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ID0505902500

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    Deutscher Bundestag 59. Sitzung Bonn, den 23. September 1966 Inhalt: Begrüßung des 5 000 000. Besuchers des Bundestages Abg. Roß tritt in den Bundestag ein . . . 2881 A Schriftliche Berichte des Ausschusses für Wirtschafts- und Mittelstandsfragen über die Einundfünfzigste, Sechsundfünfzigste, Siebenundfünfzigste und Einundsechzigste Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1966 (Zollkontingente für gewerbliche Waren — 2. Halbjahr 1966, Zollkontingente für Seidengarne und Schappeseidengarne —3. Quartal 1966, Waren der EGKS —2. Halbjahr 1966, Zollaussetzung für HET-Säure) (Drucksachen V/901, V/ 902, V/903, V/904, V/935, V/936, V/937, V/938) 2881 C Große Anfrage betr. Vorschläge zur Rüstungsbegrenzung und Sicherung des Friedens (SPD) (Drucksache V/775) Schmidt (Hamburg) (SPD) . 2882 B, 2920 C Dr. Schröder, Bundesminister 2891 D, 2908 B Dr. Birrenbach (CDU/CSU) . . . . 2898 C Wehner (SPD) . . . . . . . . . 2904 B Freiherr von Kühlmann-Stumm (FDP) 2910 C Freiherr von und zu Guttenberg (CDU/CSU) 2913 A Genscher (FDP) 2918 B Dr. Schulze-Vorberg (CDU/CSU) . 2923 A Nächste Sitzung 2924 Anlagen 2925 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 59. Sitzung. Bonn, Freitag, den 23. September 1966 2881 59. Sitzung Bonn, den 23. September 1937 Stenographischer Bericht Beginn: 8.59 Uhr
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    Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete (r) beurlaubt bis einschließlich Dr. Abelein 4. 10. Dr. Achenbach *) 13. 10. Dr. Adenauer 5. 10. Adorno 23. 9. Dr. Aigner *) 24. 9. Dr. Althammer 23. 9. Dr. Apel*) 24. 9. Arendt (Wattenscheid) *) 24.9. Dr. Arndt (Berlin /Köln) 23. 9. Dr. Artzinger 5. 10. Bading *) 24. 9. Dr.-Ing. Dr. h. c. Balke 23.9. Bäuerle 31. 10. 'Bauknecht 23. 9. Berendsen 24. 9. Bergmann *) 24.9. Berkhan *) 24.9. Berlin 20. 10. Dr. Besold 23.9. Beuster 23.9. Blachstein 10. 10. Blöcker 23. 9. Blumenfeld 24. 9. Borm 23.9. Frau Brauksiepe 30.9. Brese 23. 9. Dr. Burgbacher *) 24. 9. Burgemeister 23.9. Busse (Herford) 26.9. Dr. Conring 23. 9. Corterier *) 24. 9. Dr. Dehler 23. 9. Deringer *) 24. 9. Dr. Dichgans *) 24.9. Diekmann 23. 9. Dr. Dittrich*) 24. 9. Draeger * 24.9. Dröscher * 24.9. Ehnes 23. 9. Eisenmann 24. 9. Frau Dr. Elsner *) 24.9. Dr. Eppler 7. 10. Erler 30.9. Erpenbeck 23.9. Ertl 23. 9. Faller*) 24. 9. Fellermaier 23. 9. Flämig *) 24. 9. Frehsee 30.9. Fritz (Wiesbaden) 23.9. Frau Funcke 23. 9. Dr. Furler 5) 24. 9. Gerlach * 24.9. Glombig 24.9. Glüsing (Dithmarschen) 23.9. *) Für die Teilnahme an einer gemeinsamen Sitzung Europarat/ Europäisches Parlament Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete (r) beurlaubt bis einschließlich Dr. Götz * 26. 9. Graaff 23. 9. Haage (München) 23. 9. Hahn (Bielefeld) 24. 9. Dr. Hauser (Sasbach) 23. 9. Dr. Dr. Heinemann 28. 9. Dr. Hellige *) 24. 9. Frau Herklotz *) 24. 9. Herold *) 24. 9. Hilbert 24. 9. Hirsch 23. 9. Hösl 24. 9. Dr. Huys 5. 