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ID0407705800

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    Deutscher Bundestag 77. Sitzung Bonn, den 16. Mai 1963 Inhalt: Nachruf auf den Abg. Lünenstrass Vizepräsident Dr. Jaeger . . . . 3755 A Erweiterung der Tagesordnung . . . . . 3737 A Fragestunde (Drucksachen IV/1250, IV/1255) Frage des Abg. Marquardt: Schriften des Presse- und Informationsamtes von Hase, Staatssekretär . . . 3737 C, D Marquardt (SPD) 3737 C Fragen des Abg. Höhmann (HessischLichtenau) : Bundesfinanzhilfen für Folgeeinrichtungen bei militärischen Bauvorhaben 3737 D Frage des Abg. Schmidt (Kempten) : Englische Elektronengeräte für die Bundeswehr Hopf, Staatssekretär 3738 A Fragen des Abg. Felder: Verleihung des Bundesverdienstkreuzes an Offiziere Hopf, Staatssekretär 3738 B, C Felder (SPD) 3738 C Frage des Abg. Schmitt-Vockenhausen: Gebührenordnung für Maßnahmen im Straßenverkehr Dr. Seiermann, Staatssekretär . . . 3738 D, 3739 A, B Schmitt-Vockenhausen (SPD) . . . 3739 A Fragen der Abg. Frau Schanzenbach: Zugabteile für Reisende mit Kleinkindern und Abteile für Raucher und Nichtraucher Dr. Seiermann, Staatssekretär . 3739 B, C, D Frau Schanzenbach (SPD) . . . . 3739 C Frage des Abg. Dr. von Haniel-Niethammer: Schnellzugverbindung München—Rom Dr. Seiermann, Staatssekretär . . . 3739 D Frage des Abg. Berlin: Ersetzung von Bahnschranken durch Blinklichtanlagen in Lage Dr. Seiermann, Staatssekretär 3740A, B, D, 3741 A Berlin (SPD) . . . . . . . . 3740 B, D Spies (CDU/CSU) 3741 A Frage des Abg. Schmidt (Kempten) : Freifahrten für weibliche Beschäftigte der Bundesbahn . . . . . . . . 3741 A II Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 77. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 16. Mai 1963 Fragen des Abg. Müller (Remscheid) : Gastarbeiter und Bestimmungen über Waffenbesitz 3741 B Frage des Abg. Glombig: Äußerung des Bundesarbeitsministers zur Neuordnung der Kriegsopferversorgung Blank, Bundesminister . . . . 3741 C, D Glombig (SPD) . . . . . . . 3741 C, D Entwurf eines Gesetzes zu der Gemeinsamen Erklärung und zu dem Vertrag vom 22. Januar 1963 mit der Französischen Republik über die deutsch-fransösische Zusammenarbeit (Drucksache 1V/1157); Schriftlicher Bericht des Ausw. Ausschusses (Drucksache IV/1252) — Zweite und dritte Beratung — Dr. Furler (CDU/CSU) 3742 B Dr. Schmid (Frankfurt) (SPD) . . 3745 A Wehner (SPD) 3745 D Dr. von Brentano (CDU/CSU) . . 3748 B Dr. Mende (FDP) . . . . . . 3752 B Dr. Adenauer, Bundeskanzler . . 3753 A Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht (Drucksache IV/1224) — Erste Beratung — Dr. Bucher, Bundesminister 3755 B, 3760 B Dr. Wahl (CDU/CSU) . . . . . . 3756 C Dr. Reischl (SPD) . . . . . . . 3757 D Frau Dr. Diemer-Nicolaus (FDP) . . 3760 D Vizepräsident Dr. Schmid . . . . 3763 A Entwurf eines Gesetzes über Kreuzungen von Eisenbahnen und Straßen (Eisenbahnkreuzungsgesetz) (Drucksache IV/183); Schriftlicher Bericht des Verkehrsausschusses (Drucksache 1V/1206) — Zweite und dritte Beratung — Dr. Bleiß (SPD) 3764 A, D Lemmrich (CDU/CSU) 3764 B Eisenmann (FDP) 3765 D Wahl zum Wahlprüfungsausschuß . . . 3766 C Nächste Sitzung 3766 D Anlagen 3767 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 77. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 16. Mai 1963 3737 77. Sitzung Bonn, den 16. Mai 1963 Stenographischer Bericht Beginn: 9.02 Uhr.
