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ID0507114200

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    Deutscher Bundestag 71. Sitzung Bonn, den 10. November 1966 Inhalt: Amtliche Mitteilungen . . . . . . . . 3321 A Überweisung von Vorlagen . . . . . . 3321 C Erweiterung der Tagesordnung Rösing (CDU/CSU) . . . . . . . 3322 A Fragestunde (Drucksache V/1085) Fragen des Abg. Dr. Schmidt (Wuppertal) : Erklärungsvordruck für die Hauptfeststellung des Einheitswertes Grund, Staatssekretär . . . . . . 3322 B Dr. Schmidt (Wuppertal) (CDU/CSU) 3322 B Baier (CDU/CSU) . . . . . . . 3324 A Kahn-Ackermann (SPD) . . . . . 3324 C Könen (Düsseldorf) (SPD) . . . 3325 A Unertl (CDU/CSU) 3325 B Frau Dr. Diemer-Nicolaus (CDU/CSU) 3325 D Ott (CDU/CSU) 3326 A Dr. Schulze-Vorberg (CDU/CSU) . 3326 B Fragen des Abg. Weigl: Kleiner Grenzverkehr an der bayerisch-tschechoslowakischen Grenze Grund, Staatssekretär 3326 C Frage des Abg. Dröscher: Verzinsung von den Kriegsopfern und Sozialrentnern zu Unrecht vorenthaltenen Beträgen Kattenstroth, Staatssekretär . . . 3327 A Dröscher (SPD) . . . . . . . . 3327 C Fragen der Abg. Frau Rudoll: Weitergabe der Sprechstundenblätter an die Krankenhausärzte Kattenstroth, Staatssekretär . . . 3327 D Frau Rudoll (SPD) . . . . . . . 3327 D Frage der Abg. Frau Rudoll: Einführung eines einheitlichen Mütterpasses Kattenstroth, Staatssekretär . . . 3328 B II Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 71. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 10. November 1966 Frage des Abg. Killat: Beitragsverlust bei den Trägern der Deutschen Rentenversicherung Kattenstroth, Staatssekretär . . . 3328 C Killat (SPD) . . . . . . . . . 3328 C Fragen des Abg. Collet: Konsequenzen einer Auflösung des Standorts Zweibrücken der Bundeswehr Gumbel, Staatssekretär . . . . . 3329 A Collet (SPD) . . . . . . . . . 3329 D Dröscher (SPD) . . . . . . . . 3330 A Dr. Marx (Kaiserslautern) (CDU/CSU) 3330 B Brück (Holz) (SPD) . . . . . . 3330 D Kaffka (SPD) 3331 B Sammelübersichten 9 und 10 des Petitionsausschusses über Anträge von Ausschüssen des Deutschen Bundestages zu Petitionen (Drucksachen V/1026, V/1027) . . 3331 D Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1967 (Haushaltsgesetz 1967) (Drucksache V/1000) — Erste Beratung —, in Verbindung mit Entwurf eines Zweiten Gesetzes über das Beteiligungsverhältnis an der Einkommensteuer und der Körperschaftsteuer (Drucksache V/1066) — Erste Beratung —, mit Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Überleitung der Haushaltswirtschaft des Bundes in eine mehrjährige Finanzplanung (Finanzplanungsgesetz) (Drucksache V/1067) — Erste Beratung —, mit Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Überleitung der Haushaltswirtschaft des Bundes in eine mehrjährige Finanzplanung (Steueränderungsgesetz 1966) (Drucksache V/1068) — Erste Beratung — und mit Entwurf eines Gesetzes zur Ergänzung des Zweiten Gesetzes zur Überleitung der Haushaltswirtschaft des Bundes in eine mehrjährige Finanzplanung (Ergänzungsgesetz zum Steueränderungsgesetz 1966) (CDU/CSU) (Drucksache V/1096) — Erste Beratung — Leicht (CDU/CSU) 3332 B Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller (SPD) 3339 A Schmücker, Bundesminister 3348 A, 3367 C Dr. Emde (FDP) . . . . . . . . 3348 B D. Dr. Gerstenmaier, Präsident . . 3356 A Dr. Althammer (CDU/CSU) . . . . 3356 B Dr. Schiller (SPD) 3361 B Dr. Friderichs (FDP) 3375 C Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Einkommensteuergesetzes und des Körperschaftsteuergesetzes (SPD) (Drucksache V/1011) — Erste Beratung — Seuffert (SPD) . . . . . . . . 3377 D Schmücker, Bundesminister . . . . 3380 D Dr. Luda (CDU/CSU) 3381 D Dr. Schwörer (CDU/CSU) . . . . 3384 B Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über das Branntweinmonopol (Drucksache V/329) ; Schriftlicher Bericht des Finanzausschusses (Drucksache V/1005) — Zweite Beratung — Krammig (CDU/CSU) 3386 B Dr. Dehler, Vizepräsident . . . . 3386 C Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Saatgutgesetzes (Drucksache V/1075) — Erste Beratung — . . . . . 3387 A Entwurf eines Gesetzes zur Durchführung der Verordnung Nr. 70/66/EWG (Agrarstrukturerhebungsgesetz) (Drucksache V/1076) — Erste Beratung — . . . . 3387 A Antrag der Fraktion der SPD betr. Bildungsurlaub (Drucksache V/965) . . . . 3387 C Nächste Sitzung . . . . . . . . . 3387 C Anlagen 3389 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 71. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 10. November 1966 3321 71. Sitzung Bonn, den 10. November 1966 Stenographischer Bericht Beginn: 9.01 Uhr
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    Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Beurlaubungen Dr. Adenauer 11. 11. Dr. Arndt (Berlin) 30. 11. Blachstein 30. 11. Dr. Eckardt 11. 11. Eisenmann 15. 11. Erler 30. 11. Ertl 10. 11. Fritsch (Deggendorf) 30. 11. Geldner 10. 11. Dr. Hofmann (Mainz) 30. 11. Jung 10. 11. Frau Dr. Krips 11. 11. Kubitza 10. 11. Lenz (Trossingen) 30. 11. Mauk 10. 11. Dr. von Merkatz 30. 11. Paul 31. 12. Frau Pitz-Savelsberg 30. 11. Dr. Rutschke * 11. 11. Scheel 10. 11. Schmidt (Kempten) 10. 11. Dr. Starke (Franken) 11. 11. Struve 30. 11. Teriete 30. 11. Dr. Verbeek 30. 11. Walter 10. 11. *Für die Teilnahme an Ausschußsitzungen der Beratenden Versammlung des Europarats Anlage 2 Schriftliche Ausführungen des Abgeordneten Bauknecht zu Punkt 3 der Tagesordnung. Im Hinblick auf die Ausführungen, die der Herr Bundesfinanzminister zu dem Etat des Ernährungsministeriums gemacht hat, darf ich mir erlauben, einige wenige kurze Bemerkungen zu machen. Diese sind dringend notwendig, weil der Eindruck entstehen könnte, daß der Landwirtschaft die gleiche Summe an Zuwendungen zukomme wie in dem vergangenen Jahre. Das trifft leider keineswegs zu. Im Gegenteil, wenn man den Etat überblickt, so kann man feststellen, daß der Vorgang, den der Bundesfinanzminister als Umstrukturierung der Einzelansätze bezeichnet hat, eine wesentlich größere Auswirkung hat, als es einem beim Anhören der Rede klarwerden konnte. Der Ansatz „Allgemeine Bewilligungen", der im wesentlichen den Grünen Plan und die EWG-Anpassungshilfe beinhaltet, erfuhr im Gesamten eine Kür- Anlagen zum Stenographischen Bericht zung von 580 Millionen DM, also mehr als eine halbe Milliarde. Dafür wurde das Kapitel „Marktordnung" um nahezu denselben Betrag, nämlich um 558 Millionen DM, aufgestockt. Hinter diesem Schleier verbirgt sich die Wirklichkeit, daß die effektiven Zuwendungen, welche der Verbesserung der Agrar- und Betriebsstruktur dienen und für die sich dieses Haus in den vergangenen Jahren eingesetzt hat, einer so gewaltigen Kürzung unterworfen werden sollen. Die Frage erhebt sich, warum das geschehen ist. Durch die im Jahre 1967 zu erfolgende Verwirklichung des Gemeinsamen Marktes muß die Bundesregierung infolge ihrer eingegangenen Verpflichtungen den größten Teil dieses Betrages für den Ausrichtungs- und Garantiefonds in Brüssel beisteuern. Ein wesentlicher Teil - man schätzt 432 Millionen DM - der nach dort zu erfolgenden Zahlung fließt im Laufe der nächsten Jahre wieder in die Bundeskasse zurück. Es handelt sich hier um eine Art Vorfinanzierung, bis das Brüsseler Instrumentarium voll funktionsfähig wird. Ähnliche Verpflichtungen bestehen auch für die anderen Mitgliedstaaten der EWG. Während man nun in Frankreich, der Sachlage Rechnung tragend, den einzig richtigen Weg geht, diese Vorfinanzierung über die Französische Nationalbank vorzunehmen, mutet man bei uns der deutschen Landwirtschaft zu, daß einfach diese Leistungen aus dem Ernährungshaushalt bestritten werden. Der Haushalt des Bundesernährungsministers liegt unter Berücksichtigung der Zusatzbelastungen durch die Leistungen an den Brüsseler Agrarfonds in Wirklichkeit unter der Höhe des Haushaltsjahres 1963, während der Gesamtetat des Bundes in diesem Zeitabschnitt um über 30% ausgeweitet wurde. Ein solches Vorgehen müssen wir entschieden ablehnen, und wir glauben, daß dies sicherlich auch nicht im Sinne dieses Hohen Hauses gelegen ist. Ich darf daher auch namens meiner Fraktionsfreunde die Bundesregierung dringend bitten, diese Vorfinanzierung nicht zu Lasten der Leistungen des Grünen Plans vorzunehmen, sondern einen ähnlichen Weg zu beschreiten wie unser EWG-Partner in Frankreich. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, daß man diese schon jetzt fälligen Ausgaben an die EWG hätte ersparen könnnen, wenn man nicht aus politischen Gründen darauf bestanden hätte, die EWG bereits zweieinhalb Jahre vor dem Ende der Übergangszeit zur praktischen Wirklichkeit zu machen. Aber da man dies nun wollte, sind die Folgen von der Allgemeinheit zu tragen und nicht einem einzelnen Berufsstand anzulasten. Lassen Sie mich nun noch auf ein paar andere Probleme eingehen, zunächst einmal auf den im Rahmen des Steueränderungsgesetzes vorgesehenen stufenweisen Abbau der Einkommensteuerfreibeträge für Land- und Forstwirte. Diese Freibeträge sollten im Jahre 1972 auslaufen und waren gerade im Hinblick darauf, der deutschen Landwirtschaft die Anpassung an die EWG zu erleichtern, eingeführt worden. Nun sollen sie vor ihrem Inkrafttreten ab 1967 bereits auf die Hälfte gekürzt werden, 3390 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 71. