Rede von
Dr.
Richard
Jaeger
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Gesetzentwurf, der dem Hohen Hause zur dritten Beratung vorliegt, erteilt der Bundesregierung eine begrenzte, aber bedeutsame Vollmacht. Die Bundesregierung hat diese neue Befugnis nicht erstrebt. Sie wünscht weder eine Beschränkung noch eine Ausweitung ihrer Rechte. Vor allem aber bedauert sie, daß die politischen Verhältnisse einen, wenn auch beschränkten, Eingriff in die überlieferte Ordnung unserer Gerichtsverfassung notwendig machen.
Die unselige Teilung unseres Vaterlandes behindert auf vielen Gebieten das normale Leben von Staat und Gesellschaft. Die von der üblichen Norm abweichende Regelung einer befristeten Freistellung von der deutschen Gerichtsbarkeit ist nur eines von vielen Symptomen dieser schmerzlichen, aber unleugbaren Tatsache.
Die Bundesregierung bejaht trotz mancherlei Bedenken den vorliegenden Gesetzentwurf. Sie ist bereit, von der ihr erteilten Befugnis einen sinnvollen Gebrauch zu machen. Sie betrachtet die durch diesen Gesetzentwurf ermöglichte Freistellung von der deutschen Gerichtsbarkeit jedoch als eine Ausnahmeregelung, die nur für besonders bedeutsame Vorhaben ausgesprochen werden soll. Die Bundesregierung wird es nicht zulassen, daß subversive Kräfte die durch dieses Gesetz eingeräumte Möglichkeit mißbrauchen.
Der Gesetzentwurf macht die ganze Problematik deutlich, die sich aus der Spannung zwischen Freiheit und Unfreiheit ergibt. Das Grundgesetz verbietet uns, einer unbegrenzten und willkürlichen Opportunität das Feld zu überlassen. Die Bundesregierung wird deshalb in jedem Einzelfall sorgfältig prüfen, welche politischen Gründe für eine befristete Freistellung von der deutschen Gerichtsbarkeit sprechen, zugleich aber auch, ob es unter Berücksichtigung aller Umstände möglich und für die Rechtsüberzeugung des Volkes auch zumutbar ist, einem einer schwerwiegenden strafbaren Handlung hinreichend oder sogar dringend Verdächtigen, wenn auch nur auf eng befristete Zeit, die Befreiung von der Gerichtsbarkeit zuzusichern.
Im übrigen vertraut die Bundesregierung auf den nüchternen Sinn aller Deutschen.