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ID0409620500

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    6. Finanzen.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag 96. Sitzung Bonn, den 14. November 1963 Inhalt: Abg. Mischnick — stellvertretendes Mitglied des Wahlprüfungsausschusses . . 4367 A Fragestunde (Drucksache IV/1614 [neu]) Frage des Abg. Seuffert: Lärmbelästigung beim Flugplatz Schleißheim Hopf, Staatssekretär 4367 B, D, 4368 A, B Seuffert (SPD) 4367 D Ertl (FDP) 4368 A Mertes (FDP) . . . . . . . . 4368 A, B Frage des Abg. Dr. Steinmetz: Rechtsunwirksame Beförderungen in der früheren deutschen Wehrmacht Hopf, Staatssekretär 4368 C, D Dr. Steinmetz (CDU/CSU) . . . 4368 D Frage des Abg. Dr. Kohut: Unbewohnte Einfamilienhäuser in Wahn Dr. Dollinger, Bundesminister . 4369 A, B, C Dr. Kohut (FDP) . . . . . . . 4369 B, C Fragen des Abg. Dr. Aigner: Luitpold-Hütte in Amberg Dr. Dollinger, Bundesminister . . . 4369 C, 4370 B, C, D, 4331 A, C, D, 4372 A Dr. Aigner (CDU/CSU) . . . . 4370 A, B, 4371 A, B, 4372 A Frage des Abg. Dr. Eppler: Aktion Deutsch-Französische Freundschaft von Hase, Staatssekretär . . , 4372 B, C, D 4373 A Dr. Eppler (SPD) 4372 B Dr. Schäfer (SPD) 4372 C Dr. Mommer (SPD) 4372 C, D Frau Meermann (SPD) 4373 A Frage des Abg. Kaffka: Mit Moslems verheiratete deutsche Frauen Dr. Carstens, Staatssekretär . , 4373 B, C, D, 4374 A, B Kaffka (SPD) 4373 C Dr. Schäfer (SPD) 4373 C Jahn (SPD) 4373 D Dr. Rinderspacher (SPD) . . . . 4374 A, B Frage des Abg. Welslau: Einkommen einer Arbeitnehmerfamilie mit drei Kindern Blank, Bundesminister 4374 C II Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 96. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 14. November 1963 Frage des Abg. Welslau: Eigenheimerwerb einer Arbeitnehmerfamilie mit drei Kindern bei 700 DM Einkommen Lücke, Bundesminister . 4374 D, 4375 A, C Welslau (SPD) 4375 A Dr. Schäfer (SPD) 4375 B, C Dr. Aigner (CDU/CSU) . . . . 4375 D Frage der Abg. Frau Meermann: Verteilung der Mappe „Schwarz auf Weiß" Lücke, Bundesminister . . 4375 D, 4376 A Frau Meermann (SPD) . . 4375 D, 4376 A Frage des Abg. Dröscher: Uranerz-Verarbeitung im Steinautal Lenz, Bundesminister 4376 B, C Dröscher (SPD) 4376 B, C Frage des Abg. Dröscher: Verfälschtes Eigelb Frau Dr. Schwarzhaupt, Bundesminister . 4376 D, 4377 A, B, C Dröscher (SPD) . . . . 4376 D, 4377 A Dr. Roesch (SPD) 4377 A, B Frau Dr. Kiep-Altenloh (FDP) . 4377 B, C Frage des Abg. Folger: Bittere Mandeln Frau Dr. Schwarzhaupt, Bundesminister . . . 4377 C, 4378 A Folger (SPD) . . . . . . . . . 4378 A Frage des Abg. Dröscher: Signalanlagen innerhalb von Ortsdurchfahrten Dr. Dahlgrün, Bundesminister 4378 B, C, D, 4379 A Dröscher (SPD) 4378 C, D Fragen des Abg. Seidel (Fürth):: Verlegung amerikanischer Anlagen aus dem Langwassergebiet der Stadt Nürnberg Dr. Dahlgrün, Bundesminister . 4379 A, C Seidel (Fürth) (SPD) 4379 B, C Entwurf eines Sechsten Gesetzes über die Anpassung der Renten aus den gesetzlichen Rentenversicherungen sowie über die Anpassung der Geldleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung (Sechstes Rentenanpassungsgesetz — 6. RAG) (Drucksache IV/1584) — Erste Beratung —; in Verbindung mit dem Bericht der Bundesregierung über die Entwicklung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und der Produktivität sowie die Veränderungen des Volkseinkommens je Erwerbstätigen und über die Finanzlage der gesetzlichen Rentenversicherungen (Sozialbericht 1963) (Drucksache IV/1486) Blank, Bundesminister 4379 D Dr. Franz (CDU/CSU) 4381 D Dr. Schellenberg (SPD) 4384 B Spitzmüller (FDP) 4387 A Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Einkommensteuergesetzes (Abg. Dr. Burgbacher, Scheppmann, Arendt [Wattenscheid], Dr. Aschoff u. Gen.) (Drucksache IV/1555) — Erste Beratung — 4390 A Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Einkommensteuergesetzes (SPD) (Drucksache IV/1567) — Erste Beratung —; in Verbindung mit dem Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Einkommensteuergesetzes (SPD) (Drucksache IV/1568) — Erste Beratung — und dem Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Körperschaftsteuergesetzes (SPD) (Drucksache IV/1569) — Erste Beratung — Seuffert (SPD) 4390 B Dr. Dahlgrün, Bundesminister . . 4394 B Dr. Artzinger (CDU/CSU) . . . 4397 A Dr. h. c. Dr.-Ing. Möller (SPD) . . 4400 D Dr. Imle (FDP) . . . . . . . 4403 D Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Bundesentschädigungsgesetzes (2. ÄndG-BEG) (Drucksache IV/1550) — Erste Beratung —; in Verbindung mit dem Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Bundesrückerstattungsgesetzes (Drucksache IV/1549) — Erste Beratung — Dr. Dahlgrün, Bundesminister . . . 4406 B, 4423 A Dr. Böhm (Frankfurt) (CDU/CSU) . 4411 C Hirsch (SPD) 4418 A Dr. Kohut (FDP) . . . . . . . 4424 C Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 96. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 14. November 1963 III Entwurf eines Gesetzes über Umstellung der Abgaben auf Mineralöl (Drucksache IV/1473); Schriftlicher Bericht des Finanzausschusses (Drucksachen IV/1613, zu IV/ 1613) — Zweite und dritte Beratung — Dr. Bleiß (SPD) . . . . 4427 A, 4433 B Drachsler (CDU/CSU) . . . . . . 4429 C Dr. Imle (FDP) . . . . . . . . 4431 D Dr. Eppler (SPD) . . . . 4434 A, 4435 B Dr. Stecker (CDU/CSU) . . . . . 4434 D Mertes (FDP) . . . . . . . . . 4435 C Antrag betr. Vorlage des Entwurfs eines Gesetzes zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (SPD) (Drucksache IV/ 1494) Dr. Lohmar (SPD) . . . 4436 A, 4447 D Dr. Hahn (Heidelberg) (CDU/CSU) . 4439 A Dr. Hellige (FDP) . . . . . . . 4442 A Lenz, Bundesminister . . . . . . 4444 B Entwurf eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 16. Mai 1961 mit der Republik Togo über die Förderung der Anlage von Kapital (Drucksache IV/592) ; Schriftlicher Bericht des Wirtschaftsausschusses (Drucksache IV/884) — Zweite und dritte Beratung — 4448 C Neunundzwanzigste Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1963 (Zollkontingent für feste Brennstoffe) (Drucksache IV/1612) 4448 D Entwurf eines Gesetzes über den Übergang des zur Bundeswasserstraße Elbe gehörigen Nebenarms „Alte Süderelbe" auf die Freie und Hansestadt Hamburg (Drucksache IV/1593) — Erste Beratung — . . 