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 10. November 1966 um dann im Jahre 1969 ganz wegzufallen. Dabei muß es einen mehr als merkwürdig berühren, wenn es in der Begründung zu dieser Gesetzesänderung heißt, man halte diesen Schritt für richtig, „um den Übergang zur Normalbesteuerung zu erleichtern". In Wirklichkeit bedeutet es, daß 350 000 kleinere und mittlere Landwirte, die schon bei dem früheren Steuersystem (VOL), wo es ebenfalls ähnliche Freibeträge gegeben hat, nun ab 1967 alle zur Einkommensteuerveranlagung herangezogen werden. Selbst im Ministerium ist man der Auffassung, daß man dies aus Mangel an Fachkräften kaum durchführen könne und so schließlich das, was man an Steuern hereinbringt, in keinem Verhältnis zum Verwaltungsaufwand stehen würde. Dieses Vorhaben wiegt um so schwerer, als man es im Zusammenhang mit den Belastungen sehen muß, die ich vorhin aufgezeichnet habe. Man redet so viel, daß man trotz der finanziellen Schwierigkeiten des Bundeshaushalts echte soziale Demontagen vermeiden will. Wenn dem so sein soll, dann kann und darf die Landwirtschaft hiervon auch nicht betroffen werden. Ohne auf Einzelheiten der Hilfen für die Landwirtschaft im Grünen Plan und im Titel „EWG-Anpassungshilfe" einzugehen, muß ich aber trotzdem noch auf zwei Umstände hinweisen, wo ich heute schon den Haushaltsausschuß um entsprechende Berücksichtigung bitten möchte. Zunächst einmal ist es die bittere Tatsache der Kürzung der neu zur Verfügung stehenden Zinsverbilligungsmittel von 13 auf 10 Millionen DM. Wir haben volles Verständnis für die Lage des Kapitalmarktes, müssen aber bemerken, daß praktisch die ganzen Investitionen für die Verbesserung der Agrarstruktur — und hier besonders die Althofsanierung und die Verbesserung der Betriebsstruktur, die in dem neuen Programm der Investitionshilfe ihren Niederschlag findet — bei den jetzigen hohen Zinssätzen von 9 bis 10 % völlig blockiert werden. Es ist keinem Landwirt zumutbar, etwa bauliche Veränderungen oder die Beschaffung von Maschinenkapital um einen solch hohen Zinssatz vorzunehmen, während bekanntermaßen der Grüne Bericht bei mehr als 80 0/o der Betriebe die im Landwirtschaftsgesetz angestrebte Verzinsung von 3 % ausweist. Dabei möchte ich insbesondere darauf hinweisen, in welch umfassendem Maße die Zurverfügungstellung von billigen Krediten bei unseren EWG-Partnerländern eine Selbstverständlichkeit ist. Die Inanspruchnahme des Kapitalmarktes seitens der Landwirtschaft ist in den vergangenen Jahren völlig gleichgeblieben, während die übrige Wirtschaft infolge der Überhitzung ihrer Konjunktur den entsprechenden Beitrag zu der Misere geleistet hat. Ich darf noch erwähnen, daß im laufenden Jahre 1966 nahezu die ganzen Zinsverbilligungsmittel für Kredite benützt werden müssen, die bereits 1965 nicht zu bedienen waren. So wird es unumgänglich sein, aus den Mitteln von 1967 die Investitionskredite von 1966 mit zu bedienen, da es sich hier um Investitionsvorhaben handelt, d. h. um Objekte, die zum größten Teil bereits in der Durchführung begriffen waren. Diese Betriebe kann man nicht hängenlassen. Schon aus diesen Gründen werden wir mit den im Etat vorgesehenen 10 Millionen DM auf keinen Fall auskommen können. Die Deckung für die notwendige Erhöhung um 3 Millionen DM an Zinsverbilligungsmitteln kann aus dem Titel „Investitionshilfe" genommen werden. Anlage 3 Schriftliche Antwort des Bundesministers Stücklen vom 8. November 1966 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Maucher (Drucksache V/1085 Fragen IV/2 und IV/3) : Ist dem Bundespostminister bekannt, daß, wenn beispielsweise neben anderen Bestellungen (Briefmarken) eine Vorratsliste bestellt wird, die Deutsche Bundespost eine Karte übersendet, mit der die Vorratsliste besonders bestellt werden muß und dadurch sowohl für die Deutsche Bundespost wie auch für die betreffenden Besteller zusätzliche Portoausgaben entstehen? Ist das Bundespostministerium bereit, solche wie die in Frage IV/2 erwähnten wiederholt vorgekommenen Vorgänge abzustellen? Die Deutsche Bundespost unterhält zwei Versandstellen für Sammlermarken, eine in Frankfurt am Main und eine in Berlin. Die Versandstelle in Frankfurt am Main sendet bei Markenbestellungen mit gleichzeitiger Bestellung einer Vorratsliste diese sofort ab. Sie fügt eine Benachrichtigungskarte mit dem Vermerk bei, daß die bestellten Postwertzeiten in etwa 14 Tagen folgen. Bestellungen auf Postwertzeichen ohne Anforderung einer Vorratsliste wird stets eine Bestellkarte für Vorratslisten beigefügt. Mit diesen Bestellkarten kann zu einer beliebigen Zeit die dann gültige Vorratsliste angefordert werden. Die Versandstelle für Sammlermarken in Berlin übersendet bei einer Postwertzeichenbestellung mit gleichzeitiger Bestellung einer Vorratsliste beides gemeinsam in einer Sendung. Die Arbeiten beider Versandstellen für Sammlermarken wurden in den letzten beiden Jahren auf elektronische Datenverarbeitungsmaschinen umgestellt. Dabei haben sich Anfangsschwierigkeiten auf verschiedenen Gebieten ergeben. Vermutlich stehen Ihre Beobachtungen damit im Zusammenhang. Das Lieferverfahren ist inzwischen ständig verbessert worden und wird seit etwa 6 Monaten in der zuvor beschriebenen Weise abgewickelt. Ich werde Ihre Feststellungen gerne zum Anlaß nehmen, beide Versandstellen für Sammlermarken auf die Beachtung von Vorratslistenbestellungen besonders hinzuweisen. Anlage 4 Schriftliche Antwort des Bundesministers Dr. Stoltenberg vom 9. November 1966 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Flämig (Drucksache V/1085 Fragen V/5 und V/6) : Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 71. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 10. November 1966 3391 Trift es zu, daß die Bundesrepublik bei der Forschung und Weiterentwicklung auf dem Gebiet der Halbleiter-Physik weit hinter den Ländern USA, England, Japan, UdSSR und Frankreich zurückliegt? Beabsichtigt die Bundesrepublik Konsequenzen in bezug auf eine rasche und wirksame Forschungsförderung auf dem Gebiet der Halbleiter-Physik zu ziehen? Es trifft zu, daß die Bundesrepublik insbesondere gegenüber den USA in der Forschung auf dem Gebiet der Halbleiterphysik in mancher Hinsicht zurückgeblieben ist. Der Vorsprung der USA beruht hauptsächlich darauf, daß die Regierung im Rahmen ihrer Weltraum- und Verteidigungsprogramme, insbesondere im Zusammenhang mit den für diese Zwecke benötigten Datenverarbeitungseinrichtungen, die Halbleiterforschung und -entwicklung mit erheblichen Mitteln gefördert hat. Die Forschung wird an Institutionen des Bundes wie den Physikalisch-Technischen Bundesanstalten und von der Deutschen Forschungsgemeinschaft seit einigen Jahren im Rahmen des Schwerpunktprogramms „Festkörperforschung" mit jährlichen Aufwendungen von etwa 3 Mio DM gefördert. Überlegungen über die Errichtung eines besonderen Forschungsinstituts sind angestellt. Darüber hinaus ist es möglich, daß dieses Gebiet eine weitere schwerpunktmäßige Förderung erfahren wird durch die allgemeinen Schwerpunktprogramme der Hochschulen und des Wissenschaftsrates. Anlage 5 Schriftliche Antwort des Bundesministers Frau Dr. Schwarzhaupt vom 9. November 1966 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein (Drucksache V/1085 Fragen VI/3 und VI/4) : Was sind die Gründe dafür, daß in den vergangenen 7 Jahren die schon 1959 geplante Deutsche Medizinische Dokumentationsstelle noch nicht errichtet Worden ist, obwohl der Deutsche Bundestag in einer Entschließung bereits am 12. Juni 1959 die Bundesregierung ersucht hat, für das Rechnungsjahr 1960 im Einzelplan des Bundesministeriums des Innern einen Titel aufzunehmen, in dem ein Zuschuß für die Errichtung und zu den Kosten des Unterhalts dieser Dokumentationsstelle bereitgestellt wird? Was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um das in Frage VI/3 erwähnte Informationszentrum sobald wie möglich zu errichten und arbeitsfähig zu machen, uni den deutschen Ärzten in Forschung, Klinik und Praxis endlich die Möglichkeit zu geben, sich in den erforderlichen Fällen schnell und umfassend über den neuesten Wissensstand der Medizin zu unterrichten? Nach dem Beschluß des Deutschen Bundestages vom 12. Juni 1959 wurde eine Gruppe von Fachleuten eingesetzt, die nach mehrmonatiger Zusammenarbeit ein Exposé erstellt hat, in dem sie ihre Vorstellungen über „Aufgaben und Arbeitsweise eines deutschen Instituts für medizinische Dokumentation" entwickelt hat. Diese Fachleute betonten, daß nicht eine Dokumentationsstelle, sondern ein Institut geschaffen werden müsse, das die gesamte deutschsprachige medizinische Literatur dokumentarisch erfaßt, aufbereitet und den in Praxis und Forschung tätigen Arzten jederzeit zur Verfügung stellt, darüber hinaus diesem Personenkreis aber auch die ausländische medizinische Literatur zugänglich macht. Da es angebracht war, die Länder an der Finanzierung dieses Instituts mitzubeteiligen, wurde dieses Exposé den obersten Landesgesundheitsbehörden übermittelt. Diese haben ihrerseits Länderuntersuchungen angestellt, die einen Ausschuß der Leitenden Medizinalbeamten und den Direktor des Max-Planck-Institutes für Dokumentationswesen beteiligt haben. Die Verhandlungen in diesen Gremien zogen sich leider außergewöhnlich lange hin, so daß erst im Dezember 1965 die „Empfehlungen für die Errichtung eines Instituts für medizinische Literaturdokumentation" vorgelegt werden konnten. Erst danach konnte erneut über die Frage der Finanzierung verhandelt werden. Die Antworten der Bundesländer liegen noch nicht vor. Ich bitte zu berücksichtigen, daß eine entsprechende Institution mit einem so umfassenden Arbeitsbereich bisher nicht bestand, und daß der Bund ebenso wie die Länder hier Neuland zu betreten haben. Sobald die positiven Antworten der Bundesländer vorliegen, kann der stufenweise Aufbau des Instituts in Angriff genommen werden. Anlage 6 Schriftliche Antwort des Bundesministers Frau Dr. Schwarzhaupt vom 9. November 1966 auf die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Frau Dr. Diemer-Nicolaus (Drucksache V/1085, Frage VI/5) : Nachdem die Zahnärzte erneut eine Änderung des geltenden Lebensmittelgesetzes gefordert haben, damit durch eine Fluoranreicherung des Trinkwassers die Karies besser bekämpft werden kann, ist die Bundesregierung bereit, diesem Wunsche zu entsprechen? Die Bundesregierung beabsichtigt vorerst nicht, diesem Wunsch zu entsprechen. Zwar hat auf eine Anfrage der Bundesregierung der Bundesgesundheitsrat am 6. Juli 1966 ein Votum erstattet, nach dem die Fluoridierung des Trinkwassers ein Mittel ist, um der Entstehung von Karies vorzubeugen. Der Bundesgesundheitsrat wendet sich aber trotzdem gegen eine allgemeine Trinkwasserfluoridierung, da diese vom Standpunkt der öffentlichen Wasserversorgung aus praktisch nicht durchführbar und nicht vertretbar sei. Namhafte deutsche Ernährungswissenschaftler haben sich kürzlich gegen eine allgemeine Fluoridierung ausgesprochen, da eine ungezielte Fluoraufnahme ernährungsphysiologisch nicht unbedenklich sei. Damit erscheinen mir die gesundheitlichen Wirkungen noch nicht so geklärt zu sein, daß es gerechtfertigt wäre, das Lebensmittelgesetz mit dem Ziel zu ändern, eine allgemeine Fluoranreicherung des Trinkwassers vorzunehmen, d. h. jeden Staatsbürger zu zwingen, mit dem Trinkwasser Fluor zu sich zu nehmen.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Walter Althammer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Regierung und Regierungsfraktion hätten sich diese Debatte heute ersparen können, wenn die erste Lesung dieses Haushalts zurückgestellt worden wäre, bis in diesem Hohen Hause wieder eine Regierungsmehrheit vorhanden ist. Wir hätten dann vielleicht eine Situation erlebt, in der der Kollege Möller einen Etat positiv bewertet oder der Kollege Emde wiederum für diese Vorlage der Regierung gesprochen hätte.
    Die Fraktion der CDU/CSU hat sich die Frage sehr genau überlegt, ob diese wohlerwogenen Gründe für die jetzige Behandlung in erster Lesung wirklich durchschlagend sind.

