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    Deutscher Bundestag 73. Sitzung Bonn, den 23. November 1966 Inhalt: Überweisung eines Berichts an Ausschüsse 3409 A Amtliche Mitteilungen . . . . . . . . 3409 A Fragestunde (Drucksache V/1133) Frage des Abg. Rollmann: Referat Jugend- und Studentenpublizistik im Presse- und Informationsamt 3410 A Frage des Abg. Hirsch: Gültigkeit des Helmstedter Abkommens vorn 3./4. Oktober 1949 . . . . 3410 D Frage des Abg. Lautenschlager: Einfuhrzölle für deutsche Autos nach Italien und Frankreich Dr. Neef, Staatssekretär . . . . 3411 A Lautenschlager (SPD) 3411 B Frage des Abg. Lautenschlager: Lieferung von Automobilfabriken in Ostblockstaaten Dr. Neef, Staatssekretär 3411 C Lautenschlager (SPD) 3411 C Frage des Abg. Dr. Effertz: Berechnung der Kosten für den Ausrichtungs- und Garantiefonds durch den EWG-Ministerrat Höcherl, Bundesminister 3411 D Wächter (FDP) 3412 A Frage des Abg. Dr. Effertz: Entscheidung über deutsche Einzugs-und Absatzgebiete Höcherl, Bundesminister . . . . . 3412 A Dr. Schmidt (Gellersen) (SPD) . . . 3412 B Frage des Abg. Dr. Effertz: EWG-Milchmarktordnung Höcherl, Bundesminister . . . . 3412 C Wächter (FDP) 3412 D Dr. Rinderspacher (SPD) 3413 A Dr. Schmidt (Gellersen) (SPD) . . 3413 B Frage des Abg. Peters (Poppenbüll) : Ausgleich zwischen den Erlösen für Trinkmilch und für Werkmilch Höcherl, Bundesminister 3413 C Walter (FDP) 3413 C Frage des Abg. Peters (Poppenbüll) : Nettoerlös bei zu Butter und Magermilch verarbeiteter Milch Höcherl, Bundesminister 3413 D Walter (FDP) 3414 A Dr. Schmidt (Gellersen) (SPD) . . 3414 B II Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 73. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 23. November 1966 Frage des Abg. Peters (Poppenbüll) : Gemeinsamer Richtpreis für angelieferte Milch Höcherl, Bundesminister . . . . . 3414 B Walter (FDP) . . . . . . . . . 3414 C Dr. Schmidt (Gellersen) (SPD) . . . 3414 C Frage des Abg. Fritsch (Deggendorf) : Errichtung eines Nationalparks im Bayerischen Wald Höcherl, Bundesminister . . . . . 3414 D Fritsch (Deggendorf) (SPD) . . . . 3415 A Frage des Abg. Fritsch (Deggendorf) : Ausnahmeregelungen in den Investitionsbeihilfen für landwirtschaftliche Betriebe in Bayern Höcherl, Bundesminister . . . . . 3415 C Fritsch (Deggendorf) (SPD) . . . . 3415 C Fragen des Abg. Dr. Jahn (Braunschweig) : Deutschsprachige Schulen im Ausland Dr. Lahr, Staatssekretär . 3415 D, 3416 A Frage des Abg. Kahn-Ackermann: Durch die Unwetterkatastrophe in Florenz bedrohte Kunstwerke und Baudenkmäler Dr. Lahr, Staatssekretär . . . . 3416 C Kahn-Ackermann (SPD) . . . . 3416 D Frage der Abg. Frau Dr. Diemer-Nicolaus: Visum für Reisende aus osteuropäischen Ländern Dr. Ernst, Staatssekretär . . . . . 3417 A Frau Dr. Diemer-Nicolaus (FDP) . . 3417 A Frage der Abg. Frau Dr. Diemer-Nicolaus: Dauer der Aufenthaltsmöglichkeit Dr. Ernst, Staatssekretär 3417 C Frau Dr. Diemer-Nicolaus (FDP) . 3417 C Börner (SPD) 3417 D Frage ,des Abg. Dröscher: Folgerungen aus den Feststellungen des Poignant-Berichts Dr. Ernst, Staatssekretär 3418 A Dröscher (SPD) . . . . . . . 3418 C Matthöfer (SPD) . . . . . . 3419 A Dr. Schulze-Vorberg (CDU/CSU) . 3419 B Kühn (Hildesheim) (CDU/CSU) . 3419 C Fragen ,des Abg. Flämig: Interkommunaler Austausch . . . . 3419 D Frage des Abg. Schwabe: Politische Bildungsarbeit Dr. Ernst, Staatssekretär . . . . 3420 A Schwabe (SPD) 3420 B Matthöfer (SPD) . . . . . . . 3420 D Moersch (FDP) . . . . . . . 3421 A Dröscher (SPD) . . . . . . . 3421 B Dr. Lohmar (SPD) . . . . . . 3421 B Fragen des Abg. Schmidt (Braunschweig) : Fiskalische Gesamtbelastung bei Benzin, Super- und Dieselkraftstoff Grund, Staatssekretär 3421 C Schmidt (Braunschweig) (SPD) . . . 3422 A Frage des Abg. Rollmann: Ausführungsbestimmungen zum Beweissicherungs- und Feststellungsgesetz vom 22. 5. 1965 Grund, Staatssekretär 3422 B Fragen der Abg. Freiherr von und zu Guttenberg und Dr. Marx (Kaiserslautern) : Darlegung der Einnahmen und Ausgabenschätzungen für 1967 durch den Finanzminister im Kabinett und sein Verhalten in Kabinett, Bundestag, Bundesrat und Fraktion 3422 C Fragen des Abg. Strohmayr: Sitzverlegung der BASF ins Ausland Grund, Staatssekretär 3423 A Strohmayr (SPD) 3423 C Frage des Abg. Seuffert: Beseitigung der Steuerbegünstigung für Vollblutzucht 3423 D Mündlicher Bericht des Petitionsausschusses über seine Tätigkeit gem. § 113 Abs. 1 GO, in Verbindung mit Sammelübersicht 11 des Petitionsausschusses über Anträge von Ausschüssen des Deutschen Bundestages zu Petitionen und systematische Ubersicht über die beim Deutschen Bundestag in der Zeit vom 18. 10. 1965 bis 30. 9. 1966 eingegangenen Petitionen (Drucksache V/1125) Frau Jacobi (Marl) (CDU/CSU) . . 3424 A Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung eines Nachtrags zum Bundeshaushaltsplan für das Rechnungsjahr 1966 (Nachtragshaushaltsgesetz 1966) (Drucksache V/1110) — Erste Beratung —Schmücker, Bundesminister . .. . 3426 C Windelen (CDU/CSU) 3429 D Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller (SPD) 3432 A Dr. Starke (Franken) (FDP) . . . . 3438 A Dr. Althammer (CDU/CSU) . . . 3439 C Wehner (SPD) . . . . . . . . 3442 C Dr. Barzel (CDU/CSU) . . . . . . 3444 D Entwurf eines Siebzehnten Gesetzes zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes (Drucksache V/505); Schriftlicher Bericht des Finanzausschusses (Drucksache V/1004) — Zweite und dritte Beratung — Dr. Artzinger (CDU/CSU) . . . . 3445 D Collet (SPD) . . . . . . . . . 3446 D Becker (CDU/CSU) . . . . . . . 3448 A van Delden (CDU/CSU) . . . . . 3448 C Frau Kurlbaum-Beyer (SPD) . . . 3448 D Entwurf eines Zweiten Rentenversicherungs-Änderungsgesetzes (Drucksache V/680) ; Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Sozialpolitik (Drucksache V/1047) — Zweite und dritte Beratung — Geldner (FDP) 3449 D Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Anlage A der Handwerksordnung (Abg. Höhne, Marx [München], Seidel, Folger, Dr. Müller [München] u. Gen.) (Drucksache V/1030) — Erste Beratung — Folger (SPD) 3450 C Schulhoff (CDU/CSU) 3451 C Frau Dr. Probst, Vizepräsident . . 3453 A Unertl (CDU/CSU) 3453 D Moersch (FDP) 3455 B Nächste Sitzung 3456 D Anlagen 3457 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 73. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 23. November 1966 3409 73. Sitzung Bonn, den 23. November 1966 Stenographischer Bericht Beginn: 14.33 Uhr
