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    Deutscher Bundestag 60. Sitzung Bonn, den 5. Oktober 1966 Inhalt: Glückwunsch zum Geburtstag des Abg. Dr. h. c. Jaksch . . . . . . . . . . 2927 A Fragestunde (Drucksache V/958) Fragen des Abg. Schmidt (Kempten) : Gefahr eines künftigen Mangels an Zahnärzten Bargatzky, Staatssekretär . . . . 2928 A Schmidt (Kempten) (FDP) . . . . 2928 B Dr. Meinecke (SPD) 2928 D Frage des Abg. Dr. Schmidt (Gellersen) : Ausbau der B 27/243 von Herzberg bis Bad Lauterberg Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister 2929 A Bading (SPD) 2929 C Schmidt (Braunschweig) (SPD) . . 2929 C Frage des Abg. Dr. Mommer: Ausschreibungsstopp für Bauten an Bundesstraßen in Baden-Württemberg Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . 2929 D Dr. Mommer (SPD) . . . . . . . 2930 A Börner (SPD) . . . . . . . . . 2930 B Brück (Köln) (CDU/CSU) . . . . 2930 D Brück (Holz) (SPD) 2930 D Frage des Abg. Brück (Holz) : Verhinderung eines Exportauftrages der Saarbergwerke nach Schweden durch die Bundesregierung Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister 2931 A Brück (Holz) (SPD) 2931 A Hussong (SPD) 2931 C Frage des Abg. Dröscher: Aufstellung von Getränkeautomaten in Eil- und Nachtschnellzügen Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . 2931 D Dröscher (SPD) . . . . . . . . 2932 A Frage des Abg. Kaffka: Zuschlag pro Frachtbriefsendung bei Güterabfertigungen mit geringem Stückgutverkehr Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister 2932 B Kaffka (SPD) 2932 C Frage des Abg. Kaffka: Zweckmäßige Aufstellung der Verkehrszeichen Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . 2932 D Frage des Abg. Ollesch: Gefährdung der Sicherheit des Straßenverkehrs durch Auftragung von Lackfolien auf Bundesstraßen Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister 2933 A Borm (FDP) 2933 B Frage des Abg. Ollesch: Haftung für die Verkehrssicherheit der Straßen Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . 2933 C II Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 60. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 5. Oktober 1966 Fragen des Abg. Jacobi (Köln) : Beziehungen zwischen der Verlagsgesellschaft mbH für Gegenwartskunde in Dinslaken und der Bundesregierung — Schrift „Zahlen Sie zuviel Miete?" von Hase, Staatssekretär 2933 C Jacobi (Köln) (SPD) 2934 A Dr. Schäfer (SPD) 2934 D Matthöfer (SPD) 2935 A Ott (CDU/CSU) 2935 B Sänger (SPD) . . . . . . . . 2935 B Büttner (SPD) . . . . . . . . 2935 C Frage des Abg. Borm: Berliner Fahne am deutschen Informationsstand in Brünn Dr. Schröder, Bundesminister . . 2935 C Borm (FDP) 2935 D Frage des Abg. Borm: Entfernung der Berliner Fahne vom Hotel des Berliner Bürgermeisters in New York Dr. Schröder, Bundesminister . . 2936 A Borm (FDP) 2936 B Wehner (SPD) . . . . . . . . 2936 B Fragen des Abg. Josten: Deutsch-japanischer Hochschulpraktikantenaustausch Dr. Schröder, Bundesminister . . 2936 D Josten (CDU/CSU) 2937 A Frage des Abg. Dr. Jahn (Braunschweig) : Versorgungsschwierigkeiten für die Mitarbeiter deutscher Kultureinrichtungen in Krisengebieten Dr. Schröder, Bundesminister . . . 2937 D Dr. Jahn (Braunschweig) (CDU/CSU) 2938 A Fragen des Abg. Dr. Becher (Pullach) : Haltung Bulgariens zu dem Antrag der SBZ auf Zulassung als Beobachternation bei der UNO Dr. Schröder, Bundesminister . . . 2938 B Dr. Becher (Pullach) (CDU/CSU) . . 2938 D Frage des Abg. Schultz (Gau-Bischofsheim) : Verletzung der Hoheitsrechte der Bundesrepublik durch sowjetische Hubschrauber Dr. Schröder, Bundesminister . . . 2939 A Fragen des Abg. Schultz (Gau-Bischofsheim) : Unterrichtung der NATO-Verbündeten über diese Vorfälle — Zu ergreifende Gegenmaßnahmen Dr. Schröder, Bundesminister . . . 2939 A Dr. Rutschke (FDP) 2939 B Frage des Abg. Folger: Kosten des Charterfluges des Bundeskanzlers nach Washington Dr. Schröder, Bundesminister . . . 2939 C Folger (SPD) . . . . . . . . . 2939 D Frage des Abg. Folger: Politischer Nutzen der Reisebegleitung des Bundeskanzlers in die USA Dr. Schröder, Bundesminister . . . 2939 D Folger (SPD) . . . . . . . . . 2940 A Dr. Müller (München) (SPD) . . . . 2940 B Abgabe einer Erklärung der Bundesregierung Dr. Dr. h. c. Erhard, Bundeskanzler . 2940 C Dr. Barzel (CDU/CSU) 2944 B Wehner (SPD) 2949 A Freiherr von Kühlmann-Stumm (FDP) 2958 A Dr. Schröder, Bundesminister . . . 2960 C Schmidt (Hamburg) (SPD) . . . . 2964 D Dr. Barzel (CDU/CSU) Erklärung nach § 36 GO . . . . 2970 C Dr. Schäfer (SPD) Erklärung nach § 36 GO . . . . 2972 A Frau Dr. Probst, Vizepräsident . . . 2973 C von Hassel, Bundesminister . . . . 2973 D Blumenfeld (CDU/CSU) . . . . . 2977 D Schultz (Gau-Bischofsheim) (FDP) . . 2980 B Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller (SPD) 2982 C Leicht (CDU/CSU) . . . . . . . 2985 C Dr. h. c. Jaksch (SPD) . . . . . . 2986 C Dr. Becher (Pullach) (CDU/CSU) . . 2987 A Majonica (CDU/CSU) . . . . . . 2988 C Antrag betr. Einrichtungshilfe für Sowjetzonenflüchtlinge (Abg. Frau Korspeter, Hirsch, Bartsch, Brünen, Hamacher, Kaffka, Dr. Kreutzmann, Lemper, Spillecke, Vit und Fraktion der SPD) (Drucksache V/772) 2989 A Nächste Sitzung 2989 C Anlagen 2991 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 60. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 5. Oktober 1966 2927 60. Sitzung Bonn, den 5. Oktober 1966 Stenographischer Bericht Beginn: 14.30 Uhr
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    Berichtigung Es ist zu lesen: 55. Sitzung, Seite 2654 A, Zeile 28 statt Überwiesen werden soll an den Ausschuß für Gesundheitswesen mitberatend — usw.: Überwiesen werden soll an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten — federführend —, an den Ausschuß für Gesundheitswesen — mitberatend — usw. Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich a) Beurlaubungen Dr. Achenbach *) 13. 10. Dr. Adenauer 8. 10. Dr. Aigner *) 7. 10. Dr. Arndt (Berlin) 7. 10. Dr. Arndt (Berlin/Köln) 7. 10. Dr. Artzinger *) 7. 10. Bauer (Wasserburg) 11. 10. Bäuerle 31. 10. Prinz von Bayern 7. 10. Frau Berger-Heise 7. 10. Berlin 20. 10. Blachstein 10. 10. Blöcker 7. 10. Deringer *) 7. 10. Dichgans *) 7. 10. Frau Dr. Diemer-Nicolaus 5. 10. Dr. Dittrich *) 7. 10. Dr. Eckhardt 7. 10. Eisenmann 7. 10. Dr. Emde 6. 10. Dr. Eppler 7. 10. Erler 31. 10. Frieler 8. 10. Dr. Furler *) 7. 10. Haar (Stuttgart) 7. 10. Dr. Haas 6. 10. Hahn (Bielefeld) *) 7. 10. Frau Dr. Hubert 8. 10. Dr. Huys 5. 10. Illerhaus *) 7. 10. Kahn-Ackermann 5. 10. Klinker *) 7. 10. Dr. Koch 5. 10. Kriedemann *) 5. 10. Frau Kurlbaum-Beyer 8. 10. Lange 5. 10. Lenz (Brühl) *) 7. 10. Lenz (Trossingen) 31. 10. Lücker (München) *) 7. 10. Dr. Martin 5. 10. Mauk 7. 10. Memmel *) 7. 10. Frau Meermann 8. 10. Müller (Aachen-Land) *) 14. 10. 011esch 5. 10. Peters (Poppenbüll) 6.10. Frau Pitz-Savelsberg 7. 10. Raffert 5. 10. Frau Renger 12. 10. Riedel (Frankfurt) *) 7. 10. Saam 7. 10. Schlee 5. 10. Dr. Schmidt (Gellersen) 7. 10. *) Für die Teilnahme an Fraktions- bzw. Ausschußsitzungen des Europäischen Parlaments Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordneter) beurlaubt bis einschließlich Seibert 5. 10. Springorum *) 7. 10. Spitzmüller 5. 10. Frau Strobel *) 12. 10. Dr. Süsterhenn 8. 10. Teriete 20. 10. Dr. Verbeek 31. 10. Wächter 8. 10. Weimer 7. 10. Baron von Wrangel 15. 10. b) Urlaubsanträge Brand 15. 10. Burgemeister 31. 10. Köppler 21. 10. Richarts 14. 10. Anlage 2 Umdruck 100 Antrag der Fraktion der SPD zu der Erklärung der Bundesregierung vom 5. Oktober 1966. Der Bundestag wolle beschließen: 1. Die Erklärung der Bundesregierung zu den außen- und sicherheitspolitischen Problemen im Rahmen des westlichen Bündnisses und seines Zusammenhalts ist unbefriedigend. 2. In der gegenwärtigen weltpolitischen Entwicklung ergeben sich besonders für die deutsche Politik neue Risiken. Es liegt im Interesse des wichtigsten Ziels der deutschen Politik, der Wiedervereinigung in Frieden und Freiheit, die Entspannung in der Welt zu fördern. Zugleich ist die Aufrechterhaltung unserer Sicherheit, die gegenwärtig nur im Rahmen des westlichen Bündnisses gewährleistet ist, eines der wichtigsten Fundamente für jede Wiedervereinigungspolitik. Daher muß im Zuge der Überprüfung der Gesamtlage und der Stationierung verbündeter Truppen in Europa der Versuch gemacht werden, zwischen Ost und West Vereinbarungen über gleichwertige Truppenreduzierungen auf beiden Seiten zu treffen. Ein Vorschlag zur Rüstungsverminderung in Ost und West sollte zum Ansatzpunkt für Fortschritte in der Lösung der deutschen Frage werden. 3. Eingegangene Verpflichtungen zum Ausgleich der Devisenlasten unserer Verbündeten durch Truppenstationierungen in der Bundesrepublik Deutschland müssen eingehalten werden. Die Bundesregierung wird ersucht, dem Deutschen Bundestag den Wortlaut der mit den Vereinigten Staaten von Amerika und dem Ver- 2992 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 60. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 5. Oktober 1966 einigten Königreich bisher abgeschlossenen Devisenausgleichsabkommen vorzulegen. Die Veränderungen auf dem Gebiet der Militärtechnik und der Beweglichkeit der Streitkräfte können es möglich machen, für den erforderlichen Devisenausgleich zusätzliche neue Wege zu gehen. 4. Bei den kommenden Verhandlungen über die Verteilung der Lasten zwischen den Vereinigten Staaten von Amerika, Großbritannien und der Bundesrepublik Deutschland muß die Gewährleistung der Sicherheit im Vordergrund stehen. Aufgabenstellung und Verfahrensweisen dieser Dreierverhandlungen sind so zu wählen, daß die schon bestehenden Differenzen innnerhalb des nordatlantischen Bündnisses nicht noch mehr vertieft werden. 5. Die Partnerschaft zwischen Europa und Nordamerika erfordert es, daß die in Genf laufenden Verhandlungen über die Kennedy-Runde zu einem Erfolg werden. Die Bundesregierung muß, auch wegen der besonderen deutschen politischen und wirtschaftlichen Interessen, durch konstruktive Vorschläge zum Gelingen der Verhandlungen beitragen. Bonn, den 5. Oktober 1966 Erler und Fraktion
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    Rede von Herbert Wehner


