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    Deutscher Bundestag 82. Sitzung Bonn, den 15. Dezember 1966 Inhalt: Abg. Weiland tritt in den Bundestag ein . 3699 A Aussprache über die Erklärung der Bundesregierung Mischnick (FDP) 3699 B Schoettle, Vizepräsident . . . . 3699 B Dr. Barzel (CDU/CSU) 3706 B Schmidt (Hamburg) (SPD) . . . 3713 B Bauer (Wasserburg) (CDU/CSU) . 3725 C Dr. Dehler (FDP) 3730 A Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller (SPD) 3737 A Dr. Pohle (CDU/CSU) 3744 C Dr. Starke (Franken) (FDP) . . . 3751 D Schmücker, Bundesminister . . . 3758 C Stein (Honrath) (CDU/CSU) . . . 3761 A Dr. h. c. Strauß, Bundesminister . 3763 D Dr. Arndt (Berlin) (SPD) 3769 A Dr. h. c. Menne (Frankfurt) (FDP) 3771 C D. Dr. Gerstenmaier, Präsident . . 3774 C, 3775 A, 3788 D, 3789 A Dr. Luda (CDU/CSU) 3774 D Gscheidle (SPD) 3778 C Gewandt (CDU/CSU) 3781 D Dr. Friderichs (FDP) 3783 A Dr. Schiller, Bundesminister . . 3784 B Rasner (CDU/CSU), zur GO . . . 3789 A Opitz (FDP) 3789 D Dr. Müller-Hermann (CDU/CSU) . 3790 B Schulhoff (CDU/CSU) 3791 B Dr. Schwörer (CDU/CSU) 3792 C Mertes (FDP) 3794 D Nächste Sitzung 3795 C Anlagen 3797 Deutscher Bundestag - 5. Wahlperiode — 82. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 15. Dezember 1966 3699 82. Sitzung Bonn, den 15. Dezember 1966 Stenographischer Bericht Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Beurlaubungen Dr. Achenbach* 19. 12. Dr. Aigner* 22. 12. Arendt (Wattenscheid) 16. 12. Dr. Arndt .(Berlin/Köln) 17. 12. Bading* 16. 12. Bauer (Würzburg)** 16. 12. Bazille 31. 12. Berkhan** 16. 12. Blachstein 15. 12. Blumenfeld** 16. 12. Brand 18. 12. Dr. Burgbacher 31. 12. Draeger** 16. 12. Dröscher* 16. 12. von Eckardt 16. 12. Dr. Eckhardt 31. 12. Eisenmann 31. 12. Frau Dr. Elsner* 16. 12. Erler 31. 12. Flämig** 16. 12. Dr. Furler* 16. 12. Frau Geisendörfer 18. 12. Gerlach* 16. 12. Hahn (Bielefeld)* 17. 12. Dr. Hellige** 16. 12. Frau Herklotz** 16. 12. Horten 15. 12. Hösl** 16. 12. Kahn-Ackermann** 16. 12. Frau Kalinke 31. 12. Dr. Kempfler** 16. 12. Frau Klee** 16. 12. Dr. Kliesing (Honnef)** 16. 12. Dr. Kopf** 16. 12. Frau Dr. Krips 31. 12. Freiherr von Kühlmann-Stumm 15. 12. Lemmrich** 16. 12. Lenz (Trossingen) 31. 12. Lenze (Attendorn)** 16. 12. Dr. Löhr 17. 12. Mauk* 22. 12. Frau Dr. Maxsein** 16. 12. Dr. von Merkatz** 16. 12. Metzger* 17. 12. Missbach 17. 12. Müller (Aachen-Land)* 16. 12. Müller (Berlin) 15. 1. 1967 Neumann (Berlin) 17. 12. Frau Pitz-Savelsberg 31. 12. Dr. Rinderspacher** 16. 12. Dr. Schmid (Frankfurt)** 16. 12. * Für die Teilnahme an Ausschußsitzungen des Europäischen Parlaments ** Für die Teilnahme an einer Tagung der Westeuropäischen Union Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Dr. Schulz (Berlin)** 16. 12. Seibert 15. 12. Dr. Serres** 16. 12. Seuffert* 19. 12. Struve 31. 12. Dr. Süsterhenn 17. 12. Dr. Freiherr von Vittinghoff-Schell** 17. 12. Weigl 1. 3. 1967 Dr. Wilhelmi 16. 12. Baron von Wrangel 17. 12. Anlage 2 Schriftliche Erklärung des Abgeordneten Schmidhuber (CDU/CSU) zu Punkt 4 der Tagesordnung. Im konjunkturpolitischen Maßnahmekatalog der Regierungserklärung nimmt die Anregung an die Adresse der Deutschen Bundesbank, den Diskontsatz fühlbar zu senken, die erste Stelle ein. Daraus kann wohl geschlossen werden, 'daß die Bundesregierung der Senkung des Zinsniveaus eine entscheidende Bedeutung bei der Überwindung der sich in unserer Wirtschaft abzeichnenden rezessiven Erscheinungen beimißt. Es würde den Rahmen eines kurzen Diskussionsbeitrages sprengen und auch die Zwecksetzung einer Debatte über die politischen Absichtsbekundungen einer Regierungserklärung überschreiten, sich über die Wirkungen einer Diskontsenkung im gegenwärtigen Zeitpunkt zu verbreiten. Mir scheinen aber einige Bemerkungen über die unterschiedliche Rolle von Bundesregierung und Bundesbank in der Wirtschaftpolitik angebracht. Wie sich aus § 3 des Bundesbankgesetzes ergibt, ist die Aufgabe der Bundesbank die Sicherung der Währung. Nur soweit dieses Ziel nicht gefährdet wird, ist sie gehalten, die allgemeine Wirtschaftspolitik der Bundesregierung zu unterstützen. Der ihr vom Gesetzgeber erteilte Auftrag lautet daher STABILITÄT VOR WACHSTUM. Im Widerstreit der Ziele von Stabilität und Wachstum hat sie den Part der Stabilität zu ergreifen. Angesichts der Stimmen in der Öffentlichkeit vor allem aber wegen des Drängens gewisser gesellschaftspolitischer Gruppierungen auf eine Lockerung der Restriktionen soll dies von dieser Stelle aus einmal deutlich ausgesprochen werden. Die Bundesregierung hat neben der Stabilität der Währung noch andere Zielsetzungen zu berücksichtigen, nämlich Wachstum und Vollbeschäftigung. 