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    Berichtigungen In der 71. Sitzung, Seite 3321 D ist nach Zeile 4 einzufügen: Vorlage des Sprechers der deutschen Delegation bei der Beratenden Versammlung des Europarates. Betr.: Bericht über die Gemeinsame Tagung des Europäischen Parlaments und der Beratenden Versammlung des Europrates am 23. und 24. September 1966 und über die Herbsttagung der Beratenden Versammlung des Europarates vom 26. bis 30. September 1966 — Drucksache V/1061 — zuständig: Auswärtiger Ausschuß Vorlage des Bundesministers für Wirtschaft. Betr.: Sammlung und Beseitigung von Altölen und Ölrückständen im Interesse des Schutzes der Gewässer und des Bodens. Bezug: Entschließung des Bundestages vom 14. November 1963 — Drucksache V/1072 zuständig: Ausschuß für Wirtschaft und Mittelstandsfragen (federführend), Haushaltsausschuß. Es ist zu lesen: 72. Sitzung, Seite 3394 C, Zeile 11 statt: Erschwerend kommt noch hinzu, daß unser Grundgesetz die Versorgung der Bundesminister so unzureichend geregelt hat, daß auch hier im Sinne des Grundgesetzes eine Ergänzung notwendig ist: Erschwerend kommt noch hinzu, daß das Bundesministergesetz die Versorgung der Bundesminister so unzureichend geregelt hat, daß hier eine Ergänzung notwendig ist. Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordneter(r) beurlaubt bis einschließlich a) Beurlaubungen Dr. Arndt (Berlin) 30. 11. Bauer (Wasserburg) 25. 11. Blachstein 30. 11. Dr. Dittrich * 25. 11. Dr. Effertz 25. 11. Dr. Elbrächter 23. 11. Erler 30. 11. Gerlach * 23. 11. Frau Griesinger 23. 11. Dr. Hein 23. 11. Herold 25. 11. Dr. Hofmann (Mainz) 30. 11. Holkenbrink 23. 11. Illerhaus * 23. 11. Krammig 23. 11. Kriedemann * 23. 11. Lenz (Trossingen) 30. 11. Dr. von Merkatz 30. 11. Missbach 29. 11. Müller (Aachen-Land) * 23. 11. Paul 31. 12. Frau Pitz-Savelsberg 30. 11. Frau Seppi 23. 11. Strauß 25. 11. Struve 30. 11. Dr. Verbeek 30. 11. b) Urlaubsanträge Draeger 15. 12. Frau Dr. Krips 31. 12. Weigl 31. 12. Wienand 4. 12. Anlage 2 Umdruck 103 Änderungsantrag der Fraktionen der CDU/ CSU, FDP zur zweiten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Siebzehnten Gesetzes zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes (Drucksachen V/505, V/1004). Der Bundestag wolle beschließen: 1. Zu Artikel 1 Nr. 7 Die Liste der Waren, die einem höheren Ausgleichsteuersatz als 4 vom Hundert unterliegen (Anlage zu Artikel 1 Nr. 7), wird wie folgt geändert und ergänzt: a) Bei den Positionen aus 41.02 (Rind- und Kalbleder usw.) aus 41.03 (Schaf- und Lammleder usw.), aus 41.04 (Ziegen- und Zickelleder) und 41.08 (Lackleder und metallisiertes Leder) ist Für die Teilnahme an Ausschußsitzungen des Europäischen Parlaments Anlagen zum Stenographischen Bericht in der Spalte Steuersatz jeweils die Zahl „6" durch die Zahl „7" zu ersetzen. b) Nach der Position 41.08 wird folgende Position eingefügt: „41.10 Kunstleder, auf der Grundlage von unzerfasertem oder zerfasertem Leder hergestellt, usw. 5" c) Die Position 53.08 erhält folgende Fassung: „aus 53.08 Garne aus feinen Tierhaaren, nicht in Aufmachungen für den Einzelverkauf: A - gezwirnt, im Strang mit Kreuzhaspelung, usw. 6 aus B - andere, ausgenommen mit einer Feinheitsnummer von Nr. 18 metrisch oder darüber, in Öl gesponnen 5" d) Die Position 66.01 is 66.03 erhält folgende Fassung: „66.01 Regenschirme und Sonnenschirme usw. 7 66.02 und 66.03 Sämtliche Waren 6" e) In der Position 87.02 erhält Absatz B folgende Fassung: „B - zum Befördern von Gütern: - mit einem zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 3,5 Tonnen 7 - andere 6" 2. In Artikel 5 sind die Worte „Buchstaben b bis d" durch die Worte „Buchstaben b und c" zu ersetzen. Bonn, den 23. November 1966 Dr. Barzel und Fraktion Zoglmann und Fraktion Anlage 3 Umdruck 104 Änderungsantrag des Abgeordneten Collet zur zweiten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Siebzehnten Gesetzes zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes (Drucksachen V/505, V/1004). Der Bundestag wolle beschließen: Zu Artikel 1 Nr. 7 Die Liste der Waren, die einem höheren Ausgleichssteuersatz als 4 vom Hundert unterliegen (Anlage zu Artikel 1 Nr. 7), wird wie folgt geändert: 3458 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode 73. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 23. November 1966 Bei der Position 6402 (Schuhe mit Laufsohlen aus Leder oder Kunstleder usw.) ist in der Spalte Steuersatz die Zahl „7" durch die Zahl „8" zu ersetzen. Bonn, den 23. November 1966 Collet Anlage 4 Umdruck i 05 Änderungsantrag der Abgeordneten Becker, Leicht, Dr. Süsterhenn und Genossen zur zweiten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Siebzehnten Gesetzes zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes (Drucksachen V/505, V/1004). Der Bundestag wolle beschließen: Zu Artikel 1 Nr. 7 Die Liste der Waren, die einem höheren Ausgleichssteuersatz als 4 vom Hundert unterliegen (Anlage zu Artikel 1 Nr. 7), wird wie folgt geändert: Bei der Position 6402 (Schuhe mit Laufsohlen aus Leder oder Kunstleder usw.) ist in der Spalte Steuersatz die Zahl „7" durch die Zahl „8" zu ersetzen. Bonn, den 23. November 1966 Becker Frau Klee Leicht Dr. Löhr Dr, Süsterhenn Richarts Gibbert Windelen Anlage 5 Schriftliche Antwort des Staatssekretärs Dr. Schäfer vom 14. November 1966 auf die Zusatzfrage des Abgeordneten Dr. Czaja zu der Mündlichen Anfrage des Abgeordneten Dr. Hudak *) : Deutsche Volkszugehörige, die aus Ostblockstaaten in die Bundesrepublik kommen, erwerben in der Regel mit der Aufnahme in Deutschland die Eigenschaft eines Deutschen ohne deutsche Staatsangehörigkeit i. S. d. Art. 116 Abs. 1 GG und damit zugleich den Einbürgerungsanspruch nach § 6 des Gesetzes zur Regelung von Fragen der Staatsangehörigkeit (1. StaRegG) vom 22. Februar 1955 (BGBl. I S. 65). Dies gilt auch dann, wenn sie sich zunächst vorübergehend in anderen westlichen Staaten aufgehalten haben. Nur in den Fällen, in denen sie über lange Zeit hinweg in anderen westlichen Staaten gewohnt haben und in die dortigen Lebensverhältnisse eingegliedert worden sind, bevor sie in die Bundesrepublik kamen, erwerben sie nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die Rechtsstellung eines Deutschen ohne deutsche Staatsangehörigkeit nicht, weil sie sich dann im Zeitpunkt der Einreise nicht mehr im Zustand der Vertreibung be- *) Siehe 63. Sitzung Seite 3051 D fanden. In diesen — wenig zahlreichen - Fällen kommt dann allerdings nur die Einbürgerung nach § 8 des Gesetzes über die Reichs- und Staatsangehörigkeit vom 22. Juli 1913 (Reichsgesetzbl. S. 583) in Betracht, die nach einer Absprache mit den Innenministern(-senatoren) der Länder aus dem vergangenen Jahr jedoch sehr großzügig gehandhabt werden soll. Diese Regelung hat sich bisher bewährt, so daß mir eine Änderung nicht geboten erscheint. Das sogenannte D-1-Verfahren beruht auf einer Absprache mit den Ländern aus dem Jahre 1956. In neuerer Zeit haben sich bei der Anwendung dieses Verfahrens gewisse Mängel gezeigt, sie betreffen unter anderem den von Ihnen bezeichneten Personenkreis. Ich habe daher Schritte eingeleitet, um das Verfahren zu verbessern. Dies wird jedoch einige Zeit in Anspruch nehmen, weil ich mich mit den Innenministern der Länder abstimmen muß. In der Zwischenzeit bin ich bemüht, in Zusammenarbeit mit dem Auswärtigen Amt in schwierigen Einzelfällen von Fall zu Fall Abhilfe zu schaffen. Anlage 6 Schriftliche Antwort des Staatssekretärs Hüttebräuker vom 14. November 1966 auf die Zusatzfrage des Abgeordneten Reichmann zu der Mündlichen Anfrage des Abgeordneten Dr. Effertz *). In der letzten Septemberwoche 1966 belief sich die Einfuhr von Rindergefrierfleisch aus Argentinien in die Bundesrepublik auf rd. 1250 t gegenüber rd. 700 t in der ersten Januarhälfte 1966. Die Aussagekraft dieser Zahlen kann indessen nur gering sein, da beweiskräftige Aussagen nur bei Zahlenvergleichen mit Vorjahres- oder Vormonatswerten möglich sind. Anlage 7 Schriftliche Antwort des Staatssekretärs Dr. Langer vom 17. November 1966 auf die Zusatzfrage der Abgeordneten Frau Freyh zu der Mündlichen Anfrage der Abgeordneten Frau Freyh **) Ich sende anliegend zwei Übersichten, denen ich zu entnehmen bitte, wie unterschiedlich der Schadenbedarf, d. h. der durchschnittliche Schadenaufwand je Versicherungsvertrag, bei Kraftfahrern in Großstädten, in Mittelstädten und auf dem Lande ist. Die erste Übersicht gibt die Prozentsätze an, um die sich der Schadenbedarf in den einzelnen Rabattklassen (Anzahl der schadenfreien Jahre) verringert; die zweite Übersicht gibt die unterschiedlichen Werte des Schadenbedarfs in DM an. Wie die Übersicht 1 zeigt, geht der Schadenbedarf hei Versicherungsnehmern mit Wohnsitz in Großstädten mit zunehmender Schadenfreiheit nicht stär- *) Siehe 68. Sitzung Seite 3215 D **) Siehe 67. Sitzung Seite 3161 D Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 73. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 23. November 1966 3459 ker zurück als der Schadenbedarf bei Versicherungsnehmern in mittleren und in kleineren Städten. Unabhängig von den unterschiedlichen Tarifen für Großstädte, Mittelstädte und Kleinstädte ist der Schadenbedarf aller Versicherungsnehmer gleichmäßig nach einem schadenfreien Jahr ca. 40 %, nach zwei schadenfreien Jahren ca. 50 % und nach drei und mehr schadenfreien Jahren ca. 60 % niedriger als der Schadenbedarf derjenigen Versicherungsnehmer, die noch nicht ein Jahr schadenfrei gefahren sind. Die statistischen Ergebnisse zeigen, daß an sich für die Kraftfahrer aller Ortsgrößen höhere Rabattsätze gerechtfertigt wären. Während die Schadenfreiheitsrabatte zur Zeit 10 %, 30 % und 50 % betragen, könnten sie — bei völliger Ausschöpfung der Unterschiede im Schadenbedarf — bis auf 40 %, 50 % und 60 % erhöht werden. Wie ich bereits in der Fragestunde am 11. Oktober im einzelnen ausgeführt habe, hat die Bundesregierung jedoch immer Wert darauf gelegt, daß ein vernünftiger Ausgleich zwischen dem Prinzip der Risikogemeinschaft aller Versicherungsnehmer und dem Prinzip einer dem individuellen Risiko angepaßten Prämie gefunden wird. Wenn die Prozentsätze des Schadenfreiheitsrabatts allein nach den Unterschieden im Schadenbedarf bemessen würden, hätte dies zur Folge, daß die Ausgangsprämie, die insbesondere auch von allen Anfängern gezahlt werden muß, für die Versicherungsnehmer in Großstädten um ca. 40 % erhöht