10. Illerhaus *) 24. 9. Dr. Ils 23. 9. Iven 26. 9. Dr. Jaeger 23. 9. Dr. Jungmann 24. 9. Kahn-Ackermann 6. 10. Dr. Kempfler 23. 9. Frau Klee 23. 9. Dr. Kliesing (Honnef) 23. 9. Klinker*) 24. 9. Dr. Kopf 4. 10. Frau Korspeter 30. 9. Krammig 23. 9. Kriedemann *) 24. 9. Krug 23. 9. Dr. Kübler 30. 9. Kühn (Hildesheim) 23. 9. Kulawig *) 24. 9. Lemmer 23. 9. Lemmrich 23. 9. Lenz (Brühl) *) 24. 9. Lenz (Trossingen) 30. 9. Lenze (Attendorn) *) 24. 9. Leukert 23. 9. Dr. Löhr *) 24. 9. Lücker (München) *) 24. 9. Dr. Martin 6. 10. Dr. Marx (Kaiserslautern) 29. 9. Mauk *) 24. 9. Frau Dr. Maxsein*) 24. 9. Dr. Meinecke 23. 9. Memmel *) 24. 9. Dr. von Merkatz 23. 9. Merten *) 24. 9. Metzger *) 24. 9. Michels 30. 9. Missbach 23. 9. Dr. Mommer 23. 9. Müller (Aachen-Land) *) 24. 9. Dr. Müller (München) 23. 9. Dr. Müller-Hermann 23. 9. Ott 23. 9. Frau Pitz-Savelsberg 30. 9. Pöhler *) 24. 9. Prochazka 23. 9. Raffert 6. 10. Richarts *) 24. 9. Riedel (Frankfurt) *) 24. 9. Dr. Rinderspacher *) 24. 9. Abgeordnete (r) beurlaubt bis einschließlich Rock 2. 10. Rösing 23. 9. Dr. Rutschke *) 24. 9. Saam 7. 10. Sander 23. 9. Prinz zu Sayn-WittgensteinHohenstein 23. 9. Schlee 5. 10. Dr. Schmid (Frankfurt) *) 24. 9. Schmidt (Hamburg) *) 24. 9. Schmidt (Kempten) 23. 9. Dr. Schmidt (Offenbach) 23. 9. Frau Schroeder (Detmold) 23. 9. Schulhoff 23. 9. Schultz (Gau-Bischofsheim) 23. 9. Dr. Schulz (Berlin) 5) 24. 9. Seibert 23. 9. Seifriz *) 24. 9. Dr. Serres 5) 24. 9. Seuffert*) 24. 9. Spitzmüller 24. 9. Dr. Springorum *) 24. 9. Dr. Süsterhenn 23. 9. Dr. Starke (Franken) *) 24. 9. Steinhoff 25. 9. Stingl 25. 9. Strauß 23. 9. Strohmayr 23. 9. Frau Strobel 5) 12. 10. Teriete 20. 10. Dr. Dr. h. c. Toussaint 25. 9. Unertl 23. 9. Dr. Verbeek 23. 9. Dr. Freiherr von VittinghoffSchell *) 24. 9. Vogt *) 24. 9. Wächter 8. 10. *) Für die Teilnahme an einer gemeinsamen Sitzung Europarat/ Europäisches Parlament Abgeordneter) beurlaubt bis einschließlich Wagner 23.9. Dr. Wahl *) 23.9. Weimer 5. 10. Windelen 23.9. Dr. Wörner 30.9. Baron von Wrangel 15. 10. Zerbe 23.9. Dr. Zimmermann 23.9. Anlage 2 Umdruck 99 Antrag der Fraktionen der CDU/CSU, FDP zur Großen Anfrage der Fraktion der SPD betr. Vorschläge zur Rüstungsbegrenzung und Sicherung des Friedens - Drucksache V/775 Der Bundestag wolle beschließen: Der Deutsche Bundestag wünscht eine kontrollierte, dem Frieden dienende Abrüstung. Er dankt der Bundesregierung für die Friedensnote und fordert sie auf, in diesem Sinne unbeirrt weiterzuwirken. Der Deutsche Bundestag würde es dankbar begrüßen, wenn außer der Bundesrepublik Deutschland weitere Staaten auf die Herstellung atomarer, biologischer und chemischer Waffen ausdrücklich verzichten und sich - wie wir - einer entsprechenden Kontrolle unterwerfen würden. Das deutsche Volk weiß sich in seiner Friedenssehnsucht einig mit allen Nachbarvölkern in Ost und West. Bonn, den 23. September 1966 Dr. Barzel und Fraktion Freiherr von Kühlmann-Stumm und Fraktion
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    Rede von: Unbekanntinfo_outline


