Rede von
Dr.
Carlo
Schmid
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Ich rufe auf die Fragen XII/3, XII/4 und XII/5 — des Abgeordneten Seibert —:
Bestehen statistische oder wissenschaftliche Aufzeichnungen oder sonstige Erfahrungen darüber, inwieweit Arzneimittel, insbesondere nichtverschreibungspflichtige oder nichtapothekenpflichtige Arzneispezialitäten, den Blutalkoholgehalt und damit auch die Fahrtüchtigkeit von Kraftfahrern beeinflussen?
Teilt die Bundesregierung die Besorgnis, daß die große Anwendungsbreite freikäuflicher Arzneimittel der in der Frage XII/3 genannten Art einerseits und die Unkenntnis (zumindest beim Verbraucher) über ihre Wirkung in Verbindung mit Alkoholgenuß andererseits die Sicherheit des Straßenverkehrs in erhöhtem Maße beeinträchtigen?
Anerkennt die Bundesregierung die Notwendigkeit, die in Frage XII/3 genannten Arzneimittel im Hinblick auf ihre möglichen Wirkungen bei Alkoholgenuß erforschen und erforderlichenfalls besonders kennzeichnen zu lassen?
Der Fragesteller hat sich mit schriftlicher Beantwortung einverstanden erklärt. Die Antwort des Bundesministers Frau Dr. Schwarzhaupt vom 24. Mai 1965 lautet:
Zu Frage 3:
Es findet sich in der einschlägigen Literatur kein Anhaltspunkt dafür, daß eines der gängigen Arzneimittel den Blutalkoholgehalt beeinflußt.
Allerdings kann die Fahrtüchtigkeit von Kraftfahrern durch eine kombinierte Wirkung von Medikamenten und Alkohol auf das Nervensystem verstärkt beeinträchtigt werden.
Mit dieser Frage hat sich seit 1959 die „Sektion Arzneimittel und Verkehr" der Deutschen Gesellschaft für Verkehrsmedizin eingehend befaßt und die Ergebnisse in ihren Tagungsberichten niedergelegt. Es handelt sich bei den gefährlichen Medikamenten vor allem um Narkosemittel sowie um Schlaf- und Beruhigungsmittel, die rezeptpflichtig und damit der Kontrolle des Arztes unterstellt sind. Die Arbeitsgemeinschaft der Westdeutschen Ärztekammern hat nach Empfehlungen ihres Ausschusses „Verkehrsmedizin" am 10. Januar 1964 eine Stellungnahme mit einer Liste der möglicherweise gefährlichen Arzneimittelgruppen veröffentlicht.
Zu Frage 4:
Es gibt noch nicht genügend gesicherte Unterlagen darüber, ob sich auch bei den frei verkäuflichen Arzneimitteln solche befinden, die in Verbindung mit Alkohol eine vermehrte Verkehrsgefährdung hervorrufen. Zumeist werden die gefährlichen Stoffe jedoch in Zubereitungen vorhanden sein, die nur vom Arzt verschrieben werden dürfen.
Ein Ausschuß der Arbeitsgemeinschaft der Westdeutschen Ärztekammern ist mit Unterstützung der
gesamten Ärzteschaft dabei, die Nebenwirkungen von Arzneimitteln zu erfassen und sie in der „Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzteschaft" auszuwerten. Erst nach Vorliegen der Ergebnisse wird eine Beurteilung der Frage möglich sein, ob frei verkäufliche Arzneimittel die Sicherheit des Straßenverkehrs erheblich beeinträchtigen.
Zu Frage 5:
Die Bundesregierung ist von der Notwendigkeit einer Erforschung der Kombinationswirkung von Arzneimitteln und Alkohol überzeugt. Sie fördert deshalb seit 1964 ein Forschungsvorhaben über die Auswirkung von Arzneimitteln auf das Fahrverhalten. Dieses Vorhaben soll sich hauptsächlich mit dem Zusammenhang von Alkohol- und Medikamentenwirkung beschäftigen. Ein weiteres Projekt mit dem Thema „Aufstellung einer Liste von Arzneimitteln, die zusammen mit dem Genuß von Alkohol die Fahrtüchtigkeit verstärkt beeinträchtigen", konnte 1965 aus haushaltstechnischen Gründen noch nicht begonnen werden, wird aber wahrscheinlich 1966 vom Bundesgesundheitsamt übernommen werden.
Ene Kennzeichnung der möglicherweise gefährlichen Kombinationswirkung wird von einzelnen pharmazeutischen Firmen insofern gehandhabt, als in der Gebrauchsanweisung für bestimmte Medikamente eine Warnung vor Alkoholgenuß enthalten ist. Nach § 42 Absatz 1 des Arzneimittelgesetzes besteht die Möglichkeit einer Anordnung der zuständigen Behörden, daß Arzneimittel nur mit bestimmten Warnhinweisen in den Verkehr gebracht werden dürfen, wenn sie „geeignet sind, allein oder im Zusammenwirken mit anderen Arzneimitteln oder mit bestimmten Lebens- oder Genußmitteln die Verkehrstüchtigkeit zu beeinträchtigen".
Ich komme nunmehr zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen und rufe die von dem Abgeordneten Rademacher gestellte Frage VII/1 auf:
Ist die Bundesregierung bereit, an mit Pkw bzw. Lkw einreisende Ausländer bereits an der Grenze mehrsprachige Merkblätter auszugeben, die Hinweise auf die wichtigsten geltenden und nunmehr verschärften deutschen Verkehrsbestimmungen und die Möglichkeiten der zollfreien Mitnahme von Waren nach Art und Menge enthalten?