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    Deutscher Bundestag 169. Sitzung Bonn, den 26. Februar 1965 Inhalt: Überweisung von Empfehlungen der WEU an Ausschüsse 8437 A Erweiterung der Tagesordnung 8437 A Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Ausübung der Berufe des Masseurs, des Masseurs und medizinischen. Bademeisters und des Krankengymnasten (Abg. Dr. Hamm [Kaiserslautern], Dr. Jungmann, Dr. Dittrich, Frau Dr. Hubert u. Gen.) (Drucksache IV/3057) — Erste Beratung — . . . . . . . . 8437 B Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1965 (Haushaltsgesetz 1965) (Drucksachen IV/2500, IV/2901 bis IV/2932) ; Zusammenstellung der Beschlüsse des Bundestages in zweiter Beratung (Drucksache IV/3114) — Dritte Beratung — Dr. Conring (CDU/CSU) 8437 D Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller (SPD) 8447 D Dr. Emde (FDP) 8458 D Dr. Dahlgrün, Bundesminister . . 8464 D Dr. Althammer (CDU/CSU) . . . 8471 C Dr. Tamblé (SPD) . . . . . . . 8473 D Hermsdorf (SPD) . . . . . . . . 8474 A Leicht (CDU/CSU) . . . . . . . 8475 B Struve (CDU/CSU) . . . . . . . 8479 C Leber (SPD) . . . . . . . . . 8480 A Wagner (CDU/CSU) . . . . . . 8482 A Gescheidle (SPD) . . . . . . . . 8482 A Killat (SPD) . . . . . . . . . 8482 D Seidel (Fürth) (SPD) . . . . . . 8483 B Dr. Kliesing (Honnef) (CDU/CSU) . . 8483 C Frau Geisendörfer (CDU/CSU) . . . 8484 A Schriftlicher Bericht des Außenhandelsausschusses über den Vorschlag der Kommission der EWG für eine Verordnung des Rats über die Festsetzung der Einschleusungspreise für Bruteier von Hausgeflügel und für lebendes Hausgeflügel mit einem Gewicht von höchstens 125 Gramm (Drucksachen IV/3104, IV/3117) . . . 8484 D Nächste Sitzung 8484 D Anlagen 8485 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 169. Sitzung. Bonn, Freitag, den 26. Februar 1965 8437 169. Sitzung Bonn, den 26. Februar 1965 Stenographischer Bericht Beginn: 9.02 Uhr
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    Berichtigung Es ist zu lesen: 167. Sitzung Seite 8402 C Zeile 5 statt „60" : 6. Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordneter) beurlaubt bis einschließlich a) Beurlaubungen Adorno 26. 2. Dr. Aigner * 26. 2. Dr. Aschoff 26. 2. Dr. Atzenroth 26. 2. Dr. Dr. h. c. Baade 28. 2. Bading * 26. 2. Dr. Barzel 26. 2. Bazille 26. 2. Benda 26. 2. Berlin 19. 3. Biechele 15. 3. Dr. Birrenbach 9. 3. Blachstein 27. 2. Dr. Bleiß 26. 2. Blumenfeld 26.2. Brese 26. 2. Deringer 5. 3. Dr. Dörinkel 26. 2. Drachsler 26. 2. Dr. Dr. h. c. Dresbach 15. 3. Eisenmann 26. 2. Frau Engländer 26. 2. Ertl 26. 2. Etzel 26. 2. Dr. Franz 26. 2. Gaßmann 26. 2. Dr. Gleissner 26. 2. Häussler 26. 2. Härzschel 26. 2. Frau Dr. Heuser 26. 2. Dr. Imle 26. 2. Dr. h. c. Jaksch 26. 2. Kalbitzer 26. 2. Frau Dr. Kiep-Altenloh 26. 2. Klinker* 26. 2. *) Für die Teilnahme an Ausschußsitzungen des Europäischen Parlaments Abgeordneter) beurlaubt bis einschließlich Kriedemann * 26. 2. Krug 26. 2. Frhr. von Kühlmann-Stumm 26. 2. Kulawig 15. 4. Kurtz 26. 2. Lenz (Bremerhaven) 29. 3. Leukert 26. 2. Liehr 26. 2. Logemann 26. 2. Dr. Löbe 26. 2. Lücker (München) * 26. 2. Maier (Mannheim) 26. 2. Dr. Mälzig 26. 2. Mattick 26. 2. Mauk * 26. 2. Dr. h. c. Menne 26. 2. Metzger 28. 2. Müser 27. 2. Neumann (Allensbach) 26. 2. Peters (Norden) 26. 2. Dr. Pflaumbaum 26. 2. Frau Dr. Probst 26. 2. Rademacher * 26. 2. Ramms 26. 2. Reichhardt 26. 2. Richarts * 26. 2. Ritzel 28. 2. Scheuren 26. 2. Schlick 26. 2. Dr. Schneider (Saarbrücken) 21. 3. Dr. Schwörer 26. 2. Dr. Starke 26. 2. Steinhoff 28. 2. Storch * 26. 2. Strauß 26. 2. Sühler 26. 2. Unertl 27. 2. Urban 26. 2. Walter 26. 2. Wehner 20. 3. Weinkamm 28. 2. Wienand 7. 3. Wilhelm 26. 2. Dr. Wuermeling 27. 2. 8486 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 169. Sitzung. Bonn, Freitag, den 26. Februar 1965 Anlage 2 Schriftliche Ergänzung der mündlichen Ausführungen des Abgeordneten Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller zum Haushaltsgesetz 1965 Gesetzentwürfe aus den Koalitionsfraktionen lt. Aufstellung des BFM vom Februar 1965 Beantragt von Kurztitel Mehrausgaben/Mindereinnahmen Jahresbelastung für den Bundestags- Bund Rechnungsjahr 1965 Drucksache — in Millionen DM — I. CDU/CSU IV/2718 Gesetz zur Änderung des Zweiten Wohnungsbaugesetzes 70 (1966: 140,1967: 210) IV/1762 Reparationsschädengesetz 800 (1965-1986: 18 Mrd.) IV/2707 Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Postverwaltungsgesetzes 410 *) (145 + 265) IV/2697 Gesetz zur Änderung des Beförderungsteuergesetzes (Beratung im Finanzausschuß abgeschlossen) 3,8 IV/2417 Änderung des Straßenverkehrsgesetzes 12 I. insgesamt 1 295,8 II. CDU/CSU, FDP IV/3000 - Gesetz über Gewährung einer jährlichen Sonderzuwendung 90 (Beamte einschließ- nachrichtlich: lich Versorgungs- Post: 73 Mio empfänger) Bahn: 92 Mio Angestellte und Arbeiter: 39 Mio IV/2342 Entwurf eines Gesetzes .zur Änderung des EStG (Versorgungsbezüge) 160 II. insgesamt 250 III. FDP 250 einmalig IV/1863 4. Gesetz zum -G 131 (vgl. BT-Drucksache IV/1840) 425,7lfd. IV/2011 Gesetz zur Änderung des Landwirtschaftsgesetzes 4 000 als Durchschnitt (3000-5000) IV/1161 Gesetz zur Änderung -des Einkommensteuergesetzes (Mehrarbeitslohn) - 160 IV/2686 Entwurf eines Gesetzes zur Förderung der Vermögensbildung (Prämiengesetz) 160 III. insgesamt 4 995,7 Summe I.—III. insgesamt 6 541,5 *) Abweichend von BFM-Aufstellung, dort Kosten für 1965 mit 655 Mio als Mittelwert angegeben [105 (aus 65-145) plus 550 (aus 500-600) Mio] Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 169. Sitzung. Bonn, Freitag, den 26. Februar 1965 8487 Gesetzentwürfe der SPD-Fraktion Jahresbelastung für den Bund Schätzung BT-Drs. Kurztitel SPD BMF lt. Schrb. IV/ in Mio DM Dáhlgrün Februar 1965 in Mio DM 468 Bundeskindergeldgesetz — wird von SPD zurückgezogen. . 220 220 2608 Bundeskindergeldgesetz — erledigt durch CDU-Vorlage 1 000 1 000 Drucksache IV/2649 780 780 415 Ausbildungsförderung 90 750 als Durchschnitt 562 Mutterschutz 590 590 694 Flüchtlingsgesetz 300 900 als Durchschnitt 64 Zuckersteuer 110 110 65 Kaffeesteuer 1 000 1 000 werden 66 Teesteuer zurückgezogen 32 32 2047 EStG-erschwerte Haushaltsführung (inkl. Frei- betrag für über 60jährige); insgesamt 700 Mio (Bund und Länder) 273 273 1850 3. Wohnungsbaugesetz 1) 700 1) 860 1) 2782 Postverwaltungsgesetz (fiktive Kosten für 1965) 410 2) (410) 2) 1947 Altershilfe für Landwirte erledigt durch 840 Mio Vorfeldbereinigung 210 210 2822 Marktstrukturgesetz — Einsparung an anderen Stellen .... — 100 2687 Vermögensbildung der Arbeitnehmer — Steuermind. Bund .. 105 170 273 Prämien für Sparbeiträge 350 360 (350-375) 1. Haushaltsverschlechterung Bund insgesamt 5 170 6 765 Anmerkungen 1) und 2) vgl. S. 8488 8488 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 169. Sitzung. Bonn, Freitag, den 26. Februar 1965 Jahresbelastung für den Bund Schätzung Verbleibende Netto-Belastungen aus SPD-Anträgen SPD unter Berücksichtigung von in Mio DM Zahlen BMF in Mio DM 1. Haushaltsverschlechterung Bund insgesamt 5 170 6 765 2. davon ab: a) zurückgezogene SPD-Anträge 1 635 1 635 b) durch Reg./Koalitionsvorlagen erledigte SPD-Anträge 990 990 3. Verbleiben Haushaltsverschlechterung Bund durch lfd. SPD-Anträge 2 545 4 140 4. Saldierung mit entsprechenden Koalitionsanträgen: a) Mutterschutz SPD Drs. IV/562 590 Reg. Vorlage Krankenvers. Drs. IV/816 260 b) Postverwaltungsgesetz SPD Drs. IV/2782 410 2) CDU/CSU Drs. IV/2707 410.2) c) Vermögensbildung Arbeitnehmer SPD Drs. IV/2687 105 Regierungsvorlage 90 d) Prämien für Sparbeiträge SPD Drs. IV/273 350 FDP-Vorlage Drs. IV/2686 160 Summe der entsprechenden Koalitionsanträge ist abzusetzen von Ziff. 3 920 920 danach 5. Verbleibende Belastung aus SPD-Anträgen nach Saldierung mit entsprechenden Koalitionsanträgen 1 625 3 220 Nachrichtlich: Mehreinnahmen nach SPD-Schätzung in Mio DM für Bund IV/ 722 Verzinsung von Abschlußzahlungen bei der ESt 150 IV/1569 Erhöhung der Körperschaftsteuer für ausgeschüttete Gewinne 230 IV/1567 Beschränkung der Abzugsfähigkeit gezahlter Vermögensteuer . 98 Summe der Mehreinnahmen Bund: 478 Anmerkungen: 1) Das 3. Wohnungsbaugesetz der SPD soll das zur Zeit noch weiterbestehende 2. Wohnungsbaugesetz ablösen, schließt das zur Zeit von der Bundesregierung vorbereitete Städtebauförderungsgesetz ein und regelt außerdem die gesamte Modernisierung und Instandsetzung für Altbauten. Ein großer Teil der durch dieses Gesetz erforderlichen Mittel wird schon jetzt durch die geltenden Gesetze, durch besondere Titel im Haushaltsplan und durch Gesetzesvorlagen der CDU/CSU und der Bundesregierung bereitgestellt bzw. bereitgestellt werden. 2) Abweichend von BFM-Aufstellung; hier Kosten für 1965 angegeben für SPD und CDU/CSU je 410 Mio DM. Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 169. Sitzung. Bonn, Freitag, den 26. Februar 1965 8489 Anlage 3 Umdruck 592 Änderungsantrag der Fraktion der SPD zur zur dritten Beratung des Entwurfs Ides Haushaltsgesetzes 1965, hier: Einzelplan 04 — Geschäftsbereich des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramtes (Drucksachen IV/2500 Anlage, IV/2904). Der Bundestag wolle beschließen: Zu Kap. 04 03 — Presse- und Informationsamt der Bundesregierung — 1. Im Tit. 300 — Zur Verfügung des Bundeskanzlers für Förderung des Informationswesens — (Drucksache IV/2500 Anlage S. 25) wird der Ansatz von 13 000 000 DM um 5 000 000 DM auf 8 000 000 DM gesenkt. Der Haushaltsvermerk erhält folgende Fassung: „Die Jahresrechnung über die Einnahmen und Ausgaben dieses Titels unterliegt nur der Prüfung eines Unterausschusses ides Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestages unid des Präsidenten des Bundesrechnungshofes. Die Erklärungen des Unterausschusses und des Präsidenten :des Bundesrechnungshofes bilden die Grundlage für ¡die Entlastung der Bundesregierung." 2. Tit. 314 — Aufklärung und Unterrichtung der Bevölkerung auf den Gebieten der Sozialinvestitionen — 5 000 000 DM — Drucksache IV/2904 S. 4) wird gestrichen. Bonn, den 24. Februar 1965 Erler und Fraktion Anlage 4 Umdruck 593 Änderungsantrag der Fraktion der SPD zur dritten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1965, hier Einzelplan 06 — Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern (Drucksachen IV/2500 Anlage, IV/2906). Der Bundestag wolle beschließen: Zu Kap. 06 02' — Allgemeine Bewilligungen —1. In Titel 612 — Sondermittel für Aufgaben der Parteien nach Artikel 21 des Grundgesetzes — (Drucksache IV/2500 Anlage S. 26) wird der Ansatz von 38 000 000 'DM um 18 000 000 DM auf 20 000 000 DM vermindert. 3. Bei Titel 657 — Zuschüsse auf dem Gebiet des Bildungswesens — (Drucksache IV/2906 S. 3) wird in Buchstabe a — Studentenförderung — der Ansatz von 57 665 000 DM um 4 000 000 DM auf 61 665 000 DM erhöht. 4. In Titel 973 — Für Spitzenfinanzierung des Baues von Turn- und Sportstätten — (Drucksache IV/2906 S. 3) wird der Ansatz von 36 000 000 DM um 14 000 000 DM auf 50 000 000 DM erhöht. Bonn, den 24. Februar 1965 Erler und Fraktion Anlage 5 Umdruck 595 Änderungsantrag der Abgeordenten Gibbert, Dr. Weber (Koblenz), Josten und Genossen zur dritten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1965, hier Einzelplan 10 — Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (Drucksache IV/2500 Anlage, IV/2910, Ergänzung zu IV/2910). Der Bundestag wolle beschließen: Der Erläuterung zu Kap. 10 02 Tit. 959 — Investitionshilfe für landwirtschaftliche Betriebe (Anpassungshilfe 1965) — Ergänzung zu Drucksache IV/2910 S. 13) wird folgender Satz angefügt: „In den Richtlinien sind 10 000 000 DM dem Stabilisierungsfonds für Wein zuzuweisen." Bonn, den 25. Februar 1965 Gibbert Dr. Weber (Koblenz) Josten Arndgen Becker (Pirmasens) Draeger Franzen Günther Holkenbrink Frau Klee Dr. Kliesing (Honnef) Knobloch Leicht Lenze (Attendorn) Leonhard Richarts Stauch Dr. Süsterhenn Dr. Zimmer Anlage 6 Umdruck 596 Änderungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU, FDP zur dritten Beratung ,des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1965, hier: Haushaltsgesetz 1965 (Drucksachen IV/2500, IV/2932, IV/3114). Der Bundestag wolle beschließen: 1. In § 8 Abs. 1 wird der neu eingefügte Satz 3 gestrichen. 2. In § 9 Abs. 2 wird Satz 2 wie folgt gefaßt: „Ausgenommen von der Sperre sind die Mittel zur Gebäudeunterhaltung (Titel 204 und Kapitel 8490 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 169. Sitzung. Bonn, Freitag, den 26. Februar 1965 24 03 Titel 400) sowie für Tiefbaumaßnahmen des Straßenbaues im Einzelplan 12." Bonn, den 25. Februar 1965 Brand und Fraktion Schultz und Fraktion Anlage 7 Umdruck 598 Änderungsantrag der Fraktion der SPD zur dritten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1965, hier: Haushaltsgesetz 1965 (Drucksachen IV/ 2500, IV/2932, IV/3114). Der Bundestag wolle beschließen: § 13 wird wie folgt gefaßt: „§ 13 (1) Der Haushaltsausschuß des Deutschen Bundestages wird ermächtigt, auf Antrag des Bundesministers der Finanzen Planstellen umzuwandeln oder zusätzlich zu schaffen. (2) Neue Planstellen sind mit dem Vermerk „künftig wegfallend", umgewandelte Planstellen mit dem Vermerk „künftig umzuwandeln" zu versehen. ) Über den weiteren Verbleib der neugeschaffenen oder umgewandelten Planstellen ist in dem nächsten Haushaltsplan zu entscheiden." Bonn, den 26. Februar 1965 Erler und Fraktion Anlage 8 Umdruck 585 Entschließungsantrag der Fraktion der SPD zur dritten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1965, hier: Einzelplan 06 - Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern (Drucksachen IV/2500 Anlage, IV/2906). Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird ersucht, für einen Nachtragshaushalt im Rechnungsjahr 1965 einen ersten Schritt zur Harmonisierung der Stellenpläne zwischen Bund und Ländern vorzubereiten. Danach sollen die Planstellen der Eingangs- und ersten Beförderungsgruppe jeder Laufbahngruppe zusammengefaßt und ihre Gesamtzahl so festgelegt werden, daß die Beamten nach Erfüllung der laufbahnrechtlichen Voraussetzungen — im höheren Dienst 4 Jahre nach der Anstellung — in die erste Beförderungsstelle übernommen werden können. Die Planstellen für die zwei Spitzengruppen jeder Laufbahngruppe sollten im Verhältnis 2:1 geschlüsselt werden. Für die Harmonisierung der Stellenpläne sollte ein Zeitraum von insgesamt 3 Jahren vorgesehen sein. Bonn, den 23. Februar 1965 Erler und Fraktion Anlage 9 Umdruck 577 Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU/ CSU, FDP zur dritten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1965, hier: Einzelplan 06 — Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern (Drucksachen IV/2500 Anlage, IV/2906). Der Bundestag wolle beschließen: Dank der Initiative der Bundesregierung für eine allgemeine Anhebung der Beamtengehälter und der Einführung der jährlichen Sonderzuwendung an Beamte und Versorgungsempfänger im Jahre 1964 ist es gelungen, insoweit ein einheitliches Vorgehen von Bund und Ländern zu sichern. Im Gegensatz dazu haben die Länder ihre Stellenpläne in starker Abweichung von 'den Grundsätzen des Bundes entwickelt, ohne daß bisher eine Begrenzung erkennbar ist. Die Bundesregierung hat 'bislang keine rechtliche Möglichkeit, eine Vereinheitlichung auf diesem Gebiet zu erreichen, nachdem der Bundestag eine verstärkte rahmenrechtliche Bindung für die Besoldung abgelehnt hat. Inzwischen prüft die vom Herrn Bundesminister des Innern berufene Besoldungskommission, in welcher Weise und in welchem Ausmaß die notwendige Angleichung der Stellenpläne vorgenommen werden muß, inwieweit die Veränderungen in der Struktur des öffentlichen Dienstes sowie in der Bewertung der Aufgaben einzelner Beamtengruppen oder Ämter im Besoldungssystem zu berücksichtigen sind und wie eine Vereinheitlichung der Stellenpläne gesichert werden kann. Unabhängig davon ist es aber nun notwendig, die Stellenpläne des Bundes an die der Länder heranzuführen. Aus diesem Grunde wird die Bundesregierung ersucht, 1. dem Bundestag alsbald Vorschläge für eine entsprechende Verbesserung der Stellenpläne in den Bundesverwaltungen zu unterbreiten, 2. Lösungen vorzuschlagen, die künftig eine weitgehende Übereinstimmung in der Entwicklung der Stellenpläne bei Bund und Ländern sichern. Bonn, den 23. Februar 1965 Brand und Fraktion Mischnick und Fraktion Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 169. Sitzung. Bonn, Freitag, den 26. Februar 1965 8491 Anlage 10 Schriftliche Begründung des Abgeordneten Wagner zu dem Entschließungsantrag Umdruck 577. Der Stellenanteil an den Beförderungsgruppen der einzelnen Dienste klafft zwischen den Länderbeamten und den Bundesbeamten weiter auseinander, obwohl der Bund in den Jahren 1963 und 1964 durch erhebliche Verbesserungen seines Stellenverhältnisses, vor allem im einfachen und im mittleren Dienst, große Anstrengungen unternommen hat, dem abzuhelfen. Der Deutsche Bundestag hat § 13 des Haushaltsgesetzes 1965 nach dem Vorschlag der CDU/CSU und FDP verabschiedet, wodurch sichergestellt ist, daß 1965 Stellenumwandlungen nicht an haushaltsrechtlichen Gründen scheitern. Der Ihnen vorgelegte Entschließungsantrag Umdruck 577 beinhaltet folgerichtig den zweiten Schritt, um notwendige Stellenverbesserungen noch vor Eintritt in die Sommerpause herbeizuführen. Dies ist nach unserer Auffassung im Bereich der Bundesverwaltung vor Inangriffnahme der großen Besoldungsreform erforderlich. Bundesminister Höcherl hat erklärt, er werde seine Vorschläge rechtzeitig dem Bundestag zuleiten — ich hoffe, daß sich die Betriebsverwaltungen Bahn und Post diese Überlegungen anschließen —. Dieses Parlament und diese Bundesregierung müssen bei Verwirklichung ihrer beamtenpolitischen Konzeptionen von dem unteilbaren Begriff der gesamten deutschen Beamtenschaft ausgehen. Wir können es nicht zulassen, daß bei gleicher Vorbildung, bei gleicher Bedeutung der Dienstleistungen und bei gleicher Verantwortung unterschiedliche Beförderungschancen bestehen, je nachdem, ob es sich um Bundes- oder Länderbeamte handelt; infolgedessen muß der Bund die Stellenverhältnisse in allen Bereichen seiner Verwaltungen an die der Länder anpassen, wenn er nicht zulassen will, daß in seinem Bereich das Leistungsprinzip weitgehend seines Inhalts beraubt wird. Mit Ziffer 2 unserer Entschließung wollen wir erreichen, daß künftig die Übereinstimmung der Stellenpläne in allen Bereichen des öffentlichen Dienstes erreicht wird. Wir halten es für die Pflicht aller Dienstherren in Bund, Ländern und Gemeinden, daran durch freiwillige Selbstbindung mitzuarbeiten. Ich kann nicht ganz die Genugtuung verstehen, die dann und wann aus Stellungnahmen der Opposition herauszuhören ist, wenn sie davon spricht, daß sie die Harmonisierung der Beamtenbesoldung verhindert hat. Hat die Opposition wirklich so viel Anlaß, darauf stolz zu sein? Wäre es denn nicht wirklich vom wohlverstandenen Interesse der gesamten Beamtenschaft aus betrachtet besser, wenn wir eine Regelung fänden, damit Gleiches nicht ungleich behandelt wird? Darum geht es doch und nicht um den Vorwurf, den wir immer wieder zu hören bekommen, daß wir nur daran denken, die Fortentwicklung der Stellenpläne und der Beamtenbesoldung zu hemmen. Wer die politischen Strukturen unseres föderalistischen Systems betrachtet, für den wird offenbar, daß es immer wieder Dienstherren geben wird, die in Besoldungsfragen die Fahne an sich reißen und im Alleingang davonstürmen. Dies kann ich nicht als einen edlen Wettstreit ansehen. Noch einmal: bei dem Bemühen, Stellenpläne und Besoldung zu harmonisieren, geht es nicht darum, den Beamten den ihnen zustehenden Anteil an der wirtschaftlichen Aufwärtsentwicklung vorzuenthalten. Es geht allein darum, daß alle Dienstherren gemeinsame Fortschritte in der Beamtenbesoldung verwirklichen. Ich bitte, dem Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU und FDP auf Umdruck 577 zuzustimmen. Anlage 11 Umdruck 579 (neu) Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Conring, Gewandt, Dr. Müller-Hermann, Blumenfeld und der Fraktion der CDU/CSU und der Abgeordneten Dr. Aschoff, Frau Dr. Kiep-Altenloh, Dr. Labe, Peters (Poppenbüll), Ramms und der Fraktion der FDP zur dritten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1965, hier: Einzelplan 09 — Geschäftsbereich de's Bundesministers für Wirtschaft (Drucksachen IV/2500 Anlage, IV/2909). Der Bundestag wolle beschließen: Der Bundestag nimmt von der „Untersuchung über die wirtschaftliche Lage und Strukturverhältnisse der Schiffsbauindustrie der Bundesrepublik Deutschland im internationalen Wettbewerb" (Werftenquete), die durch die Bundesregierung durchgeführt worden ist, zustimmend Kenntnis. Die Bundesregierung wird ersucht, aus der in der Werftenquete getroffenen Feststellung die Folgerungen zu 'ziehen, 'die zur Erhaltung der Wettbewerbslage der deutschen Seeschiffswerften, insbesondere zur Sicherung von Anschlußaufträgen für den Export von Seeschiffen, erforderlich sind. Bonn, den 23. Februar 1965 Dr. Conring Gewandt Dr. Müller-Hermann Blumenfeld Brand und Fraktion Dr. Aschoff Frau Dr. Kiep-Altenloh Dr. Löbe Peters (Poppenbüll) Ramms Mischnick und Fraktion Anlage 12 Umdruck 578 Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU/ CSU, FDP zur dritten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1965, hier: Einzelplan 10 — Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (Drucksachen IV/2500 Anlage, IV/2910, Ergänzung zu 1V/2910). 8492 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 169. Sitzung. Bonn, Freitag, den 26. Februar 1965 Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird ersucht, 1. dafür Sorge zu tragen, daß ebenso wie im Haushaltsjahr 1965 bei der Finanzierung .aus Kapitalmarktmitteln auch in den kommenden Haushaltsjahren die Empfänger der Mittel nicht zusätzlich belastet und die vorgesehenen Mittel zur Erfüllung des Zweiten Fünfjahresplans zur Verfügung stehen. 2. die Tilgungssätze der Siedlungskredite für Nebenerwerbssiedlungen bis zu 2 % herabzusetzen, um minderbemittelten Bewerbern die Aufbringung des erforderlichen Eigenkapitals zu erleichtern. Bonn, den 23. Februar 1965 Brand und Fraktion Mischnick und Fraktion Anlage 13 Umdruck 584 Entschileßungsantrag der Fraktion der SPD zur dritten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1965, hier: Einzelplan 11 — Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung (Drucksachen IV/2500 Anlage, IV/2911). I Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird beauftragt, für unverzügliche Begleichung der Zahlungsverpflichtungen gegenüber den Trägern der sozialen Krankenversicherung Sorge zu tragen, die in Auswirkung des Urteils des Bundessozialgerichts vom 29. Juli 1964 (3 RK 23/63) auf Grund des § 205 d der Reichsversicherungsordnung in der Zeit vom 1. April 1950 bis einschließlich 27. November 1962 entstanden sind. Bonn, den 23. Februar 1965 Erler und Fraktion Anlage 14 Umdruck 597 Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU/ CSU, FDP und der Abgeordneten Heiland und. Genossen zur dritten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1965, hier Einzelplan 11 — Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung (Drucksachen IV/2500 Anlage, IV/2911). Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird ersucht, für die Bemessung der Leistungen des Bundes an die knappschaftliche Rentenversicherung für Rechnung der Unternehmen des Steinkohlen- und Eisenerzbergbaus nach Kapitel 11 13 Titel 650 des Bundeshaushaltsplans 1965 zu gegebener Zeit zu prüfen, ob wegen der Entwicklung der besonderen Bedingungen im Steinkohlen- und Eisenerzbergbau wie im Jahr 1964 ein Bemessungssatz von 4,5 v. H. der beitragspflichtigen Arbeitsverdienste zugrunde zu legen ist. Bonn, den 25. Februar 1965 Heiland Anders Beuster Braun Büttner Frau Döhring Frau Eilers Dr. Eppler Folger Gerlach Glombig Hauffe Frau Herklotz Hermsdorf Hörmann (Freiburg) Jacobs Brand und Fraktion Mischnick und Fraktion Jacobi (Köln) Frau Kipp-Kaule Dr. Koch Koenen (Lippstadt) Dr. Kübler Dr. Meyer (Frankfurt) Müller (Ravensburg) Regling Reitz Frau Renger Riegel (Göppingen) Rohde Frau Rudoll Dr. Stammberger Steinhoff Dr. Tamblé Wischnewski Anlage 15 Schriftliche Begründung des Abgeordneten Killat zum Entschließungsantrag Umdruck 584. Es steht fest, daß die Träger der sozialen Krankenversicherung auf Grund eines höchstrichterlichen Urteils des Bundessozialgerichtes vom Juli 1964 Anspruch auf die Erstattung von Familienwochenhilfe haben, die von den Krankenkassen vorgeleistet worden ist. Dieser Anspruch ist von den Krankenkassen auf 264 Millionen DM veranschlagt worden. Diese 'Verpflichtung des Bundes steht unumstößlich fest. Offen ist nach wie vor die Frage, wann der Bund endlich seine Verpflichtung erfüllen wird. Unter dem Druck der drohenden Beitragserhöhung, die auf die Versicherten zukommt, falls der Bund nicht in Kürze seine Zahlungsverpflichtung erfüllt, haben alle Mitglieder des Sozialpolitischen Ausschusses bei der Beratung des Einzelplanes 11 einstimmig beschlossen, die Bundesregierung aufzufordern, umgehend die Folgerungen aus diesem Urteil zu ziehen. Der Entschließungsantrag trägt nicht mehr, wie ursprünglich gemeinsam beschlossen, die Unterschriften aller Fraktionen. Es entzieht sich meiner Kenntnis, ob in der Zwischenzeit — wie schon so oft — bei der letzten Entscheidung in den Fraktionen die Ausschußmitglieder der Koalitions- Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 169. Sitzung. Bonn, Freitag, den 26. Februar 1965 8493 parteien das Selbstbewußtsein verloren haben und nicht mehr die notwendige Courage aufbrachten, diesen Antrag in ihren Fraktionen durchzusetzen, oder ob auf Druck der Regierung die Fraktionsführungen die Antragsteller zurückgepfiffen haben. Wenn der Sachverstand zu entscheiden hätte, dann hätten Sie jetzt die Möglichkeit, durch Zustimmung zu diesem Ihrem Antrag sachgerecht zu entscheiden. Ich hoffe aber auch, daß die nicht absolut sachverständigen Mitglieder des Hauses in dieser Materie zustimmen werden, weil es sich hier um keine sozialpolitische, sondern um eine rechtlich-sittliche Verpflichtung handelt, die jeder Staatsbürger und erst recht eine Regierung hat, wenn es sich darum handelt, Gerechtigkeit walten zu lassen. Die Schuldnermoral in einem geordneten Rechtsstaat verlangt, daß unabänderliche, vom Gericht auferlegte Verpflichtungen umgehend erfüllt werden. Es wäre ein schlechtes Beispiel für unsere Staatsbürger, wenn die Regierung gerichtliche Schuldtitel nicht erfüllt, sondern das geschuldete Geld —264 Millionen DM — zur Finanzierung anderer Ausgaben verwendet, wie es praktisch durch die Nichteinsetzung eines entsprechenden Betrages im Haushalt 1965 geschehen ist. Es geht diesmal nicht, wie seinerzeit bei dem Müller von Sanssouci, um die Durchsetzung des Rechts gegenüber dem Staatssouverän, sondern genau umgekehrt. Diesmal geht es darum, einem letztinstanzlichen Urteil eines obersten Gerichtes gegenüber einer zahlungsunwilligen Regierung zum Durchbruch zu verhelfen. Durch Zustimmung zu diesem Antrag, dem praktisch die einmütige Auffassung aller Mitglieder des Sozialpolitischen Ausschusses zugrunde liegt, könnte das geflügelte Wort des Müllers von Sanssouci: „Ja, wenn es kein Kammergericht zu Berlin gäbe!" ersetzt werden durch: „Ja, wenn es keinen souveränen, von der Regierung unabhängigen Bundestag zu Bonn gäbe!" Deshalb darf ich der Hoffnung Ausdruck geben, daß dieser Antrag, der die Bundesregierung zur Innehaltung des Rechts verpflichten soll, Ihre Zustimmung findet. Anlage 16 Umdruck 580 Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Müller-Hermann, Mengelkamp, Drachsler, Lemmrich und der Fraktion der CDU/CSU zur dritten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1965, hier: Einzelplan 12 —Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr (Drucksachen IV/2500 Anlage, IV/2912). Der Bundestag wolle beschließen: I. Ausgehend von der Überzeugung, daß unsere Volkswirtschaft auf eine leistungsfähige Verkehrswirtschaft angewiesen ist, die ihre Dienstleistungen bei einer optimalen Steigerung des technischen Fortschritts zu den geringsten volkswirtschaftlichen Gesamtkosten anbietet, daß dies Ziel am ehesten über einen geordneten Wettbewerb auf der Basis möglichst gleicher Startbedingungen erreicht wird, der die Verkehrsunternehmen zu optimaler Leistung anspornt, daß die Bundesbahn auch in Zukunft das Rückgrat der Verkehrsbedienung bleiben wird, ersucht der Bundestag die Bundesregierung erneut, ihre Bemühungen um eine Angleichung der Startbedingungen — zugleich im Blick auf den Gemeinsamen Markt — zu verstärken sowie in Abstimmung mit Ländern und Gemeinden ein umfassendes Verkehrswegeprogramm aufzustellen, damit die Investitionen für die Infrastruktur — auch unter Berücksichtigung der Pläne der EWG — nach dem Grad der Dringlichkeit und ihrer gesamtwirtschaftlichen Ergiebigkeit sowie aufeinander ,abgestimmt vorgenommen werden. Insbesondere sollte eine stärkere Koordinierung zwischen den Bedürfnissen der Deutschen Bundesbahn und dem Straßenbau erfolgen. II. In Ergänzung der in § 30 a des Haushaltsgesetzes zum Thema Bundesbahn aufgestellten Forderungen ersucht der Bundestag die Bundesregierung, die finanziellen Beziehungen zwischen Bund und Bundesbahn mit dem Ziel einer eindeutigen Abgrenzung der beiderseitigen Verantwortlichkeiten abschließend zu regeln, die Verantwortlichkeiten der Organe der Bundesbahn klarer zu präzisieren, darauf hinzuwirken, daß die Bundesbahn größere und gezieltere Anstrengungen zur Verbesserung ihrer Kostensituation unternimmt, soweit dies ohne soziale Härten und ohne Schaden für eine optimale Befriedigung der Verkehrsbedürfnisse möglich ist. III. Der Bundestag regt in diesem Zusammenhang folgendes an: 1. Die Bundesbahn möge ihren inneren und organisatorischen Aufbau stärker als bisher den Bedürfnissen eines Wirtschaftsunternehmens anpassen. 2. Die Bundesbahn möge der schon im Brand-Gutachten abgegebenen Empfehlung unverzüglich nachkommen, ihre Regietätigkeit insbesondere im Eisenbahnoberbau und im Waggonbau abzubauen. 3. Die Bundesbahn möge größere Anstrengungen unternehmen, um durch Grundstücksverkäufe ihre Finanzsituation zu verbessern und insbesondere von der Möglichkeit Gebrauch zu machen, stillgelegte Bahnstraßen für den Straßenbau zur Verfügung zu stellen. 4. Die Bundesbahn möge im besonders lohnintensiven Stückgutverkehr dadurch einen Kostenabbau anstreben, 'daß der Verteiler- 8494 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 169. Sitzung. Bonn, Freitag, den 26. Februar 1965 und Zubringerverkehr künftig von und zu Knotenpunkten verstärkt in enger, möglichst auch organisatorisch zu unterbauender Zusammenarbeit mit Speditions- und Güterkraftverkehrsunternehmen abgewikkelt wird. 5. Die Bundesbahn möge im Flächenverkehr eine intensivere Zusammenarbeit mit Unternehmen des Straßenverkehrs aufnehmen, die es ihr gestattet, bei einer verbesserten, zumindest aber gleichwertigen Verkehrsbedienung einen unverhältnismäßig großen Aufwand dort abzubauen, wo dieser durch das verringerte Verkehrsaufkommen volkswirtschaftlich nicht mehr zu rechtfertigen ist und das Verkehrsaufkommen auf andere Weise volkswirtschaftlich wesentlich billiger bewältigt werden kann. Wo aus übergeordneten politischen Gründen — etwa im Zonenrandgebiet oder aus Gründen einer sinnvollen Regionalpolitik — von der Bundesbahn eine Verkehrsbedienung verlangt wird, die den Geboten der Eigenwirtschaftlichkeit widerspricht, hat die Bundesregierung auf diem Wege über abzugeltende Auflagen die Aufrechterhaltung von Strecken und Bahnhöfen sicherzustellen. 6. Die Bundesbahn möge ihr besonderes Augenmerk auch weiterhin auf die Verbesserung des öffentlichen Personennahverkehrs richten und durch Bereitstellung eines ausreichenden Sitzplatzangebotes und schnelle Reisezeiten, aber auch durch Pauschalierung der Fahrpreise und Automatisierung des Fahrkartenverkaufs einerseits die Attraktivität ihres Reiseverkehrs zu erhöhen, andererseits den personellen Aufwand einzudämmen versuchen. 7. Die Bundesbahn möge alle technischen Möglichkeiten ausschöpfen, um im Behälter- und Huckepackverkehr Anreize für den Güterkraftverkehr zu bieten, sich für die Beförderung zwischen Knotenpunkten der Bundesbahn zu bedienen. 8. Die 'Bundesbahn möge — unter Ausnutzung aller Möglichkeiten zur Verbesserung ihrer Wirtschaftsstruktur, zur Rationalisierung und zur Verminderung ihrer Ausgaben — einen weiteren Umbau ihres Tarifsystems vorbereiten mit dem Ziel, dem Prinzip der Kostendeckung für ihre Dienstleistungen unter Berücksichtigung der Marktlage näherzukommen, wo immer das Allgemeinwohl dies zuläßt. 9. Die Bundesregierung sollte, soweit trotz aller Rationalisierungsmaßnahmen kostendeckende Preise vor allem im Berufs- und Schülerverkehr auch mit Rücksicht auf eine mögliche Abwanderung zur Straße nicht erzielt werden können, a) mit 'den Ländern Verhandlungen führen mit dem Ziel, daß die Länder das Defizit der Bundesbahn aus dem Schülerverkehr übernehmen, b) durch eine unabhängige Gesellschaft prüfen lassen, ob die Aufteilung der 'Gemeinkosten der Bundesbahn ,auf ihre einzelnen Dienstleistungsbereiche den betriebswirtschaftlichen Notwendigkeiten entspricht und wettbewerbskonform ist, und gegebenenfalls entsprechende Vorschläge machen. 10. Die Bundesregierung möge die Bundesbahn veranlassen, baldmöglichst ein langfristiges Investitionsprogramm zur Abstimmung mit der Bundesregierung vorzulegen, das mit dem Ziel erhöhter Wirtschaftlichkeit die Bundesbahn in die Lage versetzt, sich bis 1970 die Gestalt zu geben, die bei richtiger Einschätzung der Bedürfnisse unserer Volkswirtschaft und des durch die technische Entwicklung bedingten Strukturwandels auf dem Verkehrsmarkt leine Bahn der Zukunft haben muß. Bonn, den 23. Februar 1965 Dr. Müller-Hermann Mengelkamp Drachsler Lemmrich Brand und Fraktion Anlage 17 Umdruck 594 Entschließungsantrag der Fraktion der CDU/ CDU und der Abgeordneten Ertl, Dr. Supf und Genossen zur dritten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1965, hier Einzelplan 12 — Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr (Drucksachen IV/2500 Anlage, IV/2912). Der Bundestag wolle beschließen: Der Deutsche Bundestag beauftragt die Bundesregierung, vor Übernahme von Verpflichtungen für den Nord-Süd-Kanal eine entsprechende Vereinbarung über den Weiterbau des Rhein-Main-Donau-Kanals von Nürnberg nach Regensburg zu treffen. Dabei sollte sichergestellt werden, daß die Bedingungen über die Beteiligung der betreffenden Länder beim Nord-Süd-Kanal und Rhein-Main-Donau-Kanal dieselben sind. Der Bundestag geht davon aus, daß die Bundesregierung bei Kanalneubauten ein unter volkswirtschaftlichen Gesichtspunkten vertretbares Gesamtverkehrswegeprogramm im Auge behält, Bonn, den 24. Februar 1965 Brand und Fraktion Ertl Dr. Supf Hammersen Dr. h. c. Menne Schmidt (Kempten) Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 169. Sitzung. Bonn, Freitag, den 26. Februar 1965 8495 Anlage 18 Schriftliche Begründung des Abgeordneten Dr. Müller-Hermann zu dem Entschließungsantrag Umdruck 580. Nach unseren Vorstellungen stellt sich das Verkehrswesen als eine große Einheit dar, die es bei aller Differenziertheit seines Leistungsangebotes zu höchster Wirksamkeit im Interesse des Allgemeinwohls zu entwickeln gilt. Für uns gibt es daher keine gesonderte Eisenbahnpolitik, keine gesonderte Binnenschiffahrts- oder Kraftverkehrspolitik, sondern nur eine Verkehrspolitik als Ganzes. Ein fairer Wettbewerb auf dem Verkehrsmarkt auf der Basis gleicher Chancen — innerhalb eines Ordnungsrahmens und ohne dogmatische Überspitzung — scheint uns der richtige Weg zu sein, um eine optimale Befriedigung der Verkehrsbedürfnisse zu gewährleiten. Die Gesamtschau des Verkehrs findet ihre Ergänzung in einer Vorausschau, die uns insbesondere bei den langfristigen Investitionen für den Verkehrswegeausbau wichtig erscheint. Um den größten volkswirtschaftlichen Nutzen unter angemessener Berücksichtigung der großräumigen wie der regionalen Bedürfnisse zu gewährleisten, halten wir gerade angesichts der unterschiedlichen Zuständigkeiten bei den Investitionen für die Infrastruktur eine bessere Abstimmung und Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern für notwendig. Unabhängig davon, daß im besonderen die Begrenztheit der Mittel eine Abstimmung der Verkehrswegebauten nach dem Grad der Dringlichkeit erforderlich macht, sollten sich alle Planungen bereits heute auf einen größeren Zeitraum einrichten, für den mir selbst eine Jahreszahl 2000 keineswegs illusionär zu sein scheint. Ohne daß wir die Probleme und Sorgen der mittelständischen Verkehrswirtschaft übersehen und unterschätzen wollen, gilt der Bundesbahn in diesem Haushalt verständlicherweise unsere besondere Sorge. Die akuten Schwierigkeiten sollten kein Anlaß für parteipolitische Demagogik sein. Wir dienen aber der Bundesbahn am wenigsten damit, daß wir — etwa angesichts der bevorstehenden Bundestagswahl — am Kern der Dinge vorbeireden. Wir sollten im Gegenteil alles tun, um den Eisenbahnern selbst Mut zu machen, indem wir alle Seiten des Problems beim Namen nennen. So ist es mir auch wichtig, festzustellen, daß nicht etwa alle Zuwendungen des Bundes die Abnahme eines echten Defizits darstellen. Die von meinen Freunden seit langem geforderte Befreiung der Bundesbahn von unzumutbaren betriebsfremden und politischen Lasten würde das Bilanzbild der Bundesbahn sofort entscheidend verbessern und das tatsächliche Defizit wesentlich kleiner erscheinen lassen. Unabhängig davon sind eigene Anstrengungen der Bundesbahn erforderlich und möglich, die zur Erhöhung ihrer Wirtschaftlichkeit beitragen können. Die in Abschnitt III des Entschließungsentwurfs enthaltenen Anregungen sind durchaus nicht neu und sollen auch nicht Ausdruck etwa von Besserwisserei sein, sie mögen vielmehr als ein Akt der Ermunterung an die Adresse der Führung und des Personals der Bundesbahn aufgefaßt werden, durch eine Vielzahl von Einzelaktionen das Wirtschaftsergebnis der Bundesbahn verbessern zu helfen. Um die Bahn der Zukunft zu entwickeln, sind zweifellos erhebliche Investitionen für Zwecke der Modernisierung und Rationalisierung erforderlich. Aus diesem Grunde wünschen wir die Erstellung eines langfristigen Investitionsprogramms, das die Bahn in die Lage versetzt, die Möglichkeiten des technischen Fortschritts überall da zu nutzen, wo der Betriebszweck und das Verhältnis von Aufwand und Wirkung dies rechtfertigen. Die Bundesbahn braucht für ihre eigenen Bemühungen die Unterstützung der Politik, darüber hinaus der ganzen Öffentlichkeit. Ich sage das ausdrücklich auch an die Adresse des Kollegen Möller, der meinte, das Wohl und Wehe der Bundesbahn nur von der Bundespolitik abhängig machen zu können. Die Umstellungen, die die technische Entwicklung und die Strukturveränderungen im Verkehrswesen von der Bundesbahn erfordern, setzen nicht nur ein Mitgehen der Bundespolitik, sondern ebenso ein Mitdenken aller politischen Ebenen voraus, von der Ebene der Bürgermeister bis zur Ebene der Ministerpräsidenten. Hier tragen auch Sie von der Opposition, auf der politischen Ebene wie in den Organen der Bundesbahn, ein gut Teil Mitverantwortung, der Sie sich nicht entziehen können. Ich fürchte sogar, daß Sie aus politischen Motiven sich in Ihrem Verhältnis zur Bundesbahn allzusehr als ein Beharrungselement erweisen, das in einer Zeit, in der die Bundesbahn nichts mehr braucht als ein fortschrittliches „Mit-der-Zeit-Gehen". Anlage 19 Schriftliche Begründung des Ab-geordneten Lemmrich zu dem Entschließungsantrag Umdruck 594 Wasserstraßen stärken die Wirtschaftskraft der Gebiete, durch die sie führen. Dies macht sowohl der Raumordnungsbericht der Bundesregierung deutlich wie auch folgende Zahlen über Industrieumsatz: Industrieumsatz von Gebieten an Wasserstraßen: 245 000 DM/qm, Industrieumsatz von Gebieten, die an keiner Wasserstraße liegen 67 000 DM/qkm. Die strukturpolitische Komponente hat sowohl beim Nord-Süd-Kanal wie beim Rhein-Main-Donau-Kanal ein wesentliches Gewicht. Die bisher durch den Bau der Rhein-Main-Donau-Großischiffahrtsstraße ausgelösten Industrieansiedlungen sprechen dafür. Die Verstärkung der Wirtschaftskraft stellte auch sicher, daß Verkehrseinbußen der Deutschen Bundesbahn verhindert wurden. Infolge der heutigen Situation der Bundesbahn ist ein Einbeziehen der Deutschen Bundesbahn in die Betrachtung unerläßlich. Die 'gleichmäßige Verbesserung der Struktur im Norden und im Süden der Bundesrepublik läßt es geboten erscheinen, daß neben dem großen Programm zum Ausbau der norddeutschen Wasserstraßen. — wie Nord-Süd-Kanal und der besonders 8496 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 169. Sitzung. Bonn, Freitag, den 26. Februar 1965 vordringlichen Baumaßnahmen zur Erhaltung des Mittellandkanals, der Weiterbau des Rhein-MainDonau-Kanals von Nürnberg, das er 1969 erreicht, nach Regensburg sichergestellt wird. Die Ausnutzung der vorhandenen Planungskapazitäten macht eine Überlappung der Bauabschnitte BambergNürnberg und Nürnberg-Regensburg von zwei Jahren notwendig. Neben strukturpolitischen sprechen außenwirtschaftliche und außenpolitische Gründe für den Rhein-Main-Donau-Kanal. Durch die Schließung der Lücke 'zwischen Nürnberg und Regensburg wird die noch fehlende Verbindung zwischen dem südosteuropäischen und dem westeuropäischen Wasserstraßennetz hergestellt. 