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: ()
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bitte diejenigen Kollegen, die in diesem Augenblick gern sprechen möchten, um Nachsicht, daß ich von dem Recht der Regierung Gebrauch mache, in jedem Augenblick der Debatte das Wort zu ergreifen. Denn ich möchte mir die Gelegenheit zu diesem Zwiegespräch mit dem Kollegen Wehner doch ungern entgehen lassen.
    Der Kollege Wehner hat einige Zensuren verteilt, das sei etwas mager gewesen, mehr Belehrung als Erklärung. Ich 'bin gegenüber Zensuren relativ unempfindlich. Ich bin aber ,dabei, mich mit ihnen ein bißchen zu beschäftigen. Etwas hat er weggelassen. Er hat — das muß ich anerkennen — das Forsche und Zackige nicht für mich reserviert, sondern mein armer Kollege Birrenbach ist das Opfer dieser Beschreibung geworden.

    (Abg. Majonica: Hat es aber gut überstanden!)

    — Ja, er hat es gut überstanden. — Das ist aber nicht das Wesentliche.
    Ich möchte Ihnen ganz offen sagen: ich weiß den Geist und 'die Gesinnung zu schätzen, aus denen Herr Kollege Wehner hier auch manchmal etwas bittere — oder auch nicht ganz so bitter gemeinte — Anmerkungen macht. Das ist halt eine gemeinsame Sorge von uns. Dieses Thema ist ja nicht nur ein Gegenstand intellektueller Freude oder dialektischer
    Bemühungen, sondern hier geht es um das, was unserem Volke in den nächsten Jahren einerseits bevorsteht, andererseits vielleicht möglich ist.
    Ich unterstreiche positiv, was er darüber gesagt hat: daß man sich sehr hüten muß — ich drücke das jetzt etwas anders aus —, hier etwa die Freude an möglichst großen Deklamationen aufkommen zu lassen, die man hier vielleicht mit Vorteil und Zustimmung anbringen kann, die aber draußen nicht wirksam sein würden. Das ist sicherlich richtig, und wir müssen uns, wenn wir über auswärtige Politik sprechen, davor hüten, betriebsblind zu sein oder zu werden. Wenn wir über auswärtige Politik sprechen, spielt sich der Betrieb nicht hier im Lande ab, sondern in der ganzen Welt. Das sollte niemand einen Augenblick lang vergessen.
    Wenn aber der Kollege Wehner meint, man müsse im Grunde so ein bißchen über unsere Friedensnote hinaus weitere Bereitschaften erkennen lassen, dann sind wir natürlich schon — das hat Herr Kollege Birrenbach sehr richtig angemerkt — in einem sehr gefährlichen Gebiet. Das ist etwas, was wir der sozialdemokratischen Opposition schon häufiger gesagt haben und vielleicht noch öfter sagen müssen: daß sie sich mit uns der Gefahr bewußt sein muß, die entsteht, wenn man sich, weil eine bestimmte Aussage, ein 'bestimmtes Angebot, eine bestimmte Offerte nicht ganz so eingeschlagen hat, wie man es vielleicht wollte, nun zur Steigerung des Angebots entschließt, bis die Steigerung das Ganze enthält,

    (Zustimmung bei der CDU/CSU)

    womit man dann das Ganze offeriert hat, bevor man in 'irgendeiner Art von sich anbahnender Verhandlung Kenntnis von den möglichen Bereitschaften der anderen hat.
    Herr Kollege Wehner hat von dem Gewaltverzicht gesprochen und damit, soweit es sich hier um Gewaltverzicht im Blick auf das SBZ-Problem handelt, etwas gesagt, was keine Deckung in den Tatsachen hat. Ich bitte doch, sehr ernst zu nehmen, was in unserer Antwort zu Ziffer 7 gerade hierüber gesagt worden ist. Ich will das noch einmal vorlesen; es könnte sonst vielleicht doch ein falscher Eindruck aufkommen. Es heißt:
    Wir haben uns nicht nur generell gemäß der Charta der Vereinten Nationen zum Verzicht auf jegliche Gewaltanwendung oder Drohung mit Gewalt bei der Lösung von Streitfragen verpflichtet,
    -- jetzt kommt es —
    sondern darüber hinaus speziell gegenüber unseren Verbündeten im Hinblick auf das Ziel der Wiedervereinigung des deutschen Volkes.
    Das ist eine sehr klare und sogar noch an unsere Verbündeten geheftete Aussage, die man nicht unterbewerten sollte. Ich hatte den Eindruck, daß das vielleicht etwas der Fall ist.
    Soweit es sich um weitere Schritte und lnitiativen handelt, möchte ich das, was Herr Kollege Wehner gesagt hat, an einer Stelle eher positiv aufnehmen. Er hat uns gewarnt, gewisse Dinge nicht sauer wer-



    Bundesminister Dr. Schröder
    den zu lassen, und er hat dabei das Stichwort Bukarest genannt. Ich darf Ihnen versichern, daß wir nicht die Absicht haben, irgend etwas sauer werden zu lassen. Ich möchte aber bei dieser Gelegenheit dem Hohen Hause sagen, daß die Bundesregierung nicht die Absicht hat, dieses ganze Thema und das Thema möglicher weiterer Entwicklungen öffentlich zerreden zu lassen, indem sie sich vielleicht selbst an einer öffentlichen Diskussion darüber beteiligt.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU.)

    Wir haben in den vergangenen Jahren gewisse Erfahrungen gesammelt, als es um die Frage der Anknüpfung von stärkeren handelsvertraglichen Beziehungen, Einrichtung von Handelsmissionen und dergl. ging, und ich habe in jener Zeit eigentlich täglich die ganz große Sorge gehabt, daß uns diese sehr schwierigen diplomatischen Unternehmungen an irgendeiner Stelle danebengelingen könnten, weil sie viel zu stark öffentlich beredet worden sind, in sehr guter Absicht, wie ich anerkenne; aber sie sind ohne Zweifel sehr stark zerredet und dadurch gefährdet worden. Es ist eigentlich ganz sicher, daß wir die Lücke, die wir in dieser Beziehung in jenem Raum derzeit noch zu beklagen haben — um mich nicht deutlicher auszudrücken —, darauf zurückzuführen ist, daß wir bestimmte Aspekte dieses Themas so stark öffentlich akzentuiert haben bzw. auch immer wieder genötigt worden sind, sie öffentlich so stark zu akzentuieren, daß wir schließlich an jener Stelle nicht mehr den optimalen Augenblick erreichen konnten, sondern danach mit großen Schwierigkeiten zu tun hatten. Aber ich akzeptiere sehr gern jede Hilfe, die uns hier zuteil werden kann.
    Aber der Herr Kollege Wehner überschätzt ein bißchen, wie stark die Hilfe der Opposition damals anläßlich des Atomteststoppabkommens gewesen ist.

