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ID0413616600

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag 136. Sitzung Bonn, den 13. Oktober 1964 Inhalt: Nachrufe auf die Abg. Dr. Harm (Hamburg), Schröder (Osterode) und Ruland . . . 6721 A Die Abg. Dr. Eckhardt, Moersch, Ross, Schlüter und Reichhardt treten in den Bundestag ein 6722 B Glückwünsche zu den Geburtstagen der Abg. Frau Dr. Kiep-Altenloh, Frau Welter (Aachen), Neumann (Berlin), Dr. Wilhelmi, Dr. Ramminger, Dr. h. c. Brauer, Striebeck, Dr. Pflaumbaum und Reitz . . 6722 C Überweisung der Zusammenstellung über- und außerplanmäßiger Haushaltsausgaben (Drucksachen IV/2506, IV/2614 und IV/2562) an den Haushaltsausschuß . . 6722 D Begrüßung einer Delegation von Parlamentariern Indiens 6736 C Fragestunde (Drucksache IV/2586) Fragen des Abg. Dr. Mommer: Nachfolger für das aus der Kommission der Europäischen Atomgemeinschaft ausgeschiedene deutsche Mitglied Heinz L. Krekeler . . . . . . . . 6725 C Fragen des Abg. Ertl: Behandlung bundesdeutscher Urlauber in Südtirol 6725 C Frage des Abg. Ritzel: Leistungen an Personen, die durch den arabisch-israelischen Krieg 1948 ihre Heimat verloren haben Dr. Carstens, Staatssekretär 6725 D, 6726 A Ritzel (SPD) . . . . . . . . . 6726 A Frage des Abg. Kaffka: Rückgabe der Deutschen Botschaft in Paris Dr. Carstens, Staatssekretär . . . 6726 B, C Kaffka (SPD) . . . . . . . . . 6726 C Frage des Abg. Jahn: Amtliche Teilnahme an der Eröffnung der Ausstellung „Documenta III" in Kassel 6726 C Fragen des Abg. Sanger: Prüfung und Erteilung von Sichtvermerken an Ausländer . . 6726 D, 6727 A Frage des Abg. Schmitt-Vockenhausen: Ausbau Berlins als Stätte der Bildung, der Wissenschaft und der Kunst . . . 6727 A Frage des Abg. Folger: Wohnungsdefizit und Altbaumieten in München 6727 B II Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 136. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 13. Oktober 1964 Fragen des Abg. Fritsch: Instandsetzungsdarlehen und verstärkte Mittelzuteilung für den Althausbesitz im Zonenrand- und Grenzlandgebiet 6727 C Frage des Abg. Dr. Huys: Verordnung über die Darstellung im Flächennutzungsplan Dr. Ernst, Staatssekretär 6727 D Fragen des Abg. Erler: Aufgabe des Bundesverteidigungsrates in bezug auf innenpolitische Auseinandersetzung mit Andersdenkenden Dr. Krone, Bundesminister . . . . 6728 A Fragen des Abg. Bading: Durchführungsverordnungen zum Zweiten Neuordnungsgesetz 6728 B Frage des Abg. Riedel (Frankfurt) : Bemessungsgrundlagen für die Festset- zung von Sozialbeiträgen 6728 C Frage des Abg. Dr. Lohmar: Versorgungsangelegenheit des G. Wagner, Gütersloh Blank, Bundesminister 6728 D, 6729 A, B Sänger (SPD) 6729 A, B Frage des Abg. Hilbert: Kindergeld für Grenzgänger Blank, Bundesminister 6729 B, D, 6730 B Hilbert (CDU/CSU) 6729 C, D Schwabe (SPD) 6730 A Frage der Abg. Frau Dr. Diemer-Nicolaus: Verwaltungsverfahren in der Sozialversicherung Blank, Bundesminister . . . 6730 B, C, D Frau Dr. Diemer-Nicolaus (FDP) . . 6730 C Frage des Abg. Moersch: Vermögenszuwachs bei den Arbeitnehmern Blank, Bundesminister 6730 D Frage der Abg. Frau Dr. Maxsein: Ausgabe internationaler Reparaturgutscheine für orthopädische Apparate an Kriegsversehrte Blank, Bundesminister . . . . 6731 A, B Frau Dr. Maxsein (CDU/CSU) . . . 6731 B Frage des Abg. Jahn: Bundesakademie für Straf vollzugsbeamte 6731 C Frage des Abg. Dr. Stecker: Einstweilige Verfügung gegen die Veröffentlichung eines Presse-Interviews Dr. Bucher, Bundesminister . . . . 6731 D Frage des Abg. Dr. Stecker: Gefahr einer Vorzensur Dr. Bucher, Bundesminister . . . . 6731 D, 6732 A, B Dr. Stecker (CDU/CSU) . . . . 6732 A, B Frage des Abg. Dr. Stecker: Gesetzliche Maßnahmen zur Verhütung ähnlicher Vorfälle Dr. Bucher, Bundesminister . . . . 6732 C Dr. Stecker (CDU/CSU) 6732 C Frage der Abg. Frau Dr. Maxsein: Haftpflicht der Gaststättenbesitzer für Gegenstände von Reisenden Dr. Bucher, Bundesminister . . . . 6732 D Frage des Abg. Hammersen: Angebliche Korruption der deutschen Wirtschaft 6732 D Frage des Abg. Ertl: Werbungskostenpauschalsatz für landwirtschaftliche Wochenblätter . . . . 6733 A Frage des Abg. Dr. Müller-Emmert: Schäden durch Manöver amerikanischer Streitkräfte 6733 B Frage des Abg. Scheuren: Weihnachtszuwendungen 6733 C Frage des Abg. Haage (München) : Abgabenfreie Einfuhr von Treibstoffen im internationalen Verkehr . . . . 6734 A Frage des Abg. Riedel (Frankfurt) : Abzugsfähige Spesensätze 6734 B Frage des Abg. Fritsch: Instandssetzung von Wohnungen des Althausbesitzes 6734 B Frage des Abg. Dr. Müller-Emmert: Wiedergutmachung von durch Stationierungsstreitkräfte verursachte Schäden 6734 C Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 136. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 13. Oktober 1964 III Fragen des Abg. Junghans: Bundesdarlehen an Bundesbahn und Bundespost aus dem Verkaufserlös der VW-Aktien — Stiftung Volkswagenwerk Dr. Dahlgrün, Bundesminister . . 6735 A, C, 6736 A, B, C Junghans (SPD) . . 6735 C, D, 6736 A, B Frage des Abg. Dr. Schmidt (Wuppertal) : Beeinflussung des Kraftverkehrs durch steuerrechtliche Regelungen Dr. Dahlgrün, Bundesminister . . . 6736 D, 6737 A, B Dr. Schmidt (Wuppertal) (CDU/CSU) 6736 D, 6737 A Ritzel (SPD) . . . . . . . . . 6737 B Fragen des Abg. Dr. Dörinkel: Steuerfreiheit für Ruhegehälter Dr. Dahlgrün, Bundesminister . 6737 B, C, D Dr. Dörinkel (FDP) . . . . . . . 6737 D Frage des Abg. Schmitt-Vockenhausen: Landkäufe des Bundesfinanzministers in der Lüneburger Heide Dr. Dahlgrün, Bundesminister . . 6738 A, B Schmitt-Vockenhausen (SPD) . . . 6738 B Frage des Abg. Spies: Verleihung des nächsthöheren Ranges an nicht mehr zu befördernde Offiziere bei oder nach Ausscheiden . . . . . 6738 C Frage des Abg. Jahn: Hetzschrift des Schriftstellers Kurt Ziesel „Der deutsche Selbstmord" . . . 6738 D Fragen des Abg. Bauer (Würzburg) : Pressemeldungen betr. Handlungen von Bundeswehreinheiten . 6738 D, 6739 A Fragen des Abg. Mertes: Schutz der Bevölkerung vor unzumutbarer Belästigung durch Flugzeuglärm 6739 B Frage des Abg. Cramer: Vereinbarkeit des Erlasses betr. Vollstreckung und Vollzug disziplinarer Rechtsstrafen mit Unverletzlichkeit des Postgeheimnisses von Hassel, Bundesminister 6739 D, 6740 A Cramer (SPD) . . . . . . . . . 6740 A Fragen der Abg. Frau Dr. Flitz (Wilhelmshaven) : Kritik des Gen.Lt. Panitzki an dem Verhalten von Abgeordneten gegenüber Beschwerden über den Düsenjägerlärm von Hassel, Bundesminister 6740 B, 6742 A, B, C, D 6741 A, B, C, D, Frau Dr. Flitz (Wilhelmshaven) (FDP) 6740 D, 6741 A, B Mertes (FDP) . . . . . . . . 6741 C, D Cramer (SDP) 6741 D Wächter (FDP) . . . . . . . 6742 A, B Gerlach (SPD) 6742 B, C Kreitmeyer (FDP) 6742 D Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1965 (Haushaltsgesetz 1965) (Drucksache IV/2500) — Einbringung — Dr. Dahlgrün, Bundesminister . . 6743 A Nächste Sitzung 6758 C Anlagen 6759 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 136. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 13. Oktober 1964 6721 136. Sitzung Bonn, den 13. Oktober 1964 Stenographischer Bericht Beginn: 9.01 Uhr
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    Anlage zum Stenographischen Bericht Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich a) Beurlaubungen Dr. Aigner * 16. 10. Dr. Aschoff 16. 10. Dr. Atzenroth 13. 10. Dr.-Ing. Balke 16. 10. Frau Brauksiepe 13. 10. Dr. Burgbacher 13. 10. Deringer * 13. 10. Dr. Dichgans * 14. 10. Dopatka 17. 10. Eisenmann 13. 10. Dr. Dr. h. c. Friedensburg 16. 10. Dr. Furler * 16. 10. Gaßmann 13. 10. Hahn (Bielefeld) * 16. 10. Dr. Hahn (Heidelberg) 13. 10. Hammersen 16. 10. Holkenbrink 13. 10. Illerhaus * 16. 10. Kalbitzer 16. 10. Klinker 16. 10. Kulawig 14. 10. Lenz (Brühl) * 16. 10. Dr. Löhr * 16. 10. Lücker (München) * 15. 10. Maucher 13. 10. Dr. von Merkatz 16. 10. Missbach 13. 10. Neumann (Allensbach) 13. 10. Ollesch 13. 10. Peters (Poppenbüll) 16.10. Dr.-Ing. Philipp * 16. 10. Pöhler 13. 10. Priebe 13. 10. Frau Dr. Probst * 14. 10. Rademacher 16. 10. Abgeordnete(r) beurlaurbt bis einschließlich Ramms 13. 10. Rohde 13. 10. Ruf 16. 10. Schneider (Hamburg) 13.10. Dr. Schneider (Saarbrücken) 13.10. Dr. Seffrin 13.10. Dr. Serres 16.10. Seuffert 13. 10. Spies 18. 10. Spitzmüller 15. 10. Stein 16. 10. Storch * 13. 10. Weinkamm * 16. 10. Dr. Zimmer 16. 10. b) Urlaubsanträge Dr. von Brentano 15. 11. Ehren 14. 11. Gehring 23. 10. Gräfin vom Hagen 31. 10. Heix 23. 10. Frau Dr. Heuser 20. 10. Kahn-Ackermann 20. 11. Kraus 31. 10. Kubitza 31. 10. Freiherr von Kühlmann-Stumm 4. 11. Liehr 31. 10. Menke 23. 10. Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller 18. 11. Peters (Norden) 31. 10. Rauhaus 23. 10. Reichhardt 31. 10. Rollmann 31. 10. Seidel (Fürth) 24. 10. Dr. Willeke 23. 10. *) Für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments
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    Rede von: Unbekanntinfo_outline


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: ()
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()

    Ich glaube, daß die Frage vorhin von mir beantwortet wurde. Unter der Voraussetzung, daß das Raumordnungsverfahren der Bundeswehr die Möglichkeit gibt, eine zweite Startbahn zu errichten, werden wir alles daransetzen, daß sie so schnell wie möglich gebaut wird. Voraussetzung dafür: Raumordnungsverfahren und Landbeschaffung. Dazu kann Ihre eigene Landesregierung lin Hannover die große Hilfe geben, nicht das Bundesministerium der Verteidigung.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Abg. Wehner: Sie sind mehr Propagandaminister!)



Rede von Dr. Eugen Gerstenmaier
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Die Fragestunde ist zu Ende. Wir fahren übermorgen in der Fragestunde mit der Beantwortung der Fragen fort.
Ich rufe den Punkt 2 der Tagesordnung auf:
Einbringung des Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1965 (Haushaltsgesetz 1965) (Drucksache IV/2500).
Das Wort zur Einbringung hat der Herr Bundesminister der Finanzen.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Rolf Dahlgrün


