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    Deutscher Bundestag 82. Sitzung Bonn, den 15. Dezember 1966 Inhalt: Abg. Weiland tritt in den Bundestag ein . 3699 A Aussprache über die Erklärung der Bundesregierung Mischnick (FDP) 3699 B Schoettle, Vizepräsident . . . . 3699 B Dr. Barzel (CDU/CSU) 3706 B Schmidt (Hamburg) (SPD) . . . 3713 B Bauer (Wasserburg) (CDU/CSU) . 3725 C Dr. Dehler (FDP) 3730 A Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller (SPD) 3737 A Dr. Pohle (CDU/CSU) 3744 C Dr. Starke (Franken) (FDP) . . . 3751 D Schmücker, Bundesminister . . . 3758 C Stein (Honrath) (CDU/CSU) . . . 3761 A Dr. h. c. Strauß, Bundesminister . 3763 D Dr. Arndt (Berlin) (SPD) 3769 A Dr. h. c. Menne (Frankfurt) (FDP) 3771 C D. Dr. Gerstenmaier, Präsident . . 3774 C, 3775 A, 3788 D, 3789 A Dr. Luda (CDU/CSU) 3774 D Gscheidle (SPD) 3778 C Gewandt (CDU/CSU) 3781 D Dr. Friderichs (FDP) 3783 A Dr. Schiller, Bundesminister . . 3784 B Rasner (CDU/CSU), zur GO . . . 3789 A Opitz (FDP) 3789 D Dr. Müller-Hermann (CDU/CSU) . 3790 B Schulhoff (CDU/CSU) 3791 B Dr. Schwörer (CDU/CSU) 3792 C Mertes (FDP) 3794 D Nächste Sitzung 3795 C Anlagen 3797 Deutscher Bundestag - 5. Wahlperiode — 82. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 15. Dezember 1966 3699 82. Sitzung Bonn, den 15. Dezember 1966 Stenographischer Bericht Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Beurlaubungen Dr. Achenbach* 19. 12. Dr. Aigner* 22. 12. Arendt (Wattenscheid) 16. 12. Dr. Arndt .(Berlin/Köln) 17. 12. Bading* 16. 12. Bauer (Würzburg)** 16. 12. Bazille 31. 12. Berkhan** 16. 12. Blachstein 15. 12. Blumenfeld** 16. 12. Brand 18. 12. Dr. Burgbacher 31. 12. Draeger** 16. 12. Dröscher* 16. 12. von Eckardt 16. 12. Dr. Eckhardt 31. 12. Eisenmann 31. 12. Frau Dr. Elsner* 16. 12. Erler 31. 12. Flämig** 16. 12. Dr. Furler* 16. 12. Frau Geisendörfer 18. 12. Gerlach* 16. 12. Hahn (Bielefeld)* 17. 12. Dr. Hellige** 16. 12. Frau Herklotz** 16. 12. Horten 15. 12. Hösl** 16. 12. Kahn-Ackermann** 16. 12. Frau Kalinke 31. 12. Dr. Kempfler** 16. 12. Frau Klee** 16. 12. Dr. Kliesing (Honnef)** 16. 12. Dr. Kopf** 16. 12. Frau Dr. Krips 31. 12. Freiherr von Kühlmann-Stumm 15. 12. Lemmrich** 16. 12. Lenz (Trossingen) 31. 12. Lenze (Attendorn)** 16. 12. Dr. Löhr 17. 12. Mauk* 22. 12. Frau Dr. Maxsein** 16. 12. Dr. von Merkatz** 16. 12. Metzger* 17. 12. Missbach 17. 12. Müller (Aachen-Land)* 16. 12. Müller (Berlin) 15. 1. 1967 Neumann (Berlin) 17. 12. Frau Pitz-Savelsberg 31. 12. Dr. Rinderspacher** 16. 12. Dr. Schmid (Frankfurt)** 16. 12. * Für die Teilnahme an Ausschußsitzungen des Europäischen Parlaments ** Für die Teilnahme an einer Tagung der Westeuropäischen Union Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Dr. Schulz (Berlin)** 16. 12. Seibert 15. 12. Dr. Serres** 16. 12. Seuffert* 19. 12. Struve 31. 12. Dr. Süsterhenn 17. 12. Dr. Freiherr von Vittinghoff-Schell** 17. 12. Weigl 1. 3. 1967 Dr. Wilhelmi 16. 12. Baron von Wrangel 17. 12. Anlage 2 Schriftliche Erklärung des Abgeordneten Schmidhuber (CDU/CSU) zu Punkt 4 der Tagesordnung. Im konjunkturpolitischen Maßnahmekatalog der Regierungserklärung nimmt die Anregung an die Adresse der Deutschen Bundesbank, den Diskontsatz fühlbar zu senken, die erste Stelle ein. Daraus kann wohl geschlossen werden, 'daß die Bundesregierung der Senkung des Zinsniveaus eine entscheidende Bedeutung bei der Überwindung der sich in unserer Wirtschaft abzeichnenden rezessiven Erscheinungen beimißt. Es würde den Rahmen eines kurzen Diskussionsbeitrages sprengen und auch die Zwecksetzung einer Debatte über die politischen Absichtsbekundungen einer Regierungserklärung überschreiten, sich über die Wirkungen einer Diskontsenkung im gegenwärtigen Zeitpunkt zu verbreiten. Mir scheinen aber einige Bemerkungen über die unterschiedliche Rolle von Bundesregierung und Bundesbank in der Wirtschaftpolitik angebracht. Wie sich aus § 3 des Bundesbankgesetzes ergibt, ist die Aufgabe der Bundesbank die Sicherung der Währung. Nur soweit dieses Ziel nicht gefährdet wird, ist sie gehalten, die allgemeine Wirtschaftspolitik der Bundesregierung zu unterstützen. Der ihr vom Gesetzgeber erteilte Auftrag lautet daher STABILITÄT VOR WACHSTUM. Im Widerstreit der Ziele von Stabilität und Wachstum hat sie den Part der Stabilität zu ergreifen. Angesichts der Stimmen in der Öffentlichkeit vor allem aber wegen des Drängens gewisser gesellschaftspolitischer Gruppierungen auf eine Lockerung der Restriktionen soll dies von dieser Stelle aus einmal deutlich ausgesprochen werden. Die Bundesregierung hat neben der Stabilität der Währung noch andere Zielsetzungen zu berücksichtigen, nämlich Wachstum und Vollbeschäftigung. 