung trägt, und zwar einer Wirtschaftsentwicklung, die auf Wachstum und Stabilität gleichzeitig beruht.
    Die Bundesregierung ist sich darüber hinaus bewußt, daß für die Beurteilung der volkswirtschaftlichen Auswirkung der Finanzgebarung der öffentlichen Haushalte nicht nur die absolute Höhe der Ausgaben und das Ausgabenwachstum, sondern auch deren Struktur von entscheidender Bedeutung ist. Die gesamtwirtschaftlich angestrebten Wachstumsraten können nur erreicht werden, wenn es gelingt, den Anteil der für die Sicherung und Steigerung unserer volkswirtschaftlichen Leistungskraft einfach notwendigen und unentbehrlichen Investitionen an den Gesamtausgaben durch eine grundlegende Änderung der Haushaltsstruktur zu erhöhen.
    Die von der Bundesregierung beschlossene Finanzplanung des Bundes für die Jahre 1968 bis 1971 entspricht diesen Anforderungen. Das Gesamtausgabewachstum wird im Durchschnitt der Jahre bis 1971 auf knapp 6 v. H. begrenzt. Das sind für den gesamten Zeitraum 26 Prozent: 4 mal 6 Prozent mit den jeweiligen — sozusagen — Zinseszinsraten.
    Die Investitionen und die Investitionsförderungsmaßnahmen werden in dem gleichen Zeitraum um 37 Prozent gesteigert, während das Wachstum der übrigen Ausgaben auf 23 Prozent begrenzt ist. Der Anteil der Ausgaben für Investitionen und Investitionsförderungsmaßnahmen erhöht sich von 17,7 Prozent im Jahre 1967 auf 19,2 Prozent im Jahre 1971. In diesen Ziffern sind nach den allgemeinen Regeln der Statistik die Investitionsausgaben für Zwecke der militärischen Verteidigung nicht enthalten.
    In diesen nüchternen Zahlen zeigt sich die grundlegende Umstellung der politischen Zielsetzung der Bundesregierung. Die Bundesregierung kann und will nicht eine Politik führen, deren Blickrichtung die Vergangenheit ist. Wir können es uns vor allen Dingen nicht leisten, weiterhin durch ständig neue Leistungsverbesserungen auf Grund von vergangenheitsbezogenen Tatbeständen oder durch Ausweiten alter bzw. Schaffung neuer entschädigungspflichtiger Sachverhalte immer wieder die Ausgabemöglichkeiten des Bundes zu erschöpfen und den Zuwachs von morgen schon durch Festlegung von heute in Richtung Vergangenheit zu absorbieren.
    Die Bundesregierung war sich bei der Erarbeitung der Finanzplanung bewußt, daß der Blick auf die Zukunft mehr als bisher Leitlinie des politischen Handelns sein muß. Die Vorstellungen der Bundesregierung, wie sie in der Finanzplanung ihren Niederschlag gefunden haben, sind deshalb von der Absicht getragen, die Leistungen, die unmittelbar unsere Zukunft sichern und der Erhaltung und Verbesserung der Leistungsfähigkeit einer modernen produktiven Wirtschaft dienen, in entscheidendem Maße zu verstärken und die Weichen der Finanzpolitik des Bundes in diesem Sinne ein für allemal in diese Richtung zu stellen.
    Zur Verwirklichung der genannten Ziele der Finanzplanung hat die Regierung ein ganzes Bündel von Maßnahmen auf der Ausgabenseite, auf der Einnahmeseite und auf der Kreditseite vorgesehen. Die Ausgabenbeschränkungen erstrecken sich auf eine Vielzahl von Bereichen, während die Maßnahmen auf der Einnahmeseite stärker punktuell entsprechend dem durch die Ziele der Finanzplanung vorgegebenen Finanzbedarf und dem Gebot einer ausgewogenen Belastung aller Bevölkerungskreise erfolgen sollen.
