Anlage 1
Liste der beurlaubten Abgeordneten Anlagen zum Stenographischen Bericht
Abgeordnete (r) beurlaubt bis einschließlich
a) Beurlaubungen
Arendt (Wattenscheid) * 21. 2.
Dr. Atzenroth 21. 2.
Balkenhol 20. 2.
Bauer (Wasserburg) 21. 2.
Benda 21. 2.
Birkelbach 22. 2.
Fürst von Bismarck 22. 2.
Dr. Böhm (Frankfurt) 21. 2.
Dr. von Brentano 21. 3.
Brünen 21. 2.
Diekmann 20. 2.
Dr. Dörinkel 22. 2.
Dr. Effertz 20. 2.
Ehren 22. 2.
Frau Dr. Elsner * 20. 2.
Etzel 21. 2.
Even (Köln) 29. 2.
Dr. Dr. h. c. Friedensburg 21. 2.
Dr. Furler * 21. 2.
Gaßmann 22. 2.
Gedat 21. 2.
Frau Geisendörfer 22. 2.
Gibbert 21. 2.
Haage (München) 21. 2.
Hammersen 20. 2.
Dr. von Haniel-Niethammer 21. 2.
Dr. Harm (Hamburg) 26. 3.
Hauffe 15. 3.
Höhne 21. 2.
Hörauf 1. 3.
Illerhaus * 21. 2.
Dr. Imle 29. 2.
Knobloch 21. 2.
Könen (Düsseldorf) 21. 2.
Kraus 22. 2.
Dr. Kreyssig * 22. 2.
Kriedemann 21. 2.
Lenz (Bremerhaven) 15. 3.
Dr. Löhr 20. 3.
Margulies * 21. 2.
Mattick 21. 2.
Mauk * 21. 2.
Dr. h. c. Menne (Frankfurt) 20. 2.
Metzger * 21. 2.
Missbach 21. 2.
Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller 15. 3.
Müser 21. 2.
Dr.-Ing. Philipp 21. 2.
Frau Dr. Probst * 21. 2.
Ramms 21. 2.
Richarts * 21. 2.
Rohde * 21. 2.
Ruland 21. 3.
Schlick 21. 2.
Schneider (Hamburg) 21. 2.
Dr. Schneider (Saarbrücken) 21. 2.
Abgeordnete (r) beurlaubt bis einschließlich
Schulhoff 29. 2.
Schultz 20. 2.
Seidl (München) 21. 2.
Spitzmüller 21. 2.
Dr. Starke 21. 2.
Storch * 21. 2.
Frau Strobel * 21. 2.
Dr. Supf 21. 2.
Theis 29. 2.
Verhoeven 21. 2.
, Dr. Vogel 22. 2.
Wächter 21. 2.
Weber (Georgenau) 21. 2.
Wegener 29. 2.
Weinzierl 22. 2.
Wellmann 22. 2.
Frau Welter (Aachen) 29. 2.
Wischnewski * 20. 2.
Dr. Wuermeling 22. 2.
b) Urlaubsanträge
Dr. Bleiß 21. 3.
* Für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments
Anlage 2
Schriftliche Begründung
des Abgeordneten Dr. Weber (Koblenz) zu dem Entwurf eines Gesetzes zur Entschädigung von Reparations-, Restitutions- und Rückerstattungsschäden (Drucksache IV/1762).
A
Allgemeiner Teil
I. Gegenstand des Gesetzes
1. Gegenstand des Gesetzentwurfs ist die Abgeltung von Reparations- und Restitutionsschäden sowie von Rückerstattungsschäden. Der Erlaß eines solchen Gesetzes ist durch § 3 des Allgemeinen Kriegsfolgengesetzes (AKG) vom 5. November 1957 (BGBl. I S. 1747) vorbehalten.
a) Bei den Reparations- und Restitutionsschäden handelt es sich um Verluste durch Entziehung von Vermögenswerten zum Zwecke der Reparationen, die privaten Personen oder privaten Unternehmungen entstanden sind
- durch Demontage im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland und West-Berlin,
- durch Ablieferung von Schiffen und Hafeneinrichtungen,
- durch Wegnahme von Holz aus Gemeinde- und Privatwaldungen,
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— durch Einziehung von deutschem Auslandsvermögen
— und schließlich um solche Verluste, die gutgläubigen Erwerbern entstanden sind aus der Rückgewähr (Restitution) von Gegenständen, die während des Krieges in den von deutschen Truppen besetzten Gebieten nach Deutschland verbracht worden waren.
b) Unter Rückerstattungsschäden im Sinne dieses Gesetzentwurfs sind solche Schäden zu verstehen, die auf Grund der Rückerstattungsgesetzgebung eingetreten und gutgläubigen oder loyalen Erwerbern aus der Rückerstattung von ehemals meist jüdischem Eigentum erwachsen sind.
2. Der vorliegende Gesetzentwurf stellt eine Weiterentwicklung des Initiativgesetzentwurfs der Abgeordneten Dr. Weber und Genossen vom 12. 7. 1961 (Bundestagsdrucksache III/2964) dar, der seinerzeit nicht mehr beraten werden konnte. Er beruht ebenso wie der damalige Entwurf auf der Erwägung, daß die Bundesrepublik sich in Art. 5 des VI. Teils des Vertrages zur Regelung aus Krieg und Besatzung entstandener Fragen — Überleitungsvertrag — (BGBl. 1955, II. S. 438) verpflichtet hat, „dafür Vorsorge zu treffen, daß die früheren Eigentümer" der zu Reparationszwecken weggenommenen Vermögen „entschädigt werden". Die in dieser Bestimmung erwähnte Entschädigungsregelung, die außerdem durch § 3 AKG vorgesehen ist, ist bislang, nahezu 9 Jahre nach Inkrafttreten des Überleitungsvertrages, noch nicht getroffen worden. Sie erscheint deshalb vordringlich, vor allem im Hinblick auf die Tatsache, daß Ende 1962 ein USA- Gesetz die Rückgabe des beschlagnahmten deutschen Privateigentums endgültig zunichte gemacht hat.
Den Anspruch der gutgläubigen oder loyalen Rückerstattungsverpflichteten auf Entschädigung hatte der Deutsche Bundestag bereits in seiner einstimmigen Entschließung vom 11. September 1952 (Bundestagsdrucksache I, 3583 unter II) anerkannt und die Bundesregierung ersucht, alsbald einen Gesetzentwurf vorzulegen.
3. Die Bundesregierung hat — im August 1963 — dem Deutschen Bundestag den Entwurf eines Gesetzes zur Abgeltung von Reparations-, Restitutions-, Zerstörungs- und Rückerstattungsschäden (Bundestagsdrucksache IV/1456) vorgelegt. Dieser im Bundesfinanzministerium ausgearbeitete Entwurf wird jedoch den im Überleitungsvertrag übernommenen Verpflichtungen nicht gerecht, weil er für juristische Personen überhaupt keine Entschädigung und für die übrigen Betroffenen lediglich eine Abgeltung nach Lastenausgleichsgrundsätzen vorsieht. Der dem Regierungsentwurf zugrunde liegende Begriff des Reparationsschadens ist im übrigen mit der gesetzlichen Begriffsbestimmung in § 3 AKG vom 5. November 1957 nicht in Einklang zu bringen.
4. Im Gegensatz zum Regierungsentwurf sind die Antragsteller in Übereinstimmung mit früheren Erklärungen der Bundesregierung und mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes der Auffassung, daß den von Reparations, Restitutions- und Rückerstattungsmaßnahmen Betroffenen ein Rechts anspruch auf Entschädigung zusteht. Der anliegende Gesetzentwurf trägt diesem Anspruch Rechnung, berücksichtigt aber zugleich die sich aus dem völligen Zusammenbruch ergebenden begrenzten wirtschaftlichen Möglichkeiten.
II. Entstehungsgeschichte und Umfang der Schäden
5. Reparationsschäden (Demontageschäden und Wegnahme des deutschen Auslandsvermögens), Restitutionsschäden und Rückerstattungsschäden.
Der Begriff der Reparationen wurde erstmals im Zusammenhang mit der Wiedergutmachungspflicht des deutschen Reiches nach dem ersten Weltkrieg verwendet. Der Begriff der Restitutionen und Rückerstattungen ist erst nach dem zweiten Weltkrieg entstanden.
Die Reparationspflicht beinhaltet die Pflicht des besiegten Staat es zur Wiedergutmachung eines durch Unrechtshandlung begangenen Schadens. Der Gedanke einer solchen Schadensersatzpflicht — d. h. die Verrechtlichung der Entschädigungsforderung — war die Folgerung aus dem Verbot des Angriffskrieges (Féaux, AKG-Kommentar § 3, Anm. 14 a).
Im Versailler Vertrag mußte sich das Deutsche Reich zu hohen jährlichen Devisenzahlungen, zur Ablieferung der Handelsflotte und zu Sachleistungen aus der laufenden Produktion verpflichten. Außerdem erfolgte die Liquidation nahezu des gesamten deutschen Auslandsvermögens. Soweit Leistungen aus der laufenden Produktion vorgesehen waren, kaufte das Reich die notwendigen Wirtschaftsgüter oder enteignete sie gegen angemessene Entschädigung. Für die Ablieferung der deutschen Handelsflotte zahlte das Reich den betroffenen Eigentümern entsprechend dem sogenannten Reedereiabfindungsvertrag vom 23. Februar 1921 eine Summe von insgesamt rund 12 Milliarden Mark. Auch für die Verluste infolge der Liquidation des deutschen Auslandsvermögens sah die Kriegsfolgengesetzgebung des Reiches zunächst eine Entschädigung nach Enteignungsgrundsätzen vor. Infolge des völligen wirtschaftlichen Zusammenbruchs konnte diese Absicht später jedoch nicht verwirklicht werden. An die Stelle der zunächst vorgesehenen Enteignungsentschädigung trat deshalb später eine nach der Höhe des Schadens gestaffelte und im Ergebnis sehr viel niedrigere Schadensabgeltung. Die rechtliche Handhabe für diese Regelung bot Art. 153 der Weimarer Reichsverfassung.
