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ID0413721600

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    Deutscher Bundestag 137. Sitzung Bonn, den 15. Oktober 1964 Inhalt: Glückwünsche zum 70. Geburtstag des Herrn Bundespräsidenten 6761 A Erweiterung der Tagesordnung 6761 A Wahl des Abg. Dr. Achenbach zum Mitglied des Europäischen Parlamentes . . . . 6763 A Wahl des Abg. Dr. Hellige zum ordentlichen Mitglied der Beratenden Versammlung des Europarates und der Versammlung der Westeuropäischen Union 6763 A Wahl des Abg. von Mühlen zum Stellvertretenden Mitglied der Beratenden Versammlung des Europarates und der Versammlung der Westeuropäischen Union 6763 A Fragestunde (Drucksachen IV/2586, IV/2599) Fragen des Abg. Wächter: Viehschädigungen durch Düsenjägerlärm — Äußerungen des Generals Panitzki betr. einen zweiten „Grünen Plan" von Hassel, Bundesminister . . . 6764 B Wächter (FDP) . . . . . . . . 6765 A Frage des Abg. Kaffka: Äußerung des Generals Panitzki betr. Opferbereitschaft des deutschen Volkes von Hassel, Bundesminister . . 6765 B, C, D, 6766 B Kaffka (SPD) 6765 C Cramer (SPD) 6765 C, D Gerlach (SPD) . . . . . . . 6765 D Frau Dr. Flitz (FDP) 6766 A Wächter (FDP) . . . . . . . 6766 B Frage des Abg. Dr. Müller-Emmert: Umgehungsstraße der B 270 . . . . 6766 C Frage des Abg. Schwabe: Mittel für den Straßenbau 1964 . . . 6766 D Frage des Abg. Schwabe: Kapazität des deutschen Straßenbaugewerbes 6766 D, 6767 A Frage des Abg. Schwabe: Sofort-Maßnahmen zur Behebung des Straßenbaunotstandes . . 6766 D, 6767 A Frage des Abg. Bading: Bundesstraße 253 . . . . . . . . 6767 A II Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 137. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 15. Oktober 1964 Frage des Abg. Flämig: Verkehrsverhältnisse an der Einmündung der Bundesstraße 43 in die Bundesstraße 8 6767 B Frage des Abg. Flämig: Straßenbrücke über den Main mit Anschluß an die Bundesbahnstraßen bei Hanau 6767 C Frage des Abg. Flämig: Ausbau der Bundesstraße 40 im Land- kreis Gelnhausen 6767 D Frage des Abg. Peiter: Teilstück der Lahntalstraße DiezLaurenburg 6767 D Frage des Abg. Josten: Straßentunnel der B 267 bei Altenahr Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister 6768 A, B Josten (CDU/CSU) 6768 B Frage des Abg. Dr. Luda: Entgiftung der Auspuffgase Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister 6768 C, D, 6769 A Dr. Luda (CDU/CSU) 6768 D Büttner (SPD) . . . . . 6768 D, 6769 A Frage des Abg. Dr. Kohut: Umgehungsstraße im Zuge des MainNeckar-Schnellweges Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . 6769 B Dr. Kohut (FDP) 6769 B Frage des Abg. Dr. Kohut: Ost-Tangente von der B 8 über den Main bei Groß- und Klein-Auheim Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister 6769 C, D Dr. Kohut (FDP) 6769 C Frage des Abg. Dr. Imle: Ausbau der B 76 von Flensburg nach Schleswig Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . 6769 D, 6770 A Dr. Imle (FDP) 6770 A Frage des Abg. Moersch: Bauzaun an der Saale-Brücke Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . 6770 B Frage des Abg. Dr. Schmidt (Wuppertal) : Auswirkungen des Personenkraftverkehrs auf die öffentlichen Verkehrsmittel Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . 6770 C, 6771 A, B, C Dr. Müller-Hermann (CDU/CSU) . . 6770 D Geiger (SPD) . . . . . . . 6771 B, C Frage des Abg. Kaffka: Bundesstraße 10 Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister 6771 C, D, 6772 A Kaffka (SPD) . . . . . 6771 D, 6772 A Frage des Abg. Lemper: Schienenbusse im Kreis Bergheim Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister 6772 A, C Lemper (SPD) . . . . . . . . . 6772 B Frage des Abg. Lemper: Personenbeförderung im Kreis Bergheim Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . 6772 C Frage des Abg. Lemper: Bundesbahnbusse im Kreis Bergheim Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister 6772 D, 6333 B, C, D Lemper (SPD) 6773 A Dr. Kohut (FDP) 6773 A Ritzel (SPD) 6773 B, C Frage des Abg. Hilbert: Wohnungsmieten in bundesbahneigenen Gebäuden Dr.-Ing. Seebohm,' Bundesminister 6773 D Hilbert (CDU/CSU) 6774 B Geiger (SPD) 6774 B Dröscher (SPD) 6774 C Frage des Abg. Hilbert: Tragbare Wohnungsmieten in bundesbahneigenen Wohnungen Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister 6774 D Geiger (SPD) 6774 D Frage des Abg. Anders: Finanziell geförderte Wohnungen — Mieterhöhungen Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . 6775 A Anders (SPD) . . . . . . . . . 6775 A Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 137. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 15. Oktober 1964 III Fragen des Abg. Eisenmann: Bauzustand der Ufer des Nord-OstseeKanals Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . 6775 C Frage des Abg. Müller (Erbendorf) : Ausbau der Bundesstraße 15 Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . 6776 A Müller (Erbendorf) (SPD) . . . . 6776 B Frage des Abg. Folger: Schülermonatskarten für Praktikanten Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister 6776 C Folger (SPD) 6776 C Frage des Abg. Schmitt-Vockenhausen: Schleuse Kostheim am Main Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . 6776 D Schmitt-Vockenhausen (SPD) . . . 6777 A Frage des Abg. Dröscher: Handhabung des Grundstücksverkehrsgesetzes Schwarz, Bundesminister . . . 6777 A Dröscher (SPD) 6777 C Frage des Abg. Dröscher: Unterstützung der Forstwirtschaft Schwarz, Bundesminister . . . . 6777 D Dräscher (SPD) . . . . . . . . 6778 B Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1965 (Haushaltsgesetz 1965) (Drucksache IV/2500) — Erste Beratung —; in Verbindung mit Entgegennahme einer Erklärung des Bundeskanzlers Dr. Dr. h. c. Erhard, Bundeskanzler . 6778 C Dr. Barzel (CDU/CSU) 6788 C Erler (SPD) . . . . . . . . 6794 C Zoglmann (FDP) 6810 A Dr. h. c. Strauß (CDU/CSU) . . . 6816 A Frau Strobel (SPD) 6831 A Scheel, Bundesminister . . . . 6835 D Dr. Dahlgrün, Bundesminister . . 6836 B Dr. Carstens, Staatssekretär . . 6840 A Frau Dr. Schwarzhaupt, Bundesminister . . . . . . 6843 A Leber (SPD) 6844 B Katzer (CDU/CSU) . . . . . . 6849 D Schmitt-Vockenhausen (SPD) . . 6851 D Riedel (Frankfurt) (CDU/CSU) . . 6855 C Mündlicher Bericht des Vermittlungsausschusses zu dem Gesetz zur Durchführung der Verordnung Nr. 13/64/EWG (Milch- und Milcherzeugnisse) des Rats der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (Durchführungsgesetz EWG Milch und Milcherzeugnisse) (Drucksachen IV/2260, IV/2387, IV/2457, IV/2603) und Mündlicher Bericht des Vermittlungsausschusses zu dem Gesetz zur Durchführung der Verordnung Nr. 14/64/EWG (Rindfleisch) des Rats der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (Durchführungsgesetz EWG Rindfleisch) (Drucksachen IV/2254, IV/2366, IV/2458, IV/2604) Brand (CDU/CSU) . . . . . . 6809 B Nächste Sitzung 6856 D Anlage 6857 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 137. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 15. Oktober 1964 6761 137. Sitzung Bonn, den 15. Oktober 1964 Stenographischer Bericht Beginn: 9.01 Uhr
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    Anlage zum Stenographischen Bericht Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordneter) beurlaubt bis einschließlich a) Beurlaubungen Dr. Aigner* 16. 10. Frau Albertz 16. 10. Dr. Aschoff 16. 10. Dr.-Ing. Balke 16. 10. Frau Berger-Heise 16. 10. Frau Brauksiepe 16. 10. Dr. von Brentano 15. 11. Dopatka 17. 10. Ehren 14. 11. Faller* 16. 10. Flämig 16. 10. Dr. Dr. h. c. Friedensburg* 16. 10. Dr. Furler* 16. 10. Gehring 23. 10. Gräfin vom Hagen 31. 10. Hahn (Bielefeld)* 16. 10. Dr. Hahn (Heidelberg) 16. 10. Hammersen 16. 10. Heiland 18. 10. Dr. Dr. Heinemann 16. 10. Heix 23. 10. Hellenbrock 16. 10. Frau Dr. Heuser 20. 10. Holkenbrink 15. 10. Illerhaus* 16. 10. Jacobi (Köln) 16. 10. Kahn-Ackermann 20. 11. Kalbitzer 16. 10. Klinker* 16. 10. Könen (Düsseldorf) 16. 10. Koenen (Lippstadt) 16. 10. Kraus 31. 10. Kubitza 31. 10. Freiherr von Kühlmann-Stumm 4. 11. Lenz (Bremerhaven) 15. 10. Abgeordneter) beurlaubt bis einschließlich Lenz (Brühl)* 16. 10. Liehr 31. 10. Dr. Löhr* 16. 10. Lücke (Bensberg) 16. 10. Lücker (München)* 16. 10. Frau Meermann 16. 10. Memmel 31. 10. Dr. von Merkatz 16. 10. Michels 15. 10. Mick 16. 10. Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller 18. 11. Murr 16. 10. Peters (Norden) 31. 10. Peters (Poppenbüll) 16. 10. Dr.-Ing. Philipp * 16. 10. Pöhler 16. 10. Rademacher 16. 10. Rauhaus 23. 10. Reichhardt 31. 10. Rollmann 31. 10. Ruf 16. 10. Seidel (Fürth) 24. 10. Seidl (München) 16. 10. Dr. Serres 16. 10. Spies 16. 10. Spitzmüller 15. 10. Stein 16. 10. Wehking 15. 10. Weinkamm ** 16. 10. Dr. Willeke 23. 10. Dr. Zimmer 16. 10. Frau Zimmermann (Brackwede) 15. 10. b) Urlaubsanträge Börner 23. 10. *) Für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Siegfried Zoglmann