    Den vorgesehenen Ausgabenbeschränkungen, die für die Jahre bis 1971 ein Gesamtvolumen von 30 Milliarden DM erreichen, steht naturgemäß, wie zu erwarten, die Forderung der verschiedensten Verbände und Gruppen gegenüber, in dem Bereich, in dem sich ihre Tätigkeit vollzieht, von Kürzungen oder sonstigen Eingriffen abzusehen. Es ist auch häufig durch die Verwendung des Ausdrucks „Ausgabenkürzung" in der Öffentlichkeit ein falscher Eindruck entstanden. Die Zuwachsraten der öffentlichen Hand — beim Bund knapp unter 6 %, bei den übrigen öffentlichen Händen etwas über 6 % — beweisen ja, daß die künftigen Haushalte keine kontraktive Wirkung haben, daß sie nach wie vor bei der Wahrung von Stabilität auf Wachstum ausgerichtet sind.



    Bundesminister Dr. h. c. Strauß
    Allerdings ist die Frage, wie diese öffentlichen Ausgaben sich auswirken, sehr stark von der Zusammensetzung der öffentlichen Haushalte abhängig. Gerade die vorher genannten Zahlen — das Ansteigen der Investitionsquote von 17,7 auf 19,2 %, Ausgabenzuwachs sonst 23 %, auf dem Investitionsgebiet 3;7 %, über die vier Jahre hinweg zu erreichen — beweisen, daß wir nicht nur ein absolutes Wachstum der Ausgaben in Höhe von knapp 6 % beibehalten wollen, sondern daß wir die volkswirtschaftliche Wirksamkeit des Wachstums der Staatsausgaben durch die Verstärkung des Investitionssektors ebenfalls stärker betonen und stärker zum Ausdruck bringen wollen. Es handelt sich durchweg nicht um Ausgabenkürzungen, sondern um die Kürzung von Zuwachsraten. Die einmal erreichten Ausgaben werden nicht nur fast durchweg erhalten, sondern sie werden auch noch weiterhin auf fast allen Gebieten gesteigert. Aber sie können und werden nicht in dem Ausmaß gesteigert werden, wie es mit durchaus berechtigten Gründen von der jeweils betroffenen oder jeweils interessierten Seite gefordert oder erwartet worden ist.
    Auf der anderen Seite wird der Finanzplanung der Vorwurf gemacht, es sei zu wenig gekürzt worden. Es wird auch der Vorwurf erhoben, daß die in Aussicht genommenen Einschränkungen mehr zufälliger Natur und nicht Ausdruck einer durchdachten Konzeption seien.
    Ich habe zu Eingang meiner Ausführungen aus gutem Grunde darauf hingewiesen, daß das, was sachlich richtig, wirtschaftlich zweckmäßig und finanzpolitisch notwendig ist, sich nicht immer von vornherein automatisch mit dem deckt, was politisch möglich ist. Es muß von einem verantwortungsbewußten Parlament immer wieder auf der Grundlage der entsprechenden Vorschläge der Regierung der mühsame Versuch gemacht werden, die Interessen, Notwendigkeiten und Zielsetzungen so auf eine gemeinsame Linie zu bringen — was hier nur durch Überredung, Überzeugung und Mehrheitsbildung geschehen kann, durch Disziplin und auch eine gewisse Opferbereitschaft, aber nicht auf dem Kommandowege erfolgen kann —, daß das, was sachlich richtig und politisch möglich ist, ich darf sagen: optimal einander angenähert ist.
    Diese gegenläufigen, sich teilweise aufhebenden Kritiken müssen sich einerseits den Einwand gefallen lassen. daß der Staat durch die Finanzplanung nicht zum Dukatenesel werden kann. Es werden manchmal mit Ausdrücken wie „mittelfristige Finanzplanung" oder „Finanzreform" die Vorstellungen von magischen Geldschöpfungskräften verbunden. Die Finanzplanung kann keine Wunder wirken. Sie kann nicht künstlich Einnahmen herbeiführen, die nicht durch die Arbeit des Volkes und die Leistungen der Steuerzahler oder, durch Kreditaufnahme herbeigeführt sind. Sie kann nur Ordnung in die Einnahmen-und Ausgabenseite bringen. Sie kann eine Änderung der Struktur des Haushalts herbeiführen. Sie kann die volkswirtschaftliche Wirksamkeit des Haushalts im Hinblick auf die Erforderrisse der Zukunft verstärken. Aber mittelfristige Finanzplanung kann nicht Geld schaffen aus sich heraus. Dasselbe gilt auch für ein anderes Thema, über das in diesem Hause in kommenden Jahren noch viel gesprochen werden wird: die Finanzreform und die Finanzverfassungsreform.