'Der Bau 'dieses Reststückes erfüllt erst die beabsichtigte Sinngebung der bisherigen Baumaßnahmen. Sie stellt die Krönung des Gesamtprojektes einer Schiffahrtsstraße vom Schwarzen Meer zur Nordsee dar. Für Deutschland bedeutet dies die Erschließung eines völlig neuen Verkehrsaufkommens. Welche Bedeutung die ECE — die Europäische Wirtschaftskommission der Vereinten Nationen, der sowohl 'westeuropäische Staaten wie Staaten des Ostblocks angehören —dem Projekt Rhein-MainDonau beimißt, zeigt die Tatsache, daß sie dem Rhein-Main-Donau-Kanal unter allen vorliegenden Projekten den ersten Platz einräumte. Anlage 20 Schriftliche Ausführungen des Abgeordneten Seibert für die Fraktion der SPD zum Entschließungsantrag Umdruck 580. Nach dem Motto „Alle Jahre wieder ..." werden diesem Hause auf die Initiative des Kollegen Dr. Müller-Hermann in regelmäßigen Abständen Entschließungen zur Verkehrspolitik vorgelegt. Ich will mir nicht die Mühe machen, nachzuprüfen, wieviele Entschließungen es bisher waren. Vielleicht können Sie, Herr Kollege, uns die Zahl nennen. Aber darauf kommt es auch nicht an. Diese Ihre Entschließungen sind meistens nichts anderes als eine Ansammlung unverbindlicher und allgemein gehaltener Grundsätze, die uns im Detail nicht weiterhelfen. Fest steht aber auch, daß solche Entschließungen mitunter Dinge enthalten, die über das Ziel hinausschießen, weil sie Selbstverständliches wiederholen, das gesetzlich bereits geregelt ist. Ich will ein Beispiel dafür anführen. Sie empfehlen der Bundesbahn immer wieder kostensenkende Rationalisierungsmaßnahmen und übersehen die unter Ihrer Mitarbeit 1961 neu gefaßten Vorschriften, die Deutsche Bundesbahn sei unter der Verantwortung ihrer Organe wie ein Wirtschaftsunternehmen mit dem Ziel bester Verkehrsbedienung nach kaufmännischen Grundsätzen zu führen (§ 28 Abs. 1). Unverständlicherweise treten Sie im übrigen nicht konsequent dafür ' ein, daß der Bundesbahn zur Durchführung der notwendigen Rationalisierung auch die notwendigen Investitionsmittel zur Verfügung stehen. Bei der Haushaltsberatung im Jahre 1962 haben Kollegen Ihrer Fraktion nicht nur die Bundesmittel für die Bahn wieder gekürzt, und zwar über Gebühr, sondern auch der Bahn den Vorschlag gemacht, zur Deckung ihres unechten Defizits die Investitionsmittel zu kürzen. Ich bestreite Ihnen daher entschieden das Recht, weiterhin solche Empfehlungen zu geben, weil Sie doch maßgeblichen Anteil daran haben, daß wir in der Verkehrspolitik aus der Sackgasse in den vergangenen Jahren nicht herausgekommen sind. Sie wissen ganz genau, daß der Deutsche Bundestag nicht hier sitzt, um Entschlußlosigkeit durch Abfassung von Entschließungen zu beweisen, sondern um durch Gesetze oder Gesetzesänderungen Mißstände zu beseitigen. In den zurückliegenden Jahren jagte eine Entschließung die andere, ohne daß Ergebnisse erreicht wurden. Sie haben durch Ihre Entschließung vom vorigen Sommer wie jetzt zwar Ihr 10-Punkte-Soll getreu erfüllt, Herr Kollege Müller-Hermann. Das mag sich optisch gut machen. Aber es führt doch zu nichts. Und jetzt kommen Sie schon wieder mit einer solchen Entschließung. Die heute 'hier vorgelegte Entschließung ist die längste Entschließung, die Sie meines Wissens je fabriziert haben. Wenn schon nichts Neues, dann wenigstens etwas länger, meinen Sie affenbar. Nun, Sie haben da wirklich aus Ihrem Herzen keine Mördergrube gemacht und Ihre Überzeugung im Stile der im Europäischen Parlament üblichen Erklärungen ausführlich dargelegt. Wir Sozialdemokraten halten trotzdem nichts von diesem Entwurf und lehnen ihn ab. Wir lehnen ihn besonders deshalb ab, weil der konkrete Nutzen aller früheren Auflagen dieser Entschließung — es handelt sich ja doch um nichts anderes als eine aktuelle Fassung und Zusammenfassung alter Zöpfe — sehr gering ist, wie ich schon angedeutet habe. Lassen Sie mich zu den in Abschnitt III aneinandergereihten „Anregungen" folgendes — in derselben Reihenfolge — sagen: Zu 1.) Die Bundesbahn war und ist von sich aus laufend um einen zweckmäßigen organisatorischen Aufbau bemüht. Sie unterliegen aber einer Illusion, wenn Sie glauben, daß die Auflösung der einen oder anderen Direktion finanziell ins Gewicht fällt. Zu 2.) Ihre Empfehlung, die Deutsche Bundesbahn möge ihre Regietätigkeit im Eisenbahnoberbau abbauen, ist genauso weltfremd wie der gleiche Vorschlag im Brand-Gutachten. Ihre Empfehlung würde keine Einsparung, sondern eine wesentliche Mehrausgabe bringen. Nach Angaben der Deutschen Bundesbahn wurden seither 60 bis 70 % der Gleiserneuerungsarbeiten durch Oberbauunternehmen ausgeführt. Durch die Kürzung der Investitionen um 900 Millionen DM bei der Deutschen Bundesbahn für das Jahr 1965 haben die Oberbauunternehmen keine Aufträge erhalten. Das ist sehr bedauerlich. Statt daß Sie sich nun dafür verwenden, daß die Deutsche Bundesbahn Investitionsmittel erhält, um wie bisher Oberbauaufträge vergeben zu können, wenden Sie sich gegen die bahneigenen Bahnunterhaltungsarbeiter und empfehlen die Aufgabe der Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 169. Sitzung. Bonn, Freitag, den 26. Februar 1965 8497 wesentlich billigeren Regiearbeiten. Das kann doch von Ihnen nicht gewollt sein. Sie werden daher bei dieser Sachlage Verständnis dafür haben, wenn auch diese Ihre Empfehlung nicht ernst genommen werden kann. Das gleiche gilt für den Waggonbau. Zu 3. Es ist doch lächerlich, die Finanzsituation der Bundesbahn durch Grundstücksverkäufe verbessern zu wollen. Außerdem rennen Sie mit dieser Empfehlung wieder einmal offene Türen ein. Die Deutsche Bundesbahn hat in den zurückliegenden Jahren fortgesetzt Grundstücke veräußert. Die Gesamtgröße der im Jahre 1963 abgegebenen Grundstücke betrug rund 490 Hektar. Im Jahre 1964 lagen die Grundstücksverkäufe in etwa der gleichen Größenordnung. Die Deutsche Bundesbahn befindet sich auch zur Zeit in Verhandlungen über weitere Grundstücksverkäufe. Sie können aber doch nicht verlangen, daß die Deutsche Bundesbahn das Kind mit dem Bade ausschüttet und ihre vorhandenen Grundstücke übereilt und zu Schleuderpreisen absetzt. Was die Grundstückspolitik der Deutschen Bundesbahn anbetrifft, so verweise ich auf die Frage des Kollegen Drachsler in der Sitzung des Deutschen Bundestages vom 25. Oktober 1962. Herr Staatssekretär Dr. Seiermann erklärte, daß die Grundstückspolitik der Deutschen Bundesbahn auf Veräußerung des nicht benötigten Grundstücksbesitzes gerichtet ist. Das gilt auch für stillgelegte Strecken. Zu 4. und 5. Glauben Sie denn tatsächlich und haben Sie konkrete Anhaltspunkte dafür, durch Gründung neuer Gesellschaften den Stückgutverkehr wirtschaftlicher machen zu können und durch das, was Sie Zusammenarbeit mit dem Straßenverkehr nennen, den Flächenverkehr verbessern und verbilligen zu können?, Zu 6. und 7. Welche konkreten Maßnahmen kann der Deutsche Bundestag treffen, um der Deutschen Bundesbahn bei der Schaffung einer höheren Attraktivität ihres öffentlichen Personennahverkehrs behilflich zu sein und den Ausbau kombinierter Verkehre zu fördern? Darüber sollten Sie sich einmal Gedanken machen. Zu 8. Sie wissen doch sehr gut, daß ein Umbau des Tarifsystems im Interesse einer vernünftigen Arbeitsteilung sich nicht auf die Bundesbahn beschränken kann. Zu 9. Was glauben Sie wohl, wie viele Jahre noch mit den Bundesländern ergebnislos über die Dekkung des Verlustes aus dem Schülerverkehr verhandelt werden wird? Und soll die Bundesbahn noch jahrelang diesen Verlust immer mit sich herumschleppen und sich von Ihnen den Vorwurf machen lassen, es werde ihr mehr Verlust abgenommen, als man fairerweise vertreten könne? Zu 10. Diese Empfehlung ist mehr als bescheiden. Sie enthält keine Vorstellungen über die Finanzierung eines solchen Investitionsprogrammes. Außerdem hat der Vorstand der Deutschen Bundesbahn auf Verlangen der Bundesregierung einen Bericht über die Bundesbahn abgegeben und in diesem Bericht sehr klare Vorschläge für die Investitionspolitik entwickelt. Die Bundesregierung hat zu diesem Bericht leider immer noch nicht ihre Stellungnahme dem Deutschen Bundestag unterbreitet, wie sie es mehrmals zugesagt hat. Der Herr Bundeskanzler selbst hat nach seiner eigenen Erklärung immer noch kein Rezept gefunden, wie der Bundesbahn geholfen werden kann, obwohl in den vergangenen Jahren eine große Zahl von Gutachten zu diesem Zweck erstellt worden ist. Wir lehnen diese Entschließung nicht nur deshalb in ihrer Gesamtheit ab, weil wir glauben, daß wir mit solchen Dingen nicht weiterkommen, sondern auch deshalb, weil Sie doch konkret nichts anderes tun, als immer wieder Fragen zusammenzustellen, die neue Fragen aufwerfen und dann doch nicht so beantwortet werden, daß der Gesetzgeber daraus praktische Konsequenzen ziehen kann. Sie geben mit der vorliegenden 10-Punkte-Entschließung der Bundesbahn lediglich Empfehlungen, die in die gesetzlich festgelegte Zuständigkeit der Bundesbahnleitung hineinragen, aber die der Bahn zustehenden finanziellen Mittel bleiben ihr versagt. Sie appellieren an die verantwortliche Mitarbeit der Gewerkschaften, aber für eine Aussprache mit den Gewerkschaften, die darum ersucht hatten, haben weder der Herr Bundeskanzler noch Sie selbst bislang leider die notwendige Zeit gehabt. Die Fraktion der SPD hat kein Verständnis dafür, daß die Bundesregierung limmer noch keine Stellungnahme zu dem Gesamtbericht der Deutschen Bundesbahn abgegeben hat. Sie hat auch kein Verständnis dafür, daß der Herr Bundeskanzler noch nicht über ein Rezept zur Lösung der Bundesbahnprobleme verfügt. Die SPD-Fraktion hält die vorliegende Entschließung für ungeeignet und überflüssig und lehnt sie daher ab. Die SPD erwartet, daß die Bundesregierung endlich ihre Vorstellungen über die Lösung der Bundesbahnprobleme und darüber hinaus der gesamten Verkehrsprobleme diesem Hause vorlegt, damit die notwendigen Schlußfolgerungen gezogen werden können und dem jahrelangen Versteckspiel ein Ende bereitet wird. Anlage 21 Schriftliche Ausführungen des Abgeordneten Seidel (Fürth) für die fraktion der SPD zum Entschließungsantrag Umdruck 594 Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion ist daran interessiert, daß der Rhein-Main-Donau-Kanal in möglichst früher Zeit seine Vollendung erreicht. Es kommt darauf an, das Bautempo zu steigern, damit früher als geplant das Endziel erreicht wird. Zu diesem Zweck wäre es notwendig, erheblich mehr für die Finanzierung zu tun, vor allem die finanziellen Voraussetzungen für die letzte Strecke Nürnberg-Regensburg rechtzeitig zu schaffen. Ohne eine kräftige Vorfinanzierung wird das nicht gelingen. Der Entschließungsantrag der Fraktion der CDU/CSU zur dritten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1965 verlangt, daß die Bedingungen über die Beteiligung der betreffen- den Länder beim Nord-Süd-Kanal und beim RheinMain-Donau-Kanal dieselben sind. Wenn sich aus solcher Koppelung für die Finanzierung des RheinMain-Donau-Kanals bessere finanzielle Bedingungen ergeben, würden wir gegenüber einer solchen Koppelung keine Bedenken haben. Wir wünschen nicht, daß bei diesen Überlegungen Bremswirkungen gegenüber der beschleunigten Weiterführung des Rhein-Main-Donau-Kanals entstehen. Andererseits wollen wir nicht, daß aus einer solchen Koppelung dem Projekt Nord-Süd-Kanal irgendwelche Schwierigkeiten bereitet werden. Würden sich aus den Vereinbarungen zwischen dem Bund und den beteiligten Ländern für den Nord-Süd-Kanal bessere finanzielle Bedingungen für die Länder ergeben als aus der Vereinbarung zwischen dem Bund und dem Freistaat Bayern zum Bau des Rhein-Main-DonauKanals, dann könnte das kein Hindernis sein, auch dem Freistaat Bayern die entsprechenden Vorteile einzuräumen. Es wird Aufgabe des Verkehrsausschusses und des Haushaltsausschusses des Bundestags sein, diese Fragen zu klären. Anlage 22 Umdruck 581 Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Kliesing (Honnef), Adorno, Kreitmeyer, Schultz und der Fraktionen der CDU/CSU, FDP zur dritten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1965, hier: Einzelplan 14 — Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung (Drucksachen IV/2500 Anlage, IV/2914). Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird ersucht, folgende Fragen zu prüfen, um die Vorwärtsverteidigung zu sichern und um die notwendigen Schwerpunkte in der Konsoldierung der Bundeswehr zu bilden: 1. Kann darauf hingewirkt werden, daß die USA den für die Verteidigung Europas erforderlichen Teil ihres strategischen Potentials SACEUR unterstellen? 2. Kann dem Ausbau der Panzerabwehrwaffensysteme und der Tieffliegerabwehr ein besonderer Vorrang eingeräumt werden? 3. Kann der Kraftfahrzeugbestand in der Bundeswehr den vorhandenen Möglichkeiten der Wartung und Pflege angepaßt werden? 4. Kann durch eine Prämie für die Weiterverpflichtung der Mangel an Zeitsoldaten verringert werden? 5. Kann der Wohnungsbau für die Bundeswehr durch Beauftragung der vorhandenen bundeseigenen Wohnungsbaugesellschaften entscheidend beschleunigt werden? Bonn, den 23. Februar 1965 Dr. Kliesing (Honnef) Adorno Brand und Fraktion Kreitmeyer Schultz Freiherr von Kühlmann-Stumm und Fraktion Anlage 23 Schriftliche Begründung des Abgeordneten Schultz zu dem Entschließungsantrag Umdruck 581 Der Entschließungsantrag 'der Fraktionen der CDU/CSU und der FDP auf Unidruck 581 zur dritten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1965 betrifft den Einzelplan 14. Er wirft eine Reihe von Fragen auf, die für die Weiterentwicklung der Verteidigungspolitik der ,Bundesregierung von Bedeutung sind. Nach ihm soll die Bundesregierung gebeten werden, diese Fragen zu prüfen und ihre Überlegungen zunächst dem Verteidigungsausschuß des Deutschen Bundestages vorzutragen. Später werden wir dann über idas Ergebnis der Beratungen des Verteidigungsausschusses 'hier im Plenum diskutieren können. Die Ansichten der im NATO-Pakt vereinten Staaten über die Strategie, die das Bündnis anstreben sollte, sind verschieden. Ohne Zweifel ist festzustellen, daß zwischen' den Auffassungen der Amerikaner unid denen der Franzosen jetzt keine Übereinstimmung besteht. Es erscheint uns notwendig, daß in dieser Lage die Bundesrepublik im NATO-Rat ihre Stimme erhebt. Dazu sind wir, so glaube ich, noch mehr berechtigt, da ohne Zweifel die Bundesrepublik jetzt im mitteleuropäischen Raum den an Zahl größten Beitrag zur Verteidigung leistet. Dadurch sollten sich 'letzten Endes auch einmal Rückwirkungen auf die Besetzung in den integrierten Stäben ergeben. Das heißt, ich wünsche mir, daß, dem Verteidigungsbeitrag der Bundesrepublik angemessen, deutsche Fachleute, sei eis auf dem militärischen, sei auf dem zivilen Gebiet, in dem Bündnis an entscheidenden Stellen Verwendung finden. Ich sagte vorhin, daß die Auffassungen über die anzuwendende Strategie im Bündnis differieren. Ein deutliches Beispiel dafür ist das Weißbuch, das die englische Regierung in den letzten Tagen herausgegeben hat. An dieses Weißbuch sind hier in der Presse Folgerungen geknüpft worden, nach denen die Auffassungen, die in diesem Weißbuch vertreten werden, (die Verringerung der Kräfte in der Rheinarmee zur Folge haben würden. Wenn auch diese Kommentare inzwischen von englischer Seite aus dementiert worden sind, so bleibt dais Faktum bestehen, daß selbstverständlich hier von Regierung zu Regierung über die Probleme diskutiert werden muß, die -weiter dann im NATO-Rat erörtert werden müssen. Es handelt 'sich hier nämlich nicht nur um eine reine verteidigungspolitische, sondern um eine eminent bedeutsame außenpolitische Frage. Wir können nicht damit einverstanden sein, daß Truppen verbündeter Mächte, die auf unserem Boden stehen, Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 169. Sitzung. Bonn, Freitag, den 26. Februar 1965 8499 aus finanziellen Gründen verringert werden. Wir müssen vielmehr die sich daraus ergebenden politischen Wirkungen berücksichtigen und überlegen; denn Sicherheitspolitik und Außenpolitik hängen — gerade, wenn man das Gebiet der Bundesrepublik im Auge hat — eng miteinander zusammen. Wir müssen idem Bestreben der Sowjetunion entgegentreten, die Probleme der Sicherheitspolitik und der Abrüstung von der Gesamtpolitik zu trennen. Wir müssen dabei im Auge haben, daß oberstes Ziel unserer Politik die deutsche Wiedervereinigung sein muß. Es ist weiter notwendig, innerhalb des Bündnisses den atomaren wie den konventionellen Waffen die richtige Gewichtung zu geben, so daß wir innerhalb des Bündnisses über eine ausgewogene Bewaffnung verfügen, die dazu ausreicht, abschrekkend zu wirken und somit den Krieg zu verhindern. Sollte — aus welchen Gründen auch immer — die Abschreckung versagen, muß die Bewaffnung so sein, daß bei möglichen Auseinandersetzungen dem Gegner die richtige Antwort erteilt werden kann. Daraus ergibt sich, daß die nationalen Programme der einzelnen Bündnispartner auf die gemeinsame Strategie abgestimmt werden müssen. Nur so kann erreicht werden, daß Doppelbelastungen in den Militärhaushalten vermieden werden. Mit anderten Worten ausgedrückt: Es muß erreicht werden, daß die immer wieder angestrebte „Arbeitsteilung" im Bündnis Wirklichkeit wird. Schließlich scheint es mir wichtig zu sein, daß das Parlament der Bundesregierung bestimmte Empfehlungen für die Verhandlungen im NATO-Rat gibt. Sie stimmen sicher mit mir überein, wenn ich sage, daß die Entwicklung einer Strategie nicht nur Sache der militärischen Fachleute, sondern vornehmlich Sache der Politiker ist, die sich dabei des Rats der militärischen Fachleute bedienen. Wir können uns der Verantwortung, die uns durch unser Mandat übertragen worden ist, nicht entziehen. Ja, wir müssen sogar auch bestimmte Details der Militärpolitik beherrschen. Bei dieser Gelegenheit möchte ich sagen, daß das Wort, man fühle sich überfordert, nicht die richtige Auffassung ist. Sicher kann der Abgeordnete im Parlament ebensowenig wie der Jurist, der eine wirtschaftliche oder technische Abteilung im Verteidigungsministerium leitet, für sich in Anspruch nehmen, daß er aile technischen Einzelheiten voll beherrscht; denn schließlich sind beide nicht Physiker, Mathematiker oder Chemiker. Aber beide müssen letzten Endes abwägen können, was ihnen von Fachleuten vorgetragen wird, und müssen die letzte Entscheidung dann treffen. Schließlich haben wir immer wieder Überlegungen anzustellen, wie dem Mangel an Führungspersonal abgeholfen werden kann und welche weiteren Fürsorgemaßnahmen für die Soldaten ebenso wie für die Beamten, Angestellten und Arbeiter, die die Streitkräfte als Ganzes bilden, getroffen werden müssen. Dieser Entschließungsantrag bedeutet, daß die militärpolitische Diskussion weitergeführt werden soll, die im letzten Jahr dadurch begonnen hat, daß die Fraktion der FDP im April 1964 einen Entschließungsantrag zum Einzelplan 14 bei der dritten Lesung des Haushaltes 1964 eingebracht hatte. Wie Sie sich entsinnen werden, haben wir über die Ergebnisse dieses Entschließungsantrages nach der Diskussion im Verteidigungsausschuß im Parlament im Januar gesprochen. Der Berichterstatter, Herr Kollege Adorno, sagte dazu am 20. Januar 1965, alle Maßnahmen, die den Erfolg der Konsolidierung der Bundeswehr sicherstellen sollten, müßten mit den Verpflichtungen aus dem Nordatlantikpakt übereinstimmen; man sei bestrebt, die Bemühungen um die Konsolidierung unserer Bundeswehr durch eigene Vorschläge zu ergänzen. Nichts mehr soll auch dieser Entschließungsantrag bedeuten. Wir haben vom Vorjahr her noch den Bericht des Ministeriums zum 1. April 1965 über die gemachten Erfahrungen im Ausbau der Territorialen Verteidigung zu erwarten, insbesondere den Bericht darüber, wie die Einsatzbereitschaft von Reserveverbänden beschleunigt hergestellt werden kann; ebenso den Gesetzentwurf für die Spitzengliederung der Bundeswehr gemäß § 66 des Soldatengesetzes. Hier soll nach Beschluß des Hohen Hauses ein Organisationsgesetz vorgelegt werden. Diese beiden Punkte wurden deshalb nicht erneut in den Entschließungsantrag aufgenommen. Lassen Sie mich nun zu den Einzelfragen kommen. Wir fordern in Punkt 1, daß untersucht wird, ob die Möglichkeit besteht, die USA zu veranlassen, den für die Verteidigung Europas erforderlichen Teil des strategischen Potentials der USA SACEUR, d. h. dem Oberbefehlshaber der NATO in Europa, zu unterstellen. Es ist bekannt, daß schon General Norstad ein atomares Potential gefordert hat, das bestimmt ist, die Drohung der in der Sowjetunion befindlichen 700 auf Europa gerichteten MRBM abzudecken. Dieses Potential sollte SACEUR unmittelbar unterstellt werden. Die Forderung Norstads wurde auch von seinem Nachfolger, General Lemnitzer, aufgegriffen. Es wurde versucht, durch die MLF die notwendigen Voraussetzungen zu schaffen. Es ist bekannt, daß dem Aufbau der MLF eine Reihe von politischen Schwierigkeiten entgegenstehen. Ich will auf sie im einzelnen nicht eingehen. Wichtig ist dabei aber zu wissen, daß auch bei der NATO-Parlamentarier-Konferenz im November vorigen Jahres diese politischen Schwierigkeiten durch den Rat der Parlamentarier der NATO-Staaten keiner Lösung zugeführt werden konnten. Die militärischen Experten bei der Konferenz fühlten sich nicht zuständig und übertrugen das Problem. dem Politischen Komitee. Auch das Politische Komitee traf keine Entscheidung, sondern gab nur die Empfehlung weiter, zu prüfen, und zwar auch zu prüfen die Vorschläge der britischen Regierung, bekannt unter dem Namen ANF. Besonderer Wert wurde in der Empfehlung darauf gelegt, daß unter allen Umständen die Multilateralität gewahrt würde. Es wird Ihnen noch in Erinnerung sein, daß gerade das Problem der Multilateralität am wenigstens gelöst worden ist. Eine politische Lösung ist so noch nicht in Sicht. Daher scheint es uns angebracht zu sein, weitere Überlegungen, wie man das Problem anders 8500 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 169. Sitzung. Bonn, Freitag, den 26. Februar 1965 lösen könnte, anzustellen. Wir sind sicher, daß die genannten MRBMs auch jetzt in der Zielplanung der NATO ihren Platz gefunden haben und daß wir von der Seite her durchaus sicher sein können. Vermutlich werden Einheiten von dem strategischen Luftwaffenkommando der USA u. a. mit der Abdeckung dieser Ziele betraut worden sein. Warum ist es nun nicht möglich, diese Betrauungen vorübergehend zur Institution zu erheben? Es sollte damit ein direkter Befehlsstrang von SACEUR zu diesem Potential gehen. Das Problem der Verfügungsgewalt über atomare Waffen ist dann natürlich nach wie vor noch nicht im Sinn einer europäischen Mitbestimmung gelöst; aber wir hätten dann doch die sichtbare Durchführung der Beschlüsse der NATO-Ratstagung von Ottawa vom Jahr 1963. Ich darf in Ihre Erinnerung zurückrufen: Die Minister .der NATO erörterten damals die Verteidigungspolitik der NATO und billigten, wie in .dem Kommuniqué unter Ziffer 8 zu lesen ist, die Maßnahmen, die getroffen werden, um die nuklearen Streitkräfte zu organisieren und dem obersten alliierten Befehlshaber Europa (SACEUR) zu unterstellen, oder zur Unterstellung vorzusehen. Diese Maßnahmen umfassen vor allem a) die Unterstellung der britischen V-Bomberflotte und von drei amerikanischen Polaris-U-Booten unter SACEUR; b) die Einsetzung eines von SACEUR zu bestimmenden Stellvertreters in seinem Stab, der ihm für nukleare Angelegenheiten verantwortlich ist; c) Vorkehrungen für eine erweiterte Mitwirkung von Offizieren der NATO-Mitgliedstaaten an den nuklearen Aufgaben des Alliierten Oberkommandos Europa und bei der Koordinierung der operativen Planung in Omaha; d) vollständigere Unterrichtung der politischen und militärischen Behörden der Mitgliedstaaten. Im Punkt 2 bitten wir zu prüfen, ob dem Ausbau der Panzerabwehrsysteme und der Tieffliegerabwehr ein besonderer Vorrang eingeräumt werden kann. Möglichkeiten ,der Aggression bestehen auch in drastischen Übergriffen des Gegners an der Demarkationslinie oder an den Grenzen, die die Bundesrepublik — und damit auch 'die NATO — zu den osteuropäischen Staaten hat. Sie wissen, daß nicht auszuschließen ist, daß durch Gewinnung eines Faustpfandes die Ausgangsbasis für politische Verhandlungen unterstützt werden soll, insbesondere dann, wenn man vorher mit diplomatischem Druck nicht zu dem gewünschten Ziel gekommen ist. Der Einsatz von Atomwaffen in diesem Fall kann ja wohl kaum in Frage kommen. So ist, wie wir glauben, dem Ausbau konventioneller Abwehrsysteme ein immer stärkeres Gewicht zu verleihen. Feindliche Angriffskraft drückt sich insbesondere in dem Vorhandensein von Panzern größerer Zahl aus, und, wenn überhaupt, wird sicher mit ihnen eine solche Unternehmung gestartet werden. Es kommt darauf an, daß hier die Bekämpfung auf große Entfernung mit schneller Feuerfolge möglich ist. Der waffentechnischen Entwicklung auf diesem Gebiet muß besonderes Augenmerk geschenkt werden. Das Dilemma fehlender Tieffliegerabwehr, oder ich möchte anders sagen: die Tatsache, daß auch hier die waffentechnische Entwicklung noch nicht mit der militärischen Forderung übereinstimmt, veranlaßt uns, zu fordern, daß diesem Problemkreis besondere Aufmerksamkeit geschenkt wird. Die dritte Frage, die die Bundesregierung nach unserem Entschließungsantrag prüfen möge, ist die, ob der Kraftfahrzeugbestand in der Bundeswehr den vorhandenen Möglichkeiten der Wartung und Pflege angepaßt werden kann. Es ist Ihnen bekannt, daß wir uns schon dauernd mit dem Fehl an Spezialisten und technisch vorgebildetem Personal in der Bundeswehr beschäftigen und daß ein Großteil der Beratung des Verteidigungsausschusses dem Problem gewidmet ist, wie man diesen Schwierigkeiten beikommen kann. Wenn nun, wie man aus dem Vergleich der Haushaltstitel feststellen kann, die Unterhaltungskosten des Fahrzeugbestandes laufend steigen, ist die Schlußfolgerung berechtigt, daß diese Steigerung ursächlich damit zusammenhängt, daß eben nicht entsprechend, wie das notwendig wäre, gewartet und gepflegt werden kann. Es wäre hierbei notwendig, zu überprüfen, ob die Stärke- und Ausrüstungsnachweisungen an die angegebenen Verhältnisse angepaßt werden müssen. Dabei sollte auch erörtert werden, inwieweit Friedensstärke und Kriegsstärke voneinander abhängen, bzw. unter welchen 'Gesichtspunkten beide gesehen werden müssen. Die Frage wird zu stellen sein, ob es nicht, wie wir es im Vorjahr bereits erwogen haben, richtig ist, auch den Fahrzeugzulauf in gewissem Umfang vorübergehend zu beschränken, um zu vermeiden, daß Material, weil es nicht in ausreichendem Maße bewegt und in Gang gehalten werden kann, auf Abstellplätzen verrottet. Schließlich ist hierbei auch die Frage der Instandsetzung — wieweit bundeswehreigen, wieweit durch Übertragung an die zivile Wirtschaft — zu prüfen und neu zu durchdenken. Viertens bitten wir zu überprüfen, ob durch eine Prämie für die Weiterverpflichtung von Zeitsoldaten der Mangel, der hier besteht, behoben werden kann. Der durch diese Fragen als möglich angedeutete Weg ist selbstverständlich etwas problematisch; denn er erinnert an das Handgeld, das zur Zeit der Söldner an die Männer gezahlt wurde, die bereit waren, für irgendeinen Landesherrn 'zu fechten. Vor allen Dingen ist dabei festzustellen, daß nur von 24 % der Soldaten, die sich nicht weiterverpflichten, als Grund die schlechten Verdienstverhältnisse angegeben werden. Alle anderen bringen andere Gründe vor. Jedoch steht eindeutig fest, daß zu viele Unteroffiziere nach kurzer Dienstzeit ausscheiden und daß das Aufkommen an Freiwilligen und die Zahl der Verpflichtungen von Wehrpflichtigen nicht ausreicht, die Entlassungen auszugleichen. Ich will hier nicht im einzelnen auf die Zahlen eingehen. Wir werden im Ausschuß darüber beraten müssen. Jedoch wird der Personenkreis, aus dem Unteroffiziere gewonnen werden können, immer kleiner. Es besteht die Gefahr, daß die Qualität des künftigen Unteroffiziers abnimmt. Auf der anderen Seite kann qualitativer Mangel nur durch eine bessere und längere Ausbildung der kommenden Unteroffiziere vermieden werden. Hierfür müssen aber der Truppe weitere Ausbilder und zum Unteroffizier auszu- Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 169. Sitzung. Bonn, Freitag, den 26. Februar 1965 8501 bildende Mannschaften entzogen werden. Wie stellen uns vor, daß die Einführung einer Verpflichtungsprämie zunächst nur auf drei Jahre befristet werden kann, da man Erfahrungen natürlich erst sammeln muß, ehe man eine solche Lösung zur Dauereinrichtung werden läßt. Schließlich meinen wir in Frage 5, daß überprüft werden muß, ob durch Beauftragung der vorhandenen bundeseigenen Wohnungsbaugesellschaften der Wohnungsbau für die Bundeswehr entscheidend beschleunigt werden kann. Die Bundesrepublik verfügt über etwa ein halbes Dutzend Wohnungsbaugesellschaften, die bundeseigen sind. Der Bedarf an Wohnungen in der Bundeswehr liegt, wenn man die Zahlen aus dem Bericht des Wehrbeauftragten heranzieht, bei 12 000 bis 15 000 Wohnungen pro Jahr. Der Nachholbedarf hält sich kontinuierlich auf etwa 20 000 bis 25 000 Wohnungen, und zwar deswegen, weil mit Ausscheiden aus dem Dienst der Bundeswehr nicht immer auch das Ausziehen aus der Wohnung verbunden ist. Ein wesentliches Mittel aber, um Soldaten dazu zu gewinnen, sich weiter zu verpflichten, ist die Sorge für die Wohnung. Ganz abgesehen davon, daß es sich hier sowieso um eine Fürsorgepflicht des Staates gegenüber seinem Bediensteten handelt, ist auch augenscheinlich, daß es für die innere Disziplin und den Zusammenhalt der Truppe entscheidend ist, daß die Zahl derer — seien es Sodaten, seien es zivile Kräfte —, die von ihren Familien getrennt leben müssen, so gering wie möglich gehalten wird. Dabei ist allerdings auch noch anzumerken, daß die Kompliziertheit der Bedingungen für Wohnungsbauträger, die als Einzelpersonen im zivilen Bereich vorhanden sind und die Wohnungen für die Bundeswehr erstellen wollen, zu groß ist. Es wird sich niemand mehr in dieses Unternehmen stürzen, der es einmal getan hat. Es ist daher notwendig, diese Bedingungen zu überprüfen. Ich habe mich bemüht, in der gebotenen Kürze, die Probleme aufzuzeigen, die dieser Entschließungsantrag gelöst haben will. Ich bitte, den Antrag dem Verteidigungsausschuß zur weiteren Beratung zu überweisen. Anlage 24 Umdruck 591 Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU/ CSU, FDP zur dritten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1965, hier: Einzelplan 26 — Geschäftsbereich des Bundesministers für Vertriebene, Flüchtlinge und Kriegsgeschädigte (Drucksachen IV/2500 Anlage, IV/2921). Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung . wird ersucht, zu überprüfen und dem Bundestag zu berichten, in welchem Umfang der Suchdienst des Deutschen Roten Kreuzes und der kirchlichen Wohlfahrtsverbände fortgesetzt werden muß, um die Klärung des Schicksals der Wehrmachtsvermißten und verschollenen Kriegsgefangenen, der gefangenen oder verschleppten Zivilpersonen sowie der vermißten Heimatvertriebenen sicherzustellen. Bonn, den 24. Februar 1965 Brand und Fraktion Mischnik und Fraktion Anlage 25 Umdruck 582 Entschließungsantrag der Abgeordneten Frau Pitz-Savelsberg, Frau Welter (Aachen), Dr. Wuermeling, Lenz (Brühl), Arndgen, Winkelheide und Genossen und der Fraktion der CDU/CSU, Kubitza und Genossen zur dritten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1965 hier: Einzelplan 29 Geschäftsbereich des Bundesministers für Familie und Jugend (Drucksachen IV/2500 Anlage, IV/2924). Der Bundestag wolle beschließen: „Die Bundesregierung möge alle zwei Jahre einen Bericht über die Lage der Familien mit Kindern in der Bundesrepublik vorlegen. Der Bericht möge erstmalig zum 1. Mai 1966 erstattet werden." Bonn, den 23. Februar 1965 Frau Pitz-Savelsberg Frau Welter (Aachen) Dr. Wuermeling Lenz (Brühl) Arndgen Winkelheide Frau Dr. Bleyler Frau Engländer Häussler Frau Jacobi (Marl) Frau Kalinke Frau Schroeder (Detmold) Teriete Frau Brauksiepe Kubitza Ertl Frau Funcke (Hagen) Schmidt (Kempten) Schmidt (Kempten) und Fraktion Anlage 26 Umdruck 583 Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU/ CSU, FDP zur dritten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1965, hier: Einzelplan 31 — Geschäftsbereich des Bundesministers für wissenschaftliche Forschung (Drucksachen IV/2500 Anlage, IV/2926). 8502 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 169. Sitzung. Bonn, Freitag, den 26. Februar 1965 Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird ersucht, Mittel, die im Haushaltsjahr 1965 durch zusätzliche Minderausgaben frei werden, in erster Linie dafür zu verwenden, den Ansatz für die Förderung dringender Bedürfnisse der Wissenschaft bei Kap. 31 02 Tit. 600 in der ursprünglich vorgesehenen Höhe von 300 000 000 DM zu bedienen. Bonn, den 23. Februar 1965 Brand und Fraktion Mischnik und Fraktion Anlage 27 Schriftliche Begründung der Abgeordneten Frau Geisendörfer zum Entschließungsantrag Umdruck 583 Die ablehnende Haltung der CDU/CSU-Fraktion in der namentlichen Abstimmung von vorgestern über den Antrag der SPD auf Umdruck 567 wurde von der SPD und auch in manchen Pressestimmen kommentiert: „Weniger Geld für die Wissenschaft!" Wir stehen auf dem Standpunkt: „Genug Geld für die Wissenschaft!" Der Verwirklichung dieser Forderung kommt die Zusage ides Herrn Bundesministers der Finanzen entgegen, der vorhin der Hoffnung Ausdruck gab, daß er die „Sperre vom Tisch kriegen" wird. Unser Antrag auf Umdruck 598 soll ihn nachdrücklich an seine Worte erinnern und wirwerden dafür sorgen, daß sie nicht in Vergessenheit geraten. Anlage 28 Umdruck 587 Entschließungsantrag der Fraktion der SPD zur dritten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1965, hier: Einzelplan 31 — Geschäftsbereich des Bundesministers für wissenschaftliche Forschung (Drucksachen IV/2500 Anlage, IV/2926). Der Bundestag wolle beschließen: In (dem kürzlich veröffentlichten Bundesbericht „Forschung I" hat die Bundesregierung deutlich gemacht, daß die Aufwendungen für die Förderung der wissenschaftlichen Forschung in den nächsten Jahren erheblich gesteigert werden müssen, wenn die Bundesrepublik hier mit den Leistungen anderer Industriestaaten Schritt halten will. Der Deutsche Bundestag teilt diese Auffassung und fordert die Bundesregierung auf, bei ihrer haushaltspolitischen Planung von den Bedarfsfeststellungen im Bundesbericht „Forschung I" auszugehen. Bonn, den 24. Februar 1965 Erler und Fraktion
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Alex Möller