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)

    Sie erinnern sich daran, daß dieses in der Tat vorher etwas umkämpfte Abkommen nachher zu einer einstimmigen Entscheidung hier im Bundestag geführt hat. Das ist sicherlich nicht im wesentlichen auf die Haltung der sozialdemokratischen Fraktion zurückzuführen, sosehr ich die Haltung, die sie damals eingenommen hat, begrüße.

    (Abg. Wehner: Das hängt mit Ihrer inzwischen veränderten Stellung zu Herrn Strauß zusammen!)

    — Nein, nein, da täuschen Sie sich sehr, Herr Kollege Wehner, da täuschen Sie sich.

    (Abg. Wehner: In manchen Fällen ja!)

    — Da wir hier ganz offen sprechen, kann das ja ruhig geschehen.
    Die Opposition hat in der Tat eine ganz hervorragende Aufgabe auch gegenüber einer Koalition. Die Opposition ist eines der weitaus besten Mittel, die man haben kann, auch die Koalition auf der Linie jener Notwendigkeiten zu halten, die sich für die deutsche Politik ergeben.

    (Beifall bei der SPD und bei der CDU/CSU.)

    Diesen Erfahrungsbereich habe ich lange genug, um ihn in dieser abgeklärten Form beschreiben zu können.

    (Heiterkeit.)

    Sie würden sich aber täuschen — und das sage ich mit allem Ernst, und wir sprechen hier über ziemlich wichtige Dinge —, wenn Sie annähmen, daß ich inzwischen in all diesen bekannten Fragen eine andere Position einnehme, als sie öffentlich und nichtöffentlich definiert worden ist. Wir befinden uns durchaus auf demselben Wege, und ich glaube, daß der Entwicklungsprozeß natürlich auch an uns allen arbeitet. Das gilt für die Regierungsparteien, das gilt für die Opposition. Aber es besteht kein Anlaß zu der Annahme, daß ich aus irgendwelchen sozusagen enger motivierten Gründen irgendeine Grundposition aufgegeben hätte.

    (Abg. Könen [Düsseldorf] : Sie haben bei der Aufzählung die Regierung vergessen, Herr Minister!)

    — Ich spreche hier für die Regierung, und ich tue das in voller Unbefangenheit, nämlich in dem festen Vertrauen darauf, daß das, was ich hier sage, die Regierungslinie ist. Das ist das Vertrauen, auf dessen Basis ich arbeiten kann.
    Unsere Friedensnote ist ein halbes Jahr alt. Herr Kollege Wehner, es wäre sicherlich nicht gerechtfertigt — Sie haben das hervorgehoben, ich hätte das sonst gar nicht getan —, wollte man nun von dem inzwischen vergangenen halben Jahr so viel mehr Wunder erwarten als von langen, langen Bemühungen in voraufgegangener Zeit. Sie selbst werden nicht aus irgendwelchen polemischen Gesichtspunkten das Problem vereinfachen wollen. Die Haltung, die ich bei der Beantwortung Ihrer Fragen eingenommen habe, ist die, daß wir den dort öffentlich dargelegten Kurs mit Festigkeit weiterverfolgen wollen, ohne irgendwelche Zackigkeit, ohne irgendwelche Forschheit, aber auch ohne Glauben an das Wunder von morgen, so gern wir es morgen sehen würden.
    Mit Rücksicht auf die Reise in die Vereinigten Staaten haben wir uns hier — und im Grunde erkennen Sie das ja auch an — in einigen Fragen etwas bedeckter verhalten, als die Opposition es vielleicht gewünscht hätte. Sie brauchen uns die Ausführungen des Präsidenten nicht zur nochmaligen sorgfältigen Lektüre zu empfehlen. Wir haben das getan, und unser Reisepensum, wenn Sie so wollen, haben wir gelernt. Das, wovon dort gesprochen wurde, das Suchen nach Gebieten weiterer Übereinkunft, ist in der Tat das, was sich sowohl in unserer Note als auch in den heutigen Antworten widerspiegelt.
    Aber es wird Ihnen ja nicht entgangen sein, daß Sie und Ihre Freunde auf einem sehr wichtigen Gebiet, nämlich dem Gebiet der nuklearen Fragen, Ihre Position in der Tat verändert und ein gutes Stück eingeschränkt haben. Ich habe diese Entwicklung gesehen. Ich habe das immer sehr bedauert; denn für uns wäre es sehr hilfreich und würde es sehr



    Bundesminister Dr. Schröder
    hilfreich gewesen sein, wenn die Opposition diese Linie in den nuklearen Fragen eingehalten hätte.