4449 A Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Rennwett- und Lotteriegesetzes (Drucksache IV/1587) — Erste Beratung — . . 4449 A Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Offshore-Steuergesetzes (Drucksache IV/ 1589) — Erste Beratung — 4449 A Mündlicher Bericht des Ausschusses für wirtschaftlichen Besitz des Bundes über den Antrag des Bundesministers der Finanzen betr. Zustimmung zur Überlassung junger Anteile an wirtschaftlichen Unternehmungen an andere Bezieher als den Bund; hier: Kapitalbeteiligung des Landes Nordrhein-Westfalen und des Vereins für die bergbaulichen Interessen an der Treuhandstelle für Bergmannswohnstätten im rheinisch-westfälischen Steinkohlenbezirk mbH in Essen (Drucksachen IV/1389, IV/1610) 4449 A Schriftlicher Bericht des Ernährungsausschusses über den Antrag der Abg. Logemann, Sander, Wächter u. Gen. betr. EWG-Agrarpreispolitik (Drucksachen IV/ 1258, IV/1611) 4449 C Nächste Sitzung 4449 D Anlagen 4451 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 96. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 14. November 1963 4367 96. Sitzung Bonn, den 14. November 1963 Stenographischer Bericht Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich a) Beurlaubungen Arendt (Wattenscheid) * 15. 11. Dr. Arndt (Berlin) 31. 12. Dr. Arnold 15. 11. Dr. Atzenroth 15. 11. Bading 15. 11. Benda 14. 11. Bergmann * 14. 11. Berlin 20. 11. Birkelbach * 14. 11. Fürst von Bismarck 15. 11. Börner 15. 11. Dr. von Brentano 15. 11. Brese 16. 11. Burckardt 15. 11. Burgemeister 16. 11. Cramer 15. 11. Dr. Deist * 15. 11. Deringer 14. 11. Dr. Dichgans * 15. 11. Dopatka 18. 11. Dorn 14. 11. Frau Dr. Elsner * 15. 11. Etzel 15. 11. Fritsch 30. 11. Dr. Furler * 14. 11. Goldhagen 16. 11. Freiherr zu Guttenberg 15. 12. Hahn (Bielefeld) 15. 11. Hauffe 15. 11. Dr. Hesberg 14. 11. Holkenbrink 15. 11. Dr. Hoven 30. 11. Illerhaus * 14. 11. Kahn-Ackermann 15. 11. Kalbitzer 15. 11. Frau Kipp-Kaule 15. 11. Dr. Kliesing (Honnef) 14. 11. Knobloch 15. 11. Kreitmeyer 16. 11. Kriedemann * 16. 11. Dr. Krümmer 14. 11. Leber 15. 11. Lenz (Brühl) * 15. 11. Dr. Löbe 15. 11. Dr. Löhr 15. 11. Lücker (München) * 15. 11. Mauk * 15. 11. Merten 16. 11. Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Metzger 21. 11. Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller 14. 11. Freiherr von Mühlen 24. 11. Müller (Aachen-Land) 16. 11. Müller (Remscheid) 15. 11. Neumann (Allensbach) 16. 11. Ollenhauer 31. 12. Pöhler 15. 11. Porten 15. 11. Porzner 15. 11. Rademacher * 15. 11. Frau Renger 15. 11. Richarts * 15. 11. Dr. Schneider (Saarbrücken) 15. 11. Schoettle 31. 12. Dr. Seffrin 16.11. Seifriz 15. 12. Storch* 15. 11. Frau Strobel * 15. 11. Dr. Supf 15. 11. Dr. Freiherr von Vittinghoff-Schell 15. 12. Walter 14. 11. Weber (Georgenau) 15. 11. Weinkamm 15. 11. Wellmann 16. 11. Wendelborn 15. 11. Dr. Wilhelmi 16. 11. Wischnewski * 15. 11. b) Urlaubsanträge Freiherr von Kühlmann-Stumm 29. 11. Dr. Müller-Hermann 15. 12. * Für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments Anlage 2 Umdruck 359 Änderungsantrag der Fraktion der SPD zur zweiten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über Umstellung der Abgaben auf Mineralöl (Drucksachen IV/1473, IV/1613, zu IV/1613). Der Bundestag wolle beschließen: In Artikel 8 erhält Artikel 1 des Straßenbaufinanzierungsgesetzes folgende Fassung: „Artikel 1 Zweckbindung des Aufkommens der Mineralölsteuer Das Aufkommen an Mineralölsteuer, ,ausgenommen das Aufkommen aus der Besteuerung der 4452 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 96. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 14. November 1963 Schweröle und Reinigungsextrakte nach § 8 Abs. 2 des Mineralölsteuergesetzes, ist in Höhe von 55 von Hundert für Zwecke ides Straßenwesens zu verwenden." Bonn, den 14. November 1963 Ollenhauer unid Fraktion Anlage 3 Umdruck 357 (neu) Änderungsantrag der Fraktion der SPD zu Nummer 2 des Antrages des Finanzausschusses zu dem von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes über Umstellung der Abgaben auf Mineralöl (Drucksachen IV/1473, IV/1613, zu IV/1613). Der Bundestag wolle beschließen: In Nr. 2 b) des Ausschußantrags - Drucksache IV/1613 — wird der letzte Satzgestrichen und als gesonderter Entschließungsantrag als Buchstabe c wie folgt gefaßt: „c) Die Bundesregierung wird ersucht,alsbald Vorschläge zu unterbreiten, die die Wiettbewerbsverzerrungen durch das Eigenverbrauchsprivileg der Raffinerien zu Lasten konkurrierender mittelständischer Betriebe beseitigen." Bonn, Iden 14. November 1963 Ollenhauer und Fraktion Anlage 4 Umdruck 360 Änderungsantrag der Abgeordneten Dr. Imle, Mertes und Genossen zu Nummer 2 des Antrages des Finanzausschusses zu dem von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes über Umstellung der Abgaben auf Mineralöl (Drucksachen IV/1473, IV/1613, zu IV/1613). Der Bundestag wolle beschließen: In Nr. 2 b) des Ausschußantrages — Drucksache IV/1613 — wird der letzte Satz gestrichen und als gesonderter Entschließungsantrag als Buchstabe c wie folgt gefaßt: „c) Die Bundesregierung wird ersucht, Vorschläge zu unterbreiten, wie eine Wettbewerbsgleichheit mittelständischer Unternehmen gegenüber dem Eigenverbrauchsprivileg der Raffinerien sichergestellt werden kann." Bonn, den 14. November 1963 Dr. Imle Mertes Dr. Danz Deneke Dr. Emde Ertl Frau Dr. Flitz (Wilhelmshaven) Dr. Hamm (Kaiserslautern) Dr. Kohut Logemann Dr. Mälzig Margulies Murr Peters (Poppenbüll) Dr. Rieger (Köln) Dr. Rutschke Soetebier Zoglmann Anlage 5 Umdruck 358 (neu) Entschließungsantrag der Fraktion der SPD zur dritten Beratung des von .der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über Umstellung der Abgaben auf Mineralöl (Drucksachen IV/1473, IV/1613, zu IV/1613). Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird ersucht, 1. zu prüfen, ob der 2. Vierjahresplan für den Ausbau der Bundesfernstraßen durch die starke Entwicklung der Motorisierung überholt und 2. gegebenenfalls bis zum 31. März 1964 einen modifizierten 2. Vierjahresplan vorzulegen, der es ermöglicht, unter voller Ausschöpfung der Straßenbaukapazität den Ausbau des Bundesfernstraßennetzes an die Motorisierung anzupassen. Bonn, den 13. November 1963 Ollenhauer und Fraktion
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    Rede von Martin Hirsch