3798 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 82. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 15. Dezember 1966 Wie sich schon einige Male 'in der Vergangenheit gezeigt hat, kann sie dadurch in Gegensatz zur Haltung der Notenbank geraten, in einen Gegensatz, der sozusagen institutionell bedingt ist. Ein solcher Konflikt deutet nicht auf tiefgreifende Meinungsunterschiede in wirtschaftspolitischen Grundauffassungen hin, sondern ist der Ausdruck des stets vorhandenen Spannungsverhältnisses zwischen Stabilität und Expansion. In der Finanz- und Haushaltspolitik steht der Bundesregierung ein Instrumentarium zur Verfügung, das unmittelbar zur konjunkturgerechten Steuerung der Gesamtnachfrage eingesetzt werden kann. Dieses Instrumentarium soll durch das Gesetz zur Förderung der wirtschaftlichen Stabilität in seiner Wirksamkeit auf die anderen öffentlichen Haushalte ausgedehnt, wesentlich verfeinert und dadurch effektiver gemacht werden. Wir sollten alles daran setzen, diesen Gesetzentwurf sobald als möglich zu verabschieden. Dann würde nämlich der Zwang wegfallen, Störungen des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts, die ihre Ursachen im Bereich der öffentlichen Haushalte haben, auf dem Umweg einer primär auf dem privatwirtschaftlichen Sektor wirkenden Restriktionspolitik bekämpfen zu müssen. Andererseits wird man rezessiven Erscheinungen dann besser mit gezielten Maßnahmen, z. B. durch zusätzliche öffentliche Investitionen, begegnen können. Die Versuchung, konjunkturelle Schwierigkeiten mittels einer Politik des leichten Geldes auf eine spätere Phase zu verlagern, wird dann nicht mehr so stark sein. Auf einem Gebiet besteht allerdings keine direkte Einwirkungsmöglichkeit, nämlich auf dem Gebiet der Tarifpolitik. Daher ist ein enges Zusamenwirken zwischen der staatlichen Wirtschaftspolitik und der Tarifpolitik der Sozialpartner — wie es die Regierungserklärung fordert — unerläßlich. Ich verkenne dabei nicht, daß dies — vor allem für die Gewerkschaften — schwierige Fragen aufwirft. Sie sollten aber realistisch und nicht auf dem Hintergrund ideologischer Formeln gelöst werden. So verstanden kann das in der Regierungserklärung vorgelegte Konzept einer wirtschaftspolitischen Globalsteuerung zu einer optimalen Entfaltung der schöpferischen Kräfte der Marktwirtschaft führen. Von ihr ist unser Wohlergehen in der Zukunft abhängig. Anlage 3 Schriftliche Antwort des Bundesministers Dr. Schiller vom 14. Dezember 1966 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Kahn-Ackermann (Drucksache V/1182 Frage VIII/4) : Trifft es zu, daß Entwurf und Ausführung des Werbeplakats für den deutschen Pavillon auf der Weltausstellung in Kanada einer amerikanischen Public-relation-Firma vergeben wurde? Diejenigen Plakate, die in Nordamerika selbst, d. h. in Kanada und USA, für den deutschen Pavillon auf der Weltausstellung in Montreal werben sollen, sind von einer amerikanischen Public-Relations-Firma entworfen und gedruckt worden. Hierfür sprachen sowohl Kostengründe wie die Überlegung, diese Werbemittel voll auf den amerikanischen Geschmack abzustellen. Anlage 4 Schriftliche Antwort des Staatssekretärs Dr. von Heppe vom 13. Dezember 1966 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Kahn-Ackermann (Drucksache V/1215 Frage V) : Trifft es zu, daß die Bundesregierung für ihr Historisches Institut in Paris einen Neubau zu errichten beabsichtigt? Das Deutsche Historische Institut in Paris ist in zwei im Bundeseigentum stehenden Etagen im Hause 5, Rue du Havre, in Paris untergebracht. Zurzeit reichen die Räumlichkeiten aus. Mit dem Anwachsen .der Bibliothek wird, auch mit Rücksicht auf die statischen Verhältnisse, in einigen Jahren eine anderweitige Unterbringung erforderlich werden. Konkrete Pläne für einen Neubau bzw. einen Ankauf eines geeigneten Objektes liegen zurzeit nicht vor.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Hermann Busse