werden müßte, um den Schadenbedarf dieser Versicherungsnehmer zu decken. Ich darf zusammenfassend feststellen, daß die Bundesregierung den Vorschlag, für Kraftfahrer in Großstädten die Rabattsätze bei schadenfreiem Fahren zu erhöhen, sofort sorgfältig geprüft hat, die vorliegenden statistischen Ergebnisse eine derartige Sonderregelung jedoch nicht rechtfertigen würden. Nach den Gesprächen, die mein Haus mit dem Verband der Haftpflicht-, Unfall- und Kraftverkehrsversicherer e. V. (HUK-Verband) geführt hat, ist auch nicht damit zu rechnen, daß Versicherungsunternehmen den Vorschlag aufgreifen, für Großstadtfahrer höhere Schadenfreiheitrabatte zu beantragen als sie bisher allen Versicherungsnehmern gewährt werden. Anlage 1 Schadenbedarf für alle Personenkraftwagen in der Haftpflichtversicherung in vom Hundert der Rabattklasse 0 nach der Gesamtstatistik 1965 Rabattklasse Schadenbedarf (Anzahl der Mittel- schadenfreien Jahre) Großstadt stadt Land 0 100 100 100 1 59 56 63 2 47 43 46 3 36 34 33 Anlage 2 Schadenbedarf in DM für Personenkraftwagen insgesamt in der Haftpflichtversicherung nach der Gesamtstatistik 1965 Rabattklasse Schadenbedarf in DM (Anzahl der Mittel- schadenfreien Jahre) Großstadt stadt Land 0 361 329 288 1 212 184 181 2 168 140 133 3 128 113 96 insgesamt 225 195 156 Anlage 8 Schriftliche Antwort des Staatssekretärs Dr. Langer vom 17. November 1966 auf die Zusatzfrage des Abgeordneten Erhard (Bad Schwalbach) zu der Mündlichen Anfrage der Abgeordneten Frau Freyh'). Die Abrechnungen der einzelnen Versicherungsunternehmen zur Ermittlung des technischen Überschusses, die nach den Vorschriften der geltenden Preisverordnung Nr. 15/59 meinem Hause bis zum 30. Juni eines jeden Jahres für das vorangegangene Kalenderjahr vorgelegt werden müssen, zeigen eindeutig, daß die Schadenquoten in den letzten Jahren fast ständig gestiegen und die Renditen der Versicherungsunternehmen ebenso ständig gesunken sind. Im einzelnen haben sich die Schadenquoten und die Durchschnittsgewinne in den letzten Jahren wie folgt entwickelt: Die Schadenquote des Gesamtgeschäfts der Kraftfahrtversicherung, d. h. der drei Sparten Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung, Fahrzeugversicherung (Voll- und Teilkasko) sowie Unfallversicherung betrug im Jahre 1962 70,9 % und ist in den Jahren 1963 auf 74,6% und 1964 auf 76,5 % der verdienten Beiträge gestiegen. Im Jahre 1965, dem letzten Jahr für das bisher eine Abrechnung vorliegt, ist die Schadenquote geringfügig auf 76,3 % zurückgegangen; dies ist jedoch eine Folge der Tariferhöhung vom 1. Januar 1965. Dadurch wird die andauernde Verschlechtrung im Schadenverlauf nur geringfügig korrigiert, an sich hätte die Schadenquote infolge der Prämienerhöhung sehr viel stärker zurückgehen müssen. Die Schadenentwicklung in den ersten neun Monaten des Jahres 1966 hat sich weiter verschlechtert. In der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung, deren Volumen ca. 80 % des Gesamtgeschäfts der *) Siehe 67. Sitzung Seite 3161 D 3460 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 73. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 23. November 1966 Kraftfahrzeugversicherung ausmacht, ist die Verschlechterung des Schadenverlaufs in den letzten Jahren noch stärker. In dieser Sparte ist die Schadenquote von 71,6 % im Jahre 1962 auf 76,2 % im Jahre 1963, 79,1 % im Jahre 1964 und 79,8 % im Jahre 1965 gestiegen. Hier zeigt sich, daß die Tariferhöhung zum 1. Januar 1965 durch die Verschlechterung im Schadenverlauf bereits im ersten Jahr der Tarifperiode überkompensiert worden ist. Der durchschnittliche Überschuß aller Versicherungsunternehmen im Bereich der Kraftfahrzeugversicherung ist demgegenüber in den letzten Jahren dauernd geringer geworden. Eine Auswertung der vorliegenden Abrechnungen aller Versicherungsunternehmen zeigt, daß der den einzelnen Unternehmen nach der vorgeschriebenen Ausschüttung des technischen Überschusses verbliebene Gewinn im Jahre 1962 noch 4 % betragen hat, während er im Jahre 1963 auf 3,5 %, 1964 auf 3,1 % und 1965 auf ca. 2,8% abgesunken ist. Diese Zahlen sind selbstverständlich nur Durchschnittswerte für alle über 100 Versicherungsunternehmen; es ist nicht ausgeschlossen, daß einzelne Versicherungsunternehmen auf Grund einer besonderen Zusammensetzung ihres Versicherungsbestandes oder aus sonstigen Gründen andere Ergebnisse erzielt haben. Die Zahlen über die Entwicklung der Schadenquoten und der durchschnittlichen Gewinne in den letzten Jahren, insbesondere im Jahre 1965, zeigen demnach eindeutig, daß eine Erhöhung der Tarife in der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung zum 1. Januar 1967 nicht zu vermeiden ist und daß eine Verbesserung der Rabattstaffel für Kraftfahrer in Großstädten — abgesehen von den bereits in der Fragestunde genannten Gründen — auch aus diesen Gründen nicht gerechtfertigt wäre. Nach den Gesprächen, die mein Haus mit dem Verband der Haftpflicht-, Unfall- und Kraftverkehrsversicherer e. V. (HUK-Verband) geführt hat, ist auch nicht damit zu rechnen, daß Versicherungsunternehmen den Vorschlag aufgreifen, für Großstadtfahrer höhere Schadenfreiheitsrabatte zu beantragen als sie bisher allen Versicherungsnehmern gewährt werden. Anlage 9 Schriftliche Antwort des Bundesministers Dr. Jaeger vom 8. November 1966 auf die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Frau Dr. Diemer-Nicolaus (Drucksache V/1085, Frage VIII/2) : Wird die Bundesregierung sich für eine zentrale Richterakademie als Fortbildungsstätte für Richter und Staatsanwälte einsetzen? Auf eine im wesentlichen Bleichlautende Frage des