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich habe die Ehre, im Namen der Bundesregierung dem Hohen Haus den Entwurf des Bundeshaushalts für das Rechnungsjahr 1965 vorzulegen, den sie zeitiger, als das jemals früher geschehen ist, noch vor der Sommerpause verabschiedet hatte.
    Seit Ende des Krieges sind fast zwanzig Jahre vergangen, eine kurze Zeitspanne in der Geschichte eines Volkes. Und doch hat sich in diesen wenigen Jahren auf allen Lebensgebieten unserer jungen Bundesrepublik eine Entwicklung vollzogen, die aus der Sicht der ersten Jahre nach dem Kriege als außergewöhnlich bezeichnet werden muß. Dieser Aufstieg ist das Ergebnis zielstrebiger Politik, harter Arbeit und großer Opfer aller Staatsbürger. Erinnern wir uns an die heute kaum mehr vorstellbare Not und das unendliche Elend jener Jahre, die meinem Eindruck nach viele allzu schnell vergessen haben, an den mühevollen Wiederaufbau aus Schutt und Asche, an das Ringen um die Wiedererlangung unserer Souveränität, an das allmähliche Hineinwachsen in die Völkerfamilie! Heute sind wir ein geachteter Bündnis- und Vertragspartner. Erinnern wir uns an die leidenschaftlichen Auseinandersetzungen um den richtigen Weg in der Wirtschaftspolitik! Heute ist die von der Bundesregierung und den sie tragenden Parteien von Anfang an verfochtene soziale Marktwirtschaft zum festen Fundament der Leistungskraft unserer Volkswirtschaft geworden. Sichtbarer Ausdruck des Erreichten ist der steile Anstieg unseres realen Sozialprodukts, das sich seit 1950 annähernd verdreifacht hat.
    Diese gestiegene Leistungskraft hat es der öffentlichen Hand ermöglicht, von Jahr zu Jahr steigende Beträge zur Verbesserung der Wirtschafts- und Sozialstruktur unseres Volkes zur Verfügung zu stellen. 1965 werden die Haushalte von Bund, Ländern und Gemeinden mehr als 130 Milliarden DM umfassen und damit gut 30 v. H. des Bruttosozialprodukts 'beanspruchen.
    Die Bundesregierung betrachtet das starke Wachstum der öffentlichen Ausgaben jedoch nicht ohne Sorge. Dieses Wachstum im Rahmen der Leistungsfähigkeit unserer Volkswirtschaft zu halten, ist eines ihrer wesentlichen politischen Ziele. Nur durch eine nachhaltige Verminderung des Einnahmeanstiegs ist eine Wachstumsbegrenzung der öffentlichen Ausgaben zu erreichen. Auch aus dieser Überzeugung hält die Bundesregierung trotz mancher Einwände unbeirrt an ihren Steuersenkungsplänen fest. Dabei verschließt die Bundesregierung keineswegs die Augen vor der Fülle .der noch zu bewältigenden öffentlichen Aufgaben. Aber auch die Staatsausgaben müssen — unbeschadet der konjunkturpolitischen Erfordernisse — in harmonischem Gleichklang mit der wachsenden Leistungskraft unserer Volkswirtschaft ansteigen. Nachteilige Rückwirkungen .auf den allgemeinen Wachstumsprozeß sind sonst nicht zu vermeiden.
    Wenn Sie, meine Damen und Herren, und die Öffentlichkeit die Zahlen dieses Haushaltsplanes 1965 würdigen, dann denken Sie bitte daran, welchem Maße Bund, Länder und Gemeinden ihre Ausgaben für wichtige Aufgaben in den letzten Jahren erhöht haben. 29 Milliarden DM werden die Ausgaben für das Sozialwesen im Jahre 1964 ausmachen. Das sind 18 Milliarden DM mehr als 1951. Die Ausgaben für das Straßenwesen sind von 1,2 Milliarden DM im Jahre 1951 auf rund 9,5 Milliarden DM im Jahre 1964 angestiegen. Das entspricht einem Anteil an den Gesamtausgaben von annähernd 8 v. H. gegenüber gut 3 v. H. im Jahre 1951. Die Aufwendungen für das Bildungs- und Forschungswesen werden in diesem Jahre rund 15,6 Milliarden DM erreichen. Das sind 11,9 Milliarden DM mehr als 1951. Einen weiteren wichtigen Posten stellen die Verteidigungskosten mit 20,3 Milliarden DM im Jahre 1964 dar. Auf diese vier Ausgabengruppen enfallen mehr als 60 v. H. der Gesamtausgaben der öffentlichen Hand.
    Trotz dieser außerordentlichen Steigerungen ist vieles immer noch nicht geschafft. Das weiß auch der Bundesminister der Finanzen sehr genau und leugnet es keineswegs. Man kann aber unmöglich alles auf einmal schaffen. So würde das volkswirtschaftliche Leistungspotential mit Sicherheit überfordert. Wir strapizieren die Ertragskraft unserer Wirtschaft schon stark genug. Mit unserer Steuerbelastung liegen wir in der Spitzengruppe der freien Welt. Unsere Produktionskapazitäten werden bis zur Grenze beansprucht und z. B. im Bauwesen seit Jahren darüber hinaus. Dadurch sind die Baupreise unverhältnismäßig stark in die Höhe getrieben worden. Gerade auf diesem Sektor hat auch die öffentliche Verwaltung, getrieben durch die Anforderungen von allen Seiten, ihre Nachfrage übersteigert. Ihre unmittelbaren Bauausgaben sind allein von 1961 bis 1964 von 12 auf 186 Milliarden DM angestiegen bei jährlichen Wachstumsraten von über 20 v. H. 1964 waren an den Bauausgaben der Ge-



    Bundesminister Dr. Dahlgrün
    bietskörperschaften die Gemeinden mit rund 60 v. H., die Länder mit 16 und der Bund mit 24 v. H. beteiligt. Daraus wird deutlich, daß eine konjunkturgerechte Finanzpolitik nicht möglich ist, wenn nicht alle Träger der öffentlichen Aufgaben sich in ihren Investitionsausgaben die notwendigen Beschränkungen auferlegen.
    Beschränkung ist in der gegenwärtigen konjunkturellen Situation das Gebot der Stunde. Sie kennen alle die von der Bundesregierung und der Deutschen Bundesbank auf dem Gebiet der Finanz- und Währungspolitik eingeleiteten Maßnahmen zur Konjunkturdämpfung. Anzeichen sprechen dafür, daß diese Maßnahmen ihre Wirkung nicht verfehlen. Die extrem hohen Exportüberschüsse des Winters sind schon abgesunken und werden voraussichtlich weiter zurückgehen. Dazu werden die konjunkturpolitischen Zollsenkungen ihren Teil beitragen, desgleichen hoffentlich auch die Stabilisierungsbemühungen in unseren Nachbarländern, die in Frankreich und Italien schon zu einer gewissen Beruhigung des Preisauftriebs geführt haben.
    Gleichwohl hat der Exportüberschuß in den ersten sieben Monaten dieses Jahres noch die stattliche Höhe von 4,6 Milliarden DM gegenüber 2,3 Milliarden DM im gleichen Zeitraum des Vorjahres erreicht. Die von hier ausgehenden Impulse haben noch zu wenig an Kraft verloren. Außerdem wird die hohe Expansion unserer Wirtschaft nun mehr und mehr von der wachsenden Inlandsnachfrage getragen. Es besteht die ernste Gefahr, daß die zusätzliche Nachfrage die Kapazitätsgrenzen übersteigt. Das könnte zu einer verschärften Bedrohung unserer Preisstabilität führen. Bisher hat sich etwa im Vergleich zu den Vorjahren die nach oben gerichtete Tendenz der Preisentwicklung erfreulicherweise jedoch nicht verstärkt.
    Dabei stehen nicht alle Bereiche unserer Wirtschaft so in der heißen Sonne der Hochkonjunktur wie weite Teile der Investitionsgüterindustrie. In einer Reihe von Branchen herrscht harter Konkurrenzkampf. Die Erwirtschaftung von Erträgen und damit die Sicherung der Zukunft bereitet ernste Sorgen.
    In diesen Monaten, meine Damen und Herren, in denen sich die Produktionstätigkeit nach der Sommerpause verstärkt hat, muß die wirtschaftliche Entwicklung mit größter Sorgfalt beobachtet werden. Wenn wir den gesicherten Wohlstand von morgen wollen, müssen wir bewahren, was wir bis heute mühsam erworben haben.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Im Zeichen dieser Bewahrung und Bewährung steht der Bundeshaushalt 1965.
    In Übereinstimmung mit den konjunkturpolitischen Empfehlungen des EWG-Ministerrates sieht der Entwurf des Haushaltsplanes vor: 1. die generelle Begrenzung des Ausgabenwachstums, soweit es die Binnenmarktnachfrage beeinflußt, auf etwa 5 v. H. entsprechend dem erwarteten realen Wachstum des Sozialprodukts, 2. die weitere Streckung der Investitionen, insbesondere im Hochbau, 3. die Sperre bestimmter Bauausgaben, 4. den Verzicht auf
    Abbau von Ausgaberesten, um eine Ausweitung des Ausgabevolumens zu vermeiden, und 5. die Sicherung einer konjunkturgerechten Haushaltsführung durch die im Haushaltsgesetz vorgesehene Ermächtigung an den Bundesminister der Finanzen und den Bundesminister für Wirtschaft zu einer konjunkturpolitisch orientierten Steuerung des Haushaltsvollzuges.
    Die Forderung nach einer konjunkturgerechten Ausgabengestaltung muß in gleicher Weise auch für die Haushalte der übrigen Gebietskörperschaften, für die Sondervermögen der öffentlichen Hand und schließlich auch für die sonstigen Körperschaften des öffentlichen Rechts gelten. Die Bundesregierung erwartet namentlich, daß auch die Länder und Gemeinden sich in ihrer Haushaltspolitik konjunkturgerecht verhalten.
    Ganz besonders möchte ich die Gemeinden ansprechen. Im kommunalen Bereich sind die Wachstumsraten des Ausgabenanstiegs in den letzten Jahren zwar von 16,5 % in 1962 über 13,5 % in 1963 auf voraussichtlich 10,5 % für 1964 abgesunken. Aber selbst diese Zunahme um 10,5 % liegt noch immer erheblich über dem realen, ja sogar noch über dem erwarteten nominalen Anstieg des Sozialprodukts. Bisher sind leider auf breiter Front noch keine Anzeichen vorhanden, daß die Gemeinden in ihrer Gesamtheit ihre Ausgabenpolitik in dem erforderlichen Maße konjunkturgerecht ausrichten, wobei es, was ohne Vorbehalt zugegeben werden soll, die Verantwortlichen auf diesem Sektor besonders schwer haben. Wegen der starken Investitionsnachfrage, die von den Gemeinden ausgeht, sind jedoch empfindliche Störungen zu befürchten, die unbedingt vermieden werden müssen. Sie wissen, daß der Bund keine Möglichkeit hat, auf die kommunale Finanzpolitik Einfluß zu nehmen; anders allerdings die Länder. Es erscheint dringend erforderlich, daß sie, wo immer es möglich ist, bestehende Einwirkungsmöglichkeiten ausnutzen, falls Appelle an die Einsicht der Verantwortlichen keinen Erfolg zeigen.
    Meine Damen und Herren! Bevor ich mich nach diesen mehr grundsätzlichen Ausführungen zur allgemeinen Lage den besonderen Problemen des Bundeshaushalts 1965 zuwende, gestatten Sie mir einen kurzen Ausblick auf den voraussichtlichen Ablauf des Haushalts 1964, auf dem der Haushalt 1965 aufbauen wird.
    Die Einnahmen aus Steuern und Abgaben betrugen bis zum 30. September 1964 39,2 Milliarden DM gegenüber einem zeitanteiligen, arithmetischen Soll für Januar bis September von 39,9 Milliarden DM. Aus dem Zurückbleiben der Einnahmen gegenüber dem anteiligen Soll um 700 Millionen DM ist jedoch kein sicherer Schluß auf die Entwicklung der Einnahmen im ganzen Jahr zu ziehen. Nach dem Durchschnitt der letzten zehn Jahre kamen in den ersten neun Monaten des Rechnungsjahres 72,7 % auf. Die Isteinnahmen des laufenden Rechnungsjahres machen demgegenüber 73,6 % des Jahressolls aus. Die Einnahmen liegen zwar etwas über normal, doch kann keine Rede davon sein, daß mit Sicherheit große Mehreinnahmen anfallen werden.



    o Bundesminister Dr. Dahlgrün
    Außerdem ist damit zu rechnen, daß die Kreditermächtigung zur Deckung des außerordentlichen Haushalts von 2,2 Milliarden DM wegen der Entwicklung auf dem Kapitalmarkt möglicherweise nicht voll ausgenutzt werden kann. Nach dem Stand von Oktober, also nach der letzten großen Anleiheaufnahme des Bundes, die in diesem Jahr möglich ist, waren erst rund 1,7 Milliarden DM Kredite untergebracht. Es kann nicht angenommen werden, daß die Mehreinnahmen im ordentlichen Haushalt höher sein werden als die voraussichtlichen Mindereinnahmen im außenordentlichen Haushalt.
    Die Kassenlage des Bundes hat im gesamten Ablauf des Jahres zur Besorgnis keinen Anlaß gegeben. Dazu hat beigetragen, daß bei einer Reihe großer Einzelpläne die Ausgaben bisher noch hinter dem anteiligen Soll zurückgeblieben sind.
    Die Minderausgaben werden bis zum Jahresende weitgehend abgebaut sein, weil entsprechende Verpflichtungen vorliegen. Mit einem gewissen Zurückbleiben der Ausgaben hinter den Ansätzen ist allerdings zu rechnen. Die dadurch zur Verfügung stehenden Mittel werden mangels ausreichender Mehreinnahmen dringend zur Deckung eines Nachtrags zum Haushalt 1964 benötigt, der zur Zeit vorbereitet wird. Infolgedessen braucht wegen der vorgesehenen Verwendung von Minderausgaben das Haushaltsvolumen 1964 von 60,3 Milliarden DM nicht ausgeweitet zu werden, was auch aus konjunkturpolitischen Gründen vermieden werden sollte. Eine abschließende Ubersicht über den Nachtrag kann ich Ihnen ) heute leider noch nicht geben. Er wird jedoch im Hinblick auf unabweisbare Mehrausgaben eine Größenordnung von etwa 1,5 Milliarden DM haben.
    Hauptposten werden Ausgaben sein, die konjunkturneutral geleistet werden und damit die Binnennachfrage nicht beeinflussen. Hierin gehören die Deckung des Fehlbetrages des Jahres 1963 mit 512 Millionen DM, für die im Haushaltsentwurf 1965 Mittel nicht bereitgestellt werden können, und die Tilgungsrate der Nachkriegswirtschaftshilfe, die in diesem Jahr in Höhe von 500 Millionen DM fällig ist, für die im Haushalt 1964 im Hinblick auf schwebende Stundungsverhandlungen bisher jedoch nur Mittel in Höhe von 100 Millionen DM vorgesehen sind. Außerdem sind zu berücksichtigen: für die Deutsche Bundesbahn 242,5 Millionen DM, für den Straßenbau 183,5 Millionen DM sowie für andere, ebenfalls unabweisbare Aufwendungen — BerlinHilfe usw. — etwa 200 bis 300 Millionen DM.
    In den Zahlen für den Nachtragshaushalt sind die zwangsläufigen Ausgaben für den Wohnungsbau nicht enthalten, die sich daraus ergeben, daß durch das günstige Bauwetter erheblich mehr Mittel als vorhersehbar an die Länder abfließen werden. Es handelt sich um eine Größenordnung von 250 bis 400 Millionen DM, je nach Witterungsablauf. Eine Veranschlagung im Nachtragshaushalt ist nicht erforderlich, da für diese Ausgaben übertragene Bewilligungen zur Verfügung stehen. Die Kassenmittel, die hierfür benötigt werden, können naturgemäß nicht zur Deckung des Nachtrags herangezogen werden.
    In welcher Größenordnung Minderausgaben anfallen, läßt sich heute noch nicht mit Sicherheit voraussagen. Die Vorschau zeigt andererseits, daß im Rechnungsjahr 1964 irgendwelche verfügbaren Mittel für zusätzliche Ausgaben nicht vorhanden sind.
    Der Ihnen vorliegende Entwurf des Haushaltsplans 1965, der wie schon der Haushalt 1964 im Mittelpunkt der konjunkturstabilisierenden Maßnahmen der Bundesregierung steht, schließt mit einem Gesamtvolumen von 63,9 Milliarden DM ab.
    Der Erhöhung des Haushaltsvolumens um 3,6 Milliarden DM gegenüber dem Haushaltssoll 1964 steht ein effektiver Mehrbedarf von rund 5 Milliarden DM gegenüber, dem sich die Bundesregierung auch unter Anlegung strengster Maßstäbe nicht entziehen konnte. Allein im Sozialbereich ergeben sich auf Grund der bestehenden Gesetze Mehrausgaben für erhöhte Zuschüsse an die Träger der Sozialversicherung, für das Kindergeld, für die Kriegsopferversorgung und anderes von über 2 Milliarden DM. Damit sind die Sozialausgaben auch für das Bild des Haushaltsentwurfs 1965 bestimmend gewesen.
    Von der zusätzlichen Deckungsmasse von 3,6 Milliarden DM sind nach Abzug der zwangsläufigen Mehrausgaben im sozialen Bereich, also von über 2 Milliarden DM, nur noch 1,5 Milliarden DM verfügbar. Dieser Betrag reicht kaum aus, die weiteren, ebenfalls zwangsläufigen Mehrausgaben aus Gesetzgebung und zunehmender Verschuldung zu decken, wobei es sich im einzelnen um folgende Posten handelt: um zunehmende Leistungen für den Schuldendienst (587 Millionen DM), um die Erhöhung der Straßenbaumittel auf Grund der teilweisen gesetzlichen Zweckbindung der Mineralölsteuer (529 Millionen DM), um die Verstärkungsmittel für die Besoldungserhöhungen im öffentlichen Dienst und die Mehraufwendungen auf Grund der Schlußnovelle zum Gesetz zu Art. 131 (400 Millionen DM), um die Mehrausgaben auf Grund des Sparprämiengesetzes (90 Millionen DM) und um die sich nach dem Gesetz über die Umstellung der Abgaben auf Mineralöl vom 20. Dezember 1963 ergebende Steigerung der Anpassungshilfe für die deutsche Erdölgewinnungsindustrie (50 Millionen DM).
    Für alle übrigen Mehrausgaben in einer Größenordnung von insgesamt über 1,5 Milliarden DM, die sich aus der Abwicklung rechtlicher Verpflichtungen und aus politischen Gründen ergeben — z. B. für Entwicklungshilfe, für den Wohnungsbau, für Verteidigungslasten, für Kriegsgefangenenhilfe, für Kriegsopferfürsorge, für Wissenschaft und Forschung, für die Studienförderung, für Berlin, für Beiträge zur europäischen Gemeinschaften usw. —, konnte nur durch einschneidende, teils sehr schmerzhafte Einsparungen und Verzichte Raum geschaffen werden. Diese Notwendigkeit, vor die sich die Bundesregierung auf Grund der Entwicklung gestellt sah, gibt zugleich Antwort auf all die Fragen, weshalb etwa dieser oder jener Wunsch nicht oder nicht voll erfüllt, weshalb gerade diese Kürzung vorgenommen und weshalb jener Anregung nicht entsprochen werden konnte. Jede weitere Ausgabe bedingt zusätzliche Kürzungen. Wer Ausgabenerhöhungen