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Herr Kollege Jaksch, Sie wissen ebenso gut wie ich — denn Sie sind ja dazu eingeladen —, daß heute abend ein Gespräch mit Ihnen und den Vertretern der sudetendeutschen Landsmannschaft genau über diesen Punkt stattfindet.

    (Lachen bei der SPD. — Zurufe von der SPD: Keine Antwort!)

    Nun, meine Damen und Herren von der SPD, ich möchte Ihnen auch ein Kompliment machen. Ich möchte nämlich diese Aussage, die hier gemacht werden mußte, damit die Dinge wieder geradegerückt werden, verbinden mit der Feststellung, daß wir es durchaus dankbar anerkennen, wenn im Bereich der Außenpolitik, insbesondere der Deutschland- und Berlin-Politik, die sozialdemokratische Fraktion heute ihre Opposition gegen die Bündnispolitik der Bundesrepublik eingestellt hat und die Außen- und Deutschlandpolitik der Regierung unterstützt.
    Die Mitverantwortung der Freien Demokraten in der Bundesregierung und ihre Funktion als notwendiger Teil der Regierungsmehrheit dieses Hauses üben wir im Geiste und im Rahmen der Vereinbarungen aus, die im Koalitionsabkommen niedergelegt worden sind. Diese Politik der Bundesregierung, die auch in der Regierungserklärung vom 18. Oktober 1963 zum Ausdruck gekommen ist, wird von uns mitbestimmt. Wir tragen sie mit, und wir werden sie gegen jeden Versuch der Verfälschung und Veränderung verteidigen.

    (Beifall bei der FDP.)




    Zoglmann
    Nach gründlicher Überlegung haben wir uns bei der Bildung der Bundesregierung im Jahre 1961 dafür entschieden, an die Spitze des Bundesministeriums der Finanzen ein Mitglied unserer Fraktion zu entsenden. Diese Entscheidung war durchaus nicht leicht. Ein Bundesminister der Finanzen aus den Reihen des kleineren Koalitionspartners kommt zwangsläufig immer wieder in die Lage, sich vielen Forderungen, die an ihn herangetragen werden, versagen zu müssen, wenn er den Blick auf das Ganze nicht verlieren will.

    (Sehr wahr! in der Mitte.)

    Wir haben uns aber nicht von parteipolitischen, sondern von staatspolitischen Überlegungen leiten lassen. Heute können wir feststellen, daß diese Entscheidung nicht nur für uns als Partei, sondern für unser ganzes Volk eine richtige war.

    (Beifall bei der FDP.)

