Rede von
Martin
Reichmann
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FDP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Änderungsantrag der Fraktion der FDP entspricht dem Wortlaut des Änderungsvorschlags des Bundesrates, wie er in der Drucksache V/1012 festgelegt ist.
In diesem Zusammenhang darf ich auf folgendes hinweisen. Die Bundesregierung hat im „Bulletin" vom 25. Mai 1965 folgenden Beschluß veröffentlicht:
Die Bundesregierung ist sich ihrer Verpflichtung gegenüber den Kriegsopfern bewußt und ist bestrebt, deren Versorgung würdig und gerecht weiterzuentwickeln. Sie ist daher bereit, im Haushaltsjahr 1966 dem Bundesrat und Bundestag ein Drittes Neuordnungsgesetz vorzulegen, das die Grundlage bilden soll für eine laufende Angleichung der Rentenleistungen in zweijährigem Abstand — erstmals also im Jahre 1968. Die Angleichung soll unter Berücksichtigung der Entwicklung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und des realen Wachstums der Volkswirtschaft vorgenommen werden. Damit wird es möglich, unter Wahrung der Währungsstabilität das Kriegsopferrecht fortschrittlich und zeitgemäß auszubauen.
Der genannte Beschluß der Bundesregierung enthält für das Kriegsopferrecht und seine Stellung im Rahmen unseres sozialen Systems folgende Kriterien: Erstens die Angleichung der Rentenleistungen im zweijährigen Abstand, zweitens die Berücksichtigung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und drittens die Berücksichtigung des realen Wachstums und die Leistungsfähigkeit der Volkswirtschaft. Von diesen Feststellungen wurde in dem versprochenen und dann vorgelegten Entwurf bereits von der Bundesregierung entscheidend abgegangen. An die Stelle einer Anpassung unter Berücksichtigung der vorgenannten Kriterien sollte die Bestimmung treten, in zweijährigem Abstand, erstmals 1969, einen Bericht vorzulegen, der die Möglichkeiten der Leistungsverbesserung nur aufzeigen sollte; eine Verpflichtung zur Vornahme dieser Leistungsverbesserungen war jedoch nicht vorgesehen.
Der Bundesrat hat gegen den Zeitpunkt der Berichterstattung mit Recht technisch-organisatorische Bedenken erhoben. Er hat die Befürchtung geäußert, daß im Falle einer Anpassung zum 1. Januar 1969 erhebliche Nachzahlungen erforderlich werden könnten und daß bei der Anpassung zu einem späteren Zeitpunkt die gleichlaufende Entwicklung und Durchführung mit der gesetzlichen Rentenversicherung nicht möglich wäre.
Die ablehnende Haltung der Bundesregierung zu dem Vorschlag des Bundesrates ist nicht überzeugend. Da die Renten der gesetzlichen Rentenversicherung nach wie vor jährlich angepaßt werden, ist nicht einzusehen, warum die Bundesregierung im Hinblick auf die Kriegsopferversorgung nicht wenigstens die Verpflichtung haben sollte, einen Bericht über die veränderte Lage bis zum 1. Oktober 1968 vorzulegen.
Wenn man zu einem solchen Bericht mit entsprechenden Verbesserungsvorschlägen nicht bereit ist, setzt man sich in der Tat dem Verdacht aus, daß man nicht bereit ist, eine gerechte Fortentwicklung der Kriegsopferversorgung zuzusagen und die Verantwortung dafür zu übernehmen.
Wenn die Bundesregierung im Jahre 1968 zu der Auffassung gelangen sollte, daß Leistungsverbesserungen nicht möglich sind, muß sie dies dem Hohen Haus begründen und entsprechende Entscheidungen dem Parlament überlassen. Für den Fall aber, daß das reale Wachstum und die Leistungsfähigkeit der Wirtschaft sie ermöglichen, ist festzustellen, daß die Bundesregierung durch die Annahme der Bundesratsfassung in keiner Weise in irgendeiner Form hinsichtlich ihrer Vorschläge präjudiziert würde.
Abschließend darf ich zu unserem Antrag feststellen, daß bei der Annahme des Bundesratsvorschlags keine Mehrbelastungen in den Haushaltsjahren 1967 und 1968 erfolgen und daher auch eine Verzögerung des Inkrafttretens nicht zu befürchten ist. Die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und das reale Wachstum der Volkswirtschaft werden bei der zukünftigen Gestaltung und Verbesserung der Kriegsopferversorgung die entscheidenden Maßstäbe sein.
Meine Damen und Herren, ich darf im Auftrag meiner Fraktion herzlichst bitten, unserem Änderungsantrag zuzustimmen. Die Annahme des Vorschlages des Bundesrates wäre für die Kriegsopfer ein sichtbarer Beweis, daß dieses Hohe Haus und die Bundesregierung sich nicht nur jetzt, sondern auch in Zukunft der gerechten und würdigen Kriegs- und Wehrdienstopferversorgung verpflichtet fühlen.