Anlage 1
Liste der beurlaubten Abgeordneten
Abgeordneter) beurlaubt bis einschließlich
a) Beurlaubungen
Adorno 16. 3.
Dr. Arndt (Berlin/Köln) 19. 3.
Baier 17. 3.
Dr.-Ing. Balke 26. 3.
Dr. Barzel 16. 3.
Bauer (Würzburg) 16. 3.
Blachstein 18. 3.
Frau Blohm 31. 3.
Blumenfeld 27. 3.
Burger 10. 4.
Cramer 18. 3.
Diekmann 16. 3.
Dr. Dittrich *) 18. 3.
Felder 22. 3.
Fritz (Wiesbaden) 31. 3.
Dr. Furler 19. 3.
Frau Geisendörfer 18. 3.
Haar (Stuttgart) 18. 3.
Hamacher 31. 3.
Dr. Dr. Heinemann 18. 3.
Dr. Hofmann (Mainz) 18. 3.
Dr. Jungmann 31. 3.
Kaffka 19. 3.
Klein 18. 3.
Frau Krappe 31. 3.
Liedtke 15. 4.
Dr. Martin 18. 3.
Metzger 18. 3.
Missbach 22. 3.
Dr. Morgenstern 25. 3.
Dr. h. c. Dr.-ing. Möller 18. 3.
Rehs 16. 3.
Riedel (Frankfurt) 19. 3.
Frau Schimschok 18. 3.
Dr. Schulz (Berlin) **) 16. 3.
Frau Stommel 18. 3.
Dr. Wilhelmi 17. 3.
Wullenhaupt 16. 3.
b) Urlaubsanträge
Bauer (Wasserburg) 26. 3.
Figgen 8. 4.
Frieler 31. 3.
Herberts 7. 4.
Hirsch 25. 3.
Dr. Schäfer 25. 3.
Dr. Schiller 26. 3.
Stahlberg 31. 3.
Teriete 26. 3.
*) Für die Teilnahme an Ausschußsitzungen des Europäischen Parlaments
**) Für die Teilnahme an Ausschußsitzungen der Beratenden Versammlung des Europarats
Anlagen zum Stenographischen Bericht
Anlage 2
Schriftliche Erklärung
des Abgeordneten Dr. Müller-Hermann für die Fraktion der CDU/CSU zu Punkt 2 der Tagesordnung (Drucksachen V/201, V/390 und V/391).
Der Bundesregierung ist dafür zu danken, daß sie die Probleme des Steinkohlenbergbaus in den richtigen gesamtwirtschaftlichen Zusammenhang gestellt hat. Unter diesem gesamtwirtschaftlichen Aspekt müssen auch die von der Bundesregierung angekündigten Maßnahmen im einzelnen geprüft werden. Es ist sicherzustellen, daß die jetzt zu treffenden Maßnahmen einer dauerhaften und volkswirtschaftlich sinnvollen Regelung des Energieproblems den Weg bereiten. Volkswirtschaftlich sinnvolle Entscheidungen kann man auf die Dauer nicht gegen den Markt treffen. Schließlich muß gewährleistet werden, daß eine regionale und sektorale Strukturpolitik nicht zu Lasten anderer Regionen und anderer Wirtschaftsbereiche geht.
Bei der Diskussion um die Kohle fühle ich mich ständig an die Diskussion um die Bundesbahn erinnert. Beide - die Kohle wie die Eisenbahn - werden weiterhin gebraucht, aber eben in anderer Weise und in anderen Größenordnungen wie vor 50 oder 20 Jahren. Beide haben ihre Monopolstellung verloren und müssen sich auf einen immer härter werdenden Wettbewerb umstellen. Sie müssen beide ihr Leistungsangebot konzentrieren. Es ist demagogisch, bei diesem volkswirtschaftlich unvermeidbaren Umstellungsprozeß von „Demontage" und Ausverkauf zu sprechen. Strecken- bzw. Zechenstillegungen entsprechen, so bedauerlich sie im einzelnen sein mögen, einer Anpassung an die gegebenen Absatzmöglichkeiten, wie sie viele andere Wirtschaftsbereiche im Zuge der technischen Entwicklung gleichfalls haben vornehmen müssen.
Wir erweisen nicht nur unserer Volkswirschaft, sondern auch der Kohle und der Bahn letzten Endes einen Dienst, wenn wir sie organisch und zielstrebig in den Wettbewerb hineinführen, statt sie - dann allerdings mit erheblich größerem öffentlichem Aufwand - künstlich und auf die Dauer gegenüber den Wettbewerbern abzuschirmen. Wie die Bahn der Zukunft brauchen wir auch den Bergbau der Zukunft.
Aufgabe der Politik ist es, sicherzustellen, daß sich der Strukturwandel ohne soziale Härten vollzieht. Kein Zeitpunkt dürfte sich gerade dafür besser eignen als eine Periode der Vollbeschäftigung, ja der Überbeschäftigung, wie wir sie gerade erleben. Ich möchte sogar meinen, daß wir - gesamtwirtschaftlich gesehen - gerade heute in der Pflicht stehen, unsere knappen Arbeitskräfte dort hinzulenken, wo sie am produktivsten eingesetzt werden können. Das Programm der Bundesregierung verdient nicht zuletzt im Hinblick auf die sozialen Probleme volle Unterstützung.
Ich freue mich, die Übereinstimmung mit der Bundesregierung auch in anderen Zielpunkten feststellen zu können, so, wenn sie eine bessere Produktivi-
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tät bei der Kohle selbst anstrebt, zugleich aber auch eine bessere volkswirtschaftliche Produktivität im regionalen Rahmen durch eine systematische Umstrukturierung des Ruhrgebiets.
Sie werden verstehen, daß ich gerade aus der Sicht der revierfernen Gebiete und der Küste entscheidendes Gewicht auf eine preiswerte, d. h. preisgünstige Energieversorgung lege. Wir dürfen nicht vergessen, daß für einige Wirtschaftsbereiche die Energiekosten ein kardinales Problem darstellen, das man in unserer exportabhängigen Wirtschaft unter keinen Umständen bagatellisieren darf. Das Problem stellt sich im übrigen auch im Ruhrgebiet selbst. Die zunehmende Abwanderung etwa der Stahlindustrie zur Küste ist ein Beispiel. Leider kommt dieser Trend zur Küste nicht der deutschen Küste zugute, sondern anderen EWG-Ländern, wenn wir die nationalen Energiepreise aus dem Wettbewerb herausnehmen.
Aus diesen Gründen lege ich Wert darauf, daß das Hohe Haus und die Bundesregierung in richtiger Einschätzung der gesamtwirtschaftlichen Erfordernisse in der Selbstbeschränkung der Mineralölindustrie, in Sondersteuern wie der Heizölsteuer und in der Kontingentierung der Importkohle keine Dauereinrichtungen sehen mögen! Ich weise darauf hin, daß z. B. die Importkohle, die 1958 noch 6,7 % Anteil am Primärenergieverbrauch hatte, 1965 nur noch einen Anteil von 2,3 % hatte. Sie scheidet damit praktisch als Preisregulator auf dem Energiemarkt aus. Es wäre nicht gut, wenn man darin Systematik erkennen müßte. Sie wollen aber aus diesen wenigen Zahlen ersehen, weiches Opfer die Küstenländer seit langem zugunsten der deutschen Kohleproduktion erbringen.
Wenn ich als Abgeordneter der Küste meinen good-will gegenüber der Kohle und zu dem Programm der Bundesregierung zum Ausdruck bringe, dann in der Erwartung, daß auch die dem Kohlebergbau nahestehenden Kollegen den gleichen good-will zum gesamtwirtschaftlichen Denken aufbringen. Das Programm der Bundesregierung scheint mir geeignet zu sein, nicht nur ein Umdenken in der Energiepolitik, sondern vor allem auch ein Umdenken beim Steinkohlenbergbau voranzutreiben, das, wie mir scheint, seit langem fällig ist, und das wir zu einem guten praktischen Ergebnis führen wollen, zum Wohle der Kohle und zum Wohle unserer gesamten Volkswirtschaft.