    Was vor drei Jahren noch niemand für möglich hielt, ist uns gelungen. Das oberste Gesetz der Haushaltspolitik der FDP-Finanzminister ist die Orientierung an der Zuwachsrate des Sozialprodukts. Die Ausweitung des Haushaltsvolumens ist ohne Gefahr für die Sicherheit unserer Währung nur innerhalb dieser Zuwachsrate möglich. Durch die Bildung von Schwerpunkten und durch verantwortungsvolle staatspolitische Entscheidungen über den Vorrang bestimmter Aufgaben war es uns in diesem Jahr dennoch möglich, wichtigste, seit langem geforderte Vorhaben in die Tat umzusetzen.
    Die Bundesregierung bekennt sich zu einer Gesellschaftspolitik, in der Selbständige und Nichtselbständige, Klein- und Großbetriebe eine möglichst gleiche Chance haben sollen. Dem mußte notwendigerweise der Abbau jener Wettbewerbsverzerrungen folgen, die in der Vergangenheit, wie wir annehmen mit Recht, als mittelstandsfeindlich bezeichnet worden sind.
    Die Übernahme des Kindergeldes auf den Bundeshaushalt war hier die Abkehr von einer Politik der Vergangenheit, die wir als falsch erkannt hatten. Es ist ein eindrucksvoller Beweis für die Richtigkeit unserer Auffassungen, daß es möglich war, gleichzeitig mit der Übernahme des Kindergeldes auf den Bundeshaushalt eine wesentliche Verbesserung der Leistungen nach diesem Gesetz für die kinderreichen Familien zu erreichen.

    (Beifall bei der FDP.)

    Mit der Reform der Unfallversicherung haben wir einen wichtigen Bereich der Sozialpolitik einer zukunftsweisenden Lösung entgegengeführt.
    Eine der bedeutendsten Leistungen dieser Regierungskoalition war die Reform der Kriegsopferversorgung am Ende des letzten Jahres. Wir haben unseren Willen sichtbar gemacht, auch in diesem Bereich trotz anfänglicher Schwierigkeiten endlich für diejenigen gerechte Lösungen zu schaffen, die in besonders starkem Maße an den Folgen des Krieges und der Nachkriegszeit zu tragen haben.

    (Abg. Dr. Schäfer: Und in welcher Weise?) Das ist für uns Freie Demokraten — wie die gesamte Kriegsfolgengesetzgebung überhaupt — nicht nur eine Angelegenheit sozialer Gerechtigkeit, sondern zugleich eine Angelegenheit unserer Gesellschaftspolitik;


    (Abg. Dr. Schäfer: Erinnern Sie sich an den Art. 113!)

    ihr Ziel ist es, dem Nivellierungsprozeß als unmittelbarer Kriegsfolge dort entgegenzuwirken, wo dem einzelnen die Kraft dazu fehlt.

    (Beifall bei der FDP.)

    Ein weiteres Kernstück unserer Gesellschaftspolitik ist die Förderung der privaten Vermögensbildung. Wir waren daher seit 1961 unablässig bestrebt, auf eine möglichst breite Streuung von Eigentum in den Händen vieler hinzuwirken.

    (Zuruf von der SPD: Das Ergebnis sieht man!)

    Wir wollen ein Volk von bewußten Eigentümern. Unser Bekenntnis zur differenzierten Leistungsgesellschaft bedeutet: nicht die Ungleichheit der Eigentumsbildungschance, sondern allein das Leistungsprinzip soll differenzieren. Das richtige Verhältnis zum Eigentum gefährdet derjenige, der zum Eigentum zwingt oder der Eigentum schenkt. Grundlage jeder privaten Vermögensbildung muß die Eigenleistung sein.
    Der Kollege Erler hat heute gesagt, die Regierung verweise den Bürger bei der Vermögensbildung auf das Sparen. Darf ich die Frage stellen, wie sonst, wenn nicht durch Sparen, jemand zu Eigentum kommen soll?

    (Beifall bei der FDP.)

    Die Bundesregierung hat vor einigen Tagen eine Kabinettskommission gebildet, die ein Programm zur Förderung der Vermögensbildung vorlegen wird.

    (Zuruf von der SPD: Warum?)

    Wir sehen auch in dieser Initiative der Bundesregierung und der Koalition einen Beweis unseres Willens und unserer Entschlossenheit, eine breite Vermögensstreuung tatkräftig zu fördern.

    (Sehr wahr! bei der CDU/CSU.)

    Die Sozialisierung des Lohnes und des Einkommens durch Steuern und andere Zwangsabgaben ist ein Feind jeder eigenverantwortlichen Lebensgestaltung. Wir haben das oft genug gebrandmarkt. Das jetzt von der Bundesregierung vorgelegte Gesetz zur Reform der Einkommensteuer mit der darin vorgesehenen Steuersenkung vor allem für die kleinen und mittleren Einkommen ist das Ergebnis einer Politik, die die Belastung des einzelnen auf ein Mindestmaß beschränken will und damit seine private Gestaltungsmöglichkeit auf das größte Maß erhöht. Daß in einer Zeit höchster Anspannung des Haushalts die Vorlage eines solchen Gesetzes möglich ist, scheint mir der sichtbare Beweis für die Wirksamkeit einer Finanz- oder Haushaltspolitik zu sein, die sich nicht an dem Grad der Begehrlichkeit einzelner Gruppen orientiert, sondern an der Rang-



    Zoglmann
    ordnung der Werte und der Bereitschaft zur verantwortungsvollen Entscheidung.

    (Beifall bei der FDP.)

    Dem Herrn Bundesfinanzminister, unserem Freund Dr. Rolf Dahlgrün, ist daher in der deutschen Öffentlichkeit seine Absage an Gefälligkeitsdenken und Gruppenegoismus mit Recht hoch angerechnet worden.

    (Beifall bei der FDP.)

    Im Rahmen der weiteren Beratungen des Steueränderungsgesetzes werden wir zu prüfen haben, welchen Notwendigkeiten noch Rechnung getragen werden muß. Unabdingbar ist für uns das Inkrafttreten der Tarifreform auch für die Lohnsteuerzahler zum 1. Januar 1965.

    (Beifall bei der FDP.)

