Rede:
ID0505900800

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag 59. Sitzung Bonn, den 23. September 1966 Inhalt: Begrüßung des 5 000 000. Besuchers des Bundestages Abg. Roß tritt in den Bundestag ein . . . 2881 A Schriftliche Berichte des Ausschusses für Wirtschafts- und Mittelstandsfragen über die Einundfünfzigste, Sechsundfünfzigste, Siebenundfünfzigste und Einundsechzigste Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1966 (Zollkontingente für gewerbliche Waren — 2. Halbjahr 1966, Zollkontingente für Seidengarne und Schappeseidengarne —3. Quartal 1966, Waren der EGKS —2. Halbjahr 1966, Zollaussetzung für HET-Säure) (Drucksachen V/901, V/ 902, V/903, V/904, V/935, V/936, V/937, V/938) 2881 C Große Anfrage betr. Vorschläge zur Rüstungsbegrenzung und Sicherung des Friedens (SPD) (Drucksache V/775) Schmidt (Hamburg) (SPD) . 2882 B, 2920 C Dr. Schröder, Bundesminister 2891 D, 2908 B Dr. Birrenbach (CDU/CSU) . . . . 2898 C Wehner (SPD) . . . . . . . . . 2904 B Freiherr von Kühlmann-Stumm (FDP) 2910 C Freiherr von und zu Guttenberg (CDU/CSU) 2913 A Genscher (FDP) 2918 B Dr. Schulze-Vorberg (CDU/CSU) . 2923 A Nächste Sitzung 2924 Anlagen 2925 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 59. Sitzung. Bonn, Freitag, den 23. September 1966 2881 59. Sitzung Bonn, den 23. September 1937 Stenographischer Bericht Beginn: 8.59 Uhr
  • folderAnlagen
    Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete (r) beurlaubt bis einschließlich Dr. Abelein 4. 10. Dr. Achenbach *) 13. 10. Dr. Adenauer 5. 10. Adorno 23. 9. Dr. Aigner *) 24. 9. Dr. Althammer 23. 9. Dr. Apel*) 24. 9. Arendt (Wattenscheid) *) 24.9. Dr. Arndt (Berlin /Köln) 23. 9. Dr. Artzinger 5. 10. Bading *) 24. 9. Dr.-Ing. Dr. h. c. Balke 23.9. Bäuerle 31. 10. 'Bauknecht 23. 9. Berendsen 24. 9. Bergmann *) 24.9. Berkhan *) 24.9. Berlin 20. 10. Dr. Besold 23.9. Beuster 23.9. Blachstein 10. 10. Blöcker 23. 9. Blumenfeld 24. 9. Borm 23.9. Frau Brauksiepe 30.9. Brese 23. 9. Dr. Burgbacher *) 24. 9. Burgemeister 23.9. Busse (Herford) 26.9. Dr. Conring 23. 9. Corterier *) 24. 9. Dr. Dehler 23. 9. Deringer *) 24. 9. Dr. Dichgans *) 24.9. Diekmann 23. 9. Dr. Dittrich*) 24. 9. Draeger * 24.9. Dröscher * 24.9. Ehnes 23. 9. Eisenmann 24. 9. Frau Dr. Elsner *) 24.9. Dr. Eppler 7. 10. Erler 30.9. Erpenbeck 23.9. Ertl 23. 9. Faller*) 24. 9. Fellermaier 23. 9. Flämig *) 24. 9. Frehsee 30.9. Fritz (Wiesbaden) 23.9. Frau Funcke 23. 9. Dr. Furler 5) 24. 9. Gerlach * 24.9. Glombig 24.9. Glüsing (Dithmarschen) 23.9. *) Für die Teilnahme an einer gemeinsamen Sitzung Europarat/ Europäisches Parlament Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete (r) beurlaubt bis einschließlich Dr. Götz * 26. 9. Graaff 23. 9. Haage (München) 23. 9. Hahn (Bielefeld) 24. 9. Dr. Hauser (Sasbach) 23. 9. Dr. Dr. Heinemann 28. 9. Dr. Hellige *) 24. 9. Frau Herklotz *) 24. 9. Herold *) 24. 9. Hilbert 24. 9. Hirsch 23. 9. Hösl 24. 9. Dr. Huys 5. 10. Illerhaus *) 24. 9. Dr. Ils 23. 9. Iven 26. 9. Dr. Jaeger 23. 9. Dr. Jungmann 24. 9. Kahn-Ackermann 6. 10. Dr. Kempfler 23. 