Anlage 3
Schriftliche Erklärung
des Abgeordneten Dr.-Ing. Philipp für die Fraktion der CDU/CSU zu Punkt 2 der Tagesordnung (Drucksachen V/201, V/390 und V/391)
Die bisherige, gegenwärtige und künftige Problematik unserer Energiewirtschaft ist letzten Endes nur die Frage einer zeitlichen Abstimmung des Einsatzes der verschiedenen Energieträger, die zur Befriedigung unseres steigenden Bedarfs verfügbar sind. Zweifellos wäre die Entwicklung in geordneten Bahnen und ohne die jetzigen Nöte für unsere Steinkohle verlaufen, wenn sich die Expansion des Heizöls weniger stürmisch vollzogen hätte. Und wir brauchten dann heute nicht wieder hier das leidige Thema zu behandeln, welches viel Beunruhigung im volkswirtschaftlichen und sozialen Raum aufkommen ließ.
Die vom Herrn Bundeswirtschaftsminister dargelegten Maßnahme verdienen die Unterstützung des ganzen Hauses. Wir sind uns in diesem Hause alle darüber einig, daß nur die Anpassung von Förderung und Absatz die Probleme des Steinkohlenbergbaus lösen kann. Da die gegenwärtig geförderten Mengen nicht abgesetzt werden können, bleibt kein anderer Weg, als Kapazitäten im Umfange von 15 bis 20 Millionen Tonnen stillzulegen. Es ist in diesem Zusammenhang jedoch einmal mit Deutlichkeit darauf hinzuweisen, daß Stillegungsmaßnahmen allein nicht zu einer Gesundung des Steinkohlenbergbaus führen können. Mit dem Begriff „Gesundschrumpfen" des Bergbaus ist in den letzten Jahren ein großer Unfug getrieben worden. Während die bisherigen Zechenstillegungen der Rationalisierung des Bergbaus — also der Verlagerung der Kapazitäten auf bessere Anlagen — dienten, und in den nächsten 2 bis 3 Jahren noch 15 Millionen t so verlagert werden, sollen jetzt Zechen stillgelegt werden, deren Kapazitäten vernichtet werden. Wir müssen uns darüber im klaren sein, daß die Stillegung von 15 Millionen t im Wege der Rationalisierung und 20 Millionen t Kapazitätsvernichtung 35 Millionen t insgesamt in Mitleidenschaft ziehen. Das bedeutet die Stillegung von 35 Zechen und zwar von zur Zeit noch 107 an der Ruhr.
Aber auch die Stillegungsmaßnahmen und die damit verursachten Kosten wären vertan, wenn es nicht gelänge, den Absatz zu stabilisieren. Wir würden sonst eine schiefe Ebene betreten, auf der es kein Halt geben würde, mit dem Ergebnis, daß die Menschen im Bergbau sich getäuscht vorkommen müßten. Wir hätten dann Jahr für Jahr gefahrvolle Auseinandersetzungen; denn es kann doch niemand glauben, daß wir etwa in den nächsten Jahren einfach in Permanenz Zechen schließen, ohne eine Auffanglinie erkennen zu lassen. Wir sind jetzt an dem entscheidenden Wendepunkt. Es würde auch ein schlechter Scherz sein, Anlagen mit hohem Kostenaufwand zunächst zu rationalisieren und dann nach zwei oder drei Jahren stillzulegen. Wer will das vor der Öffentlichkeit verantworten?
Die schiefe Ebene kennzeichnet sich dadurch, daß seit 1963 die Kohle jährlich einen Absatzrückgang von fast 10 Millionen t hat. Das wird auch 1966 so sein. Deshalb werden in diesem Jahre nur 119 bis 122 Millionen t absetzbar sein, bei einer Förderung von 129 bis 131 Millionen t und einer vorhandenen Kapazität von etwa 140 Millionen t. Diese Entwicklung würde sich weiter in dieser Größenordnung nach unten fortsetzen, wenn nicht die Maßnahmen der Bundesregierung wirksam würden. Wir sollten immer im Gedächtnis behalten, daß auch bei Verwirklichung der komplexen Maßnahmen und trotz Durchführung aller anderen von der
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Bundesregierung vorgeschlagenen Maßnahmen der Kohleabsatz in den nächsten Jahren nicht etwa ansteigen, sondern nur etwa seinen heutigen Stand behalten wird.
Entscheidend für die Konsolidierung des deutschen Energiemarktes ist das Verhältnis zwischen Kohle und Öl. Die Auseinandersetzung in den letzten Wochen hat gezeigt, daß die deutsche Öffentlichkeit die ständig wiederkehrenden Energiedebatten mit wachsendem Überdruß registriert. Wir sollten uns hier in diesem Hohen Hause die Wahrheit sagen und uns darüber im klaren sein, daß wir das Energieproblem nur dann lösen können, wenn wir wirksame Mittel finden, um das Verhältnis zwischen Kohle und Öl für einen längeren Zeitraum sinnvoll zu lösen. Die Vergangenheit hat gezeigt, daß die bisher angewandten Mittel nicht zu einer wirksamen Beruhigung des Energiemarktes geführt haben. Trotz der Selbstbeschränkungsabkommen liegt die Zuwachsrate der Erdölindustrie für 1965 bei leichtem Heizöl bei 20,7% und bei schwerem Heizöl bei 15,9 %, obwohl eine Zuwachsrate von 6 bis 8 % ausreichend gewesen wäre. Dieser Zuwachsrate steht ein Anstieg des Primärenergieverbrauchs von nur 3 °/o gegenüber. Nach der Prognose der Energie-Enquete aus dem Jahre 1961 sollten die Raffineriekapazitäten erst im Jahre 1975 die 100Millionen-Grenze überschreiten. Diese Grenze wird bereits am Ende dieses Jahres, also neun Jahre vorher, erreicht werden.
Wenn .es nicht gelingt, die Selbstbeschränkung der Erdölindustrie dicht zu machen, werden wir uns in den nächsten Jahren immer wieder mit der Krisenlage des deutschen Energiemarktes auseinandersetzen müssen und große Geldsummen am falschen Fleck einsetzen. Es darf einfach nicht möglich sein, daß nach dem Selbstbeschränkungsabkommen für 1965 eine Zuwachsrate für schweres Heizöl von 8 % vereinbart worden ist, der tatsächliche Zuwachs aber viel höher liegt. Wenn dieser Marktanteil der Kohle erhalten geblieben wäre, wären im letzten Jahre mindestens die Haldenbestände nicht größer geworden. Jedenfalls sind so mindestens 6 bis 8 Millionen t Kohle vom Markt verdrängt worden.
Zur Selbstbeschränkung des Heizöls lassen Sie mich an dieser Stelle noch ein offenes Wort sagen. Es ist durchaus nicht so, daß etwa für Heizöl Bezugscheine eingeführt werden müßten, wenn man Kontingente fordert. Wer nämlich bisher Heizöl erhielt, würde das auch weiterhin ohne Bezugschein erhalten. Allein, wer sich neu auf Heizöl umstellen will, müßte etwas zuwarten. Ich glaube, im Sinne des Timings würde auch der „Bäckermeister Müller" Verständnis aufbringen, wenn er statt am 1. 1. 1966 vielleicht erst am 1. 6. 67 seinen Betrieb auf Heizöl umstellen kann. Was nämlich auch in unserer Wirtschaftsgemeinschaft verlangt werden muß, ist eine geordnete Anpassung unserer Volkswirtschaft an einen sich wandelnden Markt. Es ist für die Erdölwirtschaft durchaus zumutbar, den Ausbau ihrer Kapazitäten nach einem Zeitplan vorzunehmen, der mit dem gesamtwirtschaftlichen Interesse abgestimmt ist. Eine Ordnung in der Strukturveränderung wird nur dann zu erreichen sein, wenn ein
Zeitplan, der von allen Beteiligten einzuhalten ist, die Ausweitung der Erdölindustrie regelt. Wir sind inzwischen so weit gekommen, daß praktisch das internationale Öl bestimmt, wieviel Kapazitäten Kohle wir noch erhalten sollen. Das muß in Zusammenhang mit der Frage unserer Sicherheit gesehen werden. Wir sollten die Bundesregierung in ihren Bemühungen unterstützen, die Selbstbeschränkung der Mineralölindustrie zu einem wirksamen Instrument dafür zu gestalten, daß die Anpassungsvorgänge harmonisch verlaufen.
Ich bitte, sich bei Beratung der von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzesvorlagen in den zuständigen Ausschüssen davon leiten zu lassen, daß nur ganze Maßnahmen zum Konsolidierungserfolg führen werden. Wenn im Ausschuß die Vorlagen in ihrer Effizienz verwässert würden. dann wird der Kohlenabsatz eine Entwicklung nach unten nehmen, und wir werden die von uns allen geforderte Konsolidierung nicht erhalten.