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Man soll sich in der Politik keine Illusionen machen. Ich habe gewußt, welche Mißverständnisse und Irrtümer in der deutschen Bevölkerung über das bestehen, was wir Wiedergutmachung nennen. Ich habe gewußt, daß man glaubt, nur Juden bekämen Wiedergutmachungsleistungen. Ich habe gewußt, daß man glaubt, das sei mehr oder weniger freiwillig an die Juden hinausgeworfenes Geld; und ich habe gewußt, daß das keine sehr populäre Sache ist. Aber ich bin in der Meinung hierher gekommen, daß der federführende Minister für Wiedergutmachung, nämlich der Herr Bundesfinanzminister, wenigstens über die Rechtsgrundlagen der Wiedergutmachung Bescheid wüßte und über Idas, worum es dabei geht und welche Verpflichtungen wir als Deutsche haben. Herr Minister, meine persönliche Wertschätzung für Sie läßt mich annehmen, daß Sie falsch unterrichtet sind. - Herr Professor Böhm hat Ihnen in der ihm eigenen, sehr ruhigen Art einiges gesagt. Ich muß im Gegensatz zu meiner Absicht das noch etwas unterstreichen, was er gesagt hait.

    (Abg. Jahn: Sehr gut!)

    Herr Minister, Sie gehen davon aus, wir Deutsche, die Bundesrepublik Deutschland, hätten keine Verpflichitung gegenüber den Naziopfern. Dabei vergessen Sie zunächst einmal ganz offensichtlich, weil Sie bei dieser Ihrer Auffassung auf die Auswirkung der Verträge mit der Claims Conference und mit Israel abstellen, 'daß es in Deutschland nicht nur jüdische Verfolgte gegeben hat. Herr Minister, in Deutschland sind nicht nur Juden verfolgt worden, sondern Geistliche aller Konfessionen, Zentrumsleute, Leute von der Bayerischen Volkspartei, Sozialdemokraten, Kommunisten, Leute der konservativen Richtung — Graf Stauffenberg und andere!

    (Abg. Jahn: Sehr wahr!)

    Nicht nur Herr Dr. Hundhammer und Herr Breitscheid, sondern auch Herr Dr. Adenauer und Graf Stauffenberg und Herr Ulrich von Hassel und nicht zuletzt Dr. Kurt Schumacher. In Deutschland sind durch die Nazis verfolgt worden der Präsident dieses Hauses und einige der Vizepräsidenten dieses Hauses und sehr viele Mitglieder dieses Hauses, auf die wir stolz sind.

    (Sehr wahr! bei der SPD.)

    Man kann unmöglich damit argumentieren, daß diese Gruppe der deutschen Verfolgten, die praktisch für uns das Kapital 'dargestellt haben, mit dem wir nach 1945 personell wieder halben aufbauen können,

    (Zustimmung bei der SPD)

    irgendwelche Verzichterklärungen über die Claims Conference abgegeben hätten.
    In unserer Öffentlichkeit denkt man immer „Milliarden für die Juden" und vergißt dabei, daß ein Viertel der Wiedergutmachungsanträge von deutschen Verfolgten stammt und daß ein Viertel der Geldleistungen nicht an Juden geht, sondern an deutsche Verfolgte. Man sollte meinen, gerade wir in diesem Hause sollten stolz darauf sein, daß es so ist, daß es Leute im Dritten Reich gegeben hat, die dem Teufel widerstanden haben.

    (Beifall bei der SPD und in der Mitte.)

    Ein anderes, Herr Minister! Sie haben sehr eingehend ausgeführt — Herr Professor Böhm hat Ihnen schon widersprochen, und er muß es weiß Gott wissen, denn er war dabei —: Die Verhandlungen mit Israel und mit der Claims Conference haben zu einem Programm geführt — so heißt es wörtlich im englischen und deutschen Text —, nachdem die Bundesrepublik gesagt hat, daß sie Wiedergutmachungsgesetze machen würde. Daß das ein Mindestprogramm war, hat Herr Professor Böhm schon gesagt. Es konnte nur ein Mindestprogramm sein. Ich wundere mich. Herr Professor Böhm hat nämlich schon im Jahre 1956 in seiner Rede zu dem damaligen BEG sehr eindeutig dem Finanzministerium erklärt, warum man nicht irgendwelche Dinge hinsichtlich einer Begrenzung der Wiedergutmachungsleistung mit dem Israel-Vertrag und mit dem Vertrag mit der Claims Conference begründe könne. Das war 1956, Herr Finanzminister. Inzwischen sind sieben Jahre vergangen, und gerade in diesen sieben Jahren hat es sich leider herausgestellt — ich darf nur den Eichmann-Prozeß erwähnen —, daß der Umfang der Verbrechen in den Jahren zwischen 1933 und 1945 sehr, sehr viel größer gewesen ist, als das der schlimmste Pessimist hätte annehmen können.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Hätten wir das nämlich damals 1945 gewußt, Herr Minister, wäre es schlimm um uns bestellt gewesen. Ein Trost oder eine Entschuldigung für uns Deutsche konnte immer nur sein, daß die meisten oder viele von uns nicht gewußt haben, was geschehen ist.
    Nun meinen Sie außerdem, abgesehen von Ihrer Argumentation aus den Verträgen: Wo sei überhaupt ein Rechtsgrund für die Leistungen? Das Deutsche Reich sei untergegangen und habe Bankrott gemacht, und die Bundesrepublik habe lediglich eine moralische Pflicht, etwas zu geben. Es mag sein, das Deutsche Reich hat Bankrott gemacht. Aber wer Konkurs macht, muß seine Verpflichtungen immerhin im Rahmen der Konkursordnung, im Rahmen einer Konkursquote erledigen. Die Bundesrepublik ist im Begriffe, das zu tun. Sie kann selbstverständlich nicht für all das bezahlen, was Hitler uns an Schuld hinterlassen hat, sie kann nicht bezahlen, was er uns durch vorsätzliche Verbrechen hinterlassen hat, und sie kann auch nicht bezahlen, was er fahrlässig verschuldet hat an den Kriegsopfern, Heimatvertriebenen und all den anderen. Aber die Bundesrepublik muß sich überlegen, was ihre Verpflichtungen sind. Sie muß sich überlegen, welche Verpflichtungen vorrangig sind. Sie ist als ehrlicher Schuldner, der Konkurs gemacht hat, verpflichtet, so ehrlich wie nur möglich in dem größtmöglichen Umfang diese Verpflichtungen zu erfüllen.

    (Abg. Jahn: Ehrenschuld!)




    Hirsch
    Ich würde mich nicht wohlfühlen in einem Staate, der versuchen würde, wie ein „krummer" Konkursschuldner, wie ein schlechter Konkursschuldner mit Tricks seinen Verpflichtungen zu entgehen. Meine Damen und Herren, wenn eine Aktiengesellschaft Pleite gemacht hat, dann muß sie erst ihre Schulden bezahlen, bevor sie an ihre Aktionäre etwas zahlen kann.