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Nein.

    (Zurufe von der Mitte.)

    Jetzt zu dem, was die Reise erbracht hat. Das Kommuniqué sagt — und der Herr Bundeskanzler hat es heute hier noch einmal unterstrichen —, der Meinungsaustausch habe zu grundsätzlicher Übereinstimmung in allen wichtigen Fragen geführt. Darüber ist die Feststellung getroffen und heute noch einmal erhärtet worden, daß zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Nordamerika auch weiterhin volle Gemeinsamkeit der Interessen in allen die internationale Sicherheit berührenden Fragen bestehe.
    Ich möchte die Gelegenheit benutzen, hier zu sagen: es ist gut, wenn diese Feststellungen so haben getroffen werden können. Es bleibt die Frage, wie sich das in der konkreten Politik praktisch auswirken wird und was Sie zu tun bereit und imstande sind, damit es sich in der konkreten Politik auswirkt.
    Der Herr Bundeskanzler hat heute besonders auch jenem Teil des Kommuniqués einige unterstreichende Sätze gewidmet, der sich mit dem Problem der Wiedervereinigung als einem Ziel auch der amerikanischen Politik befaßt. Im Kommuniqué steht — ich greife das gern wieder auf —, daß die Wiedervereinigung Deutschlands eines der Hauptziele der Außenpolitik der Vereinigten Staaten von Amerika sei und daß die Lösung der deutschen Frage auf der Grundlage des Selbstbestimmungsrechts und aus Gründen der Menschlichkeit wie auch im Interesse eines dauerhaften Friedens in Europa von entscheidender Bedeutung sei. Es ist auch festgestellt worden — wir wollen das besonders festhalten —, daß man sich darüber einig gewesen ist, daß die Freiheit Berlins erhalten werden muß und die Berlin-Frage nur im Rahmen der friedlichen Wiedervereinigung Deutschlands gelöst werden kann. Ferner ist unterstrichen worden, daß es das Recht und die Pflicht der Regierung der Bundesrepublik Deutschland — als der einzigen frei gewählten Regierung des deutschen Volkes — sei, bis zur Wiedervereinigung Deutschlands für seine Gesamtheit zu sprechen und seine Belange, wie es hier heißt, zu vertreten.
    Wir, die parlamentarische Opposition, haben — auch nachdem der Herr Bundeskanzler hier durch seine Erklärungen einen Text gegeben hat, den wir nun neben das Kommuniqué legen können — die Frage: Was soll und was wird geschehen, damit die Vereinigten Staaten von Amerika ihre Grundsatzerklärung in konkrete Bemühungen zur Lösung der deutschen Frage und zu Schritten, die in diese Richtung führen, umsetzen? Das ist eine Frage, die sich immer wieder stellen wird, weil man von den Grundsatzerklärungen allein eine Änderung des Sachverhaltes und der zu pessimistischen Betrachtungen führenden Entwicklung nicht erwarten kann.

    (Abg. Schulhoff: Aber immerhin!)