    (Abg. Leicht: Sehr gut!)

    Unsere Fraktion hat es aus der Verantwortung für
    unser Volk aber für notwendig gehalten, hier die
    erste Lesung ohne jeden Zeitverlust durchzuführen.

    (Beifall bei der CDU/CSU. — Abg. Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller: Wir haben auch nicht widersprochen!)

    — Darauf komme ich sofort, Herr Kollege Möller.
    — Mein Kollege Albert Leicht hat hier ausgeführt, welcher Schaden entstanden wäre, wenn unter Umständen ein Verzögerungseffekt von mehreren Wochen eingetreten wäre.
    Es war nun bekannt, daß die Opposition dieses Hauses überlegt, einen Vertagungsantrag zu stellen. Dieser Antrag ist nicht gestellt worden. Wir sehen das ebenfalls als einen konstruktiven Beitrag an.

    (Abg. Leicht: Sehr gut!)

    Wir werten das aber auch so, daß damit die Gründe, die für uns maßgebend waren, von der Opposition gewürdigt worden sind.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Meine sehr verehrten Damen und Herren, der Kollege Möller hat dem sachlichen und konstruktiven Teil seiner Rede eine Polemik vorangestellt, die zurückgewiesen werden muß. Ich hätte von mir aus nicht vorgehabt, auf die alte Frage, auf die Frage nämlich, wodurch die gegenwärtigen Schwierigkeiten verursacht worden sind, erneut einzugehen, wenn nicht der Kollege Möller diesen alten Streit hier wieder neu aufgerührt hätte.

    (Abg. Leicht: Leider!)

    Ich will nicht wiederholen, was ich vor einem Jahr anläßlich der Debatte zur Regierungserklärung hier ausgeführt habe. Ich habe damals an Hand nicht widerlegter Fakten dargetan, daß auch die Opposition an dieser Entwicklung ihr gerüttelt Maß an Mitverantwortung trägt.

    (Sehr gut! in der Mitte.)

    Ich möchte nur mit einem einzigen Punkt auf diese Dinge zurückkommen. Der Herr Kollege Möller hat ausgerechnet den „Industriekurier" zitiert. Er hat dabei eine sehr bemerkenswerte Auslegung gefunden, daß nämlich unter den drei Parteien die CDU, die CSU und die FDP zu verstehen seien, aber nicht die SPD. Ich bin sehr erfreut darüber, daß er an die CSU als eigene Partei gedacht hat. Aber im Sinne des Verfassers war als dritte Partei hier die SPD zu sehen.
    Mit Erlaubnis des Herrn Präsidenten darf ich mich vielleicht mit einem Zitat aus der gleichen Zeitung revanchieren. Im „Industriekurier" vom 5. November findet sich ein sehr interessanter Artikel mit der Überschrift: „Vergessene Sünden — Der Bundeshaushalt und die Wahlversprechungen der SPD." Es heißt darin:
    Die SPD-Opposition im Bundestag weidet sich an den Schwierigkeiten der Regierung, den Etat für 1967 auszugleichen. Vor welchen Ausgabenverpflichtungen aber stände sie, wenn der Wählerwille ihr 1965 Gelegenheit gegeben hätte, ihre Wahlversprechen zu erfüllen?! Die SPD ist damals mit einem ganzen Paket von Plänen und Entschließungen in den Wahlkampf gegangen. Volksversicherung, Vorsorgeuntersuchungen, Bildungsurlaub, Eigentumspolitik, Ausbau des Familienlastenausgleichs standen ebenso auf dem Programm wie die Erhöhung



    Dr. Althammer
    und Dynamisierung der Kriegsopferversorgung und die Förderung von Heimatvertriebenen und Flüchtlingen. Wie stets in Wahlkämpfen, schaukelte man sich gegenseitig hoch. Und so wie man an den langfristig wirksamen Ausgabebeschlüssen der Ara Adenauer alles andere als unbeteiligt war, trägt die SPD ein gerüttelt Maß an Mitschuld auch für die Beschlüsse der Erhard-Ära. Wenn es nach der SPD gegangen wäre, so wäre der Sozialetat des Bundes längst in schwindelerregende Höhen enteilt.
    Ich möchte das Zitat nicht fortführen. Es wird dann detailliert und mit Zahlenangaben ausgeführt, worin diese Mehranforderungen bestanden haben.
    Ich meine aber, wir sollten dieses beliebte Spiel in diesem Hohen Hause allmählich abschließen und sollten uns — was in dieser Debatte ja auch geschehen ist mit den konstruktiven Vorschlägen befassen.
    Noch ein letztes Wort dazu. Auch wenn in der „Stuttgarter Zeitung" das Gegenteil steht, bleibt es trotzdem wahr, daß wegen der rückläufigen Zuwachsrate des Sozialprodukts die Steuereinnahmen des Bundes absinken, dadurch eine neue Situation entstanden ist und also die Haushaltsenge dieses und der kommenden Jahre objektive Ursachen hat. Wir können erleichtert darüber sein, daß sich so schnell Wirkungen der Stabilisierungsbemühungen der letzten Monate gezeigt haben. Wir müssen nun aber alle zusammen mit dieser Situation haushaltsmäßig fertigwerden.
    Es sind nun viele konkrete Vorschläge gemacht worden, wie die Haushaltslage durch weitere Kürzungen oder durch Einnahmeverbesserungen stabilisiert werden könnte. Die Arbeitsgemeinschaft Selbständiger Unternehmer hat detaillierte Kürzungsvorschläge gemacht, ebenso der Deutsche Industrie- und Handelstag. Die noch umfassenderen Kürzungsvorschläge des Bundes der Steuerzahler

    (Abg. Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller: Kann man nicht ernst nehmen!)