    (Zuruf von der CDU/CSU: So kann man doch nicht argumentieren!)

    — Das mag überspitzt klingen, aber im Kern ist es richtig, Herr Kollege. Wenn es ein göttliches oder menschliches Recht auf dieser Erde gibt, meine Damen und Herren, dann ist jemand, ob eine Person oder ein Staat, der vorsätzlich gemordet hat, der gestohlen hat, der geraubt hat, der geschändet hat, der die Menschenwürde mit Füßen getreten hat, verpflichtet, mindestens den daraus entstandenen materiellen Schaden wieder gutzumachen. Das ist eine Verpflichtung, die es in jedem Recht dieser Welt gibt. Bei primitivsten Negervölkern gibt es diese Verpflichtung, und selbstverständlich gibt es diese Verpflichtung auch für uns.
    Hätte es nicht diesen Staatskonkurs gegeben, so hätte das Deutsche Reich und hätte die Bundesrepublik diese Verpflichtung aus dem Gesichtspunkt der unerlaubten Handlung — §§ 823 ff., 839 in Verbindung mit der Weimarer Verfassung und dem Bonner Grundgesetz — im Rahmen des echten Schadensersatzes bezahlen müssen.

    (Abg. Jahn: Sehr wahr!)

    Es ist gut und richtig, Herr Professor Böhm, daß Sie herausgestellt haben, daß die Entschädigungsgesetze, ob Bundesentschädigungsgesetz oder Bundesrückerstattungsgesetz, den Verfolgten nicht etwas gegeben haben, sondern daß sie genau genommen in Erschöpfung der Möglichkeiten des Art. 135 a des Bonner Grundgesetzes eingeschränkt hat, was die Betroffenen sonst hätten beanspruchen können.

    (Sehr wahr! bei der SPD.)

    Ein Drittes, Herr Minister. Sie sind davon ausgegangen — zwar nicht direkt, aber indirekt —, die Wiedergutmachung an den Nazi-Opfern sei auch so etwas wie eine Erledigung der Kriegsfolgen. Sie haben es sogar für richtig gehalten, zu sagen — ich glaube, das war ein falscher Zungenschlag, ich möchte es hoffen! —, man dürfe doch bei diesen Forderungen, auch bei den Wiedergutmachungsgesetzen nicht vergessen, daß Hitler gelebt habe.

    (Abg. Jahn: Was soll das heißen?)

    Nun, Herr Seuffert hat das in einem ganz anderen Zusammenhang gesagt, nämlich als er darüber sprach, daß die Gruppen, die zum Teil wie das ganze deutsche Volk in einem Boot mit Hitler und den Führern gesessen haben — sie waren das Volk, und der Führer hat sie geführt —, nicht vergessen sollten, daß es Hitler gegeben habe. Aber man kann wirklich nicht gut, wenn man nicht sehr taktlos werden will, ausgerechnet den Nazi-Opfern sagen: Vergeßt nicht, daß Hitler gelebt hat!

    (Beifall bei der SPD.)

    Ihnen nun aber wirklich nicht!

    (Abg. Jahn: Ein Skandal!)

    Ein weiterer Irrtum bei Ihnen, Herr Minister! Ihre Referenten haben Sie nicht gut informiert. Sie haben immer nur davon gesprochen, in dem BEG und im Rückerstattungsgesetz gebe es Härten. Da gibt es sicherlich auch viele Härten. Aber es gibt noch viel Schlimmeres. Es gibt in unseren geltenden Gesetzen, insbesondere im Bundesentschädigungsgesetz, wirkliche Lücken und wirkliche Fehler. Herr Minister, was ist es anders als wirklich ein Fehler, was ich Ihnen an folgendem Beispiel vorführen möchte? Sie haben sich zwar gegen Beispiele gewehrt. Das ist aber kein Einzelbeispiel, sondern ein charakteristisches Beispiel für unser geltendes Gesetz. Halten Sie folgendes für eine Härte oder für einen Fehler: Zwei Brüder sind im Sudetenland verfolgt worden. Dem einen ist es gelungen, aus dem KZ zu fliehen; er lebte in England. Sein Bruder ist erst 1945, nachdem er fünf Jahre im KZ war, nach England gekommen. Beide leben sie in England. Halten Sie es für richtig, daß derjenige, der weniger erlebt hat, der nämlich hat fliehen können und schon 1938 nach England gekommen ist, höhere Ansprüche hat als sein Bruder, der die ganze Zeit in der CSR war? Unser Gesetz, für das Sie nicht verantwortlich sind, sagt nämlich, man muß, um Ansprüche nach § 150 wegen Berufsschadens zu haben, vor der allgemeinen Vertreibung ins Ausland gegangen sein. Derjenige, der im KZ war, weil er von Hitler gehindert wurde, ins Ausland zu gehen, erhält jetzt eine geringere Entschädigung als derjenige, dem es besser gegangen ist. Das ist keine Härte, sondern ein Fehler des Gesetzes.

    (Zuruf von der SPD: Eine echte Ungerechtigkeit!)

    — Eine echte Ungerechtigkeit! Solche Ungerechtigkeiten enthält aber unser geltendes Recht in großer Menge.
    Das ist kein Vorwurf, insbesondere nicht gegen diejenigen, die im Jahre 1953 und 1956 die beiden Gesetze gemacht haben. Hier war eine völlig neue Aufgabe gestellt, für die es keinen Vorgang gab. Wenn wir heute ein neues Strafgesetzbuch machen, dann kann man die Erfahrungen aller Strafgesetzbücher der Welt nutzen und versuchen, ein gutes Strafgesetzbuch zu machen; das gleiche ist beim Bürgerlichen Gesetzbuch der Fall. Verbrechen dieser Art sind glücklicherweise in den mehr als tausend Jahren unserer Geschichte nicht passiert. Es hat kein Volk gegeben, das in der Neuzeit mit einer solchen Schuld behaftet war. Wenn nun das deutsche Volk versuchen wollte, diese Schuld materiell wiedergutzumachen, mußte es völlig neue Wege gehen. Keiner von uns, keiner von denen, die daran mitgearbeitet haben, konnte wissen, welcher Art die Verbrechen im einzelnen waren.. Keiner konnte wissen, welche Folgen sich daraus ergeben. Insbesondere konnte keiner übersehen, wie groß das Ausmaß des Schadens ist. Welche Fehler bei der Gesetzgebung passieren könnten und welche Lücken sich ergeben würden, das wußte keiner. Unsere Aufgabe ist es, endlich diese Lücken, soweit das menschenmöglich ist, zu schließen.
    Ich könnte Ihnen, Herr Minister, Hunderte solcher krassen Fälle wie den der beiden Brüder vorführen.