    — Ich ,stehe nicht an, zu sagen, daß es einen hohen Wert hat, daß das drinsteht. Ich mache aber in dem Zusammenhang nur darauf aufmerksam, daß diesem Hause der Herr Bundesminister des Auswärtigen seit dem 12. Januar — um das nächstliegende Datum zu nehmen — bis heute schuldig ist, überhaupt darüber zu reden, ob es nützlich sei, den Begriff des Opferns und dessen, was man tun soll und kann, konkreter zu fassen.
    Der Herr Bundeskanzler hat — auch das ist anerkennenswert — vor einem Klub in Washington am 27. September eine Rede gehalten, die wir auch im Wortlaut bekommen haben. Ich muß nur sagen: das sind leider — wenn auch sehr gut gemeinte — Allgemeinplätze gewesen. Ich frage mich, ob damit für den Zweck, auf ,den es dabei ankommt, mehr hat erreicht werden können als etwa mit der anderen Rede, die einer der Kollegen — es ist mein verehrter Vorredner gewesen — in den Vereinigten Staaten am 17. Juni gehalten hat, über die es bis heute nach den sensationellen Startsignalen mehr Schweigen im Walde als bei einer Rede sonst gibt.
    Sowohl im Kommuniqué als auch in der Erklärung des Herrn Bundeskanzlers ist darauf hingewiesen worden — und mehr als hingewiesen worden —, daß
    1 zwei wichtige Anforderungen — ich muß hier den



    Wehner
    Ausdruck nehmen, der drinsteht — unserer Zeit die seien: die Einheit des Westens und die Verbesserung der Ost-West-Beziehungen, beide in einen Zusammenhang gestellt. Es ist interessant — das war nicht immer so —, daß in dieser Richtung gedacht wird.
    Es ist dabei betont worden, daß Europa und Nordamerika ein gemeinsames Schicksal teilen und daß es deshalb ein vitales Interesse ihrer Außenpolitik sei, die Bande zwischen Nordamerika und — da heißt es nun — dem sich einigenden Europa — beim Bundeskanzler kommt es nicht so scharf heraus — zu vermehren und enger zu gestalten. Ich wäre froh, könnten wir feststellen, daß dieses Europa schon ein sich einigendes Europa wäre. Wir haben leider in dieser Beziehung in den vergangenen Jahren ziemliche Krisenerscheinungen nicht nur registrieren, sondern auch versuchen müssen, in einem bestimmten Rahmen zu halten und zurückzudrängen.

    (Abg. Schulhoff: Aber nicht durch unsere Schuld!)

    — Nein, nein, wir sprechen über Deutschlandpolitik und nicht darüber, was dann für Ihre nächste Fraktionssitzung interessant sein kann, wie man es besser machen muß.

    (Heiterkeit und Beifall bei der SPD.)

    In dem Kommuniqué heißt es weiter, in den Ost-West-Beziehungen solle fortgefahren werden, dem weitverbreiteten Wunsch nach Überwindung der Spaltung Europas und Deutschlands Rechnung zu tragen —das hat der Bundeskanzler heute mit Recht besonders hervorgehoben —, ohne die ein dauerhafter Friede nicht gesichert werden kann; dabei sollte man sich bemühen, Wege zu finden, um die erstarrten Fronten der Vergangenheit zu überwinden.
    Meine Damen und Herren, richtig verstanden würden wesentliche Teile ,dessen, was über die Washington-Reise und die Gespräche verlautet und heute hier noch einmal wiedergegeben worden ist, bedeuten, daß eine konstruktive Zusammenarbeit des Westens zur Verbesserung der Ost-West-Beziehungen nutzbar zu machen sei; das ist eine wesentliche Sache. Das kann nicht Block gegen Block geschehen; darüber sind die meisten hinaus, sofern solche Ansichten zeitweilig eine Rolle gespielt haben.
    Aber in der Tat ist es leider so, daß sich das lockert — mitunter sogar löst, nämlich auflöst —, was in diesem Kommuniqué, in dieser Erklärung der Washingtoner Gespräche die Einheit des Westens genannt wird. Da kommen wir zu dem Problem, daß wir mit Frankreich leben müssen und daß die französische Regierung ganz erklärt anderslautende Auffassungen über Europa und europäische Zusammenarbeit hat, als es die erklärten Auffassungen der anderen in der Gemeinschaft sind.
    In Washington ist — der Herr Bundeskanzler hat das heute mit Recht noch einmal in Erinnerung gerufen — die Note der Bundesregierung vom 25. März als eine konstruktive Initiative begrüßt worden. Aber ich habe da auch gefunden — und ich hoffe, daß es in diesem Punkt endlich weniger
    Zögern, weniger Mißverständnisse und mehr Zusammenwirken in der Austragung von unterschiedlichen Auffassung gibt —, daß deren Gedanken weiterentwickelt werden sollen und müssen. Denn daß man einmal eine Note geschrieben hat, die eine konstruktive Initiative darstellt und als solche gesehen worden ist, das reicht ja nicht. Jetzt geht es darum: welche Möglichkeiten? Ich hätte es für normal gehalten, wenn über einige dieser Möglichkeiten — mit all der staatsmännischen Zurückhaltung, die natürlich dem Regierungschef und seinen Ministern völlig unbestritten bleiben muß , wenn einiges über die Gedanken der Regierung in dieser Richtung hier wenigstens angedeutet worden wäre. Wir sind da leider zu kurz gekommen.
    Dann kommt das ganze große Kapitel der atlantischen Sicherheit. Dabei ist — der Bundeskanzler hat es heute noch einmal ausdrücklich wiederholt— die Entschlossenheit bekräftigt worden, die Stärke der Allianz und ihre integrierte Verteidigung aufrechtzuerhalten und sie den Anforderungen anzupassen, die in den nächsten Jahren an das Bündnis gestellt werden. Das ist eine ganz inhaltsschwere Feststellung. Ob sich jeder, der sie liest — soweit er deutsch versteht —, dessen bewußt ist, was da alles drinsteckt und was eigentlich noch alles. geschehen muß, damit daraus ein Stück Politik werden kann, das will ich hier nicht öffentlich unter Zweifel stellen. Ich glaube aber, das darf man wohl einmal denken. Wir jedenfalls in Deutschland haben es über das hinaus, was hier festgestellt wird, mit dem Problem zu tun, wie wir die Stärke der Allianz — darunter verstehe ich ihre Wirksamkeit, nicht einfach nur ihre Stärke in eingemotteten oder sonst liegenden Verteidigungsmitteln —, also ihre Wirksamkeit gewährleisten helfen können, obwohl wir ein Mitglied der Allianz, Frankreich nämlich, haben, das nicht mehr an der Vorbereitung der Verteidigung in integrierter Weise mitwirkt. Es geht also um die Frage, was wir tun können, um es so in Beziehung zur Allianz zu bringen oder in Beziehung zu halten — hier zögere ich, muß man jetzt sagen: „zu bringen", oder kann man noch sagen „es in dieser Beziehung zu halten"? —, daß auch sein Potential, seine Leistungsfähigkeit zur Stärke und damit zur Wirksamkeit der Allianz beiträgt. Das ist das entscheidende Problem, vor dem die deutsche Politik steht. Darüber sagt natürlich das Kommuniqué nichts. Ich werfe der Regierung nicht vor, daß darüber das Kommuniqué nichts aussagt; denn es ist ein Kommuniqué zwischen der Regierung oder dem Präsidenten der Vereinigten Staaten und der Bundesregierung oder ihrem Kanzler. Nur, hier wäre heute der Ort gewesen, darüber vor dem frei gewählten deutschen Parlament einige erklärende Sätze zu sagen

    (Beifall bei der SPD)

    zu dem, was wir ganz speziell zu leisten haben, wenn der Begriff „Stärke der Allianz und ihre integrierte Verteidigung aufrechterhalten" für uns Deutsche und auch für die französische Nachbarn entschlüsselt werden soll. Und er muß entschlüsselt werden. Das geht nicht mit ein paar freundlichen Worten.