Herrn Kollegen Jahn in der Fragestunde vom 16. Juni 1966 (Sten. Bericht S. 2310) hatte ich bereits meine Bereitschaft bekundet, die Schaffung einer Richterakademie mit allen mir zur Verfügung stehenden Mitteln zu unterstützen. Weiterhin hatte ich hervorgehoben, daß hierfür ein Zusammenwirken von Bund und Ländern unerläßlich ist, da die ganz überwiegende Zahl der Richter im Dienst der Länder steht. Inzwischen hat mir die Justizministerkonferenz am 12. und 13. Oktober d. J. in Kiel Gelegenheit gegeben, die Gründe, die für die Schaffung der Akademie sprechen, nochmals eingehend darzulegen. Daraufhin ist das Bundesministerium der Justiz beauftragt worden, Vorschläge zur Gründung einer solchen Akademie auszuarbeiten. Das geschieht gegenwärtig. Über die Vorschläge wird ein kleineres Gremium, bestehend aus Vertretern einiger Landesjustizverwaltungen und einem Vertreter des Bundesministeriums der Justiz, Anfang des kommenden Jahres beraten. Ich kann nur wiederholen, daß ich auch bei den weiteren Verhandlungen die Gründung der Akademie wie bisher in jeder Weise unterstützen werde. Dabei werde ich mich auch um eine angemessene finanzielle Beteiligung des Bundes an der Gründung und Unterhaltung der Akademie bemühen. Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 73. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 23. November 1966 3461 Anlage 10 Unterlagen des Abgeordneten Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller zu Punkt 8 der Tagesordnung: in Milliarden DM A. Bei dem so herbeigeführten Haushaltsausgleich sind z. B. unberücksichtigt geblieben: 1. Änderung des Beteiligungsverhältnisses an der EKSt. = 2,000 Mrd. DM im Jahr. 2. Fehlbetrag aus dem Bundeshaushalt 1966 (z. B. erwartete Steuermindereinnahmen, die auf 750 Millionen DM geschätzt wurden — Frage, ob noch Minderausgaben im Haushalt 1966 in Höhe von 1060 Millionen DM erzielt werden können). 3. Erläuterung 2 a zur „Mittelfristigen Schätzung vom 17. November 1966" : „Die Schätzung der Steuereinnahmen im Jahr 1967 geht nicht nur -von der voraussichtlichen Entwicklung des Bruttosozialprodukts aus, sondern basiert auch auf den Steuereinnahmen im Jahr 1966 nach der letzten Schätzung. Die jetzt bis Oktober 1966 vorliegenden Ergebnisse der Steuereinnahmen zwingen jedoch zu der Erwartung, daß die Steuereinnahmen des Bundes im Jahr 1966 voraussichtlich noch stärker zurückbleiben werden, als bei der letzten Schätzung angenommen werden mußte (750 Millionen DM). Nach der inzwischen eingetretenen gesamtwirtschaftlichen Entwicklung wird die Schätzung der Zuwachsrate des Bruttosozialprodukts im Jahr 1967 (+6,3 v. H.) kaum noch zu halten sein. Es ist nach den derzeitigen Einnahmeergebnissen zu befürchten, daß wegen der abgeschwächten gesamtwirtschaftlichen Entwicklung im zweiten Halbjahr 1966 der auf 1,09 Mrd. DM geschätzte Steuerausfall im Jahr 1967 sich der pessimistischeren Erwartung der Wirtschaftsforschungsinstitute — mit einem geschätzten Steuerausfall von 1,9 Mrd. DM — annähern wird." B. Bei der Beurteilung sind die Auswirkungen des Finanzplanungsgesetzes, das Änderungen von insgesamt 22 Gesetzen mit Auswirkungen von rd. 3 Mrd. DM vorsieht, ebenso zu berücksichtigen wie die Einnahmeverbesserungen durch das Steueränderungsgesetz 1966 und das entsprechende Ergänzungsgesetz zum Ergänzungshaushalt (insgesamt etwa 2,5 Mrd. DM für den Bundeshaushalt 1967 — siehe Anlage 1). Finanzbericht Mittelfristige Schätzung vom 17. November 1966 1966 1967 Haushaltsentwurf 1967 mit 1. Steueränderungsgesetz Nach gelten- Haushalts- 2. Finanzpla- dem Recht: entwurf 1967 nungsgesetz bei 39 v. H. ohne Ergän- 3. Ergänzungs- Bundesanteil zungshaushalt haushalt und Ergänzungsgesetze sowie bei 39 v. H. Bundesanteil Voraussichtliche ordentliche Einnahmen 67,782 71,4 71,744 72,288 74,238 Voraussichtlicher Gesamtausgaben- 68,954 76,5 78,368 75,398 75,278 bedarf 0,200 0,5 (-2,970) Fehlbetrag 1965 — — — — — Kreditmarktmittel 0,540 0,540 1,040 Voraussichtliche Finanzierungslücken 1,372 5,6 6,084 2,570 — 3462 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 73. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 23. November 1966 Ein Vergleich zwischen Finanzbericht 1966 und der mittelfristigen Schätzung vom 17. November 1966 ergibt ohne Berücksichtigung von Fehlbeträgen und Kreditmitteln sowie in beiden Fällen nach geltendem Recht folgende Finanzierungslücken: 1967 I 1968 I 1969 I 1970 • in Mrd. DM 1. Finanzbericht 6,1 6 bis 7 6,9 bis 7,9 5 bis 6 2. Schätzung 17. November 1966 6,624 11 10,7 12,6 Anlage 1 Einnahmeverbesserungen 1. a) Gemäß Steueränderungsgesetz 1966 + 544 Millionen DM in 1967 bis + 1 083 Millionen DM in 1970 (Hauptposten Kilometerpauschale bei den Werbungskosten) + 215 Millionen DM bis + 379 Millionen DM (Einschränkung Mineralölsteuerprivileg) + 240 Millionen DM bis + 330 Millionen DM b) Mehreinnahmen gemäß Ergänzungshaushaltsgesetz 1967 1 950 Millionen DM bis 3 105 Millionen DM in 1970 2. Folgende Positionen (Ergänzungsgesetze) : 1967 1968 1969 1970 in Millionen DM 1. Tabaksteuer — Übergang auf 10 Pf-Zigarette — 500 1 100 1 180 1 200 2. Branntweinsteuer - - Erhöhung von 1200 auf 1300 DM je hl — 90 100 100 100 3. Mineralölsteuer — Erhöhung um 3 Pf, davon 2 Pf zweckgebunden für Nahverkehrsmaßnahmen der Gemeinden — 660 780 835 895 4. Umsatzsteuer — Erhöhter Steuersatz von 4,25 v. H. für Großunternehmen — 460 520 550 580 5. Umsatzsteuer • — Völlige Beseitigung des Mineralölsteuerprivilegs — 240 280 300 330 Mehreinnahmen hiernach: 1 950 2 780 2 965 3 105 in Mrd. DM rd. 1,95 2,8 3,0 3,1
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Herbert Wehner