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Minister, ist die Verabschiedung des Stabilitätsgesetzes an der FDP oder an der Regierungskrise gescheitert, oder hätte es nicht längst verabschiedet werden können, wenn die Verabschiedung nicht von Ihrem jetzigen Koalitionspartner laufend verzögert worden wäre?

    (Abg. Matthöfer: Das ist doch unerhört!)

    Schmücker, Bundesschatzminister: Herr Kollege, ich habe mich — um höflich zu sein — offenbar nicht klar ausgedrückt. Ich habe darauf hingewiesen, daß nach der Zeitplanung die Umschaltung etwa Mitte November erfolgen sollte und daß wir durch die Regierungskrise, die von Ihnen ausgelöst worden ist, in einen Zeitverzug geraten sind. Ich glaube, das ist die Wahrheit, und dies muß im Interesse der Wahrhaftigkeit hier einmal gesagt werden.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Ich sprach von dem Gleichgewicht zwischen Vollbeschäftigung — —

    (Abg. Mertes meldet sich zu einer Zwischenfrage.)

    — Nein, ich möchte jetzt gern zu Ende kommen.

    (Abg. Mertes: Das kann ich mir denken, Herr Schmücker!)

    — Herr Kollege Mertes, wenn Sie so freundlich sind, sich einmal die Geschäftsordnung anzusehen, werden Sie feststellen, daß Sie, wenn Ihnen keine Antwort gegeben wird, das zur Kenntnis nehmen müssen und das nicht etwa kritisieren dürfen; sonst kann das Institut der Zwischenfragen nicht funktionieren.

    (Oh-Rufe bei der FDP.)

    Dieses Gleichgewicht, meine Damen und Herren, wird niemals starr sein; darum ist es ganz natürlich — —

    (Zuruf des Abg. Mertes.)

    — Herr Mertes, Sie können doch gleich zum Pult gehen. Danach komme ich gern zurück, wenn Sie eine Auffassung vertreten, von der ich glaube, daß sie nicht richtig ist. Es besteht doch gar kein Grund zur Aufregung.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Ich stelle die Dinge so dar, wie ich sie gesehen habe. Vielleicht irre ich mich in dem einen oder anderen, aber so, wie Herr Starke es dargestellt hat, kann es nicht unwidersprochen bleiben.

    (Beifall bei der CDU/CSU. — Zurufe von der FDP.)