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Deutsche Bundestag wird heute den Bundeshaushalt 1965 verabschieden, aber damit seiner Mehrheit, dieser Koalition und dieser Bundesregierung, kein finanzpolitisches Ruhmesblatt sichern.



    Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller
    Bevor ich mich diesem Haushalt der Unsolidität so eindeutig zuwende, wie das die Tragweite der Vorlage und unsere Verantwortung erfordern, bevor ich dieses Stückwerk der Finanzpolitik dieser Regierungskoalition als überzeugenden Beweis für die sachliche Unzulänglichkeit in das helle Licht der Parlamentskritik rücke, ist ein kurzer Rückblick vonnöten, bei dem ich einige Anmerkungen vornehmen möchte: erstens zum Thema Finanzreform, zweitens zu den Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern und drittens zu dem ganzen Fragenkomplex der Steuergesetzgebung. Die Einwirkung dieser Gebiete auf die Haushaltspolitik list nicht zu übersehen; sie gehören zur Bilanz der beiden Koalitionsregierungen dieser Legislaturperiode.
    Zunächst zum Thema Finanzreform! Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion hat mit Drucksache IV/68 vom 7. Dezember 1961 die Einsetzung einer Expertenkommission zur Vorbereitung einer Finanzreform gefordert. In der von mir am 17. Januar 1962 vorgetragenen Begründung standen fünf Punkte im Vordergrund, die heute noch dieselbe Bedeutung haben wie damals. Ich darf sie — sehr zusammengefaßt — kurz in Erinnerung bringen. Wir führten seinerzeit aus:
    1. Die Neuordnung der Finanzverfassung des Grundgesetzes besitze einen außergewöhnlichen Rang, da sonst keine systematische Abstimmung in der Aufgabenerfüllung von Bund, Ländern und Gemeinden und in der Durchführung dieser Aufgaben möglich sei.
    2. Uns war an der Festlegung einer angemessenen Frist für die Neuordnung des Finanzwesens der Bundesrepublik Deutschland gelegen. Nach unserem Vorschlag sollte der Abschluß der Tätigkeit der Kommission am 31. Dezember 1962 erfolgen.
    3. Die Zuweisung des Steueraufkommens sollte der Aufgabengewichtung entsprechen. Die Finanzbedürfnisse von Bund, Ländern und Gemeinden sollten grundsätzlich gleichwertig sein.
    4. Der Finanzausgleich habe zur Korrektur der Steuerschere nicht ausgereicht; er sei nicht geeignet, grundsätzliche Mängel der Finanzordnung nachträglich zu beheben. Die Kommission müsse deshalb genaue Angaben über die einzelnen zugewiesenen Finanzmittel und auf die geeigneten bedarfsabhängigen Verteilungsquoten erarbeiten.
    5. In einem Zeitraum von drei Legislaturperioden habe sich die durch die Verfassung gesetzte Finanzordnung in eine Unordnung des Finanzwesens verwandelt. Daraus ergebe sich für die Sachverständigen die Aufgabe der Ermittlung des Ausmaßes des durch Gesetz festgelegten sowie des sonstigen voraussehbaren Bedarfs der öffentlichen Haushalte, im besonderen des Investitionsbedarfs, in den nächsten zehn Jahren.
    Wenn ich an diese Punkte erinnere, so deshalb, weil damit unterstrichen wird, wie sich die sozialdemokratische Bundestagsfraktion zu Beginn der Arbeit dieses Bundestages mit Ernst und Nachdruck bemüht hat, die notwendigen neuen Grundlagen für die Finanz- und Steuerreform erarbeiten zu lassen. Auf das Wort der Bundesregierung in dieser Sache war seit 1953 kein Verlaß. Auch unter Herrn Starke als Bundesfinanzminister wäre eine Expertenkommission kaum zum Zuge gekommen. Wir erkennen an, daß später die Verständigung über Zusammensetzung, Berufung und Aufgabe der Sachverständigenkommission mit Herrn Finanzminister Dahlgrün relativ schnell gelungen und daß insoweit die Ankündigung in der Erklärung dieser Bundesregierung vom 18. Oktober 1963, „die Vorarbeiten für die Finanzreform, die eine allzulange Verzögerung erfahren haben, werden deshalb unverzüglich aufgenommen", realisiert worden ist.
    Nach wie vor tragen aber die bisherigen Bundesregierungen die volle Verantwortung für den jetzigen unhaltbaren finanzwirtschaftlichen Zustand, der hervorragend durch das Versäumnis einer früheren und gründlichen Finanzreform mitbestimmt wird.