    Daneben werden wir im Bewußtsein des gesellschaftspolitischen Wertes selbstverantwortlicher Eigenvorsorge an Stelle oder neben kollektiver Sicherung einen Ausbau der steuerlichen Sonderausgaben für diesen Bereich als besonderes Anliegen betrachten.
    Der Wissenschafts- und Bildungspolitik mißt die Bundesregierung einen besonderen Vorrang zu. Sie hat das mit der Schaffung eines Wissenschaftsministeriums deutlich gemacht. Jetzt gilt es, die Wissenschafts- und Bildungspolitik in die allgemeinen politischen Entscheidungen einzuordnen. Dazu gehören vor allem langfristige Finanzprogramme. Sie sollen es uns ermöglichen, diese wichtigsten Investitionen für die Zukunft eines Volkes sinnvoll zu planen und durchzuführen. Ein Bedarfsplan für die wissenschaftliche Forschung und Entwicklung muß uns dafür die notwendigen Unterlagen liefern. Die geringen Kompetenzen, die der Bund auf diesem Gebiet bedauerlicherweise hat, sollten durch eine Straffung der Koordinierung beim Bundesminister für wissenschaftliche Forschung zu höchster Wirksamkeit gebracht werden.
    Darüber hinaus soll die Zusammenfassung der Kompetenzen in diesem Haus auch im zwischenstaatlichen Bereich der zunehmenden internationalen Verflechtung von Wissenschaft und Forschung Rechnung tragen. Analog zu anderen Gebieten, in denen dies bereits geschehen ist oder geschieht, sollte diesem Hohen Hause durch die Bundesregierung in jedem Jahr ein Bericht über den Stand und die Fortschritte des Bildungswesens vorgelegt und sollte zugleich auf das künftig Notwendige hingewiesen werden.
    Die Regierungskoalition ist sich in ihrer Gesamtheit der Verantwortung insbesondere für das Gebiet der Wissenschafts- und Bildungspolitik voll bewußt. Das kommt auch in unserem gemeinsamen Antrag zum Ausdruck, in dem wir die Bundesregierung auffordern, in organisatorischem Zusammenwirken mit dem Wissenschaftsrat einen Bildungsrat zu errichten. Nach seiner Errichtung werden wir sehr schnell die Grundlage für die von uns geforderte umfassende Bildungsplanung schaffen können. Ohne daß wir dabei die Kulturhoheit der Länder antasten, wollen wir durch den Abschluß von Abkommen
    zwischen Bund und Ländern und mit gemeinsamer Finanzierung neue Hochschulen entstehen lassen. Alle diese Maßnahmen sind für uns ein Kernpunkt einer vorausschauenden langfristigen und verantwortungsbewußten Politik. Ihre Realisierung ist die Verwirklichung eines Sofortprogramms unabdingbarer Notwendigkeiten.

    (Zustimmung bei der FDP.)

    Eine wirksame Bildungspolitik setzt die Bildungsbereitschaft voraus. Diese Bildungsbereitschaft durch Bildungshilfen zu stärken ist eine wichtige Aufgabe der Allgemeinheit.

    (Abg. Dr. Barzel: Sehr wahr!)

    Sie gewährt allen Eltern Bildungshilfe, die durch eine qualifizierte Ausbildung ihrer Kinder einen Beitrag zur Gestaltung der Zukunft leisten. Ich hoffe, daß es möglich sein wird, in gemeinsamer Arbeit zwischen den beiden Regierungsfraktionen ein solches Gesetz in aller Kürze dem Parlament vorzulegen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Im Bereich der privaten Wirtschaft sind diese Bildungshilfen durch abgestufte Zuwendungen an Lehrlinge im ersten, zweiten und dritten Lehrjahr längst vorbildlich geregelt. Wenn die Regierungskoalition jetzt für den staatlichen Bereich eine ähnliche Regelung für diejenigen jungen Menschen schafft, die weiterführende Schulen, Fachschulen und Universitäten besuchen, so schließt sie damit eine Lücke, die wir seit langem schmerzlich empfunden haben.
    In den ersten Jahren nach dem Krieg war ein qualifiziertes Berufsbeamtentum nicht unbestritten. Es mußte erst wieder politisch durchgesetzt werden. Lange Jahre haben wir vermeidbare Auseinandersetzungen zwischen Staat und Staatsdienern in der Besoldungsfrage und in Strukturfragen des Beamtenrechts beklagen müssen. Es ist ein Verdienst dieser Bundesregierung, wenn wir nun feststellen können, daß im Bereich des öffentlichen Dienstes am Ende des Jahres 1963 das umstrittene Weihnachtsgeld für Beamte und Pensionäre endlich verwirklicht wurde.

    (Beifall bei der FDP. — Abg. Erler: Aber endlich abgetrotzt!)

    Die vorausschauende Haushaltspolitik der Bundesregierung hat es darüber hinaus ermöglicht, den Beamten in diesem Jahr eine achtprozentige Gehaltsaufbesserung zu gewähren.

    (Abg. Anders: Sind Sie darauf stolz?)

    Wir sprechen die Erwartung aus, daß auch in Zukunft notwendig werdende Besoldungsverbesserungen rechtzeitig in den Haushaltsplänen berücksichtigt werden. Damit würde das unerfreuliche öffentliche Tauziehen um die Beamtengehälter verhindert.

    (Beifall bei der FDP.)

    Die Soldaten unserer Bundeswehr haben eine schwere Aufgabe zu erfüllen. Es. wird eine gemeinsame Aufgabe nicht nur der Bundesregierung und der sie tragenden Parteien, sondern auch der parlamentarischen Opposition sein, dem Soldaten der Bundeswehr seinen Platz in unserem Staat und in