    Wehner
    Ich habe hier in der Debatte — es war am 17. März — neben anderen, die hier gesprochen haben — es war damals wegen des französischen Aide-mémoire —, darüber gesprochen. Ich habe sowohl im Hinblick auf das, was mit „Sicherheit" zu bezeichnen ist, als auch im Hinblick auf das, was im Zusammenhang mit diesem Sicherheitsrahmen auf die Deutschlandpolitik zu beziehen ist, versucht, deutlich zu machen, was der Schritt Frankreichs aus dem Integrationsverband der NATO bedeutet, nachdem wir vorher schon die Krise in der Europäischen Gemeinschaft gehabt hatten. Ich erinnere mich noch, daß der Bundesminister des Auswärtigen damals sagte, er sei immerhin dankbar, daß auf die Entstehungsgeschichte einiger Rechtsgrundlagen bei dieser Gelegenheit aufmerksam gemacht worden sei. Heute ist hier, ich glaube, von meinem verehrten Vorredner, ein Punkt erwähnt worden, der damals ganz bestimmt angeleuchtet worden ist und wozu ich auch einige Versuche, zu konstruktiven Lösungen beizutragen, gemacht habe; aber später bin ich nie wieder danach gefragt worden.
    Es ist hier das Problem der Anwesenheit der französischen Truppen auf dem Boden der Bundesrepublik Deutschland angesprochen worden. Das ist eines der Teilprobleme, mit denen wir es zu tun haben, wenn wir nicht einfach nur so „hineinschlürfen", was dieser Punkt — Entschlossenheit, „die Stärke der Allianz und ihre integrierte Verteidigung aufrechtzuerhalten" — für unsere praktische deutsche Politik in jeder Beziehung bedeuten kann. Das also möchte ich, nachdem der Herr Bundeskanzler sich darüber nicht ausgelassen hat und nachdem sich auch — das kann ich verstehen; denn er hatte sich etwas anderes vorgenommen — mein verehrter Vorredner von der Fraktion der CDU/CSU nicht weiter ausgelassen hat, doch noch einmal zur Erörterung stellen.
    Wir haben damals über die Rechtsgrundlagen gesprochen. Wir haben damals darüber gesprochen, daß das eine wesentliche Sache ist nicht nur für die Sicherheit, sondern auch für die Deutschlandpolitik, weil das eng miteinander verknüpft ist. Ich will mich hier nicht zitieren. Ich will auch nicht aus den Protokollen vorlesen, die wir damals mit Recht hier zitiert haben, weil wir uns gegen eine bestimmte Auslegung dieser Verträge in der Französischen Nationalversammlung abgrenzen mußten; es ist damals bei der Annahme der Verträge, bei der es unterschiedliche Stimmen gab, einheitlich festgestellt worden, daß wir uns gegen diese Interpretation abgrenzen mußten. Nun, auf alles das ist, wie so üblich — weil es eine Regierung ist, die natürlich viel mehr weiß und die auch viel mehr zu tun hat —, später nie mehr eingegangen worden. Ich stelle die Frage hier wiederum. Bis heute weiß man zwar — das haben wir gelesen —, daß die Bundesregierung einen General ernannt hat, der seinerzeit beauftragt war, die territorialen Interessen gegenüber den französischen Truppen zu wahren oder wahrzunehmen. Inzwischen lesen wir auch ab und zu einmal eine mehr oder weniger feuilletonistische Betrachtung darüber, daß dieser General nun also im Hauptquartier des Herrn General Massu lebe. Und Soldaten verstehen sich natürlich untereinander. Es wäre ja auch ganz schlimm, wenn sie das nicht täten. Aber politisch ist damit nichts erreicht und kann man eigentlich auch nichts heraushören.

    (Beifall bei der SPD.)

    Warum ist man an die Arbeitshypothese nicht herangegangen? In Berlin sind die französischen Truppen auf einer ganz anderen Rechtsgrundlage, als es die anderen sind, die auf Grund des Stationierungsvertrages hier sind. Warum sollte es nicht möglich sein, darüber nachzudenken und auch Modelle dafür zu finden, wenn die französischen Truppen dort sind und dort aus dieser Rechtsgrundlage heraus auch bleiben, für den Nachschub, für die Ablösung, für das, was für solche auf einer Insel befindlichen Truppen notwendig ist, vertragliche Abmachungen zu treffen, die die anwesenden Truppen in eine rechtlich einwandfreie Stellung hier in der Bundesrepublik bringen? Das halte ich für wichtiger als die sicher auch nicht unwichtigen Beteuerungen, wir wünschten, daß sie hier blieben.
    Ich glaube, das hat die Regierung versäumt. Vielleicht hat sie andere Überlegungen gehabt — ich fürchte, sie hat sie gehabt —, aber das waren keine tauglicheren Überlegungen. Ich habe jedenfalls manchmal einiges davon gehört. Nur, diesen Punkt hat sie sich nicht zunutze gemacht. Wir haben damals gefordert — und ich wiederhole das heute mit stärkerem Nachdruck und jetzt über das Problem der Truppen hinaus zum Gesamtproblem Deutschland-Frankreich und im Zusammenhang mit dem, was bei der Washingtoner Reise und in dem Kommuniqué und heute nachmittag vom Bundeskanzler unterstrichen in bezug auf „Stärke der Allianz und die Aufrechterhaltung einer integrierten Verteidigung" gesagt worden ist, weil wir hier etwas haben, das sich nicht mehr mit der integrierten Verteidigung deckt —, den Versuch zu machen, jemanden, der sich der Integration aus Gründen, die seine Gründe sind und die wir nicht billigen, entzogen hat, nunmehr dennoch, weil er der Allianz weiterhin angehören will, dazu zu bringen, daß er das Seine dazu leistet, daß die Wirksamkeit der Allianz nicht gemindert, sondern, wenn es geht, weiter gestärkt wird. Wir haben damals gefordert und fordern es auch jetzt wieder, die französische Regierung laufend zu unterrichten über die Überlegungen — wir nehmen an, daß das auch im Zusammenhang mit den Washingtoner Gesprächen geschehen ist oder noch geschehen wird —, die Möglichkeiten des deutsch-französischen Freundschaftsvertrages nutzbar zu machen für die Konsultation und für die Erörterungen in diesen so schwierigen Fragen.
    In dem Zusammenhang befasse ich mich kurz mit dem Problem, das man das Problem des Devisenausgleichs nennt. Sie müssen, meine Damen und Herren, dafür sorgen, daß unsere Regierung eind Mißdeutung aus der Welt schafft, als ob das Dreierkomitee so eine Art Dreierdirektorium der NATO sei, sein wolle oder sein könne, in dem der Platz Frankreichs sozusagen durch die Bundesrepublik Deutschland ersetzt oder besetzt worden ist. Ich erfinde mir das nicht. Sie wissen ganz genau, daß in ausländischen Blättern erörtert, glücklicherweise



    Wehner
    auch von anderen ausländischen Blättern in denselben Ländern bestritten wird, daß das unsere Intention sei. Wir, glaube ich, haben ein gemeinsames Interesse daran, daß dieser Mißdeutung jedenfalls unsererseits überhaupt keine Nahrung gegeben wird und daß wir versuchen, sie aus der Welt zu schaffen.

    (Beifall bei der SPD.)

    Ich will das noch, einmal verdeutlichen. Sie haben heute hier davon gesprochen, daß es im Kommuniqué heißt, daß bei den Arbeiten, die diesem Dreierkomitee aufgetragen werden sollen, an der Behandlung dieser Fragen — so heißt es da — alle NATO-Verbündeten mitwirken wollen. Das bitte ich hier bei dieser Gelegenheit zu verdeutlichen; es muß verdeutlicht werden. Werden sie es denn können? Sofern der Ausdruck „wollen" hier richtig gewählt ist und nicht vielleicht aus sprachlichen Verschiedenheiten nicht ganz korrekt ist: Werden sie es können? Das soll deutlicher werden. Werden Sie sie einladen, und werden Sie die Arbeit so anlegen, daß sie alle mitwirken können? Ich habe den Eindruck, es besteht kein Gegensatz zwischen Ihrer Seite und unserer Seite in diesem Punkt: daß Sie versuchen wollen, daß die 15 — vielleicht sind es dann für gewisse Dinge nur 14 —, soweit sie überhaupt dafür interessiert werden können, mitwirken und daß dabei weder die Mißdeutung weiter um sich greift, dieses Dreierdirektorium sei etwas mehr als eine Stelle, wo über Devisenausgleich gesprochen werden soll, noch daß — das ist nicht unser Interesse — die Vorstellung besteht: Nun laßt die im Dreierkomitee unter sich, da geht es ja nur um Gelder, über Gelder haben wir nicht zu befinden. Hier ist ein schwieriger Punkt. Es könnte ja sein, daß die Devisenausgleichsprobleme sich so in den Vordergrund drängen oder gedrängt werden, daß nur die drei sich schließlich mit dem ganzen Rest zu befassen haben.
    Dann noch einige speifische Fragen, auf die sicher noch hier in der Debatte von meinen Kollegen eingegangen wird. Zu den Devisenausgleichsfragen wird die Bundesregierung mehr sagen und mehr belegen müssen, als sie bisher getan hat. Wir haben ein Anrecht darauf, die Texte zu sehen, mindestens — wenn Sie sie nicht allgemein verbreiten wollen — in den Ausschüssen, und wir stellen diese Forderung hier.
    Was bedeutet z. B. für unseren Haushalt jener Satz, die Bundesrepublik Deutschland werde ihr Bestes tun, um dem laufenden Devisenausgleichsabkommen nachzukommen? Als ich das las, habe ich gesagt: Das ist sicher nicht übersetzt, sondern das ist echt Bundeskanzlersprache: „werden ihr Bestes tun, um dem laufenden Devisenausgleichsabkommen nachzukommen".

