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    Deutscher Bundestag 7. Sitzung Bonn, den 29. November 1965 Inhalt: Überweisung an den Haushaltsausschuß . . 69 A Erweiterung der Tagesordnung . . . . . 69 B Abwicklung der Fragestunde . . . . . . 69 B Fragestunde (Drucksache V/38) Frage des Abg. Biechele: Versuche zur Vermeidung von Gesundheitsschäden durch Auspuffgase Grund, Staatssekretär . . . . . 69 D Biechele (CDU/CSU) 70 A Frage des Abg. Biechele: Versuche mit CO-Kontrollplaketten Grund, Staatssekretär 70 B Biechele (CDU/CSU) 70 C Fragen des Abg. Dr. Kliesing (Honnef) : Änderung der Regelung des § 14 Kraftfahrzeugsteuergesetz Grund, Staatssekretär 71 A Frage des Abg. Ertl: Verhandlungen über die Agrarfinanzierung in Brüssel Grund, Staatssekretär 71 B Ertl (FDP) 71 B Frage des Abg. Dr. Schmidt (Wuppertal) : Steuerrechtliche Gleichbehandlung der Bandweber mit Gewerbetreibenden Grund, Staatssekretär . . . . . . 71 C Dr. Schmidt (Wuppertal) (CDU/CSU) 72 A Fragen des Abg. Folger: Erhebung der Sektsteuer Grund, Staatssekretär . . . . . . 72 B Felder (SPD) . . . . . . . . . 72 C Frage des Abg. Genscher: Bewertung von Halb- und Fertigfabrikaten 72 C Frage des Abg. Genscher: Anerkennung der Unterstellkosten für Kfz in Parkhäusern etc. in der Nähe des Arbeitsplatzes als Werbungskosten . . 72 C Fragen des Abg. Dr. Marx (Kaiserslautern): Schießplatz in Landstuhl, Kreis Kaiserslautern Grund, Staatssekretär . . . . . . 72 D Frage des Abg. Dr. Marx (Kaiserslautern): Entschädigung für Nutzungen von Forstflächen durch alliierte Streitkräfte 72 D II Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 7. Sitzung. Bonn, Montag, den 29. November 1965 Fragen des Abg. Dr. Wuermeling: Kürzung der Ausbildungszulage Grund, Staatssekretär . . . . . . 73 A Dr. Wuermeling (CDU/CSU) . . . . 73 C Dröscher (SPD) . . . . . . . 74 B Westphal (SPD) . . . . . . . . 74 C Frage des Abg. Sanger: Bericht über die Konzentration in der Wirtschaft Dr. Langer, Staatssekretär . . 74 D Sänger (SPD) 75 A Schmitt-Vockenhausen (SPD) . . 75 C Fragen der Abg. Flämig und Dr. Tamblé: Maßnahmen zur Verhinderung eines durch längeren Stromausfall etwa entstehenden Chaos' Dr. Langer, Staatssekretär 76 A, 76 C Flämig (SPD) 76 B Fragen der Abg. Frau Schanzenbach:. Industrieansiedlungen im badischen Grenzland — Lieferbedingungen für neue Stromkraftwerke am Oberrhein . 76 D Frage des Abg. Dr. Müller-Hermann: Referenzpreise für Orangen Höcherl, Bundesminister 76 D Dr. Müller-Hermann (CDU/CSU) . 77 A Frage des Abg. Schmitt-Vockenhausen: Bekämpfung von Tierseuchen Höcherl, Bundesminister 77 C Fragen des Abg. Schwabe: Roggenmischbrot 77 C Frage des Abg. Dröscher: Beteiligung des Landes Rheinland-Pfalz an Mitteln aus dem Ausrichtungs- und Garantiefonds der EWG Höcherl, Bundesminister . . . . . 77 D Frage des Abg. Schmidt (Braunschweig) : Einfuhr von Zuckerschnitzeln Höcherl, Bundesminister . . . . . 77 D Fragen der Abg. Frau Dr. Krips: Verteuerung der Apfelsinen durch Referenzpreise Höcherl, Bundesminister . . . . . 78 A Frau Dr. Krips (SPD) . . . . . . 78 B Frage des Abg. Ertl: Verspätetes Erscheinen der Richtlinien für die landwirtschaftliche Anpassungshilfe Höcherl, Bundesminister . . . . 78 C Ertl (FDP) 78 C Frage des Abg. Ertl: Mittel für bauliche Maßnahmen in der Landwirtschaft Höcherl, Bundesminister 78 D Ertl (FDP) . . . . 78 D Fragen des Abg. Bading: Anpassungsbeihilfe für landwirtschaftliche Betriebsinhaber Höcherl, Bundesminister . 79 A, 79 B Bading (SPD) . . . . . . . . . 79 B Fragen des Abg. Leukert: Bindungsermächtigung in Höhe von 120 Mio DM für die ländliche Siedlung Höcherl, Bundesminister 79 D Leukert (CDU/CSU) . . . . . . 79 D Fragen des Abg. Reichmann: Ausformdaten für Butter Höcherl, Bundesminister 80 B Reichmann (FDP) . . . . . . . 80 B Fragen des Abg. Wächter: Notwendigkeit einer einheitlichen Regelung betr. Attestierung des Freiseins von Maul- und Klauenseuche bei der Einfuhr von Zucht- und Nutzvieh Höcherl, Bundesminister 80 C Wächter (FDP) . . . . . . . . . 81 A Fragen des Abg. Büttner: Moderne Mastmethoden bei Hühnern, Kälbern und Schweinen Höcherl, Bundesminister . 81 B, 81 D Büttner (SPD) . . . . . 81 B, 82 A Frage des Abg. Schmitt-Vockenhausen: Tierquälerische Methoden der fabrikmäßigen Aufzucht von Tieren Höcherl, Bundesminister 82 B Schmitt-Vockenhausen (SPD) . . . 82 B Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 7. Sitzung. Bonn, Montag, den 29. November 1965 III Aussprache über die Erklärung der Bundesregierung in Verbindung mit dem Entwurf eines Gesetzes zur Sicherung des Haushaltsausgleichs (Haushaltssicherungsgesetz) (Drucksache V/58) Dr. Barzel (CDU/CSU) 82 C Erler (SPD) 91 C Dr. Dr. h. c. Erhard, Bundeskanzler 106 C Freiherr von Kühlmann-Stumm (FDP) 110 D Dr. Althammer (CDU/CSU) . . . . 119 B Dr. Schiller (SPD) 127 C Nächste Sitzung 136 D Anlagen 137 A Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode 7. Sitzung. Bonn, Montag, den 29. November 1965 69 7. Sitzung Bonn, den 29. November 1965 Stenographischer Bericht Beginn: 14.03 Uhr
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    Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete (r) beurlaubt bis einschließlich a) Beurlaubungen Dr. Arndt /Berlin /Köln 2. 12. Bäuerle 29. 11. Dr.-Ing. Balke 29. 11. Frau Berger-Heise 7. 12. Dr. Birrenbach 2. 12. Blachstein 30. 11. Dr. Czaja 29. 11. Deringer 29. 11. Diekmann 29. 11. Eisenmann 29. 11. Dr. Freiwald 29. 11. Fritz /Welsheim 29. 11. Dr. h. c. Güde 2. 12. Haar /Stuttgart 29. 11. Hilbert 2. 12. Hörmann /Freiburg 30. 11. Jaschke 2. 12. Dr. Koch 29. 11. Koenen /Lippstadt 31. 12. Kubitza 29. 11. Lemmer 29. 11. Lücker /München * 30. 11. Marquardt 2. 12. Mauk * 30. 11. Memmel 29. 11. Dr. h. c. Menne /Frankfurt 29. 11. Dr. h. c. Dr.-Ing. Möller 29. 11. Dr. Morgenstern 29. 11. Dr. Müthling 30. 11. Paul ** 29. 11. Peters /Norden 29. 11. Rawe 8. 12. Dr. Reischl 29. 11. Röhner 30. 11. Sander 29. 1.1. Frau Schanzenbach 31. 12. Frau Schimschok 31. 12. Schmidt /Würgendorf 2. 12. Schultz 2. 12. Seither 29. 11. Dr. Siemer 30. 11. Spillecke 2. 12. Spitzmüller 2. 12. Dr. Vogel 29. 11. Dr. Wahl ** 3. 12. Wienand 29, 11. Dr. Wörner 3. 12. Zerbe 2. 12. b) Urlaubsanträge Kriedemann 31. 12. * Für die Teilnahme an einer Ausschußsitzung des Europäischen Parlaments ** Für die Teilnahme an einer Ausschußsitzung des Europarats Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 2 Schriftliche Ergänzung zu den mündlichen Ausführungen des Abgeordneten Dr. Walter Althammer Gesetzentwürfe und kostenwirksame Anträge aus der SPD-Fraktion in Mio DM IV /273 Gesetz über die Gewährung von Sparbeiträgen 360 IV /415 Gesetz über die Ausbildungsförderung 750 IV /468 Bundeskindergeldgesetz 220 IV /562 2. Gesetz zur Änderung und Verbesserung des Mutterschutzgesetzes . 590 IV /694 Flüchtlingsgesetz 900 IV /1850 3. Wohnungsbaugesetz 800 IV /1855 Europäisches Jugendwerk 50 IV /1947 3. Gesetz zur Änderung des Gesetzes über Altershilfe für Landwirte 210 IV /2005 Änderung der Zuschußrichtlinien für Straßenbaumaßnahmen der Gemeinden 110 IV /2338 Kredit- und Bürgschaftsprogramm gegen Luftverschmutzung 15 IV /2575 Schiffbarmachung der Saar 48 IV /2608 Kindergeldgesetz - hier Wegfall der Einkommensgrenze - 780 IV /2626 Änderung des Gesetzes über Wohnbeihilfen 40 IV /2687 Änderung des Vermögensbildungsgesetzes 170 IV /2770 Änderung des Gesetzes über Weihnachtszuwendungen 90 IV /2782 Gesetz zur Änderung des Postverwaltungsgesetzes 820 IV /2822 Marktstrukturgesetz 600 IV /2751 Änderung des Bundesfernstraßengesetzes 40 IV /3605 Kriegsgefangenenentschädigungsgesetz 500 dazu Einnahmeausfälle IV /64 Zuckersteuer 110 IV /65 Kaffeesteuer 1 000 IV /66 Teesteuer 32 IV /2047 EStG, erschwerte Haushaltsführung 273 IV /2687 Änderung des Vermögensbildungsgesetzes 170 IV /2782 Änderung des Postverwaltungsgesetzes 600 9 278 138 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 7. Sitzung. Bonn, Montag, den 29. November 1965 Abzusetzen Einnahmeerhöhungen entspresprechend den Anträgen IV /722, 1569, 1567 — 358 insgesamt 8 920 Bei den Anträgen IV /2687 und 2782 wurden Mehrkosten und Einnahmeausfälle getrennt aufgeführt. Mehrkosten nicht zu beziffern IV /358 Änderung des II. Vierjahresplanes zum Ausbau der Bundesfernstraßen (in 4 Jahren 3 Mrd. DM mehr) IV /406 Beseitigung sozialer Härten aus der Währungsreform IV /1347 Abzugsfähigkeit von Ausbildungskosten IV /1494 Förderung von Wissenschaft und Forschung IV /2332 16. Änderungsgesetz zum UStG
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von: Unbekanntinfo_outline