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    . Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordneter) beurlaubt bis einschließlich Dr. Aigner* 16. 5. Arendt (Wattenscheid) * 16. 5. Dr. Arndt (Berlin) 31. 5. Dr. Atzenroth 17. 5. Dr.-Ing. Balke 17. 5. Bausch 16. 5. Bazille 17. 5. Bergmann * 16. 5. Beuster 10. 6. Birkelbach * 16. 5. Birrenbach 16. 5. Böhme (Hildesheim) 6. 6. Brünen 8. 6. Dr. Burgbacher* 16. 5. Corterier 31. 5. Cramer 17. 5. Dr. Deist* 16. 5. Deringer* 16. 5. Dr. Dichgans* 16. 5. Dr. Effertz 16. 5. Frau Dr. Elsner* 16. 5. Even (Köln) 18. 5. Faller* 16. 5. Figgen 15. 6. Franke 17. 5. Dr. Dr. h. c. Friedensburg * 16. 5. Funk (Neuses am Sand) 25. 5. Dr. Furler* 16. 5. Gontrum 17. 5. Gscheidle 16. 5. Dr. h. c. Güde 17. 5. Haage (München) 21. 5. Hahn (Bielefeld) * 16. 5. Dr. Harm (Hamburg) 17. 5. Heiland 19. 5. Dr. Hellige 17. 5. Hermsdorf 17. 5. Hirsch 24. 5. Höhmann (Hessisch Lichtenau) 17. 5. Dr. Huys 17. 5. Illerhaus 17. 5. Dr. Jungmann 18. 5. Kaffka 17. 5. Kalbitzer* 16. 5. Frau Kettig 22. 5. Killat 16. 5. Klinker* 16. 5. Dr. Kreyssig* 16. 5. Kriedemann* 16. 5. Kühn (Hildesheim) 18. 5. Lemmer 17. 5. Lenz (Brühl) * 16. 5. Dr. Löhr* 16. 5. Lücker (München) * 16. 5. Dr. Mälzig 17. 5. * Für die Teilnahme an einer Tagung des Europäischen Parlaments Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Margulies* 16. 5. Marx 17. 5. Mattick 17. 5. Mauk* 16. 5. Dr. h. c. Menne (Frankfurt) 16. 5. Dr. von Merkatz 17. 5. Metzger* 16. 5. Michels 16. 5. Missbach 18. 5. Dr. Mommer 15. 7. Dr. Morgenstern 17. 5. Müller (Nordenham) 17. 5. Müller-Hermann* 16. 5. Nellen 17. 5. Ollenhauer 17. 5. Peters (Norden) 19. 5. Dr.-Ing. Philipp* 16. 5. Frau Dr. Probst* 16. 5. Rademacher* 16. 5. Ramms 17. 5. Ravens 18. 5. Frau Renger 31. 5. Richarts* 16. 5. Rohde 16. 5. Sander 17. 5. Scheppmann 16. 5. Schulhoff 17. 5. Schwabe 16. 5. Seifriz* 16. 5. Soetebier 16. 5. Spitzmüller 17. 5. Dr. Stammberger 16. 5. Dr. Starke 16. 5. Stauch 17. 5. Dr. Stecker 18. 5. Stein 16. 5. Dr. Steinmetz 17. 5. Storch 17. 5. Frau Strobel* 16. 5. Sühler 17. 5. Dr. Toussaint 17. 5. Wächter 17. 5. Weinkamm* 16. 5. Wittmer-Eigenbrodt 31. 7. Zoglmann 31. 5. Anlage 2 Schriftliche Antwort des Herrn Staatssekretärs Dr. Westrick vom 14. Mai 1963 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Jacobi (Köln) (Drucksache IV/1217, Fragen IX/1 und IX/2) : Ist der Bundesregierung bekannt, daß bisher vom Saarland belieferte Versorgungsunternehmen des süddeutschen Raumes mit dem Ablauf des Kohlenwirtschaftsjahres (31. März 1963) nur noch zu wesentlich verschlechterten Preisen und Bedingungen mit Gaskohle beliefert werden? Ist die Bundesregierung der Überzeugung, daß die für das in Frage IX/1 erwähnte Geschäftsgebaren gegebene Begründung (Rationalisierungsmaßnahmen in Verbindung mit Grubenstilllegungen) zutreffend und vertretbar ist? 3768 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 77. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 16. Mai 1963 Zur Frage IX/1 Der Bundesregierung ist bekannt, daß ein Teil der Versorgungsunternehmen im süddeutschen Raum ab 1. April 1963 nicht mehr zu den bisherigen Sonderpreisen und -bedingungen von den Saarbergwerken beliefert wird. Die Saarbergwerke mußten sich seit dem Kohlenwirtschaftsjahr 1958/59 vielfach den Konkurrenzpreisen und den Sonderbedingungen des Ruhrbergbaus anpassen, wenn sie ihre Produktion bei den Versorgungsunternehmen. des süddeutschen Raumes absetzen wollten. Hierzu sind sie durch die Bestimmungen