    (Zuruf von der SPD: Sehr wahr!)

    Nun, meine Damen und Herren, ein paar Bemerkungen zu dem Verhältnis Bund und Länder: Da beim Geld bekanntlich die Gemütlichkeit aufhört, sind die Spannungen zwischen Bund und Ländern zweifellos auch auf diese fehlende Neuordnung der finanziellen Beziehungen zurückzuführen. Die bei den verschiedenen Etats von der Koalition den Ländern gegenüber angewandten Methoden haben das Klima nicht verbessert. Auf dem Hintergrund des für das Rechnungsjahr 1961 manipulierten Defizits in Höhe von 161 Millionen DM ist es dann für den Bundeshaushalt 1962 zu den Auseinandersetzungen über die freiwillige Finanzhilfe der Länder gekommen. Bekanntlich forderte damals die Bundesregierung den Betrag von 1740 Millionen DM, zugestanden wurden von den Ländern 1050 Millionen DM. Hierzu erklärte am 20. Dezember 1963 Ministerpräsident Dr. Zinn vor dem Bundesrat — ich zitiere wörtlich —:
    Der jetzige Herr Bundesfinanzminister — also Herr Dahlgrün —
    hat zu unserer Genugtuung offen zugegeben, daß die freiwillige Finanzhilfe der Länder im Jahre 1962 in Höhe von 1050 Millionen DM -
    wie sich nachträglich herausgestellt hat — nicht notwendig gewesen ist.

    (Abg. Erler: Hört! Hört!)

    Meine Damen und Herren, auch im Jahre 1963 kam es zu neuen Auseinandersetzungen, bei denen die Erhöhung des Bundesanteils an der Einkommen- und Körperschaftsteuer von 35 % auf 38 % eine entscheidende Rolle spielte.
    Im Jahre 1964 erhöhte sich der Bundesanteil noch einmal auf 39 %. Die daraus zufließenden Mehreinnahmen veranlaßten die Bundesregierung, das 1963 verursachte Defizit bereits 1964 abzudecken, womit erwiesen ist, daß zumindest für 1964 die Erhöhung des Bundesanteils nicht notwendig gewesen wäre. Im übrigen verweise ich auf die Debatte zum Nachtragshaushalt am 10. Dezember 1964.
    In diesem Zusammenhang sei noch auf das Gentlemen's Agreement zwischen Bund und Ländern hingewiesen, das durch eine Neufassung des seinerzeit nicht zum Zuge gekommenen Dürkheimer Abkom-



    Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller
    mens entstanden ist. Die Opposition hat hierbei ihre guten Dienste zur Verfügung gestellt. Der in Kürze zu verabschiedende Gesetzentwurf bringt durch das Entgegenkommen der. Länder dem Bund nennenswerte finanzielle Entlastungen für eine ganze Reihe von Jahren. Wenn sich jetzt neuerdings wieder eine Verstimmung bei den Ländern bemerkbar macht, dann deswegen, weil man sich von seiten des Bundes nicht an die Abmachung hält, in dieser Übergangszeit nicht neue Lastenverschiebungen zum Nachteil der Länder vorzunehmen.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Meine Damen und Herren, die SPD hat 1961 in ihrem Regierungsprogramm ihre Vorstellungen über Novellierungen von Steuergesetzen entwickelt und durch ihre Bundestagsfraktion den Versuch unternommen, Teile dieser Vorstellungen zu realisieren. Inzwischen sind deutlicher als in früheren Jahren zwei Barrieren sichtbar geworden, die ich erwähne, um unsere Haltung hierzu klarzustellen.
    Bei der Harmonisierung der Verbrauchsteuern in der EWG ist u. a., wie Sie wissen, beabsichtigt, Steuern mit geringem Aufkommen abzuschaffen und einige Verbrauchsteuern, wie Kaffee- und Teesteuer, in die Mehrwertsteuer eingehen zu lassen.
    2. Bei bestimmten Steuergesetzen kann man z. Z. kaum Änderungen mit dem Ziele der größeren Steuergerechtigkeit herbeiführen, weil das Bewertungsgesetz mit den Einheitswerten aus dem Jahre 1935 hindernd im Wege steht. Es sei daran erinnert, daß schon 1956 ein erster Gesetzentwurf der Bundesregierung die Neubewertung des Grundbesitzes herbeiführen wollte. Alle Bemühungen sind bisher am Interessentenwiderstand, der bekanntlich außerhalb des Wirkungskreises der SPD zu finden ist, gescheitert.

    (Beifall bei der SPD.)

    Wenn jetzt plötzlich eine größere Aussicht als seither besteht, das Bewertungsgesetz noch in dieser Legislaturperiode zu verabschieden, so ist das nicht auf eine ungewöhnliche Zivilcourage der Bundesregierung zurückzuführen, sondern darauf, daß die Bundesregierung auch hat Kenntnis nehmen müssen von dem Urteil des 4. Senats des Bundesfinanzhofs, das nach Prof. Dr. Flume eine Steueranarchie heraufbeschwören kann. Dieses Urteil wollte .die Besteuerung auf Grund ,der Einheitswerte allgemein zu Fall bringen und bedeutet eine Aufforderung an alle Steuerpflichtigen — ich zitiere jetzt Professor Flume —, „jene Steuern nicht mehr zu bezahlen, die auf einer Bewertung von Vermögen beruhen". Das wären also Vermögensteuer, Erbschaftsteuer, Grundsteuer und zum Teil auch die 'Grunderwerbsteuer. Aber auch das Aufkommen an Einkommensteuer ist durch dieses Urteil des 4. Senats des Bundesfinanzhofs berührt. Während es bei der Landwirtschaft im Wirtschaftsjahr 1962/63 rund 70 Millionen DM bei einem Gesamtaufkommen an Einkommensteuer von ca. 13 Milliarden DM in diesem zitierten Wirtschaftsjahr betragen hat, würde in Anwendung des Urteils, das 93 % der land- und forstwirtschaftlichen Betriebe, nämlich die sogenannten VOL-Landwirte, betrifft, das Aufkommen an Einkommensteuer der
    Landwirtschaft bei völliger Erfassung der Gewinne etwa 800 Millionen DM im Jahr betragen. Diese Zahlen nennen bedeutet: jeder muß die Unhaltbarkeit des jetzigen Zustandes erkennen. So weit sind wir auch hier, auf diesem wichtigen Steuergebiet, infolge der Entschlußlosigkeit der Bundesregierung und ihrer Koalition gekommen!
    Ein weiteres trauriges Kapitel ist die Mehrwertsteuer. Die SPD-Bundestagsfraktion hat im November 1962 einen Gesetzentwurf für eine einmalige statistische Steuererklärung auf der Grundlage einer Mehrwertsteuer eingebracht, um zu erreichen, daß sich die 'Bundesregierung endlich rührt, die dann zehn Monate später — im Oktober 1963 — ihren Gesetzentwurf vorgelegt hat. Der Herr Bundeskanzler führte in seiner Regierungserklärung vom 18. Oktober 1963 hierzu aus: „Wenn sich das Hohe Haus darin einig ist, daß von der Umsatzsteuer keine konzentrationsfördernden Anreize ausgehen dürfen und die Verzerrungen im Außenhandel beseitigt werden sollen, dann wird die Reform geradezu zu einem zwingenden Gebot." Soweit der Herr Bundeskanzler. Die SPD nimmt den gleichen Standpunkt ein, hat aber kaum noch Hoffnungen, mit Teilen der auch hier sehr unterschiedlich denkenden Regierungskoalition die Verabschiedung dieses Gesetzes zu erreichen.
    Zum Steueränderungsgesetz 1. Teil lassen Sie mich festhalten, daß wir Sozialdemokraten die Reform des Einkommensteuertarifs bereits zum 1. Januar 1964 vornehmen wollten und 1963 einen entsprechenden Gesetzentwurf eingebracht haben. Die ab 1. Januar 1965 eingetretenen Steuererleichterungen zahlt zum kleineren Teil der Bund, zum größeren Teil werden sie von den Ländern getragen. Diese beiden Tatsachen müssen im Wahljahr besonders hervorgehoben werden.
    Was sich aber jetzt bei Behandlung des 2. Teils des Steueränderungsgesetzes im Finanzausschuß des Deutschen Bundestages abspielt, gereicht der Koalition und ihrer Regierung nicht zur Ehre. Wenn man davon ausgeht, daß nennenswerte Beträge zur Verminderung der Steuereinnahmen nicht mehr zur Verfügung stehen, insbesondere eine über das vertretbare Maß hinausgehende Vorlage am Widerstand der Länder scheitern würde, dann muß man trotzdem wissen, daß sich aus der Zusammenstellung der Vorschläge der Anträge zum Steueränderungsgesetz — Teil 2 - mit nennenswerten finanziellen Auswirkungen ein Betrag von 6845 Millionen DM ergeben hat.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Daran waren Spitzenverbände der Wirtschaft mit
    Wünschen in Höhe von 4650 Millionen DM beteiligt.