Ich darf noch folgenden Punkt ansprechen. Im Rahmen des Haushalts des Bundesarbeitsministers hat der Bundestag wiederum über die Höhe der Leistungen des Bundes im Zusammenhang mit der Bergmannsprämienregelung zu entscheiden. Im Vorjahr hat der Bundestag wegen der besonderen Lage des Steinkohlen- und Eisenerzbergbaus beschlossen, den Erstattungsbetrag des Bundes auf 4 v. H. festzulegen. Die wirtschaftliche Lage hat sich seither wesentlich verschlechtert, so daß es gerechtfertigt erscheint, auch für 1966 den gleichen Vomhundertsatz zu beschließen. Eine enge Anlehnung des Erstattungsbetrages an die Bergmannsprämienaufwendungen widerspricht den montanrechtlichen Rücksichten und kann in der vom Haushaltsausschuß vorläufig festgesetzten Höhe auch keinesfalls die Aufwendungen der einzelnen Bergbauunternehmen decken. Ich möchte bitten, im Haushaltsausschuß zuzustimmen, daß der Vomhundertsatz der Leistungen des Bundes für den Steinkohlen- und Eisenerzbergbau wie im Vorjahr auf 4 v. H. der versicherungspflichtigen Lohn- und Gehaltssumme festgesetzt wird.
Anlage 4
Schriftliche Erklärung
des Abgeordneten Schmitt (Lockweiler) für die Fraktion der CDU/CSU zu Punkt 2 der Tagesordnung (Drucksachen V/201, V/390 und V/391).
Ich will darauf hinweisen, daß in der Bundesrepublik nicht nur an der Ruhr, sondern auch an der Saar ein intensiver Kohlenabbau stattfindet. Es werden hier etwa 10 % der deutschen Steinkohlen gewonnen. Mit 15 % leistet der Steinkohlenbergbau an der Saar einen höheren Beitrag zum Sozialprodukt, als in irgendeinem anderen Bundesland. Schwierigkeiten im Bergbau sind Schwierigkeiten für das Land. Ich habe Verständnis dafür, daß die Bundesregierung und der Bundestag ihr Hauptaugenmerk auf das Ruhrrevier richten, offensichtlich in der Hoffnung, daß sich das Problem bei der klei-
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nen Quantität an der Saar hinterher von selbst regelt. Man übersieht dabei allzu leicht, daß die Voraussetzungen im Lande Nordrhein-Westfalen und im Saarland verschiedenartig sind. Das Saarland hat in den letzten 50 Jahren zweimal stellvertretend für das ganze Deutsche Reich als Reparationsobjekt wegen seiner Kohlen den Kopf hingehalten und hat dabei Schädigungen davongetragen, die bis heute nicht ausgemerzt werden konnten. Wenn wir erfreulicherweise alle der Meinung sind, daß die Kohlenkrise nicht auf dem Rücken der Bergleute ausgetragen werden darf, so muß das gleichermaßen für das Saarland gelten, das in seiner Aufbauphase durch die Kohlenkrise empfindlich gestört wird. Wenn seit Jahren das größte Unternehmen des Landes wegen der fehlenden Erträge keine Ertragsteuern zahlen kann, leuchtet ein, daß die Finanzkraft des Landes in keinem gesunden Verhältnis zur Wirtschaftskraft des Landes stehen kann. Trotz aller Schwierigkeiten haben wir an der Saar die Förderung um 18 % zurückgenommen, in der Hoffnung, für den Rest einen Markt zu finden. Durch die Überkapazitäten, die im vergangenen Herbst aufgetreten sind, konnten Aufhaldungen nicht vermieden werden, die nun zu Feierschichten und Haldenverlagerungen führen. Das kostet das Land 7,5 Millionen DM. Für das Saarland bedeutet das, den Landeshaushalt in die Relation zum Bundeshaushalt gesetzt, die Größenordnung von 500 Millionen DM. Das ist für ein Land, das ohnehin wegen der besonderen Situation vom Haushalt her gesehen sich auf einer finanziellen Gratwanderung befindet, viel Geld. Meine Bitte geht dahin, bei den Besprechungen der Bundesregierung die Vertreter der Saar in jeder Phase zu beteiligen, damit sichergestellt wird, daß die zu treffenden Maßnahmen auch den anders gearteten Verhältnissen an der Saar gerecht werden. Wir begrüßen es sehr, daß die Bundesregierung durch die angekündigten Maßnahmen uns neue Hoffnung gibt, das Problem der Kohlenkrise auch an der Saar lösen zu können. Wenn auch auf die akuten Schwierigkeiten heute hier keine vollständige Lösungsmöglichkeit aufgezeigt werden konnte, so ist doch klargeworden, daß Bundesregierung und Bundestag entschlossen sind, die Dinge fest in die Hand zu nehmen.
Meine Damen und Herren, ich will Sie hier nicht mit Einzelheiten aufhalten. Aber gestatten Sie mir noch einen Hinweis. Wenn wir über die Saar sprechen, sprechen wir über kleine Quantitäten. Man sollte aber dabei nicht vergessen, daß dieses Hohe Haus bei der Rückkehr des Saarlandes in die Bundesrepublik zugesagt hat, die gleichen Verhältnisse an der Saar zu schaffen wie im übrigen Bundesgebiet. Wir sind der Bundesregierung für die vielfältigen Hilfen dankbar, die wir bis heute erhalten haben. Ich muß aber darauf hinweisen, daß der Umstellungsprozeß noch nicht beendet ist. Es ist nach meiner Meinung eine der vornehmsten Aufgaben für uns alle, darauf zu achten, daß dieses Land, das im Nachkriegseuropa aus einer Gebietsveränderung hervorgetreten ist, unter Beachtung des Selbstbestimmungsrechts der Bevölkerung zu einer ersten Wiedervereinigung unter Deutschen geführt hat und daß eine gesunde Entwicklung dieses Teiles unseres Vaterlandes Ausgangspunkt und Hoffnung für die Lösung des zentralen Problems der deutschen Politik sein kann: der Wiedervereinigung.
Anlage 5
Schriftliche Erklärung
des Abgeordneten Springorum für die Fraktion der CDU/CSU zu Punkt 2 der Tagesordnung (Drucksachen V/201, V/390 und V/391).
Wir haben heute in einer langen Debatte die heutigen Probleme des Steinkohlenbergbaus gehört. Wir wissen aber nur das, was heute ist. Was morgen oder übermorgen sain wird, wissen wir nicht. Es ist einfach nicht zu übersehen, wie sich die Anlieferung von Mineralöl aus dem Nahen Osten in der Zukunft gestalten wird. Man muß daran denken, daß auch ohne Krise nur die Vereinigten Staaten die Einfuhren in größerem Umfange einströmen lassen könnten. Oder man denke an eine Krise in Nah-Ost. Wir wissen also nicht, wie lange dieses Öl im Überfluß zur Verfügung stehen wird. Wir wissen auch nicht, wie die Preisentwicklung sein wird. Zur Zeit liegen die Weltmarktpreise des Mineralöls mit etwa 22 DM unter den sogenannten „posted prices", also den Listenpreisen, zu denen mit den Konzessionsgebern, also den Ländern im Nahen Osten, abgerechnet wird. Hier wird sicher einmal eine Anpassung der Weltmarktpreise an die Listenpreise erfolgen, die ja nur Geltung haben, solange das Öl im Überfluß läuft. Die große Funde in NahOst haben merklich nachgelassen. In den letzten Jahren konnten nur noch in Libyen und im Iran große zusätzliche Funde gemacht werden. Aber heute schon zu übersehen, wann mit einer Angleichung von Absatz und Produktion zu rechnen ist, wäre verfrüht.
Es wird soviel von der künftigen Kernenergie, von den Atomkraftwerken gesprochen. Wir wissen heute einfach noch nicht, wieviel Uran auf der Welt überhaupt vorhanden ist. Wir wissen auch nicht, wieviel Uran zu marktfähigen Preisen auf der Welt angeboten werden kann. Nach den bisherigen Berechnungen wäre bereits bei allen Vorhaben, die im Gespräch sind, 1980 die Hälfte der wirtschaftlich gewinnbaren Uranvorräte abgebaut. Also hier ist ebenfalls eine Grenze.