    Bundesminister Dr. Dahlgrün
    fordern oder wer Kürzungen rückgängig machen und mit seinen Vorschlägen ernst genommen werden will, muß zugleich auch den Mut haben, die Dekkungsmöglichkeiten aufzuzeigen.
    Nach diesem kurzen Überblick über die Probleme des Bundeshaushalts 1965 darf ich mich jetzt den großen Ausgabeblöcken im einzelnen widmen und mich zunächst mit den Sozialausgaben befassen. Auch im sozialen Bereich wurden in den Jahren des Bestehens der Bundesrepublik Leistungen erzielt, mit denen vorher niemand zu rechnen wagte. Das findet im nüchternen Zahlenspiel des Haushalts seinen beredten Ausdruck.
    Eine erfolgreiche Wirtschaftspolitik hat die Gefahr von echter Not und Arbeitslosigkeit praktisch gebannt. Die Ausgaben für Arbeitslosenhilfe im Bundeshaushalt sind von rund 1 Milliarde DM im Jahr 1950 trotz erheblicher Leistungsverbesserungen auf knapp 43 Millionen DM im Haushaltsentwurf 1965 gesunken.
    Demgegenüber sind die Beträge, die der Bund den Trägern der Sozialversicherungen als Zuschüsse zur sozialen Sicherung bei Krankheit, Invalidität, Alter und Tod zahlt, gewaltig gestiegen. 1950 waren es 700 Millionen DM, 15 Jahre später, im Jahre 1965, werden es 12 bis 13mal so viel sein, nämlich 8770 Millionen DM. Diese enorme Steigerung hat dazu beigetragen, den aus dem Erwerbsleben ausgeschiedenen Arbeitnehmern und ihren Hinterbliebenen über die Sicherung der Existenz hinaus einen angemessenen Anteil an der Steigerung des allgemeinen Wohlstandes unseres Volkes zu sichern.
    Entsprechendes ist auch auf dem Gebiet der Kriegsopferversorgung geleistet worden, wofür im Haushalt 1965 ein gegenüber dem Vorjahr um nahezu 300 Millionen DM erhöhter Betrag von rund 5,2 Milliarden DM — ohne Kriegsopferfürsorge — vorgesehen ist. Trotz sinkender Empfängerzahlen und trotz gestiegener Einkommen in weiten Kreisen der Berechtigten, die sich auf eine Reihe von Leistungen mindernd auswirken, ist der Versorgungsaufwand insgesamt und vor allem auch im Einzelfall ständig höher geworden. Die Durchschnittsjahresleistungen für das einzelne Kriegsopfer, die im Jahr 1950 566 DM und zu Beginn dieser Legislaturperiode, 1962, 1364 DM betrugen, werden sich im nächsten Jahr auf 1869 DM erhöhen, das ist mehr als das Dreifache gegenüber 1950. In Wirklichkeit ist der durchschnittliche Versorgungsaufwand jedoch in vielen Fällen wesentlich höher, eine Tatsache, die dadurch überdeckt wird, daß zahlenmäßig starke Kriegsopfergruppen, z. B. Mindergeschädigte, relativ niedrige Bezüge erhalten.
    Dem Kindergeld, das seit dem 1. Juli 1964 voll aus dem Bundeshaushalt aufgebracht wird, kommt besondere Bedeutung zu, nicht nur der Größenordnung nach, sondern vor allem als Beitrag zu einem gerechten Familien- und Lastenausgleich und als Beitrag zur Sicherung der Zukunft unseres Volkes. Hierfür sind rund 2,2 Milliarden DM veranschlagt, über 700 Millionen DM mehr als im Jahr 1964, in dem ein erheblicher Teil der Aufwendungen für
    dritte und weitere Kinder noch von der Wirtschaft aufgebracht wird.
    Für die .genanten Aufwendungen des Bundes für Sozialleistungen im engeren Sinne — dazu gehören vor allem die genannten Zuschüsse an die Träger der Sozialversicherungen, die Arbeitslosenhilfe, das Kindergeld und die Kriegsopferversorgung, darüber hinaus aber auch die Altershilfe für Landwirte, die Hilfsmaßnahmen 'zur wirtschaftlichen und sozialen Eingliederung von Deutschen aus der sowjetisch besetzten Zone sowie die übrigen sozialen Kriegsfolgelasten einschließlich der besonderen Zuschüsse zum Lastenausgleich —, für alle diese Leistungen sind im Haushalt 1965 insgesamt rund 17,5 Milliarden DM veranschlagt, das sind 2 Milliarden DM oder rund 1,5 % mehr 'als dm laufenden Jahr 1964. Die Steigerungsrate während der zu Ende gehenden Legislaturperiode, also gegenüber 1962, beträgt damit über 40 % gegenüber einer Gesamtsteigerung des Haushaltssolls des Bundes in diesem Zeitraum von rund 19 %. Läßt man die durchlaufenden Mittel außer Betracht, dann steigt damit der Anteil der Sozialausgaben im engeren Sinne an den Gesamtausgaben des Bundes von 24.5 % im Jahre 1962 auf 28,1 % im Jahre 1965.
    Insgesamt wind der Bund in den vier Jahren dieser Legislaturperiode 58,7 Milliarden DM für konsumtive Sozialleistungen gewähren. Davon werden 36,5 Milliarden DM — das sind .62 % —.als Zuschüsse zur sozialen Sicherung bei Krankheiten, Alter, Invalidität und Tod sowie für das Kindergeld benötigt, während 22,2 Milliarden DM — das sind 38 % — der Finanzierung unmittelbarer Kriegsfolgelasten, vor allem der Kriegsopferversorgung, dienen. Der Anteil der gesamten Kriegsfolgelasten an den Sozialausgaben ist in Wirklichkeit aber sogar noch wesentlich höher, weil in den Zuschüsen das Bundes an die gesetzlichen Rentenversicherungen auch ein Ausgleich für die erhöhten Risiken liegt, die den Rentenversicherungsträgern durch den Krieg aufgebürdet wurden.
    Ich habe Ihnen diese Zahlen genannt, meine Damen und Herren, damit Sie sich ein eigenes Bild von Ausmaß und Entwicklung der Leistungen des Bundes für 'die soziale Sicherung machen können. Wenn man die Zahlen auf eine kurze Formel bringen will, kann man sagen: Über 1/4 der Ausgaben des Bundes — im Rechnungsjahr 1965 werden es 28 % sein — dienen der sozialen Sicherung im engeren Sinne. Davon betrifft fast die Hälfte soziale Kriegsfolgelasten; bei 'der anderen Hälfte handelt es sich um Zuschüsse zur Sicherung des einzelnen und seiner Familie gegen die Risiken des Lebens, mithin echt um Leistungen für den sozialen Fortschritt. Wenn wir die sozialen Kriegsfolgelasten nicht zu tragen hätten, könnten wir also die Hälfte der sozialen Bundesleistungen für andere Zwecke verwenden und wären damit auch bei der Bereitstellung von Mitteln für weitere soziale Maßnahmen nicht so beengt, wie wir es tatsächlich sind. Trotz dieser schweren Hypothek, die auf unserem Sozialhaushalt lastet, brauchen wir aber auf dem sozialen Sektor den Vergleich mit anderen Ländern der Welt keineswegs zu scheuen.



    Bundesminister Dr. Dahlgrün
    So berechtigt unser Stolz auf dieses Erreichte ist, so dürfen wir doch nicht die Augen vor gewissen Gefahren verschließen, die sich aus folgenden Überlegungen ergeben. Die Aufwendungen des Bundes für die soziale Sicherung sind ganz überwiegend, ja fast ausschließlich nach Grund und Höhe gesetzlich festgelegt. Sie sind damit einer Einflußnahme durch den Haushaltsplan entsprechend den wechselnden konjunkturpolitischen Notwendigkeiten und haushaltsmäßigen Möglichkeiten entzogen. Einige finanziell besonders bedeutsame Sozialgesetze sind zudem so angelegt, daß sie mehr oder weniger automatisch von Jahr zu Jahr immer höhere Bundesleistungen ,erforderlich machen.
    Diese Gefahr, die das Gefüge unseres Haushaltswesens bedroht, ist um so höher zu veranschlagen, als der Bund in verschiedenen Sozialbereichen kraft Gesetzes Garantieträger ist oder sogar ohne weiteres das entstehende Defizit decken muß. Ich denke dabei vor allem an die gesetzlichen Rentenversicherungen der Arbeiter und der Angestellten,

    (Zuruf von der SPD: Hört! Hört!)

    die im Jahr 1967 in den kritischen zweiten Dekkungsabschnitt eintreten werden. Ich denke ferner an den Lastenausgleichsfonds, bei dem der Bund ab 1967 für das Defizit allein haftet.
    Bei der knappschaftlichen Rentenversicherung sowie bei der Altershilfe für Landwirte bestehen im Zusammenhang mit der gesetzlich vorgeschriebenen Defizithaftung des Bundes besonders schwerwiegende haushaltswirtschaftliche Probleme. Der Anteil der das Defizit deckenden Bundeszuschüsse an den Gesamteinnahmen ist bei diesen beiden Einrichtungen schon jetzt derart hoch, daß von „Versicherungen" im eigentlichen Sinne nicht mehr gesprochen werden kann. Noch bedenklicher ist, daß der Bund trotz seiner hohen Leistungen kaum Einwirkungsmöglichkeiten auf die Haushalts- und Wirtschaftsführung dieser Versicherungsträger besitzt, ein Zustand, der meiner Überzeugung nach dringend der Abhilfe bedarf. Denn wenn der Bund schon verpflichtet ist, eine Vorsorgeeinrichtung überwiegend und dazu noch in unbegrenzter Höhe zu finanzieren, sollte ihm auch das Recht zugestanden werden, bei Entscheidungen im finanziellen Bereich ein gewichtiges Wort mitzusprechen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zum Abschluß meiner Ausführungen über den Sozialhaushalt noch folgendes bemerken. Infolge der stürmischen Entwicklung auf dein sozialen Sektor hat der Sozialetat besonders in den beiden letzten Jahren erheblich stärker zugenommen als die Gesamtausgaben des Bundes. Diese Entwicklung kann zu einer Gefährdung des Haushaltsausgleichs, ja sogar zu einem Verlust jeglichen Spielraums für eine bewegliche Haushaltspolitik im Dienste einer konjunkturgerechten Haushaltswirtschaft oder zu einem Verlust der für kritische Situationen notwendigen Handlungsfreiheit führen.

    (Abg. Dr. Schmidt [Wuppertal]: Sehr richtig!)