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()

    Herr Präsident! Meine Damen! Meine Herren! Nachdem der Herr Bundeskanzler schon einen Beitrag zur Diskussion geleistet hat, darf ich noch einmal einige grundsätzliche Ausführungen machen.
    Die Bundesrepublik Deutschland kann am Beginn der 5. Legislaturperiode des Deutschen Bundestages



    Freiherr von Kühlmann-Stumm
    auf eine außenpolitische Entwicklung zurückblicken, die unser Volk im freien Teil fest in die Gemeinschaft der freien Völker eingeordnet hat. Wir haben uns aus dem Status eines besetzten Landes fortentwickelt zu einer freien Nation, die in einer Reihe von Vertragssystemen Partner ist. Diese ständig zunehmende außenpolitische Selbständigkeit der Bundesrepublik bringt für uns ein erhöhtes Maß der Verantwortung und der Verpflichtung mit sich. Aus dieser erhöhten außenpolitischen Verantwortung müssen sich Konsequenzen für die Deutschlandpolitik der Bundesrepublik, aber auch für ihre Position im NATO-Bündnis ergeben. Ihre außenpolitischen Verpflichtungen haben der Bundesrepublik zusätzliche Belastungen auferlegt. Diese Belastungen vornehmlich haben zu den Problemen geführt, die wir jetzt durch eine vorausschauende und konstruktive Haushaltspolitik zu lösen haben.
    Die Regierungskoalition hat für die Fortsetzung ihrer Arbeit bei den Bundestagswahlen erneut eine breite Mehrheit im Deutschen Bundestag erhalten.

    (Abg. Wehner: Besonders Sie!)

    Die neue Bundesregierung hat in der Regierungserklärung ihre Entschlossenheit unterstrichen, tatkräftig an die Lösung der vor uns stehenden innen- und außenpolitischen Probleme heranzugehen.
    Das wichtigste innenpolitische Problem ist die Haushaltspolitik der nächsten vier Jahre. Die Bundestagsfraktion der FDP begrüßt die Initiative der Bundesregierung, mit der sie ihren Willen zur Begrenzung des Bundeshaushalts und zur Erhaltung
    3) der Stabilität der Währung unter Beweis gestellt hat. Die Haushaltspolitik der kommenden Jahre wird nur dann diesen Grundsätzen entsprechen, wenn Parlament und Regierung dem Grundsatz äußerster Sparsamkeit Folge leisten.
    Schon die Vorlage des Bundeshaushalts 1966 gibt der Bundesregierung Gelegenheit, im Bereich der gesetzlich nicht festliegenden Haushaltsansätze ihre Entschlossenheit zu äußerster Sparsamkeit erneut zum Ausdruck zu bringen. Angesichts der Haushaltslage des Bundes darf es bei der Beratung des Bundeshaushalts 1966 keine Tabus geben. Grundlage der Haushaltsberatung müssen die Ansätze des Jahres 1965 sein.

    (Anhaltende Unruhe.)



Rede von Dr. Thomas Dehler
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Meine Damen und Herren, darf ich um etwas Ruhe bitten. Ich halte es nicht für gehörig, daß der Redner so gestört wird.

(Beifall rechts.)


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Freiherr Knut von Kühlmann-Stumm


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Meine Fraktion wird nur in außergewöhnlichen Fällen und nach besonderer Begründung durch die Bundesregierung bereit sein, Überschreitungen der Ansätze für 1965 zuzustimmen. Aber auch die Ansätze des Jahres 1965 müssen daraufhin überprüft werden, ob ihr Fortbestehen gerechtfertigt ist.
    Der Kontrollfunktion des Parlaments fällt bei der Verabschiedung des Bundeshaushalts 1966 eine besondere Aufgabe zu. Ein vorbildliches Haushaltsgebaren des Bundes wird mit Sicherheit seine Wirkung auf die Länder und Gemeinden ebensowenig verfehlen wie seine Wirkung auf die Tarifpartner. Wir erwarten, daß diejenigen, die jetzt eine neue und weit über den Produktivitätszuwachs hinausgehende Lohnwelle einleiten, im Interesse der Gesamtheit und vor allem im Interesse der Millionen kleinen Sparer ihre Forderungen noch einmal überprüfen.
    Die Bundesregierung sollte in Zukunft bei ausgabewirksamen Gesetzentwürfen, die im Haushalt nicht berücksichtigt sind, in jedem einzelnen Falle dem Parlament einen konkreten Deckungsvorschlag mit vorlegen.
    Niemand in diesem Hohen Hause verkennt, daß uns auch in dieser Legislaturperiode eine Fülle von Aufgaben auf dem Gebiet der Sozialpolitik und der wirtschafts- und gesellschaftspolitischen Strukturpolitik gestellt sind, die den Bundeshaushalt belasten werden. Das gleiche gilt für die nach wie vor vordringliche Kriegsfolgengesetzgebung. Sie müssen gelöst und zugleich die Grundsätze unserer Stabilitätspolitik gewahrt werden. Das setzt ein Schwerpunktprogramm der Bundesregierung über die ganze Legislaturperiode voraus.
    Die Bundestagsfraktion der FDP wird mit ausgewogenen Vorschlägen die Bundesregierung nachdrücklich unterstützen, wenn sie durch ein vorausschauendes, die kommenden vier Haushaltsjahre umfassendes Programm die von der Koalition als notwendig erkannten Vorhaben nach der Reihenfolge ihrer Dringlichkeit unter Wahrung der Stabilität der Währung verwirklicht.
    Ein unentbehrlicher Grundsatz unserer Stabilitätspolitik ist die Orientierung der Zuwachsrate des Bundeshaushalts an der Zuwachsrate des Sozialprodukts. Bestandteil des Programms der Bundesregierung für diese Legislaturperiode muß es auch sein, diese Zuwachsraten für den Durchschnitt der vier Jahre aneinander anzugleichen. Schon für das Jahr 1966 darf die Schere zwischen Haushaltszuwachs und Sozialproduktszuwachs nicht zu groß sein. Der Ausgleich des Haushalts um jeden Preis durch die Inkaufnahme von indirekten Ausweitungen und Nebenhaushalten ist ebenso gefährlich wie eine überproportionale Haushaltsausweitung. \\Schuldbuchforderungen als permanentes Mittel zur teilweisen Abdeckung der Forderungen der gesetzlichen Rentenversicherung an den Bundeshaushalt sind eine bedenkliche und auf die Dauer nicht zu verantwortende haushaltsrechtliche Manipulation. Darüber sollten sich Regierung und Bundestag unter allen Umständen einig werden.
    Die Haushaltsberatungen der Zukunft müssen wieder zur großen Stunde des Parlaments werden. Wer die Haushaltspolitik kritisieren will, mag das Wort in diesen Beratungen ergreifen. Unsere Beiträge zur Beschränkung des Bundeshaushalts 1966 werden zeigen, was von der Verketzerung des Parlaments hinsichtlich seiner Haushaltsverantwortung zu halten ist.
    Die Bundesregierung und der Deutsche Bundestag stehen in diesen Monaten am Scheideweg ihrer