    Zoglmann
    unserer Gesellschaft zu sichern. Es ist uns gelungen, manchen Mangel zu beheben, der sich aus dem schnellen Aufbau der Bundeswehr ergeben hat. Aber noch stehen ungelöste Probleme vor uns. Das gilt insbesondere für die Gewinnung eines ausreichenden qualifizierten Nachwuchses an Offizieren und Unteroffizieren. Hier sind erschreckende personelle Engpässe zu überwinden. Die Rücksichtnahme auf die Berufssoldaten und ihre Familien, eine Verbesserung der Laufbahnrichtlinien für Offiziere und Unteroffiziere, die Anerkennung von Verantwortung, Funktion und Spezialkenntnissen des einzelnen Offiziers und Unteroffiziers im Rahmen der Besoldung und die Anleitung zur modernen Menschenführung müssen ein Schwerpunkt der Fürsorgemaßnahmen für die Soldaten der Bundeswehr werden.
    In diesem Hohen Hause haben wir Fehler, die bei der Aufstellung neuer deutscher Streitkräfte aufgetreten sind, offen erörtert. Mit derselben Offenheit und Bereitschaft wollen wir uns aber dort vor die Soldaten der Bundeswehr stellen, wo sie beabsichtigt oder unbeabsichtigt ins Zwielicht gezogen werden sollen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Der deutsche Wiederaufbau nach dem Kriege ist eindrucksvoll und in aller Welt anerkannt. Die Ergebnisse dieses Wiederaufbaus dürfen nicht 50 Kilometer vor der Zonengrenze haltmachen. Das Zonenrandgebiet darf nicht zum Hinterhof des deutschen Wirtschaftswunders werden. Wir begrüßen es, daß nicht nur der zuständige Minister und der zuständige Bundestagsausschuß, sondern auch der Herr Bundespräsident sich der Nöte der Zonenrandgebiete angenommen haben.
    In den Koalitionsabkommen sind als oberste Ziele der Außenpolitik der Bundesregierung festgelegt worden: erstens Erhaltung des Friedens, zweitens Erfüllung des Verfassungsauftrags des Grundgesetzes, die deutsche Einheit in gesicherter Freiheit zu vollenden, und drittens die Festigung der Bindung der Bundesrepublik an den Westen.
    Die Grundlage des europäischen Einigungswerkes ist durch die deutsch-französische Aussöhnung gelegt worden. Mit der Einfügung der Präambel in das Ratifizierungsgesetz zum deutsch-französischen Freundschaftsvertrag haben wir dieses Vertragswerk aus dem Zwielicht nationalstaatlicher Allianzen der Vergangenheit herausgehoben. Auf dieser Grundlage muß die Politik der europäischen Einigung fortgesetzt werden.
    Die angekündigte Europa-Initiative der Bundesregierung muß auf ein lebensfähiges, für alle europäischen Staaten offenes Europa aufgebaut werden, so wie es gestern auch der italienische Ministerpräsident Moro mit dem belgischen Außenminister Spaak in Rom gefordert hat. Dieser Europa-Initiative der Bundesregierung kommt gerade heute eine besondere Bedeutung zu. Die Verwirklichung der Vorschläge für die politische Union, für die parlamentarische Kontrolle der Beschlüsse des Ministerrats und für ein organisches Hineinwachsen aller Bereiche unserer Wirtschaft in den europäischen Markt ist unentbehrlich, wenn Europa werden soll.
    Wir Freien Demokraten sagen ja zu diesem Europa. Wir stellen aber zugleich fest, daß wir nicht bereit sind, die deutsche Landwirschaft dem europäischen Markt zu opfern.

    (Beifall bei der FDP.)

    Hier ist uns eine besondere Aufgabe gestellt, und wir werden diese Aufgabe wahrnehmen. Wir werden alles tun, um der deutschen Landwirtschaft die Bedingungen zu schaffen und die Starthilfen zu gewähren, die ihr den Eintritt in den gemeinsamen Agrarmarkt überhaupt erst möglich machen. Es geht uns dabei nicht darum, der deutschen Landwirtschaft Vorrechte zu verschaffen. Unsere Agrarpolitik ist ein Teil unserer Gesellschaftspolitik, so wie ein gesundes Bauerntum ein unentbehrlicher Bestandteil unserer freiheitlichen Gesellschaftsordnung ist.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Ein geeintes Europa wird nur dann gesund und funktionsfähig sein, wenn es in allen Bereichen und in allen seinen Teilen gesund ist. Das gilt auch für die deutsche Landwirtschaft, deshalb begrüßen wir es, daß die Bundesregierung am deutschen Getreidepreis festhalten wird.
    Die Wirksamkeit unserer Politik darf nicht an dem von den Sowjets geschaffenen Eisernen Vorhang haltmachen. Die Errichtung von Handelsmissionen in den Staaten des Ostblocks ist daher ein wichtiger außenpolitischer Schritt. Er sichert einen unmittelbaren Kontakt des freien Teiles Deutschlands zu den kommunistisch regierten Staaten und macht eine mittelbare Einflußnahme möglich. Zugleich aber trägt die Errichtung dieser Handelsmissionen einer Entwicklung Rechnung, in deren Verlauf es im Ostblock zu einer immer stärkeren Betonung der nationalen Komponente kommt.
    Wir wollen hier nicht darüber streiten, ob es sich bei dieser Politik der Bundesregierung um eine neue Politik oder um die Fortsetzung der alten Politik handelt.

    (Abg. Dr. Barzel: Die Hauptsache ist, sie ist richtig!)

    — Auf jeden Fall, lieber Kollege Barzel — da stimme ich Ihnen bei —, ist diese Politik zukunftsträchtig und richtig.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Sie erfüllt die Voraussetzungen, die das Berliner Programm meiner Partei mit den Worten umschrieben hat:
    Die deutsche Außenpolitik muß unserer Lage in Mitteleuropa Rechnung tragen, den entspannenden Ausgleich nach allen Seiten suchen und damit der Erhaltung des Friedens dienen.
    Diese Politik des entspannenden Ausgleichs darf nicht die Politik des Schweigens und der Inaktivität nach einer Seite sein. Sie muß die Politik der freundschaftlichen Zusammenarbeit mit den Verbündeten im Westen und die Politik des mahnenden Gesprächs mit der Seite sein, die dem deutschen Volk bisher das Recht auf Selbstbestimmung vorenthalten hat.

    (Beifall bei der FDP.)




    Zoglmann
    Von dieser Erkenntnis ließ sich unser Freund Thomas Dehler leiten, als er im vergangenen Jahr nach Moskau fuhr und dort in einem offenen Gespräch mit dem sowjetischen Ministerpräsidenten Chruschtschow die Forderung des deutschen Volkes nach Freiheit und Selbstbestimmung vertrat.
    Wir bedauern es sehr, daß eine seit mehreren Jahren diesem Hause vorliegende Einladung zu einem Besuch einer Bundestagsdelegation in der Sowjetunion bisher unbeantwortet blieb. Der Besuch des sowjetischen Ministerpräsidenten in Bonn kann zu einem wichtigen Schritt in dem Gespräch mit dem Osten werden.
    Es geht aber nicht allein darum, Chruschtschow mit der Wirklichkeit eines Volkes zu konfrontieren, das nichts anderes will als den Frieden und seine staatliche Einheit. Chruschtschow muß auch konfrontiert werden mit einem konkreten Programm der Bundesregierung, in dem sie die Wege zur Wiederherstellung der staatlichen Einheit unseres Volkes aufzeigt. Deshalb bedarf dieser Besuch der gründlichsten Vorbereitung. Der sowjetische Ministerpräsident soll auch erfahren, daß die Politik der Bundesregierung bewegt wird von den Grundsätzen der nationalen Selbstbestimmung, der freiheitlichen Menschenrechte und des Rechtes auf Heimat für alle Deutschen. Und wir wollen keinen dabei ausnehmen!