    Hirsch
    Es würde zu weit führen, und ich möchte Sie nicht ermüden. Die Krux unseres geltenden Bundesentschädigungsgesetzes ist, um es ganz grob zu sagen, folgende: es gibt Gruppen, die genau genommen eigentlich zuviel bekommen, und andere Gruppen, die zu wenig bekommen. Und es gibt leider Gottes schwer verfolgte Menschen auf dieser Welt und in Deutschland, die überhaupt nichts bekommen. Das ist keine Härte mehr.
    Hier hat ein Staat Menschen verfolgt und gequält, Eltern und Kinder ermordet. Er sagt nun denjenigen, die Ansprüche stellen: Du kannst nichts bekommen, weil du zu spät in den freien Westen gekommen bist. So ist das doch bei unserem geltenden Recht. Wer das Pech hatte, nach 1945 noch von den Sowjets zurückgehalten zu werden und erst nach 1953 in den freien Westen kam, dem sagt man bei uns: Es tut uns schrecklich leid, du hast den Stichtag versäumt, du bekommst nichts. — Wie soll das jemand, dem das passiert ist, verstehen? Bei diesen Leuten ist es so wie bei den beiden Brüdern: wer Schlimmeres erlebt hat, wird in unserem Recht benachteiligt. Das ist keine bloße Härte, sondern etwas, was man bereinigen muß. Es gibt viele solcher Beispiele. Ich bin bereit, Ihnen, Herr Minister — so wenig Zeit Sie haben, so wenig Zeit ich habe —, wenn Sie wollen, tagelang ununterbrochen solche Fälle vorzutragen. Ich bin überzeugt, Sie wären der letzte, der nicht einsehen würde, wie recht ich habe. Ich will Sie aber hier mit solchen Beispielen verschonen.
    Einen ganz charakteristischen Fall, der uns alle interessieren sollte, möchte ich aber doch noch vortragen. Es ist nicht ein Einzelfall, sondern ein typischer Fall. Es gab im ersten Weltkrieg eine Schwedin: Elsa Brandström, der Engel von Sibirien. Den meisten wird der Name geläufig sein. Sie hat sich um die Betreuung der deutschen Kriegsgefangenen in Sibirien im ersten Weltkrieg verdient gemacht. Diese Frau hat später einen Deutschen geheiratet, der Jude und Sozialdemokrat war. Das war ja 1933 etwas happig! Er mußte daher sofort fliehen, sonst würde er wahrscheinlich gleich eingesperrt worden sein. Seine Frau mußte von Goebbels hören — die Dokumente liegen alle vor —: „Bleib du ruhig hier; du bist ja sehr verdient um das deutsche Volk. Laß dich scheiden von diesem Juden, laß dich scheiden von diesem Sozialdemokraten, dann wirst du hier sehr geehrt sein." Als anständige Frau hat sie sich geweigert, das zu tun. Sie mußte befürchten, deswegen zur Verantwortung gezogen zu werden, und ist bei Nacht und Nebel ins Ausland gegangen, nach Amerika zu ihrem Mann. Inzwischen ist sie gestorben. Ihre Erben haben Ansprüche auf das Hab und Gut geltend gemacht, das sie, in Leipzig, glaube ich, zurücklassen mußte. Ihre Ansprüche hat man abgelehnt, und zwar nach unserem geltenden Gesetz durchaus zu Recht — wenn man das wörtlich auffaßt —, mit der Begründung: „Du, Elsa Brand-ström, bist ja gar nicht verfolgt worden, und wenn du freiwillig deinem Mann nachgefolgt bist, so war das zwar sehr anständig, aber einen Verfolgungstatbestand stellt das nicht dar."
    Meine Damen und Herren, mit Gerechtigkeit, wie ich sie verstehe, hat das aber nicht mehr das Allergeringste zu tun.

    (Zustimmung bei der SPD.)

    In einem Staat, der die Familie schützt, müßte es selbstverständlich sein, daß die mitverfolgte Frau genauso Entschädigung bekommt — soweit es überhaupt eine Entschädigung dieses Unrechts gibt — wie der Mann, wenn sie treu zu ihm gestanden hat.
    Es gäbe, wie gesagt, der Fälle viele. Ich will Sie damit verschonen. Aber glauben Sie mir bitte: wie mir geht es allen Mitgliedern des Wiedergutmachungsausschusses. Wir stehen in diesen Dingen an der Front. Wir bekommen die Briefe aus der Bundesrepublik, aus allen Teilen dieser Welt, und wir müssen sie beantworten. Und wenn Sie, meine Damen und Herren, solche Briefe bekommen, dann schicken Sie sie meistens an uns und schreiben: „Lieber Kollege Soundso, ich verstehe das nicht; bitte kümmere dich darum! Das kann ja nicht richtig sein!" — So lese ich das und höre ich das immer wieder. Dann lesen wir diese Briefe und müssen feststellen — Querulanten gibt es überall —: erstaunlich viele dieser Briefe geben ein Schicksal wieder, geben einen traurigen Fall wieder, und man braucht kein Jurist zu sein, um sagen zu müssen: Diesem Menschen ist Böses geschehen, dieser Mensch verdient eine Entschädigung, aber er bekommt keine. Und nun antworten Sie einmal dem Betreffenden! Stellen Sie sich einmal vor: was schreiben Sie den Betreffenden in einer solchen Situation? Man versucht es. Man versucht zu 'schreiben: „Das ,deutsche Gesetz sieht es nicht vor." Man sagt: „Stichtag 1953." Man versucht zu erklären, warum die Bundesrepublik ein sehr ehrenwerter Staat ist und viel besser als die Ostzone. All das schreiben wir ununterbrochen. Aber dann kriegen wir normalerweise einen Brief zurück, in dem steht: „Das ist ja alles gut und schön; aber müssen Sie nicht zugeben, daß mir Unrecht geschehen ist, und müssen Sie nicht zugeben, daß ich dafür eine Entschädigung verdiene?" Und in dem zweiten Brief kann ich dann nur schreiben: „Ja!" Sie alle würden genauso schreiben, meine Damen und Herren.
    Wenn dem aber so ist, müssen wir uns bemühen, ob es uns gefällt oder nicht, diese Dinge in Ordnung zu bringen. Ein Gesetz ist nämlich nicht gerecht, wenn es einigen etwas gibt und gleichzeitig anderen, die es genauso verdienen, das, was ihnen gebührt, vorenthält. Ich fühle mich nicht wohl, solange diese Dinge nicht einigermaßen, soweit es menschenmöglich ist, bereinigt sind.

    (Beifall bei der SPD.)

    Herr Minister, ich möchte wieder stolz sein, mich einen Deutschen nennen zu dürfen. Solange wir diese materielle Schuld haben und nicht bereit sind, so zu bezahlen, wie sich das gehört, kann ich nicht, so gern ich es möchte, stolz sein. Ich fühle mich wie ein Schuldner, der sich um die Verbindlichkeiten, die er zu bezahlen hat, drückt. Da helfen finanzielle Argumente allein nicht.

    (Zuruf: Das sind die schwächsten dabei!)




    Hirsch
    Finanzielle Argumente sind wichtig, und niemand verlangt von Ihnen, Herr Minister, daß Sie Ihren Haushalt überziehen, daß Sie die Währung gefährden. Sie werden uns immer an Ihrer Seite finden bei allen Bemühungen, die Währung zu sichern. Ganz sicher! Aber es geht um die Akzente, und es geht darum, daß man das tut, was man nur irgendwie kann.
    Es hat mir daher wehgetan, daß Sie uns hier gesagt haben, Sie erklärten jetzt schon mit ausdrücklicher Ermächtigung der gesamten Bundesregierung, daß Sie jeder Erweiterung der von Ihnen vorgelegten Regierungsvorlage in aller Form widersprechen würden. Ich glaube, das ist nicht nur kein guter Stil, sondern entspricht nicht dem demokratischen Leben in unserer Bundesrepublik.

    (Zustimmung bei der SPD.)

    Der Bundestag ist nicht der Notar der Bundesregie-
    rung.

    (Sehr gut! bei der SPD.)