    sind bereits von Herrn Kollegen Hermsdorf und heute vormittag von Herrn Kollegen Emde charakterisiert worden. Der Finanzausschuß des Bundesrates hat eine Liste von Vorschlägen entwickelt, in der auch die Erhöhung einiger Verbrauchsteuern enthalten ist. Eine Abgeordnetengruppe der CDU/ CSU hat sich ebenfalls bemüht, zum Regierungsentwurf eine Reihe von Alternativvorschlägen zu erarbeiten. FDP und SPD haben heute sehr umfassende konkrete Vorschläge vorgelegt.
    Es ist zunächst positiv festzustellen, daß alle diese Gruppen sich nicht auf allgemeine Forderungen zur erhöhten Sparsamkeit und Konsolidierung des Haushalts beschränkt haben, sondern konstruktive Vorschläge vorgelegt haben. Die Bundesregierung hat in ihren Ergänzungshaushalt bereits einige dieser Vorschläge aufgenommen. Die Reaktionen bei den Betroffenen aber auf viele der sonst noch gemachten Vorschläge, insbesondere im Bereich der Sozialpolitik und auch der Landwirtschaft, haben gezeigt, wo hier einfach politische Realitäten sind, die beachtet werden müssen.
    Wir werden in den Beratungen der nächsten Wochen in diesem Parlament sehr rasch zu konstruktiven Lösungen kommen müssen. Eine Reihe der vorgeschlagenen Maßnahmen haben als Termin des Inkrafttretens den 1. 1. 1967. Es ist aber auch klar, daß die Regierung im Parlament sehr rasch eine Mehrheit braucht, wenn diese Stabilisierungsmaßnahmen wirklich fristgerecht in Kraft treten sollen. Aus Verantwortung für unser deutsches Volk müssen wir uns bemühen, so rasch wie möglich diese Mehrheit zustande zu bringen. Ich darf hier einfügen, daß die Fraktion der CDU/CSU vor wenigen Minuten einen konstruktiven Akt vollzogen hat, indem sie Ministerpräsident Kurt-Georg Kiesinger mit der Aufgabe betraut hat, eine solche Regierungsmehrheit herzustellen.
    Die CDU/CSU-Fraktion nimmt für sich in Anspruch, in dieser schwierigen Lage für unser Volk das Notwendige getan zu haben. Besonders Bundeskanzler Professor Dr. Erhard gebührt das Verdienst, in dieser schwierigen Lage alles getan zu haben, um den Fortgang der Beratungen nicht zu hemmen. Er hat getreu seinem Amtseid, Schaden vom deutschen Volk zu wenden, gehandelt. Wir sind ihm dafür zu großem Dank verpflichtet. Ich bin sicher, daß die Öffentlichkeit den Respekt vor dieser Haltung nicht versagen wird.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Nachdem SPD und FDP heute vormittag umfangreiche, detaillierte Vorschläge zum Haushalt vorgelegt haben, muß ich betonen, daß wir diese Vorschläge als wertvoll und konstruktiv ansehen und sie sehr sorgfältig prüfen werden. Beide Redner haben betont, daß sie für eine sachliche Diskussion offen sind. Einige Vorschläge, besonders der FDP, decken sich mit Vorschlägen, die im Ergänzungshaushalt zum Haushalt 1967 bereits enthalten sind. Andere kommen den bereits bekannten Änderungsvorschlägen des Fachkreises der CDU/CSU-Abgeordneten entgegen. Ich darf darauf hinweisen, daß mein Kollege Albert Leicht diese unsere Vorschläge vor 14 Tagen bereits dem Haushaltsexperten der SPD, Kollegen Hermsdorf, übermittelt hat, um im Rahmen eines sachlichen Gesprächs die gegenseitigen Vorschläge miteinander abzuklären.
    Nun zu einigen der in diesen Vorschlägen der SPD und FDP angesprochenen Fragen.
    Es ist bezeichnend, daß hinsichtlich des Beteiligungsverhältnisses SPD und FDP völlig widersprechende Standpunkte einnehmen. Ich glaube, daß die Absage des Kollegen Möller an den Rechtsstandpunkt der Bundesregierung in diesem Stadium der Verhandlungen den Interessen des Bundes nicht förderlich war. Mein Kollege Bremer wird zu der angesprochenen Verfassungsfrage, wenn Gelegenheit dazu ist, noch im einzelnen Stellung nehmen. Objektiv ist festzuhalten, daß der Vorschlag der FDP für die steuerschwachen Länder größere finanzielle Vorteile bringt, weil natürlich bei einer allgemeinen Quotenerhöhung die steuerstarken Länder entsprechend stärker partizipieren. Es ist bekannt, daß die steuerschwachen Länder über die 4 % an der Einkommen- und Körperschaftsteuer hinaus noch



    Dr. Althammer
    eine Ergänzungszuweisung des Bundes verlangen. Meine Ausführungen zur Finanzvorausschau werden zeigen, daß die SPD sich sehr genau überlegen sollte, ob sie leichthin auf diese 2 Milliarden DM auch in künftigen Jahren einschließlich des zu erwartenden Zuwachses verzichten kann.
    Zur Mineralölsteuererhöhung bemängelt die SPD, daß den Gemeinden zu wenig gegeben wird. Die FDP möchte die Beteiligung bis zum Inkrafttreten der Finanzreform zurückstellen. Auch hier zeigen sich gegenteilige Standpunkte.
    Was die Kürzung der Kilometerpauschale anlangt, so hat die CDU/CSU bereits vor langer Zeit Änderungsvorschläge veröffentlicht, die eine wesentliche Reduzierung der von der Regierung vorgeschlagenen Kürzungen beinhalten. Ebenso will die CDU/CSU die Mutterschaftshilfe nicht von der Arbeitslosenversicherung getragen wissen, sondern macht andere Vorschläge, die wahrscheinlich weitgehend mit dem, was die SPD vorgeschlagen hat, übereinstimmen.
    Auch zur Ausbildungshilfe haben wir von der CDU/CSU wichtige und, wovon wir fest überzeugt sind, sehr positive Vorschläge erarbeitet.
    Was die Sparförderung anlangt, so sind wir uns mit der SPD einig, daß sehr rasch eine grundlegende Reform notwendig ist. Die FDP hat sich bisher diesem Gedanken verschlossen. Deshalb sind wir in diesem Punkt bis heute noch nicht weitergekommen, obwohl die Mehrausgaben gerade bei der Sparförderung in den nächsten Jahren lawinenartig anwachsen werden.
    Was die Schuldverschreibungen anlangt, so will ich die ausführliche Debatte der vergangenen Lesungen nicht wiederholen. Ich darf nur darauf hinweisen, daß in anderen Ländern ähnliche Regelungen durchaus als normal und vertretbar angesehen werden.
    Die SPD weist immer wieder darauf hin, daß der Bundeshaushalt mit Tricks arbeite. Dazu möchte ich lediglich noch einmal den „Industriekurier" zitieren und auf eine Veröffentlichung hinweisen, die sich mit dem Lande Hessen befaßt. Im „Industriekurier" vom 29. Oktober 1966 ist nämlich sehr detailliert und mit objektiven Zahlen, die auf Angaben des Statistischen Bundesamts beruhen, dargelegt, wie dort im Vergleich der einzelnen Haushaltsjahre nun wirklich die Dinge so manipuliert werden, daß ganz falsche Zuwachsraten entstehen. Im Bundeshaushalt jedenfalls wird man von Tricks nicht sprechen können. Es ist immer ganz klar und offen dargelegt worden, welche Maßnahmen hier vorgeschlagen werden, wenn man auch selbstverständlich über die einzelnen Maßnahmen durchaus noch diskutieren kann.
    Schließlich noch ein Wort zur Agrarpolitik. Es sind hier von Außenstehenden viele weitergehende Streichungsvorschläge gemacht worden, und auch der Herr Kollege Möller hat heute vormittag angedeutet, daß im Einzelplan 10 noch das eine oder andere zu tun wäre. Ich möchte demgegenüber nur darauf hinweisen, daß für die Landwirtschaft noch zusätzliche Schwierigkeiten entstehen, weil Leistungen an den EWG-Agrarfonds schon aus den Haushaltsmitteln 1967 bedient werden müssen. Wir jedenfalls werden uns bemühen, im Interesse unserer deutschen Landwirtschaft Lösungen zu finden, die keine unzumutbaren Härten oder Einschränkungen beinhalten.
    Schließlich darf ich noch darauf hinweisen, daß die SPD die Streichung von Steuerfreibeträgen ablehnt, während die FDP über das hinaus, was die Regierungsvorlage enthält, auch noch den sogenannten Arbeitnehmerfreibetrag gestrichen wissen will. Wenn das verwirklicht würde, dann wäre das allerdings in der Tat ein sehr wesentlicher Eingriff in das Sozialgefüge und in den sozialen Besitzstand.
    Der Vorschlag der SPD, nur fristgebundene Gesetze zu behandeln, erscheint mir mindestens insofern erwägenswert, als wir wahrscheinlich die fristgebundenen Gesetze vorrangig werden behandeln müssen, um sie bis zum 1. Januar 1967 noch in Kraft treten zu lassen.
    Was den Vorschlag der FDP anlangt, ohne Steuererhöhungen auszukommen, so möchte ich im Zusammenhang mit meinen Ausführungen zur Finanzvorausschau dazu noch einiges sagen.
    Meine sehr verehrten Damen und Herren, wie immer die Mehrheit in diesem Hause aussehen wird — wir sollten uns auf jeden Fall keine Illusionen über die Haushaltslage des Bundes in den nächsten Jahren machen. Wenn man nicht eine Inflationspolitik einleiten will, wird kaum Gelegenheit sein, in der nächsten Zeit große Ausgaben für den Konsum zu Lasten der Staatskasse zu machen. Es ist deshalb konstruktiv nüchtern die Ausgangssituation festzuhalten.
    Die Finanzvorausschau, die mit dem Finanzbericht 1965 eingeleitet und 1966 auf einen Zeitraum von vier Jahren erweitert wurde, ergibt nach dem neuesten Stand ein düsteres Bild. Ich will die groben Umrisse hier darstellen, möchte aber gleichzeitig betonen, daß wir die Situation ändern können, wenn wir uns in einem klaren Willen dazu zusammenfinden.
    Der Haushalt 1967 schließt nach dem neuesten Stand mit einem Betrag von 75,2 Milliarden DM ab. Eine Fortschreibung der staatlichen Zahlungsverpflichtungen nach dem Regierungsentwurf des Steueränderungs- und des Finanzplanungsgesetzes, aber ohne die Ergänzungsvorlagen, ergibt bei Einrechnung einiger Schwerpunkte folgendes Bild. Voraussichtlicher Bedarf 1968: 84,5 Milliarden DM; 1969: 90 Milliarden DM; 1970: 95,1 Milliarden DM; 1971: 97,4 Milliarden DM. Dabei ist für Schwerpunkte bei Wissenschaft und Forschung eine jährliche Zuwachsrate von 20 % vorgesehen. Ebenso sind die Bundesleistungen für den Verkehr, insbesondere auch den örtlichen Verkehr, angemessen erhöht. Auch die Ausgaben für den EWG-Agrarhaushalt sind dabei einbezogen.
    Die Deckungsseite zeigt nach meiner Kenntnis folgende Situation. Es ist von einem 39%igen Anteil des Bundes an der Einkommen- und Körperschaftsteuer auch in den nächsten Jahren ausgegangen.



