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ID0506428200

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Metadaten
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    Deutscher Bundestag 64. Sitzung Bonn, den 12. Oktober 1966 Inhalt: Fragestunde (Drucksachen V/970, V/980) Fragen des Abg. Geiger: Einheiten im Meßwesen — Kurzformen für Meßeinheiten — Notwendigkeit kostspieliger Um- und Neukonstruktionen 3061 C Frage der Abg. Frau Dr. Diemer-Nicolaus: Neuregelung der Vorschriften über die Berichtigung und Änderung von Steuerbescheiden Grund, Staatssekretär . . . . . . 3061 D Frau Dr. Diemer-Nicolaus (FDP) . . 3062 A Frage des Abg. Dr. Schmidt (Gellersen) : Einordnung der Zuwendungen zur Altershilfe für Landwirte usw. Grund, Staatssekretär . . . . . . 3062 B Dr. Schmidt (Gellersen) (SPD) . . . 3062 C Fragen des Abg. Börner: Erhöhung der Kfz- und Mineralölsteuer — Folgen einer Kürzung des Straßenbauhaushalts 1967 Grund, Staatssekretär . . . . . . 3063 A Börner (SPD) . . . . . . . . . 3063 C Fellermaier (SPD) . . . . . . . 3064 B Matthöfer (SPD) . . . . . . . . 3064 C Leber (SPD) . . . . . . . . . 3064 D D. Dr. Gerstenmaier, Präsident . . 3064 A, 3065 A Picard (CDU/CSU) . . . . . . . 3065 B Dr. Müller-Hermann (CDU/CSU) . . 3065 B Seifriz (SPD) . . . . . . . . . 3065 C Fragen des Abg. Matthöfer: Kürzung der Kilometer-Pauschale Grund, Staatssekretär 3065 D Matthöfer (SPD) 3066 B Frage des Abg. Kubitza: Förderung der Bildungsbemühungen von Fernschülern Kattenstroth, Staatssekretär . . . 3066 D Kubitza (FDP) . . . . . . . . 3067 A Dr. Müller (München) (SPD) . . . 3067 C Fragen des Abg. Weigl: Anträge auf Befreiung von der Versicherungspflichtgrenze 3067 C Frage des Abg. Prochazka: Ratifizierung des Dritten deutsch-österreichischen Sozialversicherungsabkommens Kattenstroth, Staatssekretär . . . 3067 D Frage des Abg. Dr. Jahn (Braunschweig) : Deutsches Kulturinstitut in Kyoto Dr. Schröder, Bundesminister . . . 3068 B Frage des Abg. Dr. Jahn (Braunschweig) : Errichtung eines deutschen Kulturzentrums in Osaka/Kobe Dr. Schröder, Bundesminister . . . 3068 B Dr. Jahn (Braunschweig) (CDU/CSU) 3068 C Frage des Abg. Ertl: Italienische Angriffe gegen angebliche Unterstützung der Anschläge in Südtirol aus der Bundesrepublik Dr. Schröder, Bundesminister . . . 3068 D Ertl (FDP) . . . . . . . . . . 3068 D II Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 64. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 12. Oktober 1966 Frage des Abg. Ertl: Wahrheitsgehalt der Dokumentation der Republikanischen Partei Italiens Dr. Schröder, Bundesminister . . 3069 A Ertl (FDP) 3069 B Frage des Abg. Ertl: Schritte der Bundesregierung zur Abwehr der italienischen Angriffe Dr. Schröder, Bundesminister . . 3069 C Prochazka (CDU/CSU) 3069 D Genscher (FDP) 3069 D Ertl (FDP) 3070 A Frage des Abg. Dr. Rutschke: Deutscher Finanzbeitrag zum Neubau der „Metropolitan Opera" in New York Dr. Schröder, Bundesminister . . . 3070 B Dr. Rutschke (FDP) 3070 B Fragen des Abg. Richter: Haushaltsmittel 1965 für nicht einkalkulierte Mängel und Fehler an Schiffen, Booten und sonstigem Marinegerät Gumbel, Staatssekretär . . . . . 3070 D Frage des Abg. Dr. Müller (München) : Förderung des Leistungssports durch die Bundeswehr Gumbel, Staatssekretär . . . . . 3071 B Dr. Müller (München) (SPD) . . . 3071 C Frage des Abg. Dr. Müller (München) : Leistungszentrum für bei der Bundeswehr dienende Hochleistungssportler Gumbel, Staatssekretär . . . . . 3071 D Dr. Müller (München) (SPD) . . . 3072 A Fragen des Abg. Schwabe: Technische Konsequenzen aus dem Triebwagenunglück im September 1966 bei Bensheim an der Bergstraße Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . 3072 B Fragen des Abg. Folger: Einführung von Schaffnerwagen an Stelle der Bahnsteigsperren im Nahverkehr der DB Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister 3072 D Folger (SPD) 3073 A Frage des Abg. Schonhofen: Projektbearbeitung für die Autobahnquerverbindung Nordhessen–Bremen Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . 3073 B Frage des Abg. Schonhofen: Erstellung des Teilstückes LahdeNeesen der B 482 Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . 3073 B Frage des Abg. Schonhofen: Bau einer Brücke über die Weser am südlichen Stadtrand von Minden Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . 3073 D Frage des Abg. Unertl: Trassenführung der Autobahn Regensburg–Passau Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . 3074 A Frage des Abg. Dr. Kempfler: Auswirkung des K-Zuschlages im Stückgutverkehr auf die Zonenrand- und Ausbaugebiete Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . 3074 A Dr. Kempfler (CDU/CSU) 3074 C Genscher (FDP) zur GO 3074 C Aktuelle Stunde Südtirol-Problem Borm (FDP) 3074 D D. Dr. Gerstenmaier, Präsident . . 3075 C Ertl (FDP) 3075 D Unertl (CDU/CSU) 3076 C Prinz von Bayern (CDU/CSU) . . 3076 D Dr. h. c. Jaksch (SPD) . . . . . 3077 C Zoglmann (FDP) 3078 A Dr. Becher (Pullach) (CDU/CSU) . 3079 A Dr. Schröder, Bundesminister . . 3079 D Dr. Schulz (Berlin) (SPD) . . . . 3080 D Schmitt-Vockenhausen (SPD) . . 3081 D Große Anfrage betr. Förderung der Forschung zur wirtschaftlichen Nutzung von Kernenergie und der Weltraumforschung (CDU/CSU, FDP) (Drucksache V/788) Dr. Schober (CDU/CSU) . . . . . 3082 B Dr. Stoltenberg, Bundesminister . . 3087 C Dr. Lohmar (SPD) . . . . . . . 3095 B Moersch (FDP) . . . . . . . . 3099 B Dr.-Ing. Dr. h. c. Balke (CDU/CSU) 3101 B Flämig (SPD) 3107 A Dr. Rutschke (FDP) . . . . . . 3112 D Dr. Althammer (CDU/CSU) . . . 3114 A Raffert (SPD) . . . . . . . . 3115 D Frau Geisendörfer (CDU/CSU) . . 3118 C Entwurf eines Tierschutzgesetzes (Abg. Dr Schmidt [Wuppertal], Bading, Mertes, Rollmann u. Gen.) (Drucksache V/934) — Erste Beratung — Rollmann (CDU/CSU) 3121 C Büttner (SPD) . . . . . . . . 3123 C Dr. Rutschke (FDP) . . . . . . 3124 C Dr. Hammans (CDU/CSU) . . . 3125 C Nächste Sitzung . . . . . . . . . 3127 C Anlagen 3129 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 64. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 12. Oktober 1966 3061 64. Sitzung Bonn, den 12. Oktober 1966 Stenographischer Bericht Beginn: 14.32 Uhr