    (Beifall bei der FDP.)

    Die Initiative, die dem sowjetischen Ministerpräsidenten nahezubringen ist, muß in allen ihren Teilen die uneingeschränkte Unterstützung der drei verbündeten Mächte haben. Die vorgesehenen Begegnungen des Herrn Bundeskanzlers mit den führenden Staatsmännern dieser Länder in den nächsten Wochen bekommen damit ihr besonderes Gewicht.
    Diese Initiative der Bundesregierung soll aber nach unserer Vorstellung die Unterstützung aller Fraktionen dieses Hauses haben. Damit sollen dem sowjetischen Ministerpräsidenten die Entschlossenheit und die Einmütigkeit aller tragenden politischen Kräfte des freien Teils Deutschlands in dieser Lebensfrage unseres Volkes unabhängig von allen Parteischranken sichtbar gemacht werden.

    (Beifall bei der FDP.)

    Wir halten es dabei nach wie vor für richtig, daß durch eine Deutschland-Konferenz der Vier Mächte und durch die Bildung gesamtdeutscher technischer Kommissionen unter Verantwortung der Vier Mächte der Weg zu einem unmittelbaren freien Willensentschluß des gesamten deutschen Volkes in seinen heute noch getrennten Teilen ermöglicht wird. Wir unterschätzen gewiß nicht die Bedeutung dieser oder jener innerpolitischen Entscheidung. Aber wir wissen, daß der Erfolg oder Mißerfolg unserer politischen Arbeit am Ende daran gemessen wird, ob wir die zentrale Aufgabe deutscher Politik, die Wiederherstellung der deutschen Einheit, erfüllt haben oder ob wir an ihr gescheitert sind.

    (Beifall bei der FDP.)

    Der 13. August 1961 hat den schmerzlichen Zustand der deutschen Spaltung zu einer offenen
    Wunde am Körper unseres Volkes werden lassen. Er sollte nach dem Willen jener Kräfte, die die Berliner Mauer errichtet haben, die ohnehin unerträgliche Teilung unseres Vaterlandes zur Zerreißung des Volkes, ja sogar zur Zerreißung der Familien ausweiten. Die ganze Welt weiß heute, daß diese Politik Ulbrichts gescheitert ist. Sie ist gescheitert an dem untrennbaren Zusammengehörigkeitsgefühl der deutschen Menschen diesseits und jenseits der Zonengrenze.
    Wir sind nun in eine Periode eingetreten, in der es gilt, die Zeit der staatlichen Trennung durch Erleichterungen auf allen nur denkbaren Gebieten menschlicher Begegnungen zu überbrücken. So gesehen war die Passierschein-Vereinbarung vom Dezember 1963 ein humanitäres Anliegen. In ihrer Dokumentation des Willens des deutschen Volkes, ein einziges Volk zu sein und zu bleiben, wurde sie eine Tat von allerhöchster politischer Bedeutung. Demgegenüber müssen alle Bedenken zurücktreten, die mit Recht oder zu Unrecht gegen Teile der damaligen Vereinbarung zu erheben sind und die auch heute noch trotz mancher Fortschritte in der jüngsten Vergangenheit festgestellt werden können. Das entbindet uns aber alle nicht von der Pflicht, bei Verhandlungen mit Behörden der Sowjetzone ein Höchstmaß an Geschlossenheit, an Festigkeit und Weitsicht zu üben. Die neuesten Zuständigkeitsregelungen für den gesamtdeutschen Bereich sollen hier ein erster Schritt zur Verbesserung der Verhandlungsposition des freien Teiles Deutschlands sein. Manches, was bei den Verhandlungen über Passierscheine, besonders aber bei den Verhandlungen über die Saale-Brücke, geschehen ist, soll sich nicht wiederholen.
    Die Entlassungsaktion für politische Häftlinge ist ein Ereignis, das jeden von uns zutiefst menschlich anrührt. Die Weiterführung dieser Aktion, die Zusammenführung von Kindern mit ihren Eltern, die Möglichkeit, Medikamente frei innerhalb ganz Deutschlands zu versenden, müssen die nächsten Schritte sein. Der Besuch älterer Menschen aus der Sowjetzone bei uns muß zu einem Akt gesamtdeutscher Begegnung und gesamtdeutscher Solidarität werden. Als weiterer Schritt zur Freizügigkeit in ganz Deutschland sollte ein Nachbarschaftsabkommen entlang der Zonengrenze angestrebt werden.
    Das alles, meine Damen und Herren, sind — ebenso wie die Weihnachtsbegegnung an der Jahreswende 1963/64 — Demonstrationen unserer Zusammengehörigkeit und Demonstrationen unseres Willens zur Wiedervereinigung. Die ganze Welt muß wissen, daß dieses Volk sich niemals mit seiner Teilung und mit Mauer und Stacheldraht abfinden wird.

    (Beifall bei der FDP und Abgeordneten der CDU/CSU.)

    Aus diesem Grunde appelliere ich auch an die Mitglieder dieses Hohen Hauses, abzulassen von dem Vorhaben, ein Parlamentszentrum in Bonn zu errichten und damit den Anschein zu erwecken, als hätten wir uns ganz oder auch nur auf Zeit mit der Teilung Deutschlands abgefunden.

    (Beifall bei der FDP.)




    Zoglmann
    Wenn dieses frei gewählte Parlament Deutschlands baut, dann baut es in Berlin!

    (Beifall bei der FDP.)

    In den Verhandlungen über Erleichterungen für die Menschen in Mitteldeutschland ringen nicht nur unterschiedliche Weltanschauungen miteinander. Es begegnen sich Freiheit und Unfreiheit. Die Verhandlungen über die deutsche Einheit mit der Sowjetunion sind vom gleichen Gegensatz bestimmt. Wir gehen in diese Verhandlungen hinein in dem Bewußtsein, die bessere Sache zu vertreten, und in der sicheren Erkenntnis, daß keine politische Kraft auf die Dauer der Freiheit widerstehen kann. Chruschtschow hat das in der sowjetischen Innenpolitik in manchen Teilbereichen bereits anerkennen müssen. Machen wir ihm deutlich, daß er auch in der deutschen Frage dieser Erkenntnis nicht ausweichen kann.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)



Rede von Dr. Carlo Schmid
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Abgeordnete Strauß.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Franz Josef Strauß


