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ID0418613400

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    Deutscher Bundestag 186. Sitzung Bonn, den 21. Mai 1965 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung 9333 A Fragestunde (Drucksachen IV/3424, IV/3425) Fragen des Abg. Fritsch: Förderungsmaßnahmen für das Zonenrandgebiet Dr. Mende, Bundesminister . . . 9333 D Fritsch (SPD) 9334 B Dr. Jaeger, Vizepräsident . . . 9334 C Dr. Stammberger (SPD) . . . . 9335 A Neumann (Berlin) (SPD) 9335 A Höhne (SPD) . . . . . . . . 9335 C Büttner (SPD) . . . . . . . . 9336 A Wehner (SPD) 9336 B Dr. Huys (CDU/CSU) 9336 D Urban (SPD) . . . . . . . . 9336 D Dr. Müller-Hermann (CDU/CSU) . 9337 B Fragen des Abg. Dr. Kohut: Institut für biologische Schädlingsbekämpfung Hüttebräuker, Staatssekretär . . . 9337 C Dr. Kohut (FDP) 9337 C Fragen des Abg. Ehnes: Überschreitung der vereinbarten Hopfeneinfuhr aus Jugoslawien Hüttebräuker, Staatssekretär . . . 9338 B Ehnes (CDU/CSU) . . . . . . . 9338 C Weinzierl (CDU/CSU) 9338 D Adorno (CDU/CSU) 9339 A Dr. Zimmer (CDU/CSU) 9339 B Maucher (CDU/CSU) 9341 A Fragen des Abg. Dr. Schmidt (Wuppertal) : Entwicklung des Werkfernverkehrs . . 9341 B Frage des Abg. Dr. Schmidt (Wuppertal) : Auswirkungen der Kontingentserhöhung beim gewerblichen Güterfernverkehr 9341 B Frage des Abg. Schmitt-Vockenhausen: Entschädigungsbestimmungen für vor allem dem Einzelhandel bei U-Bahnbauten entstehende Schäden Dr. Seiermann, Staatssekretär . . . 9341 C Schmitt-Vockenhausen (SPD) . . . 9341 C Schriftlicher Bericht des Außenhandelsausschusses über die Vierundzwanzigste Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1965 (Drucksachen IV/3431, IV/3448) 9341 D Entwurf eines Gesetzes über die Ermittlung des Gewinns aus Land- und Forstwirtschaft nach Durchschnittssätzen (CDU/ CSU, SPD, FDP) (Drucksache IV/3441) — Erste Beratung — 9342 A II. Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 186. Sitzung. Bonn, Freitag, den 21. Mai 1965 Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Wahlprüfungsgesetzes (Abg. Ritzel, Dr. Dittrich, Dürr und. Fraktionen der CDU/ CSU, SPD, FDP) (Drucksache IV/3435) — Erste Beratung — 9342 A Große Anfrage der Abg. Moersch, Frau Funcke (Hagen), Dr. Hellige und Fraktion der FDP betr. Wissenschaftsplan zum Wissenschaftsbericht Frau Funcke (Hagen) (FDP) 9342 B Lenz, Bundesminister 9345 A D. Hahn, Minister des Landes Baden-Württemberg . . . . . 9350 C Dr. Martin (CDU/CSU) . . . . . 9354 C Dr. Lohmar (SPD) 9356 C Dr.-Ing. Balke (CDU/CSU) . . . 9364 A Dr. Mikat, Minister des Landes Nordrhein-Westfalen . . . . . 9369 B Frau Dr. Diemer-Nicolaus (FDP) . 9370 C Nächste Sitzung 9372 Anlagen 9373 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 186. Sitzung. Bonn, Freitag, den 21. Mai 1965 9333 186. Sitzung Bonn, den 21. Mai 1965 Stenographischer Bericht Beginn: 9.01 Uhr
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    Berichtigung Es ist zu lesen: 184. Sitzung Seite 9225 A Zeile 17 statt „350": 360; Zeile 19 statt „172": 182; Seite 9226 B linke Spalte nach „Dr. Zimmer" sind folgende Namen einzufügen: Dr. Conring, Dr. Jaeger, Krüger, Leicht, Majonica, Menke, Dr. Stecker. Dr. Dr. h. c. Toussaint, Wehking, Windelen; 185. Sitzung Seite 9321 D Zeile 2/3 statt „Da ist ein Punkt diese konkrete Werbeeinschränkung": Das ist ein Punkt dieser konkreten Werbeeinschränkung. Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich a) Beurlaubungen Frau Ackermann 31. 5. Dr. Adenauer 21. 5. Dr. Aigner 21. 5. Dr. Arndt (Berlin) 21. 5. Dr. Aschoff 21. 5. Dr. Atzenroth 21. 5. Dr. Dr. h. c. Baade 21. 5. Bading * 21.5. Bauer (Wasserburg) 21. 5. Bazille 15. 6. Bergmann * 21. 5. Dr. Besold 21. 5. Frau Blohm 21. 5. Dr. Brenck 21. 5. Brünen 14. 6. Dr. Bucher 21. 5. Busse 21. 5. Dr. Conring 21. 5. van Delden 21. 5. Deringer 21. 5. Drachsler 21. 5. Dr. Dr. h. c. Dresbach 5. 6. Dr. Eckhardt 21. 5. Eichelbaum 21. 5. Eisenmann 21. 5. Dr. Elbrächter 21. 5. Frau Dr. Elsner * 21. 5. Frau Engländer 21. 5. Ertl 21. 5. Etzel 21. 5. Felder 21. 5. Figgen 21. 5. Frau Dr. Flitz (Wilhelmshaven) 21. 5. Dr. Dr. h. c. Friedensburg 21. 5. Frau Geisendörfer 21. 5. Gewandt 28. 5. Glombig 31. 5. Gscheidle 21. 5. Günther 21. 5. Frhr. zu Guttenberg 15. 6. Haage (München) 21. 5. Gräfin vom Hagen 21. 5. Hammersen 21. 5. Hahn (Bielefeld) * 21. 5. Dr. Hellige 21. 5. Herold 21. 5. Hübner (Nievenheim) 25. 5. Illerhaus * 21. 5. Dr. Jungmann 26. 5. Kaffka 21. 5. Kalbitzer 21. 5. Dr. Kempfler 21. 5. Frau Kleinert 15. 6. Klinker 21. 5. Knobloch 31. 5. Koch 21. 5. Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Kreitmeyer 21. 5. Dr. Kreyssig * 21. 5. Dr. Krümmer 21. 5. Kulawig * 21. 5. Frhr. von Kühlmann-Stumm 21. 5. Kurlbaum 21. 5. Leber 20. 6. Lenz (Bremerhaven) 31. 5. Lenz (Brühl) * 21. 5. Leukert 21. 5. Dr. Löbe 21.5. Logemann 21. 5. Dr. Löhr 21. 5. Lücker (München) * 21. 5. Maier (Mannheim) 15. 6. Dr. Mälzig 21. 5. Mattick 21. 5. Mauk 21. 5. Memmel 21. 5. Dr. h. c. Menne (Frankfurt) 21. 5. Merten 26. 5. Metter 21. 5. Michels 15. 6. Mischnick 21. 5. Moersch 15. 6. Müller (Ravensburg) 21. 5. Müller (Remscheid) 21. 5. Murr 21. 5. Peters (Norden) 21. 5. Porzner 21. 5. Rademacher 21. 5. Dr. Ramminger 26. 5. Ramms 21. 5. Reichhardt 26. 5. Dr. Reischl 21. 5. Rohde * 21. 5. Roß 21. 5. Sander 21. 5. Seidl (München) 21. 5. Dr. Serres 21. 5. Seuffert * 21. 5. Dr. Supf 21. 5. Schlüter 22. 5. Schneider (Hamburg) 21. 5. Dr. Schneider (Saarbrücken) 21. 5. Schultz 21. 5. Schwabe 21. 5. Dr. Starke 21. 5. Stein 21. 5. Stiller 21. 5. Storch * 21. 5. Stooß 21. 5. Strauß 21. 5. Strohmayr 21. 5. Dr. Tamblé 21. 5. Unertl 21. 5. Wächter 21. 5. Weinkamm 21. 5. Wellmann 21. 5. * Für die Teilnahme an Ausschußsitzungen des Europäischen Parlaments 9374 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 186. Sitzung. Bonn, Freitag, den 21. Mai 1965 Werner 21. 5. Wittmann 21. 5. Dr. Wuermeling 21. 5. Zühlke 6. 6. b) Urlaubsanträge Fürst von Bismarck 28. 