    Das Gleichgewicht wird niemals starr sein. Darum ist es ganz natürlich, daß temporär mal der einen, mal der anderen Forderung der Vorrang gegeben werden muß. Als das Wachstum übertrieben wurde, mußten wir im Interesse der Stabilität bremsen. Heute müssen wir uns im Sinne der Normalisierung und des Bemühens um das Gleichgewicht um die Belebung des Wachstums kümmern.
    Das inflationsfreie Wachstum, das wir wollen, kann aber nur gesichert werden, wenn die verhältnismäßig leicht auszulösende Belebung von einem entschiedenen Kampf gegen Kostenerhöhungen begleitet wird. Mit Recht hat darum der Herr Bundeskanzler die Erklärung der Baugewerkschaft begrüßt. Mit Recht bemüht sich aber auch die Bundesregierung um die Senkung der Zinskosten. Auch wenn die Zinskosten weniger als 10 % der Lohnkosten betragen, sind sie doch von ausschlaggebender Wichtigkeit. Ich hoffe nicht, daß wir zu einer Expansion kommen müssen, ohne daß die Kostendämpfung gelungen ist. Alle an der Wirtschaft Beteiligten sind angesprochen, und niemand darf beiseite stehen. Es ist auch weiterhin nicht erlaubt, der Aufforderung zum Mittun mit dem dummen Satz zu entgegnen: Hannemann, geh du voran! Die Gleichzeitigkeit ist nach unserer gemeinsamen Auffassung, so hoffe ich doch, ein wesentlicher Bestandteil für das Gelingen der Aktion.
    Es soll auch von vornherein Klarheit darüber herrschen, daß, so mißlich die Haushaltslage des Bundes auch sein mag, unsolide Operationen nicht in Frage kommen. Die Kraft dazu wird diese Regierung — und ich bin sicher, auch der Deutsche Bundestag über die Reihen der Koalitionsfraktionen hinaus — aufbringen. Allerdings bedarf es der größten wirtschaftspolitischen Kraftanstrengung, die seit der Währungsreform je gemacht worden ist — eine Anstrengung, die im ersten Anlauf nicht funktioniert hat und in einer Regierungskrise endete.
    Meine Bitte ist, sich heute nicht in grundsätzlichen Erörterungen auseinanderzureden. Programmatische Unterschiede sind selbstverständlich vorhanden. Die Unterschiede sind noch zahlreicher als die Zahl der Parteien im Hause. Aber in der tatsächlichen Aufgabe, die vor uns steht, in der Art ihrer Bewältigung gibt es einen Weg, den wir gemeinsam gehen können. Danach wird gefragt, und darauf müssen wir antworten — weniger global, viel mehr im Einzelfall.
    In diesem Augenblick kommt es darauf an, das Gleichgewicht von Vollbeschäftigung, Wirtschaftswachstum und Stabilität dadurch wiederherzustellen, daß wir dem Wachstum neue Impulse geben, gleichzeitig aber die Kosten senken, damit die Stabilität erhalten bleibt. Wenn das geschieht, werden wir die Vollbeschäftigung sichern können und unseren hohen außenwirtschaftlichen Rang weiterhin wie in den Schwierigkeiten der letzten Jahre bewahren und noch steigern können.
    Wir sind uns klar darüber, daß die Solidität unserer Wirtschaft die Voraussetzung für jedwede andere Politik ist. Aber sie wird uns nicht umsonst gegeben. Sie erfordert viel Aufmerksamkeit und sehr viel Sorge. Sorgenfrei werden wir nie sein — weder um Vollbeschäftigung, noch um Wachstum,
    Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 82. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 15. Dezember 1966 3761
    Bundesminister Schmücker
    noch um Stabilität. Nur wer sich sorgt, wer sich Mühe gibt, kann Erfolg haben.
    Die Aufgaben sind klar vorgezeichnet. Der Zeitplan aber, meine Herren, ist nicht beliebig dehnbar. Der nach dem Boom wiedergewonnene Blick für das rechte Maß sollte uns nicht wieder verlorengehen, denn nur dann werden wir erreichen, was wir uns alle wünschen: Stabilität in einer vollbeschäftigten wachsenden Wirtschaft.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)



Rede von Dr. Thomas Dehler
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Professor Stein.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Gustav Stein


