Rede von
Dr.
Maria
Probst
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Ich danke dem Herrn Bundesminister. Dieser Komplex ist erledigt.
Wir kommen zum- Geschäftsbereich des Bundesministers für Vertriebene, Flüchtlinge und Kriegsgeschädigte, Drucksache V/167, und zwar zu den Fragen II/1 und II/2 des Herrn Abgeordneten Prochazka:
Rechnet die Bundesregierung mit einer Auswirkung der von der Regierung der CSSR im vergangenen Jahr eingeführten Erschwernisse auf die Ausreise von Deutschen aus dem Sudetenland, Böhmen und Mähren?
Welche Möglichkeit sieht die Bundesregierung, der oft verzweifelten Lageausreisewilliger Deutscher Rechnung zu tragen und eine Erhöhung der Zahl der Zuzüge aus den deutschen Ostgebieten durchzusetzen?
Der Fragesteller hat sich mit schriftlicher Beantwortung einverstanden erklärt. Die Antwort des Bundesministers Dr. Gradl vom 12. Januar 1966 lautet:
Frage II/1:
Die Bundesregierung nimmt an, daß mit den in der Anfrage erwähnten, von der Regierung der CSSR eingeführten Erschwernissen die vom Finanzministerium der CSSR mit Erlaß vom 23. 1. 1964 für die Ausgabe von Reisepässen festgesetzten Gebühren gemeint sind.
Die Gebühr für einen Reisepaß für eine Reise ins Ausland beträgt 20,— bis 400,— Kronen. Sie kann für einen Paß zum Zwecke der Aussiedlung — ich zitiere wörtlich nach der Übersetzung des Erlasses — je nach dem Grund der Aussiedlung und nach den Vermögensverhältnissen des Antragstellers bis um das Fünfzehnfache der Grundgebühr erhöht werden. Es können demnach bis zu 6000,— Kronen je Person erhoben werden.
Die neue Gebührenordnung, die nach unserer Kenntnis recht uneinheitlich gehandhabt wird, hat bisher keine negativen Auswirkungen auf die allgemeine Aussiedlung aus der Tschechoslowakei gehabt. Die Entwicklung in den letzten Jahren war positiv. Die Zahl ,der Aussiedler stieg von 973 im Jahre 1963 auf 2712 im Jahre 1964 und auf 3210 im Jahre 1965.
Die steigende Tendenz will allerdings nicht besagen, daß die Erhebung erhöhter Gebühren in Einzelfällen nicht doch zu Schwierigkeiten führt, zumal bei minderbemittelten oder kinderreichen Familien. Das Tschechoslowakische Rote Kreuz hat sich in Verhandlungen mit dem Deutschen Roten Kreuz bereit erklärt, bei extremen Forderungen und in Härtefällen, z. B. bei Rentnern, zu intervenieren. Die Bundesregierung hofft, daß die Regierung der CSSR und ihre nachgeordneten Behörden sich in der Frage der Gebührenerhebung von humanitären und sozialen Erwägungen leiten lassen werden.
Frage II/2:
Die Bundesregierung hat von sich aus keine Möglichkeit, eine Erhöhung der Zahl der Zuzüge aus den deutschen Ostgebieten herbeizuführen, geschweige durchzusetzen. Sie nimmt aber jede sich bietende Gelegenheit wahr, etwa im Rahmen von Wirtschaftsverhandlungen, die Familienzusammenführung zu fördern. Im Prinzip .ist sie bei dem derzeitigen Stand der zwischenstaatlichen Beziehungen zu den Ostblockstaaten — mit Ausnahme der UdSSR — darauf angewiesen, sich der Hilfe des Deutschen Roten Kreuzes zu bedienen. Das DRK war und ist bemüht — und wie die Bundesregierung in dankbarer Anerkennung feststellen möchte, mit Erfolg bemüht —, über seine Schwestergesellschaften in den Ostblockstaaten deren Regierungen zu einer liberaleren Haltung in der Frage der Familienzusammenführung zu bewegen.
Die Bundesregierung hofft, daß es dem Deutschen Roten Kreuz im Verlauf weiterer Verhandlungen gelingen wird, die Familienzusammenführung zu intensivieren. Das DRK wird sich dabei auf die einstimmig gefaßte 19. Resolution der XX. Internationalen Rot-Kreuz-Konferenz vom Oktober 1965 in Wien stützen können, mit der alle zuständigen Organe des Roten Kreuzes und alle Regierungen erneut aufgefordert werden, ihre Anstrengungen fortzusetzen und zu verstärken, um diese humanitäre Maßnahme, nämlich die Vereinigung getrennter Familien, zum Abschluß zu bringen.
Damit sind wir am Ende der heutigen Tagesordnung. Ich berufe die nächste Sitzung ein auf Mittwoch, den 26. Januar 1966, 9 Uhr.
Ich schließe die heutige Sitzung.