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In jüngster Vergangenheit ist vielfach beklagt worden, daß das Parlament, der Deutsche Bundestag, kein Forum mehr für große politische Aussprachen sei, besonders keine Tribüne mehr für die Behandlung großer politischer Probleme. An Stelle dessen würden Ersatztribünen verwendet. Unser Kollege Herbert Wehner hat vor kurzem nach Pressemeldungen beklagt, daß im Bundestag über die entscheidenden Fragen der Nation nicht mehr diskutiert werde. Eine Zeitung hat vor kurzem geschrieben, daß der Weg, der hier von allen Parteien in anscheinend stillem Einklang begangen werde, von tödlicher Gefährlichkeit für die Demokratie sei. Es ist auch die Auffassung meiner Fraktion, daß die Arbeit des Parlaments — um eine andere Stimme zu zitieren — sich nicht in die Ausschüsse verkriechen, in gesetzeshektische Geschäftigkeit flüchten und sich nicht davor scheuen darf, dringende Probleme anzusprechen. Gerade aus diesem Grunde hat meine Fraktion gewünscht, aus Anlaß dieser Debatte, der letzten Haushaltsdebatte vor den kommenden Bundestagswahlen, eine Generalaussprache durchzuführen, weil das entscheidende Forum der deutschen Politik nach wie vor dieses Haus ist und bleiben und in der politischen Wirklichkeit als solches erhalten werden muß.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Vielleicht liegt die Ursache dieser Klagen aber auch darin — damit kommen wir zu einem heute schon mehrfach angesprochenen Thema —, daß die Opposition im Laufe der vergangenen Jahre die zwei wesentlichen Punkte der Regierungspolitik doch mehr oder minder übernommen hat, und zwar genau die zwei Punkte, die im Mittelpunkt der großen Debatten der 50er Jahre standen. — Ich hoffe, daß das, was heute wieder angeklungen ist, nicht sozusagen der Abgesang der homerischen Helden im Seniorenzustand aus den 50er Jahren sein sollte. — Es sind erstens die Marktwirtschaft und zweitens
    die europäisch-atlantisch fundierte und bedingte Außen- und Sicherheitspolitik der Bundesrepublik Deutschland. Diese beiden Punkte sind in diesem Hause erarbeitet und in hitzigen Auseinandersetzungen erstritten worden und sind heute weitgehend Gemeingut aller politischen Parteien, wenn wir auch wissen, daß hier von Patentschutz natürlich — und Gott sei Dank — nicht viel zu reden ist.

    (Heiterkeit.)

    Heute ist aber, und das hat zum großen Teil auch die Rede des Kollegen Erler gezeigt, die Politik der Opposition weitgehend — ich sage: weitgehend; ich hüte mich vor verabsolutierenden Formulierungen — kein originäres und eigenständiges Produkt mehr, sondern Begleitmusik zu den politischen Überlegungen und Entscheidungen in der Regierung und in den Koalitionsparteien.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Oppositionspolitik ist heute zum Teil sozusagen phasenverschobene Regierungspolitik und Begleitecho der jeweiligen Vorgänge.
    Es ist darum kein Widerspruch, daß in der Öffentlichkeit oft mehr Interesse für die Diskussion innerhalb der CDU/CSU besteht

    (Lachen bei der SPD — Sehr wahr! bei der CDU/CSU)

    und daß sich die Opposition deshalb lieber mit diesem Thema als mit eigenen Plänen und Überlegungen beschäftigt.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Es ist ein gutes Zeichen für die Aufgeschlossenheit, Entwicklungsfähigkeit und Daseinsberechtigung der Regierungspolitik, wenn in der Fraktion der CDU/ CSU und innerhalb der Koalition die Diskussion über ihre richtige Gestaltung und ihre zeitgemäße Fortsetzung unter Beteiligung des Staatsbürgers erfolgen kann. Ich brauche mich nicht zu scheuen, wenn ich sage, daß bei uns die großen innen- und außenpolitischen Themen unserer Zeit wirklich diskutiert, daß um sie gerungen wird. Bei der Opposition wird häufig die Begleitmusik dazu gemacht, wird kommentiert, kombiniert, auch programmiert, gelegentlich spekuliert und häufig kritisiert,

    (Heiterkeit)

    was im übrigen das gute Recht der Opposition ist, besonders dann, wenn sie bessere Lösungen aufzuzeigen in der Lage wäre. Aber ohne diese unsere Diskussion könnte heute der Bundesbürger oft gar nicht mehr an politischen Überlegungen Anteil nehmen. So wird der Mann auf der Straße angesprochen, unterrichtet und beteiligt, im übrigen mit der politisch selbstverständlichen Tatsache konfrontiert, daß die Entscheidungen heute weniger denn je bei der Opposition liegen, — trotz der Kommunalwahlen in Nordrhein-Westfalen, Herr Kollege Erler. Ich freue mich .allerdings, daß Sie heute zur Hälfte als Oppositions- und zur Hälfte als Regierungssprecherbereits in Stellvertretung in Erscheinung getreten sind.
    Wir müssen uns bei dieser Diskussion über die großen Probleme unserer Zeit vor jeder Schwarz-



    Dr. h. c. Strauß
    weiß-Malerei hüten. Sie kann nur zu einer Verzerrung der Maßstäbe führen.

    (Abg. Hermsdorf: Blau-weiß-Malerei!)

    — Ich würde Ihnen gern darauf antworten, weil Sie allein schon mit der Reihenfolge der Farben beweisen, daß Sie in der deutschen Heimatkunde gelegentlich gefehlt haben.

    (Große Heiterkeit und Beifall bei der CDU/ CSU. — Anhaltende Zurufe von der SPD.)

    — Wenn jemand blau- weiß sagt, muß ich halt weißblau antworten. Die Bundesrepublik ist sicherlich kein irdisches Paradies; sie ist aber auch kein Land der sozialen Ungerechtigkeit, der unbefriedigenden Innenpolitik, der ungelösten Lebensprobleme und der dumpfen Zukunftsangst.

    (Beifall bei der CDU/CSU und bei Abgeordneten der FDP.)

    In diesem Zusammenhang darf ich auf einige Bemerkungen zurückkommen, die Herr Kollege Erler heute im ersten Teil seiner Ausführungen gemacht hat. Er hat dem Bundeskanzler vorgeworfen, daß er keine präzisen Aussagen gemacht habe. Ich glaube, daß sowohl die Klarheit der Aussagen der Bundesregierung wie die Klarheit der Politik der Regierung der jeweiligen Koalition im Laufe dieser Jahre erheblich größer waren als das reichhaltige, aber oft widerspruchsvolle Arsenal der Oppositionsparteien.

    (Zurufe von. der SPD: Stimmt nicht! Beispiele! — Abg. Wienand: Da ist Ihr Glaube mangelndes Wissen, Herr Strauß!)