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich hoffe, daß ich die Reihe der Kurzredner beginne. In diesem Hause, in dem die parlamentarische Opposition klein geworden ist, besteht für uns die Gefahr, daß man die Zustimmung zur Regierungspolitik vielleicht etwas kleiner und etwaige kleine Bedenken etwas größer macht, damit das Ganze nach außen hin als ein normales Funktionieren unserer Spielregeln erscheint. Ich bin in der Tat schon diesmal in dieser Schwierigkeit. Da ist nämlich viel lebhafte Zustimmung und ein wenig an starken Bedenken zu dem zu sagen, was der Herr Bundeskanzler vorgestern hier an wirtschaftspolitischer Konzeption vorgetragen hat. Natürlich wird zwischen Konzeption und Ausführung später ein Unterschied sein; man möchte scherzhaft sagen: schon deshalb, weil wir in: die Durchführung, soweit sie legislative Maßnahmen erfordert, eingeschaltet sind. Aber die Konzeption der Regierung ist gut. Sie ist in der Tat gut, sie hört sich nicht nur gut an. Wir von der Wirtschaft vernehmen daraus mit Freude, daß Zusammenhänge wieder erkannt und festgestellt werden, die in Gefahr waren, nicht mehr gesehen zu werden.
    Zunächst ein Wort zum Ernst der Lage. Die Bilanz, die die Regierungserklärung zieht, ist bitter. Für mich ist sie zu bitter, weil etwas, was wir in diesem Hause vor der Regierungsumbildung noch erlebt haben, nicht so ganz zum Ausdruck kommt, nämlich daß die Stabilitätspolitik der früheren Regierung und der übrigen Beteiligten schon wirksam geworden war und daß uns dieses Wirksamwerden bei unseren jetzigen Bemühungen schon zugute kommt.

    (Sehr gut! bei der CDU/CSU.)

    Ein zweiter Vorteil ist, daß die Diskussion um die Stabilität schon viele Teilnehmer am Wirtschaftsprozeß wachsamer gemacht hat und daß wir zugleich mit dem Stabilitätsgesetz diesen Vorteil einheimsen werden.
    Dem Stabilitätsgesetz möchte ich überhaupt eine noch größere Priorität zubilligen, als es die Regierungserklärung tut. Dabei schätze ich die Tatsache, daß wir dieses Gesetz haben werden und anwenden können, im Augenblick sogar höher ein als die sofortige Anwendung, die bekanntlich eine gewisse Problematik enthält. Inzwischen haben wir erneut gelernt, daß Stabilität nur durch täglichen Kampf zu erobern ist.

    (Abg. Dr. Barzel: Sehr wahr!)

    So sehe ich die Stabilitätsbemühungen der Bundesregierung mehr in einem harten täglichen Ringen als in einem formulierten Programm.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Ohne daß ich hier beanspruche, für die Wirtschaft zu sprechen, glaube ich, daß die Gesamtheit dessen, was der Herr Bundeskanzler für die neue Regierung vorgetragen hat, nicht nur in der großen Öffentlichkeit, sondern auch in den Entscheidungsräumen aller Wirtschaftsbeteiligten volle Zustimmung gefunden hat und eine Hoffnung darstellt. Wir werden ohne Vorbehalte und mit aller Kraft dabei sein, den neuen Kurs zu unterstützen.
    Ein solches Wort vom neuen Kurs geht nicht leicht vom Mund. Wir haben inzwischen auch außerhalb der Regierungserklärung schon einiges zu dieser Marktwirtschaft mit Globalsteuerung gehört. Ich Labe diese Globalsteuerung, um deren Intensität und Instrumentarium es in der nächsten Zeit im wesentlichen gehen wird, für mich persönlich ganz leise, aber koalitionsgemäß eine intime und therapeutische „planification" genannt, intime deshalb, weil diese Orientierungshilfe vermutlich nicht des Holzhammers oder gar der Zwangsinstrumente bedarf, sondern sich mehr im Bereich der sanften Überzeugungskünste bewegen wird, und therapeutische, weil die Beeinflussung der Wirtschaft wohl ausschließlich prophylaktischen Charakters sein wird, nämlich so, daß die Triebkräfte der Wirtschaft und ihre Richtung nicht angegriffen und die Wachsamkeit der Unternehmer mit allgemeinen Hinweisen gesteigert werden.
    In der Abgrenzung zwischen unserer bewährten sozialen Marktwirtschaft — die in der Regierungserklärung leider nicht so erwähnt worden ist —, die eine freiheitlich geordnete Marktwirtschaft ist, und der nicht bloß orientierenden, sondern bereits intervenierenden Wirtschaftspolitik liegt die Problematik der täglich neuen Regierungsarbeit. Ich kündige ausdrücklich für uns an, daß wir nicht milde werden, die Regierung bei Überschreitungen dieser Grenze mit allem Nachdruck an unsere bewährten Grundsätze, die ja auch Verfassungscharakter haben, zu erinnern. Aber es scheint, daß wir hierüber einig sind.
    Die alte Wirtschaftspolitik, mit aktuellen Gedanken ausgestattet, wird das Verhältnis von wünschenswerter Stabilität zu notwendiger Expansion mit pragmatischer Beweglichkeit zu gestalten haben. Die Regierungserklärung stellt zu diesem Thema, über das nach meiner Ansicht nur Theoretiker sich allzu lang ereifern können, mit erfreulicher Klarheit fest, daß beides nötig ist: Festigkeit in den Grundlagen und Ausdehnung in den beweglichen Teilen. Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, diese Beweglichkeit darf nirgendwo galoppierend werden. Wir sind jetzt, glaube ich, mit einschlägigen Erfahrungen gesättigt und sollten die erhoffte Lockerung in den wirtschaftlichen Scharnieren ohne historische Angst und zum richtigen Zeitpunkt vollziehen können. Gegen eine tüchtige Portion Vorsicht bei diesem Vorgang wird die Wirtschaft nichts einzuwenden haben; denn was der Herr Bundeskanzler in der Regierungserklä-
    3762 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 82. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 15. Dezember 1966
    Stein (Honrath)