Die gesamten Reparationsleistungen des Reiches beliefen sich auf rund 67 Milliarden Goldmark. Der infolge dieser Verpflichtungen eingetretene Verfall der deutschen Währung und der deutschen Wirtschaft machten schließlich umfangreiche Stützungsaktionen der ehemaligen Feindmächte, insbesondere der USA erforderlich.
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6. Reparationsmaßnahmen nach dem zweiten Weltkrieg.
Mit Rücksicht auf die nach dem ersten Weltkrieg mit der damaligen Reparationsregelung gemachten schlechten Erfahrungen sahen die Alliierten nach dem zweiten Weltkrieg davon ab, Reparationen in Form von Devisenzahlungen und Leistungen aus der laufenden Produktion zu fordern.
Statt dessen sah bereits .das Potsdamer Abkommen vom 2. August 1945 Reparationen durch die Leistung von Kapital gütern (Demontagen, Schiffe) und durch .die Liquidation des deutschen Auslandsvermögens vor (Féaux de la Croix, DOV 1962 S. 590). In Ausführung des Potsdamer Abkommens haben die Alliierten in den folgenden Jahren — und zwar im Westen bis in das Jahr 1952 — die Demontage zahlreicher Betriebe durchgeführt und die deutsche Handelsflotte bis auf wenige Ausnahmen weggenommen (vgl. hierzu Art. 1 des VI. Teils des Überleitungsvertrages). In der überwiegenden Zahl der Fälle haben die Alliierten bei der Durchführung der Demontage den früheren Eigentümern eine Empfangsbestätigung mit dem Stempelaufdruck
„Reparation Account; Payment deferred"
(Reparationskonto; Zahlung aufgeschoben)
ausgehändigt.
Dagegen sind den früheren Inhabern .ausländischer Vermögenswerte, mit einigen seltenen Ausnahmen, Empfangsbestätigungen durch die enteignenden ausländischen Behörden nicht ausgestellt worden.
7. Das Charakteristische bei den Reparationsleistungen besteht darin, daß die inländischen Demontagemaßnahmen ebenso wie die Enteignung des deutschen Auslandsvermögens zugunsten des Deutschen Staates erfolgt sind zwecks Abtragung der ihm obliegenden politischen Reparationsschuld; oder, um es mit anderen Worten zu sagen, Reparationen werden nicht von dem einzelnen Privaten oder von dem einzelnen privaten Unternehmen ge-schuldet, sondern Schuldner der Reparationen ist immer der Staat.
Infolgedessen hat die Aufbringung von Reparationen durch Private die der Bundesrepublik obliegende Reparationslast getilgt. Insoweit ist daher die Bundesrepublik ungerechtfertigt bereichert und infolgedessen verpflichtet, den geschädigten Eigentümern die von diesen geleisteten Opfer zu ersetzen.
8. Der Umfang der infolge der Demontagen, Schiffsablieferungen und Restitutionen eingetretenen Schäden ergibt sich aus der von der Bundesregierung im Zusammenhang mit .den Ländern aufgestellten sogenannten Reparationskartei. Sie betragen ca. 2,9 Milliarden DM. Hinzu kommen Demontagen in West-Berlin im Werte von etwa 1 Milliarde DM.
Die Höhe .der ausländischen Vermögenswerte, die die Reparationsbetroffenen erlitten haben, wird auf ca. 8 Milliarden DM geschätzt. Zu einem annähernd ähnlichen Ergebnis gelangen offenbar auch die im
Auftrage der Bundesregierung angestellten Ermittlungen.
8. a) Der Umfang der Rückerstattungsschäden wird auf rund 1 Milliarde DM geschätzt.
III. Stellungnahme der Alliierten zur Reparations-frage
9. Im Gegensatz zu der dem Regierungsentwurf eines Reparationsschädengesetzes zugrunde liegenden Annahme (TZ 2), sind die Alliierten von Anfang an davon ausgegangen, daß die von den Reparationsmaßnahmen betroffenen früheren deutschen Eigentümer eine angemessene Entschädigung erhalten müssen. Der US-Oberbefehlshaber in Deutschland wurde bereits im Jahre 1947 angewiesen, „beim Kontrollrat die Anerkennung des Grundsatzes durchzusetzen, .daß Entschädigung für Eigentum gezahlt wird, das für Reparationen beschlagnahmt oder auf Grund des Abkommens über die wirtschaftliche Abrüstung zerstört wurde. Solche Entschädigungen sollen 'zu Lasten der gesamten deutschen Wirtschaft gehen" (vgl. Seidl-Hohenveldern/ Ipsen „Entschädigungspflicht der Bundesrepublik für reparationsbezogenes Auslandsvermögen" S. 100). Ähnlich haben sich auch die britischen Behörden im Jahre 1949 geäußert (vgl. .Städter „Deutsche Vermögenswerte im neutralen Ausland", S. 25).
Der Anspruch der Reparationsbetroffenen auf eine angemessene Entschädigung wurde erneut in § 29 des von den Alliierten erlassenen Umstellungsgesetzes vom 27. Juni 1948 bestätigt (Amerikanisches .und Britisches Kontrollgebiet: Gesetz Nr. 63; Französisches Kontrollgebiet: Verordnung Nr. 160). Die Bestimmung der Höhe der für Reparationsschäden .zu gewährenden Entschädigung wurde in dieser Vorschrift zwar dem deutschen Gesetzgeber übertragen; aus dem Wortlaut der Vorschrift ergibt sich, jedoch zweifelsfrei, daß die Alliierten eine Entschädigung nach Lastenausgleichsgrundsätzen nicht für .angemessen gehalten haben. Besonders deutlich wird dies im englischen Text im § 29 des Umstellungsgesetzes, der klar zwischen Lastenausgleich (equalization of burdens) und Entschädigung für Reparationsverluste (compensation for losses) unterscheidet. Dementsprechend haben die Alliierten der Bundesrepublik in Art. 5 des VI. Teils des Überleitungsvertrages (BGBl. 1955, Teil II, S. 301 ff.) die Verpflichtung auferlegt, dafür Vorsorge zu treffen, daß .die früheren Eigentümer entschädigt werden.
Der in diesem Zusammenhang in der Begründung des Regierungsentwurfs (TZ 2) gebrachte Hinweis auf den niemals veröffentlichten sogenannten Homburger Plan ist schon deshalb abwegig, weil dieser Plan bereits seinerzeit von den Alliierten verworfen worden ist.
IV. Stellungnahme deutscher Stellen zur Reparationsfrage
10. Auch auf deutscher Seite ist nirgends zunächst bezweifelt worden, daß die Reparationsverluste nach Enteignungsgrundsätzen und nicht nach den für den Lastenausgleich geltenden Vorschriften
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entschädigt werden müssen. Das Bundesfinanzministerium hatte sich bereits im Jahre 1949 in dem Bericht „Der endgültige Lastenausgleich" Textziffer 113, wie folgt geäußert:
„Zur Erörterung steht ferner die Frage eines Ausgleichs der Schäden aus Reparationsentnahmen, insbesondere der Verluste aus Demontagen und Restitutionen. Wer den Grundgedanken des Lastenausgleichs in seiner sozialen Zielsetzung sieht, wird von vornherein einer Berücksichtigung dieser Verluste, außerhalb des Lastenausgleichs zuneigen. Vom Standpunkt eines reinen Vermögensausgleichs dürften dagegen überwiegend Gründe für eine Berücksichtigung innerhalb des Lastenausgleichs sprechen. Es ist jedoch zu beachten, daß rechtlich die Lage bei derartigen Verlusten eine völlig verschiedene ist gegenüber der bei Verlusten, die etwa Flüchtlinge und Kriegssachgeschädigte erlitten haben. Demontagen sind eine neue Form von Reparationen, die nach allgemeinen Grundsätzen der unterlegene Staat selbst zu tragen hat."
In Übereinstimmung mit diesen Grundsätzen hat auch die deutsche Verhandlungsdelegation bei den Verhandlungen über den Überleitungsvertrag ebenso wie die Alliierten selbst stets die Auffassung vertreten, daß die Bundesrepublik zur Entschädigung der Reparationsverluste nach Enteignungsgrundsätzen verpflichtet sei (vgl. den Bericht des Leiters der deutschen Delegation, Professor Dr. Erich Kaufmann, im Bulletin ,der Bundesregierung vom 19. September 1952 sowie im Archiv des öffentlichen Rechts, März 1963, Bd. 88 S. 24).