des Montanunion-Vertrages berechtigt. Es wurden daher mit einem Großteil dieser Verbraucher entsprechende langfristige Verträge mit unterschiedlichen Laufzeiten abgeschlossen. Soweit es sich hierbei um Verträge mit dreijähriger Dauer handelte, sind diese mit dem 31. März 1963 ausgelaufen. Neue derartige Verträge werden von den Saarbergwerken aus Erlösgründen 'vorerst nicht abgeschlossen. Wie bekannt, weist die Entwicklung im Steinkohlenbergbau im ganzen Bundesgebiet steigende Kosten auf, die bisher nur zum Teil durch Rationalisierungen, Stillegungen usw. ausgeglichen werden konnten. Infolgedessen sahen sich auch die Saarbergwerke gezwungen, verschiedene Preisvergünstigungen, die sie in früherer Zeit eingeräumt hatten, aufzuheben. Zur Frage IX/2 Diese Frage steht im Zúsamenhang mit der Frage IX/ 1. Wie hierzu bereits dargelegt, waren auch die Saarbergwerke zu Rationalisierungsmaßnahmen und im Zusammenhange damit zu Zechenstillegungen genötigt. Nach meiner Unterrichtung reichen die bisherigen Rationalisierungserfolge jedoch nicht aus, um die Erhöhung der Arbeits- und Materialkosten voll auszugleichen. Ein teilweiser Ausgleich muß daher anderweitig — d. h. über den Preis — gesucht werden. Die Bundesregierung sieht Preiserhöhungen selbstverständlich nicht gern. Andererseits aber ist es das Ziel der Energiepolitik, die Wettbewerbsfähig- I keit und Leistungskraft des Steinkohlenbergbaus zu steigern. Der Saarbergwerke AG kann es daher m. E. nicht verwehrt werden, ihre Erlöse durch maßvolle Preiskorrekturen zu verbessern, wenn der Markt eine solche Verbesserung erlaubt und diese Preiserhöhung durch die Kostenentwicklung bedingt ist. Jedenfalls erscheint es vernünftiger, den Weg einer maßvollen Preiskorrektur zu wählen, als sich im Wege von Subventionen den unerläßlich notwendigen Ausgleich zu verschaffen. Anlage 3 Schriftliche Antwort des Herrn Staatssekretärs Hopf vom 16. Mai 1963 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Höhmann (Hessisch Lichtenau) Drucksache IV/1250 (Fragen XII/1 und XII/2): Ist dem Herrn Bundesverteidigungsminister bekannt, daß Bundesfinanzhilfen für Schulbauten als Folgeeinrichtungen bei militärischen Bauvorhaben und Wohnsiedlungen teilweise so verspätet gewährt werden, daß die Schulausbildung der Kinder der am Dienstort wohnenden Soldaten gefährdet ist? ist es mit der Fürsorgepflicht des Staates gegeniiber seinen Soldaten vereinbar, daß die Bundesfinanzhilfen für Folgeeinrichtungen in ihrer Gesamtsumme weit unter dem tatsächlichen Bedarf liegen? Mir ist bekannt, daß seit einiger Zeit die Bundesfinanzhilfen mit erheblicher Verspätung gewährt werden. Dadurch treten Verzögerungen bei Schulbauten und bei anderen, insbesondere kommunalen Folgemaßnahmen ein, die für den Schulunterricht und für andere Dinge unangenehm sind. Die Verzögerungen in der Gewährung der Bundesfinanzhilfen liegen daran, daß die Geldmittel nicht ausreichen, um die nötigen Aufgaben schnell durchzuführen. Ich habe bereits angeregt, diese Sache in den zuständigen Ausschüssen des Deutschen Bundestages zu besprechen, um eine Abhilfe zu finden. Bis dies grundsätz4ich möglich ist, werde ich mit dem Bundesminister der Finanzen erwägen, Bindungsermächtigungen zu erlangen, damit wenigstens Zusagen für das nächste Jahr gegeben werden und damit die Gemeinden usw. endgültig planen und die Restfinanzierung sicherstellen können.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Heinrich von Brentano