    Sie können nicht heute schon sagen, daß Sie all das,
    was wir im Wiedergutmachungsausschuß, im Haushaltsausschuß oder in diesem Parlament erarbeiten,
    ablehnen, ohne überhaupt zu wissen, was herauskommt. Es könnte ja immerhin sein, Herr Minister
    — und ich hoffe es —, daß einiges von dem, was bei
    uns erarbeitet wird, auch Ihre Billigung findet. Man
    sollte solche Grundsatzerklärungen nicht abgeben,
    man sollte nicht von vornherein sagen: „Ich lehne
    es ab", ohne zu wissen, was man überhaupt ablehnt.

    (Sehr gut! bei der SPD.)

    Ein paar Worte zu den Gesetzen im einzelnen. Beide Novellen bringen Verbesserungen. Das sei dankbar anerkannt. Es ist besonders zu begrüßen, daß das Bundesrückerstattungsgesetz eine hundertprozentige Befriedigung aller Gläubiger bringt. Das war unumgänglich nach dem absoluten Mißerfolg mit dem „Fonds", den man nach dem alten BRüG mit der 1,5-Milliarden-Begrenzung geschaffen hatte. In dem Zusammenhang darf ich sagen: so gut gemeint Ihre Fondsideen — BRüG und BEG — vielleicht sein dürften, so sehr fürchte ich, daß sie genauso schiefgehen wie die Fondsidee mit den 1,5 Milliarden beim BRüG. Mit solchen Fonds haben wir alle schlechten Erfahrungen gemacht.
    Sosehr ich begreife, daß Sie gewisse Forderungen begrenzen wollen, sosehr muß ich darauf hinweisen, daß der Grundsatzstichtag 1953, auf den Sie und Ihre Vorgänger sich immer berufen, längst kein Grundsatzstichtag mehr ist.

    (Abg. Jahn: Sehr richtig!)

    Er ist durch die 16. Novelle zum Lastenausgleichsgesetz in voller Kenntnis der Konsequenzen zum Glück für die Sowjetzonenflüchtlinge gestrichen worden.

    (Abg. Jahn: Gott sei Dank! — Beifall bei der SPD.)

    Herr Minister, was den Sowjetzonenflüchtlingen
    recht ist, ist den politisch und rassisch Verfolgten
    billig.

    (Erneuter Beifall bei der SPD.)

    Es gibt kein Argument mehr gegen die Aufhebung
    dieses unheilvollen Stichtages. Wenn er auf einem
    Gebiet gefallen ist, müssen Sie ihn auf den anderen Gebieten ganz genauso fallenlassen. Ihr Haus hat das gewußt und hat trotzdem gegen die 16. Novelle keine Einwände erhoben, obgleich damals ausdrücklich auf die finanziellen Konsequenzen hingewiesen worden ist und obgleich Ihr Haus damals einen Katalog darüber ausgearbeitet hatte, wie sich die Aufhebung dieses einen Stichtages auf andere Gesetze auswirken würde.
    Die Idee, die Schwierigkeiten beim BRüG mit dem Fonds zu meistern, bedarf also gründlicher Überlegung. Ich würde mich wohler fühlen, wenn man dieses Problem anders löste, zumal es ja — auch darauf darf ich hinweisen — noch verfassungsrechtliche Fragen gibt. Es liegt ein Gutachten des immerhin nicht ganz unbekannten Professors Zweigert aus Hamburg vor, der in einer für mich sehr überzeugenden Art und Weise zu dem Ergebnis kommt, daß die Frist eröffnet werden muß. Wir werden uns mit diesem Gutachten auseinanderzusetzen haben. Ich weiß noch nicht, welches Ergebnis dabei herauskommt. Aber wie gesagt: Bedenken gegen den Fonds habe ich grundsätzlich.
    Im BRüG gibt es noch einige Kleinigkeiten, die anzuführen wären, auf die ich aber nicht eingehen möchte. Wir werden darüber im Ausschuß zu sprechen haben.
    Die Skala der Fragen, die im Bundesentschädigungsgesetz zu regeln sind, ist natürlich viel umfangreicher. Es geht um zwei sehr wichtige Grundsatzfragen.
    Einmal das Problem: Wie regelt man vernünftig die Gesundheitsschäden? Praktisch ist es dasselbe Problem, das sich auch bei den Kriegsopfern stellt. Es geht nämlich um die Frage, ob eine bestimmte Krankheit schicksals- oder anlagebedingt oder eine Folge der Verfolgung — bei den Kriegsopfern eine Folge des Krieges — ist. Meine Damen und Herren, ein Arzt, der das heute, im Jahre 1963, entscheiden soll, ist fürwahr überfordert.

    (Abg. Jahn: Oder ein medizinischer Beckmesser!)

    — Wir wollen das dahingestellt sein lassen. Er ist überfordert. Trotzdem soll er ein Gutachten machen. Wiederum ist es für den Verfolgten Glückssache, wie das Gutachten ausgeht. Gerade ein sehr korrekter Arzt wird sich sagen: kann sein, kann auch nicht sein; 50 : 50. Er wird erklären: Ich kann nicht sagen, daß es wahrscheinlich ist, und damit ist der Verfolgte schon um seinen Anspruch gebracht. Ein unkorrekter, böswilliger Arzt — auch solche soll es gehen; nicht alle Ärzte sind unbedingt Freunde der Verfolgten — wird von vornherein sagen: nicht wahrscheinlich. In Wirklichkeit muß sich der Arzt bei einer Herzkrankheit oder einer Magenkrankheit eines 65jährigen Menschen schon einen Ruck geben, um zu bestätigen: Das liegt wahrscheinlich an der Verfolgung, zumal alle Brücken-Symptome und so etwas meistens fehlen.
    Es ist gut, Herr Minister, daß Ihr Haus einen Vorschlag gemacht hat, der immerhin in die Richtung weist, wie man diese leidigen Dinge in der Praxis vereinfachen und zu einem vernünftigen Ergebnis führen kann. Ich meine den Vorschlag mit der Ver-



    Hirsch
    mutung: ein Jahr KZ gleich 25%ige Gesundheitsschädigung. Das ist ein sehr positiver Gedanke. Ich habe nur Bedenken, daß sich Ihr Haus darauf versteift, daß das nur für KZ-Häftlinge eigentlicher Art gelten dürfe. Ich vermag nicht recht zu verstehen, warum ein Zuchthausaufenthalt aus politischen Gründen von gleicher Dauer, warum ein Arbeitslageraufenthalt von gleicher Dauer und warum ein illegales Leben unter menschenunwürdigen Bedingungen von gleicher Dauer den Menschen nicht genauso mitgenommen haben soll.

    (Zustimmung bei der SPD.)

    Auch darüber werden wir uns noch unterhalten müssen.
    Erfreulich ist, daß Sie endlich die Witwen der vor 1953 verstorbenen Verfolgten zu ihrem Recht kommen lassen. Auch das war nämlich ein typischer Fall dieser Ungerechtigkeiten unseres geltenden Rechts.

    (Sehr wahr! bei der SPD.)

