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ID0501419600

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    Deutscher Bundestag 14. Sitzung Bonn, den 13. Januar 1966 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung . . . . . 529 A Überweisung von Vorlagen . . . . . . 529 A Wahl der Schriftführer (Drucksache V/87) . 529 C Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen über die Dreiunddreißigste, Fünfunddreißigste, Sechsunddreißigste, Achtunddreißigste und Neununddreißigste Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1965 (Drucksachen V/15, V/44, V/45, V/22, V/23, V/177) . . 529 D Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen über die Vierunddreißigste und Siebenunddreißigste Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1965 (Drucksachen V/43, V/46, V/178) 530 A Fragestunde (Drucksache V/161) Frage des Abg. Schmitt-Vockenhausen: Zahlen über die Haushaltslage der Län- der 530 C Fragen des Abg. Dr. Wörner: Umstellung des Schuljahres Dr. Ernst, Staatssekretär . . . . . 530 D Dr. Wörner (CDU/CSU) . . . . . 530 D Fragen des Abg. Josten: Taubstumme schulpflichtige Kinder . . 531 A Frage des Abg. Dorn: Panorama-Sendung vom 13. 12. 1965 . 531 B Fragen des Abg. Bühling: Ausübung von Verwaltungsaufgaben durch Richter 531 B Frage des Abg. Haehser: Munitionslager der französischen Stationierungsstreitkräfte bei Hasborn Dr. Dahlgrün, Bundesminister . . . 531 D Haehser (SPD) . . . . . . . . . 531 D Holkenbrink (CDU/CSU) . . . . . 532 A Frage des Abg. Genscher: Reichsabgabenordnung 532 C Fragen des Abg. Weigl: Kostenersatz für die Stadt Eschenbach (Oberpfalz) Dr. Dahlgrün, Bundesminister . . . 532 C Frage des Abg. Dröscher: Finanzhilfe des Bundes in Katastrophenfallen Dr. Dahlgrün, Bundesminister . . 533 A Dröscher (SPD) 533 A II Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 14. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 13. Januar 1966 Frage des Abg. Felder: Bewertung von Trunkenheitsdelikten und Fahrerflucht bei Kraftfahrzeugunfällen Dr. Jaeger, Bundesminister . . . . 533 C Felder (SPD) . . . . . . . . . 533 D Fellermaier (SPD) . . . . . . 534 C Opitz (FDP) 534 D Dröscher (SPD) 535 A Frage des Abg. Sanger: Wettbewerbsverhältnisse bei Presse, Rundfunk, Film und Fernsehen Dr. Neef, Staatssekretär . . . . 535 B Sänger (SPD) 535 C Frage des Abg. Haase (Kassel) : Schädigung der tabakverarbeitenden Industrie durch das Einfuhrverbot für rhodesische Tabake Dr. Neef, Staatssekretär . . . . . 535 D Frage des Abg. Haase (Kassel) : Exportverluste der deutschen Wirtschaft infolge Boykotts deutscher Waren durch Rhodesien Dr. Neef, Staatssekretär . . . . . 536 A Haase (Kassel) (CDU/CSU) . . . . 536 A Frage des Abg. Langebeck: Unterschiede bezüglich elektrotechnischer Sicherheit zwischen Stadt und Land Dr. Neef, Staatssekretär . . . . 536 B Langebeck (SPD) 536 B Frage des Abg. Langebeck: Energiewirtschaftsgesetz Dr. Neef, Staatssekretär . . . . . 537 A Langebeck (SPD) . . . . . . . . 537 B Fragen des Abg. Opitz: Fortführung der Bauarbeiten im Winter Katzer, Bundesminister . . . . 537 C Opitz (FDP) 538 A Gerlach (SPD) 538 B Frage des Abg. Weigl: Versicherungspflichtgrenzen Katzer, Bundesminister 538 D Weigl (CDU/CSU) 539 A Frage des Abg. Dr. Marx (Kaiserslautern) : Verteidigungsetat der Sowjetunion . . 539 A Frage des Abg. Dr. Tamblé: Heizungskostenzuschüsse 539 B Frage des Abg. Dr. Hamm (Kaiserslautern) : Gesunderhaltung und körperliche Ertüchtigung der Jugend Gumbel, Staatssekretär 539 B Dr. Hamm (Kaiserslautern) (FDP) . 539 C Frage des Abg. Felder: Warnleuchten für marschierende Bundeswehrtrupps bei Nacht Gumbel, Staatssekretär 539 D Felder (SPD) 540 A Frage des Abg. Felder: Strafsache des Luftwaffen-Oberleutnants Manfred Jurgan Gumbel, Staatssekretär 540 B Felder (SPD) 540 C Frage des Abg. Josten: Gesundheitsbefund der Musterungsuntersuchungen zur Bundeswehr . . . 540 D Fragen des Abg. Lemmrich: Militärflughafen Neuburg — Absiedlung in der Gemeinde Zell Gumbel, Staatssekretär 540 D Lemmrich (CDU/CSU) 541 C Frage des Abg. Dröscher: Gefahren bei Überfliegen der Grenzen des eigenen Landes und der NATO-Partner Gumbel, Staatssekretär 542 C Dröscher (SPD) . . . . . . . 542 D Fragen des Abg. Dr. Huys: Eisenbahnstrecke Wittingen—Rühen . . 543 B Frage des Abg. Ramms: Fest- und Margentarife für die Binnenschiffahrt im innerdeutschen Verkehr Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . 543 D Frage der Abg. Frau Funcke: Verkehrsunfallhilfe des ADAC Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . 544 A Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 14. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 13. Januar 1966 III Fragen der Abg. Eisenmann und Dröscher: Zwischenuntersuchungen durch KfzHandwerksstätten Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . 544 A Genscher (FDP) . . . . . . . 544 B Dröscher (SPD) 544 D Sammelübersicht 1 des Petitionsausschusses über Anträge von Ausschüssen des Deutschen Bundestages zu Petitionen und systematische Ubersicht über die Zeit vom 17. 10. 1961 bis 17. 10. 1965 (Drucksache V/132) 545 B Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Strafprozeßordnung (SPD) (Drucksache V/170) — Erste Beratung — Frau Dr. Diemer-Nicolaus (FDP) . . 545 C Entwurf eines Strafgesetzbuches (Abg. Frau Dr. Diemer-Nicolaus, Dr. h. c. Güde, Dr. Dehler, Dr. Wilhelmi u. Gen.) (Drucksache V/32) — Erste Beratung — Frau Dr. Diemer-Nicolaus (FDP) . . 545 D Dr. Jaeger, Bundesminister . . . . 552 A Dr. h. c. Güde (CDU/CSU) . . . . 557 B Dr. Müller-Emmert (SPD) . . . . . 563 D Schlee (CDU/CSU) . . . . . . . 569 A Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuches (SPD) (Drucksache V/102) — Erste Beratung — Dr. Dr. Heinemann (SPD) . . . . . 573 B Dr. Jaeger, Bundesminister . . . . 577 C Dr. Worner (CDU/CSU) . . . . . 583 B Frau Dr. Diemer-Nicolaus (FDP) . . 585 D Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Dritten Überleitungsgesetzes (Abg. Rollmann, Hauser [Bad Godesberg], Dr. Hammans, Dr. Klepsch u. Gen.) (Drucksache V/70) — Erste Beratung — 588 D Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Gewerbeordnung (Abg. Dr. Schmidt [Wuppertal], Bading, Dr. Hamm [Kaiserslautern] u. Gen.) (Drucksache V/81) — Erste Beratung — Dr. Hamm (Kaiserslautern) (FDP) . . 589 A Frau Dr. Hubert (SPD) 589 B Entwurf eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 3. März 1964 mit der Republik der Philippinen über die Förderung und den Schutz von Kapitalanlagen (Drucksache V/140) — Erste Beratung — 589 C Entwurf eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 9. Juli 1962 mit Regierung des Staates Israel zur Vermeidung der Doppelbesteuerung bei den Steuern vom Einkommen und bei der Gewerbesteuer (Drucksache V/142) — Erste Beratung — 589 D Entwurf eines Gesetzes zu dem Übereinkommen vom 17. Dezember 1962 über die Haftung der Gastwirte für die von ihren Gästen eingebrachten Sachen (Drucksache V/146) — Erste Beratung — 589 D Entwurf eines Gesetzes zur Änderung von Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches über die Einbringung von Sachen bei Gastwirten (Drucksache V/147) — Erste Beratung — 589 D Antrag des Bundesministers der Finanzen betr. Veräußerung einer Teilfläche der ehem. Herwarth-von-Bittenfeld-Kaserne in Münster (Westfalen) an die Stadt Münster (Drucksache V/82) 590 A Antrag des Bundesministers der Finanzen betr. Veräußerung einer Teilfläche des Grundstücks in Berlin-Kreuzberg, Mehringdamm 20-30, Ecke Obentrautstraße 1-21, an das Land Berlin (Drucksache V/134) 590 A Einundvierzigste Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1965 (Drucksache V/139) . . . . . . . . . . 590 C Nächste Sitzung 590 C Anlage 591 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 14. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 13. Januar 1966 529 14. Sitzung Bonn, den 13. Januar 1966 Stenographischer Bericht Beginn: 9.01 Uhr
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    Berichtigung Es ist zu lesen: 13. Sitzung Seite 512 A Zeile 3 von unten statt „des Ministerrats" : der Kommission Anlage zum Stenographischen Bericht Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordneter) beurlaubt bis einschließlich Beurlaubungen Dr. Abelein 14. 1. Adorno 14. 1. Bading * 14. 1. Bauer (Wasserburg) 14. 1. Berger 14. 1. Frau Berger-Heise 18. 2. Berlin 19. 2. Dr. Birrenbach 14. 1. Burger 10. 4. Frau Blohm 14. 1. Dr. Dehler 14. 1. Dr. Effertz 13. 1. Eisenmann 14. 1. Erler 15. 2. Faller 14. 1. Frau Funcke 14. 1. Dr. Furler * 13. 1. Dr. Hesberg 13. 1. Hirsch 15. 1. Illerhaus * 13. 1. Dr. Jahn-Braunschweig 14. 1. Josten 19.2. Junghans '7. 2. Kaffka 14. 1. Kahn-Ackermann 13. 1. Kiep 20. 1. Krammig 15. 1. Frau Krappe 28. 2. Frau Dr. Krips 22. 1. Kuntscher 14. 1. Leber 14. 1. Dr. Lenz (Bergstraße) 15. 1. Majonica 22. 1. Mauk * 14. 1. Merten * 13. 1. Metzger * 14. 1. Michels 13. 1. Missbach 14. 1. Moersch 13. 1. Dr. Morgenstern 28. 1. Orgaß 14. 1. Frau Pitz-Savelsberg 21.1. Rasner 13. 1. Frau Schanzenbach 3. 2. Schlager 14. 1. Dr. Stecker 13. 1. Frau Strobel* 13. 1. Dr. Frhr. v. Vittinghoff-Schell 18. 1. * Für die Teilnahme an einer Ausschuß-Sitzung des Europäischen Parlaments
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Emmy Diemer-Nicolaus