3798 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 82. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 15. Dezember 1966 Wie sich schon einige Male 'in der Vergangenheit gezeigt hat, kann sie dadurch in Gegensatz zur Haltung der Notenbank geraten, in einen Gegensatz, der sozusagen institutionell bedingt ist. Ein solcher Konflikt deutet nicht auf tiefgreifende Meinungsunterschiede in wirtschaftspolitischen Grundauffassungen hin, sondern ist der Ausdruck des stets vorhandenen Spannungsverhältnisses zwischen Stabilität und Expansion. In der Finanz- und Haushaltspolitik steht der Bundesregierung ein Instrumentarium zur Verfügung, das unmittelbar zur konjunkturgerechten Steuerung der Gesamtnachfrage eingesetzt werden kann. Dieses Instrumentarium soll durch das Gesetz zur Förderung der wirtschaftlichen Stabilität in seiner Wirksamkeit auf die anderen öffentlichen Haushalte ausgedehnt, wesentlich verfeinert und dadurch effektiver gemacht werden. Wir sollten alles daran setzen, diesen Gesetzentwurf sobald als möglich zu verabschieden. Dann würde nämlich der Zwang wegfallen, Störungen des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts, die ihre Ursachen im Bereich der öffentlichen Haushalte haben, auf dem Umweg einer primär auf dem privatwirtschaftlichen Sektor wirkenden Restriktionspolitik bekämpfen zu müssen. Andererseits wird man rezessiven Erscheinungen dann besser mit gezielten Maßnahmen, z. B. durch zusätzliche öffentliche Investitionen, begegnen können. Die Versuchung, konjunkturelle Schwierigkeiten mittels einer Politik des leichten Geldes auf eine spätere Phase zu verlagern, wird dann nicht mehr so stark sein. Auf einem Gebiet besteht allerdings keine direkte Einwirkungsmöglichkeit, nämlich auf dem Gebiet der Tarifpolitik. Daher ist ein enges Zusamenwirken zwischen der staatlichen Wirtschaftspolitik und der Tarifpolitik der Sozialpartner — wie es die Regierungserklärung fordert — unerläßlich. Ich verkenne dabei nicht, daß dies — vor allem für die Gewerkschaften — schwierige Fragen aufwirft. Sie sollten aber realistisch und nicht auf dem Hintergrund ideologischer Formeln gelöst werden. So verstanden kann das in der Regierungserklärung vorgelegte Konzept einer wirtschaftspolitischen Globalsteuerung zu einer optimalen Entfaltung der schöpferischen Kräfte der Marktwirtschaft führen. Von ihr ist unser Wohlergehen in der Zukunft abhängig. Anlage 3 Schriftliche Antwort des Bundesministers Dr. Schiller vom 14. Dezember 1966 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Kahn-Ackermann (Drucksache V/1182 Frage VIII/4) : Trifft es zu, daß Entwurf und Ausführung des Werbeplakats für den deutschen Pavillon auf der Weltausstellung in Kanada einer amerikanischen Public-relation-Firma vergeben wurde? Diejenigen Plakate, die in Nordamerika selbst, d. h. in Kanada und USA, für den deutschen Pavillon auf der Weltausstellung in Montreal werben sollen, sind von einer amerikanischen Public-Relations-Firma entworfen und gedruckt worden. Hierfür sprachen sowohl Kostengründe wie die Überlegung, diese Werbemittel voll auf den amerikanischen Geschmack abzustellen. Anlage 4 Schriftliche Antwort des Staatssekretärs Dr. von Heppe vom 13. Dezember 1966 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Kahn-Ackermann (Drucksache V/1215 Frage V) : Trifft es zu, daß die Bundesregierung für ihr Historisches Institut in Paris einen Neubau zu errichten beabsichtigt? Das Deutsche Historische Institut in Paris ist in zwei im Bundeseigentum stehenden Etagen im Hause 5, Rue du Havre, in Paris untergebracht. Zurzeit reichen die Räumlichkeiten aus. Mit dem Anwachsen .der Bibliothek wird, auch mit Rücksicht auf die statischen Verhältnisse, in einigen Jahren eine anderweitige Unterbringung erforderlich werden. Konkrete Pläne für einen Neubau bzw. einen Ankauf eines geeigneten Objektes liegen zurzeit nicht vor.
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    Rede von Gustav Stein