9. Frau Klee 23. 9. Dr. Kliesing (Honnef) 23. 9. Klinker*) 24. 9. Dr. Kopf 4. 10. Frau Korspeter 30. 9. Krammig 23. 9. Kriedemann *) 24. 9. Krug 23. 9. Dr. Kübler 30. 9. Kühn (Hildesheim) 23. 9. Kulawig *) 24. 9. Lemmer 23. 9. Lemmrich 23. 9. Lenz (Brühl) *) 24. 9. Lenz (Trossingen) 30. 9. Lenze (Attendorn) *) 24. 9. Leukert 23. 9. Dr. Löhr *) 24. 9. Lücker (München) *) 24. 9. Dr. Martin 6. 10. Dr. Marx (Kaiserslautern) 29. 9. Mauk *) 24. 9. Frau Dr. Maxsein*) 24. 9. Dr. Meinecke 23. 9. Memmel *) 24. 9. Dr. von Merkatz 23. 9. Merten *) 24. 9. Metzger *) 24. 9. Michels 30. 9. Missbach 23. 9. Dr. Mommer 23. 9. Müller (Aachen-Land) *) 24. 9. Dr. Müller (München) 23. 9. Dr. Müller-Hermann 23. 9. Ott 23. 9. Frau Pitz-Savelsberg 30. 9. Pöhler *) 24. 9. Prochazka 23. 9. Raffert 6. 10. Richarts *) 24. 9. Riedel (Frankfurt) *) 24. 9. Dr. Rinderspacher *) 24. 9. Abgeordnete (r) beurlaubt bis einschließlich Rock 2. 10. Rösing 23. 9. Dr. Rutschke *) 24. 9. Saam 7. 10. Sander 23. 9. Prinz zu Sayn-WittgensteinHohenstein 23. 9. Schlee 5. 10. Dr. Schmid (Frankfurt) *) 24. 9. Schmidt (Hamburg) *) 24. 9. Schmidt (Kempten) 23. 9. Dr. Schmidt (Offenbach) 23. 9. Frau Schroeder (Detmold) 23. 9. Schulhoff 23. 9. Schultz (Gau-Bischofsheim) 23. 9. Dr. Schulz (Berlin) 5) 24. 9. Seibert 23. 9. Seifriz *) 24. 9. Dr. Serres 5) 24. 9. Seuffert*) 24. 9. Spitzmüller 24. 9. Dr. Springorum *) 24. 9. Dr. Süsterhenn 23. 9. Dr. Starke (Franken) *) 24. 9. Steinhoff 25. 9. Stingl 25. 9. Strauß 23. 9. Strohmayr 23. 9. Frau Strobel 5) 12. 10. Teriete 20. 10. Dr. Dr. h. c. Toussaint 25. 9. Unertl 23. 9. Dr. Verbeek 23. 9. Dr. Freiherr von VittinghoffSchell *) 24. 9. Vogt *) 24. 9. Wächter 8. 10. *) Für die Teilnahme an einer gemeinsamen Sitzung Europarat/ Europäisches Parlament Abgeordneter) beurlaubt bis einschließlich Wagner 23.9. Dr. Wahl *) 23.9. Weimer 5. 10. Windelen 23.9. Dr. Wörner 30.9. Baron von Wrangel 15. 10. Zerbe 23.9. Dr. Zimmermann 23.9. Anlage 2 Umdruck 99 Antrag der Fraktionen der CDU/CSU, FDP zur Großen Anfrage der Fraktion der SPD betr. Vorschläge zur Rüstungsbegrenzung und Sicherung des Friedens - Drucksache V/775 Der Bundestag wolle beschließen: Der Deutsche Bundestag wünscht eine kontrollierte, dem Frieden dienende Abrüstung. Er dankt der Bundesregierung für die Friedensnote und fordert sie auf, in diesem Sinne unbeirrt weiterzuwirken. Der Deutsche Bundestag würde es dankbar begrüßen, wenn außer der Bundesrepublik Deutschland weitere Staaten auf die Herstellung atomarer, biologischer und chemischer Waffen ausdrücklich verzichten und sich - wie wir - einer entsprechenden Kontrolle unterwerfen würden. Das deutsche Volk weiß sich in seiner Friedenssehnsucht einig mit allen Nachbarvölkern in Ost und West. Bonn, den 23. September 1966 Dr. Barzel und Fraktion Freiherr von Kühlmann-Stumm und Fraktion
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Helmut Schmidt


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Lassen Sie mich noch einen Punkt anfügen, was den kurzfristigen Aspekt