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Wir Freien Demokraten begrüßen es, daß wir so rechtzeitig zu Beginn einer Legislaturperiode Gelegenheit haben, über die Reform des Staatsschutzrechts zu sprechen. Allerdings sind wir der Auffassung, daß das Staatsschutzrecht nicht nur die strafrechtlichen Bestimmungen umfaßt, die mit dem Entwurf der Sozialdemokratischen Partei angesprochen sind, sondern wesentlich weitergeht. Schon aus unserer Kleinen Anfrage, die wir gleich zu Beginn dieser Legislaturperiode an die Regierung gerichtet haben, war klar zu ersehen, daß wir diese Reform für vordringlich erachten, sie aber auch in einen größeren Rahmen hineinstellen.



    Frau Dr. Diemer-Nicolaus
    Der von der SPD vorgelegte Entwurf zeigt Grundsätze auf, die auch von uns bejaht werden. Auch auf Grund dessen, was vom Herrn Bundesjustizminister besonders zum Schluß und was vom Herrn Kollegen Dr. Wörner gesagt worden ist, habe ich den Eindruck, daß wir im Grundsätzlichen gar nicht so weit auseinander sind. Was allerdings die Einzelheiten angeht, die heute schon sehr eingehend besprochen worden sind und die auch der Herr Bundesjustizminister in seiner Rede behandelt hat, muß ich Ihnen ganz ehrlich sagen: auch wenn ich mich mit dieser Materie befaßt habe, fühle ich mich heute bei der ersten Lesung nicht in der Lage, jetzt aus dem Stegreif auf diese Einzelheiten einzugehen und dazu Stellung zu nehmen. Insofern kann ich Ihnen nur unsere grundsätzliche Haltung darlegen.
    Allgemein geht die Auffassung dahin, daß durch die veränderten politischen Umstände neue Tatsachen, neue politische Verhältnisse geschaffen worden sind. Die nun einmal umstrittenen strafrechtlichen Bestimmungen sind im Jahre 1951 eingeführt worden. Heute herrschen andere Vorstellungen über unsere Politik gegenüber den osteuropäischen Staaten und auch gegenüber der Sowjetzone als im Jahre 1951. Wie reformbedürftig das Staatsschutzstrafrecht ist, das hat ja schon Ihre Aufzählung der Novellen, Herr Bundesjustizminister, ergeben. Zu der Frage, wie vordringlich die Reform ist, hat Herr Kollege Heinemann darauf hingewiesen, daß die Sozialdemokratische Partei bereits im Jahre 1963 bei dem damaligen Justizminister Dr. Bucher gewesen sei, und er beklagt es, daß nachher im Mai nur die Lockerung des Verfolgungszwanges einmal zur Diskussion gestellt wurde. Wenn ich mich recht erinnere, ist das nicht zu einem Initiativgesetzentwurf für den Bundestag gediehen, sondern es war innerhalb der Parteien ein Entwurf über die Lockerung des Legalitätsprinzips im Gespräch. Ja, Herr Kollege Heinemann, warum war das denn damals so? Damals waren doch der Fall Graßnick und alles, was Sie aufgeführt haben, so akut, daß ein ganz dringendes Bedürfnis bestand, eine rechtliche Basis zu schaffen, deren Fehlen wir gespürt haben.