    Freiherr von Kühlmann-Stumm
    Haushalts- und Währungspolitik. Sie haben sich zu entscheiden, ob sie am Grundsatz der Begrenzung der Zuwachsrate auf den Zuwachs des Sozialprodukts festhalten wollen oder ob sie diesen oft beschworenen Grundsatz aufgeben wollen.
    Gerade in der gegenwärtigen konjunkturpolitischen Lage muß es deshalb das Bestreben von Bundesregierung und Bundestag sein, das Haushaltsvolumen gegenüber den Anforderungen einzuschränken und nicht auszuweiten. Eine mögliche Form der Ausweitung sind auch Steuererhöhungen.
    Zu den wichtigsten Aufgaben der vor uns liegenden Legislaturperiode gehört die Bewältigung der Finanzreform. Die von der FDP gestellten Bundesfinanzminister haben diese Reform der Finanzverfassung eingeleitet und durch die Einsetzung einer Kommission vorangetrieben. Aufgabe der Finanzreform ist es, ohne Erhöhung der Steuern im Rahmen der verfügbaren Finanzen die Aufgaben und Steuerquellen neu zu verteilen. Die im Grundsatz festgelegte Finanzverfassung muß mit dem Ziel der Verbesserung und Anpassung überprüft werden. Die Finanzhoheit der Gemeinden muß gewahrt bleiben.
    Eine den Gegebenheiten unserer Zeit angepaßte Finanzverfassung muß uns in den Stand setzen, die großen Aufgaben zu lösen, die nur überregional und zum Teil nur im Zusammenwirken der verschiedenen Ebenen unseres staatlichen Aufbaues bewältigt werden können. Es wäre falsch, schon vor Erstattung des Gutachtens der Kommission die Politik der Regierung und des Parlaments auf bestimmte Teillösungen festzulegen. Nicht durch neue Institutionen, sondern durch eine sinnvolle Abgrenzung der Aufgaben der vorhandenen Institutionen müssen Schwierigkeiten überwunden werden.

    (Beifall bei der FDP.)

    Zusätzliche Institutionen bringen noch keine zusätzlichen Mittel, sondern bergen die Gefahr in sich, daß die Mittel aus dem progressiven Steueranstieg duck die Bildung von Sondervermögen einen Nebenhaushalt schaffen, dessen Auswirkungen sich in ihrer Gefährlichkeit in keiner Weise von einer Ausweitung des Haushaltsvolumens unterscheiden.

    (Beifall bei der FDP.)

    Eine andere Frage wäre es, ob bestimmte langfristige Aufgaben aus einem Sondervermögen finanziert werden, das aus den Erlösen weiterer Privatisierungsmaßnahmen gebildet wird. Aber auch einem solchen Sondervermögen darf kein Eigenleben außerhalb der parlamentarischen Kontrolle eingeräumt werden.
    Alles in allem sollte es unser Ziel sein, den dreigliedrigen Finanzaufbau unseres Staates nicht zu komplizieren, sondern durch eine klare Verteilung der Aufgaben und der Finanzmasse zu vereinfachen und übersichtlicher zu gestalten.

    (Beifall bei der FDP.)

    Die Bundesregierung hat mit Recht auf die angespannte Lage unseres Arbeitsmarktes hingewiesen. Sie hat auch dargelegt, daß der Heranziehung von ausländischen Arbeitskräften Grenzen gesetzt sind, wenn nicht weitere Kostensteigerungen und zusätzliche Belastungen unserer Zahlungsbilanz in Kauf genommen werden sollen. Die von den ausländischen Arbeitskräften jetzt aufgebrachten Beiträge für die gesetzliche Rentenversicherung ohne eine wesentliche Inanspruchnahme der Leistungen dieser Versicherungsträger verschleiern deren wirkliche Finanzlage. Hier wird ein Wechsel zu Lasten künftiger Generationen gezogen.

    (Beifall bei der FDP.)

    Meine Fraktion wiederholt noch einmal ihren dringenden Appell, alles zu tun, um die Arbeitswilligkeit in unserem eigenen Lande voll auszunutzen. Der Gesetzgeber kann hier z. B. in zweifacher Hinsicht tätig werden:
    Erstens, die Anrechnungsbestimmungen in der Kriegsfolgengesetzgebung müssen geändert werden. Der Arbeitswille darf nicht durch ungerechtfertigte Kürzungen beeinträchtigt werden. Die negative psychologische Auswirkung der jetzigen gesetzlichen Regelung sollte niemand übersehen. Sie behindert die Arbeitswilligkeit.
    Zweitens, die Bereitschaft unserer arbeitenden Menschen zu Mehrarbeit ist größer, als mancher wahr haben will.

    (Beifall bei der FDP.)

    Die Befreiung der freiwilligen Mehrarbeit von der Lohnsteuer ist angesichts der Arbeitsmarktlage ein Gebot der Stunde, meine Damen und Herren!

    (Beifall bei der FDP.)

    Wer im übrigen in unserem Lande von Arbeitszeitverkürzungen spricht, hat die Zeichen der Zeit nicht erkannt. Er täuscht die Menschen in unserem Lande um den Preis eines scheinbaren und kurzfristigen Vorteils über unsere tatsächliche Situation hinweg.
    Es besteht ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Verschlechterung der deutschen Zahlungsbilanzsituation und der Knappheit an Arbeitskräften in der Bundesrepublik. Die Industrie sieht sich nicht in der Lage, der Übernachfrage im Inland Herr zu werden. Auf diese Weise steigt der Import stärker als der Export. Kosten und Preisentwicklung bleiben davon nicht unbeeinflußt. Die Zahlungsbilanz, die 1964 noch einen Überschuß von etwa 1 Milliarde DM aufwies, wird nach Berechnungen der Bundesbank im Jahre 1965 vermutlich ein Defizit von rund 7 Milliarden DM ausweisen, obwohl sich die Ausfuhr bei einer siebenprozentigen Steigerung gegenüber dem zweiten Quartal des Vorjahres im dritten wieder auf einen Steigerungssatz von 12 % gegenüber der entsprechenden Vorjahrsperiode erhöhte. Wesentlich stärker, nämlich um 22 %, ist jedoch die Einfuhr gestiegen. Diese Tatsachen unterstreichen die Berechtigung der in der Regierungserklärung zum Ausdruck kommenden Sorge um die Arbeitszeitentwicklung.
    Im übrigen sollten auch die 25 000 öffentlichen Hände einen wesentlichen Beitrag dazu leisten, daß der Nachfrageüberhang nicht noch verstärkt wird.