11. Welche Bedeutung besonders die Bundesregierung seinerzeit der in Art. 5 des VI. Teils des Überleitungsvertrages übernommenen Verpflichtung zur Entschädigung der früheren Eigentümer beigemessen hat, ergibt sich aus ihren im sogenannten Gutachterverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht abgegebenen schriftsätzlichen Erklärungen. Zu diesem Gutachterverfahren ist es seinerzeit gekommen, weil in den Jahren 1952 und 1953 die Verträge zur Ablösung des Besatzungsregimes von der SPD-Fraktion und einzelnen Bundesländern vor dem Bundesverfassungsgericht mit dem Hinweis bekämpft wurden, die Verträge bzw. das Ratifikationsgesetz zu ihnen seien wegen Verstoßes gegen die Eigentumsgarantie des Art. 14 des Grundgesetzes verfassungswidrig. Begründet wurde der damalige Angriff der Opposition und einzelner Bundesländer damit, daß weder im Vertrag noch im Ratifikationsgesetz eine angemessene Entschädigung der früheren Eigentümer der zu Reparationszwecken entzogenen Vermögensgegenstände vorgesehen ist (Schriftsatz vom 8 10. 52 in „Der Kampf um den Wehrbeitrag" Bd. II S. 241 ff.)
Die Bundesregierung trat diesem Angriff vor dem Bundesverfassungsgericht mit folgenden Äußerungen in ihrem Schriftsatz vom 31. 10. 52 entgegen („Der Kampf um den Wehrbeitrag", Bd. II S. 701 ff. und Bd. III S. 296) :
Bei den Maßnahmen gegen das deutsche Auslandseigentum handelt es sich um unrechtmäßige Eingriffe fremder Staaten in die Vermögenssphäre einer bestimmten Gruppe deutscher Staatsangehöriger. Wie in dem Beschluß des Großen Senats für Zivilsachen des Bundesgerichtshofes vom 9./10. Oktober 1952 (Juristenzeitung 1952, S. 626 ff.) entschieden worden ist, muß bei unrechtmäßigen Eingriffen, die nach ihrem Inhalt und nach ihrer Wirkung eine Enteignung darstellen und in ihrer tatsächlichen Wirkung den Betroffenen ein besonderes Opfer auferlegen, auf Grund des Gleichheitgedankens, der einen Ausgleich für besondere Opfer gebietet, eine Entschädigung gewährt und deren Art und Umfang unter entprechender Anwendung dieses Grundsatzes zugunsten der durch die Maßnahmen nach Art. 2 und 3 des Sechsten Teils Betroffenen ist es von entscheidender Bedeutung, daß eine Verrechnung der Liquidationserlöse auf die Reparationsschuld der Bundesrepublik stattfindet. Mit Rücksicht auf diesen Zusammenhang entspricht es dem erwähnten allgemeinen rechtsstaatlichen Grundsatz, für den Artikel 14 Abs. 3 nur eine positiv-rechtliche Ausdrucksform ist, daß die Bundesrepublik den Betroffenen eine Entschädigung gewährt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bemessen. Bei dieser Abwägung wird die Leistungsfähigkeit der Bundesrepublik unter Berücksichtigung des in Art. 20 GG ausgesprochenen Bekenntnisses zum sozialen Staat ein wesentlicher Faktor sein. Dem ist durch die Vereinbarung der Bestimmung des Art. 5 Genüge geschehen. Erst durch die in dem Sechsten Teil des Kontrollratsgesetzes Nr. 5 (Art. 2 des Sechsten Teils) ist Raum für diese Entschädigungspflicht geschaffen worden.
Die Bundesregierung hat diese Auffassung im Schriftsatz vom 14. 8. 53 bestätigt. Dort heißt es:
Die Enteignung des deutschen Auslandsvermögens erfolgt zugunsten Deutschlands zwecks Abtragung der ihm obliegenden politischen Reparationsschuld. Daher ist die Bundesrepublik verpflichtet, die liquidierten Eigentümer gemäß den Bestimmungen ihres Grundgesetzes zu entschädigen. Um diese Entschädigungspflicht zu begründen, bedarf es keiner besonderen vertraglichen oder gesetzlichen Grundlage; sie ergibt sich aus den dem Institut der Enteignung zugrundeliegenden „allgemeinen Rechtsgrundsätzen".
12. Anscheinend will sich die Bundesregierung an ihre Äußerungen aus den Jahren 1952 und 1953 nicht mehr halten. Im offenen Gegensatz zu ihren früheren Erklärungen sieht sie nunmehr eine gesetzliche Regelung der Reparationsschäden im Wege des Lastenausgleichs „nicht nur politisch für zwingend, sondern auch rechtlich für zulässig, ja sogar für geboten" an, und meint, daß es von vornherein nahegelegen habe, die Regelung zum Ausgleich der Reparationsverluste in Anlehnung an diejenigen Grundsätze zu treffen, die das Lastenausgleichs-
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Besetz beherrschen (TZ 11 und 12 — Bundestagsdrucksache IV/1456). Eine solche Meinungsänderung muß schon aus allgemeinen Erwägungen schwerste Bedenken auslösen.
Im einzelnen ist u. a. auf folgendes hinzuweisen. Die Bundesregierung behauptet in der Begründung des Regierungsentwurfs (vgl. TZ 2 und 11), daß „zunächst die Absicht bestanden" habe bzw. daß es „von vornherein nahegelegen" habe, die Schäden der zu Reparationsleistungen zugunsten Deutschlands in Anspruch genommenen Bürger im Rahmen des Lastenausgleiches zu regeln.
Das Gegenteil ist zutreffend. Das ergibt sich aus dem bereits erwähnten Bericht des Bundesministeriums der Finanzen aus dem Jahre 1949 (TZ 10), wo es weiter heißt:
Der Einzelzugriff des Siegers auf Privat-
vermögen von Angehörigen des besiegten Landes ist vom Standpunkt des Völkerrechts mindestens ungewöhnlich. Soweit ausnahmsweise nach dem ersten Weltkrieg einzelne Werke von den Alliierten zu Zwangslieferungen verpflichtet wurden (z. B. im Rahmen der sog. Micum-Verträge), erfolgte nachträglich eine Entschädigung durch das Reich in Anlehnung an den Grundgedanken der §§ 74 und 75 der Einleitung zum Preußischen Allgemeinen Landrecht. Dies spricht grundsätzlich gegen eine Regelung der Schäden aus Reparationsentnahmen im allgemeinen Lastenausgleich.
Dieselbe Meinung muß der Äußerung des seinerzeit zuständigen Abteilungsleiters des Bundesfinanzministeriums vor dem Bundestagsausschuß für Finanz- und Steuerfragen am 29. 10. 1952 entnommen werden, in der auf die Anfrage eines Abgeordneten mitgeteilt ist, daß ein „reiner Rechtsanspruch" auf Reparationsentschädigung dann gegeben ist, wenn für Leistungen zu Reparationszwecken eine Anrechnung auf Reparationskonto erfolgt ist.
In der Regierungsbegründung wird ferner vorgetragen, daß mangels vertraglicher Vereinbarungen über eine Reparationsschuld der Bundesrepublik nicht davon gesprochen werden könne, daß Deutschland durch die Reparationsentnahmen der Alliierten von Reparationsverbindlichkeiten befreit und daher durch die entsprechenden Leistungen seiner Staatsbürger begünstigt oder gar zu ihren Lasten ungerechtfertigt bereichert sei (TZ 17 a Abs. 4).
Eine solche Feststellung steht in eindeutigem Widerspruch zu Erklärungen der Bundesregierung in der Begründung zum Vertrag über die Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Drei Mächten (Deutscher Bundestag, Erste Wahlperiode, Anlage 4 zur Drucksache 3500, S. 56). Dort ist ausgeführt, daß nach dem Verlust der deutschen Auslandswerte zu Reparationszwecken und dem Verzicht der Alliierten auf Leistungen aus der laufenden Produktion „das Reparationsproblem des Zweiten Weltkrieges, das nach dem Ersten Weltkrieg bis 1932 die politischen und wirtschaftlichen Beziehungen aller Staaten belastete, als praktisch erledigt anzusehen sein dürfte". Unter Hinweis auf
die Regelung der deutschen Auslandsschulden durch das Londoner Schuldenabkommen und die Übernahme des Wehrbeitrages, fährt die Bundesregierung an derselben Stelle damit fort, daß nun „kein Raum mehr" sei „für Reparationen für die Zeit des Krieges".
Mit der Wiedergabe und Würdigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung verfährt die Bundesregierung in der Begründung ihres Gesetzentwurfs gleichfalls in einer Weise, die nur schwer zu begreifen ist. Wenn etwa behauptet wird (TZ 17 a Abs. 2 Regierungsbegründung), „in obergerichtlichen Urteilen" sei „sogar für Requisitionen, bei denen die Besatzungsmächte als Funktionsinhaber der Staatsgewalt des besetzten Gebietes tätig werden, wiederholt ausgesprochen, daß es sich hier um Akte handelt, die nicht den deutschen Behörden zugerechnet werden können", so liegt darin ein grobes Mißverstehen der in Requisitionssachen ergangenen Entscheidungen der höchsten deutschen Gerichte. (Bundesgerichtshof in BGHZ 11, 43 ff; 12, 52 ff und in NJW 1954 S. 1321 ff; Bundesverwaltungsgericht in BVBL 1958 S. 1872 und in MDR 1960 S. 954/55). Mit dieser unzutreffenden Wiedergabe der Rechtsprechung wird ein entscheidender Gesichtspunkt der Unterscheidungen zwischen Requisitionen und Reparationsentnahmen verwischt.
In der Regierungsbegründung wird wiederholt die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 14. November 1962 (NJW 1963 S. 32) zitiert. Dabei wird übersehen, daß sich diese Entscheidung lediglich auf Sachverhalte bezieht, in denen bereits vor Kriegsende Ansprüche gegen das Deutsche Reich entstanden waren. Das Bundesverfassungsgericht stellt dementsprechend auch eindeutig fest, daß nach dem Zusammenbruch entstandene Ansprüche nach anderen Gesichtspunkten geregelt werden müssen. Um solche Ansprüche aber handelt es sich gerade bei denjenigen, die von den zu Reparationsleistungen in Anspruch genommenen Personen heute geltend gemacht werden.