    Ich möchte fernerhin sagen, daß die Finanzplanung auch nicht im Jahre 0 begonnen hat. Wir können nicht so tun, als ob es die Vergangenheit seit 1949, deren wir uns wahrlich nicht zu schämen haben, sondern auf die wir mit Befriedigung und Stolz blicken können, überhaupt nicht gäbe.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Wir können nicht eine imaginäre Wunderkonstruktion errichten, den Staat Utopia, in dem alles nach höchster Zweckmäßigkeit und vollkommener Gerechtigkeit ausgerichtet ist. Solche Sozialutopien haben es meistens an sich, daß sie a) irrealistisch sind und daß sie b) bei ihrer Verwirklichung einen Polizeistaat erfordern würden, der genau das Gegenteil von dem heraufbeschwört, was die Urheber dieser Ideen eigentlich beabsichtigt haben.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Ich will gar nicht verhehlen, daß in den Vorschlägen des Finanzministeriums, auch noch in den Vorschlägen des Kabinettsausschusses für mittelfristige Finanzplanung weitere Kürzungsvorschläge enthalten waren, die im Laufe einer dreitägigen, sehr eingehenden, alle Argumente und Gegenargumente ausgiebig prüfenden Kabinettsbehandlung nicht in voller Höhe aufrechterhalten worden sind und auch nicht aufrechterhalten werden konnten.
    Wir stehen in einer weltpolitischen Lage, bei der wir weiterhin hohe Aufwendungen für unsere äußere Sicherheit auf uns nehmen müssen. Wir haben eine in langen Jahren erarbeitete und durchdachte Verteidigungskonzeption und eine darauf aufgebaute Verteidigungsstruktur, die nicht einfach durch schneidige Entschlüsse ohne schädliche Folgen für unsere Sicherheit, aber auch nicht ohne schädliche Folgen für unsere Volkswirtschaft aufgegeben werden kann.
    Aber auch hier darf ich — trotz der bereits erfolgten öffentlichen Behandlung — auf folgende Zahlen hinweisen. Die Ist-Ausgaben des Verteidigungshaushalts haben in den Jahren 1963, 1964, 1965, 1966 je 17,4 Milliarden DM betragen. Die Verfügungssumme des Verteidigungshaushalts im Jahre 1967 betrug 18,5 Milliarden DM. Die Verfügungssumme des Verteidigungshaushalts 1968 beläuft sich auf 18,7 Milliarden DM. Dann kommt eine jährliche Steigerungsrate, die nicht so hoch ist und sein kann, wie es naturgemäß von den Vertretern einer modernen Verteidigung verlangt wird, die aber immerhin so hoch ist, daß die Struktur der Bundeswehr und eine moderne Bewaffnung in beiderlei Hinsicht aufrechterhalten werden können. Darauf möchte ich bei dieser Gelegenheit nur mit diesem Wort hingewiesen haben.
    Wir haben ein soziales Leistungssystem, das im Laufe von Jahren und Jahrzehnten mit Unterstützung aller tragenden politischen Kräfte in unserem Staat auf seinen heutigen Stand gebracht worden ist. Ein solches in einem ständigen Entwicklungsprozeß befindliches System — eben ein gewachsenes System — läßt sich nur behutsam umgestalten.