    (Abg. Erler: Hört! Hört!)

    Von meiner Fraktion lagen zwei Anträge vor, einer mit einer Auswirkung von 700 Millionen DM, der andere mit einem Steuerausfall von 10 Millionen DM. Bei Beginn der Beratungen haben wir den Antrag, der einen Steuerausfall von 700 Millionen DM zur Folge gehabt hätte, zurückgezogen. Ich sage das an dieser Stelle, weil immer wieder von den Spitzenverbänden der Wirtschaft darauf hingewiesen wird,



    Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller
    die Parteien — und hier soll die Unterstellung selbstverständlich insbesondere die SPD treffen — sollten nicht mehr fordern, als finanziell zu verkraften sei. Man geht aber selbst, wenn es darauf ankommt, in keiner Weise mit gutem Beispiel voran.

    (Beifall bei der SPD.)

    Nun einige Bemerkungen auf Grund des Ablaufs der zweiten Lesung dieser Haushaltsberatung. Auf unserem Parteitag in Karlsruhe habe ich bei den Überlegungen hinsichtlich einer konstruktiven Finanzpolitik auf die alten konservativen Vorstellungen der Finanzpolitik dieser Regierung Bezuggenommen. Kollegen aus den Regierungsfraktionen haben sich in der zweiten Lesung gerade über diese letztere Formulierung gewundert, so daß ich einen Kommentar hinzufügen möchte.
    Zu den „alten konservativen Vorstellungen"

    (Abg. Dr. Luda: „klassischen", nicht „konservativen" !)

    — auch „klassischen" — in der Finanzpolitik dieser Regierung gehört:
    1. ein Satz wie dieser: „Der Bundesminister der Finanzen 'glaubt, für seine Politik die Zustimmung aller zu haben, die den Wohlstand der Bürger mehr schätzen als den Wohlstand des Staates." Er stammt aus einem Artikel in der „Welt". Wolfgang Michalski sagt mit Recht zu dieser Art Gesellschaftsphilosophie, daß es sich hier noch um Vorstellungen handelt, die ihre Begründung in den politischen und sozialen Gegebenheiten des 18. und des frühen 19. Jahrhunderts finden, als das Wohl des Bürgers und das des feudalen Staates gemeinhin als Gegensatz begriffen wurde.
    2. die fehlende Erkenntnis, daß man das öffentliche Finanzvermögen nur im Zusammenhang mit der Notwendigkeit der Finanzinvestitionen der Gebietskörperschaften und der öffentlichen Unternehmen sehen darf, wobei die Präferenzen in den Zins- und Tilgungsbedingungen der öffentlichen Darlehen die private Vermögensbildung partiell begünstigen.
    3. der Verzicht auf eine rechtzeitige Entscheidung über die Prioritäten in der Aufgabenerfüllung der öffentlichen Hand und auf eine wirtschaftlich vernünftige Abstimmung der Finanzierungsmöglichkeiten mit den Erfordernissen der Infrastruktur unter Beachtung der richtigen Reihenfolge und nicht zuletzt der Rentabilität der Vorhaben.
    4. die Subventionierungspolitik dieser Bundesregierung, bei 'der es nicht darauf ankommt, rechtzeitig Hilfe für die Anpassung an Strukturveränderungen zu geben, sondern bei der man den Interessentengruppen nachgibt, die am lautesten schreien und die auf diese Weise Gewinnsteigerungen auf Kasten der Produktivität der gesamten Volkswirtschaft erhalten. Die Bundesregierung hat noch nicht einmal einen exakten Überblick über diese seit Jahren gezahlten Subventionen und ihre Auswirkungen!

    (Abg. Dr. Schäfer: Sehr richtig!)

    Ich erinnere daran, daß bei 'den Etatberatungen 1963
    hier im Hohen Hause einstimmig der Entschließungsantrag der SPD Umdruck 293 vom 15. Mai 1963 angenommen worden ist, in dem wir einen Überblick über die Entwicklung des Bundeshaushalts für den Drei-Jahreszeitraum 1964 bis 1966 gefordert haben. Wir haben aber 'die Bundesregierung auch aufgefordert, die Möglichkeiten zum Abbau von Subventionen aufzuzeigen. Wir haben zwar einen Finanzbericht über einen größeren Zeitraum erhalten, aber in diesem Finanzbericht fehlt eine solche Stellungnahme zu den Subventionen.

    (Abg. Erler: Hört! Hört!)

    5. die Steuerplolitik nur in finanziell-budgetärem Rahmen im traditionellen Sinne zu sehen und nicht — wie u. a. Prof. Neumark fordert — auch für die Verwirklichung außerfiskalischer Ziele, insbesondere einer gleichmäßigeren sozialen Verteilung des Volkseinkommens und einer Verstetigung des Wirtschaftsgeseschehens, einzusetzen.
    In der Erklärung der Bundesregierung vom 18. Oktober 1963 hat der Herr Bundeskanzler bekannt:
    Die Erfahrung lehrt, daß die Praxis der einjährigen Haushaltsansätze modernen konjunkturpolitischen Bedürfnissen nicht mehr gerecht wird. Es erweist sich vielmehr als notwendig, die üblichen Jahreshaushalte in längerfristige, etwa vier Jahre währende Haushaltsüberlegungen einzubetten, um auf solche Weise sichere Maßstäbe für Wert- und Rangordnung der einzelnen Ausgaben zu gewinnen.
    So heißt es in der Regierungserklärung. Solange nicht nach diesen durchaus richtigen Erkenntnissen gehandelt wird, leben Regierung und Koalition noch nach alten konservativen Vorstellungen.
    Die Sprecher der Regierungskoalition haben es sich in der zweiten Lesung zu einfach gemacht, wenn sie meinten, die gegenwärtige konjunkturelle Beurteilung durch die sozialdemokratische Bundestagsfraktion aus einem Zitat vom März des vergangenen Jahres ableiten zu können. Es tut mir leid, daß ich aus diesem Anlaß an den Fundamentalsatz jeder Konjunkturpolitik erinnern muß, der lautet, daß jede konjunkturelle Situation eine andere Beurteilung und damit auch andere Maßnahmen erfordert. Heute ist der 26. Februar 1965 und nicht der 26. März 1964.
    Um das Erinnerungsvermögen der Koalition etwas aufzufrischen, muß ich darauf hinweisen, daß ich bereits in der Haushaltsdebatte am 9. Januar 1964 erklärt habe, daß der Außenbeitrag zu niedrig eingeschätzt worden sei. Im Nachtrag der Bundesregierung zum Bericht über die Wirtschaftsentwicklung im Jahre 1963 und die Aussichten für 1964 sah sich dann auch die Bundesregierung veranlaßt, ihren Standpunkt vom Dezember 1963 zu revidieren. Damals hatte sie für 1964 nämlich noch ein relativ gleichgewichtiges gesamtwirtschaftliches Wachstum vorausgesagt. Übrigens steht im Nachtrag in Abschnitt II Ziffer 4, daß die weitere Entwicklung der außenwirtschaftlichen Beziehungen entscheidend, aber nicht völlig davon abhänge, ob es anderen Ländern gelinge, die Preissteigerungen zu stoppen und neue Preisauftriebstendenzen nicht entstehen zu lassen.



    Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller
    Wenn Sie mir allerdings für den gegenwärtigen Zeitraum, also den Beginn des Jahres 1965, unterstellten, daß für mich zur Zeit der außenwirtschaftliche Bereich nicht der kritischste sei, dann müßte ich Ihnen recht geben. Ich befinde mich dabei in guter Gesellschaft, nämlich z. B. in der Gesellschaft der Bundesbank. Sie sagt dazu in ihrem Monatsbericht vom Januar 1965 auf Seite 32:
    Die Haupttriebkräfte der Expansion sind nicht mehr die Auslandsnachfrage und die lagerzyklisch bedingte Massierung von Inlandsaufträgen in einzelnen Industriezweigen, sondern hauptsächlich die Anlageinvestitionen, der private Verbrauch und in jüngster Zeit auch wieder die staatlichen Ausgaben.
    Von besonderer Bedeutung ist dabei, welche Begründung die Bundesbank für die verhältnismäßig ruhige Entwicklung der Auslandsnachfrage nennt; ich zitiere:
    Der langsamere Anstieg der Auslandsnachfrage hängt zu einem erheblichen Teil mit dem nahezu abrupten Ende des inflatorischen Importsogs in Italien und Frankreich zusammen, daneben aber auch damit, daß sich außerdem in einigen anderen für den deutschen Export wichtigen Ländern das konjunkturelle Wachstum verlangsamt hat. Hinzu kam . . . die Einführung des 15%igen Zusatzzolls in Großbritannien, der sich auf den deutschen Export nach England . . . etwas dämpfend ausgewirkt hat. Schließlich könnte auch eine Rolle spielen, daß die deutschen Lieferanten ihre Exportpreise im Verlauf des letzten Jahres z. T. recht beachtlich heraufgesetzt haben, und zwar nach dem Index der Verkaufspreise für Ausfuhrgüter vom Dezember 1963 bis zum Dezember 1964 um 4,2 %. Offenbar haben die deutschen Exporteure damit die Preischancen wahrgenommen, die sich ihnen auf den Auslandsmärkten boten.
    Aus diesen Darstellungen der Bundesbank ergibt sich schlüssig, daß der konstante Außenbeitrag nicht als Verdienst der Bundesregierung angesehen werden kann.
    Meine Damen und Herren, ich habe gerade noch vor dieser Sitzung die Nr. 8 des Konjunkturberichtes des Berliner Konjunkturinstitutes erhalten, das bekanntlich unter der Leitung eines Kollegen der CDU steht. Ich möchte aus diesem neuesten Konjunkturbericht folgenden Absatz zur Kenntnis des Hauses bringen. Es ist ein Absatz, den ich auch im Hinblick auf die Auseinandersetzungen dieses Jahres für besonders wichtig halte. Hier stellt nämlich das unter der Leitung eines CDU-Bundestagsabgeordneten stehende Konjunkturinstitut fest:
    Die Bundesregierung hat durch Zulassen des Preisauftriebs im Inland Vorleistungen für die erstrebte Angleichung der internationalen Preis- und Kostenunterschiede erbracht.
    Das wird ein wichtiger Punkt in den neuen Auseinandersetzungen sein. Es ist eine Auffassung, die sich an die Überlegungen der Expertenkommission anschließt.

    (Abg. Conring: Ist aber gar nicht neu!)

    — Ist nicht neu? Sie, Herr Kollege Conring, sind also auch der Meinung, daß die Bundesregierung durch Zulassen des Preisauftriebs im Inland Vorleistungen für die erstrebte Angleichung der internationalen Preis- und Kostenunterschiede erbracht hat? Ich nehme das gern zur Kenntnis.

    (Widerspruch bei der CDU/CSU. — Zuruf: Sollten wir aufwerten?)

    — Ach so, Sie distanzieren sich also doch noch von dieser sachlichen Feststellung.
    Ein weiteres Wort, Herr Conring! Sie haben sich in Ihren Ausführungen auch auf Schweden und England bezogen. Ich empfehle, Herr Conring, lassen Sie das lieber, es hat keinen Zweck. Sie können diesen Vergleich mit Schweden nicht anstellen, weil dort ganz andere Voraussetzungen bestimmte Maßnahmen auslösen. Es ist auch höchst gefährlich, sich in solchen Polemiken auf die Situation in England zu beziehen, und zwar deshalb, weil kein objektiv Urteilender übersehen darf, welches Erbe die jetzige Regierung von den vorhergegangenen konservativen Regierungen übernehmen mußte.

    (Beifall bei der SPD.)

    Jeder Fachmann wird Ihnen bestätigen müssen, daß nicht durch die Übernahme der Regierung in England durch die Arbeiterpartei die Pfund-Krise entstanden ist, sondern daß sie in vollem Umfang und mit all ihren verheerenden Wirkungen da war, als diese neue Regierung das Amt übernahm.

    (Beifall bei der SPD.)

    Ich sage das auch deswegen, weil ich glaube, Ihnen im Laufe meiner heutigen Ausführungen noch nachweisen zu müssen, daß zur Zeit die Bundesregierung, die amtiert, eine Finanzpolitik betreibt, die der neuen Regierung, die aus den Wahlen vom 19. September dieses Jahres hervorgeht, ein recht unangenehmes Erbe hinterlassen wird.

    (Sehr wahr! bei der SPD.)

    Um das von vornherein klarzustellen, in welchen
    Konturen sich uns schon heute dieses unangenehme
    Erbe zeigt, sind einge Feststellungen erforderlich.

    (Zurufe von der CDU/CSU: Das lassen Sie nur unsere Sorge sein!)

    Aber um dieses Kapitel zunächst einmal abzuschließen, will ich doch sagen, daß wir mit großer Genugtuung den erleichterten Stoßseufzer des Bundeswirtschaftsministeriums in dem Bericht über die Wirtschaftliche Lage in der Bundesrepublik Deutschland im Dezember 1964, veröffentlicht am 8. Februar dieses Jahres, zur Kenntnis genommen haben. Dort findet man auf Seite 3:
    Die Lieferfähigkeit der Unternehmer wurde alles in allem der Nachfrage gerecht. Allerdings war dies nur möglich, weil die Einfuhr in verstärktem Maße zur Vergrößerung des Inlandsangebots beitrug. Man kann z. Z. geradezu von einem Importboom sprechen ... Die verbesserten Rückgriffsmöglichkeiten auf das Auslandsangebot stellen einen beachtlichen Stabilisierungsfaktor dar.



    Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller
    Es ist erfreulich, daß sich das Bundeswirtschaftsministerium damit unserer in der Konjunkturdebatte geäußerten Ansicht von der Bedeutung erhöhter Importe angeschlossen hat, die bei Ihnen ja nicht ganz leicht durchzuführen waren.

    (Abg. Erler: Sehr wahr!)

    Siehe Abstimmung im Außenhandelsausschuß und Verhalten der Koalition!

    (Abg. Erler: Sehr richtig!)

    Es waren allerdings nicht vornehmlich die Zollsenkungen, sondern die Stabilisierungserfolge unserer Nachbarländer, die dieses Ergebnis herbeigeführt haben.
    Hierzu noch ein zusätzliches Wort, Herr Kollege Conring. Wenn man sich schon mit den wirtschaftlichen und finanzpolitischen Verhältnissen in anderen Ländern beschäftigt, dann sollte man das außerhalb des EWG-Raums mit der notwendigen sachlichen Zurückhaltung tun, die sich bei den allgemeinen freundschaftlichen Beziehungen zu diesen Ländern und unserer eigenen deutschen Lage eigentlich von selbst verstehen müßte.

    (Zustimmung bei der SPD.)

    Wenn wir uns aber mit den Verhältnissen in anderen Ländern etwas gründlicher beschäftigen, dann sind es doch eigentlich die Länder im EWG-Raum. Es besteht ein legitimes Interesse, daß wir die wirtschaftliche Situation dieser Länder sehr gründlich untersuchen.
    Herr Kollege Conring, ich könnte nun z. B. eine Untersuchung der Verhältnisse in Italien anschließen. Ich könnte mich mit dem beschäftigen, was Ihre Gesinnungsfreunde in Italien tun, was sie dort für eine Rolle spielen. Aber ich halte es nicht für sehr sinnvoll, solche Rechnungen aufzumachen, weil jede Partei, wenn sie auch ähnliche Grundlagen ihres Programms hat wie eine Partei in Deutschland, in erster Linie die Verantwortung für die nationale Politik zu tragen hat. Und man kann Vorgänge dieser nationalen Politik nur im Zusammenhang mit den anderen Gegebenheiten des Landes beurteilen.

    (Beifall bei der SPD.)

    Meine Damen und Herren, wie aus meinen bisherigen Darlegungen hervorgeht, hat sich also, was die Vergangenheit betrifft, bestätigt, daß sich das monetäre Konjunkturpaket tatsächlich nicht als so wirksam zur Eindämmung des Preisauftriebs erwiesen hat. Wenn Sie mich nun zusätzlich nach dem Gutachten des Sachverständigenrats befragen, dann wären wir nochmals bei dem Problem der Stabilitätspolitik, um die es letzten Endes doch auch in dieser Debatte geht. Es ist verständlich, daß sich die Sachverständigen an das Problem ihrer Berichterstattung erst herantasten mußten und daß deshalb zunächst eine Zusammenfassung der Daten seit 1950 erfolgt ist. Die eigentliche Prognose und damit der echte Auftrag, den die Sachverständigen erfüllen sollen, dürfte darüber etwas zu kurz gekommen sein.

    (behandelte importierte Inflation, wie wir alle wissen, nur eine der möglichen Spielarten. Im Prozeß der Geldentwertung finden die Preissteigerungen der Nachbarländer, aber auch binnenwirtschaftliche Überspannungen ihren Niederschlag. Dazu gehören autonome Preissteigerungen, die Anpassungen an Strukturverschiebungen — wie etwa die Preiserhöhungen in den Dienstleistungsbereichen bei nur geringer Produktivitätssteigerung —, aber auch die unzulängliche Preisbeweglichkeit nach unten. Ich möchte meine Ausführungen zu diesem Punkt mit einem Zitat aus dem „Volkswirt" vom 15. Januar dieses Jahres abschließen. Es heißt dort: Unter den nachfragebedingten Preissteigerungen spielen sicherlich diejenigen zeitweise eine bedeutende Rolle, die durch inflationäre Störungen im Ausland entstehen. Die mangelnde Disziplin dieser Länder ist bisher nicht mit genügend scharfen Gegenmaßnahmen beantwortet worden. Gewiß, die klassische Kreditpolitik reicht hierzu nicht aus. Es bedarf deshalb aber nicht des Ausbruchs aus dem internationalen Währungssystem, um dem Inflationsimport wirksamer entgegenzutreten. Eine temporäre Ausnutzung der Möglichkeiten der Außenwirtschaftsordnung würde ausreichen... Nun, meine Damen und Herren, zum Bundeshaushalt 1965. Der unsolideste aller bisher dem Bundestag vorgelegten Etats ist die amtliche Visitenkarte im Wahljahr 1965. Auch nach dem Plädoyer des Herrn Kollegen Conring müssen wir sagen: die Bundesregierung und die sie tragenden Fraktionen der CDU/CSU und der FDP haben bei Einbringung dieses Etats behauptet, er sei nach Volumen und Struktur der Gesamteinnahmen und -ausgaben konjunkturgerecht gestaltet worden, insbesondere deshalb, weil bei der Festlegung des Zuwachses des Ausgabevolumens nicht vom nominalen, sondern nur vom realen Wachstum des Bruttosozialproduktes ausgegangen worden sei. Damit sei der Bundesetat eines der wichtigsten Instrumente der Wirtschaftsund Konjunkturpolitik dieser Bundesregierung, diene der Stabilität der Preise und der Sicherung unserer Währung. Es wurde weiter postuliert, daß der Bundesetat gleichzeitig auch die Funktion erfülle, zur Bewältigung der einer modernen pluralistischen Gesellschaft gestellten Aufgaben ausreichende Mittel bereitzuhalten. Die bis in die jüngsten Tage vom Bundesfinanzminister abgegebene Versicherung, die hier auch Herr Kollege Conring abgegeben hat, daß der Etat ausgeglichen sei, und zwar — ich zitiere jetzt —„ohne Tricks, weil alle zu Hilfe genommenen Maßnahmen aus dem Haushalt ersichtlich" seien, ist eine Behauptung, die einer gründlichen objektiven Untersuchung nicht standhalten kann. Und die Meldung, daß der Bundeskanzler sich für den Etat 1965 verbürgen wolle und durch eine Richtlinienentscheidung die Verantwortung für bestimmte Methoden des Etatausgleichs übernehme — z. B. für die Umwandlung von RentenversicherungszuschüsDr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller sen in Schuldbuchforderungen in Höhe von 750 Millionen DM zur Finanzierung des Kanzler-Wortes an die Landwirtschaft in Höhe von 840 Millionen DM —, zeigt nur die Wandlungsfähigkeit unseres Regierungschefs. Man muß das nämlich mit seiner Regierungserklärung vergleichen. Ich verweise hierzu auf das Protokoll der Sitzung vom 18. Oktober 1963, Seiten 4199 unten und 4200 oben. Daß der Bundeshaushalt 1965 tatsächlich unsolide ist, wird bewiesen durch drei Fakten: 1. Dieser Haushalt ist nur scheinbar im Rahmen der magischen Obergrenze — ich sage es noch einmal, Herr Kollege Conring — von 63,9 Milliarden DM gedeckt. Die tatsächliche Ausgabenexpansion überschreitet die ,im Haushaltssoll zugrunde gelegte Zuwachsrate von 6 %. Das werde ich Ihnen nachher vorrechnen. 2. Die Etatprinzipien von Wahrheit und Klarheit, der Vollständigkeit der Veranschlagung von Einnahmen und Ausgaben sowie der Bruttoveranschlagung sind verletzt worden. 3. Der sogenannte Schattenhaushalt wächst weiter an; er enthält ganz erhebliche Belastungen für die kommenden Jahre, so z. B. jetzt Bindungsermächtigungen in Höhe von mehr als 6237 Millionen DM. Der Januar-Monatsbericht der Deutschen Bundesbank äußert gleichfalls starke Bedenken gegenüber dem Etatausgleich und weist darauf hin — Sie nehmen diesen Hinweis sicherlich ernster, als Sie anscheinend die Hinweise der ernst zu nehmenden Presse und der Wirtschaftszeitungen nehmen —, daß der Haushalt, wie er jetzt verabschiedet werden soll, noch stärker als der ursprüngliche Entwurf die expansiven Tendenzen der Wirtschaftsentwicklung verstärkt. Alle ernst zu nehmenden Zeitungen und Wirtschaftszeitschriften haben die „Lawine der Lasten", den „Etat-Hokuspokus", das „Haushaltsbuch voll Sünden" — und wie die treffenden Überschriften der Betrachtungen sonst noch heißen — so glasklar behandelt, daß man den „Bayern-Kurier" vom 6. Februar dieses Jahres, das Organ des Herrn Strauß, eigentlich als eine schlechte Faschingsausgabe ansehen muß, wenn dort ein Artikel, der sich weder durch Wahrheitsgehalt noch durch Sachkenntnis auszeichnet, mit den Schlagzeilen erscheint — ich zitiere jetzt — „Kaufkraft der Mark gegen die Opposition verteidigt — Haushalt der Vernunft bleibt in den festgelegten Grenzen — — Das sind die Überschriften aus dem BayernKurier. Allerdings haben auch Redner der Koalition in der zweiten Lesung von diesem „Haushalt der Stabilität" gesprochen, wobei sich einer sogar veranlaßt sah, zu bemerken, die Regierungsparteien könnten nicht den bequemen Weg in die Inflation beschreiten. Das geschah mit einem Seitenblick auf die SPD. Meine Damen und Herren, woher man diesen Mut zur Unsachlichkeit und Geschichtsverfälschung nimmt, ist mir bei meinen Vorstellungen über das Verantwortungsbewußtsein eines sich zum demokratischen Staat bekennenden Abgeordneten unerfindlich. Sie, meine Damen und Herren, haben die geringste Ursache, gegenüber der SPD solche Vorwürfe zu erheben. Wenn Sie etwa über die Ursachen der beiden großen Inflationen, die unser Volk heimgesucht haben, nämlich der Inflation nach dem ersten Weltkrieg und der Inflation nach dem zweiten Weltkrieg, etwas nachdächten — und ich würde Ihnen ein solches stilles Kämmerlein zum Nachdenken gönnen —, dann müßten Sie wissen, daß für diese Inflation die politischen Kräfte unseres Volkes verantwortlich sind, die näher mit Ihnen verwandt sein dürften, als Sie heute zuzugeben bereit sind. Am 22. dieses Monats schrieb die Redaktion der FAZ zum Thema „Wer im Glashaus sitzt". Ich habe früher gesagt: Frankfurter Allgemeine Zeitung, ein Regierungsblatt. Ich wage das nach den kritischen Darstellungen, die ich in den letzten Monaten in der FAZ finde, nicht mehr zu wiederholen; denn mir liegt selbstverständlich fern, die Zeitung oder ihre Redaktion zu kränken. Unter Bezugnahme auf die Rede des Bundeswirtschaftsministers Schmücker zur Eröffnung der Frankfurter Frühjahrsmesse beklagt die FAZ — ich zitiere wörtlich —, daß „die Regierungen nicht mit gutem Beispiel vorangehen, sich selbst nicht an die von ihnen gepredigten Grundsätze halten und sogar wortbrüchig werden". „Wortbrüchig werden", schreibt die FAZ, wobei ich noch eine Diskussion hier im Hohen Hause im Ohr habe und annehme, daß sich der Herr Bundesfinanzminister gegen diese Unterstellung der FAZ inzwischen genauso heftig zur Wehr gesetzt hat, wie er das im Bundestag bei der vorhin von mir erwähnten Gelegenheit getan hat. Ich nehme an, daß die Redaktion der FAZ sich bei dieser Formulierung etwas gedacht hat. Es gibt ja Redaktionen und Zeitungen, die nicht einfach nachzubeten brauchen, was sie im Auftrage einer Regierung tun sollen, sondern sich noch verpflichtet fühlen, selbständig politisch zu denken und zu urteilen, vor allen Dingen dann, wenn sie glauben, daß wir uns in einer Situation befinden, die ja gerade auch von dieser Zeitung als eine Lage bezeichnet wurde, die uns an den Rand einer Finanzanarchie bringt. Bei diesem Bundeshaushalt stellt die FAZ in derselben Glosse die höhere Steigerungsrate der Bundesausgaben mit der Erklärung fest, Herr Kollege Conring, daß „daran auch die kunstreichen ManiDr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller pulationen und Finanzierungstricks nichts ändern; sie sind nur Augensand". Sagt die FAZ, meine Damen und Herren; und sie sagt es nicht in einem Bericht, sondern in einer redaktionellen Stellungnahme. Sie aber sitzen auf einem so hohen Roß, daß Sie das alles überhaupt nicht mehr berührt. Von einer konjunkturellen Begrenzung kann doch wirklich nicht gesprochen werden. Herr Kollege Conring, Sie haben in Ihren Ausführungen den Mut gehabt, diese Praktiken des Bundeshaushalts mit dem Verhalten eines Bürgers bei seinem privaten Haushalt zu vergleichen. Ich muß diese Bürger auch gegenüber solchen Manipulationen in Schutz nehmen; denn das können die Bürger nicht tun, was hier im Bundeshaushalt getan wird: pumpen, statt sofort zu zahlen. (Beifall bei der SPD. — Lachen bei der CDU/CSU.)