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    Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Beurlaubungen Dr. Achenbach *) 13. 10. Dr. Adenauer 12. 10. Dr. Aigner *) 13. 10. Frau Albertz 12. 10. Dr. Arndt (Berlin/Köln) 14. 10. Bading *) 14. 10. Bauer (Wasserburg) 14. 10. Bäuerle 31. 10. Berlin 20. 10. Beuster 14. 10. Dr. Birrenbach 19. 10. Blachstein 20. 10. Blumenfeld 14. 10. Buchstaller 14. 10. Burgemeister 31. 10. Dröscher *) 12. 10. Eisenmann 31. 10. Erler 31. 10. Faller *) 12. 10. Hahn (Bielefeld) *) 14. 10. Illerhaus 12. 10. Dr. Jungmann 21. 10. Klinker *) 14. 10. Könen (Düsseldorf) 22. 10. Köppler 21. 10. Kriedemann *) 12. 10. Freiherr von Kühlmann-Stumm 20.10. Lamperspach 14. 10. Lenz (Trossingen) 31. 10. Lücker (München) *) 14. 10. Mauk *) 13. 10. Michels 14. 10. Missbach 14. 10. Dr. Mühlhan 14. 10. Müller (Aachen-Land) *) 14. 10. Frau Pitz-Savelsberg 31. 10. Porzner 14. 10. Frau Renger 14. 10. Richarts 14. 10. Dr. Schmid (Frankfurt) 14. 10. Dr. Staratzke 14. 10. Frau Strobel*) 12. 10. Strohmayr 31. 10. Teriete 20. 10. Dr. Verbeek 31. 10. Weimer 31. 10. Wurbs 14. 10. *) Für die Teilnahme an Ausschußsitzungen des Europäischen Parlaments Anlage 2 Umdruck 101 Antrag der Fraktion der SPD zur Großen Anfrage der Fraktionen der CDU/CSU, FDP betr. Förderung der Forschung zur wirtschaftlichen Nutzung von Kernenergie und Weltraumforschung - Drucksache V/788 - Anlagen zum Stenographischen Bericht Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird aufgefordert, 1. innerhalb des Bundesministeriums für wissenschaftliche Forschung in sachlicher und organisatorischer Hinsicht dafür Sorge zu tragen, daß die staatliche Wissenschaftspolitik mit der technologischen Entwicklung abgestimmt und koordiniert wird; 2. auf eine engere Zusammenarbeit zwischen industrieller Gemeinschaftsforschung, wissenschaftlichen Forschungsarbeiten an Hochschulen und Instituten und staatlicher Forschungsförderung zu drängen; 3. die Forschungsplanung zu einem Arbeitsprogramm zusammenzufassen, die diese verschiedenen Bereiche der Forschung aufeinander abstimmt; 4. dafür Sorge zu tragen, ,daß eine einseitige Beratung der Bundesregierung in den Fragen der Weltraumforschung und der AtomkernenergieEntwicklung vermieden wird: 5. zu prüfen, ob durch ein engeres Zusammenwirken bzw. durch den Zusammenschluß von ELDO und ESRO die Koordination im europäischen Maßstab effektiver gestaltet werden kann; 6. Vorschläge für ein langfristiges Arbeitsprogramm für EURATOM zu machen; 7. zu prüfen, mit welchen Ländern Abkommen über gemeinsame Anstrengungen auf den Gebieten der Ausbildung, der Forschung und der Entwicklung abgeschlossen werden sollten. Bonn, den 12. Oktober 1966 Erler und Fraktion Anlage 3 Umdruck 102 Antrag der Fraktionen der CDU/CSU, FDP zur Großen Anfrage der Fraktionen der CDU/CSU, FDP betr. Förderung der Forschung zur wirtschaftlichen Nutzung von Kernenergie und der Weltraumforschung - Drucksache V/788 - Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird aufgefordert, dafür Sorge zu tragen, daß 1. der nationale Anteil an der internationalen Weltraumforschung und Weltraumtechnik verstärkt wird; 2. für die internationale Zusammenarbeit in der Weltraumforschung eine noch wirkungsvollere Koordination der bestehenden deutschen Einrichtung der Wirtschaft und des Staates erreicht wird; 3. die Zusammenarbeit der Selbstverwaltungsorganisationen der Wissenschaft im gesamten europäischen Bereich erleichtert und verbessert wird; 3130 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode 64. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 12. Oktober 1966 4. die deutsche bzw. europäische Energiepolitik so gestaltet wird, daß die Energieerzeugung aus Kernkraftwerken neben den herkömmlichen Energieträgern zur Deckung des steigenden Energiebedarfs der Zukunft in angemessenem Umfang beitragen kann; 5. Prospektierung und Erschließung der Uranerzvorkommen auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland verstärkt und beschleunigt werden. Bonn, den 12. Oktober 1966 Dr. Barzel und Fraktion Freiherr von Kühlmann-Stumm und Fraktion Anlage 4 Schriftliche Ausführungen der Abgeordneten Frau Geisendörfer zu Punkt 2 der Tagesordnung. Auf dem Raumfahrtkongreß in Bad Godesberg wurde neulich davon gesprochen, daß man „ein Wort der Ermunterung" vom Bundestag erwarte. Ich hoffe, daß alle Mitarbeiter an den Aufgaben, von denen heute die Rede war, Wissenschaftler und Techniker, dieses Wort der Ermunterung für eine Arbeit, die in der Öffentlichkeit noch nicht immer das nötige Verständnis findet und vielleicht auch noch nicht finden kann, herausgehört haben.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Wolfgang Rutschke