    Freiherr von Kühlmann-Stumm
    Konjunkturelle wie haushaltspolitische Überlegungen sprechen für eine solche Selbstbescheidung.
    Wer über das Defizit des Bundeshaushalts spricht, darf nicht übersehen, daß es sich in Wahrheit zu einem wesentlichen Teil um die Abdeckung des Defizits der Deutschen Bundesbahn handelt.

    (Abg. Dr. Barzel: Sehr wahr!)

    Die Bundesbahn ist derzeit in einer sehr schwierigen Lage. Das Defizit und die damit verbundene Belastung des Haushalts bilden einen ständigen Unsicherheitsfaktor. Tariferhöhungen mögen aus Haushaltsgründen notwendig sein, sie lösen das Problem selbst nicht. Auch bei der Sanierung der Bundesbahn darf es keine Tabus geben. Im übrigen ist die Beseitigung des Bundesbahndefizits durch eine volle Sanierung nicht nur eine Frage der Haushaltspolitik und der Verkehrspolitik. Hier hat sich auch die Fürsorgepflicht der öffentlichen Hand gegenüber den Beamten und Arbeitern der Bundesbahn zu bewähren. Es ist für die Bediensteten der Bundesbahn auf die Dauer unzumutbar, direkt oder indirekt für das Defizit der Bundesbahn verantwortlich gemacht zu werden.

    (Beifall bei der FDP.)

    Aus unserem Bekenntnis zur Marktwirtschaft heraus und aus Ablehnung von Machtkonzentrationen, gleichviel wo sie entstehen, lehnen wir einen weiteren Ausbau der gewerkschaftlichen Mitbestimmung ab. Wir begrüßen es, daß der Herr Bundeskanzler sich für die Bundesregierung so eindeutig gegenüber solchen Bestrebungen distanziert hat. Die Ausdehnung der gewerkschaftlichen Mitbestimmung ist in Wahrheit nichts anderes als eine neue Form der Sozialisierung. Herr Kollege Schiller hat das mit dankenswerter Klarheit ausgesprochen, als er sagte:
    Während danach der frühere Sozialismus nach Marx diese Trennung von Eigentum an den Produktionsmitteln und Faktor Arbeit als durch die Vergesellschaftung aufgehoben ansah, sollen nunmehr Eigentum an und Arbeit mit den Produktionsmitteln dadurch einander wieder näher gebracht werden, daß das Mitbestimmungsrecht eingeführt wird. Insofern erweist sich
    — und hier zitiere ich weiter wörtlich den Kollegen Schiller —
    die Forderung nach innerbetrieblicher Mitbestimmung als ein Ersatz für die Sozialisierung.

    (Hört! Hört! bei der FDP.)

    1964 ist in Stuttgart ein Buch mit dem Titel Der
    Ökonom und die Gesellschaft herausgekommen.

    (Abg. Wehner: Ganz geheim erschienen! „Protokolle der Weisen von Zion" ! Da hat der Schiller gesagt, was er eigentlich will!)

    — Ich habe ein bißchen Ahnung von diesen Dingen, Herr Kollege Wehner.

    (Abg. Wehner: Von der Geldseite her!)

    — Nein, nicht von der Geldseite her, sondern von
    der Seite der Zusammenarbeit mit den Arbeitnehmern her. Wir haben in dieser Frage eigentlich keine ischlechten Erfahrungen gemacht. Aber was zu bemerken wäre, ist die Tatsache, daß der Arbeitsdirektor nach den augenblicklichen Bestimmungen nicht aus den Betrieben kommen darf, sondern von außen hinein gewählt werden muß. Der zweite Nachteil ist der, daß nur ein begrenzter Teil der von der Arbeitnehmerseite gestellten Mitglieder der Kontrollorgane aus dem Werk selbst kommt. Drittens darf ich Sie darauf hinweisen, daß auf den sogenannten neutralen elften, fünfzehnten oder einundzwanzigsten Mann — je nachdem, wie stark diese Kontrollorgane sind — bei Kampfabstimmungen unter Umständen eine Verantwortung zukommt, die sehr schwer zu tragen ist. Es ist die Frage, ob man durch ein solches Gesetz einer einzelnen Person, die schon außerordentlich schwer als Neutraler auszuweisen ist, überhaupt diese Verantwortung aufbürden kann.

    (Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU/CSU.)

    Ich glaube, das sind die Kriterien, die man hier mit aller Deutlichkeit ansprechen muß. Im übrigen ist auch die Mitbestimmungsfrage eine Persönlichkeitsfrage. Wo die Personen bereit sind, zu kooperieren und konstruktiv zusammenzuarbeiten, da geht es, und sonst geht es nicht.
    Der Deutsche Bundestag hat durch die Bildung eines Ausschusses für Wissenschaft und Publizistik einen wesentlichen Beitrag zur Zusammenfassung der bildungspolitischen Kompetenzen für seine Arbeit getan. Die Bundesregierung sollte diesem Beispiel folgen und alle in Frage kommenden Kompetenzen dem Bundesministerium für wissenschaftliche Forschung übertragen.

    (Beifall bei der FDP.)

    Die Zusammenfassung der Bundeszuständigkeiten auf diesem Gebiet ist die Vorbedingung für eine aktive Wissenschaftspolitik des Bundes. Darüber hinaus muß der Bund seine Bereitschaft zur Initiative auf dem Gebiet der Wissenschaft, Forschung und Bildung auch durch die Anerkennung einer Priorität für diese Gebiete im Rahmen des Sparhaushalts unterstreichen.
    Es sollte auch unser Ziel sein, durch eine Modernisierung des Stiftungsrechts und durch die Gewährung zusätzlicher steuerlicher Anreize die private Initiative auf dem Gebiet der Wissenschafts- und Bildungsförderung mehr als bisher anzuregen. Trotz aller Widerstände bei den Ländern und auch in diesem Hohen Hause wird sich meine Fraktion um ein Mehr an Zuständigkeiten des Bundes auf dem Gebiet der Bildungs- und Wissenschaftspolitik bemühen.

    (Beifall bei der FDP.)

    Wir begrüßen das Bemühen der Bundesregierung, die Reform unseres Strafrechts zu vollenden. Wir wollen aber keinen Zweifel darüber lassen, daß wir für dieses große gesetzgeberische Werk die gesamte Legislaturperiode brauchen werden. Aus diesem Grunde müssen wir besonders vordringliche strafrechtliche Teilgebiete vorab regeln. Ich denke



    Freiherr von Kühlmann-Stumm
    dabei vor allem an das politische Strafrecht. FDP-Politiker auf Bundes- und Landesebene bemühen sich seit Jahren um eine Abgrenzung von Pressefreiheit und Staatsschutz. Nachdem die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs anerkannt hat, daß beim sogenannten publizistischen Landesverrat an den Nachweis der inneren Tatseite in der Regel höhere Anforderungen zu stellen sind als bei Spionen und Agenten, ist es jetzt Aufgabe des Gesetzgebers, durch einen gesonderten Tatbestand für den sogenanten publizistischen Landesverrat das Spannungsverhältnis von Schutz und Pressefreiheit verfassungskonform auch im strafrechtlichen Bereich zu lösen.

    (Beifall bei der FDP.)

    Die Bestrebungen des strafrechtlichen Staatsschutzrechts insgesamt bedürfen der Überprüfung und der Reform. Insbesondere sollte die Bundesrepublik dem Beispiel fast aller demokratischen Länder der Welt folgen und den Verfolgungszwang in politischen Strafsachen lockern. Die besondere Lage im zweigeteilten Deutschland gibt dazu eine besondere Veranlassung.
    In der Innenpolitik gewinnt die Gesundheitspolitik, insbesondere die gesundheitliche Vorsorge gegen die Gefahren der modernen Umwelt, immer mehr an Gewicht. Wir begrüßen es, daß der Herr Bundeskanzler in der Frage der Kompetenzen des Bundes initiativ werden will. Keiner versteht es, und man wird es in der Zukunft noch weniger verstehen, wenn wichtige Anliegen der Gesundheit, die notwendigerweise einheitlich geregelt werden müssen, an mangelnder Zuständigkeit des Bundes scheitern sollen.

    (Abg. Dr. Barzel: Sehr wahr!)