    (Beifall bei der SPD.)

    Nur, was verstehen die USA darunter? Was wir darunter verstehen? Ich meine, wir müssen uns daran gewöhnen, daß wir mit solchen Ausdrücken eben fertig werden müssen.

    (Abg. Schulhoff: Was hätten Sie denn an seiner Stelle gesagt?)

    — Ich hätte erstens mal den Finanzminister mitgenommen.

    (Beifall bei der SPD.)

    Dann hätte ich ihn vorher das definieren lassen, damit man nicht mit so einem Pfannkuchenausdruck „ihr Bestes tun" nachher festklebt. Das hätte ich bestimmt versucht. Ich möchte nur wissen, wenn wir uns schon fragen, was das bedeutet: Was bedeutet das für die Vereinigten Staaten?
    Bitte, sagen Sie doch: Was bedeuten denn die Meldungen in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung" vom Samstag über Schuldverschreibungen? Was bedeutet denn jene dpa-Meldung vom 4. Oktober: Regierung erwägt fünfjähriges neues Devisenabkommen mit den USA? Sie müssen sich da deutlicher äußern. Dafür reichen das Kommuniqué und der Rahmen, den wir heute für das Kommuniqué zum Aufhängen bekommen haben, nicht aus.
    Ich muß weiter zu dem Problem „Sicherheit" und zu der Unterrubrik „Praktizierung des Devisenausgleichs" noch einiges sagen. Ist eigentlich der Bundesminister der Finanzen nur eine Art von Zahlmeister, wenn auch über sehr qualifizierte Summen? Sollte er in dieser Sache nicht engagiert werden, und hätte er nicht schon engagiert werden sollen, so wie er für die deutsch-britischen Dinge engagiert worden ist? Kann er sich im Kabinett oder in der Koalition nicht durchsetzen in Fragen dieser Art? Muß er deswegen den Dingen ihren Lauf lassen? Ist es dann aber richtig, wenn man sagt: dafür habe ich keine unmittelbare Verantwortung, möge sie der andere tragen!? Geht da am Schluß nicht manches zu Bruch, was man verhüten könnte?

    (Beifall bei der SPD.)

    Wie ist denn gewährleistet, daß die Entscheidung über Zahl und Stärke der hier stationierten Truppen von NATO-Partnern nach Maßgabe der Sicherheitsbedürfnisse gefällt wird, der Sicherheitsbedürfnisse, die einzig und allein maßgebend sein können und dürfen? Jetzt liest man in den Zeitungen, wieviel Zig-Tausende in der und in anderer Uniform in den nächsten Jahren hier sein werden. Ich finde, einer Verringerung der Truppenzahl muß in jedem Fall der Schritt vorausgegangen sein, der darauf hinzielt, eine gleichzeitige, den gleichen Umfang habende Verringerung der Truppen beider Seiten, des Ostens und des Westens, zu erwirken. Das ist bis jetzt wohl nicht gemacht worden. Es ist deklariert worden; wenn es mehr gewesen wäre, müßte man fragen: woran ist es gescheitert, wie verhindert es eigentlich die Bundesregierung, daß der Westen mit der Begründung von Zahlungsschwierigkeiten Truppen abzieht, wenn der Osten dies nicht tut? Was soll dann unsere ganze quälerische Erörterung über Sicherheit unter uns, wenn in dieser entscheidenden Frage ganz andere Gesichtspunkte als maßgeblich betrachtet werden?
    Wir haben in der Debatte vor Ihrer Abreise nach Washington durch meinen Kollegen Schmidt einige Vorschläge gemacht. Sicher, wir sind es gewöhnt, daß Sie Vorschläge zunächst einmal nicht erkennbar aufnehmen. Aber wir bringen diese Vorschläge in Erin-



    Wehner
    nerung. Wir haben uns nämlich, sofern Sie Verpflichtungen eingegangen sind — und Sie sind ja diesem Hause noch schuldig, deutlich zu machen, welche Verpflichtungen Sie mit welchen Verbindlichkeiten tatsächlich eingegangen sind —,

    (Beifall bei der SPD)

    angeboten, mitzudenken und auch mitzutragen, soweit das für eine Opposition möglich ist, bei dem Bemühen darum, daß die Verpflichtungen auf anständige Weise eingehalten werden und wir uns dabei doch nicht mit Dingen eindecken müssen, die uns belasten. Das ist vorgeschlagen worden, und das muß ich jetzt wiederholen. Wir bitten, daß weiter darüber geredet wird.
    Sie haben sofort nach Ihrer Rückkehr den Bundeshaushalt 1967 im Kabinett verabschiedet, jedoch ohne — jedenfalls für uns, die wir in die Details nicht hineinsehen können — erkennbare Konsequenzen bezüglich der von Ihnen übernommenen Verpflichtungen. Es wird noch darüber zu sprechen sein, wie Sie das eine mit dem anderen in Einklang bringen wollen.
    In der Tat geht es um das schwere Problem —von dem wir heute kein Wort gehört haben — der Neubewertung der gesamtstrategischen Situation des Bündnisses,

    (Beifall bei der SPD)

    und die kann nicht in einem noch so qualifiziert zusammengesetzten — ich sage das ohne Ironie — Komitee von dreien, sondern kann nur und muß von den fünfzehn zusammen — mit der erschwerenden Erscheinung, daß einer von den fünfzehn sich der Integration entzogen hat, aber der Allianz weiter angehören will — geleistet werden. Bei den dreien wird sich wohl ergeben, daß ,die Devisenausgleichsfrage nur auf der Grundlage der Beurteilung der strategischen Situation gelöst werden kann.
    Man sollte — ich sage es noch einmal — aus bündnispolitischen Erwägungen Fehldeutungen ausräumen. In der von mir schon in Erinnerung .gebrachten Debatte vom 17. März hat der Herr Kollege Dr. Barzel gesagt: soviel NATO wie notwendig und soviel Kooperation mit Frankreich wie möglich. Ich habe damals versucht, das auch für die über das Militärische hinausgehenden, aber damit verbundenen Probleme der Deutschlandpolitik nutzbar zu machen. Soviel NATO wie notwendig, d. h. also integrierte NATO, und soviel Kooperation mit Frankreich wie möglich; denn da kann man nicht „notwendig" sagen, dazu können wir den anderen nicht — —

    (Abg. Schulhoff: — — zwingen!)

    — Ja, da haben Sie völlig recht, man kann ihn nicht zwingen. — Das ist die Frage. Wir haben das wiederholt angeregt.
    Wir haben inzwischen auch wiederholt darüber gesprochen, daß es — abgesehen von den Schwierigkeiten, die wir innerhalb der europäischen Gemeinschaft haben, und auch abgesehen von denen innerhalb der nordatlantischen Verteidigungsorganisation, wo sich unser Standpunkt mit dem der französischen Regierung nicht decken kann, wo wir mit den anderen Partnern versuchen müssen, so viel wie möglich von den Gemeinschaften und den Organen zu halten und zu retten — doch manche Gebiete gibt, in denen man einiges zu zweit machen kann. Ich habe inzwischen den Eindruck, daß sich auch noch andere Herren aus anderen Fraktionen darüber nicht nur Gedanken, sondern auch Vorschläge gemacht haben.
    Mich hat einmal der Außenminister etwas spöttisch angeguckt — aber das fällt nicht aus dem Rahmen —, weil ich einmal gesagt habe, mein Kollege Erler habe hier diesen und jenen Vorschlag gemacht, und ich möchte ihn in Erinnerung rufen und will einen dazu machen. Gut, wir sind, gemessen an dem Sachwissen der im Besitz aller Informationen Befindlichen, selbstverständlich im Nachteil. Aber das habe ich bis heute nicht verstanden, wieso Sie solche Anregungen auf die Dauer einfach mit Schweigen übergehen. Das verstehe ich nicht.

    (Beifall bei der SPD.)