    Dr. Althammer
    Als nominale Zuwachsrate für Steuereingänge wurde vorgesehen 1968: 5,5 %, 1969: 5 %, 1970: 4,5% und 1971 ebenfalls 4,5 %.
    Es wird also davon ausgegangen, daß sich die Schere zwischen nominalen und realem Wachstum im Zeichen der Stabilisierung mehr und mehr schließt und daß unsere Währung stabil bleibt.
    Die Steuereinnahmen auf der Deckungsseite gestalten sich nach dieser Finanzvorausschau folgendermaßen: 1968 76,5 Milliarden DM, 1969 80,7 Milliarden DM, 1970 83,9 Milliarden DM, 1971 87,5 Milliarden DM. Hier kommen nun die Auswirkungen des Ergänzungsetats hinzu, und deshalb waren und sind wir der Meinung, daß die Lösung der FDP nicht praktizierbar ist, weil sie zwar für das Haushaltsjahr 1967 einen unter Umständen diskutablen Vorschlag beinhaltet, aber in den kommenden Jahren die Schere zwischen Verpflichtungen und Deckungsmöglichkeiten noch weiter öffnet, statt sie zu schließen. Wenn wir also die Verbesserungen im Ergänzungshaushalt zugrunde legen, dann ergibt sich folgender weiterer Zuwachs zur Schließung der Dekkungslücke: 1968 2,8 Milliarden, 1969 3 Milliarden DM, 1970 3,1 Milliarden und 1971 3,2 Milliarden DM.
    Es wird dann davon ausgegangen, daß auch im außerordentlichen Haushalt, also insbesondere bei der Aufnahme von Darlehensmitteln, sich die Situation in den nächsten Jahren wieder konsolidieren wird und deshalb die Schuldaufnahmen des Bundes wieder in einem vernünftigen Verhältnis zu den sonstigen Einnahmen und Ausgaben stehen können. Deshalb ist im außerordentlichen Haushalt von 1,5 Milliarden DM im Jahre 1968 und von 1,7 Milliarden DM in den folgenden Jahren ausgegangen.
    Es bleibt dann immer noch eine bemerkenswerte Deckungslücke in diesen nächsten Jahren. Sie beläuft sich für 1968 auf 3,7 Milliarden DM, für 1969 auf 4,6 Milliarden DM, für 1970 auf 6,4 Milliarden DM und für 1971 auf 5 Milliarden DM. Dabei ist natürlich zu betonen. daß wir uns jedes Jahr bemühen müssen, die Ausgaben noch herunterzudrükken. Solche Kürzungsquoten sind ein durchaus möglicher und diskutabler Betrag. In jedem Falle muß aber festgehalten werden, daß bei dieser Vorausschau nur einige neue Schwerpunkte angesprochen sind, daß insbesondere irgendwelche großen Ausgaben für konsumtive Leistungen hier nicht eingerechnet sind.
    Diese Vorausschau, die vorsichtig zu einem Finanzplan ausgebaut ist, zeigt aber deutlich, wie bitter notwendig sofortige Maßnahmen zur Einnahmeverbesserung waren. Mit einem bloßen Verschieben der Ausgaben auf die nächsten Jahre, insbesondere auch im Rahmen des Devisenabkommens, war es hier in der Tat nicht getan. Die Vorausschau zeigt weiter, daß die Maßnahmen bei der Erstellung des Haushalts 1967 zwar sehr wichtig und entscheidend waren, daß sie einen Schritt nach vorn darstellen, daß wir damit allein aber noch nicht über den Berg sind. Ich habe zu denjenigen Abgeordneten gehört, die immer dafür eingetreten sind, daß wir jetzt möglichst endgültig die Finanzsituation bereinigen. Ich muß angesichts dieser Finanzvoraus-
    schau zugestehen, daß noch ein guter Teil der Arbeit vor uns liegt, die wir im Laufe der Beratungen des Haushalts 1967 erledigen müssen oder — und da bin ich mit dem Kollegen Emde völlig einer Meinung — mit der wir spätestens im Jahre 1968 zu einer endgültigen Bereinigung kommen müssen.
    Für dieses Parlament bedeutet das, daß erstens keinesfalls Einschränkungsmaßnahmen, die von der Regierung vorgeschlagen worden sind, ersatzlos wegfallen können, daß wir uns zweitens auch nicht mit einem bloßen Umbau der Leistungen und Ausgaben zufriedengeben können, sondern daß wir drittens noch zusätzliche Maßnahmen ergreifen müssen, die entweder die Ausgaben für künftige Jahre kürzen oder aber die Einnahmen weiter verbessern. Die künftige Regierungsmehrheit wird also entweder jetzt bei den Haushaltsberatungen oder spätestens bei den Haushaltsberatungen 1968 weitere entsprechende Maßnahmen treffen müssen. Wer das nicht zugesteht, der vermag entweder die Realitäten nicht zu erkennen, oder er verschließt bewußt die Augen vor der Wirklichkeit.
    Diese Finanzvorausschau mit gewissen Projektelementen ist natürlich noch kein vollständiger Finanzplan. Aber schon hier wird offenbar, welche gewaltigen Unsicherheitsfaktoren dabei zutage treten. Wer wagt heute ernsthaft, die Steuereinnahmen z. B. schon für das Jahr 1971 vorausschätzen? Hier werden hypothetische Zahlen zugrunde gelegt, darauf aber konkrete Ausgabeprojekte gebaut. Je mehr wir Ausgaben auf Jahre hinaus fixieren, um so mehr machen wir uns zu Gefangenen unserer eigenen Wünsche. Was aber geschieht, wenn sich die Basis von einem Jahr zum anderen plötzlich ändert? Werden wir dann die Besitzstände, die mit solchen Projektierungen geschaffen sind, ohne weiteres wieder beseitigen können? Das sind nur einige Fragen, die sich in diesem Zusammenhang aufdrängen.
    Man möchte nun geneigt sein, angesichts der aufgezeigten künftigen Schwierigkeiten die Finanzreform in eine ferne, rosige Zukunft zu verschieben. Aber genau die gegenteilige Folgerung ist richtig. Solange Bund und Länder infolge der hohen jährlichen Zuwachsraten unseres Sozialprodukts volle Kassen hatten, konnten sie getrennt nebeneinander wirtschaften. Die Enge der öffentlichen Haushalte in unserer gegenwärtigen Konsolidierungsphase zwingt aber dazu, zusammenzurücken und eine bessere Verzahnung der Aufgaben und der Ausgaben durchzuführen. Das muß nicht unbedingt eine Zentralisierung der Zuständigkeiten zum Schaden der Eigenständigkeit der Länder bedeuten. Zwar stärkt der Rückgang der Zuwachsraten bei den öffentlichen Mitteln die zentrale Finanzwirtschaft. Auch im Rahmen der Stabilisierungsgesetze wird es notwendig, die Vollmachten der Bundesgewalt — einschließlich des Bundesrates — zu erweitern. Die Finanzreform kann hier zu einem sehr wertvollen Regulativ werden, das eine sachgerechte Verteilung der Aufgaben für die Zukunft gewährleistet. Es muß mit Nachdruck gefordert werden, daß die Gesetzentwürfe zur Finanzreform noch in dieser Legislaturperiode eingebracht und behandelt werden. Der Regierungsentwurf zur Mineralölsteuererhöhung, der mit dem



    Dr. Althammer
    Ergänzungshaushalt 1967 eingebracht wurde, ist ein erster Schritt in dieser Richtung. Es ist zweckmäßig, wenn Regierungsentwürfe zur Verwirklichung der Finanzreform zuerst mit den Ländern vorberaten werden, um möglichst ein Einvernehmen herzustellen. Gerade die gegenwärtige Auseinandersetzung um den Anteil an der Einkommen- und Körperschaftsteuer zeigt, welche Risiken für die Haushalte des Bundes und der Länder von einer solchen Ungewißheit über den Einnahmeanteil ausgehen.
    Ein besonders wichtiges Kapitel der Finanzreform ist die Neuordnung des Gemeindefinanzsystems. Diese Reform kann nur im Rahmen der Umstellung auf die Mehrwertsteuer realisiert werden und bedarf daher einer längeren Vorarbeit. Die damit verbundene Verzögerung darf uns aber nicht hindern, dringliche Maßnahmen vorweg zu treffen. So ist die vorgesehene Überlassung eines Anteils von rund 10 °/o der zweckgebundenen Mineralölsteuer als ein erster Schritt auf einem rasch zu beschreitenden Wege anzusehen.
    Der Bund hilft auch bei der Lösung besonders dringlicher Probleme des Nahverkehrs, z. B. in der bayerischen Landeshauptstadt München. Wenn das gerade in einer Zeitspanne geschieht, in der der Bund größte Haushaltssorgen hat, dann wird damit unterstrichen, wie vordringlich uns diese Fragen erscheinen.

    (Sehr gut! in der Mitte.)