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte die Gelegenheit benutzen, um zunächst den beiden Berichterstattern, den Herren Kollegen Furler und Schmid, für die sorgfältige Darlegung dessen, was im Auswärtigen Ausschuß geschehen ist, aufrichtig zu danken.

    (Allgemeiner Beifall.)

    Ich glaube, daß im Auswärtigen Ausschuß eine gute und erfolgreiche Arbeit geleistet worden ist. Schon bei der ersten Lesung haben wir erklärt — das möchte ich an den Eingang meiner Ausführungen stellen —, es sei wünschenswert, daß dieser Vertrag mit einer großen und eindringlichen Mehrheit verabschiedet werde, weil wir die Verständigung nicht zwischen den Regierungen von heute suchen, sondern zwischen den Völkern. Ich glaube, die Arbeit des Auswärtigen Ausschusses hat — wie die Erklärung des Herrn Kollegen Wehner bewiesen hat —. diese Verabschiedung durch eine starke Mehrheit, ja vielleicht eine einmütige Zustimmung ermöglicht.
    Meine politischen Freunde und ich gehen aber an den Vertrag etwas anders heran als Herr Kollege Wehner, der zunächst seine Bedenken gegen den Vertrag in den Vordergrund gestellt hat, um nachher zu sagen, daß er, nachdem sie ausgeräumt seien, seine Zustimmung geben könne. Wir sagen ja zu dem Grundgedanken in konsequenter Fortsetzung einer Politik, die wir seit Beginn der Bundesrepublik eingeleitet und die wir bisher, wie ich glaube, mit vollem Erfolg durchgeführt haben.

    (Beifall bei den .Regierungsparteien.)

    Wir waren uns klar — in allen außenpolitischen Diskussionen ist das zum Ausdruck gekommen —, daß an der Spitze einer jeden europäischen Politik die deutsch-französische Aussöhnung und die deutschfranzösische Zusammenarbeit stehen müssen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Das war auch früher unbestritten, es war unbestritten in der ganzen uns verbündeten Welt. Deswegen — das möchte ich hier schon sagen — bedaure ich es aufrichtig, daß dieser deutsch-französische Vertrag Mißverständnisse und Mißdeutungen ausgelöst hat, und selbstverständlich sind wir entschlossen, sie im Interesse unserer Freundschaft auch mit anderen Völkern .auszuräumen.
    Schon als das erste Wort über die Notwendigkeit der europäischen Einigunggesprochen worden ist, hat Churchill gesagt — in der häufig zitierten historischen Rede in Zürich —, ihr Beginn müsse darin bestehen, daß Deutschland und Frankreich sich die Hand reichten, um die europäische Völkerfamilie zu schaffen. — Meine Damen und Herren, was damals gesagt 'wurde, ist heute unverändert gültig. Niemand von uns wird sich vorstellen können, daß wir in der europäischen oder der atlantischen Arbeit fortfahren könnten, wenn nicht auf der Grundlage einer unerschütterlichen und unverbrüchlichen Freundschaft zwischen dem deutschen und dem französischen Volke.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Wir haben im Bereich Ides europäischen Einigungswerkes nicht nur multilaterale Vereinbarungen getroffen. Wir haben nicht nur einen Vertrag geschlossen, der seine Initiative Robert Schuman verdankt, und wir haben nicht nur Initiativen geprüft wie den Gedanken des französischen Ministerpräsidenten Pleven. Wir haben vielmehr bilaterale Vereinbarungen und Verträge geschlossen. Nach meiner Überzeugung ist jeder einzelne zweiseitige Vertrag, den wir im europäischen Bereich geschlossen haben, auch ein fruchtbarer Beitrag zur europäischen Politik und zur Politik der Zusammenarbeit der freien Wellt gewesen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Ich lege Wert darauf, das festzustellen, um den falschen Eindruck zu vermeiden, als sei ein zweiseitiger Vertrag zwischen zwei Völkern, die in anderen, multilateralen Bindungen stehen, mit dem Odium des Unüblichen belastet, ja als sei aus einem solchen zweiseitigen Vertrag die Absicht herauszulesen, sich aus der multilateralen Zusammenarbeit zu entfernen oder eine Unsicherheit hineinzutragen. Nein, meine Damen und Herren, ich glaube, daß es