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte nicht viel zu dieser Debatte sagen, aber ich glaube, daß man an sie noch wiederholt zurückdenken wird.
    Hier ist ein großes Wort, das Wort von der „Solidarität des Parlaments" gesprochen worden. Wir werden uns dieses Wort merken. Sie müssen sich vergegenwärtigen, daß wir vor ganz wenigen Wochen, nämlich am 10. November dieses Jahres, genötigt waren, unsere Stellungnahme zum Haushaltsplan für das Jahr 1967 abzugeben, wobei Sie — ich meine die sitzende Regierung — uns alle die Zahlen vorenthalten haben, von denen Sie heute so tun, als hätte sie eh jeder kennen können, von denen ich aber noch vor wenigen Tagen gehört habe, daß sie denjenigen, die daran beteiligt waren, genauso neu seien wie uns. Das mögen die enträtseln, die sich unter sich über solche Fragen nicht einig werden können. Nur, meine Damen und Herren, jetzt ist nicht die Zeit, an irgendwelche Solidarität zu appellieren.
    Ich möchte Ihnen, weil Sie hier auf das Jahr 1965 zurückgekommen sind und weil Sie glauben, eine Legende von 1965 weiterspinnen zu können, etwas zur Unterstreichung dessen sagen, was mein Kollege Möller hier erklärt hat, der damals wahrlich eine ganz große Arbeit getan hat, die wir auch aktenkundig machen werden, hinsichtlich dessen, was der Beitrag der parlamentarischen Opposition sein kann gegenüber einer Regierung, die sich im Wahljahr völlig verantwortungslos benommen hat.