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich hoffe, daß ich die Reihe der Kurzredner beginne. In diesem Hause, in dem die parlamentarische Opposition klein geworden ist, besteht für uns die Gefahr, daß man die Zustimmung zur Regierungspolitik vielleicht etwas kleiner und etwaige kleine Bedenken etwas größer macht, damit das Ganze nach außen hin als ein normales Funktionieren unserer Spielregeln erscheint. Ich bin in der Tat schon diesmal in dieser Schwierigkeit. Da ist nämlich viel lebhafte Zustimmung und ein wenig an starken Bedenken zu dem zu sagen, was der Herr Bundeskanzler vorgestern hier an wirtschaftspolitischer Konzeption vorgetragen hat. Natürlich wird zwischen Konzeption und Ausführung später ein Unterschied sein; man möchte scherzhaft sagen: schon deshalb, weil wir in: die Durchführung, soweit sie legislative Maßnahmen erfordert, eingeschaltet sind. Aber die Konzeption der Regierung ist gut. Sie ist in der Tat gut, sie hört sich nicht nur gut an. Wir von der Wirtschaft vernehmen daraus mit Freude, daß Zusammenhänge wieder erkannt und festgestellt werden, die in Gefahr waren, nicht mehr gesehen zu werden.
    Zunächst ein Wort zum Ernst der Lage. Die Bilanz, die die Regierungserklärung zieht, ist bitter. Für mich ist sie zu bitter, weil etwas, was wir in diesem Hause vor der Regierungsumbildung noch erlebt haben, nicht so ganz zum Ausdruck kommt, nämlich daß die Stabilitätspolitik der früheren Regierung und der übrigen Beteiligten schon wirksam geworden war und daß uns dieses Wirksamwerden bei unseren jetzigen Bemühungen schon zugute kommt.