    (Beifall bei der SPD.)





    (Beifall bei der SPD.)


    (Hört! Hört! bei der SPD.)


    (Lachen bei der SPD)


    (erneutes Lachen bei der SPD) Keine Wahlgeschenke".


    (Lachen und Zurufe von der SPD.)


    (Beifall bei der SPD.)


    (Beifall bei der SPD.)


    (Heiterkeit bei der SPD.)


    (Sehr gut! bei der SPD.)





    (Hört! Hört! bei der SPD.)


    (Beifall bei der SPD.)

    Das ist unschwer nachzuweisen:
    1. Die Barzuweisungen an die Sozialversicherung wurden nun in Höhe von 750 Millionen DM in Schuldbuchforderungen umgewandelt. Das versuchen Sie zu verharmlosen. Im Rahmen dieses Betrages fällt die Sozialversicherung als Kapitalgeber für die Investitionsfinanzierung aus. Die Investitionsfinanzierung wird aber trotzdem vermutlich — z. B. über den Bankenapparat — kreditiert werden: Ganz gleich, was Sie in der letzten Zeit dem Kapitalmarkt mit Ihren Maßnahmen schon angetan haben, er wird sich immer wieder einem Gesundungsprozeß aussetzen, den wir positiv zu beeinflussen uns bemühen. Die Ersetzung der Barzuweisung durch Schuldbuchforderungen führt einwandfrei zu einer Verstärkung der staatlichen Nachfrageimpulse, vermutlich in Höhe der gesamten 750 Millionen DM.
    Im übrigen beziehe ich mich zur Wertung dieses Vorgangs auf das Schreiben an die Mitglieder des Hohen Hauses, das die Unterschrift des CDU-Bundestagsabgeordneten Gaßmann trägt. Ich möchte nicht Wissen, wie die Kollegen der CDU/CSU-Fraktion und der FDP-Fraktion diesen ganzen Vorgang beurteilen, wenn ihnen plötzlich ihre Diäten zu einem Teil in bar und zu einem anderen Teil in Schuldbuchforderungen überwiesen würden,

    (Heiterkeit bei der SPD)

    und zwar ohne daß sie vorher gefragt würden, ob sie mit einer solchen Methode einverstanden seien. Dann würde sogar Herr Kollege Conring darüber etwas anders denken.

    (Abg. Dr. Conring: Das ist etwas zu billig!)

    2. Die Anleiheermächtigung von 750 Millionen DM für die Bundesbahn wird ganz sicher in Anspruch genommen werden. Das führt also auch zu einer Ausweitung des Haushaltsvolumens.
    Hier muß ich eine Einschaltung machen, eine Einschaltung, die Herrn Kollegen Dr. Müller-Hermann
    betrifft, seine Rede zum Einzelplan 12, gehalten am 19. Februar. Da hat er nun das Ei des Kolumbus für dieses Versagen entdeckt. Er tat dieses Versagen global ab mit der Erklärung: „Ein Teil der Schuld trifft natürlich die Politik im allgemeinen." Eine sehr wohlüberlegte Formulierung, die er da vorgetragen hat! Dabei übersehen Sie, Herr Müller-Hermann, sicherlich ganz, daß für die Bundespolitik und die hier eingesetzten Mittel der Politik die Mehrheit dieses Hauses mit ihren bisherigen Regierungen die Verantwortung trägt.

    (Beifall bei der SPD.)

    Ich nehme also, Herr Müller-Hermann, insoweit Ihr „mea culpa", das in Ihren Kreisen recht ungewöhnlich ist, gern entgegen.

    (Abg. Dr. Müller-Hermann: Sie wissen: sozialdemokratische Bürgermeister usw.!)

    — Aber darum geht es doch nicht. Herr Kollege Müller-Hermann, vielleicht können Sie einmal den Versuch unternehmen — und ich wäre Ihnen auch für eine entsprechende Einwirkung auf Ihre Kollegen dankbar —, daß wir immer am richtigen Ort das Richtige behandeln und den Richtigen zur Verantwortung ziehen. Im Gemeindeparlament müssen das die Gemeindefraktionen mit der Stadtverwaltung und dem Oberbürgermeister oder Bürgermeister machen, in den Ländern die Landtage mit ihren Regierungen und im Bundestag wir mit dieser Bundesregierung bzw. mit Ihnen. Hier steht die Bundespolitik zur Debatte, und hier unterziehen wir als Opposition die Bundespolitik einer Kritik, worüber Sie sich doch eigentlich nicht wundern dürfen, wenn Sie immer behaupten, wir täten auf dem Gebiet der konstruktiven Kritik zuwenig.
    Herr Kollege Conring hat dann noch gefragt: Ja, was würden Sie denn eigentlich für einen Haushalt machen? Herr Kollege Conring, das werden wir Ihnen sofort zeigen, wenn Sie abtreten.

    (Beifall bei der SPD und Heiterkeit. — Zuruf von der CDU/CSU: Den Gefallen tun wir Ihnen nicht!)

    Deswegen, meine Damen und Herren, erklären wir uns auch in dieser Situation so deutlich über das, was wir unter Finanz- und Steuerpolitik der Solidität verstehen, damit Sie sich im kommenden Bundestag zu jeder Zeit und immer wieder darauf berufen können.

    (Beifall bei der SPD.)

    Der dritte Punkt ist die Erhöhung der Ermächtigung zur Finanzierung bestimmter öffentlicher Aufgaben über die Offa mit 400 Millionen DM. Soweit, Herr Conring, der Ermächtigungsrahmen .stärker als im Vorjahr ausgeschöpft wird, bedeutet das eine zusätzliche Ausgabensteigerung außerhalb des bisherigen Haushaltsvolumens, und wer das Gegenteil behauptet, sagt nicht die Wahrheit, oder er versteht nichts davon.

    (Beifall bei der SPD. — Abg. Dr. Conring: Darüber kann man nur lachen!)

    Darüber kann es unter Sachverständigen keinen Zweifel geben; Herr Kollege Conring, sagen Sie lieber nichts.



    Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller
    Viertens. Die vorgenommenen Kürzungen in Höhe von 1,13 Milliarden DM überwälzen wichtige Aufgaben auf die nächsten Haushalte. Das gleiche gilt für die Erhöhung der globalen Minderausgaben in Höhe von 1,5 Milliarden DM. Die künftigen Haushaltspläne werden also weitgehend vorbelastet, vorbelastet von Ihnen. Eine Zeitung sagte, Sie denken dabei wahrscheinlich an die Zeit nach dem 19. September, und hat hinzugesetzt: nach uns die Sintflut.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Wir werden es nicht leicht haben, diese finanzpolitischen Sünden wieder in Ordnung zu bringen.

    (Lachen bei der CDU/CSU. — Zuruf von der CDU/CSU: Sie kommen gar nicht in die Verlegenheit!)

    — Das wollen wir erst mal abwarten. Bis zum 19. September bleibt uns ja diese Regierung erhalten.
    Fünftens. Die Bindungsermächtigungen wurden gegenüber dem Haushalt 1964 auf 6,2 Milliarden DM, also um 3 Milliarden DM, erhöht. Das berührt Sie alles nicht, meine Damen und Herren. Von diesen 6,2 Milliarden DM entfallen auf die Förderung des Wohnungsbaues 1,9 Milliarden DM, auf den Straßenbau 1,5 Milliarden DM, auf die Erdölsuchaktion 0,1 Milliarde DM.
    Der Bundeshaushalt wird damit stärker expansiv, als es die unveränderte Zuwachsrate von 6 % zum Ausdruck bringt, nämlich wie folgt — und nun rechnen wir mal! —: Haushaltsvolumen: 63,9 Milliarden DM; Ausweitung durch die Anleiheermächtigung der Bundesbahn: 750 Millionen DM; Schuldbuchtitel für .die Sozialversicherung, wobei es sich um die Erhöhung inlandswirksamer Ausgaben handelt, was wir noch einmal feststellen wollen: 750 Millionen DM; macht 65,4 Milliarden DM, Zuwachsrate 8,5 %. Zu diesen kommen aber noch Berlinhilfe mit 200 Millionen DM und Offa mit 400 Millionen DM, macht 66 Milliarden DM oder 9,5 %. Wenn nun noch aus den ganzen Globalkürzungen und Bindungsermächtigungen, die so um die 8,8 Milliarden DM betragen, noch eine Milliarde DM — wobei ich sehr vorsichtig schätze — in diesem Etatsjahr in Anspruch genommen werden, haben wir 67 Milliarden DM gleich 11,1 %.

    (Abg. Dr. Schäfer: Hört! Hört!)

    Gegen diese Rechnung können Sie nicht an. Da kann man wirklich sagen: Laßt Zahlen sprechen!
    Ich habe mir natürlich überlegt, wie Sie reagieren könnten, wenn ich diese 1 Milliarde DM aus Globalkürzungen und Bindungsermächtigungen erwähne. Sie könnten sagen: Nein, die sind tabu, die rühren wir nicht an. Aber das ist nicht mehr möglich, wie aus dem Entschließungsantrag auf Umdruck 583 hervorgeht, der den Einzelplan 31, Geschäftsbereich des Bundesministers für wissenschaftliche Forschung, betrifft. Wenn Sie diesen Antrag ernst nehmen, bedeutet das, daß Sie damit rechnen, daß ein Teil der Globalkürzungen und Bindungsermächtigungen in Anspruch genommen wird. Sonst müßte ich mit einer Zeitung sagen: Das ist Augenwischerei.
    Zu den wichtigsten Punkten in der weiteren Beurteilung gehören die auch von Herrn Kollegen Conring in den Vordergrund seiner Betrachtungen gerückten globalen Minderausgaben. Schon der Etatsentwurf konnte bei 63,9 Milliarden DM nur durch die Veranschlagung von Minderausgaben in Höhe von insgesamt 1243 Millionen DM begrenzt und ausgeglichen werden, wobei ich gern zugebe, daß das nun wirklich kein Mittel der klassischen Finanzpolitik ist.

    (Lachen bei der SPD.)

    Diese Minderausgaben verteilten sich auf 12 Einzelpläne mit einer Gesamtsumme von 651 Millionen DM und einer globalen Minderausgabe in Einzelplan 60 von 592 Millionen DM. Der Haushaltsausschuß hat nur einen kleinen Teil dieser Minderausgaben in gezielte Kürzungen umsetzen können. Bitte, halten wir noch fest: das bedeutet, daß man der Exekutive beachtlichen Spielraum zu Lasten der gesetzgebenden Organe einräumt. Daß das nicht unseren Vorstellungen entspricht, werden Sie mir sicher nachsehen.
    Während der Beratungen im Haushaltsausschuß ergaben sich weitere Haushaltsverschlechterungen, u. a. durch das Kanzlerwort an die Landwirtschaft, das bekanntlich 840 Millionen DM kostet. Es hätte mal einer von uns so einfach von heute auf morgen einen solchen Betrag in den Raum stellen sollen! Dann wäre wieder auf die vorhin schon einmal zitierte Regierungserklärung zurückzugreifen. Aber bitte, der Herr Bundeskanzler konnte das machen.
    So waren also gegenüber dem Regierungsentwurf 2406,5 Millionen DM an Mehrausgaben unterzubringen. Um sie nun wieder optisch im Rahmen der magischen Obergrenze von 63,9 Milliarden DM zu decken, wurde als Ausgleichsmaßnahme u. a. die globale Minderausgabe im Einzelplan 60 auf 1490 Millionen DM erhöht, unter Wegfall der laut Regierungsentwurf in den Einzelplänen enthaltenen Minderausgaben. Ferner wurden zusätzlich neue Minderausgaben über 1020 Millionen DM eingeführt, und zwar im Einzelplan 14 — Verteidigung — in Höhe von 270 Millionen DM bei den Bauausgaben in Kap. 14 12.
    Zum Verteidigungshaushalt ist heute und vorgestern auch eine Bemerkung gemacht worden. Ein Kollege hat die Frage gestellt: Warum haben Sie, die Sie diese Art der Ausgabenkürzung kritisiert haben, nicht einen Antrag eingebracht, diesen Betrag von 1 Milliarde DM wieder einzusetzen, wieder zu bewilligen, d. h. den Voranschlag nach dem Regierungsentwurf wiederherzustellen? Ich will zu dieser Bemerkung etwas sagen. Meine Damen und Herren, ich sage Ihnen das ganz offen. Ich bewundere Ihren Mut, ich bewundere den Mut der Verantwortlichen.

    (Abg. Luda: Endlich mal was Positives!)

    — Warten Sie ab, ob Sie das am Schluß auch noch als positiv ansehen; seien Sie nicht so voreilig! Die Koalition hat beim Verteidigungshaushalt ohne Beachtung der von meinem Kollegen Wellmann hier zitierten Erklärungen des Bundesverteidigungsministers 1 Milliarde DM gestrichen. Ich persönlich



    Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller
    würde mich außerstande sehen, beispielsweise eine Streichung bei dem Etatansatz für Munitionsbeschaffung von mir aus zu verantworten, wenn da der Bundesverteidigungsminister 1,2 Milliarden DM anfordert und Sie 200 Millionen DM streichen.
    ' So gibt es noch eine ganze Anzahl anderer Titel. Wenn wir die einmal im einzelnen durchgingen, dann würde sich die ganze Fragwürdigkeit dieses Haushalts und auch dieses Verteidigungshaushalts so klar ergeben, daß Ihre Unterstellungen über unser Verhältnis zur Bundeswehr einfach nicht mehr in die Landschaft paßten.

    (Beifall bei der SPD.)

    Stellen Sie sich einmal vor, meine Damen und Herren, wie Sie von einem einzigen Punkt, den Sie im Verteidigungshaushalt gekürzt haben, im kommenden Wahlkampf leben würden, wenn wir das beantragt hätten:

    (Beifall bei der SPD)

    nämlich die Kürzung um 415 000 DM bei der Seelsorge

    (Beifall bei der SPD)

    gegenüber der Regierungsvorlage, die ich in allen Etatansätzen bei dieser prekären Finanzsituation als Ernst ansehen muß. 415 000 DM weniger! Damit könnten Sie einen ganzen Wahlkampf bestreiten! Daran sehen Sie die Haltlosigkeit solcher gegen die Opposition, gegen die sozialdemokratische Bundestagsfraktion vorgetragenen Argumentation. — Ich war gerade beim Einzelplan 14, und in diesem Zusammenhang, bei den Bauausgaben, ist mir das eingefallen. Ich mußte es Ihnen sagen.
    Neue Minderausgaben wurden auch im Einzelplan 11 — Sozialhaushalt — eingeführt, und zwar in Höhe von 750 Millionen DM bei den Zuschüssen an die Rentenversicherungsträger wegen Zuteilung von Schuldbuchforderungen.
    Nun, meine Damen und Herren, Sie hören nicht auf all unsere gutgemeinten Ratschläge. Sie verkennen auch die positive Wirkung einer solchen von uns geübten Kritik. Um einmal klarzustellen, wie es sich mit dem Charakter der Minderausgaben verhält, zitiere ich das Institut „Finanzen und Steuern", das bekanntlich dem Deutschen Industrie- und Handelstag nahesteht, so daß Sie seine Objektivität, von Ihrem Standort aus betrachtet, wohl nicht in Zweifel ziehen können. Dieses Institut hat sich immerhin veranlaßt gesehen, im Januar dieses Jahres eine Dokumentation Nr. 64 herauszugeben mit der doch sehr bezeichnenden Überschrift: „Gefährliche Lage des Bundeshaushalts 1965". Gefährliche Lage, Herr Conring! Das Institut hat den Charakter der Minderausgaben wie folgt definiert:
    Wenn sich die globalen Minderausgaben nicht verwirklichen lassen, verwandeln sie sich in Fehlbeträge; lassen sie sich verwirklichen, so geschieht es in der Regel und in zunehmendem Maße nicht durch echte Einsparungen, sondern durch Übertragung auf das nächste Jahr. Da man aber die Deckung einer Ausgabe, die nur durch Belastung des nächsten Jahres erreicht werden soll, nicht als echte Deckung ansehen kann,
    steigt der Anteil der Scheindeckung absolut und relativ in unheimlichem Umfang und Tempo.
    Und, meine Damen und Herren von der Koalition, ich füge hinzu: Sie merken das noch nicht einmal.

    (Beifall bei der SPD.) In der Untersuchung heißt es weiter:

    Je knapper die Reserven sind, um so mehr drohen gezielte Kürzungen ebenso wie globale oder pauschale Kürzungen den Charakter von fiktiven Deckungsmaßnahm enanzunehmen.
    Und da reden Sie von einem Haushalt der Stabilität!
    Nun noch ein Wort zur Technik der sogenannten Leertitel. Ichsage das deswegen, weil auch hier vom Kollegen Conring interessante Beispiele angeführt worden sind.
    Nehmen wir einmal die Bundesbank, Herr Conring! Der Anteil 'des Bundes am Reingewinn der Deutschen Bundesbank betrug nach dem vorläufigen Ist 1964 140 Millionen DM. Das Soll war 100 Millionen DM. Diese Einnahme existiert im Etat 1965 nicht 'mehr im Ansatz. Kap. 60 02 Tit. 37 ist als Leertitel gestaltet, „weil sich die Höhe der Einnahmen noch nicht übersehen läßt". Deshalb hätten wir diesen Leertitel. Meine Damen und Herren, wenn das ein Etatgrundsatz würde!
    Die noch nicht übersehbaren Einnahmen werden laut Haushaltsvermerk zur Deckung der Ausgaben bei Kap. 60 02 Tit. 635 verwendet werden. Dieser Ausgabetitel zur Tilgung des durch die Aufwertung der Deutschen 'Mark entstandenen buchmäßigen Verlustes bei der Deutschen Bundesbank ist im Jahre 1965 im Regierungsentwurf auch als Leertitel ausgebracht. Im Jahre 1964 war ein Sollbetrag von 100 Millionen DM eingesetzt, das voraussichtliche Ist beträgt 140 Millionen DM. Die Verpflichtung des Bundes gegenüber der Bundesbank betrug im Entstehungszeitraum 1961 1265 'Millionen DM, sie beträgt per 31. Dezember 1964 noch 942,9 Millionen DM ohne Verrechnung des vorläufigen Reingewinns im Jahre 1964 in Höhe von 140 Millionen DM. Im Etat 1965 erscheinen keine Geldansätze; die Einnahmen werden gegen die Ausgaben verrechnet. Wir sehen darin einen Verstoß gegen die geltende Reichshaushaltsordnung und gegen das Prinzip der Bruttoveranschlagung.

    (Beifall bei der SPD.)

    Die von Ihnen gegebene Begründung, Herr Kollege Conring, es handele sich um durchlaufende Posten, ist meines Erachtens abwegig. Sie ist nur aus der gewünschten Optik der Bundesregierung auf Einhaltung der magischen Obergrenze entstanden. Deswegen ist die 'Begründung entweder unlogisch, oder man ist bei Positionen, die politisch auf ein breiteres Interesse stoßen, nicht konsequent; denn andere durchlaufende Posten — wie z. B. der Lastenausgleich — sind 'unverändert nach dem 'Bruttoprinzip veranschlagt.
    Noch eine Bemerkung zur Kurspflege. Zum Ankauf von Schuldurkunden des Bundes, d. h. zur Kurspflege der Anleihen der Bundesrepublik, waren im Haushaltsplan 1964 nur 5 Millionen DM eingesetzt; das vorläufige Ist beträgt 265,5 Millionen DM,

    (Zuruf von der SPD: Hört! Hört!)




    Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller
    und zwar als Folge der Kuponsteuer. Der Regierungsentwurf für 1965 sah 5 Millionen DM vor, die zu einem Zeitpunkt eingesetzt wurden, als die Auswirkung der Kuponsteuer und ihre Folgen für den Rentenmarkt bei der Bundesregierung noch nicht ersichtlich waren. Im Haushaltsvermerk ist vorgesehen, daß die Einnahmen den Mitteln zufließen und daß der Ansatz bis zur Höhe der notwendigen Ankäufe zum Zwecke der Kurspflege überschritten werden kann.
    Das Bundesfinanzministerium rechnet nunmehr für 1965 mit Rückeinnahmen aus der Veräußerung der zu Kursstützungszwecken übernommenen Bestände in Höhe von 200 Millionen DM und schlug daher dem Haushaltsausschuß vor, Minusausgaben von 200 Millionen DM zu veranschlagen. Der Haushaltsausschuß hat diesen Formulierungsvorschlag im Rahmen seiner Ausgleichsverhandlungen nicht Übernommen. Die Position verbleibt als Leertitel.
    Für die Inanspruchnahme aus Bürgschaftsgewährungen oder anderen ähnlichen Zwecken dienenden Verträgen sowie Zahlungen zur Abwendung des Eintritts von Schadensfällen waren im Regierungsentwurf 1965 20 Millionen DM veranschlagt. Nach dem Stand vom 31. Dezember 1964 — und deswegen erwähne ich das hier — beliefen sich die gesetzlichen Ermächtigungen des Bundes zur Übernahme von Sicherheits- und Gewährleistungen auf über 37 Milliarden DM. Davon entfallen 25 Milliarden DM auf Bundesdeckungen für die Ausfuhr und für Entwicklungshilfe. Unter Berücksichtigung der unübersehbaren Risiken und der zu erwartenden Einnahmen schätzte die Bundesregierung den erforderlichen Bedarf für Umschuldungen und Schadenszahlungen einschließlich der Kosten aus allen Bürgschaftsmaßnahmen für 1965 auf 20 Millionen DM. Im übrigen ist durch Haushaltsvermerk vorgesehen, daß die Einnahmen den Mitteln zufließen. Im Haushaltsplan 1964 waren 20 Millionen DM Soll-Ausgaben veranschlagt; das vorläufige Ist 1964 erbrachte per Saldo 43 Millionen DM Minusausgaben. Der Haushaltsausschuß beschloß auf Vorschlag des CDU-Berichterstatters, den Titel nun 1965 als Leertitel auszubringen.
    Noch ein Wort zur Förderung der Forschung. Am 28. Januar 1965 legte der Bundesminister für wissenschaftliche Forschung, Herr Lenz, den Bericht über die Förderung der wissenschaftlichen Forschung in der Bundesrepublik Deutschland, den Forschungsbericht Teil I, vor, der die hohe Priorität der Fragen von Wissenschaft und Forschung dokumentiert. Daraus ergibt sich u. a. die Konsequenz, daß bis 1970 die Ausgaben von Staat und Wirtschaft für Forschung und Entwicklung auf 3 v. H. Anteil am Bruttosozialprodukt gesteigert werden sollen. Das würde einem Betrag von insgesamt etwa 15 Milliarden DM entsprechen. Die Aufwendungen von Bund und Ländern müßten von 5 Milliarden DM im Jahre 1964 allmählich auf 7 Milliarden DM jährlich angehoben werden.
    Trotz dieser eindringlichen und erstmalig bundesregierungsamtlichen Mahnung hat die Regierungsmehrheit im Haushaltsausschuß am 29. Januar 1965 den traurigen Mut besessen, im Rahmen der Ausgleichsbemühungen auch die Forschungsmittel der 7%igen Kürzung zu unterwerfen. Das bedeutet für die 300 Millionen DM zur zusätzlichen Förderung dringender Bedürfnisse der Wissenschaft eine Kürzung um 21 Millionen DM. Außerdem beschloß der Haushaltsausschuß entgegen der Regierungsvorlage, in die 20 %-Sperre für Baumaßnahmen auch die Baumaßnahmen im Rahmen der zusätzlichen Förderung dringender Bedürfnisse der Wissenschaft einzubeziehen. Die SPD-Mitglieder im Haushaltsausschuß haben sich nachdrücklich gegen diese Kürzungen ausgesprochen; unsere Kollegen unterlagen der Koalitionsmehrheit, die damit ihren eigenen Forschungsminister desavouierte.

    (Zuruf von der SPD: Sehr wahr!)

    Davon kann kein „Geschrei" hier im Hohen Hause ablenken.

    (Beifall bei der SPD.)

    Der heutige Tag wird zeigen, ob die Koalition die ihr gewährte Chance der Wiedergutmachung nutzt und die bei der zweiten Lesung des Haushaltsgesetzes aufgehobene Kürzung respektiert.
    Ich möchte nicht annehmen, daß der Antrag, auf den ich vorhin schon Bezug genommen habe, die Billigung der Mehrheit der Kollegen in der Koalition findet. Ich möchte aber die Herren der Koalition vor der Abstimmung noch einmal an alle Tatsachen erinnern, die für uns bei der Bewertung des Kapitels Wissenschaft und Forschung wichtig sind. Denken Sie bitte vor allem an die Regierungserklärung vom 18. Oktober 1961 Seite 4201. Da hat der Herr Bundeskanzler folgendes gesagt:
    Ohne Verstärkung der geistigen Investitionen müßte Deutschland gegenüber anderen Kultur- und Industrieländern zurückfallen. Das aber hieße, nicht nur den wirtschaftlichen Fortschritt und Wohlstand, sondern auch die soziale Sicherheit aufs Spiel setzen.
    Können Sie also Kürzungen im Zeichen anderer Etatpositionen, die sich gegenüber der Regierungsvorlage wesentlich erhöht haben, verantworten?
    Sie haben gesagt, wir sollten Deckungsvorschläge einbringen. Wir haben einige Deckungsvorschläge genannt, die Ihnen nicht sympathisch sind. Daß aber bei gutem Willen diese 21 Millionen DM für die Wissenschaftsförderung und die 10 Millionen DM für die Tiefbaumaßnahmen im Küstenschutz in einem Haushalt unterzubringen sind, der bei 68 Milliarden DM liegt, kann doch wohl niemand ernsthaft bestreiten.

    (Beifall bei der SPD.)

    Meine Damen und Herren, Sie haben beispielsweise beim Einzelplan 14 Kap. 02 Tit. 4, 68 und 69 Einnahmen erhöht, und zwar Einnahmen aus Erlösen beim Verkauf von Materialschrott und aus Erlösen, die die Verwertungsgesellschaft erzielt. Für diese Position hatte die Regierung 67 Millionen DM angesetzt. Sie haben diese 67 Millionen DM, ohne mit der Wimper zu zucken, um 58 % auf 106 Millionen DM von heute auf morgen erhöht.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)




    Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller
    Und da wollen Sie behaupten, Sie könnten diese 21 Millionen DM für Wissenschaftsförderung nicht mehr unterbringen?
    Ich meine, all das, was ich vorgetragen habe, reicht zur Beurteilung dieses Haushalts. Wir haben nicht die Hoffnung, daß die Feststellung der Tatsachen die Regierungsmehrheit zur Einsicht bringt. Aber ich muß noch einmal ein notwendiges Wort zu dem Verhalten der sozialdemokratischen Bundestagsfraktion in dieser Legislaturperiode in bezug auf Gesetzentwürfe und Anträge mit finanzieller Auswirkung sagen, und zwar im Hinblick auf das, was Herr Conring ausgeführt hat.
    Meine Damen und Herren, es war bisher unbestritten richtig, daß sich im Haushalt die in Geldwert bemessene Regierungspolitik als Röntgenbild zeigt, daß sich ferner in den Einnahme- und Ausgabeansätzen die Regierungsauffassung darüber widerspiegelt, was, in welchem Umfang und wie es finanziert werden soll. Es ist ebenso richtig wie notwendig, daß eine große und verantwortungsvolle parlamentarische Opposition ihre politische Zielsetzung unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und der öffentlichen Finanzkraft durch entsprechende Anträge dokumentiert. Das kann sie als Opposition nur von Fall zu Fall sowie für die jeweilige aktuelle Situation oder punktuell tun, um Schwerpunkte zu umreißen. Ein Aneinanderreihen von Anträgen und Gesetzentwürfen über eine ganze Legislaturperiode hinweg hat unzweifelhaft einen politischen Aussagewert. Eine Addition der aus ihnen resultierenden Zahlen kann aber keine Endzahl ergeben, weil die Behandlung weiterer Vorschläge — meine Damen und Herren von der Koalition, nehmen Sie das doch bitte endgültig als eine verantwortungsbewußte Erklärung der sozialdemokratischen Bundestagsfraktion zur Kenntnis — aufhört, wenn mit der Annahme von solchen Anträgen die Grenze des finanziell Möglichen oder der noch vertretbaren Finanzierbarkeit erreicht ist. Die Beachtung dieser Grenze entfällt selbstverständlich bei Anträgen, die abgelehnt sind und für die daher Mittel nicht zur Verfügung gestellt werden müssen.

    (Lachen in der Mitte.)

    — Ja, das muß man leider auch noch sagen, weil Sie die sonst noch hinzurechnen. Die Einbringung sozialdemokratischer Anträge mit finanziellen Auswirkungen kennzeichnet im Stadium der Sachdebatte unsere Auffassung über das in dieser Situation materiell Notwendige.
    Um aber nun völlig abwegige Polemiken à la Conring uns gegenüber und immer wieder auftauchende unseriöse Aufrechnungen unterbinden zu helfen, halten wir es für wichtig, die folgenden Gesetzentwürfe und Anträge aus dem parlamentarischen Stillstand dieses Bundestages zurückzuziehen.

    (Aha!-Rufe und Lachen in der Mitte.)

    — Weshalb sagen Sie „Aha"; hören Sie sich erst einmal an, welche es sind! Und dann empfehle ich Ihnen sehr dringend, sich einmal zu überlegen, welche Vorlagen Sie zurückziehen.

    (Beifall bei der SPD.)

    Darüber werden wir, wenn die Vorlage des 2. Teils des Steueränderungsgesetzes aus dem Finanzausschuß ins Plenum kommt, noch mit Ihnen ein ernstes Wort zu sprechen haben. Erfreulicherweise werden wir uns bei dieser Auseinandersetzung auf den Herrn Vorsitzenden des Finanzausschusses des Deutschen Bundestages beziehen können.
    Wir ziehen alo zurück,: die Vorlage Drucksache IV/64 betreffend Zuckersteuer mit einer finanziellen Auswirkung von 110 Millionen DM — die Zahlen, die ich nenne, sind alle vom Bundesfinanzministerium errechnet worden; sie sind nicht immer ganz richtig, aber man muß ja eine einheitliche Bemessungsgrundlage haben —,

    (Heiterkeit bei der SPD)

    die Vorlage Drucksache IV/65 betreffend Kaffeesteuer mit einer finanziellen Auswirkung von 1 Milliarde DM, die Vorlage Drucksache IV/66 betreffend Teesteuer mit einer finanziellen Auswirkung von 32 Millionen DM, die Vorlage Drucksache IV/2047 betreffend erschwerte Haushaltsführung mit einer finanziellen Auswirkung von 273 Millionen DM — bei dieser Zahl geht es nur um den Bundesanteil an der Einkommen- und Körperschaftsteuer; wir haben es hier mit dem Bund zu tun — und die Vorlage Drucksache IV/468, das Kindergeldgesetz, mit einer Mehrausgabe von 220 Millionen DM. Das sind zusammen 1635 Millionen DM.
    Andere Vorlagen müssen wir für erledigt erklären lassen, beispielsweise unseren Vorschlag hinsichtlich der Altershilfe für die Landwirtschaft — er ist jetzt in das neue Landwirtschaftsprogramm eingegangen — mit einer finanziellen Auswirkung von 210 Millionen DM. Ferner ist das Kindergeldgesetz Drucksache IV/2608 inzwischen erledigt. Das macht 780 Millionen DM aus. Zusammen sind das 990 Millionen DM.
    Damit scheiden auch diese sozialdemokratischen Anträge aus der Diskussion aus. Insgesamt haben Sie bisher eine Mindereinnahme oder Mehrausgabe in Höhe von 2625 Millionen DM errechnet.
    Einige Gesetzentwürfe können wir nicht zurückziehen, weil bereits Gesetzentwürfe in derselben Materie von der Bundesregierung vorgelegt oder von der Koalition angekündigt worden sind. Dazu gehört das Mutterschutzgesetz. Der Finanzminister rechnet uns dafür 590 Millionen DM vor. Nach unserer Meinung trifft das nicht zu; wir kommen auf einen geringeren Betrag. Aber ich habe hier einmal die 590 Millionen DM angesetzt.
    Außerdem haben wir uns nach einer Aufstellung des Bundesfinanzministeriums die weiteren Gesetzentwürfe sowohl von uns als auch von der Koalition angesehen. Nach einer Aufstellung, die uns betrifft, würde eine zusätzliche Belastung aus SPD-Anträgen nach unseren Berechnungen in Höhe von 1625 Millionen DM, nach denen des Bundesfinanzministeriums in Höhe von 3220 Millionen DM verbleiben. Dagegen ergibt die Aufstellung der Gesetzentwürfe aus der Koalition — also keine Regierungsvorlagen, alles nur Koalitionsanträge —eine Belastung von 6,5 Milliarden DM. Bei der Verwertung der Zahlen von uns bleiben nach der Rechnung des Bundes-



    Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller
    finanzministers noch 3220 Millionen DM übrig. Auf der anderen Seite müssen Sie aber nicht nur die Anträge aus den Koalitionsfraktionen nehmen, sondern Sie müssen auch noch die Regierungsvorlagen hinzurechnen, die ja mit einem Teil unserer Anträge korrespondieren. Dann kommen wir zu einer Belastung — nur durch Anträge und Gesetzentwürfe, die aus dieser Regierungskoalition kommen, die sich so um die Preis- und Währungsstabilität bemüht — in Höhe von 6,5 Milliarden DM,

    (Hört! Hört! bei der SPD)

    wobei von uns in allen Berechnungen einheitlich die Belastung durch das Postverwaltungsgesetz mit zunächst 410 Millionen DM angenommen worden ist. Ich werde diese beiden Aufstellungen zu Protokoll geben, um jedem die Möglichkeit einer Nachprüfung einzuräumen. *)
    Meine Damen und Herren, Sie sehen also, daß wir es uns nicht ganz einfach gemacht haben. Wir haben erst einmal das aus der Debatte herausgenommen, was nicht in die finanzpolitischen Überlegungen dieses Jahres hineingehört. Wir haben auch noch einige Anträge und Gesetzentwürfe der SPD vorliegen; dazu kommen außerdem einige Regierungsvorlagen und Gesetzentwürfe von Ihnen. Aber es ist festzuhalten, daß unsere Anträge nach den Berechnungen des Bundesfinanzministers 3220 Millionen DM ausmachen; bei Ihnen aus der Koalition sind es noch 6,5 Milliarden DM. Und da wagen Sie es, solche Diskussionen mit uns hier und auch außerhalb des Hauses zu führen!

    (Lebhafter Beifall bei der SPD. — Abg. Dr. Mommer: Da sollte Herr Stoltenberg auch mal zuhören!)

    Wir haben für die dritte Lesung einige Anträge eingebracht. Es handelt sich dabei - ich halte das hier noch einmal fest — um Ausgabeerhöhungen mit einem Betrag von 49 Millionen DM, wenn wir die beiden beim Haushaltsgesetz in zweiter Lesung angenommenen SPD-Anträge mit 31 Millionen DM einschließen, was ich getan habe. Diesen Anträgen würden nach unserem Wunsch Ausgabenminderungen in Höhe von 28 Millionen DM gegenüberstehen, so daß per Saldo im Vergleich zu den Beschlüssen des Haushaltsausschusses eine Haushaltsverschlechterung um 21 Millionen DM verbleibt, ein Betrag, der in gar keinem Verhältnis zum Etatvolumen steht, vor allen Dingen dann nicht, wenn man berücksichtigt, daß mit diesem Betrag vier notleidende Gebiete erfaßt werden sollen: Küstenschutz, Wissenschaftsförderung, Sportförderung und Honnefer Modell.
    Ich würde mich freuen, meine Damen und Herren, wenn Sie einmal nach vielen Jahren einer parlamentarischen Opposition bei einem solchen Haushalt nur Anträge mit einer derartig geringen finanziellen Auswirkung und nur für so wichtige Gebiete stellen würden. Ich kann Ihnen versichern, daß die SPD, wenn sie regieren würde, eine solche Haltung ihrer Opposition zu honorieren bereit wäre, und zwar nicht nur mit Worten; wir würden die
    *) Siehe Anlage 2
    Möglichkeit nutzen, uns mit der Opposition über diese wichtigen Anliegen zu verständigen. Es sind Anliegen, die einfach nicht in eine allgemeine öffentliche Auseinandersetzung gehören; dazu müßten sie uns eigentlich alle zu schade sein. Ziehen Sie Ihren Antrag zurück, den Sie für die dritte Lesung vorgelegt haben. Ich glaube, Sie würden damit der Sache einen guten Dienst erweisen, sich selber im übrigen 'den besten; selbstlos, wie wir sind, denken wir nicht nur an uns, sondern auch an Sie.

    (Beifall bei der SPD.)

    Daß es zwischen den jetzt noch regierenden Fraktionen und der sozialdemokratischen Bundestagsfraktion auf finanzpolitischem Gebiet erhebliche Meinungsverschiedenheiten gibt, wie auch unsere Stellungnahme zum Bundeshaushalt der Unsolidität unterstreicht, ist nicht eine Frage von Koalition und Opposition, sondern des gesellschaftspolitischen Standortes eines demokratischen Staates im Jahre 1965. Die Bundesregierung und ihre Parlamentsmehrheit haben bei diesem Haushalt gerade noch früh genug, knapp sieben Monate vor den Wahlen, unter Beweis gestellt, daß sie nicht in der Lage sind, der Sache der Geldwertstabilität durch das eigene Beispiel, durch richtiges und maßvolles Verhalten den vom Volk erwarteten guten Dienst zu erweisen, und das beweist: wir brauchen eine neue Bundesregierung.

    (Anhaltender lebhafter Beifall bei der SPD.)



Rede von Dr. Carlo Schmid
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Emde.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Hans Georg Emde


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Kollege Möller glaubt, wir 'brauchen eine neue Regierung.

    (Sehr wahr! und Beifall bei der SPD. — Abg. Dr. Mommer: Das ist eine weit verbreitete Meinung!)

    Wir sind überzeugt, daß diese Koalition aktionsfähig ist. Herr Kollege Möller, wir werden uns im Laufe meiner Darstellung mit Ihren Argumenten Stück um Stück auseinandersetzen.

    (Beifall 'bei der FDP.)

    Sie haben vorhin eine Flut von Zitaten angeführt. Ich habe leider nicht ein großes Büro zur Verfügung,

    (Abg. Dr. h. c. Dr.-Ing. B. h. Möller: Ich leider auch nicht!)

    ich muß meine Rode selbst machen und muß mich allein auf meinen Verstand verlassen.

    (Heiterkeit und Beifall bai den Regierungsparteien. — Zurufe von der SPD.)

    Sie haben eine Reihe von sehr bemerkenswerten Zitaten gebracht. „Am richtigen Ort das Richtige zu sagen", darum werde ich mich hier bemühen.
    Sie haben weiter gesagt, Sie würden zeigen, wie Ihre Haushaltspolitik in der Alternative aussähe, wenn Sie in der Regierung säßen. Das ist ein sehr interessanter Vorgang.

    (Zuruf von der SPD: Kann man wohl sagen!)




    Dr. Emde
    Sie setzen nämlich eine Fülle von Sachkritik an Einzelpunkten an. Aber, Herr Kollege, wir sind uns doch alle darüber einig, daß gegenüber einem Gebäude — und dieser Haushalt ist ein Gebäude — ein anderes Gebäude als Gegenargument aufgebaut werden muß und daß nicht eine punktuelle Kritik die Alternative zu der Finanzpolitik einer von uns geführten Koalitionsregierung sein kann.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Und, Herr Kollege, Sie hätten an der Entstehung und Gestaltung dieses Haushalts Mitarbeiten müssen, wie z. B. Ihre Kollegen im Haushaltsausschuß daran mitgewirkt haben.

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)

    Die Kritik aus der Flanke heraus ist vielleicht wirkungsvoll, wenn sie mit einer solchen vollendeten
    Rhetorik vorgetragen wird, wie sie 'Ihnen eigen ist,

    (Zuruf von der CDU/CSU: Rabulistik!) aber sie faßt nicht das Problem.


    (Beifall bei Iden Regierungsparteien.)

    Man muß die Entstehung und den Kampf um den Haushalt miterlebt haben.
    Wenn man ehrlich ist, muß man bereit sein zuzugestehen, daß auch wir die Gefahren, die in diesem Etat liegen, kennen unid erkennen.

    (Rufe von 'der SPD: Aha! — Zuruf links: Aber keine Folgerungen 'ziehen!)

    Darum meine ich, man sollte an der richtigen Stelle das Richtige sagen.

    (Zuruf von der SPD: Wo 'denn sonst, wenn nicht hier?)

    Als Minister Dahlgrün am 19. Juni den Entwurf dem Bundesrat zuleitete, wurde er von Politikern, von der Presse und der Öffentlichkeit mit Zustimmung und mit dem Gefühl der Erleichterung begrüßt. Wenn 'heute bei der endgültigen Verabschiedung des nunmehr erheblich veränderten 'Haushaltsplanes Skepsis und Kritik das Bild des Urteils beeinflussen, dann ist es notwendig, den tatsächlichen Ablauf des Geschehenes anzudeuten, der zur heutigen Situation geführt hat.
    Der Entwurf 1965 ist erstmalig in der Geschichte der Bundesrepublik zeitgerecht vorgelegt worden. Diese Tatsache wurde von jedermann begrüßt. Daß erst heute, Ende Februar, die endgültige Verabschiedung erfolgt, ist also nicht Schuld des Finanzministers oder der Regierung, sondern sie liegt allein begründet in der zeitlichen Organisation der Arbeit dieses Parlaments. Wenn die Sommerferien bis Ende September dauern, ist es für den Haushaltsausschuß unmöglich, in 21/2 Monaten, also bis zum Dezember, einen Etat verabschiedungsreif zu machen. Der kommende Bundestag sollte aus dieser Tatsache die Folgerung ziehen, den Urlaubsrhythmus verändern und stärker den Notwendigkeiten der parlamentarischen Arbeit in diesem Hause anpassen.
    Ich habe gesagt, 'daß der 'Entwurf mit Zustimmung und Erleichterung betrachtet wurde. Mit Zustimmung, weil lin ihm alle die Notwendigkeiten eingebaut waren, die sich aus dem Ablauf unseres Wirtschafts- und Staatsapparates ergeben. Mit Erleichterung, weil er ohne finanzpolitische Kunststücke und Kniffe aufgebaut war, die nach Ansicht aller Fachleute nur schlechte Aushilfen einer Finanzpolitik sind. Wir sind völlig einig darin. Er enthielt als einzigen Schönheitsfehler eine Globalkürzung von 1,2 Milliarden. Viele Kollegen auch in diesem Hause waren überzeugt, daß man sie im Verlaufe der Etatberatungen zum mindesten zu einem erheblichen Teil durch gezielte Kürzungen würde ersetzen können. Natürlich bestanden Wünsche nach Veränderungen, nach Verschiebungen einzelner Schwerpunkte. Aber 'im Prinzip waren sich alle Fraktionen dieses Hauses einig, daß Methode der Einbringung und Inhalt des Entwurfs zu begrüßen seien.
    Inzwischen hat sich das Bild verändert: Der zu verabschiedende Plan hat zwar noch die gleiche Endsumme wie der Entwurf, aber in seiner Konstruktion sind bedeutsame Veränderungen erfolgt, bedeutsam nicht nur für die Finanzpolitik dieses Staates. Die Veränderungen haben zu unserem Bedauern Schatten auf das anfänglich so helle Bild geworfen. Aber diesen Verschlechterungen stehen auch erhebliche Verbesserungen im Etat gegenüber, so daß wir uns hier über 'einen Haushalt unterhalten, der zur gleichen Zeit Vorzüge und Schwächen besitzt.
    Lassen Sie mich mit den Vorzügen beginnen.
    1. Das Haushaltsvolumen beträgt unverändert 63,9 Milliarden DM. Diese Zahl ist heftig kritisiert worden. Es wurde gesagt, sie sei nicht echt, sie sei an anderer Stelle ausgeweitet. Und gerade Sie, Herr Kollege Möller, haben jahrelang damit operiert, es sei nicht sinnvoll, mit einer festen Haushaltsabgrenzung Staatspolitik machen zu wollen. Diese Kritik übersieht aber völlig die psychologische Wirkung, die von dieser Grenze ausgegangen ist. Ohne das Setzen dieser festen Zahl — die 63,9 Milliarden DM sind ja nicht willkürlich gegriffen, sondern nur die finanzpolitische Folgerung aus der Zuwachsrate des Sozialprodukts — wäre es unmöglich gewesen, die von 'allen Seiten drängenden Forderungen nach Mehrausgaben abzuwehren. Insofern hat sich die Abgrenzung auf eine feste Endzahl psychologisch gelohnt. Man sollte diese Wirkung nicht unterschätzen. Aber auch für die Einnahmeseite, die Kollege Möller hier völlig übersehen hat, war diese Zahl von erheblicher Bedeutung; denn die Steuermehreinnahmen, die über den ursprünglichen Ansatz hinaus errechnet wurden, standen nur durch diesen Vorgang für die Steuersenkung zur Verfügung.
    2. Das ist der zweite Vorteil dieses Haushalts, daß es gelungen ist, die politische Absicht von Regierung und Koalition zu verwirklichen, die seit langem geplante und für die deutsche Volkswirtschaft unbedingt erforderliche Steuersenkung trotz der Vielzahl der Ausgabenwünsche und trotz der Notwendigkeit, unabdingbare Ausgaben zu veranschlagen, in diesem Jahr durchzusetzen. Daß allen Versuchungen widerstanden wurde, die für die Steuersenkung vorgesehene Finanzmasse für andere Zwecke zu verwenden, mag als besonders glücklicher Umstand gewertet werden. Es ist ein Beweis dafür, daß Entschlossenheit und nüchternes Han-



    Dr. Emde
    dein in der Politik am ehesten die Voraussetzungen zur Erreichung gesteckter Ziele schaffen.
    3. Die für das Jahr 1965 erforderliche Tilgungsrate an die Deutsche Bundesbank ist auch im endgültigen Haushalt veranschlagt. Einer der Störfaktoren des Haushalts 1964, der erst im Nachtragshaushalt beseitigt werden konnte, ist damit im Etat 1965 vermieden.
    4. Die aus den Mehreinnahmen der Mineralölsteuer angefallenen Mittel sind nicht irgendwo an anderer Stelle verfrühstückt worden, sondern in der Höhe von 120 Millionen DM zur Aufstockung der ordentlichen Mittel für den Straßenbau verwandt worden.
    5. Die für den Straßenbau vorgesehene Beanspruchung des Kapitalmarkts über die Offa in Höhe von 350 Millionen DM konnte durch die Erhöhung der Straßenbaumittel auf 280 Millionen DM gesenkt werden. Das ist eine für die Beurteilung anderer Kapitalmarktvorgänge dieses Haushalts wesentliche Entlastung.
    6. Die Mehreinnahmen aus Verwaltungskosten, die sich im Verlauf der Haushaltsberatungen ergaben, und ein Teil der durch die höheren Steuereingänge entstehenden Mehreinnahmen wurden zur Senkung des außerordentlichen Haushalts und der Darlehensermächtigung um 234 auf 2016 Millionen DM verwandt.
    7. Eine Reihe von notwendigen Mehrausgaben konnte durch Ausgabekürzung an anderer Stelle j erwirkt werden. Ich zähle nur einige im Politischen und Sachlichen wesentliche Maßnahmen auf: 100 Millionen DM mehr für den Reiseverkehr aus der Sowjetzone, 8,5 Millionen DM mehr für den Ausbau der Binnenwasserstraßen, 400 Millionen DM mehr für Betriebsmittel der Deutschen Bundesbahn. So könnte noch Weiteres aufgezählt werden.
    8. Die Ablieferungsverpflichtung der Deutschen Bundespost gegenüber dem Bundeshaushalt ist um 260 Millionen auf 265 Millionen DM verringert worden, wodurch ein Kompromiß zwischen den Notwendigkeiten zur Entlastung der Deutschen Bundespost und damit der Postbenutzer und den Notwendigkeiten der Staatsfinanzen gefunden werden konnte.
    Alles zusammen sind wesentliche Vorteile, die schon vom Entwurf her ,gegeben waren oder aber noch während der Beratungen eingebaut werden konnten, Vorteile, die man bei einer ehrlichen Beurteilung der Finanz- und Regierungspolitik dieser Regierung zum Abschluß der Gesamtberatungen noch einmaldeutlich aufzeigen muß.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Die Nachteile, die diesen von mir aufgezählten Punkten gegenüberstehen, sind nach der Einbringung des Haushalts entstanden. Sie sind hier schon ausführlich 'behandelt worden. Es ist aber notwendig, daß die FDP zu diesen Punkten eindeutig Stellung nimmt, da 'zwei der Nachteile des Haushalts auch im vergangenen Jahr Anlaß 'zu ernsthaften Überlegungen gewesen sind und in der Öffentlichkeit im Laufe der letzten Wochen bei der kritischen Betrachtung Ides vorliegenden Entwurfs Zweifel am inneren Wert dieses Haushalts geäußert wurden.
    Es geht hier um diese drei Fragen: die Hergabe von 750 Millionen DM Schuldverschreibungen an die Rentenversicherungsträger, die Globalkürzung von 1490 Millionen DM und die Darlehensermächtigung an die Bundesbahn.