    rung an flottmachender Expansion angekündigt hat, ist so viel, daß diese Dosis Vorsicht, die die Stabilität garantieren soll, niemals das Ziel gefährden kann. Ich vergesse dabei durchaus nicht, daß uns beide Dinge, mangelnde Stabilität und fehlende Expansion, in den Grundlagen unseres Wirtschaftsgefüges erschüttert haben.
    Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang gerade auch an die Kreditfinanzierung der Investitionsausgaben denken. Sosehr ich die Aussichten begrüße, die die Regierungserklärung uns in der künftigen Leistung des Kapitalmarkts eröffnet, möchte ich die durch Konsumverzicht finanzierten Investitionen doch immer noch ein Stück höherstellen als die mit Kapitalmarktmitteln vorfinanzierten Investitionen.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Zur Notwendigkeit der Investitionen brauche ich keinen weiteren Beitrag zu leisten. Die Regierungserklärung gibt uns hier volle Genugtuung. Ohne öffentliche und private Investitionen sind wir sehr schnell in der Abstellkammer der Weltwirtschaft. Unsere Wirtschaft ist nämlich ohnehin durch ein Übergewicht der Konsumgüterproduktion in der Gesamtproduktion gekennzeichnet. Es liegt bei fast 50 %. In Frankreich hat de Gaulle diesen Anteil von 45 auf 39 % heruntergedrückt; in Amerika liegt er bei 35 %. Das bedeutet klar, daß diese Länder der Zukunft mehr Bedeutung beimessen als der Gegenwart.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Im öffentlichen Bereich sind die Investitionen zugleich unser regulierender und stabilisierender Faktor. Für die private Wirtschaft können wir sie je nach Lage dämpfen und besonders attraktiv machen. Aber befehlen können wir sie nicht. Deshalb möchte ich in noch schärferer Herausarbeitung des "Grundsatzes, der in der Regierungserklärung vertreten ist, sagen, daß alles darauf ankommt, die Voraussetzung für eine größere Investitionsneigung zu schaffen. Der Bremsweg der bekannten Restriktionen, der sich in den Investitionen, und zwar in den volkswirtschaftlich wertvollsten, am stärksten auswirkt, ist zu lang gewesen. Die Zahlen im Gutachten des Sachverständigenrates sind alarmierend. Hier muß mit harter Hand und — wenn ich das ohne Ironie sagen darf — global gesteuert werden, um zu verhindern, daß der erhoffte baldige Galopp nicht in die falsche Richtung geht.
    Den Herrn Bundeswirtschaftsminister wird es nicht wundern, daß wir auf die Formulierung der Regierungserklärung zum erhofften Verhalten der Tarifpartner besonders gespannt waren. Es ist darin von einer engen freiwilligen Zusammenarbeit die Rede, und die Autonomie der Tarifpartner wird darin unterstrichen. Alles in Ordnung! In diesem Zusammenhang erscheinen dann die Orientierungsdaten, die die Bundesregierung den Tarifpartnern geben will. Wir erschrecken nicht mehr hiervor und handeln nach dem Satz, daß derjenige, dem ein guter Rat gegeben wird, ihn auch annehmen sollte. Nur möchte ich meinen — und ich sage das nicht ohne einen leichten Nachdruck —, daß es mit dem Überreichen von orientierenden Hinweisen auf gut gedrucktem Papier nicht sein Bewenden haben kann. Hier muß mehr getan werden, Herr Bundeskanzler und Herr Bundeswirtschaftsminister, ich möchte sagen, viel mehr, damit sich der Segen der Orientierung auch mit Sicherheit einstellt.
    Inzwischen haben sich, wie man das im Verlauf der Kohlenkrise wieder gemerkt hat, auch andere Beteiligte in das Tarif-Geschehen eingeschaltet, so daß auch mit ihnen in der Klarheit, mit der eine so zusammengesetzte Regierung wie die Ihrige sprechen kann, geredet werden muß.
    Vor den Vorgängen, die nur die weniger Braven eine Krise nennen dürfen, hätte niemand geglaubt, daß trotz der stärkeren Wachstumsdämpfung, die wir doch erlebt haben, der Preisauftrieb, der etwas matter geworden ist, aber keineswegs ganz nachgelassen hat, so verlaufen würde. Die Bundesregierung hat unseren vollen Beifall, wenn sie im Rahmen ihrer Stabilisierungsbemühungen diesem Faktor, der unseren ganzen Wettbewerb und damit unsere Wettbewerbsgrundlage gefährdet, nachgehen will. Unsereiner braucht nicht lange zu suchen, wenn es nicht gelingt, diesen Kostenfaktor einzuschränken, wird keine Stetigkeit im Auftragseingang und keine Stabilität in der Beschäftigung zu erreichen sein. Das ist auch letzten Endes der Grund, weshalb wir trotz aller fiskalischen Bedrängnisse an sich jede Steuererhöhung für ein Risiko und fast für einen Widerspruch halten und entschieden auf die letzte Stufe der Ausgleichsmöglichkeiten verweisen. Wenn jemand diese Ansicht nicht in dieser Schärfe teilen sollte, werden wir uns aber schnell darauf einigen, daß die Beseitigung des wachsenden Kostendrucks allem anderen vorangehen muß.
    Mit der Subventionspolitik, wie in der Regierungserklärung angekündigt, werden Sie, Herr Bundeskanzler, bei der gewerblichen Wirtschaft keine Schwierigkeiten haben. Wer so entschlossen wie Sie den Wiederaufschwung der Wirtschaft, eine vernünftige Kreditrestriktionspolitik und in diesem Zusammenhang auch die Diskussionen über die Abschaffung der Kuponsteuer und die Koordinierung der nationalen und internationalen Politik zur Sicherung des Beschäftigungsstandes, eines angemessenen Wachstums und stabile Preise anstrebt, darf unserer vollen Unterstützung trotz dieser oder jener gegenteiligen Auffassung in einzelnen Fragen gewiß sein.
    Ich hätte gern gesehen, daß Sie auch die Strukturpolitik und die Gesellschaftspolitik mit erwähnt hätten. Meine Kollegen Müller-Hermann und Orgaß werden hierzu noch im einzelnen Stellung nehmen.
    Lassen Sie mich, bevor ich zu meinem wichtigen Schlußpunkt komme, nochmals zu der Feststellung zurückkehren: das Erfreulichste an der Regierungserklärung für die deutsche Wirtschaft war die terminologisch sichere und geistig sehr klare Bewertung der vielerlei Zusammenhänge des wirtschaftlichen Geschehens. Damit verbinde ich — viele werden es mit mir tun —, die Hoffnung, daß es unter dieser Regierung keine Einseitigkeit in der Betrachtung geben wird und daß unsere bewährte soziale Marktwirtschaft weder durch eine
    Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode. — 82. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 15. Dezember 1966 3763
    Stein (Honrath)