5. Anlage 2 Umdruck 650 Antrag der Fraktion der FDP zur Großen Anfrage der Abgeordneten Moersch, Frau Funcke (Hagen), Dr. Hellige und Fraktion der FDP betr. Wissenschaftsplan zum Wissenschaftsbericht (Drucksache IV/3168) . Der Bundestag wolle beschließen: Der Deutsche Bundestag stellt mit Genugtuung feist, daß der von der Bundesregierung vorgelegte Bundesbericht Forschung I eine wesentliche Voraussetzung für eine verstärkte Forschungs- und Bildungspolitik geschaffen hat. Der Bundestag ersucht die Bundesregierung, aufbauend auf diesen Bericht, folgende Maßnahmen zu ergreifen: 1. den im Bundesbericht Forschung I für die Jahre 1966 bis 1968 errechneten Bedarf an Bundesmitteln zur Förderung von Wissenschaft und Forschung in den Haushaltsplänen 1966 bis 1968 bereitzustellen; 2. die Voraussetzungen für die Aufstellung eines Wissenschaftsplans als Teil eines nationalen Gesamtplans für Bildung und Forschung in enger Zusammenarbeit mit den Ländern und der Wissenschaft zu schaffen. Der Wissenschaftsplan soll sich auf die Erfordernisse der Gesellschaft der Zukunft einstellen und einen Katalog der in den nächsten 10 bis 45 Jahren zu fördernden Maßnahmen nach Dringlichkeitsstufen geordnet enthalten; 3. im Zuge ihrer langfristigen Haushaltsüberlegungen die erforderlichen Mittel zur Erfüllung des Wissenschaftsplans in die künftigen Haushalte einzuplanen; 4. mit den Ländern ein festes Beteiligungsverhältnis an den Kosten des Ausbaus bestehender Hochschulen einschließlich der Erstausstattung zu vereinbaren; 5. die Bemühungen um ein Verwaltungsabkommen mit den Ländern zur gemeinsamen Finanzierung neuer Hochschulen einschließlich medizinischer Akademien nachdrücklich fortzusetzen. Dabei ist sicherzustellen, daß der Wissenschaftsrat an den Planungen der neuen Hochschulen beteiligt wird; 6. innerhalb des Haushaltsplans 1966 das Bundesministerium für wissenschaftliche Forschung personell und organisatorisch so auszustatten, daß eine umfassende Forschungsplanung gewährleistet ist; 7. die rechtlichen und sachlichen Voraussetzungen für eine umfassende Forschungs- und Bildungsstatistik zu schaffen, die nicht nur, wie bisher, den bestehenden Zustand darstellt, sondern auch die Entwicklung im Bildungswesen aufzeigt. Bonn, den 21. Mai 1965 Frau Funcke (Hagen) Schultz und Fraktion Anlage 3 Umdruck 651 Antrag der Fraktion der CDU/CSU zur Großen Anfrage der Abgeordneten Moersch, Frau Funcke (Hagen), Dr. Hellige und Fraktion der FDP betr. Wissenschaftsplan zum Wissenschaftsbericht (Drucksache IV/3168). Der Bundestag wolle beschließen: Der Deutsche Bundestag nimmt mit Genugtuung Kenntnis von der Stellungnahme der Bundesregierung vom 13. April 1965 — Drucksache IV/3304 — zu dem Beschluß des Deutschen Bundestages vom 9. Dezember 1964 — Drucksache IV/2773 — betr. Wissenschaftsförderung und Bildungsplanung. Um die in dieser Stellungnahme dargelegten und angekündigten Maßnahmen sinnvoll weiterzuführen, wird die Bundesregierung ersucht, 1. gemeinsam mit den Ländern einen nationalen Gesamtplan für Bildung und Forschung zu erarbeiten, der sich an einer langfristigen Bedarfsschätzung orientiert und der den Zusammenhang zwischen der Bildungs- und Wissenschaftspolitik mit der Wirtschafts- und Sozialpolitik berücksichtigt; 2. als wesentliche Voraussetzung dafür mit den Ländern unverzüglich ein Verwaltungsabkommen über die Errichtung eines Bildungsrates abzuschließen. Der Bildungsrat soll sich zusammensetzen aus einer Bildungskommission, der Vertreter der Wissenschaft und des Bildungs- und Erziehungswesens angehören, und aus einer Verwaltungskommission, in der Vertreter der Regierungen des Bundes und der Länder zusammenarbeiten. Die notwendige Zusammenarbeit zwischen Bildungsrat und Wissenschaftsrat soll gesichert werden durch einen Koordinierungsausschuß und die wechselseitige Teilnahme der Mitglieder der Bildungskommission und der Wissenschaftskommission an den Sitzungen dieser Kommissionen; 3. ein Verwaltungsabkommen mit den Ländern anzustreben, das zum Ziele hat, die gemeinsame Finanzierung neuer Hochschulen sicherzustellen; 4. Maßnahmen zu ergreifen, die geeignet sind, das private Stiftungswesen zugunsten von Wissenschaft und Forschung zu fördern; 5. entsprechend den Empfehlungen, die der Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft am 25. Januar 1965 dem Bundesfinanzminister unterbreitet hat, durch die Beseitigung steuerrecht- Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 186. Sitzung. Bonn, Freitag, den 21. Mai 1965 9375 licher Hindernisse einen Anreiz für vermehrte private Spendentätigkeit zu geben und so die Wissenschaftsförderung aus privaten Mitteln zu verstärken. Bonn, den 21. Mai 1965 Dr. Barzel und Fraktion Anlage 4 Schriftliche Antwort des Bundesministers Stücklen vom 20. Mai 1965 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Dr. Krümmer (Drucksache IV/3382, Frage II/1, II/2 und II/3): Ist der Bundesregierung bekannt, daß in dem vom Bundespostministerium herausgegebenen „Postbrief" vom 1. März d. J. den Postkunden mitgeteilt wird, sie könnten bei den Oberpostdirektionen ein schweizerisches Postleitzahlenverzeichnis kostenlos erhalten, während gleichzeitig mitgeteilt wird, daß die Postleitzahlen für die sowjetisch besetzte Zone nur bei den Postämtern eingesehen werden können? Teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß in dem in Frage II/1 dargestellten Sachverhalt eine Erschwerung des Postverkehrs mit der SBZ im Verhältnis zu dem Postverkehr mit einem freien Lande zu erblicken ist? Hat die Bundesregierung besondere Gründe, aus denen sie eine kostenlose Herausgabe eines Postleitzahlenverzeichnisses für die SBZ nicht vorsieht? Zu Frage II/1: Die Postverwaltungen der Schweiz und Frankreichs haben bisher der Deutschen Bundespost auf Anfrage die erbetenen Postleitzahlenverzeichnisse kostenlos überlassen. Sie wurden den Oberpostdirektionen zur Verfügung gestellt und werden an Interessenten auch kostenlos abgegeben. Nach Einführung der Postleitzahlen in der SBZ hat sich die Deutsche Bundespost bemüht, selbst gegen Bezahlung eine größere Anzahl von Postleitzahlenverzeichnissen zu erwerben. Nachdem diese Bemühungen fehlgeschlagen waren, hat die Deutsche Bundespost als Übergangslösung für den Dienstbetrieb und für Auskunftszwecke, nämlich bis zum Erscheinen des neu aufgelegten gesamtdeutschen Ortsverzeichnisses I — Teil A, in das also auch die Postorte der SBZ mit ihren Postleitzahlen bereits eingearbeitet sind, das Verzeichnis der SBZ selbst aufgelegt. Zu Frage II/2: Es konnte festgestellt werden, daß der größte Teil der in .die SBZ gerichteten Sendungen mit der sowjetzonalen Postleitzahl einschließlich des von der Deutschen Bundespost empfohlenen Unterscheidungsmerkmals beschriftet war. Schwierigkeiten in der Postbeförderung — auch bei fehlender Postleitzahl — sind in keiner Form festgestellt worden. Im übrigen hat die Deutsche Bundespost keinerlei Anhaltspunkte, daß die SBZ ihr Beförderungssystem bereits ,auf ihr Postleitzahlsystem umgestellt hat. Zu Frage II/3: Die Herausgabe eines besonderen Verzeichnisses der Postleitzahlen der SBZ durch die Deutsche Bundespost kam aus politischen Gründen nicht in Frage. Eine solche Maßnahme würde die Zweistaatentheorie des Ostens begünstigen. In Kürze wird das gesamtdeutsche Ortsverzeichnis I — Teil A, erscheinen und kann dann bei den Postämtern bezogen werden.
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    Rede von Dr. Richard Jaeger