    Bundesminister Dr. h. c. Strauß
    Wir haben eine Fülle von Aufgaben auf dem Verkehrssektor, Straße, Schiene, Wasser, Luft. Ich darf hier vor allem auf die Problematik der Bundesbahn hinweisen. Auch hier ist es nicht möglich, durch Ad-hoc-Entscheidungen kurzfristig Rationalisierung zu erzwingen und Rentabilität herbeizuführen. Hier gibt es eine ganze Reihe von Gesichtspunkten, die zu berücksichtigen sind. Es sind soziale Erfordernisse, es sind Erfordernisse der schwachen Wirtschaftsgebiete, der Zonenrandgebiete, gewisser Grenzgebiete, die hier berücksichtigt werden müssen.
    Auch unser Verwaltungsapparat, der die ständig wachsenden Aufgaben bewältigen muß, läßt sich mit Rücksicht auf unseren Staatsaufbau nur langfristig nach modernen Grundsätzen rationalisieren.

    (Abg. Brese: Aber notwendig!)

    Ich verhehle nicht — Herr Kollege Brese, Sie geben mir das Stichwort dazu —, daß wir jetzt an dem Punkte stehen, wo die öffentliche Verwaltung mehr als bisher beginnen muß, angefangen von den Ausbildungsgängen bis zur Organisation, sich den Erfordernissen des Zeitalters der elektronischen Datenverarbeitung anzupassen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Das erfordert eine sorgfältige Vorbereitung. Es geht nicht nur darum, in jedem Ministerium einen Computer aufzustellen und diesen Computer dann möglichst ohne Programme oder ohne Programmierer laufen zu lassen.

    (Heiterkeit.)

    Es ist auch sehr schwierig, unsere gewachsene und durch die Verfassung bestätigte Staatsstruktur mit dem in Einklang zu bringen, was dieses Zeitalter von uns verlangt.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Auch hier können Lösungen nur auf dem Wege der Überzeugung und Überredung auch in der Bereitschaft zum Zusammenwirken aller drei Ebenen erreicht werden. Wir haben keinen Staat und wollen keinen Staat, in dem von einer Kommandozentrale aus das angeordnet werden kann, was in den jeweiligen Sach- oder Verwaltungsbereichen zu geschehen hat. Ich bitte deshalb auch um Verständnis für eine lapidare Feststellung: Es kann nicht Aufgabe eines Programms für mehrjährige Finanzplanung sein, auf der Ausgabenseite im einzelnen im Rahmen der Finanzplanung schon festzulegen, wie viele Divisionen, Geschwader oder Flotten die Bundeswehr haben soll. Der Weg ist umgekehrt in diesem Falle, auch wenn die Umkehrung da oder dort heftiger Kritik ausgesetzt ist. Wir stellen einen hohen Anteil unseres Bruttosozialprodukts und unseres Bundeshaushalts für die Verteidigung zur Verfügung. Die Verteidigung muß aus diesen hohen Ansätzen das bestmögliche Konzept erarbeiten.
    Es kann auch nicht die Aufgabe der mittelfristigen .Finanzplanung sein, schon all die Einzelmaßnahmen im Sozialbereich oder in anderen Bereichen — im Landwirtschaftsbereich oder im Verkehrsbereich — en detail festzulegen, die sich aus den hier festgesetzten Zahlen, Plafonds und Größenordnungen ergeben.
    Besonders widersprüchliche Meinungen und Kritiken haben die Beschlüsse der Bundesregierung im sozialen Bereich gefunden. Die einen wollen radikale Reformen, die anderen verlangen, jeden Eingriff im Sozialbereich zu unterlassen und statt dessen Gewinn und Vermögen stärker zu besteuern. Auch im Sozialbereich gilt das, was ich im Laufe meiner bisherigen Ausführungen schon gesagt habe, daß wir auf dem Boden einer gewachsenen Sozialordnung weiter hinein in die Zukunft bauen müssen, daß radikale Eingriffe sich von vornherein ausschließen, daß aber andererseits eine Umgestaltung in gewissen Bereichen unabweisbar ist. Auch hier kann nicht die mittelfristige Finanzplanung alle Einzelheiten bringen, die sich aus der Notwendigkeit der finanziellen Ordnung für die nächsten vier Jahre zwangsläufig ergeben. Damit wird sich die Bundesregierung in der nächsten Woche, damit wird sich dieses Haus in diesem Jahre und wohl auch in den kommenden Jahren noch reichlich befassen müssen.