13. Vor allem aber ist folgendes schon zu §§ 1 und 2 des Regierungsentwurfs zu sagen. Der Entwurf der Bundesregierung soll ebenso wie der vorliegende Gesetzentwurf der Ausfüllung des Vorbehalts in § 3 AKG dienen, d. h. die „Reparations"-
schäden regeln. Der Begriff Reparationsschaden ist ein ganz bestimmter, eng umrissener Begriff. Er ist in § 3 AKG klar formuliert, insbesondere nach der Richtung, daß es sich dabei um eine Vermögensentziehung „zum Zwecke der Reparation oder Restitution" handelt. Der Regierungsentwurf läßt nun einfach die Worte „zum Zwecke der Reparation" weg und glaubt, im Hinblick „auf den Zweck des Gesetzes" einen besonders „weitgefaßten" Begriff des Reparationsschadens prägen zu müssen. Diese Ausweitung des Reparationsschadensbegriffs über den Rahmen des § 3 AKG hinaus widerspricht dem Gesetzesvorbehalt in § 3 AKG. Sie führt zu einer Verwässerung des Reparationsschadenbegriffs, wie die Begründung des Regierungsentwurfs selbst zeigt. Der Begriff des Regierungsentwurfs erfaßt nämlich mit dem Wort Reparationsschaden sämtliche bereits
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im LAG geregelten Vertreibungsschäden, er umschließt ferner z. B. die Zerstörungsschäden sowie die Gelegenheits-, Folge- und mittelbaren Schäden und Umsiedlerschäden — so daß der Regierungsentwurf schließlich in TZ 29 selbst bekennen muß, daß die im spanischen Bürgerkrieg von 1936 bis 1939 eingetretenen Schäden nicht unter den Reparations-begriff fallen!
Diese Vermengung des Begriffs Reparationsschaden, eines Schadens also, der durch gezielte Maßnahmen der Besatzungsmächte nach Kriegsende entstanden ist, mit anderen allgemeinen und zufälligen Kriegs- und Kriegsfolgeschäden ist dem Regierungsentwurf deshalb möglich, weil er das in § 3 AKG erwähnte Begriffsmerkmal „zum Zwecke der Reparation" gänzlich fallen läßt. Auf diese Weise werden alle bestehenden rechtlichen Unterschiede verwischt und der Gesetzesvorbehalt des § 3 AKG in unzulässiger Weise ausgeweitet. Auf keinen Fall ist daher die Behauptung des Regierungsentwurfs, daß der erweiterte Begriff des Reparationsschadens sich bereits eingebürgert habe (TZ 28), zutreffend.
14. Was insbesondere die Vermischung des Begriffs der Reparationsschäden mit dem Begriff der Ost-Vertreibungsschäden anlangt, so darf auf die in rechtlicher wie in tatsächlicher Beziehung klaren Unterschiede hingewiesen werden.
Reparationsschäden sind durch staatliche Hoheitsakte verursachte und gezielte Vermögensentziehung. Die Aufbringung von Reparationen durch Private tilgte die der Bundesrepublik obliegende Reparationslast.
Vertreibungsschäden sind zwar auch gezielte Maßnahmen, aber sie haben im Gegensatz zu den Reparationsleistungen Privater keine Minderung der Reparationslast für die Bundesrepublik Deutschland gebracht. Weder durch die Vertreibungsschäden noch übrigens auch durch andere Kriegsfolgeschäden z. B. Zerstörungen, ist — im Gegensatz zu den Reparationsleistungen — eine Schuld der Bundesrepublik Deutschland bezahlt worden.
Grundlage der Reparationsmaßnahmen der Siegermächte war das Potsdamer Abkommen vom 2. 8. 1945. Es regelt die Reparationsfrage im Abschitt V, während die Gebietsabtrennungen an die Sowjetunion und Polen und die Vertreibung der deutschen Bevölkerungsteile aus Osteuropa in den Abschnitten VI, IX und XIII behandelt sind.
Die Gebietsabtrennung wurde nicht als Reparation angesehen und daher auch nicht in den Abschnitt V des Abkommens aufgenommen. Die Vertreibung deutscher Bevölkerungsteile aus Osteuropa und den unter fremde Verwaltung gestellten Gebieten, einschließlich der Konfiskation des gesamten Eigentums dieser Bevölkerungsgruppen, entsprang ebenfalls einer von den Reparationen völlig verschiedenen Motivationskette. Sie ist von der Beschlagnahme und Liquidation deutscher Auslandsvermögen zu Reparationszwecken im Sinne des Potsdamer Abkommens und der dieses Abkommen ausführenden Maßnahmen, z. B. des Kontrollratsgesetzes Nr. 5, scharf zu unterscheiden. Die primären Maßnahmen der Ausbürgerung und Vertreibung und die Komplementärmaßnahmen der Konfiskation des Vermögens sind Ausdruck einer totalitären, nationalen Staatspolitik gewesen.
Die Motivation der verschiedenen Maßnahmen und die formelle Trennung im Potsdamer Abkommen zeigen:
a) Die Reparationsmaßnahmen und die Vertreibungsmaßnahmen wurden von den Siegermächten als völlig verschiedene Dinge angesehen.
b) Die Alliierten verstanden unter den für Reparationsleistungen verfügbaren deutschen Vermögenswerte nur die nach Abzug der Vermögen in den abgetrennten deutschen Staatsgebieten und nach Abzug des Vermögens der vertriebenen deutschen Bevölkerungsteile verbleibende „Potsdamer Masse". Auf diese Masse bezogen sich die Reparationsforderungen der Siegermächte.
c) Die alliierten Reparationsmaßnahmen richteten sich nur auf Enteignung von Kapitalgütern, Schiffen und deutschen Auslandsvermögen, die dieser Masse zuzurechnen sind.
Die weiteren Maßnahmen im Zuge der Reparationspolitik liegen auf der Linie dieser Zweiteilung und beweisen den unterschiedlichen rechtlichen Charakter. Die — nur wenige Wochen arbeitende — interalliierte Reparationskommission, das Kontrollratsgesetz Nr. 5 und das Pariser Reparationsabkommen vom Januar/Juni 1946 haben die Gebietsabtretung, die Vertreibung und die mit ihr verbundene Konfiskation des Eigentums der Vertriebenen ebensowenig als Wiedergutmachungsleistungen Deutschlands betrachtet und bewertet wie die Außenministerkonferenz von Paris und Moskau 1946 und 1947. Als Reparationsquelle wurde stets nur die „Potsdamer Masse" angesehen. Auch das AHK-Gesetz Nr. 63, das die Reparationsmaßnahmen der westlichen Alliierten versteinerte und durch den Überleitungsvertrag „festgeschrieben" worden ist, geht von den Begriffen des Potsdamer Abkommens aus. Der mittelbare auf das Gesetz Nr. 63 Bezug nehmende, im Titel „Reparation" stehende Art. 5 des VI. Teils des Überleitungsvertrages, mit dem die Bundesrepublik sich gegenüber den Westalliierten zur Entschädigung der früheren Eigentümer der zu Reparationsleistungen herangezogenen Vermögenswerte verpflichtete, hat daher nur die Reparationen aus Kapitalgütern, Schiffen und deutschen Auslandsvermögen, nicht aber die Vertreibungsschäden im Auge.
Diese rechtliche Trennung zeigt sich auch an der verschiedenen Stellung des Lastenausgleichs für Vertriebene und der Entschädigung der Reparationsbetroffenen. Bereits das Kontrollratsgesetz Nr. 5 geht vom Grundsatz der Entschädigung für Reparationsleistungen aus, schiebt aber die nähere Regelung noch auf. Die in der Präambel des Währungsgesetzes dem deutschen Gesetzgeber übertragene Regelung des Lastenausgleichs bezog sich nur auf die Regelung der Vertreibungs- und Kriegsschäden. Es besteht „kein Zweifel, daß auch den Besatzungsmächten dabei n u r die Problematik der Vertreibungs- und der Kriegssachschäden" (Féaux de la
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 116. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 20. Februar 1964 5353
Croix „Die öffentliche Verwaltung" 62, S. 589 Nr. 8) und nicht die Reparationsverluste vor Augen standen. Die dann im § 29 des Umstellungsgesetzes auch legislativ zum Ausdruck gebrachte Unterscheidung zwischen dem Lastenausgleich und dem Reparationskomplex liegt auch dem Überleitungsvertrag im VI. und X. Teil — Art. 3 und 6 — zugrunde. Die im Kontrollratsgesetz Nr. 5 aufgeschobene Regelung wurde durch § 29 des Umstellungsgesetzes und Art. 5 des Sechsten Teils dahin getroffen, daß die Reparationsbetroffenen nicht einen Ausgleich der Lasten, sondern eine Entschädigung erhalten sollten.
Diese verschiedene Behandlung der Komplexe durch die Alliierten und die Anerkennung der Verschiedenheit durch die Bundesrepublik im Überleitungsvertrag schließt eine Gleichsetzung dieser Verluste, sei es unter einem verwässerten Begriff der Reparation, sei es unter dem Vulgärbegriff des Kriegsfolgenschadens, aus. Infolgedessen muß man — auch bei voller Berücksichtigung des harten, durch den Verlust der Heimat noch erschwerten Schicksales der Vertriebenen — der bitteren Tatsache ins Auge sehen, daß Deutschland durch diese Vermögenskonfiskation von seiner Reparationsschuld nicht befreit worden ist, sondern die Befreiung nur durch die Eigentümer der zu Reparationszwecken beschlagnahmten Vermögenswerte erlangt hat.