    (Sehr gut! bei der CDU/CSU.)

    Ein zweiter Vorteil ist, daß die Diskussion um die Stabilität schon viele Teilnehmer am Wirtschaftsprozeß wachsamer gemacht hat und daß wir zugleich mit dem Stabilitätsgesetz diesen Vorteil einheimsen werden.
    Dem Stabilitätsgesetz möchte ich überhaupt eine noch größere Priorität zubilligen, als es die Regierungserklärung tut. Dabei schätze ich die Tatsache, daß wir dieses Gesetz haben werden und anwenden können, im Augenblick sogar höher ein als die sofortige Anwendung, die bekanntlich eine gewisse Problematik enthält. Inzwischen haben wir erneut gelernt, daß Stabilität nur durch täglichen Kampf zu erobern ist.

    (Abg. Dr. Barzel: Sehr wahr!)

    So sehe ich die Stabilitätsbemühungen der Bundesregierung mehr in einem harten täglichen Ringen als in einem formulierten Programm.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Ohne daß ich hier beanspruche, für die Wirtschaft zu sprechen, glaube ich, daß die Gesamtheit dessen, was der Herr Bundeskanzler für die neue Regierung vorgetragen hat, nicht nur in der großen Öffentlichkeit, sondern auch in den Entscheidungsräumen aller Wirtschaftsbeteiligten volle Zustimmung gefunden hat und eine Hoffnung darstellt. Wir werden ohne Vorbehalte und mit aller Kraft dabei sein, den neuen Kurs zu unterstützen.
    Ein solches Wort vom neuen Kurs geht nicht leicht vom Mund. Wir haben inzwischen auch außerhalb der Regierungserklärung schon einiges zu dieser Marktwirtschaft mit Globalsteuerung gehört. Ich Labe diese Globalsteuerung, um deren Intensität und Instrumentarium es in der nächsten Zeit im wesentlichen gehen wird, für mich persönlich ganz leise, aber koalitionsgemäß eine intime und therapeutische „planification" genannt, intime deshalb, weil diese Orientierungshilfe vermutlich nicht des Holzhammers oder gar der Zwangsinstrumente bedarf, sondern sich mehr im Bereich der sanften Überzeugungskünste bewegen wird, und therapeutische, weil die Beeinflussung der Wirtschaft wohl ausschließlich prophylaktischen Charakters sein wird, nämlich so, daß die Triebkräfte der Wirtschaft und ihre Richtung nicht angegriffen und die Wachsamkeit der Unternehmer mit allgemeinen Hinweisen gesteigert werden.
    In der Abgrenzung zwischen unserer bewährten sozialen Marktwirtschaft — die in der Regierungserklärung leider nicht so erwähnt worden ist —, die eine freiheitlich geordnete Marktwirtschaft ist, und der nicht bloß orientierenden, sondern bereits intervenierenden Wirtschaftspolitik liegt die Problematik der täglich neuen Regierungsarbeit. Ich kündige ausdrücklich für uns an, daß wir nicht milde werden, die Regierung bei Überschreitungen dieser Grenze mit allem Nachdruck an unsere bewährten Grundsätze, die ja auch Verfassungscharakter haben, zu erinnern. Aber es scheint, daß wir hierüber einig sind.
    Die alte Wirtschaftspolitik, mit aktuellen Gedanken ausgestattet, wird das Verhältnis von wünschenswerter Stabilität zu notwendiger Expansion mit pragmatischer Beweglichkeit zu gestalten haben. Die Regierungserklärung stellt zu diesem Thema, über das nach meiner Ansicht nur Theoretiker sich allzu lang ereifern können, mit erfreulicher Klarheit fest, daß beides nötig ist: Festigkeit in den Grundlagen und Ausdehnung in den beweglichen Teilen. Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, diese Beweglichkeit darf nirgendwo galoppierend werden. Wir sind jetzt, glaube ich, mit einschlägigen Erfahrungen gesättigt und sollten die erhoffte Lockerung in den wirtschaftlichen Scharnieren ohne historische Angst und zum richtigen Zeitpunkt vollziehen können. Gegen eine tüchtige Portion Vorsicht bei diesem Vorgang wird die Wirtschaft nichts einzuwenden haben; denn was der Herr Bundeskanzler in der Regierungserklä-
    3762 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 82. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 15. Dezember 1966
    Stein (Honrath)