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Ich eröffne die Ausspreache. Als Vertreter des Bundesrates hat Herr Minister D. Hahn das Wort.
    D. Hahn, Minister des Landes Baden-Württemberg: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dankbar begrüße ich die Möglichkeit, dem Bundestag die Meinung der Länder zu den großen Fragen der Wissenschaftsförderung und -planung darlegen zu können. Ich darf der Befriedigung des Bundesrates darüber Ausdruck geben, daß der im Bund hierfür federführenden Minister für wissenschaftliche Forschung bei der Behandlung der Großen Anfrage der FDP dem Präsidenten des Bundesrates die Mitwirkung der Länder bei der parlamentarischen Behandlung angeboten hat.
    Die Länder haben im vergangenen Jahr das Zustandekommen des Bundesberichtes Forschung I durch Bereitstellung und Auswertung des Materials nach Kräften gefördert. Dieses Material ist zu einem großen Teil Substanz und Frucht ihrer Kulturpolitik. Nun sind die Länder auch verpflichtet und gewillt, sich den Konsequenzen zu stellen, die daraus abgeleitet werden mögen.
    Sie finden im Bundesbericht über Stand und Zusammenhang der Maßnahmen zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung die elementare Feststellung, daß im Jahre 1963 die Länder 60 %, der Bund 40 %. der Aufwendungen der öffentlichen Hand für die Wissenschaft aufgebracht haben; in diesen 40 % des Bundes sind übrigens auch die Mittel für die Verteidigungsforschung und für die Weltraumforschung enthalten. Ferner sagt der Bundesbericht, daß in den sieben Jahren von 1958 bis 1964 nach Schätzung des Forschungsministeriums rund 4,7 Milliarden DM für den Ausbau der wissenschaftlichen Hochschulen und Einrichtungen in den Haushaltsplänen von Bund und Ländern veranschlagt waren; hiervon entfielen auf den Bund 27 %, auf die Länder 73 %.
    Dabei sind die Aufwendungen für die Wissenschaft wesentlich stärker angewachsen als das Gesamtvolumen der öffentlichen Haushalte. Der Forderung nach einem steigenden Anteil der Wissenschaftsaufwendungen am Bruttosozialprodukt ist also in der Bundesrepublik im letzten Jahrzehnt
    *) Siehe Anlagen 2 und 3