    In absehbarer Zeit wird sich dieses Hohe Haus auch mit der Frage der Haushaltsreform eingehend zu befassen haben. Es gilt, das Haushaltsrecht den veränderten Verhältnissen anzupassen. Es ist nicht möglich, mit den traditionellen Vorschriften den modernen Anforderungen an eine staatliche Finanz-und Haushaltspolitik zu genügen. Es werden auch Änderungen des Grundgesetzes notwendig werden. Einige Abgeordnete der CDU/CSU haben dazu bereits einen Vorschlag erarbeitet. Es soll aber zunächst die Regierungsneubildung abgewartet werden, bis diese Vorschläge vorgelegt werden.
    Für eine moderne Haushaltswirtschaft sind im wesentlichen folgende Neuerungen notwendig: Veranschlagung der Ausgaben für mehrere Jahre, eine kassenwirksame Veranschlagung, Wegfall des außerordentlichen Haushalts, Neuregelung der Verpflichtungsermächtigungen, die bisher „Bindungsermächtigungen" genannt werden, Übertragbarkeit der Ausgaben, bessere Durchsichtigkeit des Haushaltsplanes ganz allgemein, eine zeitgemäße Haushaltssystematik unter ökonomischen Gesichtspunkten und schließlich eine umfassende Modernisierung des Kassenwesens und der Rechnungslegung. Die konjunkturgerechte Haushaltspolitik und die mehrjährige Finanzplanung werden schon durch das hoffentlich bald zu verabschiedende Stabilitätsgesetz gefordert. Es ist vordringlich, daß die haushaltsrechtlichen Vorschriften des Stabilitätsgesetzes mit der geltenden Haushaltsordnung konform gehen. Nur so können die Budgeteinheit und eine haushaltsrechtliche Gesamtschau erhalten bleiben. Deshalb muß die Haushaltsreform bald zum Abschluß gebracht werden. Wir erwarten, daß die neue Bundesregierung alsbald einen Gesetzentwurf vorlegt, nachdem die Arbeiten im Arbeitsausschuß der Finanzministerien von Bund und Ländern zügig verlaufen.
    Wenn wir uns mit den Zukunftsperspektiven der Finanz- und Haushaltspolitik und deren Einflüssen auf die wirtschaftliche Entwicklung befassen, dann wird die Zielrichtung der staatlichen Ausgaben von entscheidender Bedeutung. Es ist nicht so sehr entscheidend, daß die jährliche Zuwachsrate der Staatsausgaben genau mit der realen Zuwachsrate des Sozialprodukts in jedem Jahr übereinstimmt; wenn es natürlich auch richtig ist, was Herr Kollege Emde hier heute vormittag ausgeführt hat, daß wir uns nämlich in einer Phase der Konsolidierung und Stabilisierung sehr intensiv darum bemüht haben, diese Dinge in Übereinstimmung zu halten. Entscheidend ist aber die Richtung der Impulse, die von den staatlichen Ausgaben ausgehen.
    Der Bericht der Deutschen Bundesbank für das erste Halbjahr 1966 gibt uns da sehr wertvolle Hinweise. Danach hat sich das Wachstum der Investitionen in der Bundesrepublik besonders stark abgeschwächt. Dies steht im Zusammenhang damit, daß sich die Ertragslage der Unternehmen in diesem Zeitraum weiter deutlich verschlechtert hat, während die Lohneinkommen stärker angestiegen sind, wenn auch nicht mehr so stark wie im Vorjahr. Eine Übersicht über die Jahre 1960 bis 1966 zeigt, daß die Gewinne und Vermögenserträge von 39 % auf 31 % des Volkseinkommens gefallen sind, während die Lohnquote von 61 % auf 69 % gestiegen ist. Diese Ergebnisse zeigen doch wahrhaftig, daß wir uns nicht etwa in einem Zustand des sozialen Abbaus befinden, sondern daß im Gegenteil auch von dort her unsere sozialpolitische Spitzenstellung in der Welt deutlich unterstrichen wird. Damit ist aber ganz deutlich das Wachstum unserer Wirtschaft in der Zukunft angesprochen.
    Der Monatsbericht der Deutschen Bundesbank vom September zeigt weiter, daß die öffentliche Hand ihre Investitionsausgaben ebenfalls vermindert hat. Diese Entwicklung dürfte sich im zweiten Halbjahr des Jahres 1966 noch verstärken. Die konsumtiven Leistungen, besonders der Versicherungsträger, sind dagegen unvermindert angestiegen, ebenso der private Verbrauch. Der Haushaltspolitik der öffentlichen Hand ist damit eine ganz besonders deutliche Aufgabe gestellt. Ihre rein konsumtiven Leistungen müssen auf ein angemessenes Maß gedrosselt werden, und den Zukunftsinvestitionen ist auch vom Haushalt her ein absoluter Vorrang einzuräumen.
    Die Ansätze der Finanzplanung, die ich dargestellt habe, weisen klar in diese Richtung. Zuwachsquoten sind dort für Wissenschaft, Forschung und für Verkehr eingeräumt, rein konsumtive Ausgaben sind nicht projektiert. Selbstverständlich werden wir auch weiterhin sozial fortschrittlich sein. Wir wollen unseren Spitzenplatz in den Sozialleistungen in der Welt behaupten. Aber wir werden genau auf den vertretbaren Grenzbereich achten müssen. Es darf nicht geschehen, daß Personengruppen aus



    Dr. Althammer
    Steuergeldern Zuwendungen erhalten, wenn sie deren absolut nicht. bedürfen.

    (Sehr gut! rechts.)

    Dagegen werden Staat und Gemeinden das Schwergewicht ihrer Ausgaben auf die Zukunftsinvestitionen zu legen haben.

    (Zuruf rechts: Ausgezeichnet!)

    Der Herr Finanzminister hat in seiner Haushaltsrede schon angedeutet, daß wegen der fortschreitenden Konsolidierung die staatliche Investitionspolitik nicht auf allen Sektoren gedrosselt werden muß. Der Bericht der Bundesbank zeigt aber auch deutlich die positiven Aspekte der jüngsten wirtschaftlichen Entwicklung auf, und das ist auch von dieser Stelle heute schon festgestellt worden. Wer wirklich gegenüber unserem Volk verantwortungsbewußt handelt, der wird deshalb keine Krisenstimmung anheizen. Er wird das Vertrauen in unserem Volk zu unserer wirtschaftlichen Entwicklung stärken und dadurch die bereits deutlich sichtbaren Erfolge der Stabilisierungspolitik unserer Bundesregierung rechtfertigen.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Die Debatte hat eine bemerkenswerte Übereinstimmung aller Redner in diesem Hause gezeigt. Es gilt jetzt, sofort gemeinsam ans Werk zu gehen und die aufgezeigten Probleme rasch und wirksam anzupacken.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)



Rede von Dr. Carlo Schmid
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat Herr Abgeordneter Professor Dr. Schiller.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Karl Schiller


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Fraktion, die die derzeitige, noch amtierende Minderheitsregierung trägt, hat ihren Kürwillen betätigt. Die Bewertung der Kür überlassen wir den Göttern. Wir haben nur die Hoffnung, daß die Betätigung dieses Kürwillens ihren Tatwillen nicht reduziert und daß wir heute und hier uns weiterhin gemeinsam der Sache, nämlich dem Haushalt, zuwenden können. Herrn Althammers Darlegungen kann ich als einen Beweis dafür — wenigstens im großen ansehen, daß Sie nach dem Kürwillen auch zum Tatwillen bereit sind. Deshalb glaube ich, meine Damen und Herren, daß es gestattet ist, mit ein paar Worten das gesamtwirtschaftliche Konzept der SPD zu skizzieren, das hinter unseren konkreten etatpolitischen Vorschlägen steht, die heute morgen dargelegt wurden.
    Meine Damen und Herren, es gilt heute als eine Selbstverständlichkeit, daß Finanzpolitik nur in ständiger Orientierung an der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung betrieben werden darf. Wie leicht man von dieser Regel abkommt und in welch absurden Widersprüchlichkeiten man landet, zeigt der heute vorgelegte Etatentwurf. Mit Stolz wird verkündet — und vorige Woche hörten wir es noch —: Wir sind das zweitgrößte Welthandelsland und der drittgrößte Industriestaat. Aber zugleich befinden wir uns doch in den öffentlichen Finanzen und besonders in den Bundesfinanzen in einem Zu-
    stand, der mehr dem eines Entwicklungslandes gleicht.

    (Oho-Rufe und Widerspruch bei der CDU/CSU.)

    Unsere exotischen Zinssätze; Herr Burgbacher, geben der ganzen Geschichte noch einen besonderen Akzent.

    (Heiterkeit und Beifall bei der SPD.) Bisher wurde gesagt, auch von ihrer Seite:


    (Zuruf von der CDU/CSU: Setzen Sie sich einmal eine andere Brille auf!)

    Die Bundesrepublik ist wirtschaftlich ein Riese und weltpolitisch ein Zwerg. Das kommt nicht von mir, sondern von einem bekannten Mann aus der CSU.

    (Abg. Burgbacher: Das ist ja wieder was anderes!)

    Zu diesem bekannten Widerspruch hat sich ein neuer hinzugesellt. Dabei ist die öffentliche Finanzwirtschaft — Sie werden mir gleich zustimmen — sicherlich quantitativ alles andere als ein Zwerg. Zwergenhaft war höchstens die finanzpolitische Konzeption, die im Bund dahinterstand, wie man da ohne Vorausschau — das wurde heute morgen gesagt — und ohne Plan — das hat uns Herr Kollege Schmücker mit Offenheit dargestellt — in einen noch nicht absehbaren Abgrund von Zukunftsbelastungen hineingeraten ist.
    Herr Kollege Althammer hat heute diesen Teil der Feststellungen von Herrn Kollegen Möller als Polemik bezeichnet und darauf geantwortet. Nun, eines steht doch fest, Herr Kollege Althammer: Die Grundursache der Malaise, vor der wir stehen, müssen wir immer wieder kühl 'und nüchtern feststellen: Man hat in diesen letzten Jahren Finanzpolitik allerhöchstens bis zum Tellerrand, d. h. bis zum Jahresende, betrieben. Ich will gar nicht darauf eingehen, daß man heute morgen in Sachen „mittelfristige Finanzplanung" aus einer Zeitung den Eindruck hatte, daß diese wichtige Aufgabe der mittelfristigen Finanzplanung sich nach dem Titel 007, nämlich mit James-Bond-Methoden, vollzogen hätte.

    (Abg. Dr. Luda: Sie Spaßmacher!)

    — Ja natürlich, muß doch auch ein bißchen sein. Ihnen ist ja nicht danach zumute.

    (Abg. Dr. Burgbacher: Das haben Sie doch nicht nötig, Herr Schiller!)

