Rede von
Hans Stefan
Seifriz
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich werde den vielen Versuchungen, jetzt noch einmal ein Referat darzubieten, nicht erliegen, und ich bitte den einen oder anderen Herrn Kollegen, mir nicht böse zu sein, wenn ich nicht auf alle Argumente, ,die in dieser Debatte gebracht worden sind, eingehe, zumal ich vorweg vielleicht eine Feststellung im Anschluß an die Begründung der Großen Anfrage meiner Fraktion treffen darf, die ich am vergangenen Mittwoch zu geben die Ehre hatte, die Feststellung nämlich, daß wir uns — wie man so schön sagt — im Grundsatz einig sind. Insoweit gebe ich meinem Kollegen Müller recht, wenn er feststellt, daß wir hier von einem glücklichen Tag für die deutsche Seeschiffahrt reden können, weil wir in wesentlichen Fragen der deutschen Schiffahrtspolitik eine übereinstimmende Haltung des deutschen Parlaments festgestellt haben. Das bedeutet etwas, Herr Bundesverkehrsminister, für Ihren Kampf im Kabinett um die Durchsetzung einer Haltung auch des Kabinetts zur Schiffahrtspolitik, die den Notwendigkeiten des Tages und den Notwendigkeiten des Jahres 1970 gerecht wird.
Wenn ich die Kollegen von der CDU/CSU und auch Herrn Dr. Löbe richtig verstanden habe, haben auch sie auf das Bezug genommen, was ich am Mittwoch schon betonte: daß — ob es uns recht ist oder
nicht, Herr Minister — wir damit rechnen müssen, daß bis 1970 die Seeschiffahrt ein Bestandteil der EWG sein wird, mit Ausnahme der Sonderbestimmungen, die wir in den Verhandlungen hoffen durchsetzen zu können. Keinesfalls darf ein unzulässiger Vergleich zwischen binnenländischen Verkehrsträgern und einem Verkehrsträger, wie ihn die deutsche Seeschiffahrt darstellt, gezogen werden.
Damit akzeptieren Sie und wir .alle doch wohl auch die Auffassung, daß es sich nicht nur um ein Mehrjahresprogramm handelt, das wir brauchen. Auch der Herr Bundesverkehrsminister hat sich in seinem Schlußwort erfreulicherweise zu einem solchen langfristigen Programm bekannt. Ich meine, darin ist auch der Wunsch des ganzen Hohen Hauses erkennbar, daß wir ein Fünfjahresprogramm brauchen. Dieser Blaue Plan muß bis 1970 einen bestimmten Effekt erreicht haben. Ich möchte deshalb ausdrücklich auf das Hauptziel unseres Entschließungsantrages hinweisen, daß bis 1970 zirka 1,5 Millionen BRT neu gebaut sein müssen als Folge der Förderung durch den Blauen Plan der Bundesregierung und des Bundestages. Das ist ein konkretes Ziel, das am Anfang der Verhandlungen zu stehen hat, die jetzt folgen müssen. Wir alle sind uns wohl darüber im klaren, daß diese Verhandlungen nach all dem, was an Unterlagen bisher schon erarbeitet wurde, und nach dieser Debatte nicht mehr allzu lange dauern können, wenn dem Willen dieses Hohen Hauses entsprochen werden soll, daß dieser Blaue Plan im Haushaltsjahr 1965 — und ich gebrauche jetzt die Worte der Koalitionsparteien in ihrem Antrag — bereits voll wirksam wird.
Damit haben Sie, Herr Minister, auch Ihren Hinweis auf die 150 Millionen, die nun eben doch im Kabinett durchzusetzen sein müssen, selbst wenn Sie möglicherweise in den letzten Kabinettsitzungen beim Bundesfinanzminister mit dieser Frage, sofern sie schon angeschnitten worden sein sollte, noch auf taube Ohren gestoßen sind. Ich gebe Ihnen recht, ,daß es sich nicht um eine Frage handelt, die nur der Ressortminister zu entscheiden hat. Ich möchte aber hinzufügen: es ist auch nicht nur eine Frage des Bundesfinanzministers, sondern eine Frage des gesamten Kabinetts und damit auch des Bundeskanzlers, der ,die Richtlinien in der Politik bestimmt.
Ich möchte deshalb wiederholen, was ich am Mittwoch schon feststellen konnte: es kann sich bei der Hilfe für die Seeschiffahrt nicht darum handeln — das ist eine Frage, die noch vor uns steht —, wieder einmal einem deutschen Wirtschaftszweig notwendige Hilfe zu geben, sondern wir müssen und dürfen davon ausgehen, daß die deutsche Seeschiffahrt zu den Basiszweigen der Wirtschaft überhaupt zählt, ohne die wir einen gesunden deutschen und — ich möchte hinzufügen — europäischen Außenhandel nicht haben können.
Am Schluß unserer Debatte sollten wir diese Übereinstimmung hervorheben. Wir brauchen nicht auf die Kontroversen zurückzukommen, die wir nicht in allen Fragen ausräumen konnten; wir werden sicherlich auch noch auf anderen Gebieten des öfteren in diesem Hause zusammenstoßen. Aber wir haben im Verlaufe der Debatte doch das eine erreicht: Gestern konnte noch eine große Tageszeitung schreiben: „Seebohm gegen Blauen Plan" mit etwa der Unterzeile: Bundesregierung gegen langfristiges Programm. Heute haben wir gehört, daß der Bundesverkehrsminister mit dem gesamten Parlament für ein langfristiges Programm ist. Ich meine, es ist ein Auftrag des Parlaments an die deutsche Bundesregierung, diesen Plan dem Parlament möglichst bald vorzulegen, und zwar so, wie es alle Fraktionen des Hauses fordern, nämlich in der Form eines Gesetzes über den Blauen Plan zur langfristigen Förderung der deutschen Seeschiffahrt bis zum Jahre 1970.