    Wir sehen natürlich auch die Schwierigkeiten einer Lösung. Das darf uns aber nicht davon abhalten, gerade bei den beschränkten Möglichkeiten den gegebenen Zuständigkeitsrahmen energisch auszufüllen und jede Koordinierungsmöglichkeit mit den Ländern ebenso wie mit den anderen Ressorts zu nutzen. Das Beispiel der bedauerlicherweise erst jetzt zu erwartenden Novellierung der Bundespflegesatzverordnung, nach der den finanziell notleidenden Krankenhäusern kostendeckende Pflegesätze verschafft werden sollen, gibt uns in diesem Punkte zu denken.
    Mehr als anderswo bedarf es in der Gesundheitspolitik des Schutzes des persönlichen Bereiches. Es ist eine Illusion, zu glauben, je höher der Aufwand in der individuellen Gesundheitsbetreuung, desto mehr käme man dem Ideal der Gesundheit näher. Es gibt keine staatliche Garantie der Gesundheit. Unsere Aufgabe ist es vielmehr, den notwendigen Gesundheitswillen des einzelnen nicht durch staatliche Maßnahmen zu gefährden, sondern ihn zu stärken.

    (Beifall bei der FDP.)

    Das gilt für die Neuregelung der Krankenversicherung ebenso wie für eine intensive Gesundheitserziehung und -aufklärung, wobei besonders auf die Förderung der körperlichen Ertüchtigung Wert gelegt werden sollte.
    Wir haben mit großem Interesse von den Vorstellungen gehört, die die Bundesregierung zur Energiepolitik hegt.

    (Abg. Wehner: Hört! Hört!)

    Wir möchten unserer Sorge Ausdruck geben, daß die bisherige Methode, Energiepolitik mittels einzelner Maßnahmen zu betreiben, nicht mehr ausreicht. Wir halten eine Koordinierung sämtlicher Energieträger für erforderlich, wobei unter dem Gesichtspunkt eines bestbedienten Marktes für Verbraucher und Wirtschaft eine allgemeine Wettbewerbssituation herzustellen ist, die sowohl unserer Versorgungssicherheit wie unserer Devisenlage Rechnung trägt. Bei diesen Überlegungen muß voraussetzungslos geprüft werden, inwieweit die Gesetze des Marktes für den Energiesektor ausreichen. Die danach zu treffenden Maßnahmen sollten so ausgerichtet werden, daß sie eine Stabilisierung der gesamten Energieversorgung auf lange Zeit herbeiführen. Dabei sollte insbesondere auf die Verhältnisse bei den übrigen Staaten der EWG und auf die Heranbildung einer gemeinsamen europäischen Energiepolitik rechtzeitig Rücksicht genommen werden.
    Es entspricht der Auffassung der FDP, wenn der Herr Bundeskanzler zur Agrarpolitik betont, daß die Landwirte angesichts der besonderen und erschwerten Bedingungen im Gemeinsamen Markt für die Erzeugung und den Absatz ihrer Produktion auch in Zukunft der Unterstützung des Bundes bedürfen. Investitionshilfen für die Rationalisierung und Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur sind von entscheidender Bedeutung. Insbesondere bedarf es klarer Leitlinien für die künftige Agrarpolitik der EWG, damit der deutsche Bauer erkennt, wie der Weg nach Europa weitergehen soll und wie er sich auf diese Entwicklung einstellen kann. Es besteht kein Zweifel, daß der deutschen Landwirtschaft die Chance einer Aufwärtsentwicklung gegeben werden muß. Klarheit sollte auch darüber bestehen, daß in der EWG neue Opfer — ich erinnere an den gemeinsamen Getreidepreis — entgegen unseren eigenen Belangen nicht mehr erbracht werden sollten.

    (Beifall bei der FDP.)

    Die Landwirtschaft darf bei der Herstellung des Gemeinsamen Marktes keine weiteren Einkommensminderungen erfahren. Jede Maßnahme innerhalb der Gemeinschaft, die zu direkten Einkommensverlusten führt, muß mit einem entsprechenden Einkommensausgleich gekoppelt sein.
    Wir Freien Demokraten erkennen die Römischen Verträge als Realität an, obwohl wir bei deren Abschluß im Jahre 1957 unsere Bedenken in diesem Hohen Hause mit aller Deutlichkeit zum Ausdruck gebracht haben. Etwaige Veränderungen oder zusätzliche Vereinbarungen müssen unter den Partnern nach den Bestimmungen des Vertrags vereinbart werden, wobei es nicht nur Bedingungen von einer Seite geben darf.

    (Beifall bei der FDP.)

    Im Rahmen der EWG setzt sich die FDP für eine angemessene eigene Agrarproduktion in der Bundesrepublik durch bäuerliche Familienbetriebe zu kostendeckenden Preisen unter Berücksichtigung der



    Freiherr von Kühlmann-Stumm
    Sicherung der Ernährung ein. Ich darf Ihnen sagen, daß von einer solchen Politik auch die Verbraucher letzten Endes einen Vorteil haben würden, denn weder die Bauern noch die Verbraucher haben irgendein Interesse an den Preisschwankungen, die wir augenblicklich erleben. Bauer und Verbraucher wäre vielmehr damit gedient, wenn eine möglichst gleichmäßige Preisentwicklung durch das ganze Jahr gewährleistet würde.
    Auf der anderen Seite darf ich Ihnen sagen, daß es auch nicht angeht, daß die Vorratswirtschaft in einem Lande so geregelt ist, daß schon eine einzige schlechte Ernte das Preisgefüge in Unordnung bringen kann.
    Um diese Sicherung der Ernährung zu erreichen, müssen nationale Produktionsziele für die einzelnen Partnerländer oder andere Instrumente entwickelt und festgelegt werden.
    Bevor es zu endgültigen Zahlungsverpflichtungen nach Art. 7 der Verordnung 25 an den EWG- Agrarfonds kommt, müssen folgende Bedingungen erfüllt sein: erstens eine gleichzeitige und gleichgewichtige Entwicklung der EWG auf allen Gebieten, insbesondere aber der Kennedy-Runde, der Wirtschaftsunion und der Steuerharmonisierung; zweitens die Festlegung einer gerechten Lastenbeteiligung unter Berücksichtigung auch deutscher Agrarexportinteressen und bei Beachtung des Gemeinschaftsinteresses bei allen Zahlungen aus dem Agrarfonds; drittens müssen die Marktordnungen für Milch und Zucker schleunigst verabschiedet werden.
    Im Zasammenhang mit der Europapolitik möchte ich auch an die Notwendigkeit erinnern, eine parlamentarischen Kontrolle der Zahlungen an die EWG in Europa oder in den Parlamenten der Mitgliedstaaten sicherzustellen.
    Der deutsche Bauer hat in den letzten Jahren Ungeheures geleistet. Er verdoppelte seine Flächenproduktion und stellte weit über eine Million Menschen der übrigen Wirtschaft zur Verfügung. Die Bundesregierung sollte in den nächsten vier Jahren die Voraussetzung schaffen, daß die deutsche Landwirtschaft den Wettbewerb innerhalb der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft mit Erfolg bestehen kann. Das im Ende der vierten Legislaturperiode verabschiedete EWG-Anpassungsgesetz leitet eine Entwicklung ein, die in der vor uns liegenden Legislaturperiode konsequent fortgesetzt werden sollte.
    Der Herr Bundeskanzler hat in der Regierungserklärung die verschiedenen Probleme der Entwicklungshilfe angesprochen. Es ist sicherlich nicht ganz leicht, in der breiten Öffentlichkeit Verständnis für die Notwendigkeit und die Bedeutung der Entwicklungshilfe zu erlangen. Entspricht diese Tatsache aber nicht auch dem Wesen dieses wichtigen Teils unserer Politik, der nicht auf schnelle und überschaubare Erfolge, sondern auf langfristige Wirkungen angelegt ist? In der Entwicklungshilfe muß mit größeren Zeiträumen gerechnet werden, bevor über Erfolg und Mißerfolg geurteilt werden kann.
    Eine richtig verstandene Entwicklungspolitik dient dem wirtschaftlichen und sozialen Aufbau der Empfängerländer; sie liegt auch in unserem eigenen wohlverstandenen Interesse. Eine falsche Entwicklungspolitik würde in ihren Rückwirkungen auf die Bundesrepublik Deutschland schon in absehbarer Zeit sichtbar werden. Ein verantwortlicher Politiker kann nicht genug auf diese Folgen hinweisen. Diese Erkenntnis fordert aber von uns, daß wir uns unserer Verantwortung als Industrienation der freien Welt bewußt sind und daß wir einen unserem Leistungsvermögen entsprechenden Beitrag erbringen.
    Der Herr Bundeskanzler hat insbesondere auf die außenpolitischen Aspekte der Entwicklungshilfe hingewiesen. Wir sollten von der Entwicklungshilfe kein Allheilmittel gegen politische Spannungen in den wirtschaftlich unterentwickelten Teilen der Welt erwarten. Andererseits möchte ich in Übereinstimmung mit den Ausführungen des Herrn Bundeskanzlers die Wichtigkeit der Entwicklungshilfe als Instrument der Außenpolitik unterstreichen. Es geht hier nicht darum, unsere Hilfsmaßnahmen an politische Bedingungen zu knüpfen, sondern im Geiste wirklicher Zusammenarbeit die beiderseitigen Interessen zu respektieren.
    Die Lage unseres geteilten Vaterlandes ist in den letzten Jahren nicht einfacher geworden. Nicht nur im Osten, sondern auch im Westen läßt, wie der Herr Bundeskanzler in der Regierungserklärung feststellte, der innere Zusammenhalt des Bündnisses nach. Die Meinungsverschiedenheiten im westlichen Lager über die Zukunft der NATO, über das weitere Schicksal der EWG und schließlich über den Platz, den Deutschland in der Welt von morgen einnehmen soll, bleiben nicht ohne Auswirkungen auf die deutsche Frage. Die Großmächte in Ost und West bemühen sich um eine Lockerung des zwischen ihnen bestehenden Spannungsverhältnisses. Mannigfaltige Kontakte zwischen Politikern aus beiden Lagern, Staatsbesuche hinüber und herüber zeugen von dem Suchen nach einer gemeinsamen Plattform für eine Politik der Entspannung.
    Diese von uns im Interesse der Erhaltung des Friedens begrüßte Entwicklung des Ost-West-Verhältnisses hat bisher noch keine Auswirkungen auf die Deutschlandpolitik der Sowjetunion gehabt. Ein Beweis dafür ist die neuerliche Verhärtung der sowjetischen Haltung gegenüber Bonn in der Frage der deutschen Wiedervereinigung. Dennoch sind wir überzeugt, daß eine fortschreitende Entspannung auf die Dauer nicht an der deutschen Frage vorbeigehen kann. Es werden sich neue Ansatzpunkte für eine schrittweise Überwindung der deutschen Spaltung ergeben. Eine wesentliche Voraussetzung dafür ist die Entschlossenheit der Bundesrepublik, im Rahmen der ihr gegebenen Möglichkeiten auch in Zukunft und in noch verstärktem Maße Beiträge zu einer Entspannungspolitik in Europa zu leisten.
    Das gilt für alle Bereiche der Deutschland-, der Ost- und der Sicherheitspolitik. Ausgangspunkt einer solchen Entspannungspolitik ist die Auffassung der Bundesregierung, daß die Fragen der deut-