    Ich halte es im übrigen für wenig stilvoll, daß nachträglich solche richtigen oder falschen Indiskretionen herauskommen. Ich glaube, mit der Erklärung von Herrn Schmücker ist die Sache klarer geworden und auf ihren sachlichen Gehalt zurückgeführt worden. Aber die mittelfristige Finanzplanung ist — das ist einfach nicht abzustreiten — vor drei Jahren versprochen worden. Das wollen Sie nicht hören, meine Damen und Herren. In der damaligen Regierungserklärung wurde gesagt — das ist die einzige Zitierung dieser Art, die ich aus der Vergangenheit bringe —:
    Er erweist sich ... als notwendig, die üblichen
    Jahreshaushalte in längerfristige, etwa vier



    Dr. Schiller
    Jahre währende Haushaltsüberlegungen einzubetten.
    Dazu sagte dieser Tage Armin Grünewald: Auch Formulierungsfehler haben ihr Schicksal; denn die Überlegungen über eine mittelfristige Finanzplanung haben tatsächlich drei Jahre gewährt mit dem Ergebnis, daß wir im Finanzbericht 1967 noch nicht einmal die kümmerlichen Ansätze von 1966, nämlich eine Projektion der Fortschreibungen und der Ressortwünsche, wiederfinden. Wir alle, als Leser und Sucher, fanden jetzt in diesem Finanzbericht 1967 nur einen weißen Fleck.
    Aber für diesen weißen Fleck „mittelfristige Finanzplanung" hat dann der amtierende Finanzminister, Herr Schmücker, einen „komparativen" Ersatz geboten — so hat es wohl in seinem Kreis gelautet —, und zwar in der Anlage 5, in der die mutmaßliche Entwicklung der ordentlichen Bundeseinnahmen bis 1971 den durch Gesetz oder sonstige Verpflichtung entstehenden konsumtiven Ausgaben des Bundes gegenübergestellt wird. Aber, Herr Schmücker, ich muß leider feststellen: Das ist doch nur eine Teildarstellung. Es fehlen auch jegliche Angaben über die Annahmen zur Entwicklung des Sozialprodukts, es fehlt die Einbettung in eine Gesamtrechnung, und es fehlen noch viele andere Dinge. Aber schon diese Teildarstellung, die Sie mit der Anlage gegeben haben, ist bedrückend genug. Außerdem kennen wir die Ziffer der kommenden jährlichen Deckungslücken ohne Sondermaßnahmen in Höhe von 8 Milliarden DM, die uns Herr Dr. Heck im Fernsehen verraten hat. Herr Schmücker selbst bekennt in seiner Etatrede, daß trotz der von ihm eingebrachten Zusatzmaßnahmen — Finanzplanungsgesetz, Steueränderungsgesetz, Ergänzungshaushalt usw. — „für die kommenden Jahre weiterhin noch hohe Deckungslücken zu erwarten sind."
    Meine Damen und Herren, was da in Heller und Pfennig oder besser in Milliarden oder Millionen auf uns zukommt, wissen anscheinend wir alle nicht. Wir wissen nur eines: man hat dem Parlament bei seinen Beschlüssen nie einen klaren Rahmen vorgehalten, der genau die Grenze des Möglichen angab; man ließ Beschlüsse zu oder ergriff sogar Initiativen zu Beschlüssen, und man trieb eine Finanzpolitik, bei der sich die später zwangsläufig folgenden Ausgaben — und das wird nun klar — wie die Kaninchen vermehren. Das ist die Situation.

    (Abg. Dr. Burgbacher: Aber Ihre Fraktion hat sich bei der Vermehrung beteiligt!)

    — Ich habe gesagt, es ist diesem Hause das
    steht doch fest — nie der Rahmen des Möglichen, nie die Grenze vorgehalten worden.

    (Abg. Dr. Burgbacher: Gebe ich zu!)

    — Dann sind wir einig. Die Finanzpolitik bestand in diesem Fall in der Tat nur aus Mutmaßungen über das „große Ganze". Das müssen Sie doch zugeben.
    So hat man also Verständnis dafür, daß der Finanzminister seine Etatrede sehr auf „moderato" abgestimmt hat und den von ihm eingebrachten Etat sehr bescheiden als „Übergangshaushalt" bezeichnete. Der „Übergänge" sind allerdings viele denkbar. Der Verbrauchsteuerzahler wird sich vielleicht, wenn er von den Verbrauchsteuererhöhungen hört, die von der Minderheitsregierung vorgeschlagen werden, an das niederdeutsche Sprichwort erinnern: „Es ist alles ein Übergang, sagte der Fuchs, da zog man ihm das Fell über die Ohren." Sie kennen das. Aber ich nehme an, der Wirtschaftsminister, der nun als amtlicher wirtschaftspolitischer Nothelfer in Steuersachen fungiert, hat daran nicht gedacht. Er hat wohl mehr an den schlichten Übergang von „Unordnung in Ordnung" gedacht. Ich glaube, dieser Übergang war wohl das, was er meinte. Unordnung und spätes Leid, das haben Sie jetzt zu tragen, und das erleben wir mit Ihnen allen zusammen.

    (Zustimmung des Abg. Dr. Burgbacher. — Zurufe von der CDU/CSU.)

    Ich möchte deswegen sagen, objektiv ist das, was
    sich jetzt langsam herausstellt, in einem Jahresetat
    nicht zu schaffen und nicht in Ordnung zu bringen.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU.)

    Eigentlich müßte man nach einem einjährigen Übergangshaushalt, wie immer er gestaltet wird, dann zwei Jahre in die Hand nehmen, um so zu einem tragbaren Rahmen zu kommen, innerhalb dessen sich ein Gleichgewicht herstellen ließe.

    (Zustimmung des Abg. Dr. Burgbacher.)

    Doch sehen wir einmal von diesen Überlegungen ab. Heute und hier und in den weiteren Haushaltsberatungen muß doch erst einmal Kassensturz gemacht werden — der ist doch immer noch nicht erfolgt —, Inventur und Bilanz samt aller zukünftigen Verpflichtungen. Politisch nennen wir das seit langem — und das fordern wir seit langem als Sozialdemokraten Bestandsaufnahme. Das muß als erstes nun auch finanziell gemacht werden. Wir fordern dabei zuallererst — wo wir hier in diesem Parlament auch stehen mögen —, daß man dem deutschen Volk dann nach dem Kassensturz die ungeschminkte Wahrheit sagt.

    (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der CDU/CSU.)

    Der jeweilige Finanzminister, wer immer er sei, möge sich dann mit Lichtenberg trösten: „Es ist fast unmöglich, die Fackel der Wahrheit durch ein Gedränge zu tragen, ohne jemandem den Bart zu sengen."

    (Heiterkeit.)

    Wir selbst haben uns schon bei der dritten Lesung des Haushalts 1966, am 27. Mai, ausdrücklich bereit erklärt, auch an unpopulären Beschlüssen verantwortlich mitzuwirken, wenn uns die vollständige, wohlfundierte Gesamtrechnung bis 1969/70 aufgemacht würde. Eine neue Bundesregierung wird also — und das ist das Zweite — das Hauptbuch der Nation aufschlagen und vollkommen einsehbar machen müssen. Das Ergebnis wird sicherlich sein: der Haushalt, auch der Haushalt 1967, muß noch einmal durchforstet werden, und es müssen Opfer gebracht werden.



    Dr. Schiller
    In einem kürzlich erschienenen, sehr prophetischen Buch von Klaus Harpprecht, der, glaube ich, für die rechte Seite dieses Hauses ein sehr unverdächtiger Zeuge ist, wird gesagt:
    Der Wähler hat ein Recht auf Ehrlichkeit — und er verdient sie in jeder Hinsicht. Das verlangt, daß die Parteien auch streng mit sich selbst sind. Sie können nicht lange über ihre Verhältnisse, d. h. ohne Wahrheit leben.
    Einen Schritt im Sinne dieser Notwendigkeiten und dieser Absichten zur Wahrheit hin stellt unser vorgelegter Kernhaushalt dar — einen Schritt, soweit er uns jetzt möglich ist. Die unsichtbaren Finanzhilfen — das wurde heute morgen gesagt; sprich: die unsichtbaren Subventionen — werden hier in diesem unserem ersten Vorschlag um 9 % gekürzt — immerhin ein Wort —, und die sichtbaren Subventionen werden um ca. 5 bis 6 % gekürzt. Das ist die eine Aktionsrichtung, die wir mit dem Kernhaushalt auch wirtschaftspolitisch ausdrücken wollen.
    Wir sind zu weiteren oder anderen Schritten zu einer Flurbereinigung des Haushalts bereit. Sie ist fällig. Aber, meine Damen und Herren, diese Arbeit ist nur die eine Seite der Medaille. Der Appell an „Schweiß und Tränen", der kürzlich aus Süddeutschland kam, der allgemeine Aufruf zur Buße genügt doch nicht. Wenn wir mit diesen Aufrufen gewisse Haltungen und Bereitschaften in unserem Volke wiederherstellen, ist das gut und ein wesentliches Mittel, um den Bundeshaushalt — ich sage das einmal so — zu entrümpeln. Aber es wäre völlig falsch, jetzt, in dieser Phase unserer wirtschaftlichen Entwicklung, lediglich eine restriktive Finanzpolitik durch Steuererhöhungen und Ausgabenkürzungen zu betreiben.

    (Beifall bei der SPD.)

    Wir halten nichts von Erklärungen, daß man grundsätzlich gegen oder für Steuererhöhungen sei. Die Frage der Steuererhöhungen sollte nach unserer Meinung in erster Linie unter gesamtwirtschaftlichen Gesichtspunkten und ganz speziell unter konjunkturpolitischen Gesichtspunkten entschieden werden. Wir stellen jetzt nur eines fest: Steuererhöhungen würden in dieser Konjunkturphase nicht in die Landschaft passen.

    (Beifall bei der SPD und der FDP.)

    Denn Steuererhöhungen würden nicht antizyklisch, sondern prozyklisch wirken, d. h. die derzeitigen Tendenzen zur wirtschaftlichen Stagnation verstärken.
    Meine Damen und Herren, diese konjunkturpolitische Aussage gilt auf alle Fälle für die Lohn- und Einkommensteuer,

    (Zustimmung bei der CDU/CSU)

    und ich bin sehr froh, daß Herr Kollege Leicht in diesem Punkt eine klare Aussage in derselben Richtung wie ich gemacht hat. Aber mit solchen Steuererhöhungen, meine Damen und Herren, wie auch immer — ich komme gleich noch auf die Verbrauchsteuern —, würden wir weitere Wachstumsverluste
    der Volkswirtschaft vorbereiten und damit wieder künftige Defizite der öffentlichen Haushalte produzieren. Das ist der Punkt.