    Die Bundesrepublik zählt zu den Ländern mit den höchsten Sozialleistungen. Zugleich haben Wohlstand und Lebensstandard unserer Bevölkerung in den vergangenen Jahren ständig zugenommen. Der soziale Fortschritt läßt sich aber nicht — wie dies oft geschieht — ausschließlich daran messen, welchen Umfang die Sozialleistungen der öffentlichen Hand angenommen haben. Auch das, was der einzelne aus eigener Kraft an Vorsorge für Krankheit, Alter und Tod dank der in seinem Lande herrschenden Prosperität zu leisten vermag, muß mit auf die Waagschale gelegt werden, wenn dier soziale Status zutreffend bewertet werden soll. Ich hoffe, Sie sind mit mir in der Feststellung einig, daß ein Land mit einem hohen Lebensstandard, das einen Teil der Vorsorge gegen die Risiken des Lebens der persönlichen Initiative und Verantwortung des einzelnen überläßt, deshalb keineswegs als sozial rückständig bezeichnet werden kann, zumal wenn dieser Teil der Vorsorge mittelbar ebenfalls vom Staat gefördert wird, z. B. über die Steuer.
    Nicht minder schwerwiegende haushaltswirtschaftliche Fragen ergeben sich für das Gebiet der Verteidigung. Die harten Notwendigkeiten, vor die wir in der Weltpolitik gestellt sind, bringen es mit sich, daß die Ausgaben für die militärische und zivile Verteidigung im engeren Sinne mit rund 20,3 Milliarden DM, das ist fast ein Drittel des gesamten Haushaltsvolumens, nach wie vor den größten Ausgabenblock darstellen.
    Schon in der letzten Haushaltsrede habe ich ausgeführt, daß die Finanzkraft des Bundes auch auf diesem Gebiet nicht unerschöpflich ist und daß eine Überspannung die Verteidigungsbereitschaft und die Wirtschaftskraft unseres Volkes in Gefahr bringen kann. Diese Grenzziehung kommt im Haushalt 1965 klar zum Ausdruck. Erstmals seit unserem Eintritt in das Verteidigungsbündnis der freien Welt war eine Erhöhung der Ansätze gegenüber den für das Vorjahr veranschlagten Beträgen nicht möglich.
    Trotzdem braucht die Bundesrepublik auch auf diesem so überaus wichtigen Gebiet dem internationalen Vergleich nicht auszuweichen. In der zu Ende gehenden Legislaturperiode werden sich die Verteidigungsausgaben des Bundes im engeren Sinne insgesamt — also Nettoleistungen ohne Einfuhrabgaben und durchlaufende Mittel — auf etwa 76 Milliarden DM belaufen gegenüber rund 38,5 Milliarden DM Ist-Ausgaben in der vorhergehenden Legislaturperiode. Das bedeutet eine Erhöhung um fast 100 %. Die Erhöhung der Gesamtausgaben des Bundes in diesem Zeitraum, nämlich von 168,5 auf 241 Milliarden DM, wird sich demgegenüber auf weniger als 50 % beschränken, nämlich auf etwa 43 %.
    Einschließlich der Bundeshilfe für Berlin, die nach unserer aller Ansicht als wesentlicher Beitrag zur Verteidigung der Freiheit der westlichen Welt den Verteidigungsausgaben im weiteren Sinn hinzuzurechnen ist, wird die Bundesrepublik infolge der überproportionalen Steigerung der Verteidigungsausgaben in den vergangenen Jahren auch 1965 den höchsten NATO-Beitrag aller europäischen Staaten erbringen, ja hinsichtlich der absoluten Größenordnung nur von den Vereinigten Staaten von Amerika übertroffen werden. Diese Leistung ist um so bemerkenswerter, als sie trotz der hohen finan-



    Bundesminister Dr. Dahlgrün
    ziellen Lasten erbracht werden konnte, die wir als Folge des verlorenen Krieges immer noch zu tragen haben.
    Damit wird eindrucksvoll, so glaube ich, das Bemühen der Bundesregierung um die Wahrung unserer Freiheit und der Freiheit der ganzen westlichen Welt dokumentiert. Dieses Bemühen wird auch künftig einen wesentlichen Teil unserer finanziellen und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit in Anspruch nehmen.
    Im Jahre 1965 werden von den Verteidigungsausgaben des Bundes, die sich auf 20,3 Milliarden DM belaufen, etwa 19,2 Milliarden DM auf die Bundeswehr, 500 Millionen auf die Verteidigungslasten im Zusammenhang mit dem Aufenthalt verbündeter Streitkräfte und 600 Millionen DM auf die zivile Verteidigung entfallen.
    Wenn auch der Gesamtplafond für die Bundeswehr gegenüber dem Vorjahr im wesentlichen gleich geblieben ist, so zeigen sich doch in der Zusammensetzung der Ausgaben bemerkenswerte Änderungen. Der Gesamtbetrag von 19,2 Milliarden DM wird überwiegend, nämlich in Höhe von 10,5 Milliarden DM, zur Deckung laufender Kosten und in Höhe von 8,7 Milliarden DM für Materialbeschaffungen und sonstige Investitionen benötigt. Personalaufwand und Materialerhaltungskosten werden damit gegenüber dem laufenden Jahr nicht unerheblich steigen, während die Ausgaben für Materialbeschaffungen um rund 1 Milliarde DM niedriger veranschlagt sind. Diese strukturelle Änderung des Verteidigungshaushalts läßt erkennen, daß den Jahren eines schnell vorangetriebenen Aufbaus nunmehr die Phase der Konsolidierung folgt, in der das innere Gefüge der Streitkräfte gefestigt und damit die Schlagkraft erhöht wird.
    Für die zivile Verteidigung sind im nächsten Jahr 625,5 Millionen DM vorgesehen. Damit beträgt die Summe der für die Maßnahmen zum Schutz der Zivilbevölkerung in den Bundeshaushalten bisher bereitgestellten Mittel etwa 5 Milliarden DM, wovon allein auf die gegenwärtige Legislaturperiode rund 3 Milliarden DM entfallen. Wesentliche Maßnahmen, wie der Aufbau des Warn- und Alarmdienstes und die Bevorratung mit Arzneimitteln, sind nahezu abgeschlossen. Auf anderen Teilgebieten sollen die bisherigen Anstrengungen zügig fortgesetzt werden.
    Die weitere Behandlung der Notstandsgesetze, deren Entwürfe dem Hohen Hause vorliegen, wird neue Überlegungen darüber erfordern, wie der in der Zukunft ganz erheblich steigende Finanzbedarf der zivilen Verteidigung im Rahmen des Gesamthaushalts bewältigt werden kann. Die Kostenfrage für die Notstandsgesetze wird deshalb ganz eingehend erörtert werden müssen. Bei der Verabschiedung der in ihrer Gesamtheit finanziell so bedeutsamen Vorlagen sind die Auswirkungen dieser Gesetze auf den Bundeshaushalt, auf die Entwicklung der Konjunktur und namentlich auf den Geldwert sorgfältig zu beachten.

    (Bravo! in der Mitte.)

    Die Bundeshilfe für Berlin — Bundeszuschuß und Bundesdarlehen — ist in dem vorliegenden Entwurf des Bundeshaushalts mit 1945 Millionen DM angesetzt, das sind 127 Millionen DM oder 7 % mehr als 1964. Sie wissen, daß die Wünsche Berlins darüber hinausgehen. Die Bundesregierung wird bei den Verhandlungen — wie bisher — die besonderen Bedürfnisse Berlins als Hauptstadt eines freien und ungeteilten Deutschlands und eines kulturellen Zentrums der freien Welt berücksichtigen. Ich bin davon überzeugt, daß wir im Einvernehmen mit dem Senat von Berlin eine Lösung finden, die sowohl den besonderen politischen Verhältnissen Berlins als auch den finanziellen Möglichkeiten des Bundes gerecht wird.
    Auch die Hilfen, die der Bund zum Ausgleich des Berliner Landeshaushalts beisteuert, gehören in der Gesamtschau zu den Leistungen mit überproportionalem Wachstum. Diese Aufwendungen werden bei der Zugrundlegung der Vorschläge der Bundesregierung von insgesamt 4,3 Milliarden DM in der vergangenen Legislaturperiode um fast 67 % auf über 7,2 Milliarden DM in der laufenden Legislaturperiode ansteigen. Zum Vergleich sei wiederholt: Der Gesamtanstieg der Ausgaben des Bundes in diesem Zeitraum macht nur 43 % aus. Das ist ein eindeutiger Beweis, in welchem Ausmaß gerade politische Gesichtspunkte von der Bundesregierung berücksichtigt worden sind.
    Mit diesen bedeutsamen Beträgen hat die Bundesregierung wirksam den Fleiß und den Lebenswillen der Berliner Bevölkerung unterstützt, die sich trotz Insellage und Mauer — dessen sind wir alle gewiß - niemals unterkriegen lassen wird.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Trotz aller Störversuche haben auch die Berliner voll am wirtschaftlichen Aufschwung in der Bundesrepublik teilgenommen. Ihr unbändiger Wille zur Selbstbehauptung in Freiheit ist beispielgebend und richtungweisend für die ganze freie Welt geworden.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Wenden wir uns nunmehr dem Verkehrswesen zu, dem in einem modernen Industriestaat eine ganz besondere Bedeutung zukommt.

    (Sehr wahr! bei der SPD.)

    In Anpassung an das ständig steigende Verkehrsvolumen, vor allem auf dem Gebiet des Straßenverkehrs, sind 1965 für das Verkehrswesen 4,91 Milliarden DM, also annähernd 5 Milliarden DM, an Haushaltsmitteln und zusätzlich — wie im laufenden Jahr — 350 Millionen DM an Krediten vorgesehen. Damit wird der Bund auf dem Verkehrssektor im Jahr 1965 424 Millionen DM mehr zur Verfügung stellen als im Vorjahr. Diese Steigerung um rund 9 0/o liegt also erheblich über der Gesamtzuwachsrate des Haushalts und läßt erkennen, daß die Bundesregierung hier wiederum einen echten Schwerpunkt gesetzt hat.
    Für den Bundesfernstraßenbau, wie ich besonders hervorheben möchte, ist durch das Straßenbaufinanzierungsgesetz, insbesondere durch dessen Neufassung, und durch die darin vorgesehene Zweckbin-



    Bundesminister Dr. Dahlgrün
    dung der Mineralölsteuer eine neue Finanzierungsgrundlage und Finanzierungssicherheit geschaffen worden. Damit ist es ermöglicht worden, ein Straßenbauprogramm für einen längeren Zeitraum zu planen, festzulegen und auch wirklich durchzuführen. Zur Erfüllung des 2. Vierjahresplans für den Ausbau der Bundesfernstraßen, der bis einschließlich 1966 ein Finanzvolumen von 13 Milliarden DM umfaßt, sind im Haushaltsentwurf 1965 Haushaltsmittel des Bundes in Höhe von 3096 Millionen DM sowie 350 Millionen DM Kredite zusätzlich veranschlagt, also insgesamt fast 3,5 Milliarden DM. Das sind rund 530 Millionen DM oder über 18 % mehr als 1964, ein Steigerungssatz, der sogar noch die hohe Zuwachsrate bei den Sozialausgaben übersteigt. Es ist zu hoffen, daß sich infolge der erhöhten Mittel Engpässe nicht wiederholen, wie sie im laufenden Jahr infolge der erfreulich günstigen Witterungsverhältnisse aufgetreten sind. Bisher wurden 183,5 Millionen DM als zusätzliche Mittel im laufenden Jahre 1964 wegen dieser Wetterlage noch zugesagt. Falls noch weitere Mittel fehlen sollten, werden wir prüfen, ob mit Öffa-Mitteln geholfen werden kann.
    Um die Leistungen der Bundesregierung für den Straßenbau jedoch Zutreffend zu würdigen, müssen wir uns vor Augen halten, daß hierfür seit Bestehen der Bundesrepublik bis zum Ende der 3. Legislaturperiode im Jahr 1961, also innerhalb von 12 Jahren, 9,4 Milliarden DM ,ausgegeben wurden, währendallein in den vier Jahren der jetzigen Legislaturperiode rund 12 Milliarden DM zur Verfügung stehen werden. Es ist mir Freude und Genugtuung zugleich, daß es gelungen ist, in dieser Wahlperiode gegenüber der vorhergehenden eine Steigerung der Straßenbaumittel um weit mehr als 100 % zu erreichen. Die Bundesrepublik liegt mit diesen Leistungen auf idem Gebiet ides Fernstraßenbaus an zweiter Stelle in der Welt 'unmittelbar hinter den USA.

    (Hart! Hört! und Beifall in der Mitte.)

    Wenn in früheren Jahren die Mittel nicht in ähnlich großzügiger Weise zur Verfügung gestellt werden konnten, so war es eine zwangsläufige Folge der durch Kriegs- und Nachkriegsverhältnisse verursachten gewaltigen Sonderanforderungen an den Bundeshaushalt. Sie zu erfüllen stand damals im Vordergrund der politischen Notwendigkeiten. Heute können und müssen wir dem Straßenbau einen vorrangigen Platz einräumen.
    Für Ausbau, Betrieb und Unterhaltung der Wasserstraßen ides Bundes sind im Haushaltsentwurf 1965 ebenfalls wieder beträchtliche Mittel bereitgestellt, freilich nur im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmasse.
    Desgleichen wird die Förderung der Luftfahrt einschließlich der Investitionen für die Flugsicherung und der Aufwendungen für die Luftfahrtforschung fortgesetzt.
    Trotz der begrenzten Möglichkeiten, die gerade dieser Bundeshaushalt zuläßt, wird der Bund auch im Jahre 1965 der deutschen Seeschiffahrt seine Hilfe nicht versagen, um einer bedrohlichen und
    existenzgefährdenden Entwicklung im intenationalen Wettbewerb vorzubeugen.
    Für Leistungen des Bundes an die Deutsche Bundesbahn sind im Haushaltsentwurf 926,5 Millionen DM vorgesehen. Unter Einbeziehung des Zins- und Tilgungsdienstes für eine zusätzliche Kapitalaufnahme von 500 Millionen DM werden der Bundesbahn effektiv in 19,65 insgesamt mehr als 1,4 Milliarden DM zugeführt werden. Diese Mittel sollen dazu beitragen, daß die Bundesbahn ihre Rationalisierungsmaßnahmen fortführen kann.
    Es ist ,allerdings nicht zu verkennen, daß die Bundesbahn trotzdem vor allerschwierigsten Problemen steht. Der Wettbewerb der Verkehrsträger stellt hohe Anforderungen. Außerdem werden sich die Lohn- und Gehaltserhöhungen mit einem Mehraufwand von jährlich etwa 500 Millionen DM auswirken. Die Zuwendungen aus dem Bundeshaushalt sind notwendigerweise begrenzt und können auch in diesem begrenzten Umfang keine Dauerlösung sein. Angesichts der wachsenden Belastungen müssen im Zusammenwirken mit dem Vorstand der Deutschen Bundesbahn Wege gefunden werden, die es ihr ermöglichen, ihre wirtschaftliche Lage zu meistern.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Auch bei der Deutschen Bundespost hat die Steigerung der Personal- und Sachkosten eine Zuspitzung der Finanzlage bewirkt. Gebührenerhöhungen, die ab 1. August 1964 in Kraft getreten sind, waren leider unvermeidlich. Es war auch nicht möglich, zur Entlastung der Post auf die gesetzlich festgelegte Ablieferung an den Bundeshaushalt zu verzichten.
    Um die Gebührenerhöhungen in Grenzen zu halten und die Stabilisierung der Finanzlage der Bundespost zu unterstützen, hat sich die Bundesregierung daher zu folgenden Maßnahmen bereit erklärt:
    1. Die Ablieferungen der Bundespost werden für die Jahre 1964 bis 1966 durch das Haushaltsgesetz auf 520 Millionen DM jährlich festgesetzt, obwohl durch Gebührenerhöhung und Verkehrszuwachs nach dem Satz von 62/3 % der Betriebseinnahmen ein erheblich höherer Betrag an den Bund abzuführen wäre.
    2. Der Bund wird in den Jahren 1965 und 1966 außerdem eine Kapitalaufstockung bei der Deutschen Bundespost von je 300 Millionen DM durch Übernahme des Schuldendienstes ermöglichen.
    3. Die Behandlung der Ausgleichsforderungen der Bundespost wird mit dem Ziel einer Entlastung ab 1966 geprüft.
    Die Möglichkeiten zur Sanierung der Bundespost werden abschließend geprüft werden, sobald das Gutachten der eingesetzten Sachverständigenkommission vorliegt.
    Ich komme nun zum Agrarhaushalt, der für das Rechnungsjahr 1965 Ausgabenansätze in Höhe von 4184,9 Millionen DM und Bindungsermächtigungen über 566 Millionen DM umfaßt.
    Wegen der Beschränkung des Ausgaberahmens für den Gesamthaushalt mußte die Bundesregierung