    Freiherr von Kühlmann-Stumm
    schen Wiedervereinigung in einem unmittelbaren Zusammenhang mit den Problemen der europäischen Sicherheit und der kontrollierten Abrüstung stehen. Niemand in der Welt sollte sich der Illusion hingeben, daß ohne Gewährung des Selbstbestimmungsrechts für das ganze deutsche Volk eine dauerhafte Friedensordnung in Mitteleuropa möglich ist.

    (Beifall bei der FDP.)

    Das allen Regierungen der Welt deutlich zu machen, ist die wichtigste Aufgabe deutscher Außenpolitik.
    Die Vereinigten Staaten, Frankreich, Großbritannien und Italien bemühen sich um einen Brückenschlag nach Osteuropa. Wir wollen unsere Beziehungen zu den Ländern Osteuropas verbessern und dabei unseren Willen zur Aussöhnung mit diesen Völkern unterstreichen, die im letzten Weltkrieg in besonderem Maße zu leiden hatten. Wir wissen, daß die Verständigung mit den Staaten Osteuropas ein wesentlicher Teil deutscher Wiedervereinigungspolitik sein muß.

    (Beifall bei der FDP.)

    Wir begrüßen daher die Bereitschaft der Bundesregierung, die Beziehungen zu diesen Ländern weiterzuentwickeln, den Handel zu fördern, die kulturellen Kontakte zu verstärken und gegenseitiges Verständnis zu wecken. Die von der Koalitionsregierung aus CDU/CSU und FDP seit 1962 eingeleitete Ostpolitik, die schon zur Errichtung von Handelsmissionen in einigen osteuropäischen Staaten geführt hat, muß verstärkt fortgeführt werden.

    (Beifall bei der FDP.)

    Wir müssen uns durch die Verdichtung unserer Beziehungen mit dem Endziel der Aufnahme diplomatischer Beziehungen das Instrument schaffen, das wir für eine aktive Wiedervereinigungspolitik in diesem Bereich Europas brauchen. Besondere Bedeutung kommt daneben einer Verstärkung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit mit diesen Ländern zu. Der Erwerb westlicher Produktionslizenzen durch diese Länder, die Aufnahme neuer oder ergänzender Produktionen in Zusammenarbeit mit westlichen Unternehmen, sowohl als Zulieferbetriebe wir zur Befriedigung des Eigenbedarfs und schließlich die Zusammenarbeit bei der Belieferung dritter Länder können zu einer Vielfalt der wirtschaftlichen Verbindung führen, die nicht ohne Auswirkung auch auf das politische Klima zwischen den beteiligten Ländern bleiben wird. Wir halten eine solche Politik der wirtschaftlichen Kooperation für ein wesentliches Element deutscher Entspannungspolitik nach Osten. Aus diesem Grunde begrüßen wir es dankbar, daß der Herr Bundeskanzler sich in der Regierungserklärung ganz allgemein auch für ein hohes Maß an Koordinierung der Osthandelspolitik der westlichen Länder eingesetzt hat und zugleich eine Überprüfung der Kreditpolitik gegenüber Osteuropa fordert. Die Bundesrepublik Deutschland wird ihre Osthandelspolitik um so wirksamer gestalten können, je mehr sie bereit ist, sich bei der Gewährung langfristiger Kredite mit den anderen westlichen Ländern zu koordinieren.

    (Beifall bei der FDP.)

    Von entscheidender Bedeutung für die Entwicklung der Deutschen Frage sind naturgemäß unsere Beziehungen zur Sowjetunion. Man kann nur mit Bedauern feststellen, daß sich das deutsch-sowjetische Verhältnis in den letzten Jahren nicht verbessert hat. Die Auffassungen über die Deutschlandpolitik stehen sich unverändert schroff gegenüber. Die offiziellen Kontakte zwischen der Bundesrepublik und der Sowjetunion waren in dem ersten Jahrzehnt diplomatischer Nachkriegsbeziehungen bemerkenswert spärlich. Zur Zeit gefällt sich die Sowjetregierung darin, einen Feldzug massiver Anschuldigungen gegen die Bundesrepublik zu führen. Sie setzt sich damit in Gegensatz zu ihrer Politik gegenüber anderen westlichen Ländern und zu der Politik der Entspannung, um die sich die Bundesrepublik auch nach Osten hin immer bemüht.
    Aber auch diese derzeitige Haltung der offiziellen sowjetischen Politik entbindet uns nicht von der Verpflichtung, immer wieder für eine Versachlichung der Auseinandersetzungen und Meinungsverschiedenheiten einzutreten. Beide Seiten sollten sich darum bemühen, durch vermehrte Kontakte ein Gesprächsklima zu schaffen, das bessere Voraussetzungen für die Erörterung der gemeinsam interessierenden Probleme schafft. Eine solche Entwicklung sollte auch im wohlverstandenen Interesse einer weitsichtigen Außenpolitik der Sowjetunion liegen. Der Ausbau der Beziehungen der Bundesrepublik zur Sowjetunion und zu den osteuropäischen Staaten muß die Voraussetzungen für eine Gesamtlösung der Deutschen Frage schaffen. Daraus ergibt sich die Dringlichkeit dieser Aufgabe.
    Ungleich komplizierter als das Verhältnis zwischen der Bundesrepublik und Osteuropa ist die Lage im geteilten Deutschland. Die nun schon 20 Jahre andauernde Spaltung unseres Vaterlandes und die Gefahr, daß sie noch längere Zeit andauern könnte, wirft Probleme auf, die zu größter Sorge Anlaß geben. Niemand sollte sich der Illusion hingeben, daß die Lösung der Deutschen Frage eine Aufgabe künftiger Generationen sei, denen sie einmal als Geschenk in den Schoß fallen werde. Der Zeitablauf begünstigt nicht die Lösung, er erschwert sie. Die Zeit hat nicht für uns gearbeitet.