    2888 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — '59. Sitzung. Bonn, Freitag, den 23. September 1966
    Schmidt (Hamburg)

    unserer deutsch-amerikanischen Probleme angeht. Natürlich müssen auch wir dort Lösungen für das Devisenproblem anbieten. Es wäre gut, wenn dies, wie schon immer London gegenüber, in Zukunft nicht durch das deutsche Verteidigungsressort geschähe. Und mir scheint es notwendig zu sein, daß Lösungen von uns aus nicht nur 'auf militärischem Felde angeboten werden. Soweit aber in Zukunft auch das militärische Feld zum Devisenausgleich gebraucht wird, scheinen mir zwei deutsche Vorschläge denkbar zu sein, die auch unseren eigenen Sicherheitsinteressen nützen. Zum einen ist denkbar, daß die Bundesrepublik anbietet, amerikanische Airlift-Kapazität zu kaufen und sie dann den Vereinigten Staaten zur Verfügung zu stellen, 'damit jederzeit eine schnelle Rückverlegung amerikanischer Truppen nach Europa gewährleistet ist. Zum anderen ist es denkbar, daß wir amerikanische Waffen und Geräte kaufen und sie in Europa lagern, damit, wenn amerikanische Truppen schnell nach Europa zurücktransportiert werden müssen, sie ihre Waffen und Geräte hier vorfinden. Natürlich sind auch Kombinationen davon denkbar.
    Um von diesem Exkurs zurückzukommen: Ich glaube nicht, daß wir bei den 'kurzfristigen .Problemen auf sehr viel Hilfe durch Großbritannien rechnen können. England ist auf absehbare Zeit mit sehr schweren eigenen Problemen okkupiert, die englische Tendenz zum Truppenabzug aus Europa ist noch stärker als die amerikanische. Im übrigen wird in England die Entspanntheit der europäischen Situation voraussichtlich immer stärker betont werden als in Washington. Meine tiefe persönliche Überzeugung ist, daß man sich im Falle der akuten Gefahr auf England immer ganz verlassen 'kann, daß aber in Perioden äußerlich friedlicher Entwicklung in England stets eine Tendenz da sein wird, die latenten Gefahren unterzubewerten.
    Was Frankreich angeht: Frankreich 'hat unter de Gaulle durch seine außenpolitische Strategie nicht viel gewonnen, aber sehr viel Prestige gewonnen. Gleichzeitig hat dieser Mann Europa in den letzten drei Jahren stärker beeinflußt als irgendein anderer Mann. Die Auflockerungsstrategie de Gaulles gegenüber Osteuropa hat niemandem geschadet. Im Gegenteil. Seine militärische Doktrin .der nuklearen Vergeltung vis-à-vis Moskau hat auch nicht geschadet. Sie hat 'zwar kein Gewicht, aber sie hat auch nicht geschadet. Aber im Verhältnis zur NATO hat seine Strategie eine tiefgreifende Lähmung bewirkt. Da diese Lähmung, wenn wir eine friedliche Entwicklung voraussetzen — und das können wir —, Frankreich nicht zu gefährden 'scheint und da niemand Sanktionen gegenüber Frankreich in Betracht ziehen kann, so wird Frankreich seine auf 'wachsende Unabhängigkeit gerichtete Strategie fortsetzen. Der Gaullismus hat ähnliche Eigenschaften wie eine Epidemie, die an den Grenzen nicht haltmacht, über die Grenzen herüberschwappt, und ihre Einflüsse werden sich weit über die deutsche Regierungspartei hinaus auch in übrigen Teilen Europas geltend machen.