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)

    Sie sind ein gutes Stück von den konkreteren Gemeinschaftslösungen abgegangen. Nun, Sie werden sagen, daß Sie dafür gute Gründe haben. Aber ich kann nur sagen: ich bedaure es. Es wäre für uns hilfreicher, wenn Sie uns in diesem Punkt weiter wie früher unterstützen würden.
    Zu dem, was in diesem Bereich Planung und Konsultation angeht, haben Sie — ich glaube, es ist Herr Kollege Schmidt gewesen — die Sache etwa in dem Sinne akzentuiert: Ach, aus diesen Dingen könnte dann mehr werden, wenn ihr auf eine konkretere Gemeinschaftslösung verzichtet oder solche Verzichte andeutet. Das ist etwa so gesagt worden. Nun, während wir hier miteinander sprechen, tagt der Mc Namara-Ausschuß in Rom, und den Stand dieser Diskussion kennen Sie sicherlich einigermaßen. Es bestehen keine Bedenken dagegen, Sie darüber genauer ins Bild zu setzen. Wir sehen das als eine durchaus hoffnungsvolle Entwicklung an. Hier gibt es einen beträchtlichen Nachholbedarf der nichtnuklearen Partner gegenüber den nuklearen, und diese Erkenntnis hat sich verbreitert. Deswegen halten wir es für durchaus möglich, daß in diesem Bereich Lösungen gefunden werden, die für das gesamte Bündnis von Wichtigkeit sind. Aber solange dies noch nicht so weit ist und solange wir nicht absehen können, welche Lösungen sich hier wirklich effektuieren werden, wäre es doch sicherlich ganz falsch, irgendeine Art von Veränderung seiner Grundposition vorzunehmen. Unsere Grundposition ist eben die, daß in einem integrierten, einem konventionellen integrierten Bündnis ein hohes Maß auch an nuklearer — ich sage das jetzt einmal in Anführungszeichen — Integration gegeben sein sollte, ohne Rücksicht darauf, welche Formen sie im einzelnen annehmen könnte, und ganz sicherlich im Blick auf künftige Entwicklungsmöglichkeiten, die für uns genauso Entwicklungsmöglichkeiten sein und bleiben müssen wie für andere auch.
    Sie haben gesagt, daß wir vor der Reise Schonung genießen und nach der Reise offenbar weniger schonungsvoll oder gar schonungslos behandelt werden sollen. Sie haben dafür als vorläufige Kostproben Beispiele aus dem Gebiet internationaler sportlicher Ereignisse und Messen angeführt. Ich möchte Ihnen sagen: in diesem Bereich brauchen wir keine Schonung, da können wir durchaus offen und, wie Sie meinen würden, schonungslos angesprochen werden. Daß dies ein Feld ist, in dem es außerordentlich schwierig ist, eine Gesamtlinie sich nicht nur auszudenken, sondern sie überall in Wirksamkeit treten zu lassen, das brauche ich nicht erst näher zu begründen.
    Aber, meine Damen und Herren, es wäre nun in der Tat nichts falscher, als wenn man diese Reise in die Vereinigten Staaten als ein historisches Ereignis und eine Wende oder was immer ansehen wollte. So sieht es weder in der Welt noch in der deutschen Politik aus. Dies ist natürlich eine sehr wichtige Reise -- sicherlich mit der Aussprache über sehr wichtige Themen —, aber sie ist die Fortsetzung einer langen freundschaftlichen Zusammenarbeit, für die es auch einen gewissen Rhythmus der Bewegungen gibt, ebenso wie es einen solchen Rhythmus der Bewegungen z. B. zwischen Frankreich und uns gibt. Jeder übertriebene Akzent auf einer solchen Reise wäre also für die deutschen Interessen schädlich. Das wollte ich doch gern gesagt haben, bevor wir diese Reise antreten. lm übrigen, Herr Kollege Wehner, werden wir uns nach dieser Reise mit Vergnügen hier im Hause wiedersehen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)



Rede von Erwin Schoettle
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete von Kühlmann-Stumm.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Freiherr Knut von Kühlmann-Stumm