    Ich lege Wert auf die Feststellung, daß die Bundesregierung alles versucht hat — und mit Erfolg versucht hat —, um unbillige Härten bei der Kürzung von Ausgabenzuwächsen zu vermeiden, d. h. daß der soziale Besitzstand des kleinen Mannes nicht angetastet wird.
    Wenn in diesem Zusammenhang von der Einführung der Mehrwertsteuer bzw. der Erhöhung des Mehrwertsteuersatzes wie vorgesehen am 1. Juli 1968 um 1 °/o gesprochen wird, so begegnen wir auch hier einer durchaus widersprüchlichen Kritik, einer Konfrontation widersprüchlicher Stellungnahmen. Sicherlich bringt die Einführung der Mehrwertsteuer Schwierigkeiten bei der Verwaltung. Sie bringt zwangsläufig Unruhe und Unsicherheit in der betroffenen Wirtschaft. Der Begünstigte schweigt, der stärker Betroffene kritisiert, und diejenigen, die dazwischen sind, die weder besser noch schlechter wegkommen, fühlen sich im Zweifelsfall ebenfalls benachteiligt. Wäre aber die Umstellung vom einen Umsatzsteuersystem auf das andere in der Periode der Hochkonjunktur erfolgt, wäre die Gefahr einer überstarken Abwälzung auf die Preise wesentlich größer gewesen als im gegenwärtigen Zeitpunkt einer relativ ruhigen Wirtschaftsentwicklung und einer entsprechenden Preisstabilität.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Natürlich läßt sich mit konjunkturpolitischen Argumenten das Gegenteil begründen, wie immer.
    Eine häufige Forderung, die schon durch ihre Wortbildung geradezu magischen Charakter erlangt hat, selbst wenn dahinter die Begriffe fehlen, ist die Forderung nach Abbau von Subventionen, von sichtbaren und unsichtbaren Finanzhilfen. Selbst diejenigen, die nach international anerkannter Definition zweifellos Nutznießer von Subventionen sind — was ja gar keine Schande ist —, bestreiten im Ernstfall nachhaltig und energisch, daß das, was sie, sei es an Steuervergünstigung, sei es an sichtbaren Finanzhilfen, bekommen, unter dem Begriff „Subvention" verstanden werden kann. Es ist Gesellschaftspolitik, es ist Strukturpolitik, es ist Konjunkturpolitik, es ist Anpassungspolitik, es ist Überleitungspolitik. Es



    Bundesminister Dr. h. c. Strauß
    gibt keine Subventionen bei dem eigenen Empfang. Es gibt Subventionen immer nur bei fremden Empfängern. Das ist die Lehre, die ich aus der Verfolgung der öffentlichen Diskussion über Subventionen im Laufe der letzten Monate gezogen haben.
    Ich möchte hier nicht einem radikalen Abbau, sozusagen einem Kahlhieb von Subventionen das Wort sprechen. Viele sichtbare Finanzhilfen — ich gebrauche einmal diesen Ausdruck, mit dem keinerlei deklassierender Beigeschmack verbunden ist — haben ihren guten Sinn, und ihre Empfänger brauchen sich ihrer nicht zu schämen, sei es im Sozialbereich, sei es im landwirtschaftlichen Bereich, sei es im familienpolitischen Bereich oder wo auch sonst. Auch bei der Durchforstung der unsichtbaren Finanzhilfen hat sich zwar eine stattliche Zahl in einem Katalog ergeben, aber die Prüfung im Einzelfall hat doch zu der einstimmig getroffenen Entscheidung der Bundesregierung geführt, daß man auch hier nur Schritt für Schritt vorgehen kann und daß man nicht unter dem Stichwort „Beseitigung aller Subventionen" zum Schluß ein Chaos herbeiführen kann, weil sich daraus Wirkungen ergeben, die wir gerade jetzt, wo es auf Ruhe, Sicherheit, Wachstum und stabile Ent-. wicklung ankommt, auf keinen Fall wünschen können. Diese Prüfung wird weiterhin erfolgen. Weitere Korrekturen im Abbau unsichtbarer Finanzhilfen müssen kommen; sie sind vom Stabilitätsgesetz gefordert. Aber auch sie werden mit der Behutsamkeit und Vorsicht unternommen werden, weil wir nicht einem Schlagwort zum Opfer fallen wollen, sondern weil wir etwas sachlich Richtiges, wirtschaftlich Zweckmäßiges und sozial Gerechtfertigtes in dem Zusammenhang tun wollen.