    Dr. von Brentano
    auch ein Beitrag zur europäischen Politik war, als Deutschland und Frankreich den Vertrag über das Saargebiet abgeschlossen haben. Ich möchte daran erinnern, daß wir damals eine Erklärung abgegeben haben, ein Kommuniqué, das derdamalige Außenminister Pineau gemeinsam mit mir unterzeichnet hat. In diesem Kommuniqué heißt es:
    Die Opfer, die gegenseitig gebracht wurden, zeugen von dem Willen der beiden Regierungen, einen neuen Abschnitt der deutsch-französischen Beziehungen zu beginnen, in dem die beiden Völker gemeinsam einer besseren Zukunft entgegenschreiten sollen. Es soll in Zukunft zwischen den beiden Ländern nur noch solche Fragen geben, wie sie sich zwischen guten Nachbarn stellen.
    Hier war nichts anderes, nicht mehr und nicht weniger gesagt als ,das, was wenige Jahre vorher Bundeskanzler Adenauer erklärt hatte:
    Keine deutsche Regierung, — sagte er am 27. Juni 1952 —
    auf welche parlamentarischen Kräfte sie auch immer sich stützen würde, könnte den elementaren Lebensnotwendigkeiten des deutschen Volkes, die zwingend ein Zusammengehen mit den freiheitlichen Völkern der westlichen Welt erfordern, zuwiderhandeln. Weil aber die europäische Einigung die deutsch-französische Verständigung voraussetzt, bedeutet jeder Schritt, der der Stärkung des Vertrauens zwischen dem deutschen und dem französischen Volke dient, zugleich einen Schritt auf dem Weg zu Europa.
    Meine Damen und Herren, ich glaube, das, was im Jahre 1952 gesagt worden ist, steht nicht nur in keinem Gegensatz zu dem, was in dem deutsch-französischen Vertrag zu lesen ist, sondern ist eine Voraussetzung dieses Vertrages, ist eine der Grundlagen dieses Vertrages, zu dem wir ja sagen.
    Es ist richtig, daß dieser Vertrag nicht — Herr Kollege Schmid hat mit Recht darauf hingewiesen — an die Stelle dessen getreten ist, was wir mit einer europäischen politischen Union zu erreichen versuchten, aber doch versucht hat, einen Hohlraum auszufüllen, der entstanden ist, weil dieser Plan sich nicht verwirklichen lassen konnte, nicht verwirklichen lassen konnte im Fouchet- und CataniAusschuß, nicht zuletzt auch wegen der offenen Frage, ob und wann Großbritannien dieser Gemeinschaft beitreten werde und ob es richtig und notwendig sei, darauf zu warten.
    Ich möchte ausdrücklich betonen, daß wir diesen Vertrag — ich glaube, daß ich hier die Auffassung wiedergebe, die auch im Auswärtigen Ausschuß zum Ausdruck kam — nicht als einen Ersatz einer politischen Union betrachten, sondern als einen Beitrag auf dem Wege zu einer politischen Einigung.

    (Sehr gut! bei der CDU/CSU.)