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Meine Vorredner haben schon in trefflicher Weise den Inhalt dieses Gesetzes dargelegt. Gestatten Sie mir noch einige kurze Bemerkungen zum Thema „Tier und Mensch in ihrem Verhältnis zueinander".
    Tierschutz ist sowohl ein Gebot der Sittlichkeit wie — es liegt mir hauptsächlich daran, dies zu zeigen — ein Gebot der Gerechtigkeit, zu dessen Erfüllung der vorliegende Gesetzentwurf dienen soll.
    Das Tier ist in unserer Rechts- und Gesellschaftsordnung als Sache betrachtet und behandelt worden. Selbst diese Stellung macht die Forderung einer sittlich einwandfreien Einstellung zu ihm nicht gegenstandslos. Es gab Zeiten, in denen nicht nur das Tier, sondern auch ein großer Teil der Mitmenschen als rechtlose Sache betrachtet wurden, Zeiten, die im übrigen als Blütezeiten der Kultur und Zivilisation gelten, die griechisch-römische Antike.
    Jacob Burckhardt weist in seiner „Griechischen Kulturgeschichte" mit Recht darauf hin, ,daß das Verhältnis des Herrn zum Sklaven zwar das des unbeschränkten Eigentümers war, daß aber z. B. Tötung von Sklaven, Vergewaltigung und dergleichen unter den Freien verpönt waren. Dieses sittliche Gebot habe in erster Linie deshalb gegolten, weil der freie Grieche in Exzessen seine Würde als Mensch verletzt hätte. Die anständige Behandlung des Sklaven war zwar kein rechtliches, aber ein allgemein verbindliches moralisches Gesetz. Man sieht also, daß Grausamkeiten gegenüber der Kreatur, selbst wenn man sie als solche betrachtet, verächtlich wären.
    Ich kann jedoch kein Hehl daraus machen, daß ein moralisches Gebot meiner Meinung nach nicht ausreicht. Vieles, was in der heutigen Welt auf dem Gebiet des Tierschutzes im argen liegt, beruht