    Die Einnahmenseite der vorliegenden Finanzplanung stellt die Bundesregierung vor nicht weniger schwierige Probleme als die Ausgabenseite. Ich habe von der Kreditaufnahme gesprochen. Ich lege Wert auf eine Feststellung: daß die für das Zweite Konjunktur- und Strukturprogramm vorgesehene Kreditaufnahme von 1,45 Milliarden DM im Bundeshaushalt nicht eine zusätzliche Maßnahme ist, sondern bereits in den Ihnen vorliegenden Zahlen — Haushaltsjahr 1968 — aufgeführt worden ist. Wir haben uns bei der Erarbeitung des Zweiten Konjunktur-und Strukturprogramms und bei der Beschlußfassung im Bundeskabinett genau an den Rahmen gehalten, den die mittelfristige Finanzplanung, einige Wochen vorher beschlossen, uns gewiesen hat. Wir hätten es auch für falsch gehalten, den zahlreichen Sirenenrufen nachzugeben, die da hießen: „Massives deficit-spending! Jetzt müssen mehr Kredite aufgenommen werden, die Wirtschaft muß raschestens angekurbelt werden!" Hätten wir den in der mittelfristigen Finanzplanung vorgesehenen Kreditaufnahmerahmen bei diesem Programm überschritten, hätten wir selbst uns den Vorwurf zugezogen, daß wir ein wesentliches Element dieses Finanzprogramms bereits außer Kraft gesetzt hätten, den von uns selbst gezogenen Rahmen überschritten hätten, und wir hätten uns damit den berechtigten Vorwurf zugezogen, das Ganze durch diese — in dem Falle dann hektische — Übertreibung unglaubwürdig zu machen. Wenn die Bundesregierung selbst einen Baustein entfernt, kann sie niemand anderen tadeln, der andere Bausteine entfernt, bis zum Schluß vom Ganzen nur mehr das übrig bleibt, was an Gefälligkeiten gern gewährt wird, während andererseits die damit ohne Zweifel verbundenen Härten dann auf eine „bessere Zukunft" verschoben wären, die in dem Falle ohnehin nie gekommen wäre.
    Ich möchte mich hier bei der Gesamtdarstellung nicht mit der Erörterung der Einzelheiten auf einkommen- und körperschaftsteuerlicher Seite und auf der Mehrwertsteuerseite befassen. Die Fraktionen werden sich mit diesen Problemen im Rahmen der kommenden Aussprache eingehend befassen. Ich stehe vor der Wahl, sie entweder gründlich darzustellen und dann unnötig viel Zeit zu beanspruchen oder mich auf nur wenige Bemerkungen zu beschränken.
    Ich habe bereits über Ergänzungsabgabe, über Beseitigung von Steuerprivilegien Ausführungen gemacht. Ich darf darauf verweisen, daß dieses Hohe Haus im Jahre 1964 im Steueränderungsgesetz durch Änderung der Steuertarife und andere Erleichterungen insgesamt Steuererleichterungen, also unsichtbare Finanzhilfen, in Höhe von 2,8 Milliarden DM gewährt hat. Die Ergänzungsabgabe von 3 % macht im kommenden Haushaltsjahr etwa 700 Millionen DM aus. Wenn von den 2,8 Milliarden DM des Jahres 1964 jetzt, und zwar im selben Steuerbereich und beschränkt auf die einkommensteuerstärkeren Schichten, 25 %, 700 Millionen DM, wieder eingefordert werden, dann bricht darüber das Haus unserer Gesellschaftsordnung oder das Haus und Gebäude unserer Wirtschaft noch lange nicht zusammen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Man soll auch aufhören, im Kampfe gegen einmal nicht zu vermeidende Steuererhöhungen übertriebene Argumente zu gebrauchen und mit der Inflation schon in der Sprache zu beginnen.