    (Abg. Dr. Dr. Heinemann: Was ist denn geschaffen worden?)

    — Herr Kollege Heinemann, Sie wissen das und das wissen auch Ihre Kollegen von der SPD, daß ich mich schon im Sonderausschuß „Strafrecht" oder bei gemeinsamen Besprechungen für eine vordringliche Reform ausgesprochen habe. Hätte ich aber nicht so intensiv im Sonderausschuß „Strafrecht" an den politischen Straftatbeständen mitgearbeitet, die uns schon in der letzten Legislaturperiode vorlagen — das betrifft vor allem das Vereinsgesetz, aber auch das Sprengstoffgesetz —, hätte ich bei diesen Beratungen nicht die Schwierigkeit dieser Materie erkennen müssen, dann wäre es mir eine Freude gewesen, Ihnen damals schon zuzustimmen, die Reform noch in der letzten Legislaturperiode zu verabschieden. Aber über eines müssen wir uns ganz klar sein: diese Reform erfordert allerschwierigste Beratung, die wir nicht innerhalb von einem oder zwei Monaten — damals ging es auf den Schluß der Legislaturperiode zu — führen können.
    Um so wichtiger ist es, daß wir jetzt diese so weitgehende Arbeit sofort in Angriff nehmen. Wir Freien Demokraten sind der Meinung, bevor wir über die Frage des Legalitätsprinzips sprechen, sollten wir festlegen, daß nur noch das unbedingt Notwendige bestraft werden soll. Das gesamte Staatsschutzrecht sollte auf das kriminalpolitisch und polizeilich unbedingt Notwendige beschränkt werden unter Beachtung der Grundrechte, wie das auch schon bei meinen Vorrednern zum Ausdruck gekommen ist.
    Soweit es sich um die strafrechtlichen Bestimmungen handelt, geht unsere Forderung genau wie die meiner Vorredner dahin — es freut mich, daß insoweit Einigkeit besteht —, daß dem Art. 103 Abs. 2 des Grundgesetzes insofern Rechnung getragen werden muß, als die Tatbestände präziser und bestimmter gefaßt werden müssen. Herr Kollege Heinemann, das hat eben die Praxis erst ergeben. Selbst bei den Beratungen der Großen Strafrechtskommission war dies noch nicht so offenkundig. Es hat mich gefreut, auch aus der Antwort des Herrn Bundesjustizministers auf unsere Kleine Anfrage feststellen zu können, daß auch er nicht glaubt, daß die Bestimmungen, wie sie im Entwurf enthalten sind, heute noch ausreichen. Auf der anderen Seite, Herr Kollege Heinemann, habe ich aus der Begründung Ihres Gesetzentwurfes entnommen, daß Sie doch auch weitgehend die Ergebnisse, die in dem Entwurf 1962 enthalten sind, mit berücksichtigen wollen. Es hat mich auch gefreut, daß Sie feststellen, daß wir uns — das bedauere ich außerordentlich — einfach nicht mehr auf die Bestimmungen beschränken können, die in unserem alten Strafgesetzbuch aus kaiserlicher Zeit über Hoch- und Landesverrat enthalten sind, sondern — das kommt schon bei Ihnen in der Überschrift zu Art. 1 zum Ausdruck — daß die Gefährdung der freiheitlichen Ordnung einen strafrechtlichen Schutz verdient und daß weiterhin auch die politischen Verhältnisse, in denen wir in unserem geteilten Deutschland leben, uns zu Überlegungen führen, zu denen unsere Vorväter Gott sei Dank keinen Anlaß hatten.
    Soweit es sich um das schwierige Problem des Landesverrats handelt, sind wir uns auch einig, daß eine Sonderbestimmung über den publizistischen Landesverrat geschaffen werden soll, da hier der Unrechtsgehalt ein anderer ist als bei der gemeinen Spionage und auch die Frage anders zu beantworten ist, wann eine strafbare Handlung vorliegt. Die SPD glaubt, diesem Problem dadurch gerecht werden zu können, daß sie den Begriff des Staatsgeheimnisses neu formuliert. Ob das gelungen ist, kann ich im Augenblick nicht überblicken. Ich habe diesen Lösungsversuch mit großem Interesse gelesen. Ich fürchte nur, daß diese Kombination des materiellen und formellen Begriffs des Staatsgeheimnisses doch in große Schwierigkeiten führen kann. Es wurde schon darauf hingewiesen, daß der Stempel „geheim" — oder auch „vertraulich" — noch viel mehr benutzt werden wird, als das schon der Fall ist. Ich habe es bisher in unserem Recht für gut gehalten, daß wir nicht den formellen Geheimnisbegriff haben, sondern den Begriff des materiellen Staatsgeheimnisses. Für den jeweiligen