Es wird weiter viel davon gesprochen, daß die Brutreaktoren hier einen Ausweg schaffen würden. Diese Brüter werden zweifelsohne entwickelt werden. Wir wissen aber heute noch nicht, ob solche Brutreaktoren in dicht besiedelten Gegenden werden errichtet werden dürfen. So weit sind wir heute jedenfalls noch nicht.
Die Plasma-Forschung macht große Fortschritte. Wir können aber heute überhaupt nicht übersehen, ob die Kernfusion einmal möglich sein wird, um sie für friedliche Zwecke überhaupt ausnutzen zu können.
Wir wissen auch noch nicht einmal, ob in den nächsten Jahren nicht doch vielleicht die Möglich-
Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 30. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 16. März 1966 1385
keit bestehen wird, elektrische Energie auf chemischem Wege unter Umgehung der Turbinen und Generatoren zu gewinnen. Das würde die Stromerzeugung erheblich verbilligen. Es wäre aber wieder nur möglich unter hohen Temperaturen, die von der Kernenergie nicht geliefert werden können. Man müßte wieder auf die altbewährte Kohle oder auf das Heizöl zurückgreifen.
So gibt es in der künftigen Energie-Entwicklung so viel Zweifelsfragen, daß heute überhaupt nicht vorherzusagen ist, wie unsere Energieversorgung einmal sein wird. Persönlich bin ich der Auffassung, daß wir alle Energieträger zu irgendeinem Zeitpunkt dringendst brauchen werden und daß wir dankbar sein werden für jedes Kilo SKE, das wir im eigenen Lande haben. Wann eine Notsituation kommen wird, das ist heute noch nicht zu übersehen.
Ein kurzes Wort noch an die bedingungslosen Anhänger eines freien Marktes. Ja, wir haben als Ordnungsfaktor für unsere Wirtschaft die Marktwirtschaft. Sie hat uns auch in den letzten Jahren große Erfolge gebracht. Aber wir müssen uns immer vor Augen halten, daß die Daten, die ein freier Markt auszusenden in der Lage ist, nur für die Gegenwart Gültigkeit haben. Für die Zukunft haben sie keine Aussagekraft. Ich möchte hierfür ein Beispiel nennen, stellvertretend für viele andere Dinge. Ende der fünfziger Jahre verlangte der Markt das Herausnehmen der deutschen Blei- und Zinkgruben aus diesem Markt, da sie nicht mehr rentierlich arbeiten konnten. Ein großer Teil der Gruben wurde stillgelegt. Heute sind wir froh und glücklich, daß wir noch einige dieser Gruben besitzen; denn sie sind das Rückgrat für die deutsche Blei- und Zinkversorgung, die sonst genauso deroutiert wäre wie der deutsche Kupfermarkt.
Die neuen Maßnahmen der Bundesregierung werden dem Steinkohlenbergbau sicher helfen, Förderung und Absatz besser aufeinander abstimmen zu können, weil einfach in der Zukunft der Absatz besser wird überblickt werden können. Leider werden diese Maßnahmen aber Kosten verursachen. Ich höre schon all die Stimmen wieder, die der Bundesregierung vorwerfen, daß der Steinkohlenbergbau über jedes zuträgliche Maß hinaus subventioniert wird. Lassen Sie mich deshalb einige Worte zu den Subventionen sagen. Ja, der Bergbau erhält einige Subventionen in geringem Maße. Es gibt einige Millionen, die die Bundesregierung für die Rationalisierung des Bergbaus zahlt. Es handelt sich hier um 40 Millionen DM für Blockheizwerke. Sie können es auch als Subventionen bezeichnen, daß für revierferne Gebiete Frachtermäßigungen im Umfang von 85 Millionen DM gezahlt werden. Sie können vielleicht noch zu den Subventionen rechnen das eine Prozent, das die Krankenkasse als Zuschuß erhält. Darüber hinaus handelt es sich aber bei all den Ausgaben, die der Bund für soziale Tatbestände im Interesse der Bergleute zur Verfügung stellt, nicht um Subventionen, sondern um Ausgaben, die nicht dem Bergbau zugute kommen.
Den größten Teil der Subventionen erhalten die Knappschaften. Hier handelt es sich um einen Betrag von mehr als 2 Milliarden DM. Dieser Betrag
spielt in der Öffentlichkeit eine große Rolle. Aber sehen wir uns doch einmal diesen großen Betrag näher an. Noch 1957 waren die Knappschaften in ihrer Bilanz ausgeglichen. Die damalige Reform der Rentenversicherung beließ der Knappschaft die Eigenständigkeit, und es war damals in der Zeit des Kohlenmangels beim besten Willen nicht zu übersehen, daß der Kohlenbergbau eines Tages schrumpfen würde. Seitdem hat der gesamte Bergbau über 270 000 Mitarbeiter abgegeben; sie fehlen heute als Beitragszahler in der Knappschaft mit einem Beitragssatz von 2250 DM je Jahr und Mann. Diese Beiträge fließen nicht mehr der Knappschaft, sondern anderen Versicherungsträgern zu. Die Rentner aber sind bei uns geblieben, sie werden von der Knappschaft bezahlt. Wir haben heute aber ein Umlageverfahren, wenn auch in modifizierter Form. Bei einer Umlage kann eine Rentenversicherung einfach nicht existieren, wenn die Beitragszahler die Versicherung verlassen und die Rentner bleiben. Subventioniert wird heute im wirklichen Sinne des Wortes nicht etwa die Knappschaft, nicht etwa der Bergbau, sondern die anderen Sozialversicherungsträger, denen die Beitragszahler zufließen, während die Rentner bei der Knappschaft bleiben bzw. dann, wenn sie in Pension gehen, wieder zur Knappschaft zurückkommen. Das ist der wirkliche Grund für diese außerordentlich hohe Summe von mehr als 2 Milliarden Mark, die nun in der Zukunft, wenn hier nicht eine andere gesetzliche Regelung Platz greift, wesentlich größer werden wird, weil der Bergbau gezwungen ist, weiter zu schrumpfen, weiter Leute freizusetzen, die als Beitragszahler zu den anderen Versicherungsträgern gehen. Die Zahl der Rentner wird noch größer.
Ich darf in diesem Zusammenhang noch auf eine andere Kostenentlastung für den Bergbau zu sprechen kommen, die ebenfalls viel Staub in der Öffentlichkeit aufgewirbelt hat, und zwar die Entlastung für unsere Bergbau-Berufsgenossenschaft. Hier geht die Altlast, die vor 1953 angefallen ist, zu Lasten aller Berufsgenossenschaften gemeinsam. Diese Entlastung nimmt uns fast die Hälfte der Kosten für die Berufsgenossenschaft, die ja beim Bergbau durch die Häufigkeit der Unfälle, aber auch durch die Belastung infolge der Berufskrankheiten außerordentlich hoch sind.
Lassen Sie mich hierzu einige Worte sagen. Im Jahre 1945 lag die deutsche Volkswirtschaft danieder. Sie konnte nur dadurch wieder aufgebaut werden, 'daß ausreichend Energie zur Verfügung gestellt wurde. Der deutsche Bergmann mußte also vom ersten Tage an nach der Kapitulation an die Arbeit. Aber es stand kein Material zur Verfügung. Ich erinnere mich noch an die ersten Wochen nach dem Kriege, als ich aus der Gefangenschaft zurückkam. Wir haben damals mit Mühe versucht, Kohle in Zigarren und Zigarren wieder in Wasserdüsen zu tauschen, um in der Grube die gefährlichen Stäube zu beseitigen. Damals hat der deutsche Bergmann unter Vernachlässigung jeder Gesundheitsfürsorge gearbeitet, um der deutschen Wirtschaft ausreichend Kohle zur Verfügung zu stellen. Dies lag nicht im Interesse der Zechen. Eine Rendite warfen die Zechen — mit großer oder kleiner
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Förderung — sowieso nicht ab, und hierauf kam es auch nicht an. Aber der deutsche Bergmann hat sich damals in rücksichtsloser Pflichterfüllung gesundheitlich ruiniert. Wir sehen es am besten daran, daß gerade aus diesen Zeiten der Anfall an SilikoseErkrankungen außerordentlich hoch ist. Für die Jahre 1945 bis 1953 sind mehr als 65 % für Renten an Silikose-Erkrankte gezahlt worden. Diese Last, die der Bergbau und jeder einzelne Bergmann auf sich genommen hat, kann nicht allein vom Bergbau getragen werden.