    Minister D. Hahn
    grundsätzlich entsprochen worden. Es ist dargelegt, daß sich der Anteil der Wissenschaftsaufwendungen am Bruttosozialprodukt von 1956 bis 1964 fast verdoppelt hat und von 1 % auf 1,9 % angewachsen ist. Ich verteidige damit keineswegs die Höhe dieser Zahlen und verkenne nicht ihr Zurückbleiben besonders gegenüber den angelsächsischen Ländern. Doch darf 'der steigende Trend der Forschungsförderung auch im Vergleich zum Haushaltsvolumen und zum Bruttosozialprodukt immerhin registriert werden.
    Im November 1960 sind die ersten Empfehlungen des Wissenschaftsrates veröffentlicht worden. Heute, nach viereinhalb Jahren, kann ich feststellen: die Länder als Träger der deutschen Hochschulen haben diese Empfehlungen nicht nur begrüßt, sondern auch durchgeführt. Lassen Sie mich dies an einem Kernstück der Empfehlungen, dem personellen Ausbau der wissenschaftlichen Hochschulen in der Zeit von 1960 bis 1964 deutlich machen.
    Ich schaue auf die Lehrstühle. Im Jahre 1960 gab es 3098 Lehrstühle, 1964 waren es 4191. Das bedeutet eine Zunahme um 35 %.
    Wesentlich stärker ist die Zunahme beim Mittelbau. 1960 hatten wir hier 2058 Stellen. 1964 waren es bereits 5232. Das bedeutet eine Zunahme um 154 %.
    Auch bei den Oberassistenten und Assistenten ist die Zahl stark angewachsen. 1960 hatten wir 9268 Stellen; 1964 waren es 16 113; also eine Zunahme um etwa 74 %.
    Was hinter diesen Zahlen steht, meine Damen und Herren, ist weit mehr .als eine Ausweitung der Haushalte und Stellenpläne. Es ist 'ein Stück kontinuierlicher Hochschulreform und somit ein Teil jenes Wissenschaftsplans, von dem die Große Anfrage der FDP spricht. Eine Wissenschaftsplanung ist besonders in Deutschland nur möglich, wenn sie hochschulgerecht ist. Dies ergibt sich aus der Einheit von Forschung und Lehre, die noch immer die Gestalt des deutschen Hochschulwesens bestimmt. So besteht auch die Ausweitung unserer Hochschulen in den letzten fünf bis zehn Jahren, besonders seitdem die Empfehlungen des Wissenschaftsrates vorliegen, nicht nur in einer summarischen Addition, sondern in einer langsamen Umstrukturierung, die die Ausbauzahlen erst zum Tragen bringt und sie mit geistigem Leben erfüllen kann.
    Zu dieser Umstrukturierung gehören zunächst die Besoldungskorrektur und Kolleggeldreform, die die deutschen Hochschulen auch finanziell wieder attraktiv macht — selbst für Gelehrte, die nach den USA abgewandert sind; ferner die Schaffung von Parallellehrstühlen, die Einführung des neuen akademischen Mittelbaus mit besserer Besoldung und funktioneller Unabhängigkeit, die Koordinierung der Prüfungsordnungen, die Straffung und weitestmögliche Verkürzung der Studiengänge — eine Maßnahme freilich, die sich erst nach Ablauf eines Studiengangs, also nach mehreren Jahren auswirken kann —, weiter die Einführung neuer akademischer Grade, wie ides Magisters, oder die Schaffung von Aufbaustudienzügen. Daneben sind die Strukturen zu nennen, die vornehmlich an neuen Hochschulen verwirklicht werden sollen, so die Gliederung von Fakultäten in Abteilungen, Departments und Sektionen, die Einführung technischer Fächer an den Universitäten, die Doppelmitgliedschaft von Lehrstühlen in mehreren Fakultäten, die Schaffung übergreifender oder interfakultativer Institute, die Bildung besonderer wissenschaftlicher Schwerpunkte; dazu gehören auch Aufgaben der Studienreform, wie neue Formen des akademischen Unternichts in studentischen Arbeitsgemeinschaften, .stärkere Heranziehung von Tutoren und des neuen Mittelbaus zur Teilung überfüllter Vorlesungen und Seminare und die Neugestaltung der klinischen Ausbildung am Krankenbett. Schließlich ist zu nennen die Reform ganzer Studienzweige, wie z. B. des juristischen Studiums, des pharmazeutischen Studiums, wozu der Wissenschaftsrat soeben Vorschläge erarbeitet hat, oder das Überdenken der ärztlichen Ausbildung.
    Ich habe mir erlaubt, die verschiedenen Ebenen, auf denen an der inneren Entwicklung unserer Hochschulen, ihrer Gestalt und ihrer Inhalte gearbeitet wird, zu benennen, nur um Ihnen darzutun, daß alle diese Fragen Bestandteil eines Wissenschaftsplanes sein müssen oder jedenfalls ein Wissenschaftsplan ihnen Rechnung tragen muß. Es ist deshalb nicht möglich, eine Wissenschaftsplanung auf dem Papier zu entwerfen oder von hoher Hand zu verfügen. Geistige Prozesse bedürfen der Reifung, gedankliche Inhalte des Wachstums. Der Staat kann diese Entwicklung fördern, er kann katalysatorisch wirken, er kann den wichtigen äußeren Rahmen schaffen; doch darf er die Notwendigkeit des Zusammenwirkens von Hochschulen und Forschungseinrichtungen innerhalb und außerhalb der Hochschulen mit ihren Rechtsträgern, den Ländern, und ihren verschiedenen Finanzträgern nicht übersehen. Gewiß spielt die Finanzierung bei der Wissenschaftsförderung eine zentrale Rolle; doch ist es mit der Mittelbereitstellung allein noch nicht getan. Auf den Umstand, daß Bund und Länder, Vertreter der Hochschulen und Forschungseinrichtungen, Persönlichkeiten der Wirtschaft und des öffentlichen Lebens in ausgewogener Weise im Wissenschaftsrat zusammenarbeiten, hat der Herr Bundesminister für wissenschaftliche Forschung in seinen Ausführungen bereits eindrucksvoll hingewiesen.
    Die bisherige Arbeit des Wissenschaftsrats, aber auch viele Planungen der Länder haben gezeigt, daß Wissenschaftsprogramme häufig schneller überholt werden als viele andere Planungen. In den Empfehlungen des Wissenschaftsrats von 1960 wurde der Lehrstuhlbedarf der deutschen Hochschulen auf insgesamt 1200 Lehrstühle — Ordinariate und Extraordinariate — angegeben. Augenblicklich läuft eine zweite Erhebung des Wissenschaftsrats über den weiteren Ausbaubedarf der Hochschulen. Nach dem vorläufigen Ergebnis der Anmeldungen werden weitere 1500 Lehrstühle gefordert, und zwar ohne die Neugründungen von Universitäten, Technischen Hochschulen und Medizinischen Akademien, die insgesamt sicher weitere 800 bis 1000 Lehrstühle erforderlich machen werden.