    (Beifall bei der SPD.)

    Daran müssen Sie doch denken, wenn Sie an solche Dinge erinnern und glauben, uns hier abstrafen zu können. Wir empfinden das so. Sie werden lange daran denken, meine Damen und Herren. Sie können mit uns nicht umgehen wie mit Schulbuben.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Sie auch nicht mit der Regierung!)

    — Das Schreien heben Sie sich für Ihre eigenen Schwierigkeiten auf! Wir bleiben völlig kalt in dieser Situation.

    (Beifall bei der SPD.)

    Wir sind uns der Stunde völlig bewußt.

    (Anhaltende Zurufe von der CDU/CSU.)

    Wir fallen weder auf Wehleidigkeit noch auf Provokationen herein. Auf nichts fallen wir herein.

    (Erneuter Beifall bei der SPD.)

    Ich will Ihnen sagen, daß es da 1965 eine Zeitschrift
    „Politische Meinung" gab, herausgegeben mit der ausdrücklichen, durch Vorwort bekräftigten und durch faksimilierte Unterschrift sozusagen noch glaubwürdig gemachten Erklärung, daß der Bundeskanzler Erhard dies alles teile, mit Versprechungen, von denen man, wenn sie eine Opposition gemacht hätte, gesagt hätte: Na ja, weil sie Opposition ist.. Wollen Sie das vielleicht noch einmal vorgelesen haben, diesen Unfug, den Ihre Leute damals mit dem Signum des jetzt hier sitzenden — nein, soeben ist er weggegangen — Bundeskanzlers einer Minderheitsregierung in die Welt gesetzt haben, von der



    Wehner
    35-Stunden-Woche, den 7,80 DM Stundenlohn und
    was da sonst noch für ein Unfug gestanden hat?

    (Lebhafter Beifall bei der SPD. — Anhaltende Zurufe von der CDU/CSU.)

    Was ist denn das? Für wen halten Sie uns denn? Wir sind doch anständige Leute; wir waschen doch nicht anderer Leute Wäsche.

    (Erneuter Beifall bei der SPD.) Zehn Tage vor der Wahl


    (anhaltende Zurufe von der CDU/CSU)

    — entschuldigen Sie, Geschrei macht mich doch nicht irre —

    (Zuruf von der CDU/CSU: Wer schreit denn?)

    hat unsere Seite sich bereit erklärt,

    (Zuruf von der CDU/CSU: Hanebüchen!)

    unsere Vorausschätzungen für die nächsten vier Jahre — —

    (Zuruf des Abg. Leicht)

    — Schreien Sie doch nicht so dumm; Sie können doch hier reden, Herr Leicht. Ich sage Ihnen noch einmal, daß wir zehn Tage vor der Wahl erklärt haben, daß wir unsere Vorausschätzungen und alles, was es an Kosten auf Grund unserer Absichten gibt, bereit sind den von der Regierung ernannten unparteiischen Sachverständigen einzureichen, wenn auch die CDU und wenn auch die Regierung das tut. Sie haben es nicht getan. Wir könnten diese damalige Vorausschätzung heute guten Gewissens veröffentlichen. Ich nehme an, wir werden es auch tun müssen, wenn Sie glauben, Sie könnten in diesen Dingen herumwühlen und Schlußfolgerungen daraus ziehen, die Ihnen passen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Warum so böse!)

    Meine Damen und Herren, Sie werden Zeit haben, über diese Sachen nachzudenken, die Sie hier anrichten.

    (Lachen bei der CDU/CSU.)

    — Lachen Sie bitte nicht!

    (Zuruf von der CDU/CSU: Warum? Dürfen wir das nicht?)

    Der Bundesfinanzminister Ihrer Regierung, die kürzlich als Koalitionsregierung auseinandergebrochen ist und jetzt als Minderheitsregierung weiter figuriert, hat kürzlich einen Brief veröffentlicht, den er im Jahre 1965 geschrieben hat. Es ist eine seltsame Art, wie diese Koalition glaubt, Streitigkeiten untereinander in Ordnung bringen zu können, und wie man glaubt, den Leuten, die von all den Dingen und der Schwergewichtigkeit der Dinge gar keine wirkliche Ahnung haben können, beibringen zu können, daß das alles gar nicht so schlimm ist, wenn es Ihnen gerade so paßt, daß Sie das sagen. Ich muß sagen, ein Finanzminister — wer es auch immer gewesen sein konnte — hätte sich bei der Sachlage, wie sie damals vorlag, nicht damit begnügen dürfen, einen Brief zu schreiben und zum Bundeskanzler zu gehen oder den Brief abzuschicken. Er hätte damals gehen und sagen müssen: Herr Bundeskanzler, meine Ansichten über die finanzielle und die Haushaltslage sind die und die; ich fürchte, es geht nicht anders, als daß Sie von dem Mittel Gebrauch machen, das Sie allein in der Hand haben, nämlich von Art. 113; und wenn Sie davon nicht Gebrauch machen, dann muß ich Ihnen sagen, daß ich schon einen Brief in meiner Tasche habe; das ist das einzige Mittel, das ich als Finanzminister habe, nämlich ich muß Ihnen meinen Rücktritt erklären, weil nur so gezeigt werden kann, daß es notwendig ist, die Notbremse zu ziehen. Das war die damalige Situation.

    (Beifall bei der SPD.)

    Das hätte er tun müssen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Aber warum sagen Sie uns das; gucken Sie doch dort hin!)

    — Ich spreche jetzt über Ihren Versuch, nicht über Ihren persönlichen. Ich greife ja gar niemand persönlich an. Ich spreche über den Versuch, daß Sie ein Tuch über einen Vorgang ziehen möchten, der ganz anders behandelt zu werden verdient, als Sie von ihm wegkommen zu können glauben. Da habe ich. entschuldigen Sie, meine Ansicht über die Pflicht, die der Finanzminister damals gehabt hätte, gesagt. Daß er seine Lage damals anders gesehen und anders aufgefaßt hat, ist seine Sache. Ich sage, was er meiner Ansicht nach hätte tun müssen. Insofern bin ich auch der Meinung, daß es nicht ausreicht, daß er dann ein Jahr und ein paar Monate später einen Brief veröffentlicht, den er damals geschrieben hat. Das war kein geeignetes Mittel und ist auch heute kein geeignetes Mittel. Der Bundeskanzler, von dem man ja Wunder gesagt hatte, ehe er antrat, und von dem man auch heute noch glaubt, man könne ihm sozusagen den völlig ehrenvollen Abschied geben, so daß alle die noch aufstehen müssen, die er in dieser Zeit gekränkt, verletzt, beleidigt hat — das möchten Sie doch —,