    Frau Dr. Diemer-Nicolaus
    Beschuldigten oder Angeklagten ist dies doch eine andere Situation. Allerdings steht er dann auch vor der Schwierigkeit, entscheiden zu müssen, ob es sich tatsächlich um ein materielles Staatsgeheimnis handelt. Darauf will ich nicht weiter eingehen; dies wird eingehender Beratungen bedürfen. Es wäre natürlich schön, wenn man eine Formulierung des Begriffs des Staatsgeheimnisses finden könnte, die ganz präzise das abgrenzt, was als Staatsgeheimnis geschützt werden muß. Sollte das aber nicht möglich sein und sollte Ihre Lösung den publizistischen Landesverrat nicht schon durch die Formulierung des Begriffs des Staatsgeheimnisses ausschließen, wird wohl eine besondere Vorschrift notwendig sein.
    Es wäre auch noch etwas anderes zu überlegen, nämlich — das französische Recht hat ja eine Dreiteilung des Tatbestandes des Landesverrats — ob nicht noch mehr differenziert werden sollte. Ich möchte das jetzt nur andeuten. Es sollte mitberaten werden, ob nicht auch unterschieden werden sollte zwischen dem gemeinen Spion, der Westdeutscher ist und eine Treuepflicht gegenüber der Bundesrepublik hat, und dem Auslandsagenten. Ich möchte dieses Thema jetzt nicht vertiefen.
    Bei der Beschränkung auf das unbedingt Notwendige ist natürlich § 93 besonders angesprochen. Ich teile auch die Auffassung des Herrn Bundesjustizministers, daß es, wenn Sie wirklich den Zeitungsaustausch wollen, nicht allein bei der Überprüfung des § 93 bleiben kann, sondern daß dazu die Überprüfung auch des Verbringungsgesetzes und seiner praktischen Handhabung gehört. Ich habe das Verbringungsgesetz, als ich das erstemal im Bundestag war, mitberaten. Ich kann Ihnen versichern: Wir haben uns damals viel mehr darüber unterhalten, wie eine unliebsame Zensur von ostzonalen Filmen oder von Filmen aus den kommunistischen Ländern vermieden und trotz des Staatsschutzes doch die Freiheit nach Art. 5 des Grundgesetzes aufrechterhalten werden kann. Aber mit einer solchen Handhabung wie bei dem Anhalten von Postsendungen habe ich nicht gerechnet, und das habe ich auch nicht übersehen. Es ist etwa ein Jahr her, daß diese Beschlagnahmen in der Presse und auch im Fernsehen eine große Rolle gespielt haben.
    Aus diesen Gründen können wir es bei der Prüfung, wieweit die Strafbarkeit im Interesse des Staatsschutzes, im Interesse unserer freiheitlichen Ordnung wirklich notwendig ist, nicht bei einer Überprüfung allein der strafrechtlichen Bestimmungen belassen, sondern wir müssen andere Staatsschutzbestimmungen, auch wenn sie in anderen Gesetzen enthalten sind, in unsere Beratungen mit einbeziehen, also gegebenenfalls noch über den Entwurf der SPD hinausgehen und auch eine Änderung von anderen gesetzlichen Bestimmungen vornehmen.