    Minister D. Hahn
    Es ist klar, daß die Frage des akademischen Nachwuchses damit zu einem Zentralpunkt aller Wissenschaftsplanung wird. Schon heute ist es leichter, Lehrstühle zu schaffen, als sie zu besetzen. In diesem Zusammenhang möchte ich Ihnen den Anteil der unbesetzten Lehrstühle nennen: er betrug 1960 nur 12 %, 1962 bereits 14 % und 1964 19 %.
    Fragen der Neuordnung unseres Habilitationswesens, der Berufung von nichthabilitierten Praktikern auf Lehrstühle und Probleme der attraktiven Ausstattung ,der Stellen unseres akademischen Mittelbaues werden damit in den Vordergrund gerückt. Auch hier kann aber eine Lösung nicht am Grünen Tisch geplant und dann dekretiert werden, sondern es bedarf einer inneren Entwicklung, einer Ablösung des Überkommenen durch neue Gehalte. Dies kann nur im verständnisvollen Zusammenwirken der Hochschulen mit den Ländern geschehen.
    Dennoch werden nicht alle der angeforderten 1500 neuen Lehrstühle an den bestehenden Hochschulen, der 1000 Lehrstühle an den Hochschulneugründungen ohne weiteres geschaffen werden können. Denn es wird dabei nicht nur darauf ankommen, neue Institute und zusätzliches wissenschaftlich-technisches Personal )bereitzustellen. Sollen die neuen Lehrstühle künftig besetzt werden können, so müssen schon jetzt die erforderlichen Maßnahmen zur langfristigen Förderung eines ausreichenden wissenschaftlichen Nachwuchses getroffen werden. Eine solche Nachwuchsförderung darf aber nicht erst auf der Hochschule, sie muß schon als eine breite Förderung bei den weiterführenden Schulen einsetzen.
    Bei diesem weiteren Ausbau unserer Hochschulen wird es auch darauf ankommen, Schwerpunkte zu setzen. Wenn hier gefährliche Fehlleitungen von geistigem und finanziellem Kapital vermieden werden sollen, wird man auswählen und auch manchmal nein sagen müssen. Die Hochschulen kommen jetzt nach der großen Nachholperiode der Jahre seit 1950 mit ihrem Höhepunkt des Ausbaues im letzten Jahrzehnt in eine neue Periode der Auswahl, der Schwerpunktbildung und der Konzentration. Hier muß behutsam und unter Abwägung aller Gesichtspunkte vorgegangen werden. Auch das ist ein Faktor, dem die Wissenschaftsplanung der kommenden Jahre Rechnung tragen muß, in der Zielsetzung ebenso wie in der Methode, und auch hier dürfen die Verantwortlichkeitsverhältnisse nicht außer acht gelassen werden.
    Das gleiche gilt von einem weiteren Zentralpunkt unserer Wissenschaftspolitik, der mit der Entwicklung der Studentenzahlen zusammenhängt. Sie wissen, in welchem Maße die Frequenz unserer wissenschaftlichen Hochschulen zunimmt. Von 1950 bis 1964 ist die Zahl der deutschen und ausländischen Studenten — ohne Beurlaubte und Gasthörer — in der Bundesrepublik fast auf das Zweieinanhalbfache angestiegen, nämlich von rund 111 000 auf rund 245 000, ohne daß, wie zugegeben werden muß, die Kapazität der Hochschulen — trotz des intensiven Bemühens der Länder — damit Schritt halten konnte.
    Der Wissenschaftsrat hat in seiner bekannten Veröffentlichung „Studenten und Abiturienten" eine alternative Vorschätzung für die zu erwartenden
    Studentenzahlen bis zum Jahre 1980 vorgelegt. Die hohe Alternative, das sogenannte Modell B 2, rechnet mit rund 380 000 Studierenden im Jahre 1980. Neuere Erhebungen der Kultusministerkonferenz über den tatsächlichen und voraussichtlichen Schulbesuch der Gymnasien deuten darauf hin, daß diese hohe Alternative nicht mehr als unwahrscheinlich angesehen werden darf. In Frankreich soll die Gesamtzahl der Hochschulstudierenden, die sich 1960 auf 250 000 belief, binnen eines Jahrzehnts auf 500 000 erhöht werden. Die Planung in Großbritannien sieht bei einem Ausgangsstand von etwa 160 000 Studenten im Jahre 1960 entsprechend der Vorschätzung des Robbins Report eine Verdoppelung der Studienplätze bis 1970 vor. Daß hier ein zentraler Punkt auch unserer Wissenschaftsplanung vorliegt, bedarf keiner Begründung. Zugleich wird offensichtlich, wie eng sich jede Hochschulplanung mit der allgemeinen Bildungsplanung berührt. Das gesamte zur Hochschulreife führende höhere Schulwesen unseres Landes wird damit angesprochen.
    Diese Probleme im deutschen Hochschulbereich scheinen mir darzutun, daß die Wissenschaftsplanung auch dem Rechnung tragen muß, was ich die Infrastruktur unseres geistigen Lebens nennen möchte. Auch die Großforschungsvorhaben, die der Bericht des Herrn Bundesministers für wissenschaftliche Forschung genannt hat und bei denen er den Nachholbedarf der Bundesrepublik mit Recht betont hat — wie Kern- und Weltraumforschung, Raumund Luftfahrttechnik —, haben innerwissenschaftliche Aspekte. Der teuerste Windkanal, der größte Reaktor oder Protonenbeschleuniger, jeder Raketenentwicklungsstand wird unzureichend genützt, wenn die Hochschulen sich zuwenig oder in zu großer Zersplitterung mit diesen wissenschaftlichen und technischen Fragen befassen, wenn dadurch der Nachwuchs fehlt oder abwandert. Das gleiche gilt für den gesamten Bereich der Forschung außerhalb der Hochschulen.
    Ich habe deshalb mit lebhafter Befriedigung festgestellt, daß die Große Anfrage der FDP an die Bundesregierung ein enges Zusammenwirken zwischen Bund und Ländern in der Wissenschaftsplanung voraussetzt. Zu einem solchen Zusammenwirken sind die Länder 'bereit. Wir halten eine Zusammenarbeit für erforderlich, glauben aber auch, daß sie die Bereitschaft beider Partner zu echter Kooperation voraussetzt. Die Länder haben bisher die finanzielle Hauptlast der Wissenschaftsförderung getragen. Auch von der Hauptlast der Verantwortung werden sie sich nicht entbinden können. Diese Verantwortlichkeit stützt sich nicht allein auf das Grundgesetz, sondern auf die Einheit von Forschung und Lehre und auf den unlösbaren Zusammenhang der akademischen Lehre mit Bildung und Ausbildung in unseren Schulen.
    Ich hoffe das Verständnis dieses Hauses dafür zu finden, daß die Ministerpräsidenten und Kultusminister zu dem Vorbringen des Forschungsberichts I über .die verfassungsrechtlich Ausgangslage gewisse Vorbehalte anmelden, besonders soweit hier eine Bundeszuständigkeit kraft Sachzusammenhangs gefordert und soweit Einrichtungen der Ländergesamt-