    (die volle Verantwortung übernommen. Aber ich rufe hier, meine Damen und Herren, noch einmal die letzten Novembertage des Jahres 1964 in die Erinnerung zurück. Damals standen wir vor der Entscheidung über die Harmonisierung des europäischen Getreidepreises in Brüssel. Große Teile ,der Fachpresse, die Tageszeitungen und die einflußreichen Politiker waren fast alle übereinstimmend der Meinung, daß eine Harmonisierung des europäischen Getreidepreises Voraussetzung für eine weitere positive Entwicklung in der europäisch-atlantischen Gemeinschaft sei. Daß diese Harmonisierung ihren Preis kosten würde, mußte jedem Beteiligten klar sein, der zu dieser Entscheidung ja gesagt hatte. , Und daß dieser Preis bereits im Haushalt 1965 zu zahlen sein würde, stand von vornherein fest. Wir lösen also hier nur Verpflichtungen ein, .die im Dezember vorigen Jahres eingegangen wurden. Denn es gibt keinen Zweifel, daß ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der sogenannten Vorfeldbereinigung für die deutsche Landwirtschaft in Höhe von 840 Millionen DM und diesen 750 Millionen DM Schuldverschreibungen besteht. Es ist während der Haushaltsberatungen gelungen, immerhin 90 Millionen DM an anderer Stelle des Haushalts abzufangen; der Restbetrag mußte dann in dieser Weise gedeckt werden. Es wäre töricht, heute der deutschen Landwirtschaft einen Vorwurf zu machen und etwa zu sagen, die deutschen Bauern seien schuld an der finanziellen Belastung des Bundeshaushalts. Denn selbst die relativ hohen Ausgleichszahlungen ab 1967 werden keinen vollen Gegenwert für die zu erwartenden Einnahmeverluste der deutschen Landwirtschaft Dr. Emde bringen und schon gar nicht für die noch immer in hohem Maß bestehenden Wettbewerbsverzerrungen. Dafür die Vorfeldbereinigung in Höhe von 840 Mio DM. Die FDP ist heute, wie in der Vergangenheit, überzeugt, daß unser Staat ein blühendes und wirtschaftlich gesundes Bauerntum dringend benötigt. Wir werden diese Überzeugung auch in Zukunft mit +allen legalen Mitteln der Politik weiter vertreten. Wir hoffen nur, daß die Erwartungen, die man in die Harmonisierung der europäischen Getreidepreise setzt, auch in Erfüllung gehen. Die Weiterentwicklung der Harmonisierung in der EWG und französisches Verständnis für die deutsche Haltung im Rahmen der Verteidigungsabsichten der NATO sollten nach der Vorstellung so manch bedeutenden Mannes in der Bundesrepublik Gegenleistung für das deutsche Zugeständnis in Brüssel sein. Die Zukunft wird zeigen, ob — wir alle hoffen es — diese Blütenträume tatsächlich reifen. Es darf aber keinen Zweifel geben, daß die Ausgabe von Schuldverschreibungen nunmehr die letzte Finanzoperation dieser Art sein muß. Wenn auch konjunkturpolitisch durch diese Maßnahme kein Schaden entsteht, so bedeutet sie insgesamt eine zusätzliche künftige Belastung des Bundeshaushaltes, denn die Tilgungsraten müssen in den nächsten Jahrzehnten aufgebracht werden. Das sollte jedermann klar sein. Der zweite Punkt kritischer Betrachtung ist die für den Haushalt vorgesehene Darlehensermächtigung für die Deutsche Bundesbahn. Ich habe vorhin dargelegt, daß die der Bundesbahn zufließenden Barmittel im Zuge der Beratung um 400 Millionen DM erhöht wurden. Die Entwicklung der Bahn hat aber in den letzten Wochen deutlich gemacht, daß selbst nach Abdeckung des Bahndefizits aus dem Jahre 1963 eine Barleistung von 1,4 Milliarden nicht ausreichen wird, um die Finanzkrise der Bahn im Jahre 1965 zu überwinden. Dazu genügt auch nicht mehr der Versuch, über eine Darlehensermächtigung im Bundeshaushalt der Bundesbahn neues Kapital zuzuführen, was natürlich bedeutet, daß der Bund in Zukunft den Kapitaldienst für den aufgenommenen Darlehensbetrag übernimmt. In der deutschen Verkehrspolitik wird es notwendig sein, durch klare Entscheidungen, Aufteilung der Marktgebiete, Aufgabenabgrenzung zwischen den Verkehrsträgern die Voraussetzung einer großzügigen Rationalisierung zu schaffen, die innerhalb der Verkehrsträger und zwischen ihnen stattfindet und damit die Möglichkeit bietet, die Kostenwelle aufzufangen. Es ist natürlich, daß für einen solchen Vorgang Zeit und Ruhe erforderlich sein wird. Aber dieser Weg muß gegangen werden, denn auf die Dauer sind Belastungen der öffentlichen Hand, wie sie hier erfolgen, untragbar. Der dritte kritische Punkt dieses Haushaltes sind die Globalkürzungen in Höhe von 1,5 Milliarden DM, die in diesem Fall durch Sperre von Baumitteln und eine 7%ige Kürzung aller freien Titel erreicht wurden. Das führt zu Verwaltungsmehraufwand, denn ein großer Teil dieser Kürzungen wird im Laufe des Haushaltsjahres durch Anträge auf überplanmäßige Ausgaben wieder aufgehoben werden, und zwar überall dort, wo ein 7%iger Abstrich zu Nachteilen oder Schäden für die Erfüllung von Staatsaufgaben führen könnte. Und hier, Herr Kollege Möller, unsere Antwort zu den Erhöhungsanträgen, die zu einzelnen Positionen gestellt worden sind, und zu den Auseinandersetzungen bei der Wissenschaft rund beim Deichbau. Es gibt keinen Zweifel, daß im Laufe der letzten Jahre auch in den hier betroffenen Einzelplänen Minderausgaben entstanden sind und daß die Mittel nie voll verausgabt wurden, daß eine gewisse Kürzung also durchaus im Rahmen der Minderausgaben in der Vergangenheit liegt. Wir haben hier die definitive Erklärung aus dem Finanzministerium, die auch im HauShaltsausschuß behandelt wurde, daß, wenn sich an diesen Stellen zeigt, daß die Ausgaben die jetzt im Etat stehenden Beträge überschreiten, die Gelder im Wege überplanmäßiger Ausgaben zur Verfügung gestellt werden. Man sollte hier die Entwicklung abwarten. (Beifall bei den Regierungsparteien. —Abg. Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller: Herr Kollege Emde, würden Sie sich damit zufriedengeben, wenn Sie Mitglied der Opposition wären?)





    (Beifall bei der FDP.)

    — Ich komme auf dieses Problem an anderer Stelle gleich zu sprechen. — Aber wir bemühen uns hier ja, Herr Kollege, in einer sachlichen Diskussion darum, Wege zu finden, wie man aus den Schwierigkeiten herauskommt.
    Die Globalkürzung von 1,5 Milliarden DM ist notwendig, um den Haushaltsausgleich herzustellen.

    (Abg. Leicht: Man kann es auch durchführen!)

    Angriffe 'gegen diese Minderausgaben sind nur dann sinnvoll, wenn gesagt wird, an welcher Stelle weniger ausgegeben werden soll, oder wenn sie mit Deckungsvorschlägen an anderer Stelle verbunden werden. Ernsthafte Deckungsvorschläge sind hier nicht vorgetragen worden.
    Die Fraktion der FDP hätte diesen drei kritischen Maßnahmen nicht zugestimmt und hätte damit den Haushaltsausgleich nicht akzeptiert, wenn nicht folgender Tatbestand völlig eindeutig klar wäre: Seit Jahren ergibt sich immer wieder, daß im Ablauf des Haushaltsjahres in verschiedenen Einzelplänen ohne Verschulden der Verwaltung Hunderte von Millionen einfach darum nicht ausgegeben werden können, weil durch Überlastung des Baumarktes, durch technische Verzögerungen und durch notwendige Umplanungen die tatsächlichen Ausgaben langsamer laufen, als ursprünglich geplant war. Im Jahre 1964 sind 2,2 Milliarden DM in verschiedenen Einzelplänen nicht ausgegeben worden. Die Verrechnung solcher Minderausgaben mit der Globalkürzung wird im Laufe des Haushaltsjahres 1965 zu einem tatsächlichen Ausgleich des Haushaltes führen können. Das war immer so, und alle Mitglieder des Haushaltsausschusses, die sich um diese Dinge kümmern, kennen genau den Vorgang. Wir wissen darüber hinaus — diese Tatsache ist auch im



    Dr. Emde
    Haushaltsausschuß klar besprochen und soeben von Herrn Kollegen Möller dargestellt worden —, daß im Zusammenhang mit der Kurspflege der Bundesanleihen Beträge zwischen 150 und 200 Millionen DM eingehen werden, die auch zur Erzielung der Minderausgaben beitragen werden. Diese Tatsache hat nach langem Überlegen die FOP dazu gebracht, der Globalkürzung und damit der gefundenen Methode des Haushaltsausgleiches, wenn auch unter Bedenken, zuzustimmen.
    Der Haushalt des Jahres 1965 ist ein Haushalt mit Vor- und Nachteilen, aber so wird es bei jedem Haushalt sein, insbesondere dann, wenn sich die Staatsaufgaben so stürmisch entwickeln wie in den letzten Monaten. Die Frage ist nur, ob diese stürmische Entwicklung und die politischen Entscheidungen die Kraft der deutschen Volkswirtschaft und der deutschen Finanzwirtschaft übersteigen und damit gefährliche Entwicklungen ausgelöst werden. Es ist verständlich, daß die FDP-Fraktion die Gesamtentwicklung und manche Einzelentscheidung nicht ohne Skepsis betrachtet hat und zu verschiedenen Zeitpunkten, in denen der Ansturm der Wünsche sich zu überschlagen drohte, mit Nachdruck darum gekämpft hat, die Dinge unter Kontrolle zu halten. Wir haben dabei die volle Unterstützung der Haushaltskollegen der CDU/CSU gefunden. Das sollte hier eindeutig klargestellt werden.

    (Beifall bei der FDP.)

    Die Koalition ist sich hier einig gewesen in der
    Abwehr der Angriffe, die von allen Seiten kamen,
    und der Forderungen nach immer neuen Ausgaben.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Das muß ich hier ganz ausdrücklich bemerken, weil aus der Darstellung meiner Fraktion im einzelnen mancher Sachunterschied zur anderen Regierungspartei sichtbar wurde.
    Es ist aber notwendig, einige grundsätzliche Bemerkungen zum Verhältnis der Finanzpolitik zur allgemeinen Staatspolitik zu machen. Eine Finanzpolitik wird scheitern, wenn sie nichts weiter ist als ausführendes Organ der allgemeinen Staatspolitik. Der Finanzpolitiker ist mehr als ein Erfüllungsgehilfe der allgemeinen Politik, er ist mehr als der Kassenverwalter, der nur die Gelder für die Staatsaufgaben zur Verfügung stellt. Der kluge Finanzpolitiker muß bereit sein, sich im Rahmen der allgemeinen Staatspolitik zu bewegen. Die allgemeine Staatspolitik ihrerseits ist aber nur dann sinnvoll zu gestalten, wenn sie den Finanzpolitiker zum echten Mitgestalter ihrer Arbeit macht. Daß sich stets Interessenkonflikte und damit politische Auseinandersetzungen ergeben, ist natürlich. Je nüchterner sie ausgetragen werden, um so besser ist dem Staatswohl gedient. Es hat im Laufe der letzten Monate genügend derartige Auseinandersetzungen auch im Lager der Koalition und der Regierung gegeben. Das ist nicht ein Zeichen von Schwäche, sondern ein Zeichen von Stärke. Denn wir haben uns in Vollzug dieser Auseinandersetzung zu einer einheitlichen Linie gefunden. Darauf kommt es in der Politik an.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Der in diesem Haushalt gefundene Kompromiß ist bei aller Skepsis gegenüber einzelnen Maßnahmen und Aushilfen durchaus vertretbar. Insofern verdient die Kritik der Opposition selbst scharfe Kritik. Sie ist nämlich zum Teil falsch, zum Teil unsachlich, zum Teil ist sie demagogisch. Denn es gibt nur zwei echte Methoden der Kritik: entweder die Opposition lehnt die eine oder andere Maßnahme des Haushalts ab, dann muß sie aber in jedem Fall eine Alternativlösung vorschlagen,

    (Beifall bei den Regierungsparteien — Zuruf von der CDU/CSU: Die fehlt!)

    oder aber die Opposition lehnt die gesamte Konstruktion des Haushalts ab, dann muß sie vortragen, wie sie Einnahmen und Ausgaben gestaltet und den Ausgleich des Haushaltes gefunden hätte.
    Es genügt also nicht, zu sagen, daß die Rentenversicherungsträger nicht mit 750 Millionen DM Schuldverschreibungen abgefunden werden sollen. Es muß gesagt werden, wo die 750 Millionen DM herkommen sollen,

    (Beifall bei den Regierungsparteien. — Abg. Leicht: Es genügt auch nicht, für den Straßenbau mehr zu fordern und für die Wissenschaft mehr zu fordern, ohne Zahlen zu nennen!)

    oder aber die Opposition muß z. B. sagen, sie sei gegen die Zahlung an die deutsche Landwirtschaft.

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)

    Es genügt nicht, zu sagen, man halte die Globalkürzungen von 1,5 Milliarden DM für falsch. Es muß geklärt werden, wo dieser Betrag herkommen soll oder welche Ausgaben im einzelnen gestrichen werden sollen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Die Opposition hat allen zusätzlichen Vorhaben, die in diesem Haushalt finanzielle Auswirkungen haben, zugestimmt. Die Opposition hat zusätzliche Wünsche in Milliardenhöhe durchzudrücken versucht. Ich bin der letzte, Herr Kollege Möller, der hier Aufrechnungen und Gegenrechnungen vorführt. Ich bin auch überzeugt, daß, wenn Sie Regierungspartei wären, Sie Ihrerseits einen Ausgleich des Haushaltes in dieser oder jener Form gefunden hätten. Das ist ganz klar. Darum halte ich aus der Sache heraus so wenig von diesem wirksamen Gag, hier diese Liste abzugeben und zu sagen: Wir ziehen Anträge zurück. Das war sicher sehr wirkungsvoll.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Aber aus dieser Liste lassen sich auch umgekehrte Folgerungen ziehen!)

    Aber, Herr Kollege, das war in meiner Richtung gar nicht notwendig. Was ich der Opposition vorwerfe, ist, daß sie nicht ein Gedankengebäude neben unser sicherlich an manchen Stellen fehlerhaftes Gebäude gesetzt hat. Da muß die Auseinandersetzung in Wirklichkeit stattfinden. Das Aufrechnen von innerhalb und außerhalb dieses Parlaments gestellten Forderungen kann nicht Grundlage unserer Diskussion sein.



    Dr. Emde
    An eine Methode, die unbestritten neuralgischen Punkte dieses Haushaltes zu beseitigen, könnte man allerdings denken — die SPD hat sie im Laufe der letzten Jahre mehr oder weniger verschämt vorgetragen —, nämlich an den Verzicht auf die Steuersenkung. Ich beziehe mich dabei ausdrücklich auf die Ausführungen, die von Senator Weichmann im Bundesrat am 15. Mai 1964 gemacht wurden. Wäre das aber wirklich eine gute Methode? Man hätte dann auf die Steuersenkung verzichten und mit den höheren Staatseinnahmen das ausgleichen können, was wir in anderer Form gemacht haben. Wir sind in diesem Punkt eben total anderer Meinung als die SPD.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Wir sind erstens überzeugt, daß die Steuersenkung von runden 3,5 Milliarden DM gerade für den kleinen Steuerzahler notwendig war. Schließlich ist sie auch von großer Bedeutung für die Wirtschaft und da besonders für die Klein- und Mittelbetriebe. Denn wir sind der Meinung, daß der Steuerzahler einen möglichst hohen Anteil seiner Einkünfte für sich behalten soll und daß die Methode, immer höhere Teile des Sozialprodukts über die Kassen der öffentlichen Hand zu leiten, falsch ist und gestoppt werden muß. Hier unterscheiden wir uns ganz deutlich von der SPD. Für uns ist die Erfüllung der öffentlichen Aufgaben ebenso wichtig wie für die SPD. Herr Kollege Möller, was wir betreiben, ist nicht eine Finanzpolitik des vorigen oder des vorvorigen Jahrhunderts. Wir erkennen die Bedeutung der öffentlichen Aufgaben an. Aber gleich wichtig ist für uns die Eigentumsbildung in breiten Schichten der Bevölkerung, und gerade ihr dient die Steuersenkung in besonderem Maße.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Zweitens sind wir überzeugt, daß dieser Bundeshaushalt im Laufe des Haushaltsjahres auch ausgeglichen abgewickelt werden kann.
    Drittens — und das habe ich vorhin mit Demagogie gemeint — weisen wir energisch den Vorwurf zurück, den Kollege Erler bei der Behandlung des Haushaltes des Bundeskanzleramtes gemacht hat, es sei der Regierung nicht gelungen, die Stabilität der Währung zu wahren.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Auch wir kennen die Gefahren, in denen wir stehen. Immerhin zeigt uns ein Blick auf die Umwelt, daß wir im Verhältnis relativ gut stehen. Hier geht die Opposition in ihrer Kritik gefährlich weit. Aber das weiß sie auch selbst. Wer diese Finanzpolitik auch nur in den Zusammenhang mit dem Begriff Inflation bringt, weiß überhaupt nicht, was Inflation wirklich ist.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Ich habe gesagt, wir sind überzeugt, daß dieser Bundeshaushalt im Laufe des Haushaltsjahres in sich ausgeglichen abgewickelt werden kann. Ich habe vorhin dargestellt, daß sicherlich auch in diesem Jahr Reste zu erwarten sind, die es ermöglichen, die Globalkürzung abzufangen und damit den Haushalt auszugleichen. Gerade unter dieser Überlegung war
    es auch finanzpolitisch vertretbar, den beiden Sozialgesetzen zuzustimmen, die am 1. April 1965 in Kraft treten und Mehrausgaben von 670 Millionen auslösen, nämlich ,der Novelle zum Kindergeldgesetz und dem Ausbildungsbeihilfegesetz. Diesen beiden Gesetzesvorhaben hat die FDP initiativ zugestimmt, und dadurch ist der Haushalt des Jahres 1965 ein Haushalt mit Schwerpunkteiner sozialpolitischen Entwicklung, die auch von uns, von der FDP, begrüßt wird.
    Aber ,der Ausgleich des Haushaltes im Laufe des Jahres wird nur dann gefunden werden, wenn ab jetzt keine weiteren Ausgaben beschlossen werden, die dieses Haushaltsjahr zusätzlich finanziell belasten. Hier müssen die feste Absicht und der feste politische Wille bestehen. Diese Entschlossenheit erkläre ich namens der FDP-Fraktion.

    (Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU/CSU.)

    Wir stellen deshalb für die Zukunft eindeutige Forderungen .auf. Die Finanzpolitik muß auch weiterhin ein entscheidender Faktor bei der Gestaltung der Regierungspolitik sein. Ziel der Finanzpolitik ihrerseits muß es sein, die Staatsaufgaben zu finanzieren, das weitere Wachstum der Wirtschaft und damit die Stabilität der wirtschaftlichen Entwicklung zu sichern. Die Finanzpolitik muß dem Bürger und den Einzelbetrieben einen möglichst hohen Anteil ihres Arbeitsertrages belassen und muß die Eigentumsbildung fördern, denn der Staat darf nur dort tätig werden, wo der einzelne oder der Betrieb nicht aus eigener Kraft die Probleme der sozialen Sicherung oder der Gemeinschaftsaufgaben lösen kann. Das sind die Grundsätze, nach denen wir in dieser Legislaturperiode Finanzpolitik betrieben haben. Eine Finanzpolitik, die .es möglich macht, eine Steuersenkung von 31/2 Milliarden DM vorzunehmen, die es möglich gemacht hat, die Leistung des Kindergeldes mit 1,5 Milliarden DM voll auf den Bundeshaushalt zu übernehmen, die der Wirtschaft die Voraussetzung zu einer weiteren Expansion geboten hat, die eine wirkungsvolle Entwicklung der Sozialpolitik gesichert hat, die es möglich gemacht hat, die großen Gemeinschaftsaufgaben so zu lösen, daß für jedermann die positive Entwicklung deutlich und sichtbar wird.
    Wir kennen die Gefahren, die sich aus einer Überforderung der Staatsfinanzen ergeben. Wir sind gewillt, diesen Gefahren heute und in Zukunft zu begegnen. Das ist kein Haushalt der Wahlgeschenke, das ist ein Haushalt des sozialen Fortschritts, der Erfüllung der Gemeinschaftsaufgaben, der Sicherung der wirtschaftlichen Unabhängigkeit der Bürger. Wir brauchen keine sozialistische Regierung, um diese Politik fortzusetzen. Die FDP stimmt diesem Haushalt zu.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)