    rung an flottmachender Expansion angekündigt hat, ist so viel, daß diese Dosis Vorsicht, die die Stabilität garantieren soll, niemals das Ziel gefährden kann. Ich vergesse dabei durchaus nicht, daß uns beide Dinge, mangelnde Stabilität und fehlende Expansion, in den Grundlagen unseres Wirtschaftsgefüges erschüttert haben.
    Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang gerade auch an die Kreditfinanzierung der Investitionsausgaben denken. Sosehr ich die Aussichten begrüße, die die Regierungserklärung uns in der künftigen Leistung des Kapitalmarkts eröffnet, möchte ich die durch Konsumverzicht finanzierten Investitionen doch immer noch ein Stück höherstellen als die mit Kapitalmarktmitteln vorfinanzierten Investitionen.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Zur Notwendigkeit der Investitionen brauche ich keinen weiteren Beitrag zu leisten. Die Regierungserklärung gibt uns hier volle Genugtuung. Ohne öffentliche und private Investitionen sind wir sehr schnell in der Abstellkammer der Weltwirtschaft. Unsere Wirtschaft ist nämlich ohnehin durch ein Übergewicht der Konsumgüterproduktion in der Gesamtproduktion gekennzeichnet. Es liegt bei fast 50 %. In Frankreich hat de Gaulle diesen Anteil von 45 auf 39 % heruntergedrückt; in Amerika liegt er bei 35 %. Das bedeutet klar, daß diese Länder der Zukunft mehr Bedeutung beimessen als der Gegenwart.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Im öffentlichen Bereich sind die Investitionen zugleich unser regulierender und stabilisierender Faktor. Für die private Wirtschaft können wir sie je nach Lage dämpfen und besonders attraktiv machen. Aber befehlen können wir sie nicht. Deshalb möchte ich in noch schärferer Herausarbeitung des "Grundsatzes, der in der Regierungserklärung vertreten ist, sagen, daß alles darauf ankommt, die Voraussetzung für eine größere Investitionsneigung zu schaffen. Der Bremsweg der bekannten Restriktionen, der sich in den Investitionen, und zwar in den volkswirtschaftlich wertvollsten, am stärksten auswirkt, ist zu lang gewesen. Die Zahlen im Gutachten des Sachverständigenrates sind alarmierend. Hier muß mit harter Hand und — wenn ich das ohne Ironie sagen darf — global gesteuert werden, um zu verhindern, daß der erhoffte baldige Galopp nicht in die falsche Richtung geht.
    Den Herrn Bundeswirtschaftsminister wird es nicht wundern, daß wir auf die Formulierung der Regierungserklärung zum erhofften Verhalten der Tarifpartner besonders gespannt waren. Es ist darin von einer engen freiwilligen Zusammenarbeit die Rede, und die Autonomie der Tarifpartner wird darin unterstrichen. Alles in Ordnung! In diesem Zusammenhang erscheinen dann die Orientierungsdaten, die die Bundesregierung den Tarifpartnern geben will. Wir erschrecken nicht mehr hiervor und handeln nach dem Satz, daß derjenige, dem ein guter Rat gegeben wird, ihn auch annehmen sollte. Nur möchte ich meinen — und ich sage das nicht ohne einen leichten Nachdruck —, daß es mit dem Überreichen von orientierenden Hinweisen auf gut gedrucktem Papier nicht sein Bewenden haben kann. Hier muß mehr getan werden, Herr Bundeskanzler und Herr Bundeswirtschaftsminister, ich möchte sagen, viel mehr, damit sich der Segen der Orientierung auch mit Sicherheit einstellt.
    Inzwischen haben sich, wie man das im Verlauf der Kohlenkrise wieder gemerkt hat, auch andere Beteiligte in das Tarif-Geschehen eingeschaltet, so daß auch mit ihnen in der Klarheit, mit der eine so zusammengesetzte Regierung wie die Ihrige sprechen kann, geredet werden muß.
    Vor den Vorgängen, die nur die weniger Braven eine Krise nennen dürfen, hätte niemand geglaubt, daß trotz der stärkeren Wachstumsdämpfung, die wir doch erlebt haben, der Preisauftrieb, der etwas matter geworden ist, aber keineswegs ganz nachgelassen hat, so verlaufen würde. Die Bundesregierung hat unseren vollen Beifall, wenn sie im Rahmen ihrer Stabilisierungsbemühungen diesem Faktor, der unseren ganzen Wettbewerb und damit unsere Wettbewerbsgrundlage gefährdet, nachgehen will. Unsereiner braucht nicht lange zu suchen, wenn es nicht gelingt, diesen Kostenfaktor einzuschränken, wird keine Stetigkeit im Auftragseingang und keine Stabilität in der Beschäftigung zu erreichen sein. Das ist auch letzten Endes der Grund, weshalb wir trotz aller fiskalischen Bedrängnisse an sich jede Steuererhöhung für ein Risiko und fast für einen Widerspruch halten und entschieden auf die letzte Stufe der Ausgleichsmöglichkeiten verweisen. Wenn jemand diese Ansicht nicht in dieser Schärfe teilen sollte, werden wir uns aber schnell darauf einigen, daß die Beseitigung des wachsenden Kostendrucks allem anderen vorangehen muß.
    Mit der Subventionspolitik, wie in der Regierungserklärung angekündigt, werden Sie, Herr Bundeskanzler, bei der gewerblichen Wirtschaft keine Schwierigkeiten haben. Wer so entschlossen wie Sie den Wiederaufschwung der Wirtschaft, eine vernünftige Kreditrestriktionspolitik und in diesem Zusammenhang auch die Diskussionen über die Abschaffung der Kuponsteuer und die Koordinierung der nationalen und internationalen Politik zur Sicherung des Beschäftigungsstandes, eines angemessenen Wachstums und stabile Preise anstrebt, darf unserer vollen Unterstützung trotz dieser oder jener gegenteiligen Auffassung in einzelnen Fragen gewiß sein.
    Ich hätte gern gesehen, daß Sie auch die Strukturpolitik und die Gesellschaftspolitik mit erwähnt hätten. Meine Kollegen Müller-Hermann und Orgaß werden hierzu noch im einzelnen Stellung nehmen.
    Lassen Sie mich, bevor ich zu meinem wichtigen Schlußpunkt komme, nochmals zu der Feststellung zurückkehren: das Erfreulichste an der Regierungserklärung für die deutsche Wirtschaft war die terminologisch sichere und geistig sehr klare Bewertung der vielerlei Zusammenhänge des wirtschaftlichen Geschehens. Damit verbinde ich — viele werden es mit mir tun —, die Hoffnung, daß es unter dieser Regierung keine Einseitigkeit in der Betrachtung geben wird und daß unsere bewährte soziale Marktwirtschaft weder durch eine
    Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode. — 82. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 15. Dezember 1966 3763
    Stein (Honrath)