    Wir Freien Demokraten sind von Anfang an — das brauche ich Ihnen nicht besonders zu sagen —, besonders diejenigen, die dem Gesamtdeutschen Ausschuß angehören — die Auffassung unseres Gesamtdeutschen Ministers und der Freien Demokratischen Partei ist ja weit und breit bekannt —, für eine Politik der kleinen und mittleren Schritte gewesen. Wir haben immer die Auffassung vertreten: Wir brauchen die geistige Auseinandersetzung mit dem Kommunismus nicht zu scheuen. Wir brauchen auch die Begegnung unserer Jugend mit der deutschen Jugend in der sowjetischen Zone nicht zu scheuen, weder auf dem politischen noch auf dem kulturellen noch auf dem sportlichen Gebiet. Im Gegenteil, es muß unser Bestreben sein zu verhindern, daß sich die Menschen diesseits und jenseits von Mauer und Stacheldraht auseinanderleben, und dafür zu sorgen, daß diejenigen, die die deutsche Sprache sprechen, auch immer wieder in deutscher Sprache zueinander reden können. Auch Diskussionen -- darüber besteht ja anscheinend auch mit Ihnen, Herr Kollege Dr. Wörner, Einigkeit —, auch politische Auseinandersetzungen mit Angehörigen der SED usw. müssen möglich sein.
    Über eines müssen wir uns nämlich klar sein: bei unseren Bemühungen um die Wiedervereinigung werden wir um die Auseinandersetzung mit dem Kommunismus auch im Geistigen und Politischen nicht herumkommen. Gerade die Verhältnisse in Berlin, wo die SED ja zugelassen ist, haben doch gezeigt, daß wir den Kommunisten und seinen Geist nicht zu fürchten brauchen, und unsere Jugend — das weiß ich aus Diskussionen — ist absolut gewappnet, ihm entgegenzutreten.
    Eine Meldung in den letzten Tagen besagte, daß es dem Schriftsteller Heym verwehrt wird, zu einer Diskussion mit bestimmt nicht rechts stehenden anderen Schriftstellern in dem Westen zu kommen. Das war ja Ihr (zur SPD) Lobredner vor der Wahl, Herr Graß. Dafür, daß selbst das nicht gebilligt wird, daß eine derartige Diskussion untersagt werden kann, hat unsere Jugend kein Verständnis.
    Deswegen müssen wir unser gesamtes Staatsschutzrecht darauf hin überprüfen, ob in ihm Bestimmungen enthalten sind, die einer derartigen geistigen Begegnung entgegenstehen, sei es einer persönlichen Aussprache, sei es auch einem Austausch von Zeitungen. Dabei bin ich mir bewußt: wir können und werden wahrscheinlich in dieser Beziehung gegenüber kommunistischem Schrifttum aus der Zone wesentlich großzügiger und entgegenkommender sein — und sollten es auch gerade im Interesse der Kennzeichnung der unterschiedlichen politischen Verhältnisse — als die Kommunisten uns gegenüber.

    (Beifall bei der FDP.)

    Denn damit geben wir den Beweis, daß wir ein freiheitlich demokratischer Rechtsstaat sind.
    Noch etwas zu dem weiteren Verfahren. Herr Kollege Jahn, Sie erinnern sich noch an die Besprechung, die wir — es nahmen Vertreter aller drei Fraktionen an ihr teil — seinerzeit mit Herrn Justizminister Bucher im Zusammenhang mit der Vorlage hatten, die die Lockerung des Legalitätsprinzips betraf. Damals ging es um die Frage, was vordringlich verabschiedet werden sollte, und Sie stellten seinerzeit nicht nur das Legalitätsprinzip zur Diskussion, sondern auch die Frage, inwieweit unser Strafverfahren in einzelnen Punkten vordringlich einer



    Frau Dr. Diemer-Nicolaus
    Reform bedürfe. Ich denke dabei an das Problem, das auch bei der ersten Lesung der großen Strafrechtsreform angeschnitten wurde, nämlich das Problem des „geheimen Zeugen".


Rede von Dr. Carlo Schmid
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Wörner?

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Emmy Diemer-Nicolaus


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Gerne!