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Die heutige Debatte über die Fragen der europäischen Sicherheit hat ihr besonderes Gewicht durch die Friedensnote der Bundesregierung und die internationale Reaktion auf diese Note erhalten. Der Herr Bundesminister des Auswärtigen hat mit Recht darauf hingewiesen, daß die Kunst des Möglichen sehr oft in der Bereitschaft zu einem schrittweisen Vorgehen besteht. Niemand konnte erwarten, daß die Friedensnote der Bundesregierung zu einer Veränderung unseres Verhältnisses zu Osteuropa führen würde. Mit Recht können wir aber feststellen, daß sie Ansatzpunkte für eine solche Veränderung geschaffen hat. Wir begrüßen es, daß sich die Bundesregierung auch durch negative Antworten aus Osteuropa oder durch das Ausbleiben einer Antwort nicht entmutigen läßt, den mit der Friedensnote begonnenen Weg fortzusetzen. zen. Wir stimmen ihr voll zu, wenn sie die differenzierte Beantwortung als ein positives Element bewertet. Wir unterstreichen mit Nachdruck die Feststellung, daß auch das Ausbleiben einer formellen Antwort durchaus nicht negativ zu veranschlagen ist, besonders dann, wenn andere Formen der Reaktion zu verzeichnen sind.
    In dieser Haltung der Bundesregierung liegt eine doppelte Erkenntnis. Erstens: Ein fruchtbares Gespräch mit den Ländern Osteuropas will behutsam vorbereitet und eingeleitet sein. Es muß mit großer Geduld und Zähigkeit geführt werden. Zweitens: Die differenzierte Beantwortung unterstreicht die Tatsache, daß wir es in Osteuropa nicht mehr mit einem Block kommunistischer Staaten zu tun haben, die, von Moskau gelenkt, nur einer gleichlautenden Antwort auf westliche Initiativen zugänglich sind.
    Diese doppelte Erkenntnis bestätigt die von meiner Fraktion seit langem vertretene Auffassung, daß die Möglichkeiten deutscher Ostpolitik nicht so minimal, nicht so begrenzt sind, wie es manchmal bei sehr vordergründiger Betrachtung zu sein scheint. Der Prozeß, der in Osteuropa im Gange ist, verpflichtet uns geradezu, jede Möglichkeit des Kontaktes, des Gesprächs und der Beziehung wahr-



    Freiherr von Kühlmann-Stumm
    zunehmen, weil seine Förderung sowohl den Interessen der nach größerer Selbständigkeit strebenden Länder Osteuropas wie den Interessen der deutschen Politik entspricht.
    Die Bundesregierung war gut beraten, als sie ihre Bereitschaft zum Verzicht auf Gewalt bei der Lösung europäischer Probleme, die für uns eine Selbstverständlichkeit, für die Länder Osteuropas eine bewegende Frage ist, so deutlich zum Ausdruck brachte. Niemand sollte die psychologische Wirkung unterschätzen, die eine solche überzeugende Erklärung der Bundesregierung in Osteuropa hat und ohne Zweifel noch weiter haben wird. Sie entkräftet das Hauptargument der Ulbrichtschen Selbstrechtfertigung; denn der Machthaber der SBZ versucht, jeden nur denkbaren Nutzen für sich aus dem künstlich genährten Schreckgespenst einer kriegs-
    und revanchelüsternen Bundesrepublik zu ziehen.
    In der gegenwärtigen Phase der sowjetischen Europapolitik darf Pankow dabei der Unterstützung der sowjetischen Regierung sicher sein. Für sie muß der Hinweis auf den angeblichen Gefahrenherd Bundesrepublik als Rechtfertigung der Anwesenheit ihrer Truppen in Mitteleuropa herhalten. Es besteht kein Zweifel, daß die sehr behutsamen Schritte der osteuropäischen Länder zur Stärkung ihrer Selbständigkeit von einem sorgenvollen Blick auf die sowjetischen Divisionen in Mitteldeutschland begleitet sind. Unübersehbar ist dabei, daß sich hier Interessenparallelitäten der Bundesrepublik und der Länder Osteuropas ergeben.
    Die von der Bundesrepublik eingeleitete neue Phase der deutschen Europapolitik und der deutschen Osteuropapolitik muß mit Geduld und Zähigkeit fortgesetzt werden. Sie wird um so erfolgreicher sein, je mehr es gelingt, die Besorgnisse der osteuropäischen Staaten vor der Bundesrepublik abzubauen. Das erfordert ein Höchstmaß an Kommunikation mit diesen Ländern. Je enger unsere wirtschaftlichen, kulturellen und politischen Verbindungen sein werden, um so eher wird es uns möglich sein, auch die Kommunisten in diesen Ländern von unseren friedlichen Absichten zu überzeugen.
    Eine aufmerksame Beobachtung der Äußerungen aus den osteuropäischen Staaten ergibt, daß, ungeachtet propagandistischer Ausfälle, dort längst die Legitimität der deutschen Verteidigungsanstrengungen in dem bis jetzt vorhandenen Rahmen anerkannt wird. Nicht weniger deutlich allerdings ist die sicher nicht nur aus propagandistischen Gründen deutlich werdende Sorge einer deutschen Beteiligung an atomaren Gemeinschaftslösungen, eine Sorge, die es nicht nur in Osteuropa gibt. Die Bundesregierung wird deshalb sehr sorgfältig bedenken müssen, ob eine atomare Gemeinschaftslösung, sollte sie je möglich sein — was ich bezweifle —, nicht erhebliche Nachteile für die Bewegungsfreiheit im politischen Bereich bringen würde.
    Bringt eine solche Gemeinschaftslösung wirklich eine Verstärkung der Sicherheit für die Bundesrepublik? Uns scheint, daß alles darauf abgehoben werden sollte, in der Strategie des Bündnisses mehr als bisher deutsche Vorstellungen zum Tragen zu bringen und insbesondere den Einfluß der Bundesrepublik auf die Bewältigung möglicher Krisen zu verstärken.

    (Beifall bei der FDP.)