    (Beifall.)

    Wir haben uns bemüht, hier ein Mittelmaß zu finden. Welche Wahl hatten wir denn? — wenn ich dem Hohen Haus diese rhetorische Frage stellen darf. Ich gehe nur auf das Jahr 1968 ein. Im Jahre 1968 benötigen wir trotz der Kürzungen des Ausgabenzuwachses, trotz einer noch höheren Kreditaufnahme als für normale Jahre, für die späteren Jahre vorgesehen, eine Verbesserung der Einnahmeseite um 1,5 Milliarden DM. Davon liefert die Post 300 Millionen DM ab. Sicherlich ist auch das ein Problem, weil damit die Investitionen dieses großen Bundesunternehmens tangiert werden. Aus steuerlichen Mitteln erwarten wir eine Mehreinnahme von 1,2 Milliarden DM: Mehrwertsteuer nur 400 Millionen DM, weil die Altvorräte um weitere 700 Millionen DM entlastet werden, und aus dem Bereich des Einkommensteuerrechts dann insgesamt 800 Millionen DM.
    Meine sehr verehrten Damen und Herren, wer diesen Steuererhöhungen nicht zustimmen will, der sollte ganz klar zum Ausdruck bringen, auch in der Öffentlichkeit, und zwar mit konkreten Angaben, wo er bereit ist, diese 1,2 oder 1,5 Milliarden DM im Jahre 1968 durch Ausgabekürzungen auszugleichen



    Bundesminister Dr. h. c. Strauß
    oder ob er einer erhöhten Kreditaufnahme in diesem Umfange das Wort sprechen will.

    (Beifall.)

    Es hat keinen Sinn mehr, nur mit aller Kraft gegen Steuererhöhungen anzurennen, sich aber um die Konsequenzen des eigenen Standpunktes, weil das nicht opportun ist, herumdrücken zu wollen. Im übrigen wäre die Kürzung der Ausgaben sicherlich konjunkturpolitisch auch eine problematische Angelegenheit, es sei denn, daß man sie durch erhöhte Kreditfinanzierung etwa vermeiden wollte.
    Was wir hier vorlegen, ist ein finanzpolitisches Programm und nicht ein konjunkturpolitisches Programm. Das konjunkturpolitische Programm ist im Rahmen vor allen Dingen der Kreditaufnahme und im Rahmen der Umstrukturierung des Bundeshaushalts ein Teil des finanzpolitischen Programms, und die Bundesregierung hat aus guten Gründen, wie Kollege Schiller anschließend begründen wird, gewissermaßen als Ergänzung und Gegenstück zu diesem finanzpolitischen Programm ein konjunkturpolitisches Programm verabschiedet, aus dem ich es mir entsprechend meiner Aufgabenstellung versagen kann Einzelheiten zu erwähnen.
    Zum Schluß noch folgender Hinweis: Mit der Finanzplanung des Bundes für die Jahre bis 1971 hat die Bundesregierung völliges Neuland betreten. Wir sind uns dessen bewußt. Wir sind uns der Unvollkommenheiten und Schwächen eines jeden Beginnens bewußt. Aber die längste Reise beginnt mit dem ersten Schritt. Es hat keinen Sinn, von der Erreichung von Endzielen zu träumen, es aber aus Bequemlichkeit oder Unwissenheit zu unterlassen, den ersten richtigen Schritt in Richtung auf dieses Ziel zu unternehmen.
