Rede von
Dr.
Manfred
Luda
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Regierungserklärung ist, was den wirtschaftlichen Teil betrifft, zu interpretieren nach Maßgabe des § 2 des Gutachtergesetzes, in dem bekanntlich die Ziele der deutschen Wirtschaftspolitik gesetzlich fixiert worden sind, also im Sinne des sogenannten magischen Vierecks. Die größere Aufmerksamkeit müssen wir ja immer denjenigen Zielen widmen, die zur Zeit am wenigsten verwirklicht sind. Das ist heute Stabilität und ist neuerdings auch das Wachstum. Noch vor einigen Monaten war es anders; da waren die am wenigsten verwirklichten Ziele Stabilität auf der einen Seite und Ausgleich der Zahlungsbilanz auf der anderen Seite. Wir ersehen aus diesem zeitlich sehr schnellen Wandel, daß, wie der Herr Bundeskanzler richtig festgestellt hat, jede Konjunkturpolitik eine Gratwanderung ist. Das Ziel ist, die Gipfel einer guten Hochkonjunktur zu erreichen. Der Weg dorthin geht auf und ab, man ist stets in der Gefahr, nach links oder nach rechts ins Rutschen zu geraten oder gar abzustürzen, und der Führer auf diesem Wege ist in erster Linie der jeweilige Bundeswirtschaftsminister.
Unsere Erfahrung der letzten 18 Jahre, in denen wir die Wirtschaftspolitik in diesem Sinne geführt haben, geht dahin, daß die Wirtschaftspolitik ein Gebiet ist, das mit den großen Lebensfragen der Nation ebenso verbunden ist wie mit den kleinen des bürgerlichen Alltags, und deshalb ein Gebiet von größer Wichtigkeit, aber auch von größter Schwierigkeit. Der Herr Bundeskanzler hat mit diesem wichtigen Amte Herrn Minister Schiller betraut. Herr Minister Schiller mag versichert sein, daß die CDU/
Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 82. Sitzung. Bonn, Donnerstag, .den 15. Dezember 1966 3775
Dr. Luda
CSU-Bundestagsfraktion ihn bei dieser schweren Aufgabe nach Kräften unterstützen wird. Diese Zusage, meine Damen und Herren, gilt auch für mich persönlich, das ist selbstverständlich. Aber wenn ich das hier sage, dann durchzieht mich ein Gefühl der wehmütigen Erinnerung; denn ich habe in diesem Hohen Hause mit Herrn Kollegen Schiller bekanntlich manchen schönen, harten Strauß in der Vergangenheit ausgefochten. Wenn ich das getan habe, so habe ich es auschließlich getan, um einer Maxime zu genügen, die Herr Kollege Professor Carlo Schmid oftmals im Ältestenrat des Deutschen Bundestages ausgesprochen hat, wenn er sagte, daß Bundestagssitzungen, daß Parlamentsdebatten überhaupt dramatisch verlaufen müßten. Nun möchte ich aber an Herrn Minister Schmid die Frage richten: Wer in aller Welt soll sich dann in diesem Bundestag in Zukunft noch mit wem herumstreiten? Das ist eine ernste Frage, die sich uns hier stellt. Ich persönlich muß allerdings mit Don Carlos sagen: „Die schönen Tage in Aranjuez sind nun zu Ende." Ich bin in diesem Sinn ein Koalitionsgeschädigter.