Der deutsche Steinkohlenbergbau steht für die Zukunft vor außerordentlich schwierigen Problemen. Ich denke hier vor allem an die kurzfristig zu ergreifenden Maßnahmen. Die Schrumpfung des Bergbaus auf die Höhe des Absatzes wird einfach aus sozialen Gründen in der Geschwindigkeit, die vielleicht der Anpassung wegen notwendig wäre, einfach nicht möglich sein. Er steht also tatsächlich vor der Notwendigkeit, Feierschichten einzulegen. Die Zahl der voraussichtlichen Feierschichten ist bekannt. Es werden wohl im ersten Halbjahr sieben und im zweiten Halbjahr elf Feierschichten verfahren werden müssen. Der Bergbau ist leider nicht in der Lage, unseren Bergleuten einen finanziellen Ausgleich für diese Einkommensverluste zu geben. Hier müßte die Bundesregierung tatsächlich helfen. Eine Bezahlung der restlichen Samstage würde für den Bergbau eine neue Zukunftsbelastung bedeuten.
Die endgültige Lösung der Krise des Steinkohlenbergbaus ist aber nicht nur ein wirtschaftliches, nicht nur ein menschliches Problem, sie ist genauso gut ein technisches Problem. Der Bergbau wird aufgerufen sein, wenn er sich seinen künftigen Markt erhalten will, alles zu tun, um seine Kohlen so preisgünstig wie möglich zu liefern. Der Bergbau, insbesondere der Steinkohlenbergbau, ist mit keinem anderen Wirtschaftszweig zu vergleichen. Es gibt einfach keine Regelmäßigkeit wie in anderen Industrien. Jede einzelne Produktionsstätte ist anders. Sie unterscheidet sich durch die Lagerung des Flözes und die Mächtigkeit des Flözes, durch das Nebengestein und noch vieles andere mehr.
Es wurde vorhin schon darauf hingewiesen, daß der deutsche Steinkohlenbergbau der leistungsfähigste in Europa ist. Dies wird am deutlichsten dadurch, daß die deutschen Abbauverfahren in der ganzen Welt Eingang gefunden haben. Sie sind Vorbild selbst für den Bergbau in den Vereinigten Staaten geworden. Deutsche Bergwerksmaschinen sind überall begehrt.
Der Bergbau wird selbstverständlich noch weiter und noch mehr rationalisieren müssen. Ich möchte hier zwei Begriffe voneinander trennen, die überbetriebliche und zum anderen die innerbetriebliche Rationalisierung. Allein in den letzten Jahren seit Beginn der Krise sind 34 Schachtanlagen bereinigt worden, d. h. sie sind zu größeren Einheiten zusammengelegt worden. Diese Bereinigung wird fortgesetzt. Ich möchte hierzu einiges sagen, weil man immer wieder hört, daß diese Felderbereinigung die Ertragsfähigkeit des Bergbaus erheblich verbessere. Das ist ein Irrtum. Eine Bereinigung muß langfristig geplant und langfristig durchgeführt werden. Mit
einer Entlastung von heute auf morgen ist bei einer Felderbereinigung nicht zu rechnen. Im Gegenteil, in den ersten Jahren bringt sie nur Belastungen, und ehe sie wirklich wirtschaftliche Vorteile bringt, wird manches Jahr ins Land gehen.
Zur innerbetrieblichen Rationalisierung noch einige Worte. Der deutsche Bergbau ist in den letzten sechs bis sieben Jahren weitgehend mechanisiert worden. Diese sogenannten vollmechanischen Abbauverfahren werden weiter vervollkommnet werden. Der schreitende Ausbau, der hohe Investitionen fordert, wird sich immer mehr durchsetzen können. Die Leistung wird entsprechend weiter gesteigert werden können. Ich bin fest davon überzeugt, daß im nächsten oder übernächsten Jahr die 3-t-Grenze im Ruhrdurchschnitt überschritten werden wird, eine Zahl, die noch vor zehn Jahren als unerreichbar gegolten hat. Es deuten sich heute schon moderne und neuere Abbauverfahren an, die wahrscheinlich noch einmal einen weiteren Schritt nach vorne bringen können. Nur — ich sprach vorhin von der Verschiedenheit der natürlichen Gegebenheiten im Bergbau — ehe diese Verfahren tatsächlich Gemeingut geworden sein können, werden manche Jahre ins Land gehen. Solche Entwicklungen brauchen nicht nur bei uns Zeit.
Der Bergbau ist sich darüber klar, daß die größte Leistung, seine Zukunft zu sichern, von ihm selbst verlangt wird. Wir dürfen nicht vergessen, daß der Bergbau, der nur in Ballungsgebieten zu Hause ist, durch seine Integration in der Gesamtwirtschaft nur mit Schaden für alle in einer Dauerkrise gehalten werden kann. Der Bergbau ist für die Bundesrepublik und für die Wirtschaft ein wesentlicher Faktor. Mehr als für 6 Milliarden DM werden jährlich mittelbar und unmittelbar durch ihn und von ihm exportiert. Deutsche Bergwerksanlagen, deutsche Bergbauverfahren, deutsche Bergmannskunst wer-.den in der ganzen Welt gesucht. Diese konkurrenzlose Stellung deutscher Erzeugnisse und deutschen Geistes draußen in der Welt sind aber nur zu erhalten, wenn wir hier bei uns über einen gesunden Bergbau verfügen, der mit berechtigten Hoffnungen in eine sichere Zukunft schauen kann. Hierfür zu sorgen ist eine Aufgabe der Politik der wir hier in diesem Hause verpflichtet sind.
Anlage 6
Schriftliche Erklärung
des Abgeordneten Stein (Honrath) für die Fraktion der CDU/CSU zu Punkt 2 der Tagesordnung (Drucksachen V/201, V/390 und V/391)
Die Antwort der Bundesregierung und auch die Beiträge zur Debatte machen deutlich, daß der energiewirtschaftliche Strukturwandel und die sich daraus ergebenden energiepolitischen Aufgaben mit dem Begriff „Kohle/Öl" nicht mehr zutreffend bezeichnet sind. In den Debatten vergangener Jahre standen wir vor dem schwer überwindbaren Gegensatz der beiden großen Energieträger. Das Entscheidende heute ist eine neue Sicht der Dinge. Auf die Frage „Kohle oder Öl' kann die Antwort nur lau-
Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 30. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 16. März 1966 1387
ten: Kohle und Öl", weil wir zur Deckung unseres, Energiebedarfs auf keinen der beiden Energieträger verzichten können.
Die Wirtschaftspolitik steht vor der Aufgabe, der alten und unverändert aktuellen Forderung einer „sicheren und preisgünstigen Versorgung" unter den heute gegebenen Voraussetzungen zu entsprechen. Aus dem Interesse einer möglichst sicheren Versorgung soll der heimischen Energie ein möglichst hoher Anteil zugesprochen werden, wobei nicht außer acht bleiben sollte, daß eine Versorgung aus heimischer Energie allein schon längst nicht mehr möglich ist.
Es ist heute wiederholt dem Interesse an sicherer Versorgung die Notwendigkeit preisgünstiger Energie gegenübergestellt worden. Wir sind uns darin einig, daß die Energiekosten für die Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft von großer Bedeutung sind. Es ist deshalb sinnvoll, den Kohleverbrauch insbesondere in den Absatzbereichen zu fördern, wo die preisliche Unterlegenheit der Kohle gegenüber Substitutionsenergie noch am ehesten auszugleichen ist. Aus diesem Grunde sind die bisher getroffenen und die heute angekündigten zusätzlichen Maßnahmen zur Kohleverstromung besonders zu begrüßen.
Es besteht Übereinstimmung, daß dennoch eine geordnete und zügige Verminderung der Steinkohlenförderung durch weitere Zechenstillegungen unvermeidlich ist. Wenn hier die Frage gestellt worden ist, welche Förderkapazität stillgelegt werden soll, möchte ich nicht allein auf die Absatzmöglichkeiten verweisen. In der Energiediskussion der letzten Monate sind in der Presse Vorschläge erwähnt worden, die nur noch eine Förderkapazität von 80 bis 90 Millionen t erhalten wollten. Selbst wenn sich solche Vorschläge von zutreffenden Kosten- und Preisvorstellungen leiten ließen, würde ich sie auch unter diesem Gesichtspunkt für falsch halten. Eine Verminderung der Förderkapazität in diesem Ausmaß wäre von Störungsfaktoren begleitet, die alle tatsächlichen oder vermeintlichen Kostenvorteile aufzehren würden. Die unerläßliche Verminderung der Förderkapazität muß sich — vor allem aus sozialpolitischen, aber ebenso aus wirtschaftspolitischen Gründen — möglichst störungsfrei vollziehen. Aus dieser, wie ich glaube, entscheidenden Betrachtungsweise halte ich es für realistisch, eine Kapazität von 120 bis 125 Millionen t anzusteuern.