    Bundesminister Dr. Dahlgrün
    auch in den Einzelplan des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten einen Ansatz für Minderausgaben, und zwar in Höhe von 250 Millionen DM, einstellen. Damit kann bei Ausgabenansätzen von rund 4,2 Milliarden DM nur über 3934,9 Millionen DM verfügt werden. Gestatten Sie mir, auf die Frage der Minderausgaben, die nicht nur im Landwirtschaftshaushalt, sondern in einer Vielzahl von Einzelplänen veranschlagt sind, später noch gesondert zurückzukommen.
    Im Rahmen der zur Verfügung stehenden Mittel sollen die — teils im Zusammenwirken mit den Ländern durchgeführten — Förderungsmaßnahmen fortgeführt werden, insbesondere für die ländliche Siedlung, für die Wasserwirtschaft einschließlich Küstenplan und Alpenplan, für den Küstenschutz, für die Gasölverbilligung, für Erschließungsmaßnahmen im Emsland und im Landesteil Schleswig.
    Für die Maßnahmen des Grünen Plans 1965 ist ohne Berücksichtigung etwaiger Kürzungen wiederum ein Globalansatz von 2,5 Milliarden DM veranschlagt, wozu Bindungsermächtigungen in Höhe von 245 Millionen DM — gegenüber 167 Millionen DM im Vorjahr — treten.
    Das Ziel der Bundesregierung, den landwirtschaftlichen Markt ausgeglichen zu halten und damit zugleich die Preisstabilität bei Ernährungsgütern weitgehend sicherzustellen, erfordert im Haushaltsjahr 1965 zusätzliche finanzielle Anstrengungen. Für Bevorratungs- und Marktordnungszwecke (ohne Notstandsmaßnahmen) ist ein Betrag von insgesamt 448,8 Millionen DM und damit gegenüber 1964 eine Ausgabensteigerung um rund 36,2 Millionen DM vorgesehen.
    Ich weiß, meine Damen und Herren. daß die Landwirtschaft unter den gegenwärtigen Verhältnissen vor besondere Aufgaben gestellt ist. Die Hilfestellung des Staates für die Landwirtschaft ist deshalb eine Notwendigkeit, insbesondere um die deutsche Landwirtschaft im supranationalen Raum wettbewerbs- und lebensfähig zu erhalten und die Probleme zu bewältigen, vor die sie nicht zuletzt infolge der fortschreitenden Integration Europas und der damit verbundenen Beseitigung der Zollgrenzen gestellt ist. Die Sorgen und Nöte unserer Landbevölkerung sowie die Schwierigkeiten, mit denen unsere Landwirtschaft in vielen Bereichen zu kämpfen hat, sind der Bundesregierung bekannt. Sie hat deshalb zur Förderung dieses bedeutsamen Zweiges unserer Volkswirtschaft laufend hohe Beträge zur Verfügung gestellt.
    Auch hierzu einige Zahlen. Die Ausgaben im Agrarhaushalt werden von 9,7 Milliarden DM in der letzten auf voraussichtlich 15,5 Milliarden DM in der laufenden Legislaturperiode steigen. Das ist eine Erhöhung um etwa 60 v. H. von einer Legislaturperiode zur andern. Noch stärker ist die Erhöhung bei den Förderungsmaßnahmen für die Landwirtschaft, wie sie in den Grünen Plänen zusammengefaßt sind. Die Gesamtausgaben der Grünen Pläne werden in der jetzigen Legislaturperiode mit 9,4 Milliarden DM fast doppelt so hoch sein wie in der 3. Wahlperiode mit 4,8 Milliarden DM, wobei für 1964 und 1965 die Sollzahlen des Haushaltsplans
    bzw. des Haushaltsplanentwurfs zugrunde gelegt sind. Selbst bei Berücksichtigung der globalen Kürzungen in den Jahren 1964 und 1965 liegt diese Steigerung um fast 100 v. H. (rund 94,5 v. H.) weit über den 43 v. H., um die unsere Gesamtausgaben in diesem Zeitraum gewachsen sind.
    In diesen Zahlen sind noch nicht die überwiegend mittel- und langfristigen Kredite in Höhe von 8,4 Milliarden DM enthalten, deren Aufnahme zu einem tragbaren Zinssatz der Bund in den letzten zehn Jahren der Landwirtschaft durch Zahlung von Zinszuschüssen ermöglicht hat. Die Aufwendungen des Bundes für diese Zinsverbilligung haben im gleichen Zeitraum 763 Millionen DM betragen; für die weitere Laufzeit allein dieser Kredite sind noch Bundeszuschüsse in Höhe von 1,8 Milliarden DM erforderlich.
    Bei Würdigung der finanziellen Leistungen des Bundes muß beachtet werden, daß nach der Finanzverfassung unseres Grundgesetzes in erster Linie die Länder zur Förderung der Landwirtschaft aufgerufen sind. Die Leistungen des Bundes stellen daher weitgehend nur Komplementärmittel zu den Mitteln der Länder dar, die man hinzurechnen muß, um ein vollständiges Bild der Hilfen zu erhalten, die der Landwirtschaft zugute kommen.
    Zu den Ausgaben, die vom Bund ebenfalls weitgehend als Komplementärmittel zu den Mitteln der Länder gewährt werden, gehören auch die Ausgaben für Wissenschaft und Forschung, ein weiterer Schwerpunkt des Haushalts 1965. Bundeskanzler Professor Dr. Erhard hat in seiner Regierungserklärung darauf hingewiesen, welche Bedeutung die geistigen Investitionen haben, wenn Deutschland seinen Rang unter den Völkern behaupten und in Zukunft sichern will. Im Einklang hiermit will die Bundesregierung für das Rechnungsjahr 1965 die Aufwendungen zur Förderung von Wissenschaft und Forschung wiederum wesentlich erhöhen. Die Bundesregierung ist sich darüber im klaren, daß auch hier die verfügbaren Mittel keineswegs ausreichen, allen weitgespannten Wünschen gerecht zu werden.
    Der Bund hat seine jährlichen Aufwendungen für Wissenschaft und Forschung seit 1961 mehr als verdoppelt. Er wird dafür im Jahre 1965 rund 2,3 Milliarden DM bereitstellen. Davon sind etwas über 1 Milliarde DM zentral im Einzelplan des Bundesministeriums für wissenschaftliche Forschung veranschlagt. Das bedeutet wiederum eine Steigerung um 15,4 v. H. gegenüber dem laufenden Jahr 1964.
    Der größte Zuwachs liegt bei den Zuschüssen für den Ausbau der wissenschaftlichen Hochschulen sowie für die Deutsche Forschungsgemeinschaft und die Max-Planck-Gesellschaft und beträgt hier 20 v. H.
    Eine gediegene Ausbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses ist die Voraussetzung für das Gedeihen der deutschen Wissenschaft und Forschung in der Zukunft. Deshalb hat die Bundesregierung zum Ausbau der bestehenden wissenschaftlichen Hochschulen einen Ansatz von 300 Millionen DM ausgebracht, obwohl der Bund nach dem Verwaltungsabkommen, das am 4. Juni 1964 mit den Ländern zur Förderung von Wissenschaft und Forschung abge-



    Bundesminister Dr. Dahlgrün
    schlossen wurde, nur zu einem Zuschuß von 250 Millionen DM verpflichtet ist.
    Mindestens dieselbe Bedeutung kommt der Neugründung von Hochschulen zu. Die Länder haben sich mit Abkommen vom 5. Juni 1964 untereinander zur gemeinsamen Finanzierung des Neubaus von fünf Hochschulen verpflichtet und dem Bund den Beitritt freigestellt, jedoch verbunden mit der Erwartung, daß die Zuwendungen des Bundes zu einer finanziellen Entlastung der Länder führen. Ein Zuschuß unter dieser Bedingung dürfte den Bau neuer Hochschulen jedoch kaum wesentlich fördern. Die Bundesregierung ist deshalb zu einer Beteiligung im Rahmen ihrer hausaltsmäßigen Möglichkeiten nur bereit, wenn durch Änderung des Abkommens sichergestellt wird, daß ein Beitrag des Bundes tatsächlich eine Verstärkung des Wirkungsgrades zur Folge hat. Um dieser Bereitschaft Ausdruck zu geben, hat die Bundesregierung einen Leertitel in den Entwurf des Haushalts eingestellt.
    Für die Förderung der Atomkernenergieforschung und -nutzung sind fast 400 Millionen DM vorgesehen, 62,4 Millionen DM mehr als 1964. Dazu kommen Bindungsermächtigungen in Höhe von 145,4 Millionen DM. Die Ansätze sind damit in dieser Legislaturperiode mehr als verdoppelt, die Bindungsermächtigungen annähernd verdreifacht worden. Die bisherigen Entwicklungen und die neu geschaffenen Forschungseinrichtungen sollen mit nunmehr erhöhtem Aufwand der wissenschaftlichen Forschung dienstbar gemacht werden.
    In der Reaktorenentwicklung ist es vordringlich, die bisher erzielten Ergebnisse jetzt durch den Bau von Demonstrationskraftwerken in die Praxis umzusetzen. Hier beginnen die ersten Früchte zu reifen. Die Erfahrungen in den Demonstrationskraftwerken sollen die Wirtschaft in die Lage versetzen, ohne Beteiligung des Bundes Leistungsatomkraftwerke auf wirtschaftlicher Grundlage zu errichten und zu betreiben und damit die Energieversorgung der Zukunft sicherzustellen.
    Auch der Schwerpunkt der wirtschaftsfördernden Maßnahmen im Einzelplan des Bundesministers für Wirtschaft liegt auf dem Gebiet der Energiewirtschaft. Die Energiepolitik der Bundesregierung war und ist bestrebt, eine zuverlässige Energieversorgung nach freier Auswahl des Verbrauchers sicherzustellen und zugleich für eine geordnete Entwicklung des mit dem Vordringen des Mineralöls verbundenen Strukturwandels auf dem Energiemarkt zu sorgen.
    Zur Erreichung dieser Ziele hat der deutsche Steinkohlenbergbau in den letzten Jahren erhebliche Anpassungshilfen erhalten, die insbesondere der Förderung der Rationalisierung und dem Kohleabsatz dienten. Im Entwurf des Haushalts 1965 sind zur Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit und zur Absatzsicherung der deutschen Kohle neben den bisherigen Maßnahmen neue Ansätze zur Förderung des Baus von Blockheizwerken und Kraftwerken auf Kohlegrundlage vorgesehen.
    Im Bereich des Mineralöls ergab sich angesichts der hier bestehenden Einfuhrabhängigkeit die Notwendigkeit, den deutschen Erdölunternehmen einen Anreiz zur Aufrechterhaltung der deutschen Erdölgewinnung zu geben und ihnen die Umstellung auf die neue Wettbewerbslage zu erleichtern, die nach dem Wegfall des Zolls auf ausländisches Erdöl ab 1. Januar 1964 entstanden ist. Der Bund stellt deshalb den Unternehmen der deutschen Erdölindustrie entsprechend dem vom Bundestag beschlossenen Gesetz zur Umstellung der Abgaben auf Mineralöl im Haushalt 1965 Anpassungsbeihilfen und Darlehen in Höhe von 435 Millionen DM zur Verfügung.
    Trotz der beachtlichen Erfolge der regionalen Wirtschaftsförderung bestehen auch heute noch große Unterschiede in der Wirtschafts- und Sozialstruktur der einzelnen Teile der Bundesrepublik. Dies gilt vor allem für das Zonenrandgebiet, dessen Förderung eine besonders wichtige politische Aufgabe ist. Die Behebung der strukturellen Mängel erfordert weiterhin Hilfen auch aus dem Bundeshaushalt. Wie ich schon vor dem Bundesrat zum Ausdruck gebracht habe, ist der Bundesregierung die Begrenzung gerade dieser Mittel im Haushaltsentwurf 1965 zur Sicherung des Haushaltsausgleichs damals nicht leicht gefallen. Der Vorschlag des Finanzausschusses des Bundesrates, den Ansatz wieder anzuheben, wird daher von der Bundesregierung im Grundsatz begrüßt und im Rahmen der parlamentarischen Haushaltsberatungen sicherlich sehr sorgfältig geprüft werden.

    (Abg. Wehner: Aber draußen reisen schon die Minister herum und sagen, das sei alles schon gesichert! Eine doppelbödige Haushaltspolitik ist das, Herr Minister!)

    Auf dem Gebiet der Wiedergutmachung — —

    (Abg. Wehner: Es steht ja alles in Ihrem Manuskript; Sie brauchen keine Angst zu haben, aus dem Konzept zu kommen!)

    - Bitte schön, Herr Wehner, wenn Sie — —

    (Abg. Wehner: Ich meine nur, Herr Minister, die Minister Ihrer Regierung sagen draußen schon, die Sache sei schon geregelt einschließlich der Nichtdurchführung der Kürzungen für 1964; dann können Sie hier doch nicht so reden, während die anderen sagen, alles sei schon geregelt!)

    — Aber, Herr Wehner, Sie wissen genauso gut wie ich, daß der Entwurf des Bundeshaushalts, der im ersten Durchgang den Bundesrat passiert hat, nicht einfach von mir mit dem Rotstift geändert werden kann, sondern daß das jetzt im Haushaltsausschuß sorgfältig beraten und geprüft werden muß; das wissen Sie doch auch.

    (Beifall in der Mitte.)