    allzu harte monetäre Betrachtung noch durch außenwirtschaftliche Rücksichten noch durch das Überwuchern sozialer Gesichtspunkte von ihrem Kurs abkommt.
    Genau genommen ist unsere Erkrankung jetzt 11/2 Jahre alt. Sie begann nicht bei der Wirtschaft, die nach wie vor ihr Bestes gegeben hat und insbesondere auch zum Zahlungsbilanzausgleich im letzten Jahr beigetragen hat. Deshalb, meine ich, sollte sie auch Anspruch auf eine gute Behandlung haben. Mit Recht stellt deshalb die Regierungserklärung fest, daß nur eine gut funktionierende Wirtschaft die Mittel aufbringen kann, deren der Staat für seine vielfältigen Aufgaben bedarf. Wir haben von dieser Regierungserklärung keine Wunder erwartet. Manches allzu abgerundete Wort wird noch seine Bewährung erbringen müssen. Vielleicht hilft uns auch der Schock der wirtschaftlichen Erschütterung, in der wir stehen, zu einem näheren Zusammenrücken. Ich hoffe es.
    Was ich in dieser Hinsicht zum. Schluß sagen will, ist folgendes: Für diese Regierung wird die Beeinflussung der psychologischen Momente von entscheidender Bedeutung sein. Für die Wirtschaft gilt das ganz besonders. Ich glaube beispielsweise, ohne damit eine Bilanz ziehen zu wollen, daß wir die psychologischen Voraussetzungen für ein Gleichgewicht zwischen Expansion und Stabilität in der hinter uns liegenden Zeit unterschätzt haben.

    (Zustimmung in der Mitte.)

    Die Wirtschaft beansprucht mehr Psychologie, als sich aus Konjunkturausweisen, Börsenzetteln und Regierungsbekanntmachungen erkennen läßt. Arbeitnehmer und Arbeitgeber müssen bereit sein, die sichtbaren Fakten auch im Bereich ihrer eigenen Entschlüsse wirksam werden zu lassen.
    Wie nachdrücklich haben wir in der vergangenen Zeit wieder einmal lernen müssen, daß beispielsweise die Entlassung oder Kurzarbeit von 600 Menschen an einer psychologischen Schlüsselstelle schockierender wirkte und eine stärkere Erkrankung auslöste als der stille Wegfall des Zehnfachen an Arbeitsplätzen in einem anderen Bereich. Bei dem sogenannten Krisengerede haben wir ebenso wie bei dem Antikrisengerede keine psychologischen Meisterleistungen vollbracht.

    (Beifall in der Mitte.)

    Was hier nötig ist, ist keine sogenannte Öffentlichkeitsarbeit wie die Herausgabe noch so eindrucksvoller Hinweise auf nüchterne Zahlen und tiefere Zusammenhänge; sie kann und sollte natürlich nicht unterbleiben. Das Fehlende ist die geeignete Ansprache an die Beteiligten, die Schaffung der Bereitschaft zum Anhören und zum Vertrauen.
    Hier muß sich die neue Regierung mit anderen Methoden und Formen als bisher einschalten. Sie muß ihre persönliche Ausstrahlungsfähigkeit und damit ihren eigensten Kredit einsetzen. Das Ganze muß mit etwas mehr Phantasie einhergehen, als das bisher hierzulande üblich war. Ich möchte natürlich richtig verstanden werden. Was ich meine, ist nicht bloß eine andere Art von Appellen, sondern ein viel tieferes Engagement der neuen Regierung in ihren Haupteinflußbereichen mit komplementärer Autorität.
    Ich will es an einem Beispiel verdeutlichen. Man muß spüren und wissen, daß dieser und jener Minister sein Geld auch nicht auf kurz, sondern auf lang bei der Bank hat, daß dieser Bundeskanzler nicht nur den Schneid hat, von notwendigen Opfern zu sprechen, sondern sie auch allen Interessenten abzutrotzen bereit ist, daß der Sparer ebenso wie der Unternehmer, der Kraftfahrer, der Steuerzahler, der Beamte und der öffentliche Angestellte unmittelbar angesprochen werden, zur Überwindung unserer gemeinsamen Schwierigkeiten gemeinsam beizutragen. Die psychologische Bereitschaft aller nach einer Zeit, die uns den Zusammenbruch vieler bisher integrierender Kräfte unseres Staatswesens bewußt werden ließ, zu wecken, ist eine der Hauptaufgaben der neuen Regierung. Gerade wir sind daran interessiert, daß ihre Lösung gelingt. Und der Sinn meiner Bemerkungen ist, auf die Wichtigkeit dieser psychologischen Faktoren nochmals hinzuweisen.
    Der Vertrauensschwund, dem wir unterlegen sind, ist der gefährlichste Punkt in der Erfahrungsbilanz des letzten Jahres. Alle Kabinettsleistungen, die wir jetzt zu erwarten haben, nützen nichts, wenn nicht eine neue Verbindung zwischen Regierung und Regierten entsteht.

    (Beifall bei der CDU/CSU und bei Abgeordneten der SPD.)