Den sozialen Aspekten gehört in diesem strukturpolitischen Prozeß der Vorrang. Wir können uns nicht damit beruhigen, daß seit 1958 die im Bergbau Beschäftigten von 600 000 auf 380 000 zurückgegangen sind, daß 220 000 Arbeitskräfte, davon rund 150 000 unter Tage eingesetzte Bergarbeiter ihren Arbeitsplatz aufgegeben haben, ohne daß dadurch soziale Schwierigkeiten entstanden sind. Ich sage, wir sollten uns auf diese positiven Erfahrungen der Vergangenheit nicht ausschließlich verlassen. Wir haben damit zu rechnen, daß in einem relativ kurzen Zeitraum von zwei, höchstens drei Jahren weitere 50- bis 60 000 Arbeitskräfte freigesetzt werden. Deshalb begrüßen wir die Absicherungsmaßnahmen, die die Bundesregierung in ihrer Antwort angekündigt hat. Die beste Lösung ist eine reibungslose Wiedereingliederung freiwerdender Arbeitskräfte. Darauf müssen unsere Bemühungen gerichtet sein. Die Tatsache, daß es zahlreiche freie Stellen gibt, genügt nicht. Wir müssen versuchen, möglichst an Ort und Stelle für neue Arbeitsplätze zu sorgen.
Aber nicht nur unter diesen sozialen Aspekten sind neue Industrien an der Ruhr notwendig. Lassen Sie mich hierzu einige Zahlen über das Verhältnis der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung im Bundesgebiet zu der Entwicklung in Nordrhein-Westfalen anführen. Das Bruttoinlandsprodukt Westdeutschlands ist von 1950 bis 1964 insgesamt um 322 % gestiegen. Das Wirtschaftswachstum von Nordrhein-Westfalen liegt mit 288 % nicht unbedeutend unter dem Bundesdurchschnitt. Diese Feststellung erhält zusätzliche Aussagekraft, wenn wir uns vergegenwärtigen, daß Nordrhein-Westfalen bis 1957 über dem Bundesdurchschnitt lag.
Für die seitherige Entwicklung sind mehrere Gründe maßgebend:
a) Der Wiederaufbau nach dem Kriege mit seinem hohen Materialeinsatz begünstigte die Schwerindustrie.
b) Mit dem Jahre 1957 war in Deutschland die Vollbeschäftigung erreicht. Die Industrie folgte von nun an der Arbeitskraft und siedelte sich stärker in ländlichen Räumen an.
c) Der internationale Wettbewerb belebte sich, nicht zuletzt durch den Gemeinsamen Markt (Aufbau neuer Stahlkapazitäten in Italien und Holland, Förderung der französischen Stahlindustrie durch die einzelnen Wirtschaftspläne). Dadurch entstand der heimischen Erzeugung neue Konkurrenz; ihr Anteil an der Versorgung des Gemeinsamen Marktes ging leicht zurück. In der Anpassung an den größeren Markt setzte eine Welle neuer Betriebsgründungen ein, nicht zuletzt auch seitens amerikanischer Produzenten. Neue Schwerpunkte bildeten sich, vor allem in Bayern und im Rhein-Main-Raum. Der verstärkte Warenaustausch der Industrieländer untereinander, ebenfalls eine Folge der EWG, begünstigte die Fertigerzeugnisse (vor allem Investitionsgüter) herstellenden Industrien.
d) Schließlich förderte der steigende Wohlstand diejenigen Industriezweige, die Verbrauchsgüter und langlebige Gebrauchsgüter herstellen (Automobil-, Elektro-, EBM- und feinmechanische und optische Industrie, verbrauchsnahe Produktionen der chemischen Industrie etc.)
Besonders nachteilig hat sich für Nordrhein-Westfalen der hohe Anteil von wachstumsschwachen Industrien ausgewirkt. Was das heißt, möchte ich noch an einigen Zahlen verdeutlichen. Die Industrie hat von 1950 bis 1964 einen durchschnittlichen Produktionszuwachs von 203 % zu verzeichnen. Der Anteil Nordrhein-Westfalens an der Gesamtproduktion im Bundesgebiet beträgt 37 %. Im Kohlenbergbau, desden Förderung zu 87 % in Nordrhein-Westfalen liegt, betrug von 1950 bis 1964 die Zunahme der Pro-
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duktion nur 26 %; in der eisenschaffenden Industrie, zu 75 % in Nordrhein-Westfalen, betrug die Zunahme 159 %.
Zum Vergleich nenne ich die Zahlen aus der zuwachsstärkeren Investitionsgüterindustrie: Der Maschinenbau, zu 35 % in Nordrhein-Westfalen, zeigt eine Zunahme von 217 %; die Elektroindustrie, nur zu 27 % in Nordrhein-Westfalen, eine Zunahme von 439%; der Fahrzeugbau schließlich — seine Produktion liegt nur zu 16 % in Nordrhein-Westfalen —erreichte eine Zunahme von 536 %.
Wir stehen vor dem strukturpolitisch bedenklichen Tatbestand, daß sich die wachstumsschwachen Industrien auf Nordrhein-Westfalen konzentrieren, während die expandierenden Branchen leider nur unterdurchschnittlich vertreten sind.
Die von mir aufgezeigte Entwicklung hat im Kern von Nordrhein-Westfalen, dem eigentlichen Ruhrgebiet, ihre verstärkte Bedeutung und Auswirkung. Damit ist aber auch bereits die Aufgabe, die im Zusammenhang mit den Zechenstillegungen auf uns zukommt, klar umrissen. Die Aktionsgemeinschaft Ruhr, die heute bereits wiederholt erwähnt wurde, soll Gelände und verwertbare Gebäude stillgelegter Zechen möglichst schnell neuen Unternehmen zuführen. Es müssen im gesamtwirtschaftlichen Interesse die Lücken geschlossen werden; es handelt sich um eine Aufgabe, der sich die gesamte Wirtschaft annehmen muß und auch annehmen wird.
Anlage 7
Schriftliche Antwort
des Staatssekretärs Dr. Carstens vom 10. März 1966 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Kahn-Ackermann (Drucksache V/339 Frage XV/7) :
Trifft es zu, daß — wie in der „Welt" vom 18. Februar 1966 berichtet wurde — der amerikanische Verteidigungsminister McNamara im Februar dieses Jahres vor dem amerikanischen Senat geäußert hat, seine Regierung beabsichtige, auf ein militärisches Engagement der Bundesrepublik außerhalb der NATO hinzuwirken?
Der volle Wortlaut der in der Frage angesprochenen Äußerunggen des amerikanischen Verteidigungsministers McNamara vor dem amerikanischen Senat ist der Bundesregierung nicht bekannt. Die amerikanische Regierung hat gegenüber der Bundesregierung niemals angeregt, daß sich die Bundesrepublik Deutschland außerhalb der NATO militärisch engagieren solle.
Anlage 8
Schriftliche Antwort
des Bundesministers Dr. Bucher vom 10. März 1966 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Weigl (Drucksache V/340 Fragen III/1 und III/2) :
Ist der Bundesregierung bekannt, daß der Soziale Wohnungsbau im Zonenrandgebiet oftmals darunter leidet, daß die finanzschwachen Gemeinden zur Erschließung von Baugelände kaum in der Lage sind?
Kann die Bundesregierung Hilfsmaßnahmen zur Baulanderschließung im Zonenrandgebiet einleiten?
Zu Frage 1:
Die Schwierigkeiten der Gemeinden, Baugelände in ausreichendem Maße zu erschließen, sind der Bundesregierung bekannt. Diese Schwierigkeiten treten aber nicht nur bei den Gemeinden des Zonenrandgebietes auf, sie sind vielmehr auch bei Gemeinden in anderen Teilen der Bundesrepublik festzustellen.