    (Zustimmung bei der SPD.)

    Nun wende ich mich den konjunkturpolitisch weniger gefährlichen Verbrauchsteuererhöhungen zu. Auf jeden Fall gilt der Nachfrageeffekt auch hier. Auch diese Steuererhöhungen wirken jetzt, wenn auch nicht so stark, prozyklisch. Man muß bedenken, daß jede Verbrauchsteuererhöhung gerade in dieser Situation einen ungünstigen Preiseffekt haben wird. Ich stimme da also in beiden Fällen mit dem Kollegen Emde völlig überein.
    Mich hat sehr erfreut zu hören, daß auch der Kollege Leicht sehr deutlich gesagt hat: Weder durch Ausgabenstopp noch allein durch Steuererhöhungen ist ein Ausgleich herbeizuführen. Ich freue mich auch, daß er wenigstens gegenüber zwei von der Minderheitsregierung vorgeschlagenen Verbrauchsteuererhöhungen gewisse Vorbehalte angebracht hat.
    Meine Damen und Herren, unser Kernetat sieht von beiden Dingen ab. Ich möchte das erklären. Er will der deutschen Volkswirtschaft eine Chance geben, wieder zu steigenden Zuwachsraten zu kommen, wieder in einen neuen Aufschwung zu gelangen. Wir können den Kernhaushalt auch als einen Schonhaushalt bezeichnen. Seine Zuwachsrate — das ist heute morgen dargelegt worden — ist erheblich niedriger als die Zuwachsrate des gesamten nun vorgelegten Haushaltsentwurfs der Minderheitsregierung.
    Aber, meine Damen und Herren, ich sage es ganz deutlich: Der Kernhaushalt genügt für sich allein nicht. Er ist notwendig für eine Politik der Sparsamkeit und der Ordnung. Aber diese Politik der Sparsamkeit und der Ordnung darf nicht in eine Politik der Deflation umschlagen.

    (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der CDU/CSU.)

    Eine Politik der Deflation, der Restriktion auf beiden Seiten wäre der Beginn — so sage ich — einer „Brüning-Ara", und die will wohl niemand in diesem Saal.

    (Zustimmung in der Mitte.)

    Deswegen haben wir — getrennt und besonders zu finanzieren; das ist der zweite Teil — aus wachstums- und konjunkturpolitischen Erwägungen den Stabilisierungshaushalt in Höhe von 2,5 Milliarden DM hinzugefügt.
    Der Stabilisierungshaushalt soll jetzt aufgestellt und im nächsten Jahr in dem Zeitpunkt, da es die Konjunktur verlangt oder erlaubt, durch einen Beschluß des Parlaments oder der Regierung — darüber kann man sich unterhalten — teilweise oder ganz in Kraft gesetzt werden. Früher nannte man das Eventualhaushalt.
    Um dieses Konzept des Stabilisierungshaushalts zu verdeutlichen, muß ich einen Blick auf unsere wirtschaftliche Lage, auf unsere wirtschaftliche Entwicklungsphase werfen. Nach derzeitiger amtlicher



    Dr. Schiller
    Meinung sind unsere wirtschaftlichen Probleme Ausdruck eines nun zitiere ich den Finanzminister —„ausgeprägten Anpassungs- und Konsolidierungsprozesses"; sie seien Ausdruck des Übergangs — da kommt wieder das Wort — von den hohen realen Wachstumsraten der 50er Jahre, die, wie Sie, Herr Schmücker, sagen, noch bei 8 % lagen, auf die natürlicherweise niedrigeren realen Wachstumsraten der Zukunft, die in der Etatrede von Herrn Schmücker für die Zeit his 1970 auf etwa 3,5 bis 4 % geschätzt werden. Übrigens, Herr Schmücker, liegen wir mit dieser Schätzung an der Untergrenze der kontinentaleuropäischen OECD-Länder; auch das muß gesagt werden.
    Aber zu der Feststellung von dem Übergang und daß darauf alle Probleme zurückzuführen seien, darf ich mit aller Offenheit sagen, sie erklärt doch nur einen Teil der Wirklichkeit. Die Wirklichkeit im ganzen beweist uns anderes und Wesentlicheres. Wie die Konjunktursituation heute beurteilt wird, möchte ich folgendermaßen skizzieren.
    Erstens. Für das Jahr 1966 wird noch eine reale Zuwachsrate des Sozialproduktes von 3,5% angenommen. Die Arbeitsgemeinschaft der Forschungsinstitute schätzt für das erste Halbjahr 1967 eine Rate von nur 2,3%. Meine Damen und Herren, die Sie die Minderheitsregierung noch tragen, wenn wir diese Zahl erreichen, stimmt die ganze Haushaltsrechnung 1967 nicht, die uns heute aufgemacht worden ist; dann ist die wieder überholt. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung rechnet jetzt für das ganze Jahr 1967 real nur mit 2,2%, allerdings unter der Voraussetzung, daß keine Änderung der Wirtschafts- und Finanzpolitik eintritt.
    Zweitens. Das Ifo-Institut — um also die ganze bunte Lese zu machen — nennt das Jahr 1966 wirtschaftlich das „Jahr der Planrevisionen". Die Unternehmerpläne wurden ständig revidiert, und zwar nur in einer Richtung, nach unten, in den Keller. 1965 Planung der Investitionen mit einer Zunahme um 16%, dann 5 %, heute auf 3 % revidiert, und für 1967 wird zum erstenmal sogar eine negative Rate der Investitionen erwartet.
    Meine Damen und Herren von der Minderheitsregierung und von der Partei oder Fraktion, die diese Minderheitsregierung trägt, Sie hören heute von mir nicht das Wort ;Wirtschaftskrise".

    (Zurufe von der Mitte: Sehr gut! Bravo!)

    Das Wort „politische Krise" brauche ich nicht in den Mund zu nehmen; das kennen Sie besser als ich, das ist klar.

    (Beifall bei der SPD.)

    Auf jeden Fall müssen Sie eines mit mir feststellen: Das Jahr 1965 war ein Jahr der Sünde, das Jahr 1966 war finanzpolitisch ein Jahr der schönen Täuschungen. Ein Zweites müssen wir gemeinsam feststellen: Das Investitionsklima in der deutschen Volkswirtschaft hat sich in diesen Monaten rasch und böse verschlechtert. Auch das ist ein Tatbestand.
    Drittens. Das Bundeswirtschaftsministerium konstatiert für den industriellen Produktionsindex für September 1966 gegenüber dem Vorjahresmonat einen Rückgang um 1,8 % und bei den Auftragseingängen gar einen Rückgang um 3,7 %. Meine Damen und Herren, das ist nicht die Krise, aber das ist der Weg in die Stagnation. Das müssen Sie auch zugeben.
    Das kann man nicht, wie es der Finanzminister getan hat — vielleicht denkt der Wirtschaftsminister anders —,

    (Heiterkeit bei der SPD)

    als einen „Konsolidierungs- oder Anpassungsprozeß" bagatellisieren. Ich will gar nicht fragen, ob das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung mit seiner Prognose recht hat, daß wir im kommenden Winter vorübergehend eine Zahl von 500 000 Arbeitslosen haben werden. Darüber will ich gar nicht rechten; das wären 2 %. Es genügt mir jetzt die Feststellung des Ifo-Instituts, daß die schwindende Investitionsneigung — und nun kommt es wörtlich — „die Gefahr eines sich selbst nährenden Schrumpfungsprozesses in sich trägt". Ich glaube, diese Feststellung genügt.
    Diese Flaute, diese mögliche Schraube nach unten ist nicht mehr bloße Anpassung, sie ist auch nicht von außen über uns gekommen. Es ist doch kein schwarzer Freitag in New York passiert. Dieser Stagnationsprozeß ist selbst fabriziert, er ist hausgemacht bei uns, weil man sich auf seiten der staatlichen Konjunkturpolitik passiv verhalten hat und das ganze Geschäft der Restriktionspolitik der Bundesbank überlassen hat. Wir sind in dieser Konstellation, wenn das so weitergeht, auf dem besten Wege, die Grenze des wirtschaftspolitisch Erlaubten zu überschreiten.

    (Abg. Dr. Burgbacher meldet sich zu einer Zwischenfrage.)

    — Ich darf diesen Gedankengang zu Ende führen, Herr Burgbacher.
    Nun bin ich ein großer Verteidiger der Autonomie der Bundesbank. Aber ich darf doch mit allem Freimut auf den § 12 des Bundesbankgesetzes hinweisen. Darin steht nämlich, daß die Bundesbank unter Wahrung ihrer Hauptaufgabe auch die Wirtschaftspolitik der Bundesregierung zu unterstützen hat. Vielleicht wird die Bundesbank darauf sagen: Es gab eben keine Wirtschafts- und Finanzpolitik der Bundesregierung; wir haben mit unserer sehr weit getriebenen Restriktionspolitik einfach ein Vakuum ausgefüllt! — Das kann die mögliche Antwort sein. Die Antwort für die Zukunft wird sein, meine Damen und Herren — von dieser Seite —: Dieses Vakuum in der staatlichen Wirtschafts- und Finanzpolitik wird in Zukunft verschwinden.
    Im übrigen hat diese einseitige Belastung der Bundesbank und die nach dem Urteil vieler, auch aus Ihren Reihen, zu weit getriebene Restriktionspolitik der Bundesbank ein paar wenig schöne gesellschaftspolitische und auch politische Nebenprodukte gezeitigt. In Zeiten hoher Zuwachsraten geht das mit den Strukturwandlungen alles sehr leicht.



    Dr. Schiller
    Aber bei schrumpfenden Zuwachsraten, bei kleinen Expansionsraten werden die Strukturwandlungen natürlich zuungunsten der mittleren und kleinen Betriebe verschärft, sie werden schmerzhafter. Damit hat diese einseitige Politik auch einen Beitrag zu den Erscheinungen des Poujadismus in Deutschland geleistet. Das müssen wir auch ganz sachlich zur Kenntnis nehmen.

    (Beifall bei der SPD.)