    Minister D. Hahn
    heit die verfassungsmäßige Legitimität abgesprochen wird. Der im Forschungsbericht der Bundesregierung vertretenen Auffassung, daß die wissenschaftliche Forschung in den Ländern, mithin weite Bereiche auch des Hochschulwesens, bundesgesetzlich geregelt werden könnten, stehen seitens der Länder im Hinblick auf die Auslegung von Art. 74 Nr. 13 des Grundgesetzes Bedenken entgegen. Die Vorbehalte der Länder sind nicht polemischer Natur. Sie werden die Bereitschaft der Kultusminister und -senatoren zu einer gemeinsamen Wissenschaftsplanung nicht beeinträchtigen.
    Nachdem die Bundesregierung ihrerseits mehrfach und auch heute wieder ihre Bereitschaft zu gemeinsamen Überlegungen in der Wissenschaftsplanung zum Ausdruck gebracht hat, möchte ich von meiner Seite hierzu noch folgendes feststellen.
    Erstens. Die Ausführung einer solchen Planung wird zum großen, ja, zum überwiegenden Teil den Ländern zukommen, die dabei eines engen und vertrauensvollen Einvernehmens mit ihren Hochschulen bedürfen.
    Zweitens. Zunehmend sind in letzter Zeit bedeutende wissenschaftspolitische Entscheidungen auf internationaler Ebene gefallen. Die Organisation der wissenschaftlichen Forschung verläßt ebenso wie die Wirtschaftspolitik und die Agrarpolitik die nationalen Grenzen und bedarf einer internationalen Zusammenarbeit. Ich darf nur an die großen Organisationen wie GERN in Genf, wie ESRO und ELDO für die Raumforschung, ferner an das Abkommen über eine Internationale Sternwarte auf der Südhalbkugel und an die in der Errichtung begriffene europäische Organisation für Molekularbiologie erinnern. Die Nützlichkeit und Notwendigkeit einer Integration auch der Wissenschaft und Forschung in Europa muß in vollem Maße anerkannt werden. Sie sollte in erster Linie zu einer Verstärkung der internationalen Zusammenarbeit auf den einzelnen Fachgebieten führen.
    Zu diesem Zusammenhang muß ich jedoch darauf verweisen, daß gerade die großen, mit erheblichen Mitteln ausgestatteten internationalen Forschungszentren Auswirkungen auf unsere Hochschulen zu nehmen beginnen, die bisher nicht nach allen Seiten bedacht worden sind. 'Es gilt zu vermeiden, daß hier ein wissenschaftliches und finanzielles Gefälle entsteht und die deutschen Hochschulen auf immer bedeutsameren Teilgebieten von großen und modernen Forschungsvorhaben ausgeschlossen werden. Hier möchte ich den Wunsch anmelden, daß auch den Ländern schneller und vollständiger als bisher Gelegenheit zur Äußerung und zur Mitwirkung gegeben wird, daß ihr sachkundiger Rat bei den organisatorischen und wissenschaftspolitischen Entscheidungen genutzt wird und daß ihnen als Betreuern der deutschen Hochschulforschung eine Mitwirkung in den Organen der internationalen Institute und Organisationen künftig nicht versagt bleibt.
    Zum dritten erlauben Sie mir ein Wort zum nervus rerum, zu den Finanzen. Ich bin so lange Mitglied dieses Hohen Hauses gewesen, daß ich von der oft vertretenen Meinung, um die Länderfinanzen stehe es doch besser als um die des Bundes, beeindruckt worden bin. Es ist mir aber leider trotz aufrichtigen Bemühens nicht igelungen, diese Auffassung vom besseren Stand der Länderfinanzen von Bonn mit nach Stuttgart zu nehmen.

    (Heiterkeit.)

    Doch ein Silberstreifen zeigt sich am Horizont: Der Bund erwägt, sich an der Finanzierung der neuen Hochschulen zu beteiligen,

    (Abg. 'Dr. Huys: Das hat er schon immer getan!)

    was die Bundesfinanzen erfreulicherweise zu ermöglichen scheinen.

    (Zuruf von der FDP: Das ist ein Goldstreifen!)

