Rede von
Dr.
Werner
Mertes
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FDP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Dr. Schwörer, wenn ich Sie heute abend hier so reden höre, dann könnte ich den Eindruck bekommen, daß verschiedene Kollegen der CDU/CSU-Fraktion in der neuen Koalition Fleißarbeiten zu leisten haben; denn sie reden anders, als sie früher geredet haben.
Sie bauen sich ein Gedankenmodell auf mit Begriffen wie „unverantwortlich" und dergleichen, um dann Ungereimtheiten zusammenreimen zu können. Wenn Sie sich nämlich die Mühe gemacht hätten, einmal mit Aufmerksamkeit das anzuhören, was verschiedene Kollegen meiner Fraktion heute im Laufe des Tages zur Wirtschafts-, Steuer- und Haushaltspolitik gesagt haben, hätten Sie sich Ihre Ausführungen sparen können. Aber anscheinend haben Sie das nicht verstanden, oder Sie wollen die Sprache der FDP nicht mehr verstehen, aus welchen Gründen auch immer.
Deswegen, um es kurz zu machen, will ich nur einen kurzen Passus aus der „Stuttgarter Zeitung" von heute zitieren, Herr Kollege Schwörer, nämlich einen kurzen Bericht über das, was der Herr Präsident Schneider, Ihnen sicher wohlbekannt, vom Deutschen Industrie- und Handelstag gesagt hat. Ich darf also mit Genehmigung des Herrn Präsidenten vortragen:
Die Feststellung der Bundesregierung, das von
ihr angestrebte Wirtschaftswachstum müsse
Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 82. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 15. Dezember 1966 3795
Mertes
jene Staatseinnahmen bringen, die für öffentliche Ausgaben gebraucht werden, könne in gefährlicher Weise mißverstanden werden.
Wir haben um Aufklärung gebeten, Herr Kollege Schwörer. — Herr Schneider bemerkt weiter:
Die Bundesregierung müsse beweisen, daß Wachstumspolitik nicht zur Flucht aus der Haushaltsmisere werden dürfe. Dem neuen Kabinett sei es trotz großer parlamentarischer Mehrheit nicht einmal gelungen, die Einsparungsabsichten seines Vorgängers in vollem Umfang durchzusetzen. Der Versuch, die Etatschwierigkeiten durch Wachstumspolitik zu umgehen oder zu kompensieren, könne keinen Erfolg haben und sei zum Scheitern verurteilt.
Ich könnte noch weiter zitieren, Herr Kollege Schwörer. Aber lesen Sie selbst nach. Sie haben ja nachher noch Zeit. Vielleicht verstehen Sie dann die Sprache von Herrn Schneider, und vielleicht verstehen Sie nun auch die Sorgen, die die Fraktion der Freien Demokratischen Partei nach dieser Regierungserklärung erfüllt.