15. Eine ganz besondere Verwirrung des Begriffs „Reparationsschaden" stellt es dar, wenn der Regierungsentwurf in § 2 Abs. 2 als Reparationsschaden auch solche Schadensvorgänge bezeichnet, bei denen ein Reparationscharakter keinesfalls angenommen werden kann. Das ist z. B. der Fall bei den sogenannten Zwangsexporten von Schrott. Wenn also, wie es damals vorkam, Schrott zwangsweise exportiert worden ist, die Alliierten das Exportgut zu Weltmarktpreisen bezahlten und die Vergütung nach Abzug der Unkosten an deutsche Staatshaushalte abgeführt haben, so will der Regierungsentwurf dafür nur einen Lastenausgleichssatz gewähren. In Wirklichkeit ist in solchen Fällen eine volle Entschädigung de jure anzuerkennen.
16. Ähnliches ist zu sagen in bezug auf diejenigen Fälle, in denen bereits durch rechtskräftiges Urteil dem Geschädigten Ansprüche zuerkannt sind. Hier sieht § 49 des Regierungsentwurfs vor, daß nur Lastenausgleichsleistungen auch in den Fällen gewährt werden sollen, in denen bereits Entschädigungsansprüche nach Enteignungsgrundsätzen höchstrichterlich und rechtskräftig festgestellt sind. Daß diese Regelung ihrerseits nicht etwa nur eine Klarstellung, sondern eine glatte Enteignung enthält, die den Verfassungsvorschriften des Art. 14 Abs. 3 des Grundgesetzes widerspricht, bedarf nicht näherer Darlegungen. Nicht minder schweren und ähnlichen grundsätzlichen Bedenken begegnen die Vorschriften der §§ 2 Abs. 6, 13 Abs. 1 Ziff. 2 und 59 des Regierungsentwurfs; denn diese Bestimmungen sollen eine Einengung des Begriffs des Besatzungsschadens mit sich bringen, um der gefestigten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts für die Zukunft entgegentreten zu können.
Es ist schließlich schwer zu verstehen, wenn in § 14 Abs. 1 Ziffer 11 des Regierungsentwurfs bestimmte Leistungen zur Abwendung der Reparationsentnahme (§ 7 des Regierungsentwurfs) nicht als entschädigungsfähig bezeichnet werden. Die Leistungen zur Abwendung von Reparationsentnahmen sollten nach der Rechtsauffassung der Bundesregierung rechtswidrige Eingriffe der Alliierten in deutsches Volksvermögen verhindern. Es ist nicht einzusehen, warum und wann die Abwendung derartiger Eingriffe als ein „gegen die guten Sitten verstoßender Zweck" anzusehen ist, wie es in § 14 Abs. 1 Nr. 11 des Regierungsenwurfs heißt.
17. Aus den §§ 12 Abs. 1 und 36 Abs. 1 des Regierungsentwurfs geht hervor, daß juristische Personen nicht in den Genuß der im Gesetz vorgesehenen Ausgleichsleistungen kommen sollen. Diese Regelung widerspricht der Bestimmung des Art. 19 Abs. 3 des Grundgesetzes und der Verpflichtung, die von der Bundesrepublik in Art. 5 des VI. Teils des Überleitungsvertrags übernommen worden ist, schon deshalb, weil sie den Betroffenen praktisch den Status „früherer Eigentümer" ab erkennt.
Im übrigen beweist die Lage mancher deutscher juristischer Personen, vor allem der klein- und mittelständischen Unternehmen, daß die Behauptung der Regierungsbegründung zum angeblichen Schadensausgleich bei den juristischen Personen (TZ 91 Abs. 3) in der Allgemeinheit, mit der sie vorgetragen wird, nicht zutrifft. Entsprechende Behauptungen für natürliche Personen, die gewerbliche Betriebe unterhalten, könnten ebenfalls aufgestellt werden, was im Hinblick auf Art. 3 des Grundgesetzes erwähnt sei.
18. Bedenklich erscheint auch § 41 des Regierungsentwurfs. Diese Bestimmung soll die Bereinigung von Reichsverbindlichkeiten erleichtern. So verständlich diese Regelung ist, so läßt sie doch fiskalische Interessen zu sehr in den Vordergrund treten.
19. Die Begründung zum Regierungsentwurf ist aber auch in sich teilweise widersprüchlich. So sind z. B. die Auslandsschäden in TZ 188 Regierungsentwurf mit 12,6 Milliarden DM angegeben und in TZ 203 Regierungsentwurf mit 9,4 Milliarden DM. Diese beiden sich widersprechenden Angaben sind trotz der Erläuterungen in TZ 192 und 203 nicht auf einen Nenner zu bringen.
20. In der Rechtswissenschaft ist die Frage, ob den von den Reparationsmaßnahmen der Alliierten Betroffenen ein Rechtsanspruch gegen die Bundesrepublik zusteht, immer wieder ausführlich erörtert worden. Fast ausnahmslos sind alle Untersuchungen zu dem Ergebnis gelangt, daß die Bundesrepublik zur Abgeltung der eingetretenen Verluste in unmittelbarer oder entsprechender Anwendung der verfassungsmäßigen Entschädigungsvorschriften für Enteignungen (Art. 14 des Grundgesetzes verpflichtet ist. Im einzelnen dürfen folgende Abhandlungen angeführt werden:
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Jahrreis „Die Rechtspflicht der Bundesrepublik Deutschland zur Entschädigung für Reparations-und Demilitarisierungseingriffe der Kriegsgegner des Reiches in Privatvermögen", Köln 1950; Krüger „Wesen, Grund und Höhe des Reparationsentschädigungsanspruchs", Hamburg 1953; Erler, Direktor des Institutes für Völkerrecht der Universität Göttingen „Das Rechtsproblem der Bundesentschädigung für innerdeutsche Reparationsdemontagen", Göttingen 1958;
Seidl-Hohenveldern und Ipsen „Entschädigungspflicht der Bundesrepublik für reparationsentzogenes Auslandsvermögen", Heidelberg 1962;
Kaufmann, Rechtsberater der Deutschen Reichsregierung vor 1933 und der Deutschen Bundesregierung seit 1949 „Die Reparationsschäden", Tübingen März 1963 in: Archiv des öffentlichen Rechts, Band 88 S. 24 ff.
Die Begründung für die Entschädigungspflicht der Bundesrepublik ist allerdings unterschiedlich. Nach der einen Meinung handelt es sich bei den Reparationseingriffen der allierten Siegermächte um völkerrechtswidrige Maßnahmen, durch die unmittelbar eine Entschädigungspflicht der Bundesrepublik nicht begründet wurde. Die Vertreter dieser Auffassung sehen die Grundlage des Entschädigungsanspruchs in dem in Art. 3 des VI. Teiles des Überleitungsvertrages ausgesprochenen Verzicht der Bundesrepublik auf Einwendungen gegen die von den Alliierten getroffenen Maßnahmen. Infolge dieses Verzichts seien die gegen die Alliierten bestehenden Ersatzansprüche untergegangen. Art. 3 des VI. Teils des Überleitungsvertrages enthalte mithin eine Enteignung, für die die Bundesrepublik Entschädigung zu leisten habe.
Professor Dr. Erich Kaufmann vertritt die inzwischen weithin übernommene Meinung, daß die von den Alliierten zur Durchführung dieser Reparationsentnahmen getroffenen Maßnahmen enteignungsgleiche Eingriffe sind, die in stellvertretender Ausübung der deutschen Staatsgewalt vorgenommen wurden. Dabei kann es auf sich beruhen, ob die Reparationsmaßnahmen der Alliierten in rechtmäßiger Ausübung der deutschen Staatsgewalt erfolgt sind oder ob sie unrechtmäßig waren, da in beiden Fällen ein Anspruch gegen die Bundesrepublik begründet ist.
21. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes haben die Besatzungsmächte nach dem Zusammenbruch des deutschen Reiches die Ausübung der deutschen Staatsgewalt selbst übernommen. Dadurch erhielt die „von den Besatzungsmächten ausgeübte Oberste Gewalt einen doppelten Charakter. Dieser beruhte teilweise auf der Ausübung der Rechte, die die kriegerische Besatzung (occupatio bellica) den Besatzungsmächten verlieh. Die deutsche Staatsgewalt konnte dadurch in ihrem Kerngehalt nicht beseitigt werden. Soweit aber die Besatzungsmächte eine weitergehende oberste Regierungsgewalt in Deutschland beansprucht und ausgeübt haben, kann dies rechtlich nur dahin gedeutet werden, daß für den zwar rechtsfähig gebliebenen, aber handlungsunfähig gewordenen deutschen Staat die deutsche Staatsgewalt einstweilen treuhänderisch von den Besatzungsmächten wahrgenommen wurde. Legitimer Inhaber dieser Staatsgewalt blieb aber nach wie vor das deutsche Staatsvolk. Soweit die Besatzungsmächte diese Staatsgewalt ausübten, übten sie daher deutsche Staatsgewalt aus" (Beschluß des Großen Senats für Zivilsachen vom 20. Mai 1954, BGHZ 13, 265 ff., 294).