    Man hat den Witwen, deren Männer vor 1953 verstorbenen sind, keine Rente auf Grund des Berufsschadens ihres Mannes gegeben, wohl aber jenen Witwen, deren Männer nach 1953 verstorben sind. Wenn man ,es umgekehrt gemacht hätte, hätte das noch einen Grund haben können. Dann hätte man nämlich sagen können: Nun ja, nach 1953 hattest du dir wieder etwas erarbeitet und konntest für deine Witwe sorgen. Aber ausgerechnet der Witwe, deren Mann schon 1938 oder noch früher verstorben ist, nun zu sagen: Du bekommst keine Berufsschadenrente!, das war nicht nur eine Ungerechtigkeit, sondern ein Unsinn. Diesen Unsinn bereinigt der Entwurf, aber wiederum nur in dieser sehr zaghaften Art und Weise, daß Sie etwas geben und gleichzeitig etwas nehmen, nämlich in der Form, daß man den Witwen nicht ihr volles Recht gibt, sondern daß man es ihnen beschränkt gibt ab 1962 und sagt: dann wird die Kapitalentschädigung angerechnet. Bei den meisten Witwen führt das dazu, daß sie lange Jahre wiederum keinen Pfennig bekommen.
    Wenn man das schon macht — und man muß es machen —, muß man es so machen, als wenn die Witwe von vornherein richtig behandelt worden wäre. Dann gehört einfach in das Gesetz hinein: Diese Witwe bekommt ihre Rente wie alle anderen Witwen der nach 1953 Gestorbenen.
    Es gibt weitere Fragen, und es gibt eben — das haben Sie mit Recht gesagt — die ganz entscheidende Frage: post 53, also derjenigen, die erst nach 1953 in den Westen auswandern konnten. Daß diese Frage schwer zu lösen ist, daß sie ungeahnte finanzielle Probleme aufwirft, das weiß jeder Mensch, der sich mit den Dingen beschäftigt.
    Ich habe schon von dem Stichtag gesprochen. Wenn er bei der 16. Novelle gefallen ist, wird es Ihnen schwerfallen, den Stichtag ausgerechnet gegenüber den Nazi-Opfern zu verteidigen. Ich weiß nicht, ob Sie das schaffen werden, in dem Fall auch gegenüber der Weltöffentlichkeit. Daß Sie Angst davor haben, daß aus dem Problem der Nachdreiundfünfziger eines Tages das Problem der Nachdreiundsechziger werden könnte, nachdem gerade Israel danach strebt, daß möglichst viele weiteren Leute aus den Ostblockländern nach Israel auswandern können, daß Sie diese Sorge haben, verstehe ich. Natürlich wollen Sie abgrenzen können. Natürlich ist es Ihnen lieber, wenn Sie sagen können: Na gut, in Gottes Namen gebe ich für den Zweck noch soundsoviele hundert Millionen, aber keinen Pfennig mehr. Aber ob Sie das können, ob das bei — sagen wir einmal ruhig — unjuristischer Auslegung des Gleichheitsgrundsatzes möglich ist, das wage ich zu bezweifeln.
    Die Verbrechen sind nun einmal so ungeheuerlich und so umfangreich, daß wir das, was daraus an finanzieller Not entstanden ist, irgendwie fressen müssen. Wir werden ,es uns auch später nicht leisten können, daß irgendwo in der Welt jemand im Elend lebt und sagt: Das haben Hitler und seine Schergen verschuldet, aber ich kriege nichts; andere kriegen etwas; ich verstehe nicht, warum ich nichts bekomme; ich kann doch nichts dafür, daß ich erst dann und dann aus Polen herauskonnte; die Sowjets haben es mir ja nicht erlaubt. — Wir werden uns das sehr, sehr eingehend überlegen müssen, selbstverständlich unter Prüfung aller nur irgendwie einschlägigen finanziellen Fragen, aber wir können uns nicht von vornherein auf eine Konzeption festlegen. Das kann niemand von uns verlangen, das kann man auch dann nicht verlangen, wenn man an sich das Bestreben hat — und wir haben es fürwahr, meine Damen und Herren —, diese Sache wiederum so auszutragen wie 1952/53 und 1956, nämlich möglichst durch einen einstimmigen Beschluß dieses ganzen Hauses.
    Ich habe mir die Protokolle von damals sehr genau durchgelesen, und ich muß sagen, Worte, wie Sie, Herr Minister, sie heute gesagt haben, sind damals nicht gesagt worden, von niemandem in diesem Hause. Im empfehle Ihnen, einmal das nachzulesen, was Ihr Parteifreund Herr Dr. Reif damals in diesem Hause gesagt hat. Auch das wird Sie, glaube ich, nachdenklich stimmen,
    Im übrigen wird es darum gehen, sehr sorgfältig und unter Aufwendung aller Möglichkeiten, die wir haben, zu überprüfen, was wir noch tun müssen, und anschließend zu klären, ob wir es tun können und wie wir es tun können.
    Es gibt, Herr Minister, andere Möglichkeiten als die laufenden Haushaltsausgaben, um unter Umständen Schulden, 'die überhaupt nur auf längere Sicht bezahlt werden können, auch auf breitere Schultern zu legen. Warum soll man nicht Schuldverschreibungen ausgeben? Lassen Sie mich das als Laie einmal sagen. Warum soll man nicht eine Anleihe aufnehmen? Warum soll man nicht dafür sorgen, daß nicht all das in dieser kurzen Zeit von 15 oder 20 Jahren von uns allein bezahlt wird? Warum nicht? Man kann aber mit dem finanziellen Argument den Notwendigkeiten bestimmt nicht begegnen.
    Der Herr Bundeskanzler Adenauer hat in seiner Regierungserklärung 1961 davon gesprochen, die Wiedergutmachung sei eine Ehrenschuld des deutschen Volkes. Wir haben alle Beifall gezollt. Aber



    Hirsch
    wenige Tage später habe ich einen Brief von einer Dame aus Chikago bekommen, die in Berlin geboren war. Sie schrieb mir: Sehr geehrter Herr Hirsch, ich habe zunächst mit Freude gelesen, was Ihr Bundeskanzler gesagt hat, und ich habe mir das dann überlegt und mich gefragt: Was versteht man eigentlich in Deutschland unter einer Ehrenschuld? Da ist mir eingefallen, Herr Hirsch — schreibt sie mir —: eine Ehrenschuld bezahlt man doch eigentlich in 24 Stunden; und ich, Herr Hirsch, warte jetzt schon über 24 Jahre.
    Meine Damen und Herren, an das, was diese Frau geschrieben hat, sollten wir, glaube ich, alle denken, wenn wir im Ausschuß an die Beratung dieser Gesetze herangehen.

    (Beifall bei der SPD.)



Rede von Dr. Carlo Schmid
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Bundesminister der Finanzen.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Rolf Dahlgrün


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe mir die Rede des Herrn Kollegen Hirsch mit großer Aufmerksamkeit angehört und muß sagen, daß ich ihm in wesentlichen Punkten — ich möchte eigentlich sagen, in allen wesentlichen Punkten, insbesondere nach der menschlichen Seite hin — in vollem Umfang zustimme.

    (Abg. Jahn: Eine erfreulich schnelle Besserung!)