    Dr. Rutschke
    auf dem Irrtum, daß das Tier ein bloße Sache sei, eine res non animata, und damit etwas vom Menschen wesentlich Verschiedenes.
    Daß man darüber ganz anders denken kann, ja daß gerade die Weisesten in anderen Kulturkreisen den Unterschied zwischen Tier und Mensch für keineswegs entscheidend hielten, dafür war mir immer ein schöner Beleg der Bericht Schopenhauers über gewisse Einführungszeremonien im Brahmanismus, der uralten indischen Lehre. Dort wurde der Schüler in einen verdunkelten Raum geführt, auf dessen erhellter Bühne nacheinander die verschiedensten Tiere vorübergeführt wurden. Bei jedem Tier wurde als Formel das sogenannte „Große Wort" wiederholt: „Tat twam asi", das heißt: „Dies bist du". Ich glaube, es gibt keine schönere und eindringlichere Art, dem Menschen, der sich um Weisheit bemüht, seine Stellung in dieser Welt klarzumachen. Ich wünschte, dieser Gedanke würde auch bei uns verstanden.
    Tatsächlich deutet ja auch das Wort von den „unvernünftigen Geschöpfen", das in bezug auf die Tiere manchmal gebraucht wird, darauf hin, daß man den Unterschied in der Begabung des Menschen mit der Vernunft, d. h. der Fähigkeit, Begriffe zu bilden und Schlüsse zu ziehen, erblickt. Aber wie weit ist es eigentlich mit dieser so gerühmten Begabung her? Recht boshaft hat das Goethe ausgedrückt: „Er nennt's Vernunft und braucht's allein, um tierischer als jedes Tier zu sein."
    Aber selbst wenn man nicht so weit gehen will, so ist doch zu konstatieren, daß auch die wissenschaftliche Forschung, insbesondere die sogenannte Verhaltenslehre, zu Ergebnissen kommt, die dem menschlichen Hochmut einen gewaltigen Dämpfer aufsetzt. Wer z. B. die Bücher von Lorenz kennt, insbesondere das mit dem Titel „Das sogenannte Böse" und dem Untertitel „Zur Geschichte des Aggressionstriebes", der wird feststellen, daß sich beim Tier wie beim Menschen im wesentlichen dieselben psychologischen Voraussetzungen und Reaktionen finden und in der Menschenwelt vielfach nicht mehr Ordnung herrscht als im Reich der „unvernünftigen" Tiere.
    Wenn aber, wie ich im Rahmen dieser Ausführungen hier natürlich nur andeuten konnte, der Unterschied zwischen Menschen und Tieren nicht so groß ist, wie wir vielfach glauben oder wenigstens geglaubt haben, so ergibt sich daraus geradezu logisch auch eine Verminderung des Unterschiedes in der Rechtsstellung. In dem Maße, wie man den Begriff des Tieres als bloße Sache aufgeben muß, ihm also eine gewisse Persönlichkeit zuzusprechen genötigt ist, hat diese auch Anspruch auf Rechte, die einem beliebigen Schalten wie mit einem leblosen Eigentum entgegenstehen. Dazu soll nun der vorliegende Gesetzentwurf die Voraussetzungen schaffen.
    Wenn wir den Tieren Rechte geben, sie strafrechtlich schützen, so ist dies kein Almosen, was wir ihnen geben, sondern, wie gesagt, die Erfüllung einer Forderung der Gerechtigkeit. Wir wollen uns dann aber nicht dabei beruhigen, daß nun die Gerechtigkeit erfüllt sei, denn wie in allen großen Fragen — und ich habe mich bemüht zu zeigen, daß es sich hier um eine wichtige, große Frage handelt — müssen zu den Bemühungen des Verstandes die des Herzens kommen. Liebe und Begeisterung sind hier ebenso notwendig wie sachliche Arbeit.
    Darüber hinaus wird sich hoffentlich der Gedanke immer mehr durchsetzen, daß die Einstellung zum Tier und im besonderen zum Tierschutz geradezu ein Probierstein für die Echtheit und Wahrhaftigkeit menschlichen Gefühls und inneren menschlichen Wertes ist.
    Ich habe vom Unterschied zwischen Tier und Mensch gesprochen, und so will ich zu diesem Punkte noch einmal Goethe, diesmal nicht sarkastisch, zitieren, der auf die Frage, was den Menschen von allen anderen Wesen, die wir kennen, unterscheidet, die Antwort gibt, die er allerdings wohlweislich nicht als Feststellung, sondern als sittliche Forderung formuliert: „Edel sei der Mensch, hilfreich und gut!"