Der Bundesgesetzgeber hat daher in § 90 Abs. 3 des Zweiten Wohnungsbaugesetzes bestimmt, daß einer Gemeinde auf Antrag öffentliche Mittel als Darlehen für die Vorfinanzierung der Erschließung geeigneter Flächen als Bauland für den öffentlich geförderten sozialen Wohnungsbau, insbesondere für Familienheime, bewilligt werden können. Über Anträge dieser Art entscheiden die obersten Landesbehörden.
In Ergänzung hierzu bemüht sich die Bundesregierung seit Jahren, dem Mangel an erschlossenem Bauland abzuhelfen, indem sie im Rahmen einer besonderen Förderungsaktion Zinszuschüsse für Darlehen gewährt, die von Heimstättengesellschaften und anderen geeigneten Wohnungsunternehmen zur Baulandbeschaffung und -erschließung aufgenommen werden. Diese Maßnahmen kommen den Gemeinden allerdings nur mittelbar zugute und erstrecken sich über das ganze Bundesgebiet. Von 1959 bis einschließlich 1965 wurden für diese Zwecke rund 20,5 Millionen DM verausgabt. Mit Hilfe dieser Mittel konnten allein bis Ende 1964 Kredite von rund 380 Millionen DM zinsverbilligt werden.
Die Länder, insbesondere auch die des Zonenrandgebiets, Bayern, Hessen, Niedersachsen und Schleswig-Holstein, ergänzen die Bemühungen des Bundes, indem sie besondere Mittel zur Baulanderschließung den Gemeinden gewähren.
Zu Frage 2:
Unter besonderer Berücksichtigung der Finanzsituation der Gemeinden ist bereits erwogen worden, die Zinszuschußaktion des Bundes auf Gemeinden und Gemeindeverbände auszudehnen. Diesen Bemühungen mußte jedoch nicht nur wegen der bekannten Schwierigkeiten des Bundeshaushalts der Erfolg versagt bleiben, sondern auch finanzverfassungsrechtliche Gesichtspunkte sprechen dagegen. In erster Linie ist es Aufgabe der Länder, die Gemeinden so zu stellen, daß sie ihre Verpflichtungen erfüllen können.
Im übrigen darf ich bemerken, daß sich die Bundesregierung auch dadurch um die Lösung der anstehenden Probleme bemüht, daß sie sich an der Deutschen Bauland- und Kreditgesellschaft mbH, Frankfurt/M., Fürstenberger Str. 27, gesellschaftsrechtlich beteiligt hat. Dieses Unternehmen ist Organ der staatlichen Wohnungspolitik und führt u. a. auch Baulanderschließungsaufträge der Gemeinden im gesamten Bundesgebiet durch.
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Anlage 9
Schriftliche Antwort
des Staatssekretärs Dr. Schäfer vom 11. März 1966 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Kreutzmann (Drucksache V/386 Frage I) :
Was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um die Zwangsenteignung landwirtschaftlicher Grundstücke grenzdurchschnittener Höfe, die sich im Eigentum von Bundesbürgern befinden, durch die sowjetzonalen Behörden zu verhindern?
Es besteht bedauerlicherweise keine Möglichkeit, zu verhindern, daß jenseits der Demarkationslinie gelegene landwirtschaftliche Grundstücke, deren Eigentümer in der Bundesrepublik leben, enteignet werden. Die Bundesregierung gewährt jedoch seit Jahren im Rahmen des regionalen Förderungsprogrammes den Eigentümern solcher Grundstücke eine Nutzungsentschädigung für die Ausfälle, die ihnen dadurch entstehen, daß sie diese Grundstücke nicht bewirtschaften können.
Anlage 10
Schriftliche Antwort
des Staatssekretärs Dr. Carstens vom 11. März 1966 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Dr. Jahn (Braunschweig) (Drucksache V/386 Fragen XI/1 und XI/2) :
Ist die Bundesregierung in der Lage, die Zahl derjenigen deutschen Staatsbürger anzugeben, die in den Jahren 1964 und 1965 bei Geschäfts- oder touristischen Reisen nach Polen, der Tschechoslowakei, Ungarn, Rumänien und Bulgarien insgesamt dort inhaftiert und vor Gericht gestellt wurden?
Wie viele der in Frage XI/1 bezeichneten Staatsbürger befinden sich noch in Haft?
Amtliche Erklärungen oder Mitteilungen über die Zahl der in Polen, der Tschechoslowakei, Ungarn, Rumänien und Bulgarien inhaftierten und vor Gericht gestellten Ausländer werden durch die Regierungen dieser Länder nicht gegeben. Daher sind die Informationen der Bundesregierung ungenau und stützen sich auf ihr bekanntwerdende Einzelfälle.
Soweit der Bundesregierung bekannt ist, sind in den Jahren 1964/65 bei geschäftlichen oder touristischen Reisen in den genannten Ländern insgesamt 62 deutsche Staatsangehörige verhaftet worden, und zwar
in der Tschechoslowakei 24
in Polen 1
in Ungarn 19
in Rumänien 2
in Bulgarien 16.
Davon befinden sich, soweit der Bundesregierung bekannt ist, noch 5 Deutsche in der Tschechoslowakei, 6 in Ungarn und 1 in Bulgarien in Haft.
Anlage 11
Schriftliche Antwort
des Staatssekretärs Dr. Schäfer vom 11. März 1966
auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten
Rollmann (Drucksache V/386 Fragen XII/3, XII/4 und XII/5) :
Wie hat sich die Stärke des Bundesgrenzschutzes in den letzten Jahren entwickelt?
Wie weit ist der Bundesgrenzschutz See wiederaufgebaut worden?
Gelten die Grundsätze der Inneren Führung analog auch für den Bundesgrenzschutz?
1. Frage XII/3:
Der Bundesgrenzschutz hat nach der Überführung eines großen Teiles seiner Beamten in die Bundeswehr im Jahre 1956 noch 6946 Beamte gezählt. Seine Stärke erhöhte sich bis zum 1. April 1962 nur sehr langsam auf 12 800 Beamte. Nachdem § 42 des Wehrpflichtgesetzes durch das Gesetz vom 25. Mai 1962 neu gefaßt worden war, stieg der Personalbestand sehr schnell auf den bisherigen Höchststand von 17 576 Beamten am 1. Juni 1964 an, fiel dann jedoch wieder langsam ab, weil ungewöhnlich viele Beamte ihre achtjährige Dienstzeit beendeten. Am
1. März dieses Jahres zählte der Bundesgrenzschutz 15 962 Beamte. Für Anfang April ist die Einstellung von über 1700 Bewerbern beabsichtigt. Der Bundesgrenzschutz wird dann voraussichtlich mehr als 17 000 Beamte haben.
2. Frage XII/4:
Der Bundesgrenzschutz See ist zur Zeit mit vier von der Bundesmarine zur Verfügung gestellten Wachbooten ausgestattet. Einschließlich der erforderlichen Führungskräfte und Versorgungsdienste zählt er etwas mehr als 100 Bedienstete. Für 1966 und 1967 ist ein weiterer personeller und materieller Aufbau vorgesehen. Ab 1968 kann mit der Indienststellung moderner Bootstypen gerechnet werden.
3. Frage XII/5:
Die Grenzschutztruppe ist eine Polizeitruppe, kein militärischer Verband. Die Grundsätze der inneren Führung in der Bundeswehr können daher nicht ohne weiteres auf den Bundesgrenzschutz übertragen werden. Die Bundesregierung hat jedoch seit Gründung des Bundesgrenzschutzes im Jahre 1951 mit Erfolg dahin gewirkt, daß dessen Beamte in einer Art und Weise geschult, ausgebildet und eingesetzt werden, die dem freiheitlich-demokratischen Geist des Grundgesetzes entspricht.
Anlage 12
Schriftliche Antwort
des Staatssekretärs Dr. Schäfer vom 11. März 1966 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Müller-Emmert (Drucksache V/386 Frage XII/8) :
Welche Erfahrungen haben die Staatsanwaltschaften und die Ermittlungsbeamten der Polizei bisher mit der am 1. April 1965 in Kraft getretenen Strafprozeßrechtsnovelle hinsichtlich der Aufklärungsquote der strafbaren Handlungen und der Zahl der Beschuldigten, die in Untersuchungshaft genommen wurden, gemacht?