Dementsprechend hat der Bundesgerichtshof in verschiedenen Entscheidungen die Entschädigungspflicht des deutschen Staates für enteignungsgleiche Eingriffe der Besatzungsmächte bejaht, soweit diese Eingriffe in Ausübung deutscher Staatsgewalt erfolgt sind. In diesem Sinne hat der V. Zivilsenat einen Entschädigungsanspruch wegen der Entnahme von Baustoffen aus einem beschädigten Grundstück auf Grund einer Anordnung der britischen Militärregierung gemäß Art. 153 der Weimarer Reichsverfassung anerkannt, weil die „britische Militärregierung . . . damals stellvertretend für die nicht funktionsfähige Zentralgewalt" gehandelt habe (BGHZ 10 S. 255 ff.). Der III. Zivilsenat hat dem Eigentümer eines von der Besatzungsmacht beschlagnahmten Wagens mit der gleichen Begründung einen Entschädigungsanspruch nach Enteigungsgrundsätzen zuerkannt. Die gleichen Grundsätze hat der Bundesgerichtshof in zahlreichen weiteren Entscheidungen vertreten.
Es kommt also nach dieser Rechtsprechung darauf an, ob auch die Reparationsentnahmen der Alliierten in Ausübung deutscher Staatsgewalt oder, wie die Bundesregierung annimmt, in rechtswidriger Überschreitung ihrer Besatzungsbefugnisse erfolgt sind. Mit dieser Frage hatte sich der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes in seiner Entscheidung vom 31. Oktober 1962 (Außenwirtschaftsdienst des Betriebsberaters 1963, S. 22) auseinanderzusetzen. Er hat folgendes angeführt: „. . .Hierbei ist von dem Verhalten der Besatzungsmächte in Deutschland auszugehen, die nach dem Zusammenbruch zunächst die Staatsgewalt in Deutschland ausgeübt haben. Aus ihrem Verhalten ist zu entnehmen, daß sie im Bereich ihrer Besatzungszonen ebenfalls grundsätzlich von dem Territorialitätsprinzip ausgegangen sind und daß sie demzufolge Beschlagnahme- und Enteignungsmaßnahmen anderer Mächte im Gebiet ihrer Besatzungszonen nur mit ihrer Zustimmung anerkannt haben. Dabei haben sie zum Zwecke der Reparation und der Restitution in ihrer Besatzungszone gelegene Vermögenswerte auch an andere Staaten und an Angehörige anderer Staaten übertragen. Immer aber haben sie in diesem Zusammenhang die von ihnen in Anspruch genommene Staatsgewalt unmittelbar oder durch beauftragte Dienststellen ausgeübt."
Da der Bundesgerichtshof, wie sich aus der oben zitierten Rechtsprechung ergibt, die Entschädigungspflicht der Bundesrepublik für in Ausübung deutscher Staatsgewalt erfolgte Eingriffe der Alliierten stets bejaht hat, kann aus dieser Entscheidung des II. Zivilsenats nur der Schluß gezogen werden, daß den Reparationsgeschädigten nach der Ansicht des Bundesgerichtshofes ein Entschädigungsanspruch
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gegen die Bundesrepublik zusteht. Soweit deutsche Dienststellen an Reparationsmaßnahmen der Alliierten mitgewirkt haben, hat der Bundesgerichtshof die Entschädigungspflicht des deutschen Staates bereits in mehreren Entscheidungen anerkannt (vgl. BGH, NJW 59, S. 1037).
22. Auch die SPD-Fraktion hat sich für den Rechtsanspruch der Reparationsgeschädigten ausgesprochen. Sie hat das Zustimmungsgesetz zu den Pariser Verträgen für verfassungswidrig gehalten, weil es keine Entschädigungsregelung für die Reparationsgeschädigten vorsah.
„Der Kampf um den Wehrbeitrag", Bd. II S. 241 ff., (Schriftsatz der SPD-Fraktion vom 8. 10. 52 zu XI).
V. Rückerstattungsschäden
23. Nach dem Zusammenbruch bestimmte der Alliierte Kontrollrat in seiner Proklamation Nr. 2 vom 10. Oktober 1945, daß die Rückerstattung des jüdischen Vermögens zu erfolgen habe. In Ausführung dieser Proklamation haben die alliierten Militärregierungen durch Gesetze und Verordnungen die Rückerstattungspflicht in einer Weise geregelt, die den neuen Eigentümern früheren jüdischen Vermögens die Rückgabe an die früheren jüdischen Eigentümer auch dann zur Pflicht machte, wenn sie das Eigentum an diesen Vermögenswerten in einer sittlich nicht zu beanstandenden Weise erworben hatten. Insbesondere handelt es sich um jene Fälle, in denen die früheren jüdischen Eigentümer einen gerechten Kaufpreis erhalten hatten oder in denen der Erwerb des jüdischen Vermögens in einer dem früheren jüdischen Eigentümer günstigen Absicht erfolgt war. In allen diesen Fällen haben die Erwerber des jüdischen Vermögens durch die Rückerstattung einen von ihnen selbst nicht zu vertretenden Schaden erlitten, der seinen Grund letztlich in den Verfolgungsmaßnahmen des Staates gegen die jüdischen Bürger hat. Der Bundestag hat deshalb bereits in seiner 229. Sitzung am 11. September 1952 folgende vom Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht beantragte Entschließung angenommen (BT-Drucksache I, 3583 unter II) :
Die Bundesregierung wird ersucht, alsbald einen Gesetzentwurf über die Regelung der rückerstattungsrechtlichen Verbindlichkeiten des Deutschen Reiches und zur Behebung der durch die von der Besatzung vorgenommene Regelung der Rückerstattung entstandenen offenkundigen Härten vorzulegen. Dabei werden insbesondere folgende Gesichtspunkte zu beachten sein:
A.
B.
C. Das Gesetz soll auch offenkundige Härten der durch die besatzungsrechtlich angeordneten Rückerstattung mildern und den Rückerstattungspflichtigen einen Ausgleichsanspruch gegen den Bund geben, wenn ... (folgen im einzelnen die Voraussetzungen)
D. Unter den gleichen Voraussetzungen kann einen Ausgleich auch verlangen, wer wegen
eines Rückgriffsanspruchs auf Grund eines rechtskräftigen Urteils oder eines gerichtlichen Vergleichs einem Nacherwerber Schadensersatz geleistet hat.
E.
Der Schaden, welcher den sogenannten loyalen Rückerstattern durch die Erfüllung der ihnen durch die Gesetzgebung auferlegten Rückgabeverpflichtung entstanden ist, wird auf rund 1 Milliarde DM geschätzt.
VI. Zusammenfassung
24. Reparationsschäden. Es ist schon oben unter Textziffer 19 dieser Begründung ausgeführt worden, daß der Rechtsanspruch der Reparations-, Restitutions- und Rückerstattungsgeschädigten auf verschiedene Art zu begründen ist. Dieser Anspruch ergibt sich entweder aus dem Gesichtspunkt der Geschäftsführung ohne Auftrag oder aus Bereicherungsgesichtspunkten. Es ist durchaus denkbar, daß den Demontagebetroffenen ein Anspruch wegen ungerechtfertigter Bereicherung gegeben ist; denn die Bundesrepublik ist durch die von privater Seite erbrachten Reparationsleistungen von ihrer Verpflichtung zur Zahlung von Reparationen an die Alliierten befreit worden. Unter Berücksichtigung dieser Tatsache hat die Bundesrepublik, ähnlich wie es nach dem Ersten Weltkrieg geregelt war und entsprechend der von ihr übernommenen Verpflichtung im Überleitungsvertrag, die Reparationsgeschädigten insoweit zu entschädigen, als diese die Schuld des Deutschen Staates aus ihren privaten Vermögen bezahlt haben. Auch die These, daß der Bund im Überleitungsvertrag auf das zu Reparations- oder Restitutionszwecken entnommene Vermögen verzichtet habe, erscheint als eine durchaus mögliche Begründung für die den Reparationsgeschädigten zustehenden Rechtsansprüche. Es ist mit dieser Argumentation Art. 3 des Überleitungsvertrages angesprochen. In dieser Bestimmung mußte sich die Bundesrepublik verpflichten, in Zukunft keine Einwendungen mehr gegen die Maßnahmen zu erheben, die gegen das deutsche Inlands- und Auslandsvermögen zum Zwecke der Reparation und Restitution auf Grund des Kriegszustandes oder auf Grund von Abkommen der Alliierten und neutraler Staaten durchgeführt worden sind. Die Bundesrepublik mußte sich ferner verpflichten, den von den Alliierten mit Österreich abzuschließenden Staatsvertrag hinzunehmen.
Der Rechtsanspruch ergibt sich eindeutig daraus, daß die von den Alliierten zur Durchführung ihrer Reparationsentnahmen getroffenen Maßnahmen enteignungsgleiche Eingriffe sind, die in stellvertretender Ausübung der deutschen Staatsgewalt vorgenommen wurden. Dabei kann es auf sich beruhen, ob die Reparationsmaßnahmen der Alliierten in rechtmäßiger Ausübung der deutschen Staatsgewalt durchgeführt sind oder ob sie unrechtmäßig waren, wie es Professor Dr. Kaufmann in seinen Ausführungen vom März 1963 dargelegt hat.