    (Beifall bei der FDP.)

    Das beweist die bisherige Entwicklung mit aller Deutlichkeit.
    Der Herr Bundeskanzler hat darauf hingewiesen, daß zwei Drittel der jetzt lebenden deutschen Menschen 1933 Kinder oder noch nicht geboren waren. Im Zusammenhang mit der Bemerkung des Bundeskanzlers, daß die Nachkriegszeit zu Ende sei, können wir diesen Hinweis nur so verstehen, daß zwei Drittel unseres Volkes schon von ihrem Lebensalter her für die Gewaltpolitik Hitlers nicht verantwortlich gemacht werden können.

    (Beifall rechts.)

    Das sollten auch diejenigen erkennen, die im Osten, zuweilen aber auch im Westen, die Teilung unseres Landes als Sühne für eine vergangene Zeit darstellen wollen.

    (Erneuter Beifall bei der FDP.)




    Freiherr von Kühlmann-Stumm
    Für das geteilte deutsche Vaterland freilich, meine Damen und Herren, ist, das möchte ich hier mit aller Klarheit feststellen, die Nachkriegszeit leider noch nicht zu Ende. Für uns Deutsche beginnt die Zeit normaler Entwicklung unseres Schicksals erst dann, wenn allen Deutschen das Selbstbestimmungsrecht gewährt worden ist. In der Zeit bis dahin müssen wir immer aufs neue den ernsthaften Versuch unternehmen, die Begegnung der Menschen in unserem Lande mehr und mehr zu verstärken. Das dabei immer wieder offenbar werdende Gefühl des Zusammengehörens des ganzen deutschen Volkes ist neben der humanitären Seite — auch eine wichtige politische Demonstration. Das Ausland muß erkennen, daß sich dieses Volk niemals mit seiner Teilung abfinden wird.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Für die Politik, für die Regierung unseres Landes besteht die Verpflichtung, die deutsche Frage immer wieder auf den Verhandlungstisch zu legen. Die Bereitschaft von Ost und West, die Entspannung zu fördern, muß für die Lösung unseres nationalen Problems genutzt werden.
    Die Bundesregierung hat mit dem Deutschland-Memorandum vom 9. August 1963 eine beachtliche Initiative entfaltet, die noch heute eine brauchbare Diskussionsgrundlage darstellt. Sie hat in diesem Memorandum die untrennbare Verknüpfung von deutscher Wiedervereinigung, europäischer Sicherheit und kontrollierter Abrüstung dargelegt. Sie hat in diesem Memorandum zugleich die Einrichtung gesamtdeutscher technischer Kommissionen unter der Verantwortung der Vier Mächte vorgeschlagen. Ich darf Sie daran erinnern, daß über Deutschland zuletzt im Jahre 1959 in Genf verhandelt wurde,

    (Abg. Dr. Barzel: Sehr wahr!)

    als der damalige Außenminister der Vereinigten Staaten, Herter, schon diese Frage der gesamtdeutschen technischen Kommissionen auf den Tisch des Hauses legte. Ich darf Sie daran erinnern, daß schon damals der seinerzeitige Außenminister der sowjetisch besetzten Zone, Bolz, am Konferenztisch saß, wodurch sich keinerlei Aufwertung und keinerlei Besserstellung der Zone ergeben hat. 1959 ist das alles geschehen. Ich glaube, es ist hohe Zeit, daß sich die vier verantwortlichen Siegermächte wieder über Deutschland an einen Tisch setzen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Diese gesamtdeutschen technischen Kommissionen sollten nicht losgelöst, sondern als Stufe in einem Wiedervereinigungsvorgang betrachtet werden, sollten Fragen der innerdeutschen Kontakte, des Handels, der Kultur, des Verkehrs und des Sports erörtern. Am Ende dieses Wiedervereinigungsvorgangs muß der Abschluß eines Friedensvertrages stehen, der die Regelung aller die deutsche Frage betreffenden Meinungsverschiedenheiten beinhaltet.
    Meine Damen und Herren, es ist unzweifelhaft, daß eine aktive Deutschlandpolitik — und dazu gehören auch verstärkte Kontakte innerhalb Deutschlands, wie sie z. B. mit der Bildung gesamtdeutscher technischer Kommissionen vorgesehen sind — auch die Bereitschaft zum Risiko voraussetzt. Wer dieses
    Risiko fürchtet, sollte wissen, das er dann bereit ist, ein noch viel größeres Risiko einzugehen. Das gefährlichste und risikoreichste Experiment ist das geteilte Deutschland in einem geteilten Europa.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Der französische Staatspräsident de Gaulle — und hier stimmt er mit unseren angelsächsischen Verbündeten überein — hat sich auf seiner Pressekonferenz am 25. März 1959 für eine Verdichtung der Beziehungen auch innerhalb Deutschlands ausgesprochen. De Gaulle sagte damals:
    Bis zur Erreichung
    — er meint hier: der Wiedervereinigung —
    glauben wir, daß die beiden getrennten Teile des deutschen Volkes ihre Bindungen und Beziehungen auf allen praktischen Gebieten vervielfältigen sollten. Das Verkehrswesen, die Post, die wirtschaftliche Tätigkeit, die Künste, die Wissenschaft, die Literatur, der Personenverkehr sollten den Gegenstand spezieller Vorkehrungen bilden, welche die Deutschen im Inneren einander annähern würden zum Vorteil dessen, was ich die deutsche Sache nennen möchte und die den Deutschen trotz allem gemeinsam ist, ungeachtet der Differenzen des Regimes und der Bedingungen.
    Eine wesentliche Aufgabe ist uns auch in der Europapolitik gestellt. Am Horizont der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft ist noch immer kein Silberstreifen zu erblicken. Die Ansichten Frankreichs auf der einen und die der fünf übrigen Mitglieder der EWG auf der anderen Seite gehen hinsichtlich des weiteren Fortgangs der europäischen Einigung weit auseinander. Das Jahr 1965 hat in der Europapolitik bittere Rückschläge gebracht. Die Fortentwicklung der EWG ist in Frage gestellt. Die Politik des leeren Stuhls, die Frankreich seit dem vergangenen Sommer praktiziert, ist nur der äußere Ausdruck dieser reichlich verfahrenen Lage. Aber auch diese bitteren Erkenntnisse dürfen uns nicht zur Resignation führen. Im Gegenteil; vieleicht ist die Kenntnis der bisherigen Europapolitik die Geburtsstunde einer neuen Politik des Brückenschlags zu den Ländern der kleinen Freihandelszone.
    An der Haltung des französichen Staatspräsidenten im gegenwärtigen Zeitpunkt darf die historische Aufgabe unserer Generation, die Völker Europas für immer aneinander zu binden, nicht scheitern.

    (Beifall bei der FDP.)

    Diese feste Dauerbindung muß — und das ist die große Bedeutung der europäischen Zusammenarbeit — für die Erhaltung des Friedens ernsthafte politische Konflikte für alle Zukunft unmöglich machen. Die deutsch-französische Aussöhnung ist dafür eine unentbehrliche Voraussetzung. Unsere ganze Aufmerksamkeit muß deshalb der Verbesserung unseres Verhältnisses zu Frankreich gewidmet sein. Der Grad des Vertrauens und der Freundschaft zwischen Frakreich und Deutschland bestimmt zugleich die Möglichkeiten gesamteuropäischer Politik. Niemand kann zur Stunde ein fertiges Konzept für die Überwindung der europäischen Schwierigkeiten vorle-



