Rede von
Harri
Bading
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Kampf gegen den Lärm ist nicht gerade jüngsten Datums. Die Lärmbelästigung hat die Menschen schon lange gequält. Ich darf daran erinnern, daß sich Schopenhauer bereits durch die Peitschenknallerei veranlaßt gesehen hat, ein Traktat über Lärm und Geräusche zu schreiben. Nun, inzwischen sind die Zeiten fortgeschritten, aber ein sehr kluger Mann — es handelt sich um Robert Koch — hat auch schon um die Jahrhundertwende gesagt: Die Menschheit wird einmal den Lärm ebenso bekämpfen müssen, wie wir die Cholera bekämpfen. Ich glaube, diese Prophezeiung ist tatsächlich nichtig gewesen. Wir sind jetzt alle verpflichtet, uns mit den vielen Lärmquellen, die um uns sind, zu beschäftigen und für den Schutz der Menschen zu sorgen. Wir können das nicht mehr allein der Polizei überlassen.
Nun hat der Bund hierbei eine etwas schwierige Aufgabe; denn er ist keineswegs für alle diese Bekämpfungsmaßnahmen zuständig. Er hat eigentlich eine volle Zuständigkeit nur im wirtschaftlichen Bereich, und schon in den Fragen des Verkehrs ist die Zuständigkeit geteilt. Er hat wohl einen Einfluß auf die Zulassung von Kraftfahrzeugen; aber auf eine Ordnung des Verhaltens der Kraftfahrer hat er schon keine Einflußmöglichkeit mehr.
Was haben wir nun bisher auf dem Gebiet der Lärmbekämpfung gemacht? Wir haben die Gewerbeordnung ergänzt und das BGB geändert, eine Änderung, die den Industrielärm betrifft, und haben damit alle gewerblichen Betriebe erfaßt, die anmelde- und genehmigungspflichtig sind. Aber für Betriebe, die nicht unter diese Kategorie fallen, fehlt schon wieder die Zuständigkeit des Bundes für Ordnungsmaßnahmen. Gott sei Dank stehen wir in der Bekämpfung des Lärms nicht allein. Auch die Länder haben schon auf diesem Gebiet eine ganze Reihe von Maßnahmen getroffen. Ich darf an die Initiativen von Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg erinnern. Ich hoffe, daß die anderen Länder folgen werden.
Wir stellen außerdem vom Bund her eine Anforderung an die Kraftfahrzeuge, wie ich bereits sagte. Aber auch hier bleibt noch vieles zu regeln offen. Ich denke z. B. an die Ersetzung der Hubraumsteuer durch eine andere Steuer. Wenn wir alle Mercedes 600 führen oder fahren könnten, wäre der Straßenlärm sehr stark eingeschränkt.
Nun möchte ich auf den uns heute beschäftigenden kleinen Stein im großen Mosaik der Lärmbekämpfungsmaßnahmen eingehen: auf die Baulärmbekämpfung. Warum beschäftigen wir uns gerade hiermit? Ich sage es ganz offen: Hier bestehen besonders gute Voraussetzungen für die Lärmbekämpfung, weil es sich um ein rein wirtschaftliches Ordnungsgesetz handelt, für das die Zuständigkeit des Bundes gegeben ist.
Außerdem sind die technischen Voraussetzungen hier relativ günstig; denn es gibt laute und es gibt leise Baumaschinen. Es ist nur notwendig, die Wirtschaft anzuregen und zu veranlassen, in Zukunft nur noch die leisen Baumaschinen zu benutzen.
Meine Damen und Herren, ich bin mir selbstverständlich bewußt, daß das, wie gesagt, nur ein kleines Mosaiksteinchen ist. Es werden noch viele Probleme zu lösen sein. Aber wir sollten uns nicht davor scheuen, auch hier im kleinen eine Quelle des Lärms zu verstopfen. Mit leichtem Grausen denke ich an die Zukunft, wenn erst der Überschall-Flugverkehr im zivilen Bereich auf uns zukommen wird. Aber vorläufig wollen wir uns hiermit begnügen.
Im vergangenen Sommer hat der bekannte Theaterterkritiker Friedrich Luft einmal einen Artikel geschrieben mit dem Titel: „Die Wut über die verlorne Stille" . Zu keinem Thema hat die Zeitung mehr Leserzuschriften erhalten als zu diesem Artikel. Nun ist Wut eigentlich ohnmächtiger Zorn. Wir brauchen also nicht wütend zu sein, denn wir sind nicht ohnmächtig. Wir brauchen nur den Willen zu haben, etwas zu tun.
Ich begrüße daher im Namen meiner Fraktion diesen Antrag und möchte anregen, daß er dem Gesundheitsausschuß überwiesen wird.