Es läßt sich erst nach Ablauf einer längeren Zeit beurteilen, ob und wie sich die letzte Strafprozeßreform auf die Aufklärungsquote der strafbaren Handlungen ausgewirkt hat. Die neuen Vorschriften
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sind noch nicht einmal ein Jahr in Kraft. Auch die polizeiliche Kriminalstatistik für 1965 liegt noch nicht vor. Bei diesen Dingen spielen verschiedene Faktoren eine Rolle, so daß man sich hüten sollte, aus einigen Einzelfällen voreilige Schlüsse auf die Auswirkung dieser Strafprozeßreform zu ziehen.
Anlage 13
Schriftliche Antwort
des Bundesministers Katzer vom 11. März 1966 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Dr. Tamblé (Drucksache V/386 Fragen XVI/1 und XVI/2) :
Ist der Bundesregierung bekannt, daß in bestimmten Fällen Deutsche, die in Mitteldeutschland als invalide anerkannt waren, in der Bundesrepublik wegen der enger gezogenen Bestimmungen keinen Rentenanspruch haben?
Gedenkt die Bundesregierung, politische Schlußfolgerungen aus einem kürzlich ergangenen Urteil des Landessozialgerichts Schleswig zu ziehen, das die Invalidität einer aus Mitteldeutschland gekommenen Rentnerin nicht anerkennen konnte, aber gleichzeitig darauf hinwies, daß die Konsequenzen aus der gegebenen Rechtslage politisch unerwünscht seien?
Zu 1:
Die Versicherten, die aus der Sowjetzone in die Bundesrepublik zuwandern, sind den Versicherten in der Bundesrepublik in jeder Hinsicht gleichgestellt. Sie erhalten alle Leistungen der Rentenversicherung wie die Versicherten in der Bundesrepublik, müssen allerdings auch die dafür geforderten Voraussetzungen erfüllen. Diese Voraussetzungen müssen in jedem Einzelfall geprüft werden, auch dann, wenn bereits in der Sowjetunion Rente bezogen wurde.
Die Voraussetzungen der Invalidität in der Sowjetzone sind wesentlich enger als die der Berufsunfähigkeit in der Bundesrepublik; die Invalidität in der Sowjetzone setzt eine Minderung der Erwerbsfähigkeit um zwei Drittel, die Berufsunfähigkeit in der Bundesrepublik nur eine solche um die Hälfte voraus. Wer also nach sowjetzonalem Recht invalide ist, hat, sofern er die Wartezeit erfüllt hat, in der Bundesrepublik stets zumindest einen Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit. Wenn ihm gleichwohl hier eine Rente nicht gewährt wird, so kann das m. E. nur daran liegen, daß die ärztliche Untersuchung in der Bundesrepublik zu einem anderen Ergebnis geführt hat als in der Sowjetzone. Derartige Divergenzen im Einzelfall können nie völlig ausgeschlossen werden.
Zu 2:
Politische Schlußfolgerungen 'brauchen nicht gezogen zu werden, da die Versicherten der Sowjetzone den Versicherten in der Bundesrepublik bereits gleichgestellt sind.
In dem Urteil vom 12. November 1965, das Sie wohl meinen, hat das Landessozialgericht aufgrund der Untersuchungsergebnisse der medizinischen Sachverständigen festgestellt, daß die Klägerin noch nicht berufsunfähig sei. Die Beurteilung der Erwerbsfähigkeit der Klägerin weicht somit von der in der Sowjetzone getroffenen offenbar wesentlich ab. Das Urteil enthält allerdings in dem von Ihnen genannten Zusammenhang auch die Bemerkung:
„Wer invalide ist, muß nicht zugleich auch berufsunfähig sein und umgekehrt". Bei diesem Satz handelt es sich indessen um eine Ausführung, die die Entscheidung nicht trägt.
Anlage 14
Schriftliche Antwort
des Bundesministers Katzer vom 11. März 1966 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Michels (Drucksache V/386 Frage XVI/3) :
Ist die Bundesregierung im Hinblick auf die strukturelle Entwicklung in der Eisen- und Stahlindustrie bereit, Richtlinien über die Gewährung von Beihilfen für Arbeitnehmer der Eisen- und Stahlindustrie, die von Maßnahmen im Sinne des Artikels 56 des Montanunion-Vertrages betroffen werden, mit der Hohen Behörde — unter Beteiligung des Arbeitgeberverbandes Eisen und Stahl und der Industriegewerkschaft Metall — zu vereinbaren, wie das für die Arbeitnehmer des Steinkohlenbergbaus mit den Abkommen vom 5. Januar 1962 und vom 1. Mai 1964 geschehen ist?
Die Bundesregierung wendet im Einvernehmen mit der Hohen Behörde der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl die „Richtlinien über die Gewährung von Beihilfen für Arbeitnehmer des Steinkohlenbergbaus, die von Maßnahmen im Sinne des Artikels 56 § 2 des Montanunionsvertrages betroffen werden," sinngemäß auch für die Arbeitnehmer der Eisen- und Stahlindustrie, die von Stilllegungsmaßnahmen betroffen werden, an. Ausgenommen sind dabei nur solche Beihilfearten, die auf die Besonderheiten des Steinkohlenbergbaus abgestellt sind.
Für Arbeitnehmer der Eisen- und Stahlindustrie sind in diesem Zusammenhang seit 1962 rd. 600 000 DM an Beihilfen gezahlt worden. Augenblicklich werden 8 genehmigte Anpassungsfälle der Eisen- und Stahlindustrie noch abgewickelt; ein weiterer Anpassungsfall wird der Hohen Behörde zur Zeit vorgelegt.
Das von der Bundesregierung im Einvernehmen mit der Hohen Behörde geübte Verfahren hat sich bisher bewährt. Die Bundesregierung sieht keine Notwendigkeit, besondere Richtlinien für die Arbeitnehmer der Eisen- und Stahlindustrie zu erlassen. Anregungen der Sozialpartner dieser Art sind auch nicht an die Bundesregierung herangetragen worden.
Anlage 15
Schriftliche Antwort
des Bundesministers Katzer vom 11. März 1966 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Jahn (Braunschweig) (Drucksache V/386 Frage XVI/4) :
Ist die Bundesregierung bereit, die mit einer Reihe europäischer Staaten abgeschlossenen Sozialabkommen, welche die Probleme der Sozialversicherungsansprüche ausländischer Staatsbürger regeln, auch mit Kanada und Australien abzuschließen?
Die Frage ist mit „ja" zu beantworten. Bereits im vergangenen Monat haben zwischen deutschen und kanadischen Regierungsvertretern vorbereitende Gespräche über die Frage des Abschlusses eines Sozialversicherungsabkommens stattgefunden. Ihr Ergebnis läßt erwarten, daß auf der Grundlage der Gleichbehandlung der beiderseitigen Staatsangehörigen ein Gegenseitigkeitsabkommen für die Ge-
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währung der Renten bei Alter, Invalidität und zugunsten der Hinterbliebenen geschlossen werden kann.
Wenn die australische Regierung wegen eines Sozialversicherungsabkommens an die deutsche Seite herantritt, ist die Bundesregierung ebenfalls gern bereit, zu prüfen, ob und in welchem Umfang ein solches Abkommen möglich ist.
Anlage 16
Schriftliche Antwort
des Bundesministers Katzer vom 11. März 1966 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Felder (Drucksache V/386 Frage XVI/5) :
Welche Haltung nimmt das zuständige Bundesministerium zu der Forderung des Grünen Kreuzes und der Deutschen Gesellschaft für Arbeitsmedizin ein, die besagt, im Hinblick auf die steigende und nicht unerheblich durch Sehfehler verursachte Zahl der Arbeitsunfälle sollten Sehtests in den Betrieben eingeführt werden, die für jeden Mitarbeiter nur fünf Minuten Zeit kosten und von. Laien durchgeführt werden können?
Solche Sehtests hält die Bundesregierung in einem bestimmten Umfang für nützlich. Sie begrüßt daher den Vorschlag des Grünen Kreuzes und der Deutschen Gesellschaft für Arbeitsmedizin wie alle Anregungen, die geeignet sein können, die Arbeitssicherheit zu erhöhen. Die Unfallverhütung ist eine gesetzliche Aufgabe der Berufsgenossenschaften und der anderen Träger der gesetzlichen Unfallversicherung. Ich kann Ihnen mitteilen, daß verschiedene gewerbliche Berufsgenossenschaften bei der Durchführung der Sehtests mitgewirkt haben.