    Meine Damen und Herren, auf dem Gebiet der Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts hat das Hohe Haus vor den Parlamentsferien das Dritte Änderungsgesetz zum Bundesrückerstattungsgesetz einstimmig verabschiedet, das nach dem übereinstimmenden Willen aller Fraktionen dieses Teilgebiet der Wiedergutmachung abschließend regelt. Mit der Novelle werden die finanziellen Gesamtaufwendungen des Gesetzes gegenüber der bis da-



    Bundesminister Dr. Dahlgrün
    hin geltenden Fassung um rund 2 Milliarden DM auf insgesamt 4,1 bis 4,2 Milliarden DM steigen.
    Auf dem Gebiet des Entschädigungsrechts liegt dem Hohen Haus der Regierungsenwurf eines Zweiten Änderungsgesetzes zum Bundesentschädigungsgesetz vor, der gleichfalls eine abschließende Regelung bringen soll und dessen finanzieller Mehraufwand mit 3 Milliarden DM angenommen wird.
    Die Bundesrepublik — Bund und Länder — wird bis Ende 1965 an Wiedergutmachungsleistungen im weiteren Sinne insgesamt 30 Milliarden DM gezahlt haben. Dieser Betrag dokumentiert eindrucksvoll, wie ernst das deutsche Volk die Verpflichtung zur Wiedergutmachung nimmt.

    (Beifall.)

    Auf dem Gebiet des Lastenausgleichs hat die vierte Legislaturperiode zwei bedeutsame Novellen, das 16. und das 17. Änderungsgesetz zum Lastenausgleichsgesetz, gebracht. Der finanzielle Mehraufwand allein auf Grund dieser beiden Novellen beträgt — selbstverständlich über die ganze Zeit des Lastenausgleichs gesehen — etwa 6,2 Milliarden DM.
    Im Vordergrund der Bestrebungen der Bundesregierung steht nach wie vor die weitere Beschleunigung der Erfüllung der Ansprüche auf Hauptentschädigung. Insgesamt konnten bisher Hauptentschädigungsansprüche in Höhe von rund 8,8 Milliarden DM befriedigt werden.
    Die bisherigen Leistungen des Lastenausgleichs überhaupt ergeben bis zum ersten Halbjahr 1964 einen Betrag von rund 53 Milliarden DM. Das Lastenausgleichsgesetz stellt sich damit als eines der bedeutendsten Finanzgesetze der Nachkriegszeit überhaupt dar.

    (Abg. Barzel: Sehr wahr!)

    Die erforderlichen Beträge konnten nur durch zunehmende Inanspruchnahme des Kapitalmarktes zur Vorfinanzierung der bestehenden Verpflichtungen aufgebracht werden.
    Lassen Sie mich nunmehr zu den Fragen der Entwicklungshilfe übergehen, der in der Finanzpolitik eine ständig zunehmende Bedeutung zukommt. Der Lebensstandard, den wir in unserem Vaterland erreicht haben, darf uns nicht blind machen für die Probleme der Umwelt. Wir müssen uns mehr und mehr bewußt werden, daß wir nicht nur dort zu helfen haben, wo noch Hunger und Elend herrschen, sondern auch den Völkern beistehen müssen, deren Entwicklungsstand noch Hilfe von außen dringend erforderlich macht. Ohne Lösung dieser Fragen, meine Damen und Herren, kann mit einer friedlichen Entwicklung in der Welt auf die Dauer nicht gerechnet werden.
    Die Hilfen für die weniger entwickelten Gebiete der Welt haben schon in der Vergangenheit ein höchst beachtliches Ausmaß erreicht. Von 1950 bis Ende 1963 haben sich die Nettoleistungen der Bundesrepublik für diesen Zweck auf rund 23 Milliarden DM belaufen; davon sind rund 13 Milliarden DM Leistungen der öffentlichen Hand, die ' sowohl bilateral wie multilateral gegeben werden.
    Im kommenden Jahr werden die Leistungen, die unmittelbar aus Bundesmitteln erbracht werden, den bisher höchsten Stand überhaupt erreichen. Die Baransätze im Einzelplan des Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit werden erstmals der Milliardengrenze nahekommen. Mit rund 940 Millionen DM sind über 220 Millionen DM mehr als im Vorjahr veranschlagt.
    Die hohe Ausgabensteigerung dient in erster Linie dazu, den Berg der offenen Verpflichtungen aus den Vorjahren abzutragen. Diese Verbindlichkeiten werden sich bis Ende dieses Jahres voraussichtlich noch auf 6,8 Milliarden DM belaufen und die finanzielle Bewegungsfreiheit des Bundes in der Zukunft sehr einengen.
    Neben der Bereitstellung öffentlicher Mittel muß in stärkerem Umfang als bisher 'privates Kapital für die Entwicklungsländer verfügbar gemacht werden. Unabdingbare Voraussetzung vermehrter Privatinvestitionen — das möchte ich hier ausdrücklich betonen — sind aber ein ausreichender Schutz gegen ungerechtfertigte Enteignungen und die Gewährleistung des Transfers.
    Die Bundesrepublik ihrerseits gewährt den deutschen Unternehmern für Investitionen in den Entwicklungsländern steuerliche Vergünstigungen und in geeigneten Fällen auch Bundesgarantien. Auf diesem Wege leistet die Bundesrepublik einen weiteren Beitrag zur Entwicklungshilfe, der mir für eine dauerhafte Wirkung besonders geeignet erscheinen will.
    Auch die Ermächtigungen zur Übernahme von Bürgschaften und Gewährleistung für die Ausfuhrförderung und für die Absicherung von Risiken aus Liefergeschäften mit dem Ausland, aus Finanzkrediten an 'ausländische Schuldner und aus Kapitalanlagen im Ausland kommen überwiegend den Entwicklungsländern zugute. Der Ermächtigungsbetrag, der sich auch im kommenden Jahr auf 25 Milliarden DM beläuft, war 'bis Mitte dieses Jahres schon mit etwa 20 Milliarden DM in Anspruch genommen.
    Die Bedeutung dieser Garantieverpflichtungen darf nicht unterschätzt werden. Wenn ,der Bund in der Vergangenheit aus diesen Sicherheitsleistungen nur selten hat antreten müssen, so nur deswegen, weil er sich in der letzten Zeit vermehrt an Umschuldungsaktionen beteiligt hat, um drohende Schäden rechtzeitig abzuwenden. Die sich anhaltend verschlechternde Devisenlage sehr vieler Entwicklungsländer wirft aber Probleme auf, deren finanzielle Auswirkungen auch noch nicht im entferntesten geschätzt werden können. Angesichts der Vorstellungen der Entwicklungsländer, die diese auf der Genfer Welthandelskonferenz zur Geltung gebracht haben, fühle ich mich verpflichet, auch an dieser Stelle in aller Offenheit zu sagen, daß mit illusionären und unerfüllbaren Vorschlägen niemandem geholfen ist, am wenigsten den Entwicklungsländern.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Meine Damen und Herren, es würde den Rahmen einer Haushaltsrede sprengen, wenn ich auf alle Ansätze des Haushalts eingehen wollte. Es lag mir



    Bundesminister Dr. Dahlgrün
    daran, Ihnen die finanzpolitisch bedeutsamsten Schwerpunkte der Regierungsarbeit aufzuzeigen und in diesem Rahmen einen Überblick über das bisher Geleistete zu geben, das zugleich Richtschnur für das in der Zukunft zu Bewältigende ist.
    Gestatten Sie mir jedoch in diesem Zusammenhang noch ein kurzes Wort zum Besoldungs- und Versorgungswesen im öffentlichen Dienst. Trotz der ständig steigenden Anforderungen an den Bundeshaushalt hat es sich die Bundesregierung auch in dieser Legislaturperiode angelegen sein lassen, die Bediensteten und Versorgungsempfänger des Bundes am wachsenden Wohlstand angemessen zu beteiligen. 'Durch eine Reihe von Gesetzen sind die Einkommensverhältnisse und die Einordnung in das Sozialgefüge für diesen Personenkreis verbessert worden. Die Bundesregierung weiß, daß das Funktionieren unseres sozialen Rechtsstaates ohne die hingebungsvolle und treue Arbeit aller Angehörigen des öffentlichen Dienstes nicht möglich ist.
    Auch künftig gebührt der Besoldungs- und Lohnsituation der Angehörigen des öffentlichen Dienstes besondere Aufmerksamkeit. Es liegt mir dabei am Herzen, daß Bund und Länder sich gerade auf diesem Gebiet zu einheitlichem Vorgehen zusammenfinden. In der Vergangenheit gab es hier beklagenswerte Diskrepanzen. Im Interesse der inneren Gerechtigkeit ist es meiner Überzeugung nach unabdingbar notwendig, die Einheitlichkeit des Besoldungsgefüges in Bund, Ländern und Gemeinden sicherzustellen und zugleich die Frage der Angleichung der Vergütungen an die wirtschaftliche Entwicklung aus den politischen Auseinandersetzungen herauszuhalten und sie zu versachlichen.
    Ich komme nun zur Deckungsseite des Haushalts. Ich habe bereits darauf hingewiesen, daß die sachlich berechtigten Mehranforderungen den Ausgabenzuwachs weit übersteigen. Nach Abschluß der Haushaltsverhandlungen beliefen sich die als begründet anzuerkennenden Anforderungen insgesamt noch auf 65,2 Milliarden DM. Damit lag der Ausgabebedarf um etwa 1,2 Milliarden DM — genau 1243 Millionen DM — über den zur Verfügung stehenden Deckungsmitteln von 63,9 Milliarden DM. Gezielte Kürzungen waren bei bestimmten Einzelansätzen in dieser Größenordnung unmöglich. Deshalb mußten in entsprechender Höhe Minderausgaben vorgesehen werden. So unschön diese Maßnahme ist, sie war nicht zu vermeiden.
    Minderausgaben in Höhe von 1,2 Milliarden DM fallen nicht vom Himmel und kommen nicht von selber, vor allem dann nicht, wenn wie im vorliegenden Haushaltsentwurf bei der Beurteilung aller neuen Anforderungen ein scharfer Maßstab angelegt worden ist. Um die Erwirtschaftung einer zum Ausgleich des Haushalts veranschlagten Minderausgabe sicherzustellen, wurde in der Vergangenheit immer ausschließlich eine lineare Kürzung oder Sperre der nicht durch Rechtsverpflichtung gebundenen Ansätze um einen bestimmten Prozentsatz verfügt. Selbst wenn es dabei zu Bewirtschaftungserleichterungen gekommen ist oder solche Bewirtschaftungserleichterungen zugelassen waren, führt aber eine lineare Kürzung oder Sperre wie jede pauschale Maßnahme
    häufig zu Unzuträglichkeiten und Härten, da die Kürzung zunächst ohne Rücksicht auf Vordringlichkeit und Bedarf durchgeführt wird. Die lineare Kürzung kann deshalb 'immer nur letzter Notbehelf sein, der, soweit irgend möglich, durch gezielte Kürzungen bei bestimmten Ansätzen ersetzt werden sollte. Aber auch gezielte Kürzungen bei der Aufstellung des Haushalts scheitern — namentlich bei einer ohnehin knappen Veranschlagung — häufig daran, daß sich weitgehend erst bei der Durchführung des Haushalts herausstellt, wie die notwendigen Einsparungen am ehesten mit den sachlichen Notwendigkeiten in Einklang zu bringen sind.
    Der Nachteil der Starrheit der Haushaltsführung, der sich infolge solcher gezielter Kürzungen ergeben kann, und der Nachteil einer pauschalen Behandlung durch lineare Kürzungen lassen sich dadurch mindern, daß der Haushaltsausgleich durch Einstellung globaler Minderausgaben in den Einzelplänen sichergestellt wird. Eine pauschale Behandlung wird damit weitgehend vermieden und eine flexible Wirtschaftsführung innerhalb eines Ressorts erleichtert. Bei der Durchführung des Haushalts kann unter Berücksichtigung des Bedarfs z. B. jeweils zeitnah festgelegt werden, bei welchen Ansätzen die Minderausgabe herausgewirtschaftet wird und bei welchen das unmöglich ist. Hierin liegt ein nicht zu unterschätzender Vorteil gegenüber gezielten Kürzungen bei Aufstellung und Verabschiedung des Haushalts.
    Die Minderausgaben, die in 12 Einzelplänen veranschlagt sind, belaufen sich auf insgesamt 651 Millionen DM. Nach ihrer Berücksichtigung verbleibt aber immer noch eine Deckungslücke von 592 Millionen DM, die nur durch Veranschlagung einer globalen Minderausgabe im Einzelplan 60 geschlossen werden konnte. Das ließ sich nicht ändern. Durch Bewirtschaftungsmaßnahmen allein ist aber eine Minderausgabe in dieser Höhe nicht zu erreichen, zumal für weitere Kürzungsmaßnahmen diejenigen Einzelpläne ausscheiden müssen, bei denen aus Deckungsgründen bereits eine besondere Minderausgabe veranschlagt ist. Deshalb muß notgedrungen die allgemeine 5%ige Kürzung der nicht auf Rechtsverpflichtung beruhenden Ausgaben auch in diesem Haushaltsgesetz wiederholt werden, die schon für den laufenden Haushalt 1964 gilt.
    Dem verbleibenden Deckungsbedarf von 63 945 Millionen DM stehen ordentliche Einnahmen, wozu Steuern und Verwaltungseinnahmen zählen, in Höhe von 61 699 Millionen DM gegenüber. Der Restbetrag von 2,25 Milliarden DM muß im außerordentlichen Haushalt gedeckt werden. Dieser Betrag, der im Wege des Kredits beschafft werden soll, entspricht etwa dem Ansatz des laufenden Jahres.
    Während in den vergangenen Legislaturperioden der Bedarf des außerordentlichen Haushalts im wesentlichen aus steigenden Mehreinnahmen finanziert werden konnte, mußte der Bund seit 1962 dazu übergehen, seinen außerordentlichen Haushalt durch Kreditaufnahmen zu decken. Diese Finanzierung von Haushaltsausgaben, die den Steuerzahler im gegenwärtigen Zeitpunkt entlastet, hat jedoch — das möchte ich hervorheben — ihre Grenzen ein-