    allzu harte monetäre Betrachtung noch durch außenwirtschaftliche Rücksichten noch durch das Überwuchern sozialer Gesichtspunkte von ihrem Kurs abkommt.
    Genau genommen ist unsere Erkrankung jetzt 11/2 Jahre alt. Sie begann nicht bei der Wirtschaft, die nach wie vor ihr Bestes gegeben hat und insbesondere auch zum Zahlungsbilanzausgleich im letzten Jahr beigetragen hat. Deshalb, meine ich, sollte sie auch Anspruch auf eine gute Behandlung haben. Mit Recht stellt deshalb die Regierungserklärung fest, daß nur eine gut funktionierende Wirtschaft die Mittel aufbringen kann, deren der Staat für seine vielfältigen Aufgaben bedarf. Wir haben von dieser Regierungserklärung keine Wunder erwartet. Manches allzu abgerundete Wort wird noch seine Bewährung erbringen müssen. Vielleicht hilft uns auch der Schock der wirtschaftlichen Erschütterung, in der wir stehen, zu einem näheren Zusammenrücken. Ich hoffe es.
    Was ich in dieser Hinsicht zum. Schluß sagen will, ist folgendes: Für diese Regierung wird die Beeinflussung der psychologischen Momente von entscheidender Bedeutung sein. Für die Wirtschaft gilt das ganz besonders. Ich glaube beispielsweise, ohne damit eine Bilanz ziehen zu wollen, daß wir die psychologischen Voraussetzungen für ein Gleichgewicht zwischen Expansion und Stabilität in der hinter uns liegenden Zeit unterschätzt haben.