Rede von Dr. Thomas Dehler
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Das Wort hat der Herr Bundesfinanzminister!

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Franz Josef Strauß


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich hätte in diese Debatte, jedenfalls bei dieser Station, nicht eingegriffen, wenn nicht Kollege Starke eine Frage gestellt hätte, auf die ich mit einigen Worten eingehen will. Er hat sich auf eine Äußerung im „Industrie-Kurier" vom Samstag, dem 10. Dezember 1966, berufen und hat diese Äußerung korrekt zitiert. Ich bin zwar nicht der Meinung, daß Interviews oder Zeitungsartikel das Hauptausdrucksinstrument einer Bundesregierung sind. Ich weiß aber auch genau wie Sie, Herr Kollege Starke, aus eigener Amtserfahrung, daß man Äußerungen auf diesem Wege nicht einfach ausschließen kann. Ich bin hier bei Übernahme des Amtes um ein Wort an die Wirtschaft gebeten worden. Die wesentlichen Sätze daraus sind — und ich bitte Sie, mir zu erlauben, hier auch den Zusammenhang darstellen zu dürfen —:
    Stabilität und Wachstum sind die wichtigsten Richtpunkte der Finanzpolitik.
    Ich habe mit der Wahl dieser Reihenfolge Stabilität und Wachstum die Leitsterne ausdrücken wollen, die die Finanzpolitik auch der Zukunft bewegen müssen. Es heißt dort weiter:
    Die Haushaltspolitik muß so gestaltet werden, daß sie wirtschaftliche Schwankungen ausgleicht, d.h. antizyklisch wirkt.
    3764 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 82. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 15. Dezember 1966
    Bundesminister Dr. h. c. Strauß
    Ich bekenne mich damit zur Auffassung, daß es eine völlig neutrale Finanzpolitik, die das Wirtschaftsgeschehen in keiner Weise beeinflußt, sondern sich selbst überläßt, heute nicht mehr gibt.

    (Beifall bei der CDU/CSU. — Abg. Haase [Kassel] : Unmöglich, gibt's nicht mehr!)

    Ich bin ein überzeugter Anhänger der sozialen Marktwirtschaft, und zwar durch die Einwirkung des damaligen Direktors der Verwaltung für Wirtschaft, Professor Ludwig Erhard. Ich unterstelle hier niemandem, daß er ein Anhänger einer — lassen Sie mich sagen — Manchester-kapitalistischen Marktwirtschaft ist. Wir haben dieses Konzept — das darf ich gerade an die Adresse der Freien Demokraten sagen — im Jahre 1948 gemeinsam durchgesetzt und über viele Jahre gemeinsam getragen.

    (Sehr gut! bei der CDU/CSU.)

    Ich bin auch der Meinung, daß es absolut richtig war — wenn ich mich damit an Bundeskanzler Professor Erhard wenden darf —, in den ersten Jahren, in der ersten Phase der deutschen Nachkriegspolitik das deutsche Wirtschaftsgeschehen weder durch Einzeldirigismus noch durch Globalsteuerung allzusehr zu beeinflussen. In der ersten Phase war eine weitgehende Laissez-faire-laissez-aller-Politik durchaus richtig. Aber zum Begriff und zur Praxis der sozialen Marktwirtschaft gehört für mich auch eine gewisse Steuerung, wenn die Umstände und die Wandlungen der Zeit es erfordern, nicht auf dem Wege der Plan- oder Verwaltungswirtschaft, sondern auf dem Wege der Einsetzung eines gewissen Instrumentariums, wie bereits von Ihnen, Herr Professor Erhard, geschehen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und bei Abgeordneten der SPD.)

    Heute ist in diesem Hause ein parteipolitischer Streit mit zum Teil bösen Akzenten ausgebrochen, als das Wort von der „Koalitionswürdigkeit" der Sozialdemokratischen Partei vom Kollegen Dr. Dehler ausgesprochen wurde. Das Wort „würdig" enthält immer so eine moralische oder moralinhafte Wertung, die in dem Zusammenhang keinen Sinn hat.

    (Zustimmung bei den Regierungsparteien.)

    Ich darf ganz offen meine Position von 1949 zu diesem Thema darstellen. Ich war im Jahre 1948 — und bin es bis heute geblieben, wie bereits erwähnt — ein überzeugter Anhänger der sozialen Marktwirtschaft. Der Kampf für oder gegen das Erhardsche Wirtschaftskonzept stand im Mittelpunkt der Bundestagswahlen von 1949.