    Bundesminister Dr. Dahlgrün
    mal in der Leistungskraft des Kapitalmarktes an sich, zum anderen aber auch in den konjunkturpolitischen Notwendigkeiten ebenso wie in der Höhe der Rückzahlungsverpflichtungen, die auf keinen Fall die Leistungskraft der Haushalte späterer Jahre übersteigen dürfen.
    Im Jahre 1964 ist der Bund bei der Finanzierung seines Kreditbedarfs auf Schwierigkeiten gestoßen, weil infolge der Ankündigung einer Kapitalertragsteuer auf festverzinsliche Wertpapiere für Gebietsfremde der Kapitalmarkt für Anleihen der öffentlichen Hand weniger aufnahmefähig geworden war. Die Kapitalertagsteuer für Gebietsfremde, über die das Hohe Haus auf Grund der von der Bundesregierung eingebrachten Gesetzesvorlage demnächst zu beschließen haben wird, soll einem konjunktur-
    und währungspolitisch gleichermaßen unerwünschten Kapitalzustrom aus dem Ausland entgegenwirken. Von dem gesamten Kapitalimport in die Bundesrepublik entfällt der größte Anteil zur Zeit auf den Erwerb inländischer Anleihen. Die ausländischen Nettokäufe sind in den letzten Jahren sprunghaft gewachsen, von 170 Millionen DM im Jahr 1961 über 750 Millionen DM im Jahr 1962 auf mehr als 2 Milliarden DM im Jahr 1963. Die Gefahren, die aus der Geldfülle für die innere Preisstabilität und die Währung der Bundesrepublik drohen können, liegen auf der Hand.
    Ich darf an dieser Stelle betonen, daß es für den Finanzminister, der für den Haushalt und seine Bedienung verantwortlich ist, viel einfacher gewesen wäre, den Haushalt 1964 zu finanzieren, wenn der Kapitalzustrom aus dem Ausland durch die Ankündigung dieser Steuer nicht gebremst worden wäre. Wenn das Bundeskabinett sich dennoch für die Einführung dieser Steuer ausgesprochen hat, so deshalb, weil die konjunkturpolitischen und währungspolitischen Gesichtspunkte in der wirtschaftlichen Situation, in der wir uns noch befinden, den Vorrang vor den fiskalischen Interessen des Bundes haben müssen.
    Der Bund hat die Einschränkung seiner Kreditmöglichkeiten bei der Durchführung des Haushalts 1964 bewußt in Kaufgenommen und aus seiner konjunktur- und währungspolitischen Verantwortung heraus ein echtes Opfer gebracht. Wenn er 1965 seine Kreditnachfrage trotz insgesamt gestiegener Ausgaben im Vorjahresrahmen, also im Rahmen des Jahres 1964, hält, so will er damit zur Schonung des Kapitalmarktes beitragen. Das ist nach dem weitgehenden Ausbleiben Ides unerwünschten Zustroms von Auslandskapital dringend geboten. Als die Anleihestücke aus Auslandsbesitz in beträchtlichem Umfang auf den Markt kamen, hat der Bund in Wahrung der berechtigten Interessen der Sparer und kapitalanlegenden Institutionen das Überangebot vermindert und hierfür nicht unerhebliche Mittel bereitgestellt.
    Meine Damen und Herren! Die Erwähnung von Fragen der Steuerpolitik im Zusammenhang mit den Deckungsüberlegungen zum Jahreshaushalt zeigt, wie innig die Probleme der Haushaltspolitik und der Steuerpolitik verzahnt sind. Diese wechselseitige Abhängigkeit macht es notwendig, im Rahmen der
    Haushaltsrede auch atlf die drängenden Probleme der Steuerpolitik einzugehen, wenigstens ganz allgemein.
    Von der Höhe und der Zusammensetzung der Steuerbelastung gehen weitreichende Einflüsse aus, die ständig auf ihre ökonomischen und soziologischen Wirkungen 'überprüft werden müssen. Im kommenden Jahr werden die Steuereinnahmen von Bund, Ländern und Gemeinden erstmals die Grenze von 100 Milliarden DM übersteigen und mit rund 105 Milliarden DM um knapp 6 Milliarden DM oder rund 6 % höher liegen als das für 1964 erwartete Steueraufkommen. Bezogen auf das Bruttosozialprodukt ergibt sich daraus eine Steuerbelastungquote von etwa 23,6 % gegenüber 24,2 % im Jahr 19.64. Diese Verminderung des 'steuerlichen Entzugseffekts um voraussichtlich 0,6 Punkte ist eine lerfreuliche Folge der von der Bundesregierung beschlossenen Steuersenkungsmaßnahmen. Trotzdem darf nicht unerwähnt bleiben, daß auch eine Steuerbelastungsquote von 23,6 % im Vergleich zu den meisten anderen Ländern der westlichen Welt noch verhältnismäßig hoch ist. Deshalb muß es nachhaltiges Ziel der Steuerpolitik der Bundesregierung sein, die von dieser 'hohen Steuerquote ausgehenden Lastwirkungen in ‘einer Weise zu lenken, die den ökonomischen und gesellschaftspolitischen Bedürfnissen Rechnung trägt.
    Die Steuergesetzgebung in der gegenwärtigen Legislaturperiode ist einerseits durch das Bestreben gekennzeichnet, bei Verbesserungen in Einzelheiten im Grundsatz an bewährten Regelungen festzuhalten. Andererseits lassen die von der Bundesregierung eingeleiteten steuerpolitischen Maßnahmen jedoch auch den Mut zu tiefgreifenden Reformen erkennen.
    Ich nenne hier nur den Entwurf des Mehrwertsteuergesetzes, der eine grundlegende Umsatzsteuerreform durch Einführung einer Nettoumsatzsteuer vorsieht.
    Ferner möchte ich das Bewertungsgesetz hervorheben. Die letzte Feststellung der Einheitswerte des Grundbesitzes liegt fast 30 Jahre zurück. Die von Jahr zu Jahr größer werdenden Verzerrungen der Wertverhältnisse — vor allem im Verhältnis zu den zeitnah bewerteten Vermögenswerten — können mit dem Gebot der steuerlichen Gerechtigkeit nach dem Grundgesetz kaum noch länger vereinbart werden.
    Eine sinnvolle Lösung der Fragen, die sich aus der Neubewertung des Grundbesitzes für die vom Einheitswert abhängigen Steuern ergeben, ist aber erst dann überhaupt möglich, wenn wieder objektiv richtige und zeitnahe Einheitswerte zur Verfügung stehen und wenn das Ergebnis der Neubewertung statistisch übersehbar ist. Es wird mit eines der wichtigsten Ziele einer umfassenden Finanzreform sein müssen, hier die richtigen Maßstäbe zu setzen.
    Schließlich hat die Bundesregierung die Reform der Abgabenordnung in Angriff genommen. Erste Gesetzentwürfe hierzu liegen Ihnen bereits vor.
    Ziele der Steuerpolitik der Bundesregierung sind nach wie vor eine gerechte Verteilung der Steuer-



    Bundesminister Dr. Dahlgrün
    last, eine möglichst wettbewerbsneutrale Besteuerung und eine bessere Grundlage für die Steuerharmonisierung im Gemeinsamen Markt. Zugleich soll mit den von mir eben genannten Reformgesetzen auch schwerwiegenden Bedenken verfassungsrechtlicher Art begegnet werden. Es erscheint mir dringend erwünscht, ja notwendig, insbesondere die Umsatzsteuerreform sowie das Bewertungsgesetz noch in dieser Legislaturperiode zu verabschieden. Da beide Gesetzentwürfe in den Ausschüssen dieses Hohen Hauses nach der grundsätzlichen Seite bereits weitgehend durchberaten sind, wäre die Verabschiedung meiner Ansicht nach auch technisch möglich.
    Die hohe Steuerlastquote in der Bundesrepublik Deutschland, auf die ich schon hingewiesen habe, ist insbesondere als Folge der progressiven Wirkung des Einkommensteuertarifs von 21,7% des Bruttosozialprodukts im Jahr 1958 auf 24,2 % im Jahr 1964 gestiegen. Da die Wirtschaft weiter wächst und mithin auch die Einkommen steigen werden, muß sich diese Entwicklung fortsetzen, wenn ihr nicht im Wege einer Anpassung des Einkommensteuertarifs an die veränderten Einkommensteuerverhältnisse, also durch Steuersenkungsmaßnahmen, Einhalt geboten wird. Ich weiß jedoch, daß die öffentliche Hand noch gewaltige Aufgaben zu erfüllen hat und daß deshalb der Staat am Wachstum der Volkswirtschaft auch in Form höherer Steuereinnahmen teilhaben muß. Die Bürger eines modernen Staates, die mit Recht vom Staat immer mehr und bessere Straßen, die mit Recht vom Staate Krankenhäuser, Schulen, Universitäten, Sportstätten usw. fordern, diese auf eine bessere öffentliche Leistungsdarbietung eingestellten Staatsbürger müssen sich aber darüber klar sein, daß ein höherer Lebensstandard eben auch höhere Kosten verursacht. Ich glaube deshalb nicht, daß der Staat auf den Zuwachs ganz verzichten kann, wenn er den an ihn gestellten Anforderungen gerecht werden will. Daher läßt die vorgesehene Steuersenkung auch dem Staate noch das Seine. Der Staat soll aber nicht — von Ausnahmezeiten abgesehen — einen zu großen Anteil von diesem Wachstum für sich in Anspruch nehmen; denn was er zuviel nimmt, wird der Wirtschaft und dem Verbraucher vorenthalten. Die von der Bundesregierung vorgeschlagene Einkommensteuersenkung ist deshalb auch aus staats- und gesellschaftspolitischen Gründen notwendig, um den überdurchschnittlichen Zuwachs der Einnahmen aus der Einkommensteuer angemessen zu dämpfen und damit zugleich den Zuwachs der Ausgaben der öffentlichen Hand in den gebotenen Grenzen zu halten.
    Auf Einzelheiten der Steuersenkungsmaßnahmen des Steueränderungsgesetzes 1964 einzugehen, erübrigt sich heute. Hierzu wird hinreichend Gelegenheit bei der zweiten und dritten Lesung sein, die in der nächsten, spätestens aber übernächsten Woche stattfinden müssen, wenn das Gesetz rechtzeitig zum 1, Januar in Kraft treten soll.
    Die Fülle weiterer Vorhaben bei den Einzelsteuern und im allgemeinen Steuerrecht sämtlich aufzuzählen, möchte ich mir ersparen.
    Die Bundesregierung wird auch weiterhin um eine Steuerpolitik bemüht bleiben, die sich in den Rah. men ihrer allgemeinen Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik sinnvoll einfügt und zur weiteren Integration mit den freien Staaten der Welt beiträgt. Die Steuerlastquote muß trotz aller dringenden Staatsaufgaben auf einer Grenze gehalten werden, die der privatwirtschaftlichen Initiative genügend Antrieb und Entfaltungsmöglichkeiten verleiht und die die Vermögensbildung aller Schichten der Bevölkerung fördert und sichert. Eine Steuerpolitik, die diese Ziele nicht aus dem Auge verliert, festigt das Verantwortungsbewußtsein und die Verantwortungsbereitschaft des einzelnen und erhält damit die Grundlagen unserer freiheitlichen Gesellschaftsordnung.
    Das Bestreben, die Steuerbelastung in Grenzen zu halten, kann jedoch nur Erfolg haben, wenn einmal die Ausgabenpolitik auf allen Ebenen unseres Gemeinwesens — Bund, Länder und Gemeinden — hierauf gebührend Rücksicht nimmt, zum anderen die Steuereinnahmen durch eine erfolgreiche Finanzreform auf die verschiedenen Träger öffentlicher Aufgaben so verteilt werden, daß Überfluß an einer Stelle bei gleichzeitigem Mehrbedarf an anderer Stelle vermieden wird. Die Mittel müssen — das ist das Idealziel — immer dort zur Verfügung stehen, wo sie aus einer Gesamtsicht heraus wirklich am nötigsten gebraucht werden.
    In den Beziehungen zwischen Bund und Ländern hat sich mit der Verständigung über die Neufestsetzung des Bundesanteils an der Einkommen- und Körperschaftsteuer und über die damit verbundene abschließende Regelung und Verteilung der Kriegsfolgelasten das Klima eingestellt, in dem die überaus schwierige Aufgabe einer Reform unserer Finanzverfassung erfolgversprechend in Angriff genommen werden kann.
    Zur Vorbereitung der notwendigen gesetzgeberischen Maßnahmen hat Bundeskanzler Professor Erhard am 20. März 1964 gemeinsam mit den Ministerpräsidenten der Länder eine unabhängige Sachverständigen-Kommission für die Finanzreform eingesetzt, die eine Bestandsaufnahme über die Wirkungen der in der Bundesrepublik geltenden Finanzverfassung und — darauf aufbauend — Vorschläge für die Finanzreform erarbeiten soll. Die Kommission hat unmittelbar nach ihrer Einsetzung die Arbeit aufgenommen und sie in der Zwischenzeit tatkräftig gefördert.
    Die gesetzliche Neuregelung des bundesstaatlichen Finanzausgleichs nach Vorliegen des Gutach. tens wird eine der wichtigsten, zugleich aber auch schwierigsten Aufgaben der nächsten Legislaturperiode sein. Der g e mein s a m e Entschluß von Bund und Ländern, das „heiße Eisen" einer Finanzreform anzupacken, die g e m e ins a m e Einsetzung der Kommission durch den Bund und die Länder und das positive Echo, das die Einsetzung der Kommission bei allen Fraktionen dieses Hohen Hauses gefunden hat, lassen mich hoffen, daß die für das Gelingen der Reform notwendige Atmosphäre verständnisvoller Zusammenarbeit bei der späteren gesetzgeberischen Verwirklichung Früchte tragen wird.



    Bundesminister Dr. Dahlgrün
    Die Finanzreform berührt in erster Linie die Einnahmeseiten des Haushalts der verschiedenen öffentlichen Aufgabenträger, die besser als bisher miteinander in Einklang gebracht, also gewissermaßen harmonisiert werden müssen. Damit eng zusammen hängt jedoch die Klarstellung der Aufgaben- und Ausgabenzuständigkeiten, für die die Deckungsmittel zur Verfügung gestellt werden. Diese Klarstellung ist nötig, wenn man Finanzpolitik — Haushalts- und Steuerpolitik — nicht nur für den Tag, sondern vorausschauend auch für die Zukunft betreiben will.
    Die Vorarbeiten für eine längerfristige Finanzplanung, die der Herr Bundeskanzler in der Regierungserklärung vom 18. Oktober 1963 angekündigt hat, sind im Bundesfinanzministerium in Angriff genommen worden. Die ersten Erkenntnisse über die finanziellen Möglichkeiten des Bundes für die nächsten Jahre sind in dem Ihnen vorliegenden Finanzbericht 1965 ausgewertet. Auf das zum Schluß angefügte Kapitel (Anlage 6) möchte ich das Hohe Haus besonders aufmerksam machen.
    Die vorläufigen Ergebnisse sollten uns allen sehr zu denken geben. Sie zeigen deutlich den sehr geringen Umfang der beeinflußbaren Finanzmasse im Haushalt des Bundes, die nach Abzug der durch rechtliche Verpflichtungen und internationale Bindungen feststehenden und der durch politische Entscheidungen und Bindungen festliegenden Ausgaben verbleibt.
    Vor gut vier Jahren haben Sie, Herr Kollege Schoettle, anläßlich der Verabschiedung des Haushalts 1960 beklagt, daß rund 80 % des gesamten Haushaltsvolumens durch gesetzliche oder sonstige Vorentscheidungen festgelegt und einer Einflußnahme durch Haushaltsgesetzgeber und Bundesregierung entzogen seien. Meine Damen und Herren, sosehr diese Klage schon damals berechtigt war, — ich wäre heute froh und glücklich, wenn mir im Haushalt des Bundes noch 20 % der Finanzmasse echt für eine aktive Konjunkturpolitik und für neue, wichtige Vorhaben zur Verfügung stünden.