25. Rückerstattungsschäden. Die rechtlichen Gesichtspunkte, nach welchen die Bundesrepublik zur
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Entschädigung der Rückerstattungsbetroffenen verpflichtet ist, sind in der 229. Sitzung des 1. Deutschen Bundestages, dessen Entschließung teilweise oben im Wortlaut wiedergegeben ist, bereits — wenigstens im wesentlichen — vorgetragen worden, so daß im einzelnen darauf Bezug genommen werden kann. Auch die bereits erwähnten Rückerstattungsgesetze der Alliierten sind in Ausübung deutscher Staatsgewalt erlassen worden. Die rechtlichen Erwägungen, welche zu diesem Ergebnis führen, sind die gleichen wie bei den Reparationsentnahmen, so daß insoweit auf die oben gemachten Ausführungen Bezug genommen werden kann. Wenn die Alliierten seinerzeit die Rückerstattung des den Verfolgten des Naziregimes entzogenen Vermögens nicht selbst geregelt hätten, so hätte sich der deutsche Gesetzgeber der Regelung dieser Materie annehmen müssen. Daß diese Absicht tatsächlich bestanden hat, erweist der in der 229. Sitzung des 1. Deutschen Bundestages von dem Abgeordneten Dr. Arndt (SPD) erwähnte Umstand, daß der süddeutsche Länderrat in Stuttgart bereits ein deutsches Rückerstattungsgesetz beschlossen hatte. Die amerikanische Besatzungsmacht hatte diesem Gesetz seine Zustimmung versagt, weil sie offenbar der Auffassung war, daß die von ihr selbst beabsichtigte Regelung geeigneter und zweckmäßiger sei.
Die schließlich durch die alliierte Gesetzgebung bestimmte Rückerstattung stellt für die loyalen Rückerstatter eine Enteignung dar, für die die Bundesrepublik in entsprechender Anwendung von Art. 14 des Grundgesetzes Entschädigung zu leisten hat. Darüber hinaus erscheint die Entschädigung dieser Rückerstattungsgeschädigten aber auch deswegen gerechtfertigt, weil sie ebenso wie die Reparationsgeschädigten durch das von ihnen erbrachte Sonderopfer eine Verbindlichkeit des deutschen Staates getilgt haben, der sich — wie auch die verschiedenen Wiedergutmachungsabkommen beweisen — die Bundesrepublik weder entziehen konnte noch wollte.
26. Keine Auswirkung auf andere gesetzliche Schadensregelungen. Wegen ihres abgegrenzten Rechtstatbestandes kann die Regelung dieses Gesetzentwurfes ebensowenig eine Auswirkung auf andere Schadensregelungen, z. B. auf das Lastenausgleichsgesetz, haben, wie dies bei dem Gesetz über die Abgeltung von Besatzungsschäden, beim Gesetz zum Art. 131, bei der gesetzlichen Regelung der Verbindlichkeiten der Reichsbank, beim Altsparergesetz und anderen Entschädigungsregelungen der Fall gewesen ist.
B
Besonderer Teil
27. Der Entwurf ist in drei Teile gegliedert. Der erste Teil enthält die Entschädigungsvorschriften und besteht aus den Abschnitten
a) allgemeine Vorschriften (§§ 1-17)
b) Entschädigung von Reparations- und Restitutionsschäden (§§ 18-25)
c) Entschädigung von Rückerstattungsschäden
(§§ 26-31).
Der zweite Teil enthält die Verfahrensvorschriften (§§ 32-47). Der dritte Teil (§§ 48-51) enthält die Schlußvorschriften.
28. Im ersten Abschnitt des ersten Teils sind vornehmlich die Begriffsbestimmungen enthalten. Mit Rücksicht darauf, daß der Regierungsentwurf eines Reparationsschädengesetzes von zum Teil gänzlich anderen Begriffen ausgeht, ist der diesem Gesetzentwurf zugrunde liegende Reparationsbegriff im folgenden kurz zu erläutern. Unter Reparationsschäden werden im vorliegenden Gesetzentwurf nur solche Schäden verstanden, welche durch Reparationsmaßnahmen der Siegermächte im Sinne des Potsdamer Abkommens verursacht worden sind. Daraus ergibt sich, daß Vertreibungsschäden und Kriegssachschäden keine Reparationsschäden sind. Der Regierungsentwurf, welcher auch die Vertreibungsschäden und eine Reihe von anderen nicht in diesen Zusammenhang gehörenden Schäden in den Reparationsbegriff einbezieht, setzt sich damit in Widerspruch zum bisherigen Sprachgebrauch, zur Rechtswissenschaft und zu allen amtlichen Äußerungen deutscher und alliierter Stellen.
Grundlage der Reparationsmaßnahmen der Siegermächte war das Potsdamer Abkommen vom 2. August 1945. Es regelt die Reparationsfrage im Abschnitt V, während die Gebietsabtrennungen an die Sowjetunion und Polen und die Vertreibung der deutschen Bevölkerungsteile aus Osteuropa in den Abschnitten VI, IX und XIII behandelt sind.
Als Reparationsquelle wurden nur zwei Wertgruppen genannt — Sachwerte aus dem Gebiet der Besatzungszonen (d. h., ohne das Gebiet östlich der Oder/Neiße) und das deutsche Auslandsvermögen. Die Gebietsabtrennung wurde nicht als Reparation angesehen und daher auch nicht in den Abschnitt V des Abkommens aufgenommen. Die Vertreibung deutscher Bevölkerungsteile aus Osteuropa und den unter fremde Verwaltung gestellten Gebieten, einschließlich der Konfiskation des gesamten Eigentums dieser Bevölkerungsgruppen, entsprang ebenfalls einer von den Reparationen völlig verschiedenen Motivationskette. Sie ist von der Beschlagnahme und Liquidation deutscher Auslandsvermögen zu Reparationszwecken im Sinne des Potsdamer Abkommens und der dieses Abkommen ausführenden Maßnahmen, z. B. des Kontrollratsgesetzes Nr. 5, scharf zu unterscheiden.
Die — nur kurze Zeit arbeitende — Interalliierte Reparationskommission, das Kontrollratsgesetz Nr. 5 und das Pariser Reparationsabkommen vom Januar/ Juni 1946 haben die Gebietsabtrennung, die Vertreibung und die mit ihr verbundene Konfiskation des Eigentums der Vertriebenen ebensowenig als Wiedergutmachungsleistungen Deutschlands betrachtet und bewertet wie die Außenministerkonferenzen von Paris und Moskau 1946 und 1947. Als Reparationsquelle wurde stets nur die „Potsdamer Masse" angesehen. Auch das AHK-Gesetz Nr. 63, das die Reparationsmaßnahmen der westlichen Alliierten versteinerte und durch den Überleitungs-
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vertrag „festgeschrieben" worden ist, geht von den Begriffen des Potsdamer Abkommens aus. Der mittelbar auf das Gesetz Nr. 63 Bezug nehmende, im Titel „Reparationen" stehende Art. 5 des VI. Teils des Überleitungsvertrages, mit dem die Bundesrepublik sich gegenüber den Westalliierten zur Entschädigung der früheren Eigentümer der zu Reparationsleistungen herangezogenen Vermögenswerte verpflichtete, hat daher nur die Reparationen aus Kapitalgütern, Schiffen und deutschen Auslandsvermögen, nicht aber die Vertreibungsschäden im Auge (vgl. Féaux de la Croix Die öffentliche Verwaltung 62, 589 Nr. 8).
Zu einem Abgehen von diesem herrschenden Reparationsbegriff besteht um so weniger Veranlassung, als die Vertreibungsschäden, welche der Regierungsentwurf in den Reparationsbegriff einbezieht, bereits in der Lastenausgleichsgesetzgebung geregelt sind und nach dem Regierungsentwurf ohnehin nicht abgegolten werden, sollen. Die Gleichsetzung von Reparations- und Vertreibungsschäden erscheint aber auch deswegen nicht unbedenklich, weil die Reparationsverluste ihrer Natur nach endgültige Schäden sind, auf deren Ersatz die Bundesrepublik im Überleitungsvertrag ausdrücklich Verzicht geleistet hat. Durch die Gleichsetzung der Vertreibungsschäden mit diesen — endgültigen und unwiderruflichen — Reparationsschäden würde der Gesetzgeber die Auffassung zum Ausdruck bringen, daß auch die Vertreibungsschäden endgültig seien.
Der im vorliegenden Gesetzentwurf verwandte Reparationsbegriff erscheint mithin sachgerechter als die weder sachlich noch rechtlich begründete Ausweitung des Reparationsbegriffes im Regierungsentwurf.
29. Im zweiten Abschnitt des ersten Teils wird die Entschädigung der Reparations- und Restitutionsverluste geregelt. Der Gesetzentwurf geht hinsichtlich der Höhe der Schäden von der Reparationskartei der Bundesregierung aus; für solche Schäden, die nicht in dieser Kartei erfaßt sind, sieht er eine Nachbewertung nach den gleichen Richtlinien vor.
Die Entschädigung erfolgt sodann gemäß § 22 nach einer Staffel, die für die Schäden bis zu 50 000,— DM eine volle Entschädigung und für die darüber hinausgehenden Schäden je nach ihrer Höhe eine Entschädigung von 50 bis 20 v. H. vorsieht. Das bedeutet, je höher der einzelne Schaden ist, desto niedriger wird die Quote.
Dabei ist von der Tatsache ausgegangen, daß die meisten Schäden, nämlich 92 %, kleine und mittlere Schäden sind, d. h. Schäden bis zu 100 000 DM. Meist sind diese Schäden auch den kleineren und mittleren Unternehmen bzw. dem privaten Mittelstand erwachsen. Es handelt sich also insoweit auch um eine echte Mittelstandsangelegenheit.
Diese Schäden machen insgesamt einen Betrag von rund 770 Millionen DM aus, eine in Beziehung zu den Gesamtschäden verhältnismäßig kleine Summe.