    Da komme ich noch einmal zu den Truppen. Um das wieder aufzurollen: Denken Sie daran, daß der amerikanische Präsident Kennedy, als damals die Mauer errichtet war und jene schreckliche Stimmung war: Was wird da noch kommen, was bedeutet das alles?, einige Tage darauf eine Brigade nach Berlin rollen ließ. Warum sollte man nicht in Erinnerung an dieses und in Erinnerung an das mehr alltägliche Ablösen für die Anwesenheit der französischen Truppen und ihre vertragliche Regelung eine Form finden, die sich — und das wäre gar nicht einmal schlecht; das wäre sogar sehr symbolhaft — um Berlin gruppiert? Das brauchen wir ja wohl. Es ist auch mit Recht gesagt worden, daß man alles tun muß, um das zu erhalten.
    Ich glaube, es ist notwendig, diese Kapitel der Abrüstung, der Rüstungsbegrenzung und der Rüstungskontrolle in eine engere Beziehung — jetzt nicht textlich, sondern inhaltlich — zu den Fragen der atlantischen Sicherheit zu bringen. Im Kommuniqué und in den Ausführungen des Bundeskanzlers ist das leider nicht geschehen. Das Kommuniqué kann das auch nicht; es kann kein Roman werden. Aber man muß sie sachlich in Beziehung zueinander bringen. Da meine ich, die deutschen Bewegungsmöglichkeiten in diesen Bereichen, in den Bemühungen um Abrüstung, um Rüstungsbegrenzung und um Rüstungskontrolle, müssen wesentlich größer werden, müssen wesentlich verbessert werden. Wir müssen jenes starre Korsett aufgeben, daß wir zwar immer wieder erklären, bei allgemeinen Abrüstungsabkommen machten wir mit, aber, wenn es sich um regionale und andere Rüstungsbegrenzungen und Kontrollmaßnahmen handelt, nein sagen.
    Die bisher starrste Form fand ich seinerzeit in der Regierungserklärung 1961. Wenn Sie das mal nachlesen, werden Sie finden, wie weit das schon damals von der Wirklichkeit entfernt war. Sie werden es heute besser verstehen als damals. Ich würde es niemandem vorwerfen, wenn er für sich selber im stillen Kämmerlein feststellte: Das war wirklich nicht geeignet. Lassen Sie es uns heute unter ande-



    Wehner
    ren Einsichten wegtun und ersetzen, damit wir eine größere Beweglichkeit auf diesen Gebieten bekommen!
    Wir müssen das, was über Abrüstung, Rüstungsbegrenzung und Rüstungskontrolle gesagt wurde, auch in eine Beziehung zu dem bringen, was es an Möglichkeiten der Zusammenarbeit auf dem technisch-wissenschaftlichen Gebiet gibt, wovon das Kommuniqué nach Washington Notiz genommen hat, wie man es andererseits mit den Notwendigkeiten unseres industriellen Fortschritts in Verbindung bringen muß. Ich erinnere mich daran, daß mein Freund Willy Brandt vor über einem Jahr nach einem Besuch von Kap Kennedy — es kommen so manche nach Kap Kennedy — einmal deutlich gemacht hat, wie wichtig es für den technischen und wissenschaftlichen Fortschritt in unserer Industrie sei, daran zu partizipieren, was in der Weltraumforschung und in anderen Gebieten, die uns nicht offenstehen, abfällt, — um es einmal laienhaft zu sagen.
    So möchte ich auch dem Tribut zollen, wovon mein Herr Vorredner einiges gesagt hat, wenn ich es auch noch ein bißchen anders meine: dem nämlich, daß das, was über Jugendaustausch zwischen den beiden Ländern darinsteht, vielleicht doch, wenn man es in Beziehung bringen kann zur wissenschaftlichen Zusammenarbeit, zu den eben genannten Gebieten der Forschung, es vielleicht doch möglich macht, viel Positives dabei zu erreichen. Wir haben ja mit Frankreich eine entsprechende Einrichtung. Vielleicht wäre es auch ein Ausweg — wenn auch nur füreine kleine Summe — in bezug auf einen Devisenausgleich. Für Frankreich haben wir ja feste Summen, jährlich soundsoviel Millionen. Warum sollte man nicht in bezug auf deutsch-amerikanischen Jugendaustausch etwas finden, das auch zum Devisenausgleich, wenn auch nur für einen kleinen Teil, beitragen kann! Aber entscheidend ist ja das, was beim Jugendaustausch für das gegenseitige Kennenlernen und für das Nichtaufkommenlassen von Stimmungen, die heute leider in vielen Staaten Europas modern geworden sind, herauskommt.
    Ein paar Worte möchte ich noch zu einem Punkt sagen, der mir sehr kurz gekommen zu sein scheint, zu dem Gewicht, das durch einige Ausdrücke in dem Kommuniqué den Bemühungen um die Kennedy-Runde verliehen worden ist. Wenn es so ist, daß beide Seiten sich über die Bedeutung klar sind — wie das aus ihren Worten hervorgeht —, dann sollten beide Seiten auch bereit sein, aus der Feststellung Konsequenzen zu ziehen. Ich zitiere die Feststellung: daß die europäischen Gemeinschaften und die Vereinigten Staaten von Amerika jetzt — hier ist das „jetzt" zu unterstreichen — vor der entscheidenden und schwierigsten Phase dieser Handelsverhandlungen stehen. Die müssen endlich einmal aus der Kleinkariertheit nur innenpolitischer Betrachtung heraus. Sie müssen betrieben werden unter dem Druck, unter dem wir tatsächlich stehen. Die Zeit ist uns schon viel zu weit davongeeilt. Wir müssen dafür sorgen, in dieser Zeit mit den anderen — mit der anderen Gemeinschaft, der Kleinen Freihandelszone, und auch den übrigen — klarzumachen, so
    klarzukommen, daß Amerika an dieser KennedyRunde Gefallen findet und nicht sagt, man ist es leid, daß diese Diskussionen sich so lange 'hingezogen haben.
    In diesem Zusammenhang beklage ich nun und sage ich — weil ich mich im einzelnen jetzt nicht damit befassen kann —, daß es ungut ist, wie z. B. der Herr Bundesminister des Auswärtigen eine Kleine Anfrage der sozialdemokratischen Bundestagsfraktion gestern hat beantworten lassen. Eine Anfrage, die jeder hat lesen können, mit elf konkreten Fragen wird von dem Minister in drei von ihm selbst gefundenen Klischee-Antworten, ohne daß auch nur eine der 'Fragen, dei wir gestellt haben, mit einer wirklichen Antwort beehrt wird, abzutun versucht. Herr Minister, Sie können Ihre innere Unsicherheit nicht durch Klischee-Antworten uns gegenüber verdecken oder kompensieren.

    (Beifall 'bei 'der SPD. — Oh-Rufe bei der CDU/CSU.)

    Sie werden jede dieser Fragen in einer Großen Anfrage — wohlbegründet — wiederbekommen. So gehen Sie mit uns nicht um!

    (Beifall bei der SPD.)

    Worum es hier insgesamt geht, das ist sehr schwer, und auch im Ringen der unterschiedlichen Meinungen muß man das im Auge behalten. Es geht darum, Politik in Deutschland und für das ganze deutsche Volk zu finden und auf den aktuellen Stand zu bringen und auszuformen in einer Welt, deren Großmächte zur Zeit jedenfalls nicht imstande sind, aus dem Gleichgewicht der nuklearen Vernichtungsmittel zur Organisierung des Friedens vorzustoßen. Darauf wird es ankommen.
    Wenn wir uns nun, nachdem wir heute nicht mehr gehört haben als einige zusätzliche Unterstreichungen dessen, was wir durch das Kommuniqué schon gewußt haben, darauf einrichten müssen, in den nächsten Wochen und Monaten eine ganze Reihe der Fragen, die hier diskutiert, hier beraten, hier abgeklärt werden müssen, unsererseits aufzubringen, so werden Sie sich darüber nicht zu beklagen, werden sich auch nicht zu wundern haben. Nur, die Regierung bringt keine einzige Frage, die zur Ausformung dieser Politik, der Deutschlandpolitik im Rahmen unserer Sicherheits- und Bündnispolitik dienstbar gemacht werden könnte, von sich aus in diese Erörterung hinein. Wir werden also über das reden müssen, was getan werden kann, um die deutsche Politik in Richtung der Beiträge für Abrüstung, Rüstungsbegrenzung und Rüstungskontrolle beweglicher und wirkungsvoller zu machen. Wir werden darüber reden und streiten müssen, wie unsere auswärtigen Beziehungen insgesamt bei der Unterschiedlichkeit der Formen, die uns nach den verschiedenen Plätzen, an denen sie gehalten werden müssen, aufgenötigt ist, unter das Gesetz der Bemühungen um die Organisierung des Friedens gestellt werden können, wobei wir davon ausgehen können, daß wir überall in den wirksamsten Formen anwesend sein müssen. Wir werden also das ganze System unserer auswärtigen Beziehungen zur Erörterung stellen. Wir werden weiter