    (Zustimmung in der Mitte.)

    Die Wirtschaft beansprucht mehr Psychologie, als sich aus Konjunkturausweisen, Börsenzetteln und Regierungsbekanntmachungen erkennen läßt. Arbeitnehmer und Arbeitgeber müssen bereit sein, die sichtbaren Fakten auch im Bereich ihrer eigenen Entschlüsse wirksam werden zu lassen.
    Wie nachdrücklich haben wir in der vergangenen Zeit wieder einmal lernen müssen, daß beispielsweise die Entlassung oder Kurzarbeit von 600 Menschen an einer psychologischen Schlüsselstelle schockierender wirkte und eine stärkere Erkrankung auslöste als der stille Wegfall des Zehnfachen an Arbeitsplätzen in einem anderen Bereich. Bei dem sogenannten Krisengerede haben wir ebenso wie bei dem Antikrisengerede keine psychologischen Meisterleistungen vollbracht.

    (Beifall in der Mitte.)

    Was hier nötig ist, ist keine sogenannte Öffentlichkeitsarbeit wie die Herausgabe noch so eindrucksvoller Hinweise auf nüchterne Zahlen und tiefere Zusammenhänge; sie kann und sollte natürlich nicht unterbleiben. Das Fehlende ist die geeignete Ansprache an die Beteiligten, die Schaffung der Bereitschaft zum Anhören und zum Vertrauen.
    Hier muß sich die neue Regierung mit anderen Methoden und Formen als bisher einschalten. Sie muß ihre persönliche Ausstrahlungsfähigkeit und damit ihren eigensten Kredit einsetzen. Das Ganze muß mit etwas mehr Phantasie einhergehen, als das bisher hierzulande üblich war. Ich möchte natürlich richtig verstanden werden. Was ich meine, ist nicht bloß eine andere Art von Appellen, sondern ein viel tieferes Engagement der neuen Regierung in ihren Haupteinflußbereichen mit komplementärer Autorität.
    Ich will es an einem Beispiel verdeutlichen. Man muß spüren und wissen, daß dieser und jener Minister sein Geld auch nicht auf kurz, sondern auf lang bei der Bank hat, daß dieser Bundeskanzler nicht nur den Schneid hat, von notwendigen Opfern zu sprechen, sondern sie auch allen Interessenten abzutrotzen bereit ist, daß der Sparer ebenso wie der Unternehmer, der Kraftfahrer, der Steuerzahler, der Beamte und der öffentliche Angestellte unmittelbar angesprochen werden, zur Überwindung unserer gemeinsamen Schwierigkeiten gemeinsam beizutragen. Die psychologische Bereitschaft aller nach einer Zeit, die uns den Zusammenbruch vieler bisher integrierender Kräfte unseres Staatswesens bewußt werden ließ, zu wecken, ist eine der Hauptaufgaben der neuen Regierung. Gerade wir sind daran interessiert, daß ihre Lösung gelingt. Und der Sinn meiner Bemerkungen ist, auf die Wichtigkeit dieser psychologischen Faktoren nochmals hinzuweisen.
    Der Vertrauensschwund, dem wir unterlegen sind, ist der gefährlichste Punkt in der Erfahrungsbilanz des letzten Jahres. Alle Kabinettsleistungen, die wir jetzt zu erwarten haben, nützen nichts, wenn nicht eine neue Verbindung zwischen Regierung und Regierten entsteht.

    (Beifall bei der CDU/CSU und bei Abgeordneten der SPD.)