Rede von
Dr.
Thomas
Dehler
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FDP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Ich eröffne die Sitzung.
Ich freue mich, daß die Regierungsbank besser besetzt ist als das Haus; meine Reverenz.
Die folgende amtliche Mitteilung wird ohne Verlesung in den Stenographischen Bericht aufgenommen:
Der Vorsitzende des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen hat am 2. Dezember 1966 mitgeteilt, daß der Ausschuß für Wirtschaft und Mittelstandsfragen gegen .die
Verordnung Nr. 170/66/EWG des Rats vom 27. Oktober 1966 betr. die Erhöhung der Abschöpfungen, die von der Bundesrepublik Deutschland, vom Königreich Belgien und von der Französischen Republik auf bestimmte Rinder- und Rindfleischeinfuhren aus dritten Ländern erhoben werden
keine Bedenken erhoben habe.
Zu den in der Fragestunde der 78. Sitzung des Deutschen Bundestages am 8. Dezember 1966 gestellten Fragen des Abgeordneten Meister, Drucksache V/1182 Nrn. VII/3 und VII/4 *) ist inzwischen die schriftliche Antwort des Bundesministers Dr. h. c. Strauß vom 8. Dezember 1966 eingegangen:
Zu 1.:
Für die Bundeszollverwaltung ist äußerste Sparsamkeit seit jeher ein selbstverständlicher Grundsatz. Bei einem Bestand von rd. 30 000 Beamten hat sie durch einschneidende Rationalisierungsmaßnahmen seit 1959 mehr als 2000 Planstellen eingespart. Das ist nicht zuletzt im Hinblick auf die Entwicklung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft geschehen, über deren Auswirkung . auf den Personalbedarf schon seit Jahren sorgfältige Ermittlungen geführt werden.
Am 1. 7. 1968 werden die Industrie- und Agrarzölle zwischen den EWG-Mitgliedstaaten entfallen. Die Zollverwaltung erwartet davon einen Rückgang ihrer Arbeitsbelastung. Die personellen Auswirkungen werden allerdings vielfach überschätzt. Von den über 1000 Grenz- und Binnenzollämtern liegen nur 164 Zollämter an den EWG-Binnengrenzen. Hier arbeiten von den insgesamt rd. 15 000 Abfertigungsbeamten nur 2400 Beamte, das sind 16 %. Nur 1400 von den insgesamt 6300 Zollgrenzdienstbeamten bewachen die EWG-Grenzen.
Auch nach dem Wegfall der Industrie- und Agrarzölle an den EWG-Binnengrenzen im Jahre 1968 wind jedoch eine völlige Aufhebung der Grenzüberwachung und Grenzabfertigung noch nicht möglich sein. Abgesehen von der Abfertigung der Drittlandswaren hat die Zollverwaltung auch dann noch im Güterverkehr zwischen den EWG-Mitgliedsländern die Umsatzausgleichsteuer und die Verbrauchsteuern zu erheben. Zahlreiche Verbote und Beschränkungen, z. B. in pflanzensanitärer und viehseuchenpolizeilicher Hinsicht, sind von der Zollverwaltung zu überwachen. Gleichermaßen werden gewisse statistische Erhebungen für die Wirtschaft unerläßlich sein.
Der deutschen Zollverwaltung obliegen auf dem Verbrauchsteuersektor Aufgaben, die bei den meisten Nachbarstaaten von besonderen Verwaltungszweigen wahrgenommen werden. Auch sieht das deutsche Zollrecht mehrere wirtschaftsfreundliche Einrichtungen vor , die in dieser Form und in diesem Umfange in unseren Nachbarländern unbekannt sind. Ob mit der fortschreitenden Anpassung des materiellen und formellen Zollrechts der EWG-Mitgliedstaaten auch die Personalzahlen der nationalen Zollverwaltungen mehr als
*) Siehe 78. Sitzung, Seite 3559 A
bisher aufeinander abgestimmt werden können, bleibt abzuwarten. Jedenfalls wird es sich hierbei um eine langfristige Entwicklung handeln.