    (Beifall.)



Rede von Dr. Thomas Dehler
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Hammans.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Hugo Hammans


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin nicht der Meinung des Herrn Kollegen Büttner, daß die erste Lesung eines Gesetzentwurfs nicht dazu da sei, ein paar grundsätzliche Dinge zu sagen, und ich freue mich, daß Herr Dr. Rutschke das schon in sehr gründlicher Form getan hat. Daher kann ich mich bei den grundsätzlichen Dingen sehr kurz fassen.
    Trotzdem ein paar ganz kurze Gedanken zum Verhältnis Mensch und Tier! Schon in der Genesis hat Adam dadurch, daß er die Tiere mit Namen nannte, Macht über sie bekommen, und auch in unserer Märchenwelt gibt es, wenn Sie so wollen, Beispiele dafür. Sie kennen das Märchen vom Rumpelstilzchen: Nur so lange, wie sein Name nicht bekannt war, hatte es die Macht, Dinge zu tun, die ungewöhnlich waren.

    (Abg. Erhard [Bad Schwalbach] : Das war aber, ehe Eva da war! — Zuruf von der SPD: Muß denn das noch um diese Zeit sein?!)

    Beim Propheten Daniel ist die Rede davon, wie am Ende aller Tage Mensch und Tier in friedlicher Eintracht leben.. Vielleicht sollte man in diesem Zusammenhang noch Franz von Assissi nennen und das Verhältnis, das er zu den Tieren hatte.

    (Zuruf von der SPD.)

    Aus christlicher Sicht haben wir eine bindende Aufgabe dem Tier gegenüber, und zwar müssen wir das Tier schützen; aber es hat uns zu dienen.
    Von daher gesehen, müssen wir den Entwurf dieses Tierschutzgesetzes begrüßen, weil er eine weitere Humanisierung auf rechtlicher Basis im Verhältnis dem Tier gegenüber darstellt. Grundtendenz bei der Beratung muß sein, in Ehrfurcht vor dem Lebendigen die Tiere richtig in die Hierarchie der Werte einzuordnen.