    Wehner
    das Problem der europäischen Gemeinschaften und der dort anzustellenden Bemühungen zu einer wirklichen Partnerschaft mit den Vereinigten Staaten hier zur Debatte stellen. Wir werden ferner die Frage, wie Deutschland auch im Zustand der Spaltung in die Entwicklungen stärkerer Verbindungen zwischen Ost und West und Ost- und Westeuropa hineingefügt werden kann, hier zur Debatte stellen. Wir werden erörtern und zur Debatte stellen, was notwendig ist, um Vorfeldbemühungen für die Vorbereitung zu Vorverhandlungen, die auf eine deutsche Friedensregelung hinauslaufen sollen, einzufädeln, wobei es sich ja auch darum handelt, Fürsprache in anderen Ländern verschiedener Art für eine solche Regelung zu bekommen.
    Das mußte ich am Schluß meiner Bemerkungen sagen, weil uns leider weder die Erklärung des Bundeskanzlers noch die Rede des Sprechers der CDU/ CSU-Fraktion auch nur einen Anhaltspunkt dafür gegeben hat, daß man jetzt nach vorn will, gestützt auf gewisse Erfahrungen, die man vielleicht in Washington noch einmal erhärtet und bestätigt bekommen hat, oder auch auf Probleme, die man von dort mitgenommen hat. Das war's! Ich danke für Ihre Geduld.

    (Lebhafter Beifall bei der SPD.)



Rede von Dr. Carlo Schmid
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Abgeordnete von Kühlmann-Stumm.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Freiherr Knut von Kühlmann-Stumm


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir sollten versuchen, aus dieser doch sehr schwerwiegenden und sehr wichtigen Debatte polemische Akzente nach Möglichkeit zu verbannen.

    (Sehr gut! bei der CDU/CSU.)

    Wir sollen uns darüber im klaren sein, daß die Bedingungen, unter denen der Herr Bundeskanzler in die Vereinigten Staaten gefahren ist, besonders schwierig gewesen sind. Wir sollten uns aber auch darüber im klaren sein, daß wichtige außenpolitische Entscheidungen in diesem Hohen Hause bisher nur dann gefaßt werden konnten, wenn sich alle drei Parteien dieses Hohen Hauses zu einer gemeinschaftlichen Lösung durchgerungen hatten, und ich bin der Überzeugung, daß das auch in Zukunft so sein wird.
    Wir begrüßen es, daß der Herr Bundeskanzler seine heutige Erklärung vor dem Deutschen Bundestag dazu benutzt hat, zu einigen grundlegenden Fragen der deutschen Außenpolitik Stellung zu nehmen. Die Reise in die Vereinigten Staaten und die Besprechungen, die dort mit Präsident Johnson und anderen Vertretern der amerikanischen Regierung geführt worden sind, geben in der Tat dazu Anlaß, einige Grundpositionen der deutschen Außenpolitik zu überdenken. Niemand kann leugnen, daß diese Reise des Bundeskanzlers in die Vereinigten Staaten vor dem Hintergrund entscheidender Veränderungen in der Welt, vor allem aber auch in Europa, stattgefunden hat. Dazu kam, daß im deutsch-amerikanischen Verhältnis Fragen von großer Tragweite zur Diskussion standen. Diese
    Fragen sind, was ihren finanziellen Teil angeht, nicht ohne Rückwirkung auf die deutsche Innenpolitik. Mit Recht hat der Herr Bundeskanzler hier noch einmal die Entschlossenheit der Bundesregierung unterstrichen, eng und in Freundschaft mit den Vereinigten Staaten zusammenzuarbeiten.
    Für uns ist das Verhältnis der Bundesrepublik zu den Vereinigten Staaten auch ein Gradmesser für die Sicherheit der Deutschen, die den Vorzug haben, im freien Teil unseres Vaterlandes zu leben. Es sichert damit zugleich die Plattform für eine deutsche Außenpolitik, die auf die Wiederherstellung der deutschen Einheit gerichtet ist.
    Ein wesentliches Problem der Besprechungen in Washington waren der Devisenausgleich und ein Anschluß-Offset-Abkommen. Die Bundesregierung hat in der Vergangenheit, insbesondere durch das Abkommen von 1964, wiederholt ihre Bereitschaft zum Ausdruck gebracht, den Vereinigten Staaten in der Frage des Devisenausgleichs bis an die Grenzen ihrer finanziellen Möglichkeiten entgegenzukommen. Obwohl das letzte Abkommen nur für den Zeitraum von zwei Jahren abgeschlossen ist, sah sich die Bundesregierung noch vor Ablauf dieser Vereinbarung gezwungen, mit den Vereinigten Staaten über eine erleichterte Form der Abwicklung der eingegangenen Verpflichtungen zu verhandeln. Wir glauben darum nicht, daß es angesichts der angespannten Finanzlage der Bundesrepublik und der unübersehbaren Entwicklungen in der internationalen Politik zweckmäßig wäre, bei weiteren Abkommen über einen Devisenausgleich die Fristen wesentlich zu verlängern.

    (Beifall bei der FDP.)

    Meine Damen und Herren, darf ich Ihnen dazu einiges Technische sagen. Wir sind uns darüber im klaren, daß bei dem Lösungsvorschlag, den der Herr Bundeskanzler hier gemacht hat und bei dem die Bundesbank eingeschaltet worden ist, das Problem auftaucht, daß wir in den nächsten Jahren aus Haushaltsmitteln die Gelder aufzubringen haben, die uns die Bundesbank jetzt vorlegt.
    Ferner hat in den Verhandlungen unser Versuch eine Rolle gespielt, den Amerikanern nahezulegen, die Zahlungsziele noch etwas zu verlängern, so daß ein Teil des noch geschuldeten Betrages in den Jahren 1968 und 1969 gezahlt würde. Auch hiermit würden die Haushalte dieser Jahre wesentlich belastet werden. Wenn wir jetzt zusätzlich noch ein Abkommen auf fünf Jahre schließen, welches wiederum feste und vertraglich untermauerte Verpflichtungen mit sich bringt, ist unsere gesamte haushaltspolitische Situation bis zum Jahre 1972 in einem Umfang eingeengt, der meiner Ansicht nach nicht zu verantworten ist.
    Wir sollten deshalb mit allem Nachdruck darauf dringen, daß man neue Abkommen auf jeden Fall nicht mit längeren Fristen abschließt. Ich möchte im Hinblick auf die völlig unübersichtliche politische Situation und auf die Schwierigkeit unserer Haushaltslage in aller Form davor warnen, daß wir uns jetzt für die Zukunft langfristig binden.



    Freiherr von Kühlmann-Stumm
    Es kommt vielmehr darauf an, Vereinbarungen zu treffen, die auch mit Sicherheit eingehalten werden können. Es liegt weder im deutschen noch im amerikanischen Interesse, daß sich die Situation von 1966 wiederholt und einer der Vertragspartner durch die Verhältnisse gezwungen wird, den anderen um die Verlängerung der Zahlungsziele im Rahmen des laufenden Vertrages zu bitten. Alle überschaubaren Probleme eines neuen Devisenausgleichsabkommens sind vor dessen Abschluß zu regeln. Eine spätere Erörterung kann zu Belastungen im Verhältnis zwischen den Vertragspartnern führen. Genau das wollen wir vermieden wissen. Wir wünschen ein ungestörtes, freundschaftliches und vertrauensvolles Verhältnis zu den Vereinigten Staaten.

    (Beifall bei der FDP und Abgeordneten der CDU/CSU.)

    Es ist aber auch notwendig, in diesem Zusammenhang auf die Tatsache hinzuweisen, daß die wirtschaftliche Stabilität der Bundesrepublik einen entscheidenden Faktor für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland und Westeuropas darstellt. Diese Stabilität hat neben dem militärischen Engagement der USA in Deutschland und Europa dazu beigetragen, daß die Truppen der Vereinigten Staaten nicht wie in anderen geteilten Ländern dieser Erde gezwungen waren, die Sicherung des deutschen Volkes mit militärischen Mitteln zu verteidigen. Die wirtschaftliche Stabilität der Bundesrepublik Deutschland wird damit zu einem erstrangigen Sicherheitsfaktor gerade auch für den amerikanischen Bündnispartner.

