Rede von
Josef
Bauer
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Landesgruppe der Christlich-Sozialen Union in der Bundestagsfraktion der CDU/CSU begrüßt ebenso wie die Gesamtfraktion die Regierungserklärung des Herrn Bundeskanzlers. Sie ist dem Herrn Bundeskanzler dankbar dafür, daß er diese Regierungserklärung nicht im bisher üblichen Stil abgegeben, sondern den augenblicklichen Erfordernissen angepaßt hat. Die Vorlage eines genauen, in die Einzelheiten gehenden Programms ist sicherlich erst dann möglich, wenn die Voraussetzungen geschaffen sind. Diese Voraussetzungen hat der Herr Bundeskanzler in seiner Regierungserklärung dargestellt. Wir wollen mit der Regierung und dem Koalitionspartner zusammenarbeiten, damit dieses Vorprogramm durchgeführt und dann die die weiteren Einzelfragen geklärt werden können.
Ich glaube, die vorige Woche hat uns eine deutliches Stück in dieser Richtung vorangebracht. Ich glaube auch, daß der Stil, den das Parlament in den neu verteilten Rollen dabei in der vorigen Woche entwickelt hat, befriedigend ist. Wenn das auch in der Zukunft so sein wird, können wir hoffen, daß wir eine gute parlamentarische Arbeit bekommen werden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es geziemt sich aber wohl, hier auch der bisherigen Regierung und dem bisherigen Bundeskanzler Professor Erhard ein aufrichtiges Wort des Dankes zu sagen. Das gilt ihm persönlich, es gilt der bisherigen Regierung, und es gilt vor allem auch den ausgeschiedenen Ministern.
Wir wissen, was sie in ihrer Amtszeit geleistet haben. Wir sind überzeugt, daß das deutsche Volk bereit ist, diese Leistungen zur gegebenen Zeit anzuerkennen. Gerade im jetzigen Zeitpunkt dürfte sich der Wert der sozialen Marktwirtschaft ganz besonders deutlich herausstellen. Sie war und ist und bleibt das Werk Ludwig Erhards. Sie hat uns nicht nur sichere Existenz, sondern Wohlstand für alle gleichzeitig gebracht. Meine Damen und Herren, rächt es sich nicht bitter, daß wir die Aufforderungen dieses Mannes, Maß zu halten, nicht ernst genug genommen haben, ja, daß es weite Teile in unserem Volk — Gott sei es geklagt — gegeben hat, die diesen so berechtigten Mahnungen oft nichts als Hohn und Spott entgegenzusetzen wußten?
Und trotzdem, so will es mir scheinen, würden die jetzt erforderlichen harten Entschlüsse auf viel mehr Widerstand stoßen, wenn es nicht diese Zeit der Appelle und der Mahnungen gegeben hätte.
Meine Damen und Herren! Eine aufgeregte Publizistik, so sagte kürzlich ein bedeutender Journalist, hat im deutschen Volk eine Krisenstimmung euzeugt. Ich bin einer anderen Auffassung. Ich bin der Meinung, daß es in Wahrheit und in erster Linie eine politische Minderheit war, die diese Krise ausgelöst hat.
3726 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 82. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 15. Dezember 1966
Bauer
Wir sind froh, Herr Bundeskanzler, daß die Regierung dieser Frage auch in der Regierungserklärung ein ganz besonderes Augenmerk zugewendet hat. Wenn ,die Glaubwürdigkeit in diesen Staat und in diese staatliche Ordnung wiederhergestellt werden soll, muß es in Zukunft unter allen Umständen verhindert werden, daß eine Minderheit politische Krisen dieses Ausmaßes in dieser Häufigkeit und in diesem Stil immer wieder hervorrufen kann.
Darum sind wir für eine Wahlrechtsreform, die in Zukunft klare Mehrheiten im Deutschen Bundestag schafft. Es muß uns daran liegen, dieses Wahlrecht rasch zu verwirklichen, und wir möchten die Regierung ermutigen, Herr Bundeskanzler, in einem stufenweisen Vorgehen schon für die Wahl 1969 entsprechende Vorschläge zu erarbeiten und auch zu realisieren.