    Den Länderfinanzen winkt also eine Entlastung bei der Finanzierung der neuen' Universitäten, Technischen Hochschulen und Medizinischen Akademien, deren Größenordnung im Forschungsbericht I zu Recht auf mindestens 8 Milliarden DM geschätzt worden ist. Hierüber wird demnächst zwischen dem Bund und den Ministerpräsidenten der Länder weiter verhandelt werden. Es wäre dabei von besonderem Wert, wenn hier auf eine echte Finanzhilfe des Bundes gerechnet werden könnte. Die Anziehungskraft des größten Etats, von der schon vor 35 Jahren der damalige Statssekretär im Reichsfinanzministerium Popitz gesprochen hat, sollte sich dabei allerdings nicht so auswirken, daß der Bund über eine Erhöhung seines Anteils an der Einkommen- und Körperschaftsteuer das wieder in Anspruch nimmt, was er den Ländern für die Hochschulfinanzierung gewährt. Andernfalls wäre keine echte Entlastung der Länder für ihre Hochschulneugründungen erreicht, und man müßte sich fragen, wozu Milliardenbeträge von einem Fiskus zum anderen bewegt werden.
    Ich hatte mir erlaubt, auf den steigenden Trend der Aufwendungen für die Wissenschaft und auf die Tatsache hinzuweisen, daß augenblicklich die Länder für den größten Teil dieser Last aufzukommen haben. Ich bitte es nicht als Kritik, sondern als Feststellung der Tatsachen zu werten, wenn ich erwähne, daß ein festes Beteiligungsverhältnis zwischen Bund und Ländern in der partnerschaftlichen Aufbringung der Investitionskosten für den Hochschulausbau nicht besteht. Ursprünglich waren, wie der Herr Bundseminister dargestellt hat, Bund und Länder davon ausgegangen, daß sie jährlich gemeinsam 500 Millionen DM für den Ausbau der bestehenden Hochschulen aufzubringen haben. Die steigenden Bedürfnisse der Lehre und Forschung zwingen die Länder, bereits jetzt mehr als das Doppelte aufzubringen, und auch der Bund ist dankenswerterweise im Haushalt 1965 über seinen Anteil von 250 Millionen DM hinausgegangen und stellt jetzt 300 Millionen DM zur Verfügung, die vorerst noch gewissen Kürzungen unterliegen. Unter der von mir dargelegten Voraussetzung, daß nicht ein anderweitiger Abzug an anderer Stelle stattfindet, würden es die Länder naturgemäß begrüßen, wenn die in Aussicht genommene Aufteilung der Kosten in Höhe von 50 v. H. für jeden der beiden Partner
    9354 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 186. Sitzung. tonn, Freitag, den 21. Mai 1965
    Minister D. Hahn
    vom Bund wieder eingehalten werden könnte. Vielleicht sollte in Ergänzung der früheren Abmachungen, nämlich des Abkommens über den Wissenschaftsrat und des Verwaltungsabkommens vom 4. Juni 1964, eine solche Relation von 50 : 50 bei der Aufbringung der Mittel für die Hochschulbauvorhaben einschließlich der Ersteinrichtungen neu vereinbart werden. Ohnedies sind ja die Länder mit den laufenden Unterhalts- und Betriebskosten der erweiterten und ausgebauten Hochschulen, die bekanntlich ausschließlich von ihnen zu tragen sind, erheblich belastet.
    Ich bin im vorstehenden auf die Einzelpunkte der Großen Anfrage der FDP nicht näher eingegangen; nicht nur, weil der Herr Bundesminister für wissenschaftliche Forschung die nötigen Sachangaben weitgehend erstattet hat, sondern auch, weil es mir wesentlicher erschien, Ihnen eine Konzeption von der Hochschulpolitik und Wissenschaftsförderung aus der Sicht der Länder zu entwickeln und Ihnen die Probleme darzustellen, die sich den Kultusministern stellen. Dies bedeutet nicht, daß wir nicht nach besten Kräften auch an einer Lösung der Einzelfragen mitzuwirken bereit sind, die die Anfrage berührt. Bei der gewünschten Verbesserung der Hochschulstatistik werden die Statistischen Landesämter jede Förderung zu geben bereit sein. Wenn andere Fragen offen sind, wie die der Berücksichtigung von Wehrdienstabsolventen bei der Zulassung zu derzeit studienbeschränkten Fächern, wie z. B. Medizin oder Pharmazie, werden gemeinsam von den Hochschulen, den Ländern und dem Herrn Bundesverteidigungsminister Lösungen gesucht werden müssen. Es gibt viele weitere Fragen, die zwar zunächst der politischen Gestaltung und parlamentarischen Verantwortung der Länderregierung unterliegen, wie z. B. die Verkürzung der Studienzeiten und die Straffung unseres Ausbildungswesens. Hier besteht ein voll anzuerkennendes Interesse von Bundesregierung und Bundestag, über die Lösungsversuche unterrichtet zu werden und zu hören, was schon erreicht ist und was noch vor uns liegt.
    Es würde ausführlicher Darstellungen bedürfen, wenn ich hier auf Einzelheiten eingehen wollte. Ich bemerke nur, daß Umstellungen von Prüfungsordnungen naturgemäß mindestens jene Zeit zur Auswirkung fordern, die die Studienanfänger nach der geänderten Prüfungsordnung für den Durchlauf bis zum Examen benötigen. Die Kultusminister verfolgen das Problem seit Jahren und suchen es in verschiedenen organisatorischen Formen zu bewältigen, so durch Einsetzung von Fachausschüssen, durch Appelle an die Hochschulen, durch Vermehrung der Elementarlehrmittel, durch Nichtgenehmigung von Prüfungsordnungen, die eine Verlängerung der Mindeststudienzeiten vorsehen, und durch Einführung neuer Studienordnungen.

    (Vorsitz: Präsident D. Dr. Gerstenmaier.)

    Ich hoffe, Ihnen einen Teil des Weges sichtbar gemacht zu haben, den die deutschen Hochschulverwaltungen in den letzten Jahren gegangen sind. Der größere Teil dieses Weges, der die eigentliche Wissenschaftsplanung umfassen wird, liegt noch vor uns. Als Ziel steht, wie ich glaube, in gleicher Weise vor diesem Hohen Haus, der Bundesregierung, den Landesparlamenten und Landesregierungen, das Hochschulwesen unseres Landes den Erfordernissen der industriellen Massen- und Wohlstandsgesellschaft unserer modernen Welt anzupassen. In ihr hat die Wissenschaft eine doppelte Funktion: die ethische der Wahrheitsfindung und Erkenntnisförderung und daneben die ökonomische eines Produktionsfaktors, der gleichrangig neben die klassischen Produktionsfaktoren Arbeit, Kapital und Boden getreten ist. Ohne Wissenschaft kann die moderne Wirtschaft und Gesellschaft ihre Probleme nicht mehr lösen. Allein schon diese doppelte Aufgabe umreißt den Rang der Wissenschaftsförderung in Forschung und Lehre. Wir sind uns des hohen Ranges dieser Aufgabe bewußt und werden alles daransetzen, sie zu lösen. Wenn wir dabei der Unterstützung von Bundestag und Bundesregierung versichert sein dürfen, so wird uns dies eine entscheidende Hilfe sein,

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)



Rede von Dr. Eugen Gerstenmaier
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Martin.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Berthold Martin