    (Beifall bei den Regierungsparteien. — Abg. Dr. Barzel: Sehr wahr!)

    Mir scheint in diesem Zusammenhang eine weitere Feststellung zur deutschen Sicherheitspolitik notwendig zu sein. Die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland und Westeuropas hängt nicht nur von dem Stand der Rüstung, der Wirksamkeit des Bündnisses und der wirtschaftlichen Stabilität der Bundesrepublik Deutschland, sondern mehr und mehr auch von dem Verhältnis des Westens und der Bundesrepublik zu Osteuropa ab. Wir begrüßen deshalb, daß in dem Kommuniqué über die Besprechungen des Bundeskanzlers mit dem amerikanischen Präsidenten die Bereitschaft zum Ausdruck kommt, auf dem Gebiete der Ost-West-Beziehungen nach Wegen zu suchen, um die erstarrten Fronten der Vergangenheit zu überwinden. Die Freie Demokratische Partei wird die Bundesregierung bei allen Bemühungen unterstützen, die Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland zu den Staaten Ost- und Südosteuropas zu normalisieren und auszuweiten. Wir würden damit Gelegenheit erhalten, die osteuropäischen Völker von den friedlichen Absichten der Bundesrepublik Deutschland zu überzeugen.
    Ohne Zweifel ergibt sich aber auch die Notwendigkeit, eine sehr ernste Überprüfung der bisherigen Zusammenarbeit im Bündnis vorzunehmen und die Strategie der Allianz der neuen Entwicklung in der Weltpolitik anzupassen. Die FDP sieht in dem in Washington beschlossenen Dreier-Gremium lediglich eine vorbereitende Kommission zur Erörterung der strategischen und strukturellen Fragen des Bündnisses, die dann Gegenstand von Beratungen aller 14 Mitgliedstaaten der NATO sein müssen.

    (Beifall bei der FDP und Abgeordneten der CDU/CSU.)

    Die Bundesregierung kann kein Interesse daran haben, daß mit der vorgeschlagenen Dreier-Kommission ein exklusives Gremium gebildet wird, das unvermeidlich zu neuen krisenhaften Entwicklungen innerhalb der Nordatlantikpaktorganisation führen müßte.
    Wir stimmen mit dem Herrn Bundeskanzler in der Auffassung überein, daß alle Mitglieder der NATO daran mitwirken müssen, wenn für die Zukunft der Allianz wichtige Entscheidungen getroffen werden. In diesem Zusammenhang empfehlen wir der Bundesregierung, im Rahmen des deutschfranzösischen Freundschaftsvertrages konsultative Besprechungen mit der französischen Regierung über diese Frage sowie über Probleme der europäischen Sicherheit in Bälde aufzunehmen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien. — Abg. Dr. Barzel: Sehr gut!)

    Die vorbereitenden Beratungen in der Dreier-Kommission werden Gelegenheit bieten, den engen Zusammenhang zwischen der Anwesenheit amerikanischer und englischer Truppen auf dem europäischen Kontinent, den daraus sich ergebenden finanziellen Fragen und der Sicherheitspolitik des Bündnisses in seiner Gesamtheit zu erörtern. Verhandlungen über den Devisenausgleich ausschließlich unter finanziellen Gesichtspunkten würden dieser Erkenntnis nicht Rechnung tragen und damit die Hauptprobleme des Bündnisses ungeläst lassen.
    Eine der wesentlichsten Entscheidungen, die getroffen werden müssen, ist die zukünftige atomare Politik der NATO. Die von den Vereinigten Staaten und der Bundesregierung vertretene Auffassung, daß der Verbreitung von Kernwaffen in der natiolen Verfügungsgewalt nichtnuklearer Staaten Einhalt geboten werden muß, entspricht der Grundhaltung meiner Partei. Wir wiederholen unsere Auffassung, daß es im Interesse der Bundesrepublik Deutschland und darüber hinaus auch im Interesse des gesamten Westens vollauf genügt, wenn die nichtnuklearen Mitglieder der NATO an der atomaren Planung des Bündnisses beteiligt werden. Welche besondere Rolle ,die Bundesrepublik Deutschland auf Grund ihrer exponierten geographischen und politischen Lage in diesem Gremium zu spielen hat, habe ich in meinen Ausführungen am 23. September deutlich zum Ausdruck gebracht. In diesem Sinne stellt die in Rom anläßlich der letzten Sitzung des McNamara-Ausschusses empfohlene Arbeitsgruppe für nukleare Planung nach unserer Auffassung den richtigen Weg für die atomare Zusammenarbeit innerhalb der NATO dar.

    (Beifall bei der FDP.)

    Wir bleiben bei unserer Überzeugung, daß eine
    atomare Gemeinschaftslösung erhebliche Nachteile



    Freiherr von Kühlmann-Stumm
    für die außenpolitische Bewegungsfreiheit der Bundesrepublik Deutschland mit sich bringen würde. Vereinbarungen über die Nichtweitergabe atomarer Waffen, wie sie gegenwärtig in Genf angestrebt und vermutlich in absehbarer Zeit auch getroffen werden, dürfen jedoch nicht den Status der Bundesrepublik Deutschland im NATO-Bündnis einengen oder zur Festigung der gegenwärtigen Spaltung Deutschlands und Europas beitragen.

    (Zustimmung bei der FDP.)

    Aus diesem Grunde sollte jede Vereinbarung über Rüstungsverminderungen oder einen Rüstungsstopp in Europa mit Fortschritten bei der Lösung der deutschen und ,europäischen Probleme verbunden sein.
    Die Zeit drängt. Neue Abmachungen zwischen Ost und West, vor allem zwischen den USA und der Sowjetunion, über die Verminderung der militärischen Spannungen stehen bevor. Die Probleme, vor die die Bundesrepublik Deutschland dabei gestellt werden wird, können nur durch eine weit vorausschauende Politik gelöst werden.
    Die Amerikareise des Herrn Bundeskanzlers hat sichtbar gemacht, wo gegenwärtig die Schwerpunkte der deutschen Außenpolitik liegen müssen: auf dem Gebiet der Sicherheit und Abrüstung, der Osteuropapolitik sowie im Bereiche einer Anpassung des westlichen Bündnisses an die Veränderungen der Weltpolitik. Die Bundesregierung und alle Fraktionen dieses Hohen Hauses sind sich einig in der Auffassung, daß die Lösung der deutschen Frage unverändert die Hauptaufgabe deutscher Politik ist. Jeder Aufschub in der Lösung des deutschen Problems trägt die Gefahr einer Verschlechterung der Voraussetzungen, unter denen diese Lösung möglich ist, in sich.
    Selten ist in der Vergangenheit unter den Verbündeten der Bundesrepublik, vor allem unter den drei Mächten, die für Deutschland auf westlicher Seite verantwortlich sind, eine so nachdrückliche Unterstützung einer aktiven deutschen Ostpolitik zu verzeichnen gewesen. Ungeachtet der Unterschiede in der Betrachtung des Verhältnisses zur Sowjetunion und zu Osteuropa sind sich diese Mächte darin einig, daß eine Normalisierung der Beziehungen zu Osteuropa auch in ihrem Interesse liegt. Die Bundesrepublik wird deshalb bei jeder Aktivität nach Osteuropa frei sein von dem Verdacht des Alleinganges. Sie wird vielmehr in jeder Phase auf Zustimmung und Unterstützung rechnen können.
    Auch für die enge Verknüpfung der politischen Fragen und sicherheitspolitischen Fragen im Verhältnis zu Osteuropa ist selten soviel Verständnis in der Öffentlichkeit des westlichen Auslandes vorhanden gewesen wie heute. Noch mehr gilt das für die Länder Osteuropas. Für eine aktive deutsche Ostpolitik, auch für eine aktive deutsche Sicherheitspolitik, scheint uns eine Situation entstanden zu sein, die die Hoffnung auf Fortschritte auch in der deutschen Frage berechtigt erscheinen läßt. Diese Situation gilt es zu nutzen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)