Die vorgesehene Regelung entspricht dem Grundsatz, daß die Entschädigung unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen ist. Die Rücksicht auf die Interessen der Allgemeinheit erfordert es, wenigstens für die großen Schäden eine geringere Entschädigung zu gewähren, um die zur Abgeltung der Verluste erforderlichen Mittel in einem nach der Haushaltslage vertretbaren Rahmen zu halten. Die unterschiedliche Behandlung durch Degression der Entschädigungssätze ist angesichts der Konkurslage nach dem völligen Zusammenbruch rechtlich möglich und vertretbar.
Die Entschädigung soll, abgesehen von kleinen Schäden, deren Abgeltung in bar vorgesehen ist, in Schuldbuchforderungen oder Schuldverschreibungen des Bundes gewährt werden. Die Tilgung der Schuldbuchforderungen soll erst dann beginnen, wenn die Leistungen für die Hauptentschädigung nach dem Lastenausgleichsgesetz auslaufen. Auf diese Weise wird das vorrangige Interesse der Verfolgten und Vertriebenen an einem Ausgleich ihrer Verluste berücksichtigt.
30. Die Entschädigung der Rückerstattungsschäden erfolgt nach den gleichen Grundsätzen wie die Entschädigung der Reparations- und Restitutionsschäden. Für diese Schäden gilt lediglich die Besonderheit, daß ihre Bewertung nach dem Verkehrswert erfolgt. Diese Regelung erwies sich als notwendig, weil eine der Reparationskartei entsprechende Erfassung der Schäden nicht vorliegt und eine Bewertung dieser Schäden nach den für die Reparationskartei maßgebenden Richtlinien wegen ihrer meist anderen Natur nicht möglich erscheint.
Anlage 3
Schriftliche Begründung
des Abgeordneten Dr. Luda zu dem Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Gewerbeordnung (Drucksache IV/1821).
Seit einiger Zeit nimmt die Zahl der Diebstähle von Werken der bildenden Künste aus Kirchen und Kapellen in erschreckendem Maße zu. Von 1958 bis Mai 1963 sind allein in Bayern 551 Kirchen beraubt worden. Zu diesen Fällen zählt beispielsweise der Diebstahl der Madonna von Tilman Riemenschneider aus der Volkacher Wallfahrtskirche. Nur 162 dieser Diebstähle konnten aufgeklärt werden. Es ist jedoch davon auszugehen, daß es sich in etwa 60 % der Fälle uni gewerbliche Diebstähle handelt. Dem deutschen Kulturgut drohen somit unersetzbare Verluste.
Offenbar gewähren also die bestehenden Gesetze keinen ausreichenden Schutz. Durch die beantragte Ergänzung der Gewerbeordnung sollen die Landesregierungen in den Stand gesetzt werden, den Kunsthandel in der jeweils erforderlichen Weise zu kontrollieren. Die bloße Kontrollmöglichkeit wird den Kunsthandel sicher zu größerer Vorsicht beim Ankauf veranlassen und mit den Absatzchancen die Zahl der Diebstähle reduzieren.
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Anlage 4
Schriftliche Antwort
der Frau Bundesminister Dr. ,Schwarzhaupt vom 19. Februar 1964 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Dr. Dittrich (Drucksache IV/1884 Fragen XI/ 1 und XI/2) :
Trifft es zu, daß ca. 55 000 Arzneispezialitäten, die am 30. September 1961 im Handel waren, zur Registrierung beim Bundesgesundheitsamt angemeldet sind?
Nach § 54 Abs. 1 des Arzneimittelgesetzes sind von den Herstellern beim Bundesgesundheitsamt rund 58 000 Arzneispezialitäten, die am 30. 9. 1961 im Verkehr waren, zur Registrierung angemeldet worden.
Ist die Bundesregierung ebenfalls der Meinung, daß nach dem bisherigen Fortgang der Registrierung von Arzneispezialitäten etwa 15 Jahre vergehen werden, bis sämtliche angemeldete 55 000 Arzneispezialitäten registriert werden können?
Die Bundesregierung ist nicht dieser Meinung. Das Bundesgesundheitsamt wird diese Arbeit vermutlich in wesentlich kürzerer Zeit durchgeführt haben.
In der Zeit vom 1. 10. 1961-30. 1. 1964 sind im Bundesgesundheitsamt 3647 dieser Arzneispezialitäten, die am 30. 9. 1961 im Verkehr waren, registriert worden. In der gleichen Zeit wurden 2560 Arzneispezialitäten registriert, die am 30. 9. 1961 noch nicht im Verkehr waren. Insgesamt sind demnach 6207 Arzneispezialitäten registriert worden.
Bis zum 1. Oktober 1963 bestand im Bundesgesundheitsamt lediglich eine Arbeitsgruppe, bestehend aus einem wissenschaftlichen Mitarbeiter und einigen Hilfskräften, die diese Registrierung vornahm. Seit dem 1. Oktober 1963 ist eine zweite Arbeitsgruppe vorhanden. Auch mit diesen Kräften würden allerdings die „alten Arzneispezialitäten" nicht in angemessener Frist registriert werden können, zumal alle organisatorischen Möglichkeiten, mit denen sich das Verfahren beschleunigen läßt, bereits ausgeschöpft sind. Deshalb ist vorgesehen, das zur Zeit vorhandene Personal vorübergehend zu verdoppeln. Der Haushaltsausschuß des Deutschen Bundestages hat im Dezember vorigen Jahres gemäß § 14 HG 1963 die erforderlichen neuen Planstellen bewilligt, mit denen zwei weitere Arbeitsgruppen eingerichtet werden sollen. Sämtliche Stellen sind mit einem kw-Vermerk für 31. Dezember 1967 versehen. Das Einstellungsverfahren ist eingeleitet und zum größten Teil ,abgeschlossen. Schwierigkeiten haben sich lediglich bei der Besetzung der beiden BAT II-Stellen für die Leiter der neuen Arbeitsgruppen ergeben. Unter der Voraussetzung, daß die beiden zusätzlich geschaffenen Arbeitsgruppen in absehbarer Zeit ihre Arbeit aufnehmen können, ist damit zurechnen, daß die „alten Arzneispezialitäten" in 6 bis 7 Jahren registriert sein werden. Daneben werden laufend die neu in den Verkehr zu bringenden Arzneispezialitäten registriert.
Anlage 5
Schriftliche Antwort
der Frau Bundesminister Dr. Schwarzhaupt vom 19. Februar 1964 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Dr. Pohlenz (Drucksache IV/1884 Fragen XI/6 und XI/7) :
Ist der Bundesregierung bekannt, ob nach Inkrafttreten des Verbotes der Verwendung von Hexamin bei der Haltbarmachung von Fischpräserven dieser Konservierungsstoff von Teilen der Fischindustrie noch weiterverwendet wird?
Mitteilungen darüber, daß nach dem 31. Dezember 1963 Hexamethylentetramin zur Konservierung von Fischerzeugnissen entgegen den Bestimmungen des Lebensmittelgesetzes noch zugesetzt worden ist, liegen mir nicht vor. Rückfragen bei den obersten Landesbehörden der Küstenländer und des Landes Nordrhein-Westfalen haben ergeben, daß auch dort nichts über einen unzulässigen Zusatz des Konservierungsstoffes bekannt ist.
Sind die bei der Begründung der Antragstellung für die Fristverlängerung der Verwendung des Hexamins in der deutschen Fischindustrie angeführten Gefahren in irgendeiner Form sichtbar geworden?
Die Fischindustrie befürchtet existenzgefährdende Auswirkungen auf die Herstellerbetriebe von Fisch- und Krabbenerzeugnissen, wenn. Hexamethylentetramin nicht weiterhin verwendet werden darf. Solche Auswirkungen sind der Bundesregierung bisher nicht bekannt geworden. Nach unseren Erfahrungen reicht der Zeitraum von einem Monat für solche Feststellungen auch nicht aus.
In Betrieben, die Krabbenerzeugnisse herstellen, könnten sich nachteilige Auswirkungen frühestens im Frühjahr bemerkbar machen, da Krabben in den Wintermonaten nicht angelandet werden.
Anlage 6
Schriftliche Antwort
des Herrn Bundesministers Höcherl vom 18. Februar 1964 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Wächter (Drucksache IV/1915 Frage VI/3*).
Ist es mit dem Gleichheitsgrundsatz zu vereinbaren, wenn in verschiedenen Städten der Bundesrepublik im öffentlichen Dienst Beschäftigte, die unter gleichen Voraussetzungen leben, nach unterschiedlichen Ortsklassen besoldet werden?
In § 13 Abs. 3 des Bundesbesoldungsgesetzes ist die Bundesregierung ermächtigt worden, durch Rechtsverordnung Anlagen und Einrichtungen für Sonderzwecke von der Ortsklasse ihrer Gemeinde auszunehmen und einer höheren Ortsklasse zuzuteilen, wenn ihr Verbleiben in der Ortsklasse ihrer Gemeinde eine erhebliche Härte bedeutet oder unabweisbare dienstliche Belange es erfordern. Die Bundesregierung hat von dieser Ermächtigung Gebrauch gemacht, wenn die bezeichneten gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt waren. Da hiernach die Besoldung nach unterschiedlichen Ortsklassen entweder dem Ausgleich einer erheblichen Härte oder der Berücksichtigung von dienstlichen Belangen dient, kann der Gleichheitsgrundsatz nicht verletzt sein.
*) Siehe 114. Sitzung Seite 5190 C