    Mitwirkung bei der Krisenbewältigung und Vetorecht für den Einsatz atomarer Waffen von deutschem Boden und nach deutschem Boden sind für uns legitime Forderungen, die sich sowohl aus unserem Beitrag im Rahmen des Bündnisses als auch aus unserer geographischen Lage ergeben.

    (Beifall bei der FDP.)

    Wir sprechen die Hoffnung aus, daß die Gespräche der Mitglieder der Bundesregierung in den Vereinigten Staaten Fortschritte in diesem Bereich möglich machen werden.
    Der Herr Bundesaußenminister hat den McNamara-Ausschuß erwähnt. Ich habe schon mehrfach von dieser Stelle aus darauf hingewiesen, daß die Fraktion der Freien Demokraten diesem Ausschuß eine besondere Bedeutung zumißt und der Hoffnung Ausdruck gibt, daß es in diesem Ausschuß gelingen wird, unsere Vorstellungen zum Tragen zu bringen. Wir hoffen, daß es auf dieser Basis möglich sein wird, zu den Zielen zu gelangen, die ich eben angeschnitten habe.
    Die Bundesregierung hat mit der Herausstellung der Sicherheitsfragen in der Friedensnote zu erkennen gegeben, welche Bedeutung sie diesen Problemen für die Politik der vor uns liegenden Schritte einräumt. Es wird darauf ankommen, das Gespräch über die Fragen der europäischen Sicherheit durch eine Verdichtung unserer Beziehungen zu den Ländern Osteuropas zu erleichtern. Diplomatische Beziehungen sind für uns nach wie vor vorrangiges Ziel unserer Politik gegenüber Osteuropa. Die Probleme, die mit der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zu den Ländern Osteuropas verbunden sind, sind nicht unüberwindlich. Ihre Lösung erfordert auch nicht die Aufgabe der Zugehörigkeit West-Berlins zur Bundesrepublik Deutschland. Niemand in der Welt wird ernsthaft erwarten können, daß die Bundesrepublik in dieser Frage bereit ist, ihre Position zu verändern. Es kann aber keinem Zweifel unterliegen, daß noch nicht alle Möglichkeiten erschöpft sind, die von uns in bezug auf West-Berlin vertretene Position politisch wirkungsvoll zum Ausdruck zu bringen. Das gleiche gilt von dem politischen Anspruch der Bundesrepublik, für die Deutschen in Mitteldeutschland zu sprechen und zu handeln.
    Es erscheint uns an der Zeit, durch eine generelle, allen Staaten dieser Erde zu übermittelnde Erklärung zu diesen Fragen unseren Standpunkt erneut zu unterstreichen und zugleich auf der Grundlage dieses Generalvorbehalts unseren außenpolitischen Spielraum zu erweitern.

    (Beifall bei der FDP.)

    Der Besuch des Bundeswirtschaftsministers in Bukarest ist ein politisches Ereignis von weittragender Bedeutung. Es würde in seiner Bedeutung gemindert werden, wenn das damit möglich Gewordene zu lange hinausgeschoben wird. Ein Blick zu-



    Freiherr von Kühlmann-Stumm
    rück zeigt, daß der Zeitablauf die Probleme in unserem Verhältnis zu Osteuropa nicht verringert hat.
    Bei den Beratungen und Verhandlungen über die Verhinderung der Weiterverbreitung nuklearer Waffen kann die Bundesrepublik auf der moralisch und politisch festen Plattform ihres Verzichts auf die Herstellung derartiger Waffen handeln. Sie kann schließlich auf ihren Beitrag zur schrittweisen Lösung des atomaren Problems verweisen, der in der Unterzeichnung des Verbots von Atomversuchen auf dem Lande, zu Wasser und in der Atmosphäre besteht. Die Bundesrepublik hat darüber hinaus nie einen Zweifel daran gelassen, daß sie alles tun wird, um daran mitzuwirken, daß sich die Zahl der Atomwaffenmächte nicht ausdehnt. Wir können deshalb die Genfer Verhandlungen im Grundsatz positiv beurteilen. Die Genfer Verhandlungspartner werden allerdings beachten müssen, daß sich diese Beratungen nicht zu einer Konferenz über den Status der Bundesrepublik im NATO-Bündnis verengen. Unser Wille zu jedem vertretbaren Beitrag zur europäischen Sicherheit berechtigt uns, die Frage nach den Beiträgen anderer Länder zu stellen. Darüber hinaus haben wir ein vitales Interesse an der Verknüpfung von Fortschritten im Bereich der europäischen Sicherheit mit Fortschritten in der deutschen Frage. Diese Forderungen erheben wir nicht als Ausdruck eines nationalen Egoismus, sondern wir erheben sie als einen Beitrag zur europäischen Sicherheit. Unverkennbar ist der untrennbare Zusammenhang zwischen Abrüstung, europäischer Sicherheit und deutscher Frage. Es wird ohne die Lösung der deutschen Frage in Europa eine dauerhafte Friedensregelung nicht geben.
    Es entspricht unserem Bemühen um ein schrittweises Vorgehen, wenn wir in der Wahrung des Zusammenhangs zwischen europäischer Sicherheit und Fortschritten in der deutschen Frage die Elastizität zeigen, die es ermöglicht, jeweils dort Fortschritte zu machen, wo die Voraussetzungen am günstigsten sind.