Zusammenfassend darf festgestellt werden, daß die Bundeszollverwaltung dem Entwicklungsprozeß im EWG-Raum hinsichtlich Verwaltungsstruktur und Personalbestand größte Beachtung schenkt. Sie leidet bekanntlich infolge des gewaltigen Anstiegs des grenzüberschreitenden Personen- und Warenverkehrs und der Zunahme der verbrauchsteuerlichen Betriebe insbesondere auf dem Mineralölgebiet, unter starker Personalnot. Zur Zeit sind etwa 2000 Planstellen unbesetzt. Die Verwaltung hat daher selbst das größte Interesse daran, jede Arbeitskraft, die durch die Verwirklichung der EWG freigestellt wird, sogleich wieder dort einzusetzen, wo Not am Mann ist.
Zu 2. :
Neu- und Umbauten der Zollverwaltung beschränken sich im ganzen Bundesgebiet nur auf unausweichliche Fälle. Die voraussichtlichen Auswirkungen der EWG auf den Arbeitsanfall sind in den einzelnen Oberfinanzbezirken und bei den einzelnen Zolldienststellen recht unterschiedlich. Die Feststellungen hierüber bilden eine wesentliche Grundlage aller Bauplanungen.
Mit besonderer Zurückhaltung und Vorsicht führt die Zollverwaltung Baumaßnahmen an den EWG-Grenzen durch. Sie lassen sich aber vielfach nicht zurückstellen, da die nationalen Straßennetze über die Grenze hinweg zusammenwachsen und neue grenzüberschreitende Straßen gebaut werden. Hier sind Zollanlagen für die Abfertigungen der Güter und der Reisenden notwendig. Im gegenseitigen Einvernehmen mit unseren Nachbarstaaten werden in aller Regel Gemeinschaftszollämter errichtet, deren Ausmaße auf das unbedingt Erforderliche begrenzt sind. Auch in ihrer Bauweise tragen diese Zollbauten dem Gesichtspunkt der Sparsamkeit Rechnung.
Zu der in der Fragestunde der 78. Sitzung des Deutschen Bundestages am 8. Dezember 1966 gestellten Frage des Abgeordneten Gewandt, Drucksache V/1182 Nr. VI/2 *), ist inzwischen die schriftliche Antwort des Bundesministers Lücke eingegangen:
Wie Sie wissen, sind die Koalitionsparteien übereingekommen, daß in einigen Bundesministerien zur Entlastung der Minister in ihren politischen Funktionen Persönlichkeiten ihres Vertrauens als Parlamentarische Staatssekretäre herangezogen werden. Die rechtlichen Voraussetzungen für die Ernennung Parlamentarischer Staatssekretäre werden zur Zeit in Form einer besonderen Regelung nach Art des Bundesministergesetzes vorbereitet.
Wenn einer meiner Ministerkollegen jetzt schon einen Abgeordneten, der als künftiger Staatssekretär in Betracht kommt. zu seiner Unterstützung in sein Haus gebeten hat, so kann darin kein Vorgriff auf die gesetzliche Regelung und die Ernennung durch den Herrn Bundespräsidenten gesehen werden. Diese Aufnahme einer persönlichen und informatorischen Tätigkeit dürfte dazu beitragen, daß der Berufene alsbald nach seiner Ernennung mit seinen Amtsgeschäften beginnen kann.
Wir kommen zur
Fragestunde
— Drucksache V/1182 —
Wir beginnen mit den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung. Ich rufe die Frage IX/1 des Herrn Abgeordneten Mertes auf:
Wie hoch schätzt die Bundesregierung die Zahl der Angestellten, die vom technischen Wandel und der Automation betroffen sind oder in naher Zukunft betroffen werden?
Bitte, Herr Staatssekretär!
*) Siehe 78. Sitzung, Seite 3554 C
3632 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 79. Sitzung. Bonn, Freitag, den 9. Dezember 1966