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen, meine Herren! Die Große Anfrage der FDP und die Antworten der Herren Minister Lenz und Hahn hatten etwas Gemeinsames. Wenn man einmal die Leistungsaufzählung wegläßt und auf die Gedankenführung achtet, erkennt man, daß es sich im Grunde genommen gegenwärtig um die Frage der Bildungsplanung handelt Das entspricht auch genau dem Stande der Diskussion. In der Anfrage heißt es zwar „Wissenschaftsplan". Aber ich denke, es ist dasselbe gemeint,
    Lassen Sie mich zunächst einige Vorbemerkungen machen, um dann auf den Stand der Diskussion einzugehen. Der Gedanke der Bildungsplanung hat sich in den letzten beiden Jahren überraschend durchgesetzt. Das ist eine Vokabel, die dem Liberalen, dem Sozialisten und dem Konservativen ebenso geläufig ist wie der Presse. Das ist deshalb möglich gewesen, weil inzwischen klar geworden ist, daß es sich bei Bildungsplanung nicht um Planung der Bildung, sondern um Planung des Bildungswesens handelt.
    An dem Gespräch, das es darüber in der Bundesrepublik Deutschland gibt, sind einige Partner beteiligt. Da sind zunächst die Länder als Träger der Kulturhoheit, da ist der Bund als Sachwalter übergreifender Interessen, und da ist schließlich die Öffentlichkeit, die in steigendem Maße daran teilnimmt.
    Das Interesse ist in der Tat vital, meine Damen und Herren; denn es geht um verschiedene Dinge. Zunächst geht es um die individuellen Lebenschancen unserer Kinder in einer Leistungsgesellschaft, in der man sich selbst und seinen Ort bestimmt durch Bildung und Ausbildung. Es geht weiter um die Stabilität der sozialen Ordnung, um das Wachstum der Wirtschaft und um die internationale Geltung unseres Landes. Es kann kein Zweifel dar-



    Dr. Martin
    über sein, daß sich das kulturpolitische Klima gebessert hat. Die Parlamente sind heute viel mehr bereit, etwas zu tun, als früher. Der Gedanke, daß Bildungspolitik Priorität habe, ist in diesem Hause ausgesprochen, und er wird ständig wiederholt.
    Es gibt auch fruchtbare Ansätze, als da sind Bedarfsfeststellung der Kultusminister-Konferenz, Forschungsbericht I der Bundesregierung, steigende Etatansätze usf. Wir haben das heute morgen alles gehört. Aber was fehlt, ist eine Gesamtkonzeption, in der alle Zeichnungsberechtigten der Kulturpolitik, nämlich Bund, Länder, Gemeinden und bestimmte Gruppierungen der Gesellschaft, miteinander wirken, um einen nationalen Gesamtplan für Wissenschaft und Bildung zu erstellen. Das ist auch der Kern der Anfrage und der Kern der Diskussion im Kulturpolitischen Ausschuß.
    Über die Prinzipien, die ich soeben noch einmal in Erinnerung gebracht habe, sind wir uns in diesem Ausschuß lange Zeit einig gewesen. Leider sind wir es seit einiger Zeit nicht mehr. Die SPD-Fraktion hat nämlich in dieser Sache einen zügigen Rückmarsch angetreten.

    (Heiterkeit in der Mitte.)

    Noch im Juni 1964 hat die Kultusministerkonferenz in Köln einen sehr weisen Beschluß gefaßt, den ich zitieren möchte. Dort heißt es:
    In einem demokratischen Bundesstaat kann und darf Bildungsplanung nur in einer steten Wechselwirkung zwischen den Ländern und dem Bund erfolgen. Die Bildungsplanung der Länder setzt auch die Kenntnis der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung und des sich daraus ergebenden langfristigen Bedarfs an qualifizierten Kräften der einzelnen Aus- und Fortbildungsstufen voraus. Hierzu ist die Hilfe des Bundes erforderlich.
    In der Tat ist die Mitwirkung des Bundes bei allen diesen Fragen unentbehrlich, und deswegen bedauern wir, daß nun die SPD in ihrem Beschluß in Heidelberg einen anderen Weg gegangen ist.
    Ich darf noch einmal unterstreichen: der für die Wirtschafts- und Sozialpolitik verantwortliche Bund kann angesichts der Abhängigkeit der sozialen und ökonomischen Entwicklung vom Stand des Bildungswesens nicht darauf verzichten, auf die Bildungspolitik wenigstens beratend Einfluß zu nehmen. Da der Bund weder legislative noch exekutive Befugnisse an sich nehmen will, wäre jede Bundesängstlichkeit seitens der Länder völlig fehl am Platze.
    Die CDU und die FDP haben deshalb in einem Antrag, der dem Hause noch vorgelegt werden wird, den Bund aufgefordert, in einem Verwaltungsabkommen auf die Errichtung eines Bildungsrates hinzuwirken. Dieser Bildungsrat soll in sachlichem und organisatorischem Zusammenhang mit dem Wissenschaftsrat gebildet werden. Die Elemente einer solchen Konstruktion würden sein: 1. die enge Verzahnung von Wissenschaft und Bildung, 2. die Zusammenarbeit von pädagogischem, wissenschaftlichem Sachverstand und der hohen Bürokratie, d. h. mit den Vertretern des Bundes und der Länder, 3. schließlich die angemessene Beteiligung des Bundes.
    Auf diesem Hintergrund muß der Beschluß in Heidelberg vom 27. März 1965 gesehen werden. Danach will die SPD nunmehr einen Bildungsrat, der sich aus sachkundigen Persönlichkeiten aus Wissenschaft, Bildungswesen, Wirtschaft und Politik zusammensetzt. Unter „Politik" sind hier Einzelpersönlichkeiten zu verstehen und nicht etwa verantwortliche Vertreter der Bundesregierung oder der Landesregierungen.

    (Zuruf des Abg. Dr. Lohmar.)

    Mein Kollege Lohmar hat im Ausschuß — er wird unruhig und beginnt sich einzumischen, weil er weiß, was jetzt kommt — auf die präzise Frage, ob das so sei, mit Ja geantwortet

    (Abg. Dr. Lohmar meldet sich zu einer Zwischenfrage)

    — ich will den Satz erst zu Ende bringen — und dem Antrag der CDU und der FDP, in den Beschluß aufzunehmen: „Vertreter der Bundesregierung und der Landesregierungen", mit seinen Freunden ausdrücklich widersprochen und damit das Modell des Deutschen Ausschusses wiederhergestellt. — Bitte, Herr Lohmar.