    (Beifall bei der FDP.)

    Die Verbündeten der Bundesrepublik werden allerdings sichtbarer als bisher erkennen lassen müssen, .daß die 'Genfer Verhandlungen, an denen wir nicht beteiligt sind, nur 'im engsten Einvernehmen mit der Bundesrepublik geführt werden.
    Die von uns gewünschten deutschen Initiativen nach Osteuropa haben durch die Brüsseler NATO- Konferenz eine starke Unterstützung erfahren. Wir stimmen voll mit der Bundesregierung überein, wenn sie an Stelle der Verhandlungen von Paktsystem zu Paktsystem zweiseitige Verhandlungen wünscht. Wir können kein Interesse daran haben, die Verhandlungen von der sehr unibeweglichen Plattform 'der Paktsysteme aus zu 'führen. Im übrigen würden wir dabei die Erfahrung machen, daß in einem solchen Fall das langsamste Schiff im Geleitzug das Tempe bestimmt, d. h. nur das Maß an Fortschritten möglich ist, das von den zurückhaltendsten Partnern in beiden Bereichen gewünscht wird. Wir sehen aber die Möglichkeiten deutscher Ostpolitik gerade darin, mit denjenigen Ländern in Osteuropa zu beginnen, die sich den neuen Entwicklungen gegenüber am aufgeschlossensten verhalten. Wir sind überzeugt, daß die beginnende Entwicklung, deren zeitlicher Ablauf heute noch nicht übersehen werden kann, eines Tages in eine europäische Sicherheitskonferenz einmünden wird. Es muß also unser Bestreben sein, bis zu diesem Tage eine möglichst breite politische Plattform für unsere Mitwirkung an dieser Konferenz zu schaffen.
    Der Begriff „europäische Sicherheitskonferenz" darf nicht darüber hinwegtäuschen, daß Sicherheit für Europa nur möglich ist unter Beteiligung der Vereinigten Staaten von Nordamerika. Manche Stimme aus Osteuropa bestätigt uns in der Auffassung, daß dort eine realistischere Einschätzung dieser Frage an Boden gewinnt. Unter den gegebenen Umständen ist ein gesamteuropäisches Sicherheitssystem ohne die Vereinigten Staaten nicht denkbar. Weil in 'der deutschen Frage angesichts der nationalen Selbständigkeitsbestrebungen in Osteuropa das Gewicht der sicherheitspolitischen Interessen neben den ideologischen Fragen zunimmt, kann ein gesamteuropäisches Sicherheitssystem heute wie in der Vergangenheit den Weg zur Lösung der deutschen Frage eröffnen und ebnen.
    Es wäre aus diesem Grunde wenig ratsam, würde die Bundesrepublik als Gegner einer solchen Sicherheitskonferenz erscheinen. Unsere Initiative muß vielmehr darauf gerichtet sein, die Vorbereitung einer solchen Konferenz mit solchem Nachdruck und mit solcher Gründlichkeit zu betreiben, daß eine Verknüpfung mit der deutschen Frage möglich wird.
    Die Politik der Bundesregierung ist unverändert dem Hauptziel der deutschen Politik, nämlich der Wiederherstellung der deutschen 'Einheit in Frieden und Freiheit, verpflichtet. Jede Veränderung in der europäischen Politik, jede Veränderung in dem Gefüge der Paktsysteme muß von uns 'auf Möglichkeiten und Ansatzpunkte für die deutsche Frage untersucht werden.
    Zweifellos dient jede Entwicklung der Annäherung an Europa auch der Annäherung an Deutschland. Eine Veränderung ides europäischen Klimas kann auf die Dauer nicht haltmachen vor den Toren Mitteldeutschlands.
    Die Bundesrepublik Deutschland ist ein verläßlicher Partner im Rahmen 'der NATO. Sie ist bereit, ihren Anteil im Rahmen des Bündnisses zu tragen und auf der Grundlage dieses Bündnisses zu höheren, weitreichenderen Regelungen im Rahmen der europäischen Sicherheit hinzuwirken. Wir erwarten aber von unseren Partnern, daß sie die Grenzen erkennen, die uns durch die Spaltung unseres Vaterlandes und durch unseren Willen, unverrückbar auf die 'deutsche Einheit hinzuarbeiten, gesetzt sind.

    (Beifall bei der FPD.)

    Die Politik des Friedens, die wir alle wollen, die die Bundesregierung vertritt, die sie in vorbildlicher Weise .in ihrer Friedensnote verdeutlicht hat, muß durch eine Fortsetzung dieser Friedensinitiative für alle Länder Europas, auch im Warschauer Pakt, deutlich machen, daß die Lösung der 'deutschen Frage der



    Freiherr von Kühlmann-Stumm
    wichtigste Beitrag für eine dauerhafte Sicherheitsordnung in Europa ist.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)