    (Abg. Freiherr von und zu Guttenberg meldet sich zu einer Zwischenfrage.)



Rede von Dr. Maria Probst
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Herr Abgeordneter von Guttenberg, bei Begründungen sind Zwischenfragen nicht üblich. Ich bitte, darauf zu verzichten.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Helmut Schmidt


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Auch nach de Gaulle wird sich die geographische Lage Frankreichs nicht ändern. Die force de frappe wird fortexistieren. Für uns ist wichtig, daß wir auch nach de Gaulle genau wie jetzt einige Übereinstimmungen zwischen Paris und Moskau nicht übersehen. Diese Übereinstimmungen beziehen sich auf die Oder-Neiße-Linie, auf die Ablehnung jeglichen deutschen nuklearen Mitbestimmungsrechts und auf einen latenten Wunsch nach der Kontrolle Deutschlands. Die französischen Divisionen in Süddeutschland sollen der gemeinsamen Verteidigung dienen. Wenn ihre Aufgabe nicht irgendwie vertraglich definiert wird, so können sie ebensosehr zu Instrumenten französischer Deutschlandpolitik werden. Die Bundesregierung hat in der Frage des französischen Truppenabzugs zwar äußerlich zeitweise spektakulär, im inneren Ergebnis jedoch ohne Erfolg operiert. Unsere ständigen sozialdemokratischen Mahnungen auf gegenseitige Verzahnung mit Frankreich durch wirtschaftliche, technische, militärische, militärisch-technologische, rüstungsindustrielle Kooperation sind bisher leider nicht gehört worden.
    In dieser Lage, wie ich sie versucht habe zu skizzieren, kann sich Deutschland zusätzlich zu der sowjetischen Isolierungstaktik uns gegenüber durch eigene Starrheit gegenüber allen diesen Tendenzen in den Völkern, in den Ländern, in den Staaten und in den Regierungen, von denen ich sprach, zusätzlich isolieren. Ich meine, wir dürfen nicht warten, bis die Tendenzen zu weiterem Truppenabzug und zu weiterer Auflockerung unserer Allianz zu vollzogenen Tatsachen führen. Wenn irgendwann ein letzter Augenblick gegeben war für gleichgewichtige, auf beiden Seiten stattfindende Rüstungsverminderung und Truppenverminderung, dann könnte er in der gegenwärtigen Situation erreicht sein.
    Wir erkennen an, daß die Friedensnote der Bundesregierung vom März einige gedankliche Ansätze in dieser Richtung gemacht hat. Unsere Große Anfrage bezieht sich weitgehend auf den Stoff, der in der Friedensnote ausgebreitet worden ist. Wir haben damals die Note der Regierung begrüßt, obwohl wir sie in einigen Punkten schon damals für ergänzungsbedürftig hielten und ich sie in einem Punkt auch für unglücklich halte. Die Bundesregierung hat im August erklärt, ihre Vorschläge in der Note richteten sich vornehmlich an die osteuropäischen Staaten. Wir haben das schon im März an dem Tage, an dem die Note überreicht wurde, öffentlich anerkannt und für richtig gehalten. Uns scheint, es kommt jetzt darauf an, den begonnenen Weg fortzusetzen. Dabei muß man sich immer darüber klar sein: solange es die Bundesrepublik gab und solange es sie geben wird, für die Zeit unserer ganzen Existenz, ist das Maß an Sicherheitschancen für die Bundesrepublik immer im Wechselverhältnis zum Maß an Wiedervereinigungschancen gestanden und wird dazu stehen. Ich nehme an, es wird immer so



    Schmidt (Hamburg)

    bleiben, solange es bei der Bundesrepublik bleibt. Das Verlangen, die Sicherheitschancen der Bundesrepublik auf 100 % zu steigern, muß die Wiedervereinigungschancen auf null Prozent sinken lassen. Es ist eben ein schwieriges Balancekunststück, das vollbracht werden muß, die Sicherheitschancen nicht allzusehr einzuschränken — aber vielleicht muß man auch ein Risiko eingehen — und die Wiedervereinigungschancen auf der anderen Seite doch nicht unten bei Null zu halten, sondern zu heben.