    Ich möchte, nachdem von Herrn Hirsch eine ganze Reihe von persönlichen Bemerkungen gemacht wurde, ruhig einmal ganz offen sagen, daß die Bearbeitung dieser Dinge für mich eine drückende Last ist, weil ich sehe, daß sich hier ein Berg von Ungerechtigkeit vor uns auftürmt, zu dessen Abtragung wir alle nicht in der Lage sind.
    Nun hat Herr Hirsch, ich möchte nicht sagen, mir zum Vorwurf gemacht, aber doch die Vermutung geäußert, ich sei nicht in vollem Umfang unterrichtet worden. Ich könnte replizieren, indem ich die Vermutung äußerte, daß Herr Hirsch meine Ausführungen vorhin, die ja recht lang waren, möglicherweise nicht ganz genau verfolgt oder das eine oder andere nicht verstanden habe. Ich habe mit keinem Wort erklärt, daß es hier auf einen Verzicht einer Organisation für andere ankomme. Die Claims Conference kann gar nicht für andere verzichten; es gibt über 200 jüdische Organisationen.
    Noch eine Bemerkung von Herrn Hirsch möchte ich aufgreifen. Ich habe keineswegs nur von jüdischen Verfolgten gesprochen, sondern habe an den verschiedensten Stellen meiner Ausführungen sehr deutlich zu erkennen gegeben oder ausdrücklich erwähnt, daß es leider Gottes eben eine Vielzahl von Verfolgtengruppen gibt.
    Ich kenne ebenso wie Herr Hirsch die Einzelbeispiele, die er hier, ich möchte sagen, dankenswerterweise einmal in aller Öffentlichkeit vor Augen geführt hat. Ich habe mit ihm über solche Fälle gesprochen, und ich sehe das ja selbst in meinem Hause. Ich bekomme diese Briefe, Herr Kollege
    Hirsch, ja genauso wie Sie. Aber ich möchte noch einmal wiederholen, was der Kern meiner Rede vorhin war: wenn ich von den Einzelfällen ausgehe, wenn ich auf Individualentschädigung losgehe, dann löse ich alle Begriffe auf; dann ist überhaupt niemand mehr in der Lage, auch nur zu schätzen, was danach zu leisten wäre. Das ist eben das Schreckliche bei dieser Geschichte, daß ich durch Normierung Grenzfälle schaffen muß, die entsetzlich sind. Die Festlegung von Stichtagen, die erfolgt, um einzugrenzen, muß zu solchen Fällen führen.
    Ich freue mich, daß Herr Kollege Hirsch unsere Idee anerkannt hat, durch Globalfonds in Höhe von immerhin eine Milliarde DM — 600 Millionen DM in dem einen, 400 Millionen DM in dem anderen Gesetz — den Versuch zu machen, wenigstens das Schlimmste zu bereinigen. Ich freue mich, daß Herr Kollege Hirsch diesen Versuch 'anerkannt hat. Ich stimme aber Herrn Kollegen Hirsch vollinhaltlich zu, daß die Erfahrungen mit solchen Fonds schlecht gewesen Sind. Ich habe mich gegen diese Fonds gewehrt; ich habe gefragt: Ist denn nicht die Möglichkeit gegeben, einen anderen Weg zu öffnen oder zu suchen? Es war nicht möglich, ich mußte diesen Weg gehen. Ich bin dabei — wie gesagt — mit Herrn Hirsch einer Meinung, es wird ein schwerer, schwieriger, steiniger Weg werden, und wir werden manche Enttäuschung erleben. Aber tun Sie mir doch den Gefallen und zeigen Sie mir eine andere Möglichkeit; machen Sie andere Vorschläge!
    Herr Hirsch hat hier so getan oder es so dargestellt, als ob der Stichtag der 16. Novelle mit diesem Stichtag etwas zu tun hätte. Es gibt 'darüber Streit; ich könnte hier Ausführungen dazu machen, daß man die Stichtage nicht vergleichen kann, daß andere Verhältnisse vorliegen. Aber bitte, meine Damen und Herren, die Stichtagsfrage kostet schlicht und einfach 6 Milliarden DM.

    (Abg. Hirsch: Wieso?)

    — Nun, ich rechne das nachher im Ausschuß vor.

    (Abg. Hirsch: Das müssen Sie hier erst einmal vorrechnen!)

    — Ich kann es hier letzten Endes nicht vorrechnen; das würde zu weit gehen.
    Ich möchte Sie nur an eines erinnern, Herr Kollege. Im Jahre 1957 muß es — wenn ich mich recht erinnere — gewesen sein, da hat Herr Bundesfinanzminister Schäffer von einem Volumen von 27 bis 29 Milliarden DM gesprochen. Das war in einer Rede in Plattling. Da ist man über den Herrn Kollegen Schäffer hergefallen und hat ihm gesagt, das seien ja völlig utopische, verrückte Zahlen, mit denen er jongliere; die könnten in der Wirklichkeit überhaupt nicht bestehen, hat damals der SPD-Pressedienst gesagt. Eine süddeutsche Tageszeitung hat erklärt: „Unverantwortliche Phantasiesummen", und eine jüdische Zeitung in Amerika, die heute erhebliche Erweiterungswünsche auf dem Gebiete der Wiedergutmachung vertritt, erklärte damals, man hoffe nur, daß am Ende des Entschädigungsprogramms überhaupt 10 bis 11 Miliarden DM heraus-



    Bundesminister Dr. Dahlgrün
    kommen würden. Nun, den Betrag hat man im Jahre 1959 oder 1960 längst erreicht.

    (Zuruf des Abg. Hirsch.)

    — Herr Hirsch, ich sage Ihnen ja: Helfen Sie mir, Wege zu finden, um die Forderungen und Wünsche zu befriedigen. Herr Kollege Hirsch, Sie wissen das ja selber; Sie sind ein hervorragender Fachmann auf diesem Gebiet. Ich weiß genau, daß Sie dieselben Zahlen wie ich haben, wenn Sie nachrechnen. Wir sind in den Finanzministerien von Bund und Ländern wirklich nicht daran interessiert, die Schätzungszahlen bewußt hochzutreiben. Das wäre für Finanzminister ein sehr gefährliches Spiel; denn wenn sie das tun, kriegt man sie darauf zu fassen. Aber wenn ich die ernsthaften Wünsche und Hoffnungen über die Entwürfe der Bundesregierung hinaus zusammenzähle, dann komme ich auf Mehraufwendungen von mindestens 20 Milliarden DM. Nehmen Sie es mir doch bitte nicht übel, letzten Endes stehe ich hier auch für die Länder der Bundesrepublik, mit denen ich diese Gesetzentwürfe, die ich heute eingebracht habe — Herr Hirsch weiß genau, was ich damit sagen will —, vorher erarbeitet und abgesprochen habe. Man hätte auch Verzögerungstaktik betreiben können.

    (Abg. Jahn: Wie lange hat es gedauert?)

    Das haben wir nicht getan, weil ich der Meinung bin, daß diese Dinge in die Diskussion, in das Parlament gebracht werden müssen, damit man sich über die Größenordnungen, über das, was hier geschieht, klar wird. Da muß ich Sie fragen, Herr Kollege Jahn: Wie wollen Sie die Mehraufwendungen in dieser Höhe bezahlen? Welche anderen Vorhaben soll ich kürzen, wo soll ich das Geld herholen, ohne daß ich die Steuern erhöhe und ohne daß ich den Lebensstandard senke? Denn ich kann auch nicht, wie Herr Hirsch vorgeschlagen hat, auf dem Anleihewege solche Dinge finanzieren, weil auch da Grenzen gesetzt sind, die ich einhalten muß. Es ist überhaupt in der letzten Zeit bei allen möglichen Vorhaben,. die viel Geld kosten, gesagt worden: Hol dir doch das Geld auf dem Anleihemarkt! Meine Damen und Herren, die Bundesrepublik Deutschland hat im laufenden Jahr 1963 zum erstenmal die im Haushaltsplan eingesetzten Anleihemittel auch tatsächlich in voller Höhe hereinholen müssen. — Herr Kollege Jahn, bitte!