    Denn diese politische Union soll nicht zwischen Deutschland und Frankreich allein bestehen, sie soll bestehen aus allen europäischen Ländern, die der europäischen Gemeinschaft von heute oder von morgen angehören. Denn auch für die politische
    Gemeinschaft gilt die Präambel des Vertrages über die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft, gilt die Bereitschaftserklärung des Art. 237, daß diese Gemeinschaft offen sein soll für alle, die bereit sind, sich mit gleichen Rechten und gleichen Pflichten an dieser europäischen Arbeit zu beteiligen.

    (Allseitiger Beifall.)

    Meine Damen und Herren, ich glaube, es ist nicht nötig, auf die Einzelheiten dieses deutsch-französischen Vertrages einzugehen; sie sind in dem Bericht, den ich schon nannte, erschöpfend dargestellt. Wir wünschen eine möglichst enge, eine permanente, eine intensive Zusammenarbeit zwischen der deutschen und der französischen Regierung, zwischen dem deutschen und dem französischen Volk in allen Bereichen, die sich dazu anbieten, und wir hoffen, daß deswegen der Vertrag auch extensiv und nicht intensiv interpretiert wird. Ich denke dabei ganz besonders an die Frage, die auch schon gestellt worden ist, an die Verwirklichung des Gedankens nämlich, die jungen Menschen aus den beiden Nationen enger als bisher zusammenzuführen.
    Wir haben uns für die Freizügigkeit im europäischer Bereich ausgesprochen, aber wir haben sie — seien wir redlich! — noch nicht verwirklicht. Verwirklicht haben wir die Freizügigkeit eigentlich nur für Kohle und Stahl, aber noch nicht für die Menschen, und es ist meine Bitte, daß auch die Bundesregierung und die Regierungen der Länder, deren Zuständigkeit wir selbstverständlich sorgfältig respektieren, alles tun mögen, damit aus dieser guten Absicht, die im Vertrag niedergelegt ist, auch wirklich greifbare und sichtbare Ergebnisse werden.

    (Allseitiger Beifall.)

    Es geht nicht nur darum, daß wir Besuche austauschen; es geht darum, daß wir ein ernstes Gespräch darüber beginnen, ob nicht der Zeitpunkt gekommen ist, daß wir Examina anerkennen, daß wir die Semester anerkennen, die einer im anderen Land verbringt,

    (erneuter allseitiger Beifall)

    ob wir nicht Befähigungsnachweise anerkennen, ob wir nicht auch in den freien Berufen und in ihren Organisationen zu einem Austausch kommen können. Ich glaube, daß das die beste Wirkung dieses Vertrages wäre; denn es gibt nichts, das eine so wahrhaft integrierende Wirkung ausüben könnte wie diese von mir eben in einigen Worte gekennzeichnete Entwicklung.
    Ich wiederhole die Bitte an die Bundesregierung, hier alles zu tun, was in ihrer Macht steht, und ich wiederhole auch die Bitte an die Länderregierungen, vielleicht einmal über den eigenen Schatten zu springen und gewisse bürokratische Bedenken zu überwinden.

    (Allgemeiner Beifall.)

    Lieber würde ich es in Kauf nehmen, daß es einmal nicht gut war, ein Examen anzuerkennen, wenn es einer unter hundert Fällen ist und die Anerkennung sich in neunundneunzig Fällen als berechtigt erwiesen hat. Wenn wir nicht den Mut haben, nach vorn vorzustoßen, dann, meine Damen und Herren,



    Dr. von Brentano
    ist es müßig, über die europäische Integration zu sprechen; dann werden wir doch immer in nationalen und nationalistischen Vorbehalten ersticken und hängenbleiben.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Es ist schon darauf hingewiesen worden, und wir haben darüber schon in der ersten Lesung gesprochen, daß dieser Vertrag in der Tat im Ausland auf Mißverständnisse und auf Mißdeutungen gestoßen ist. Das sind Mißdeutungen und Mißverständnisse, die wir alle bedauern, die ich aber nicht recht verstehe. Ich möchte jedoch zu einzelnen Äußerungen nicht Stellung nehmen. Ich möchte auch nicht zu den Erklärungen des Präsidenten der Kommission der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, meines Freundes Professor Hallstein, Stellung nehmen; aber ich möchte nicht verschweigen, daß ich nicht der Meinung war, er habe sehr klug gehandelt, als er uns diese Verhaltungsmaßregeln erteilte.