    (Beifall in der Mitte.)

    Tatsächlich ist der Spielraum für derartige Maßnahmen in den letzten Jahren immer enger geworden. Die „Zwangsläufigkeiten" im Bundeshaushalt, die der damalige Bundesfinanzminister Etzel bei der Einbringung des Haushalts 1961 schon mit 85 % angeben mußte, belaufen sich nach meinem Bericht an den Bundestag vom 22. Juni dieses Jahres für den laufenden Haushalt 1964 auf rund 90%. Für 1965 wird sich dieser Prozentsatz infolge der überproportionalen Steigerungsraten bei den rechtlich gebundenen Ansätzen, namentlich den Sozialausgaben, noch weiter erhöhen. Selbst der noch nicht gebundene, im Verhältnis zum Gesamtvolumen fast zu bescheidene Anteil an den Haushaltsausgaben ist aber, wie Sie alle wissen, nicht beliebig der Disposition zugänglich, da hieraus staatspolitisch so wichtige Aufgaben wie die allgemeinen Wirtschaftsförderungsmaßnahmen einschließlich der Maßnahmen der Landwirtschaftsförderung und weite Bereiche der Förderungsmaßnahmen für Wissenschaft und Forschung zu decken sind.
    Diese Entwicklung kann uns alle — ich darf das hier einmal hervorheben — nur mit größter Sorge erfüllen. Falls wir nicht in einer haushaltspolitischen Sackgasse enden wollen, falls wir nicht wollen, daß sich die Haushaltsberatungen vielleicht einmal ausschließlich auf die Berechnung des Kassenbedarfs beschränken und künftig echte Entscheidungen des Etatgesetzgebers nur auf politisch weniger bedeutsamen Gebieten wie z. B. bei Stellenbewilligungen getroffen werden können, müssen wir alle, die Bundesregierung und auch das Parlament, bestrebt sein, den Anteil der Vorbelastung des Haushalts durch rechtliche Bindungen zurückzudrängen, auf keinen Fall aber noch weiter anschwellen zu lassen.
    Bei neuen Gesetzesvorhaben genügt es deshalb nicht, nur die Auswirkungen auf das laufende Rechnungsjahr festzustellen. Viel wichtiger ist meiner Ansicht nach die Prüfung, ob für die Mehraufwendungen auch in den künftigen Rechnungsjahren noch Deckung gefunden werden kann. Das gilt vor allem für Gesetzentwürfe, die erst im Laufe eines Jahres in Kraft treten und den Bundeshaushalt im laufenden Haushaltsjahr nicht mehr mit den vollen Mehraufwendungen belasten, desgleichen für Gesetzentwürfe, die erst in der Zukunft — dann aber zwangsläufig — zu erhöhten Mehraufwendungen führen. Nur so läßt sich vermeiden, daß wir durch die Gesetzgebung der Gegenwart in kommenden Haushaltsjahren in größte Schwierigkeiten geraten und uns festfahren.
    Die in den Finanzbericht 1965 erstmals aufgenommene Darstellung soll die Beurteilung der künftigen Möglichkeiten des Haushalts erleichtern und dazu beitragen, daß eine Entscheidung über die Rangordnung der insgesamt zu erfüllenden Aufgaben entsprechend der ihnen zukommenden Dringlichkeit getroffen werden kann.
    Der geringe Anteil der echt beeinflußbaren Finanzmasse am Haushaltsvolumen des Bundes in Gegenwart und Zukunft zeigt im übrigen die Grenzen auf, die einer aktiven Konjunkturbeeinflussung allein mit Hilfe des Bundeshaushalts gezogen sind. Die Wirksamkeit einer konjunkturpolitischen Beeinflussung über die Gestaltung der öffentlichen Haushalte kann nur dadurch gesteigert werden, daß die Haushalte der anderen öffentlichen Aufgabenträger — Länder und finanziell bedeutsame Gemeinden — in den Kreis längerfristiger Haushaltsüberlegungen einbezogen werden. Die Bundesregierung strebt deshalb an, in der Frage einer gemeinsamen konjunkturgerechten Haushaltspolitik zu einem freiwilligen Zusammenwirken mit den Ländern in dem Geist gemeinsamer Verantwortung für das Ganze und im Geist guter Partnerschaft zu gelangen. Ich glaube, daß erste Schritte im Rahmen eines ständigen Arbeitskreises bereits getan sind, zu dem sich die Leiter der Haushaltsabteilungen der Finanzministerien des Bundes und der Länder am 15. Juli 1964 konstituiert haben.
    Die Forderung nach längerfristigen Haushaltsüberlegungen steht in einem engen Zusammenhang mit dem Anliegen einer Reform unseres Haushaltswesens überhaupt.



    Bundesminister Dr. Dahlgrün
    Die Reichshaushaltsordnung aus alter Zeit, mit der man eigentlich moderne Finanz- und Steuerpolitik nicht machen kann, entspricht weithin nicht mehr den neuzeitlichen Anforderungen. In den letzten Jahren sind schon einige wichtige Grundsätze des Haushaltsrechts in den Haushaltsgesetzen entwickelt worden. Wir mußten das tun, weil uns gar kein anderer Weg blieb. Aber Haushaltsgesetze gelten nur für ein Jahr. Die darin liegende rechtliche Unsicherheit läßt eine baldige Kodifikation der heutigen Haushaltswirklichkeit entsprechend der wirtschaftlichen Entwicklung erwünscht erscheinen. Die Überlegungen, die Haushalte der öffentlichen Hand entsprechend zu gestalten, erfordern darüber hinaus eine grundlegende Reform des Haushaltswesens nach modernen finanzwirtschaftlichen Grundsätzen.
    Schließlich ist bei dem Volumen, der Vielfalt der Aufgaben und insbesondere den Auswirkungen der öffentlichen Haushalte auf die gesamtwirtschaftliche Entwicklung eine ständige und zeitnahe Beobachtung des eigentlichen Haushaltsablaufs erforderlich. Die dafür notwendige schnellere und aussagefähigere Berichterstattung läßt sich ohne eine umfassende organisatorische und technische Reform des derzeitigen Kassen- und Rechnungswesens aber auch nicht verwirklichen.
    Eine moderne Haushaltswirtschaftsordnung und ein leistungsfähiges Kassenwesen können ebenso wie die Reform unserer Finanzverfassung nun einmal nur im Zusammenwirken zwischen Bund und Ländern entwickelt werden. Mit den sich hieraus ergebenden Fragen ist der bereits erwähnte neu gegründete Arbeitskreis der Haushaltsabteilungsleiter ebenfalls befaßt. Unterausschüsse des Arbeitskreises werden Vorschläge für eine umfassende Reform ausarbeiten.
    Die Arbeiten an der Reform werden schwierig und langwierig sein. Zur Zeit sprechen wir mit den Ländern darüber, ob wir deshalb diese Aufgabe nicht in Etappen verwirklichen sollten, d. h. ob es vordringliche Probleme gibt, die heute schon für eine Lösung reif sind. Wenn Bund und Länder sich darüber einig sind, könnte man sie vorziehen und noch in dieser Legislaturperiode im Rahmen einer Novelle zur Reichshaushaltsordnung vorweg behandeln. Wenn das nicht geht, ist zu prüfen, ob wir sämtliche Fragen später in dem großen Gesetzgebungswerk einer neuen Haushaltswirtschaftsordnung einheitlich und umfassend regeln sollen.
    Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich jetzt zum Schluß kommen. Das Schicksal des Bundeshaushalts 1965 liegt nun in ihrer Hand. Sie tragen einen wesentlichen Teil der Verantwortung für die weitere wirtschaftliche Entwicklung, die Erhaltung der Kaufkraft unserer Währung und für wachsenden Wohlstand. Sie wissen, daß die Bundesregierung im Haushalt die tragende Säule ihrer Stabilisierungspolitik sieht. Diese Säule darf nicht ins Wanken gebracht werden.
    Ich weiß, daß auch Sie von allen Seiten mit Wünschen auf neue und höhere Ausgaben bestürmt werden. Besonders — man kann das ja offen sagen —
    in einem Wahljahr ist die Versuchung sehr groß, solchen Forderungen nachzugeben.

    (Zuruf von der SPD.)

    Mag jeder Einzelwunsch für sich betrachtet auch noch so berechtigt erscheinen, er muß im gesamten Zusammenhang unserer Finanzpolitik gesehen werden. Wenn Sie diesen Haushalt in den kommenden Wochen prüfen, dann werden Sie feststellen, daß die Bundesregierung bei aller gebotenen Sparsamkeit die richtigen Maßstäbe gesetzt hat. Wir haben die Prioritäten so gewählt, daß mit dem Geld unserer Steuerzahler ein optimaler Erfolg erzielt wird.

    (Sehr wahr! in der Mitte.)

    Die Erhöhung der Ausgaben in den Schwerpunkten zeigt Ihnen, daß die Bundesregierung keineswegs auf den Lorbeeren der Vergangenheit ausruhen will. Auch in diesem nüchternen und rechtzeitig vorgelegten Zahlenwerk des Haushalts wird deutlich, wie haltlos die Behauptung ist, die jetzige Bundesregierung und die sie tragende Koalition seien nicht arbeitsfähig.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Bundeskanzler Professor Erhard und die Bundesregierung haben im vergangenen Jahr manches heiße Eisen entschlossen angepackt. Einzelne Maßnahmen und Vorschläge mögen nicht immer und überall auf Begeisterung gestoßen sein. Wenn wir aber Erfolg auf Dauer erzielen und bewahren wollen, müssen wir auch den Mut zu Entscheidungen aufbringen, die den Betroffenen zunächst hart erscheinen mögen.

    (Beifall in der Mitte.)

    Die Bundesregierung wird diesen Mut auch künftig haben, wenn es um das Wohl des Ganzen geht. Sie lehnt es ab, fortwährend um die Gunst einzelner Gruppen zu buhlen.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU.)

    Oberstes Gesetz ihrer Politik sind Freiheit, Sicherheit und Wohlstand für alle. Ich bin sicher, daß diese Politik auch draußen im Land verstanden wird.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Wenn ich Sie, meine Damen und Herren, mit diesen Worten warnen möchte, sich mit dem Blick auf die Wahlurnen schwach gegenüber Wünschen zu zeigen, deren Erfüllung den Rahmen dieses Haushalts sprengen müßte, so möchte ich Sie zugleich auffordern, Ihre Tatkraft um so mehr auf die Beratung und Verabschiedung wichtiger Reformgesetze zu konzentrieren, die Ihnen von dieser Bundesregierung vorgelegt worden sind. Aus meinem Zuständigkeitsbereich habe ich das Bewertungsgesetz und die Mehrwertsteuer zu nennen.
    In der Zukunft harren neue große Aufgaben. Die ersten Jahre des Wiederaufbaues, mit Blickrichtung vorwiegend auf die Gegenwart, sind zu Ende. Heute gilt es, den Wiederaufbau zu vollenden, das Erreichte zu sichern und den Blick vorausschauend in die Zukunft zu richten. Es ist in unserem Lande noch sehr viel zu verbessern und zu reformieren. Wenn ich mich auch hier auf meinen Arbeitsbereich beschränken darf, möchte ich Ihnen nur einmal ganz



    Bundesminister Dr. Dahlgrün
    kurz zusammenfassend vor Augen halten die bereits erwähnte Finanzreform; die Reformierung verschiedener Steuern, die im Zuge der Harmonisierung innerhalb der EWG notwendig wird; eine Reform der Vermögensbesteuerung mit dem Ziel einer breiten Streuung des Eigentums; die Reform des Haushaltsrechts und die Reform der Kassenwirtschaft sowie schließlich die Neufassung der Abgabenordnung.
    Der nächste Bundestag wird sich mit allen diesen wichtigen Vorhaben aber erst beschäftigen können, wenn die vorliegenden Reformen Gesetz geworden sind. Wer sich weigert, diese Gesetze, die wir zum Teil schon seit Jahren vor uns herschieben, noch von diesem Bundestag verabschieden zu lassen, verweigert damit zugleich dem nächsten Bundestag die Zeit und das Fundament für die dringend notwendige Modernisierung und Fortentwicklung unserer Finanz- und Steuerpolitik. Wir haben keine Zeit mehr zu verlieren. Die Bundesregierung hat durch Vorlage ausgereifter Entwürfe ihre Aufgabe erfüllt. Möge das Parlament seiner Berufung zur Gesetzgebung rechtzeitig nachkommen. Wer den Wünschen einzelner Gruppen nachjagt, mag vielleicht hier und da einmal einen Zipfel von Popularität erhaschen. Ein dauerhafter Erfolg wird ihm versagt bleiben. Weise Staatskunst ist es, statt sich in Tagesfragen zu verzetteln, die für die Zukunft wirklich wichtigen Maßnahmen zu treffen.
    Meine Damen und Herren! Die Bundesrepublik Deutschland hat in der Welt einen Ruf zu verlieren,
    den Ruf, zu den Ländern mit der stabilsten Währung und Wirtschaftsentwicklung zu gehören. Wir selbst haben das Vertrauen unserer Bevölkerung in die Stabilität unserer Währung zu verlieren, ein Vertrauen, das heute noch sehr stark ist, wie die steigende Sparquote zeigt. Die Bundesregierung wird ihre ganze Kraft daran setzen, dieses Vertrauen nicht zu enttäuschen und mit gutem Beispiel für unsere Freunde in der westlichen Welt voranzugehen. Ohne Ihre Mithilfe, meine Damen und Herren, kann nichts verwirklicht werden. Nur wenn das Parlament in der Zusammenfassung von Koalition und Opposition mit der Regierung am gleichen Strang zieht, wird es gelingen, Währung und Preise stabil zu halten und die fälligen Reformen herzhaft anzupacken und durchzuführen. Versagen Sie Ihre dazu unerläßliche Mithilfe nicht.

    (Anhaltender lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien.)