    — Ich glaube auch, daß Sie manchmal nichts glauben, aber ich weiß manchmal auch mindestens genauso viel, wie Sie wissen.
    Es ist z. B. auch davon gesprochen worden, daß die Wachsamkeit der Opposition es erfordert habe, das Bundesbahn-Gutachten zu veröffentlichen. Nun, das Bundesbahn-Gutachten, ein Gutachten von Experten nach Rationalisierungsgesichtspunkten kaufmännischer Art, liegt seit geraumer Zeit vor. Dieses Gutachten ist in keiner Weise verbindlich für die Absichten und Pläne der Bundesregierung oder der Koalition. Ich halte es aber für keinen allzu guten Stil, daß dieses Gutachten, das zwar keine materiellen Staatsgeheimnisse enthält, aber gerade wegen seines Charakters als vertraulich bezeichnet worden ist, in dieser Weisse zur Beunruhigung der Öffentlichkeit vor dieser Haushaltsdebatte publiziert worden ist.

    (Beifall bei der CDU/CSU. — Zuruf von der SPD: Das wäre im Bayern-Kurier besser gewesen? — Heiterkeit bei der SPD.)

    — Wir würden solches nicht tun.

    (Lachen bei der SPD.)

    Aber Sie bringen mich gerade auf einen Nebengedanken. Der Herr Kollege Zoglmann hat soeben mit großer Emphase gegen den Neubauplan des Präsidenten Gerstenmaier für den Bundestag gesprochen. Aus dem Bundesbahn-Gutachten könnte man ja eines entnehmen: daß vielleicht dieser Bundestag im Zeichen seiner temporären Improvisation eine Reihe außer Dienst gestellter BundesbahnGüterwagen verwenden, sie rund um das Bundeshaus aufstellen und als Arbeitsräume für die Abgeordneten verwenden könnte.

    (Heiterkeit bei der CDU/CSU. — Zuruf des Abg. Wienand: Und auf so was bringt Sie Zoglmann!)

    - Das war nur eine ironische Bemerkung, Herr Kollege Wienand. Herr Kollege Erler sagte, die Zeit sei vorbei, wo man in Deutschland mit dem aus dem Wahlkampf 1957 noch in Erinnerung stehenden Wort des damaligen Bundeskanzlers, die SPD sei der Untergang Deutschlands, noch operieren könnte; man könnte es auch durch Rhetorik nicht wieder neu beleben. Das war eine ganz geschickte Bemerkung, im Zusammenhang mit den Wahlergebnissen in Nordrhein-Westfalen und anderswo verwendet. Ich darf Ihnen allerdings dazu sagen, daß die Politik, die Sie nach 1957 — siehe Deutschlandplan — noch über eine Reihe von Jahren getrieben haben, unter den damaligen Aspekten leider dieser sehr harten kritischen Bemerkung des Bundeskanzlers eine gewisse Glaubhaftigkeit und eine beträchtliche Note der Berechtigung gegeben hatte. Wenn Sie heute mit Recht sagen können, daß dieses Wort nicht berechtigt sei, dann dank der Tatsache, daß Sie Ihre Politik in entscheidenden Ansätzen geändert haben.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Das heißt, Ihre Politik ist, das gebe ich gern zu, in dem Maße glaubwürdiger geworden, je näher Sie an die Regierungspolitik herangekommen sind.

    (Lachen bei der SPD.)

    Sie haben heute der CDU/CSU vorgeworfen, daß für sie jeweils der Bundeskanzler ein Ersatz für ein Programm sei. Nun, über dieses Wort läßt sich reden. Ich hüte mich vor Schwarz-weiß-Malerei. Aber das Wort läßt sich auch zurückgeben. Ich halte nicht allzuviel von Programmen. Man braucht Leitlinien und Ziele, man braucht auch gewisse Programme. Aber uns scheint es schon so zu sein, daß für Sie seit geraumer Zeit das Programm der Ersatz für den richtigen Bundeskanzler ist.
    Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU.
    — Abg. Metzger: Sehr geistreich! Sehr
    geistreich!)
    — Ich bewege mich immer auf dem Niveau des Kollegen Erler, — —

    (Lachen bei der SPD. — Abg. Metzger: Wenn Sie das könnten, wären Sie froh! — Abg. Wehner: Etwas außerhalb des Niveaus!)

    Sie haben Ihren Parteifreund, den Regierenden Bürgermeister von Berlin, in Schutz genommen, weil er heute nicht hier sein kann, weil er im Berliner Abgeordnetenhaus eine wichtige Sache zu vertreten hat, und Sie haben auf demselben von Ihrem Kollegen Metzger eben für mich festgestellten Niveau durchaus richtig vermerkt, daß der „Bilokalismus", wenn ich Sie richtig verstanden habe, für uns leider



    Dr. h. c. Strauß
    noch nicht möglich sei. Wir täten uns alle in unserem Geschäft leichter, wenn wir den Bilokalismus oder Trilokalismus manchmal verwirklichen könnten.

    (Erler: Das wäre auch die erste Vorstufe zur Seligund später Heiligsprechung! Das erreichen wir beide nicht!)

    — Wenn Sie von Selig- und Heiligsprechung reden, darf ich Sie allerdings daran erinnern, daß Sie in jüngerer Zeit als ich an der geeigneten Stelle vorgesprochen haben.

    (Heiterkeit und Beifall bei den Regierungsparteien. — Abg. Erler: Dieser Monopolbruch hat Ihnen bitter weh getan!)

    Ich glaube aber auch sagen zu dürfen, daß die Aufforderung des Kollegen Barzel durchaus ihre Berechtigung hatte. Denn Kollege Brandt, wenn ich diesen Ausdruck gebrauchen darf, ist seinerzeit in den Bundestag gewählt worden. Es kommt auch in anderen Fällen bei uns vor, daß das Mandat dann wieder niedergelegt wird. Das wollen wir in keiner Weise kritisieren; sonst müßten wir uns selbst mindestens genauso kritisieren. Aber er hat damals im klaren Wissen, daß er nicht im Bundestag bleiben kann, als Sprecher der Opposition bei der Debatte über die Regierungserklärung hier eine Rede gehalten. Darum wäre es gar nicht so abwegig — und ich glaube, das hätte sich mit Berlin arrangieren lassen —, wenn er bei der letzten großen Debatte anläßlich der Behandlung des letzten Haushalts dieser Wahlperiode, des Haushalts des Wahljahres, in anderer Funktion, als Regierender Bürgermeister von Berlin, hier seine Politik vertreten hätte;

    (Abg. Rasner: Er traut sich nicht! — Beifall bei der CDU/CSU.)

    darüber läßt sich durchaus sprechen.