    Freiherr von Kühlmann-Stumm
    gen. Es kommt auch weniger darauf an, detaillierte Europapläne zu entwerfen, als sich über die Grundrichtung künftiger europäischer Politik zu verständigen.
    Wir unterstützen die Bundesregierung mit allem Nachdruck in ihrem Bemühen, die europäische Einigung nicht auf die EWG-Staaten zu beschränken, sondern wie wir ein Europa der Freien und Gleichen anzustreben. Aus diesem Grunde sollten wir der Empfehlung der Versammlung der Westeuropäischen Union folgen, nach der eine Zusammenkunft der Regierungen der Mitgliedstaaten der WEU über die engere Zusammenarbeit zwischen EWG und EFTA beraten únd ständige Kommissare ernannt und ausgetauscht werden sollen. Diese sollten die Tätigkeit der beiden Wirtschaftsgruppen fördern und aufeinander abstimmen.
    Neben der Politik des Brückenschlags muß der Versuch gemacht werden, das in der wirtschaftlichen Zusammenarbeit im Sechser- Europa Erreichte zu wahren. Die Gemeinschaften sollten in ihrer bisherigen Konstruktion nur insoweit eine Änderung erfahren, als damit der Brückenschlag zur EFTA erleichtert werden kann.
    Meine Fraktion begrüßt mit Nachdruck die Ergebnisse des Besuches von Außenminister Schröder in London. Das ständige Gespräch auch mit unseren Partnern in England wird sich nicht nur vorteilhaft für die europäische Frage auswirken; es muß auch der Vertiefung unserer Bemühungen um eine einheitliche Deutschlandpolitik der Westmächte dienen. Wir sind ganz allgemein — das gilt auch für das Verhältnis zu Frankreich — der Auffassung, daß es nicht auf diese oder jene Form der europäischen Zusammenarbeit im letzten ankommt; entscheidend ist der Geist, mit dem die Lösung der europäischen Probleme angegangen wird; entscheidend sind die Erfolge der Zusammenarbeit, die erreicht werden können.
    Ähnliches gilt, wenn vielleicht auch in anderer Weise, für die Zukunft der Nordatlantischen Verteidigungsgemeinschaft. Die Auseinandersetzungen über die Konstruktion des Bündnisses sind verhältnismäßig alt. Sie begannen schon im Jahre 1958. Seit diesem Zeitpunkt ist auch die Haltung der französischen Regierung zur Frage der Integration der Allianz praktisch unverändert. Die Vorstellungen des Generals de Gaulle über Frankreichs politische und militärische Rolle in der westlichen Welt lassen sich seitdem immer weniger mit denen seiner Bundesgenossen in Übereinstimmung bringen. Die für die Sicherheit des freien Deutschlands so wichtige NATO wird immer mehr zu einem Bündnis, in dem Frankreich abseits steht. Die NATO wird mindestens zu einer Allianz alter Art, die lediglich in Kriegszeiten wirksam wird und im Frieden weder politische noch militärische Gemeinsamkeiten kennt.
    Natürlich hat es keinen Sinn, den Zeiten nachzutrauern, da dem kommunistischen Block eine nahezu geschlossene Front westlicher Staaten gegenüberstand. Vermutlich wird der Westen in der Ära der Koexistenz und der Entspannung diesen Grad von Geschlossenheit nicht mehr erreichen. Dennoch ist die Erhaltung der Allianz, wenn vielleicht auch in
    einer neuen, den Umständen angepaßten Form, für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland unerläßlich. Dabei wird grundsätzlich von dem Prinzip der Integration nicht abgegangen werden können, weil es den militärischen und politischen Erfordernissen einer modernen Verteidigungspolitik nun einmal entspricht.
    Ebenso notwendig scheint es uns jedoch zu sein, die Diskussion um eine NATO-Reform nicht mit Fragen zu belasten, die eine Einigung der Allierten über den künftigen Gehalt des Bündnisses noch schwieriger machen und deren Nutzen für unsere nationale Aufgabe, die Überwindung der Spaltung Deutschlands, zumindest fraglich erscheint.
    Die Anpassung der NATO an neue politische und militärische Sachverhalte muß selbstverständlich auch die deutschen Interessen berücksichtigen. Sie liegt aber, so meine ich, weniger in einer einseitigen Festlegung dieses oder jenes Projektes als vielmehr in der gleichberechtigten Stellung der Bundesrepublik im Rahmen des Bündnisses. Die Bundesrepublik Deutschland trägt nach den Vereinigten Staaten einen großen Teil der Lasten des Bündnisses. Unserer Bundeswehr sollte man an dieser Stelle einen besonderen Dank abstatten und unsere besondere Anerkennung übermitteln.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Die Bundesrepublik befindet sich in einer geographisch besonders exponierten Stellung. Sie muß deshalb an allen Vorbereitungen und Entscheidungen, die das Bündnis zu treffen hat, beteiligt sein. Nicht atomarer Ehrgeiz, sondern die Verantwortung für die Sicherheit der Bundesrepublik und für die Sicherung der Bundesrepublik und für die Sicherung der Menschen im ganzen Deutschland sind das Motiv unserer Forderung auch nach Mitsprache bei Zielplanung und Einsatzentscheidung. Eine Reform des NATO- Bündnisses wird deshalb auch der Forderung nach angemessener Vertretung in allen Gremien der NATO Rechnung tragen müssen. Ich halte den jüngst vorgetragenen Vorschlag des amerikanischen Verteidigungsministers für eine brauchbare Diskussionsgrundlage und hoffe, daß auf dieser Ebene eine politische Lösung gefunden wird, nachdem wir mit der militärischen Lösung bisher aus den verschiedensten Gründen nicht weitergekommen sind.

    (Zustimmung bei der FDP.)

    Die Bundesrepublik Deutschland hat auf die Herstellung von Atomwaffen verzichtet, und sie erstrebt keine nationale Verfügungsgewalt. Sie wird sich im Einzelfall die Entscheidung vorbehalten, welchen Grad der Beteiligung sie unter Berücksichtigung ihrer besonderen Lage wünscht. Sie lehnt es ab, sich von Vertragspartnern oder gar von Mächten außerhalb des Bündnisses einen Status vorschreiben zu lassen, der ihrer Stellung im Bündnis nicht gerecht wird und sie benachteiligt.
    Die Forderung nach Gleichberechtigung im Bündnis, der Wunsch nach voller Sicherheit auch für Europa kann nicht an der Erkenntnis vorbeigehen, die der Herr Bundeskanzler dahin aussprach, daß die Vereinigten Staaten als einziger westlicher Staat der Sowjetunion militärisch nicht nur ebenbürtig,



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    sondern mit ihrem Arsenal an Kernwaffen sogar überlegen sind. Aus dieser von keinem anderen westlichen Land erreichten und erreichbaren militärischen Bedeutung der Vereinigten Staaten heraus ergibt sich zwangsläufig die überragende Rolle der Vereinigten Staaten von Amerika im westlichen Lager und damit auch in der NATO. Die Bundesregierung ist deshalb gut beraten, wenn sie diese wichtige Situation anerkennt. Es geht nicht darum, mit dem militärischen Potential der Vereinigten Staaten zu wetteifern, sondern es geht darum, sicherzustellen, daß auch für alle Zukunft dieses militärische Potential die ganze westliche Welt und auch die Bundesrepublik einschließlich West-Berlins schützt. Die Bedeutung, die damit die Vereinigten Staaten von Amerika für die Sicherheit unseres Landes haben, unterstreicht die Bedeutung guter, vertrauensvoller und freundschaftlicher Beziehungen zu diesem Lande, das in der Vergangenheit so eindrucksvolle Beiträge zum Ausbau der Bundesrepublik Deutschland und zur Sicherheit seiner Menschen geleistet hat. Wir wünschen dem Herrn Bundeskanzler auf jeden Fall guten Erfolg bei seiner Reise in die Vereinigten Staaten.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Meine Damen und Herren, in diesem Hohen Hause wird niemand daran zweifeln, daß die innen- und außenpolitischen Entscheidungen, vor die wir in den nächsten vier Jahren gestellt werden, ein hohes Maß an Verwortungsbewußtsein und Entschlossenheit bei allen Mitgliedern dieses Hohen Hauses erfordern. Die Bundesregierung braucht für ihre Politik die volle und uneingeschränkte Unterstützung der Regierungskoalition. Nur mit der Autorität der eindrucksvollen Mehrheit in diesem Hause ist es möglich, unsere Politik gegenüber dem Ausland zu vertreten und innenpolitisch die Stabilität unserer Währung und die Produktivität unserer Wirtschaft zu sichern.

    (Abg. Wehner: Wieviel haben Sie noch?)

    Die Bundestagsfraktion der Freien Demokratischen Partei ist zu dieser Unterstützung der Politik der Bundesregierung auf der Grundlage der gemeinsamen Ziele der Koalition bereit.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)