    (Widerspruch bei der CDU/CSU)

    der Bundeskanzler hätte damals auch ohne diese Warnung — denn er ist ein Mann, der von der Wirtschaft und der Finanzwissenschaft einiges weiß, wie man uns immer erzählt hat — von sich aus die Notbremse ziehen müssen. Das haben beide nicht getan. Der eine hat es offenbar nicht verlangt, und der andere hat es nicht von sich aus getan.
    Ich muß sagen, unter solchen Umständen dann hinzutreten und auf uns Eindruck machen zu wollen, indem Sie sagen: na also, Sie haben ja damals auch nicht davon Abstand genommen, Forderungen zu stellen!, obwohl wir unsere Aufassung heute guten Gewissens vortragen und auch vorlegen können, das ist ein untaugliches Mittel. Ich möchte Ihnen sagen, meine Damen und Herren von der CDU/CSU, mit uns können Sie nicht ein Spiel treiben, wie Sie es bisher mit Koalitionspartnern getrieben haben.

    (Lebhafter Beifall bei der SPD.)

    Sie müssen den politischen Konkurs, den Sie erlitten haben, und seine Begleiterscheinnungen selbst verantworten.

    (Beifall bei der SPD. — Widerspruch und Zurufe von der CDU/CSU.)




    Wehner
    Das haben wir hier am 8. November — ich sage Ihnen offen: schweren Herzens — gesagt; denn das ist genau das, woran unser Volk und unser Staat leiden, daß Sie sich so verhalten, wie Sie sich auch jetzt wieder zu verhalten versuchen.

    (Anhaltender Beifall bei der SPD.)



Rede von Dr. Thomas Dehler
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Das Wort hat der Bundesminister der Finanzen.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Kurt Schmücker


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Auf Ausführungen, wie wir sie soeben gehört haben, sollte man in aller Ruhe und Sachlichkeit antworten; denn ich glaube, daß durch die Gegenüberstellung der Tatsachen die Klarheit gewonnen werden kann.
    Verehrter Herr Kollege Wehner, ich habe Ihnen keine Zahlen vorenthalten. Ich habe damals in der Haushaltsdebatte gesagt, ich sähe mich nicht imstande, eine mittelfristige Planung vorzulegen, weil eine Durchrechnung der Ziffern durch mich selber noch nicht habe geleistet werden können; im übrigen würde ich die Zahlen vorlegen, um die vorbereiteten Arbeiten zu ermöglichen; ich wisse sehr wohl, daß die Durchführung nur einer neuen Bundesregierung überlassen werden könnte.
    Meine Damen und Herren, eine mittelfristige Planung ist eine politische Absichtserklärung.

    (Sehr gut! bei der CDU/CSU.)

    Wenn ich aber Material vorlege, um jedem die Möglichkeit zu geben, über Koalitionen zu verhandeln, dann muß ich mich dieser politischen Absichtserklärung enthalten. Sonst bin ich inkonsequent.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Meine Damen und Herren, weil das so ist, habe ich sofort, als Herr Kollege Schiller mich telefonisch darum gebeten hatte -- der Kollege Brandt hatte' mir die Bitte übermittelt —, die bekannten Ziffern zu Blöcken zusammengefaßt, damit man einen Einblick gewinnt und jeder aus seiner speziellen Erfahrung annähernd sagen kann, welche Manövrier-masse zur Verfügung steht. Darum ging es mir, und darum geht es mir auch noch heute. Mir in diesem Zusammenhang vorzuwerfen, ich hätte Zahlen vorenthalten, halte ich zumindest nicht für ganz gerechtfertigt.
    Nun zum zweiten Punkt. Man kann in der Tat darüber streiten, ob es richtiger gewesen wäre, daß die Bundesregierung 1965 vom Art. 113 des Grundgesetzes Gebrauch gemacht hätte. Darüber kann man streiten. Aber wenn man darüber streitet, darf man nicht übergehen, was tatsächlich getan worden ist. Ich rede nicht von den Anträgen usw. Darüber ist genug gesprochen worden. Ich habe Ihnen vorhin verlesen, daß die Bundesregierung im Zusammenhang mit diesen Beschlüssen ausdrücklich erklärt hat, daß sie von Art. 113 keinen Gebrauch mache, weil das zur totalen Außerkraftsetzung der Gesetze führen würde, daß sie aber darauf aufmerksam mache, daß sofort nach Wiederbeginn der Arbeit eine umfangreiche Durchforstung notwendig sei,
    um den Haushaltsausgleich sicherzustellen. Meine Damen und Herren, das mag man als nicht ausreichend ansehen. Das verüble ich keinem. Aber man darf es doch nicht übergehen, wenn man den zeitlichen Ablauf der Dinge hier behandelt.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Herr Kollege Wehner, daß wir diese Formulierung von damals keineswegs nur so in den Wind gedacht haben, das beweist doch, daß wir sofort an ein Haushaltssicherungsgesetz herangegangen sind.

    (Abg. Dr. Mommer: Nach der Wahl! — Weitere Zurufe von der SPD.)

    — Und vor der Wahl angekündigt! (Lachen und Widerspruch bei der SPD.)

    — Vor der Wahl angekündigt, meine Damen und Herren! Ich habe Ihnen die Daten genannt.

    (Anhaltende Zurufe und Lachen bei der SPD.)

    — Meine Damen und Herren, Sie mögen das überhört haben: im Bulletin am 15. Juli und 13. August veröffentlicht! Das habe ich Ihnen vorhin mitgeteilt.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Wenn Sie es nicht gelesen haben, dafür kann ich nicht. Aber es ist angekündigt worden. und der Wahrheitsbeweis für diese Dinge ist angetreten worden. Darauf kommt es doch im wesentlichen an.
    Meine Damen und Herren, ich bleibe dabei, daß es darauf ankommt, jetzt das Zahlenwerk durchzuarbeiten, damit sich jeder auf die politischen Entscheidungen vorbereiten kann, die keinem erspart bleiben.

    (Beifall bei der CDU/CSU. — Zuruf von der SPD: Nehmen Sie's heiter, Herr Minister!)