    Die Welt ist in den letzten zehn Jahren von der antagonistischen Bipolarität dieser beiden Weltmächte beherrscht gewesen, und in diesen letzten zehn Jahren hat man dem Ziel der Wiedervereinigung nur wenig gedient und vielleicht nur wenig dienen können. Jetzt, wo sowohl im Osten als auch im Westen mindestens teilweise etwas Platz greift, was Multipolarität oder Polyzentrismus oder wie immer genannt wird, wo also die Völker ein bißchen Bewegungsfreiheit gewinnen, in diesem Zeitraum wird es wenigstens theoretisch wieder denkbar, daß wir uns diesem Wiedervereinigungsziel annähern. Natürlich ist das nur am Ende eines langen, komplizierten Prozesses denkbar, des Prozesses der Entspannung und der Versöhnung. Wenn allerdings auf dem Weg dorthin das Gleichgewicht der militärischen und politischen Kräfte auf beiden Seiten verlorenginge, dann würde sich der Weg im Ungewissen verlieren, und eines Tages würden wir möglicherweise fremdem Willen unterworfen sein. Das Entscheidende ist, sich nicht einzubilden, man müsse hundertprozentige Sicherheit haben. Die gibt es auf dieser Erde nicht. Die gibt es auch nicht für Amerika. Das Entscheidende ist, daß wir immer das Gleichgewicht der militärischen und der sonstigen Machtkräfte aufrechterhalten müssen, das uns das menschenmögliche Maß an Sicherheit gewährt.
    Mit anderen Worten, wenn wir aus Sicherheitsgründen das Gleichgewicht der Kräfte aufrechterhalten müssen, aber aus Gründen der Deutschlandpolitik versuchen müssen, die Spannung herunterzubringen und die Entspannung zu fördern, dann ist das eigentliche strategische Problem in der gegenwärtigen Epoche, das strategische Problem der deutschen Außenpolitik das Heruntertransponieren des Gleichgewichts von der Ebene hoher Rüstung auf die Ebene verminderter Rüstung, das Heruntertransponieren des Gleichgewichts der Kräfte von der Ebene starker Truppenkonzentration auf die Ebene schwächerer Truppenkonzentration auf beiden Seiten.
    Es ist sehr wahrscheinlich, daß weltweile Abrüstung so bald nicht zustande kommt. Vielleicht wird es „fast-weltweite" Abkommen für einzelne Waffenkategorien geben. Der Atomteststoppvertrag war ein Modellfall dafür. Der Nonproliferationsvertrag ist ein zweites Stück der gleichen Kategorie. Es ist sehr fraglich, ob er zustande kommt. Wir werden demnächst bei der UNO eine Vollversammlungsdebatte darüber hören.
    Wir werden hören, wie Deutschland dabei für das bisherige Scheitern der Verhandlungen angeklagt wird, übrigens nicht nur von Kommunisten und kommunistischen Ländern; wir werden hoffentlich von unseren Freunden auch verteidigt werden. Aber wir werden sehen, daß wir auch als Sündenbock für das Scheitern der Verhandlungen von solchen Staaten benutzt werden, die ihrerseits ebenfalls zum Nichtzustandekommen beigetragen haben. Was diesen Nonproliferationsvertrag angeht, haben wir uns in eine nicht sehr glückliche Position manövriert. Schon deshalb ist eine Klarstellung in der nuklearen Frage notwendig, die übermorgen auch in Washington behandelt werden wird.
    Die Bundesrepublik kann ganz gewiß nicht Abrüstungs- oder Rüstungskontrollvereinbarungen zustimmen, die unser Land diskriminieren; das können wir ganz gewiß nicht. Aber ebensowenig, Herr Majonica, können wir etwa von dem alten Standpunkt, den wir in diesem Hause und den Ihre, unsere Regierung gemeinsam gefaßt und vertreten haben, abgehen, die Bundesrepublik sei bereit, jedem allgemeinen Abrüstungs- oder Kontrollabkommen beizutreten, das weltweit ausgehandelt wird. Wenn ich die Entschließung Ihres Arbeitskreises lese, die gestern veröffentlicht worden ist, sehe ich eine wesentliche Einschränkung dieses alten Standpunktes.