    Bei diesem Programm geht es nicht darum, den Steuerzahler stärker zu belasten, geht es auch nicht darum, Ausgaben zu kürzen. Das heißt, es geht nicht gegen die Interessen des Steuerzahlers, es geht nicht gegen die Interessen des Leistungsempfängers. Es ist ein Programm, das nicht unter dem Contra,. sondern das unter dem Pro gesehen werden muß. Es geht darum, die notwendigen Einnahmen, die notwendigen staatlichen Mittel für die Gestaltung der in der Zukunft sich immer stärker aufdrängenden Aufgaben zu gewinnen. Wir können das nicht tun durch radikale Mehrbelastung des Steuerzahlers, wir können das nicht tun durch konfiskatorische Steuersätze gegenüber der Wirtschaft, wir können das nicht tun durch zukunftsorientierte Eingriffe in das bisherige Sozialsystem. Wir können nicht sagen: was gehen uns die Alten, Kranken, Schwachen usw. an, die Zukunft gehört der Jugend, — und ähnliches, wie es in totalitären Staaten die übliche Ausdrucksweise ist. Wir müssen das Gewachsene erhalten, Übertreibungen beschneiden, den Zuwachs auf das Maß des Möglichen reduzieren und soviel Verfügungsspielraum bekommen, daß die Aufgaben der Zukunft — Sozialinvestitionen, geistige und materielle Infrastruktur — rechtzeitig finanziert werden können.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Wir dürfen uns nicht von dem raschen Tempo des Andrängens der Probleme überrennen lassen, um dann Mißstände festzustellen und dann erst unter dem Eindruck von Mißständen zu den notwendigen Korrekturen zu kommen. Genau an der Schwelle hierzu sind wir jetzt, und ich weigere mich einfach, nach all diesen Monaten härtester Überlegungen und ausgereifter Diskussionen, das Ganze unter einem negativen Aspekt der Eingriffe gegen Steuerzahler oder gegen Leistungsempfänger zu sehen. Wir alle sollten genug inneren Auftrieb und genug positive Einstellung haben, gleichgültig, in welchem politischen Lager wir uns befinden, um das in die Zukunft weisende Element der Finanzplanung zu sehen, um zu erkennen, daß hier ein Stück deutscher Zukunft gestaltet wird, daß hier Weichen gestellt werden, daß hier Voraussetzungen geschaffen werden, daß hier Grundlagen errichtet werden, auf denen dann die nächste Generation ihr Leben bauen kann. Wir sind verpflichtet, nicht alles, was wir verdienen, für den Konsum unseres Tages auszugeben, sondern den notwendigen Teil abzuzweigen, damit die Generation von morgen in der Welt von morgen, unter den Bedingungen von morgen und mit den Möglichkeiten von morgen ebenfalls ihre gesicherte Existenz hat. Das ist der Sinn — ich darf ruhig sagen: der nationale Sinn dieser Finanzplanung, daß hier Grundlagen geschaffen werden, daß hier Weichen gestellt werden und daß hier Zukunftsziele gesteckt werden, die die kommende Generation erreichen muß.
    Der Konkurrenzkampf im Inland wird härter, der internationale Konkurrenzkampf wird härter. Die Zeit, die Entwicklung erfordert die Schaffung von Großräumen. Es entstehen die wirtschaftlichen Giganten: die Vereinigten Staaten von Amerika, die Sowjetunion, Japan — das uns auf einigen Gebieten überholt hat —, die Volkskraft Chinas mit seiner ungewissen, turbulenten Entwicklung. Wir hier in Europa haben immer noch die nationalstaatliche Zersplitterung. Wir stehen hier an der Koordinatenachse zwischen Ost und West, eingespannt in das Leistungssystem von gestern und bereits uns vorbereitend für die Notwendigkeiten von morgen. Hier geschieht ein bescheidenes Stück Arbeit, ein bescheidenes Stück Entscheidung, mit dem das vorbereitet und bewältigt werden soll, was unabweisbar auf die Menschen dieser Erde und auf unsere Nation in greifbarer Zukunft zukommen wird. Das zu bewältigen und zu gestalten, das vorbereiten zu helfen war die eigentliche Aufgabe der mittelfristigen Finanzplanung.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)