    Dr. Hammans
    Ein Biologe wird, wie viele, viele andere Mitbürger auch, sicher geboren mit einer großen Liebe im Herzen zum Lebendigen und besonders zu den Tieren. Aber so sehr er auch Freude an Freundschaften mit Tieren hat, die er beobachtet — in der Familie oder draußen —: Hier, bei der Beratung des Tierschutzgesetzes muß das Emotionale, das Gefühlsmäßige, zurücktreten gegenüber einer klaren wissenschaftlichen Grundlage, die wir in der Verhaltensforschung und in der Tierpsychologie finden können, damit ein Gesetz entsteht, das von Menschen gemacht, aber auf den Schutz des Tieres vor den Unarten des Menschen ausgerichtet ist. Es muß tiergemäß sein, wie es dem Verhalten und dem Instinkt des Tieres und nicht, wie es dem Denken der Menschen entspricht. Die moderne Zoologie zeigt uns Möglichkeiten, dem Tier gerecht zu werden.
    Zu einer Grundbetrachtung gehört auch die Feststellung, daß Gebiß und Verdauungstrakt des Menschen für eine gemischte Nahrung eingerichtet sind. Gemischte Nahrung ist zum Teil fleischlich, zum Teil pflanzlich.

    (Zuruf von der SPD: „Schappi" ! — Heiterkeit.)

    Wir können aber kein Fleisch eines Tieres essen, ohne es vorher getötet zu haben. Herr Kollege Rollmann hat schon ausgeführt, daß die Schlachtordnung als Länderangelegenheit behandelt werden soll. Trotzdem möchte ich, da er das Wort Schächten genannt hat, nicht den Anschein erwecken, als wollten wir diesen Schwarzen Peter, der gar keiner ist, den Ländern zuschieben. Ich glaube, es ist gut, wenn auch von dieser Stelle dazu einmal ein klares Wort gesagt wird.
    Wir leben in einer pluralistischen Gesellschaft. Sie können mir glauben, daß dieses Wort ein schreckliches ist, aber ich kenne keines, das besser den Zustand ausdrücken könnte, in dem wir uns in diesem freiheitlichen Rechtsstaat befinden und in dem jeder nach seiner Fasson selig werden kann. Dazu gehört eben auch, daß Teile unserer Bevölkerung aus rituellen Gründen Tiere schächten. Darunter versteht man die religiös vorschriftsmäßige Tötung eines Tieres. Dazu werden größere Tiere niedergelegt, und die Tötung erfolgt durch einen einzigen klaren Schnitt, bei dem sämtliche Weichteile bis zur Wirbelsäule durchgetrennt werden. Infolge des Nervenschocks sowie der plötzlichen Stockung der Blutzufuhr zum Gehirn tritt augenblicklich Bewußtlosigkeit ein. Gutachten der Veterinärsachverständigen besagen, daß es sich beim Schächten nicht um Quälerei handele — das muß eindeutig festgestellt werden —, sondern daß der Vollzug des Schächtens selbst ein Betäubungsverfahren des Tieres beinhalte. Nach amerikanischen Untersuchungen sollte man lediglich einen Weg finden, das Tier beim Umlegen so zu behandeln, daß es nicht verängstigt wird.
    Doch gestatten Sie mir, auch in der ersten Lesung ein paar Bemerkungen zu einigen Teilen des Entwurfs zu machen, die sicher in den Beratungen der Ausschüsse eine große Rolle spielen werden. Dazu wird sicher gehören, daß man sich über die Mastmethoden unterhalten muß, bei denen die Tiere durch die Haltungsart oder durch die Methode der
    Fütterung gequält oder in ihrer Gesundheit geschwächt werden. Vermißt habe ich ferner, daß es nicht erlaubt ist, Haustiere oder in Gefangenschaft befindliche Wildtiere hungern zu lassen. Ich erinnere an das Beispiel, das in den letzten Tagen in der Presse zu lesen war, wo ein deutscher Bauer seine Tiere verhungern ließ. Es ist zu begrüßen, daß es in Zukunft nach dem Gesetzentwurf verboten sein wird, ein Tier zu verstümmeln. Hiervon sollte man das Schnabelstutzen beim Geflügel ausschließen, wenn das Geflügel in großer Menge im Stall gehalten wird. Denn wenn man diesen Tieren nicht den Schnabel stutzt, werden sie sich gegenseitig verletzen, sie werden nämlich anfangen, andere zu picken, sie bluten, und schließlich endet das noch in „Kanibalismus".