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)

    Das Wahlergebnis von 1949 ist bekannt. Ich war damals gegen die Große Koalition, nicht weil ich die Sozialdemokratie nicht für grundsätzlich koalitionswürdig gehalten hätte, sondern deshalb, weil ich der Meinung war, daß die Anhänger der sozialen Marktwirtschaft beweisen mußten, ob sie mit ihren Vorstellungen zum Erfolg kommen können oder nicht. Denn Teilerfolge werden dann von beiden Koalitionspartnern in Anspruch genommen; der Mißerfolg wird jeweils von einem dem anderen zugeschoben.
    Ich war damals der Meinung, daß man dem Bundeswirtschaftsminister und seinem Kanzler — wenn ich mich so ausdrücken darf — angesichts der damaligen wirtschaftspolitischen Konfrontierung der beiden großen Parteien die Chance geben mußte, zu beweisen, daß es damit besser geht, schneller geht und leichter geht als auf dem damals von ,der SPD vertretenen Wege. Das enthält keine moralische oder charakterliche Wertung oder eine solche Wertung, die irgendwie falsche Maßstäbe setzen soll, sondern die Grundvorstellung, daß man dann, wenn sich die zwei großen Parteien in einer wesentlichen Frage — und damals sagten wir: die Wirtschaft ist unser Schicksal — so diametral gegenüberstehen, zunächst dem Volk die Entscheidung überlassen muß, welcher der beiden Richtungen es die Mehrheit gibt, und daß 'die, die dann die Mehrheit bekommen, auch den Mut und die Chance haben müssen, zu zeigen, ob sie durchkommen und das Risiko auf sich nehmen, zu-scheitern.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Ich habe, Herr Kollege Starke, in dem gleichen Zusammenhang gesagt:
    Die Steuerpolitik hat in der gleichen Zielsetzung das stetige Wachstum der Wirtschaft zu fördern. Ohne ein gesichertes wirtschaftliches Wachstum würde es auf die Dauer keine Stabilität unserer Währung geben können. Eine Finanzpolitik, die der Stabilität einseitigen Vorrang einräumen würde, die also auch Stagnation Rezession in Kauf nehmen würde,
    — hier heißt es: auch um den Preis einer wirtschaftlichen Stagnation oder gar Rezession —
    wäre zum Scheitern verurteilt. Denn nur wenn es uns gelingt, unsere Leistungsfähigkeit immer weiter zu steigern, können wir auf den künftigen Märkten der Welt wettbewerbsfähig bleiben.
    Es heißt weiter:
    Die gegenwärtige wirtschaftliche Lage ist durch
    eine starke Verlangsamung der Wirtschaftstätigkeit gekennzeichnet. Zugleich haben wir in den letzten Monaten das Ziel der Preisstabilität fast vollständig erreicht. Es ist an der Zeit, jetzt wieder ein schnelleres wirtschaftliches Wachstum anzulegen. Selbstverständlich bedarf es dazu eines engen Zusammenwirkens aller, die auf das wirtschaftliche Geschehen Einfluß haben. Für die Bundesregierung bedeutet das besonders eine ganz enge Zusammenarbeit zwischen Wirtschaftsminister und Finanzminister. Selbstverständlich
    — heißt es weiter —
    muß die Bundesregierung ihrerseits mit der Bundesbank sich abstimmen. Aber auch die Tarifpartner haben in der Lohnpolitik auf die gesamtwirtschaftliche Lage Rücksicht zu nehmen.
    Ich will damit die Zitierung beenden und nur wenige Sätze zur Begründung sagen.
    Ich erhebe damit nicht den Vorwurf, Herr Kollege Starke, daß die bisherige Finanzpolitik das Ziel der
    Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 82. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 15. Dezember 1966 3765
    Bundesminister Dr. h. c. Strauß
    Stagnation verfolgt hat. Aber ohne Zweifel haben die kontraktiven Entwicklungen der Wirtschaftspolitik der letzten Zeit, wie sie nicht so sehr von der Finanzpolitik verursacht worden sind als von der Bundesbank unter ganz gewissem Zwang, unter dem sie stand, eingeleitet worden sind, eine starke Verlangsamung des Wachstums mit sich gebracht und damit die Gefahr heraufbeschworen, daß wir Stabilität wollen und Stagnation erreichen, ohne das Ziel der Stabilität wirklich zu bewältigen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Ich habe mich zu diesen Bemerkungen auch deshalb veranlaßt gesehen, weil nach meiner Erinnerung — ich konnte es jetzt im Augenblick nicht mehr nachprüfen — in der Sozialenquete steht, daß das gegenwärtige Sozialsystem der Bundesrepublik nur mit einer permanenten Wachstumsrate der Wirtschaft von 4,5 % jährlich aufrechterhalten werden kann, bei Unterschreitung dieser Wachstumsrate also zusammenbricht.
    Ich bin nicht der Meinung, daß man alles so lassen kann, wie es ist. Der Herr Bundeskanzler hat in seiner Regierungserklärung ganz bestimmte Richtlinien erteilt, er hat ganz bestimmte Ziele genannt, er hat ganz bestimmte Methoden damit angekündigt.