Rede von
Albert
Leicht
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zunächst darf ich die Feststellung treffen, daß wir uns heute über den Nachtragsetat für 1964 unterhalten müssen
und noch nicht einen Ausblick auf den Etat des Jahres 1965 geben sollen.
Wir können verstehen, daß die Opposition versuchen will, von uns zu hören, auf welche Weise wir den Etat des Jahres 1965 genauso gut zu meistern gedenken, wie wir den Etat 1964 mit diesem Nachtrag gemeistert haben.
Wir können ihr diesen Gefallen nicht tun. Wir hoffen, daß sie die Zeit, die wir ihr noch geben, dazu nutzt, mitzuhelfen, daß der Etat 1965 zusammen mit ihr so ausgeglichen wie der Nachtragsetat 1964 dem deutschen Volk dargeboten werden kann.
Meine Damen und Herren, ich möchte einige Ausführungen des Herrn Kollegen Dr. Möller aufgreifen, die er in seiner Sicht auf den Etat 1965 gemacht hat. Allerdings spreche ich nicht in der Sicht auf den Etat 1965, sondern in der Sicht auf den Etat 1964.
Herr Möller hat versucht, eine finanzpolitische Konzeption aufzuzeigen. Obwohl Sie jetzt vielleicht sagen mögen, ich sei nicht in der Lage, Schatten vorauszuwerfen, glaube ich nicht, daß das, was Sie dargeboten haben, Herr Kollege Möller, eine solche Konzeption darstellt. Wenn man von Finanzpolitik spricht, muß man davon ausgehen, daß die Finanzpolitik und die finanzpolitische Konzeption in erster
Linie dafür zu sorgen haben, die Stabilität von
Wirtschaft und Währung zu erhalten und zu sichern.
Wenn ich von diesem Gesichtspunkt ausgehe, ist festzustellen, daß der Beitrag der Bundesregierung, der Koalitionsparteien und auch — zumindest bis zu einem gewissen Zeitpunkt — der Beitrag der Opposition darin bestanden hat, die Beschränkung der öffentlichen Ausgaben an dem realen Zuwachs des Bruttosozialprodukts zu orientieren. Ich glaube, daß der Weg, der hier eingeschlagen worden ist, eine solche finanzpolitische Konzeption als Beitrag zur Stabilität von Währung und Wirtschaft zu betrachten, richtig war. Wenn das aber ein richtiger Beitrag war — und ich wiederhole, daß auch die Opposition das einmal anerkannt hat —, dann ist damit die Beschränkung der öffentlichen Ausgaben des Bundes zunächst festgestellt. Damit ist aber auch die Möglichkeit gegeben — und insofern kann ich das, was Sie zu Herrn Kollegen Schmidt als dem Vorsitzenden des Finanzausschusses gesagt haben, nicht akzeptieren —, wegen der Beschränkung der Ausgaben dem Steuerzahler auf der Einnahmenseite eine Entlastung zu bieten, und zwar in der Größenordnung, wie es diese Beschränkung des Etatvolumens zuläßt.
Sie haben gefragt, warum wir das Steueränderungsgesetz teilten. Genau hier liegt für uns der Ansatzpunkt zu sagen: Wir sind verantwortungsvoll genug, zunächst einmal abzuwarten, wie groß der Unterschied zwischen realen und nominalen Steuermehreinnahmen für das Jahr 1965 sein wird, um dann erst festzustellen, was uns dann noch zur Entlastung der Steuerzahler übrigbleiben wird.
Das, Herr Kollege Möller, muß man wohl unter verantwortungsvoller Finanzpolitik verstehen. — Ich will aber nun nicht mehr über das Jahr 1965 sprechen.
Sie erwähnten die Ausführungen meines Kollegen Stoltenberg, der sicher etwas für Sie nicht gerade Angenehmes festgestellt hat, als er davon sprach, welch schwere Aufgaben bei der Abgleichung des Etats auf dieses Parlament zukommen, zumal wenn man berücksichtigt, was an Mehrausgaben durch Gesetzgebungsvorhaben, und zwar sowohl durch Vorlagen der Regierung als durch Vorlagen aus dem Parlament entstehen könnte. Dabei handelt es sich nicht um eine Frage der Deckung, sondern — bei einer verantwortungsbewußten Finanzpolitik — um eine Frage der Redressierung der Ausgaben auf das im Interesse von stabiler Währung und Wirtschaft beschränkte Volumen. Die Frage der Deckung wäre in diesem Augenblick — darüber sind wir uns doch im klaren —, wenn sie gestellt würde, viel einfacher als die Frage, wie man sich hier konjunkturpolitisch, finanzpolitisch richtig und verantwortungsbewußt verhält, indem man die Ausgaben auf das Volumen bringt, das wir unter den Aspekten, die ich darstellen konnte, für vertretbar halten.
Sie haben von den Ausgaben gesprochen. Nun, ich will nicht aufrechnen. Wenn ich hier etwas klar-
7536 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 152. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 10. Dezember 1964
Leicht
stelle, will ich damit nach keiner Seite einen Vorwurf verbinden. Aber wenn ich Ihre Forderungen auf Mehrausgaben betrachte, muß ich feststellen, daß diese, zumindest die, die Sie in Karlsruhe oder sonstwo vorgebracht haben, weit höher liegen als die Mehrausgaben auf Grund der Vorschläge, die von der Regierung und den Regierungskoalitionen auf den Tisch gelegt worden sind. Ich sage noch einmal: Ich mache Ihnen keinen Vorwurf; aber Sie müssen doch mit uns zusammen auch versuchen, Ihre Forderungen in dem Rahmen unterzubringen, der verantwortungsvollerweise vertreten werden kann, und da beginnt die Schwierigkeit.
Der Nachtragshaushalt hat eigentlich die beste Kritik durch den SPD-Finanzsenator von Hamburg, Herrn Dr. Weichmann, erfahren. Mit Genehmigung des Präsidenten darf ich vorlesen, was er im Bundesrat zum Nachtragshaushalt 1964 festgestellt hat:
Kritisch oder besser nicht kritisch ist hier zu bemerken, daß in einem schnellebigen Wirtschaftsprozeß
— und genau das trifft die ganze Sache —
und in Anbetracht der immer mit Schätzungen verbundenen Ungewißheiten Mehrausgaben als solche ein unvermeidbares Attribut des Haushaltsplanes im Verlauf seines Vollzuges sein werden. Zudem ist ohne Frage anzuerkennen,
— erklärt der Finanzsenator Weichmann —
daß die erforderlichen Mehrausgaben nicht zu einer Ausweitung des Haushaltsvolumens geführt haben, sondern im Rahmen des ursprünglich bewilligten Gesamtvolumens aufgefangen werden sollen.
Das aber, meine Damen und Herren, ist genau die Feststellung, die wir hier zu treffen haben: dieser Nachtragsetat enthält genau das, was die Regierung schon bei der Einbringung des Haushalts 1964 gesagt hat, und dafür gebührt allen Dank, die mit dazu beigetragen haben, daß es möglich war, diese Grenze zu halten.
— Ja, bitte!