Herr Kollege Starke, es ist Ihr gutes Recht zu entscheiden, wie Sie abstimmen wollen. Wenn man aber einen Weg grundsätzlich für richtig hält, dann kann man nicht wegen der Bedenken gegen Details durch ein Nein den Weg insgesamt ablehnen und ihn trotzdem als richtig bezeichnen.
Im „fdk-tagesdienst" — ich weiß nicht, ob diese Rede schon gehalten worden ist — lese ich heute den Beitrag eines Redners der FDP, in dem es heißt: „In den letzten Jahren haben wir von dieser Stelle aus" — das muß der Bundestag sein — „immer wieder auf die Gefahren einer verfehlten Wirtschafts-, Sozial- und Finanzpolitik für die mittelständische Wirtschaft hingewiesen." Auch diese Äußerung enthält noch eine Pauschalwertung und damit eine Pauschalabwertung der Regierungstätigkeit und der Koalition, der Sie angehört haben, der Tätigkeit des Bundeskanzlers dieser Koalition und ihres Wirtschafts- und Finanzministers. Ich glaube, daß wir hier die Auseinandersetzung über das Bestmögliche sehr wohl in offener Form im Zeichen der Loyalität und Toleranz führen können. Ich habe mich bemüht, hier die Dinge ganz offen zu sagen, meinen Standpunkt zu vertreten und die Fragen, die sich ergeben, zu beantworten, so gut ich kann.
In den letzten Worten sprach Herr Kollege Starke — wenn ich es recht in Erinnerung habe — davon, daß die Bundesausgaben in der mittelfristigen Vorausschau ohne Änderung der gesetzlichen Verpflichtungen um 5 Milliarden DM erhöht worden seien. Ich füge ausdrücklich die Einschränkung hinzu: wenn ich es richtig verstanden habe.
3768 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 82. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 15. Dezember 1966
Bundesminister Dr. h. c. Strauß
— Ja. — Herr Kollege Starke, ich habe schon mehrmals, auch als parlamentarischer Sprecher, auch in Übereinstimmung mit dem Kollegen Schoettle, vor einer Entwicklung gewarnt, daß durch gesetzliche Verpflichtungen oder andere rechtliche Zwangsläufigkeiten ein immer größerer Prozentsatz des Bundeshaushalts festgelegt wird. Ich erinnere mich der Zeit, wo 75 % festgelegt waren und für 25 % noch eine Dispositionsfreiheit im Sinne einer gestaltenden Politik bestand; wir sind heute soweit, daß durch gesetzliche und rechtliche Verpflichtungen anderer Art etwa 92 % des Bundeshaushalts festgelegt sind und daß die durch politische Gewohnheiten gewissermaßen auch zu einer Art Verpflichtung gewordenen weiteren Ausgaben zusammen mit den rechtlich zwingenden Ausgaben die Hundertprozentgrenze für die nächsten Jahre bereits überschritten haben.
Ich vertrete die Auffassung — ob es der Bundesregierung gelingt, das kann man heute noch nicht sagen; wir streben das Ziel an und werden es mit größter Konzentration und Energie verfolgen —, daß der finanzielle Bewegungsspielraum des Bundeshaushalts wieder so zu verbessern ist, daß für Aufgaben der gestaltenden Politik ein größerer Spielraum übrigbleibt. Unter den Mehrausgaben, Herr Kollege Starke, die Sie für die Zukunft nennen, steht ganz groß und auch unter meinem Einfluß der Titel „Wissenschaft und Forschung".
Bis jetzt sind die Mittel dafür noch nicht gesetzlich gebunden, aber daß wir für Wissenschaft und Forschung, angefangen vom Hochschulbau bis zur Großtechnologie in Zukunft noch mehr werden tun müssen, als wir in der Vergangenheit tun konnten, steht doch außer jedem Zweifel. Wenn das in eine mittelfristige Finanzvorausschau, wie sie Kollege Schmükker damals verwendet hat, eingeplant wird, dann entspricht das doch auch der von allen Seiten geforderten Notwendigkeit, Prioritäten zu setzen, die nicht nur dem Gegenwartskonsum, sondern die den Sozialinvestitionen und der Wettbewerbsfähigkeit der Zukunft dienen sollen.