    (Zuruf von der SPD: Das war sehr gut! — Heiterkeit.)

    Meine Damen und Herren! Der Auswärtige Ausschuß hat sich, wie ich schon festgestellt habe, mit Erfolg bemüht, möglichen Einwendungen in Deutschland oder im Ausland entgegenzuwirken und vorzubeugen, und er hat uns eine Präambel vorgelegt, von der ich gleich sagen möchte, daß sie die völlige Zustimmung meiner Fraktion finden wird.
    Aber es ist ein Weiteres hinzugekommen, das den Zweifelnden überzeugen könnte. Gestern hat, wie ich heute in der Zeitung gelesen habe, die französische Regierung den Vertrag auch dem französischen Parlament vorgelegt und in dem dort üblichen Exposé des motifs Erklärungen abgegeben, von denen ich glaube, daß sie mit unseren Vorstellungen voll und ganz übereinstimmen.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Es heißt in dieser Begründung, daß der deutschfranzösische Vertrag einen fundamentalen Beitrag zum Bau Europas darstelle, daß die französische Regierung den Wunsch habe, eine ähnliche Zusammenarbeit mit ihren übrigen europäischen Partnern zu vereinbaren, wenn diese es wünschten, und daß sie jederzeit bereit sei, mit diesem Ziel einen Gedankenaustausch aufzunehmen.
    Ich darf Sie daran erinnern, daß ich schon in der ersten Lesung darauf hingewiesen habe, daß es vielleicht gut wäre, diese europäische Zusammenarbeit durch ein Netz zweiseitiger ähnlich gearteter Verträge zu ergänzen. Hier finden Sie die Bereitschaft der französischen Regierung, und ich glaube, auch das sollte dazu beitragen, die falschen Vorstellungen von dem Hegemoniestreben Paris—Bonn etwas auszuräumen.

    (Abg. Blachstein: Vielleicht könnte man mit Großbritannien anfangen?!)

    — Durchaus. Warum nicht? Ich habe schon gesagt, daß wir nach meiner Auffassung jederzeit dazu bereit sein sollten.
    In dem genannten Exposé ist auch erörtert worden, was die Konsultation bedeutet. Es ist darin eindeutig gesagt worden — ich brauche das nicht zu zitieren; denn ich halte es für selbstverständlich, daß auch 'die französische Regierung davon ausgeht —, daßdieser zweiseitige Vertrag in keiner Weise geeignet ist oder gar die Aufgabe haben sollte, auf Verträge multilateraler Art einzuwirken, sondern daß unsere Verpflichtungen aus den europäischen Verträgen ebenso wie unsere Verpflichtungen aus dem NATO-Pakt selbstverständlich unverändert weiterhin gültig sind.
    Deswegen liegt, so sehe ich es, in der Präambel auch nicht die Absicht, die Bedeutung des Vertrages zu schmälern, ich sehe darin nicht die Absicht, den Anwendungsbereich einzuschränken, sondern ich sehe darin die, wie ich glaube, gelungene Absicht, im Interesse der Glaubwürdigkeit der gemeinsamen politischen Anstrengungen beider Länder eine Klarstellung über die politischen Ziele herbeizuführen. Denn es darf nicht sein, daß dieser Vertrag weiterhin irgendwelchen Mißdeutungen begegnet. Dieser Vertrag darf nicht dazu führen, daß in anderen uns befreundeten Ländern falsche Vorstellungen entstehen oder weiterleben, die unser freundschaftliches Verhältnis zu diesen Ländern beeinträchtigen könnten.
    Ich möchte noch ein paar Worte zu dem Inhalt der Präambel sagen, obwohl ich mich hier im wesentlichen auf das beziehen kann und beziehen will, was im Bericht des Herrn Kollegen Furler dazu schon gesagt worden ist.
    Das Ziel der deutschen Politik — ich habe es schon ausgesprochen — im europäischen Raum war und bleibt die europäische Einigung, die auch 'in dem deutsch-französischen Vertrag als gemeinsames Ziel der deutschen und der französischen Politik erneut fixiert worden ist. Aber ich halte es für glücklich und für richtig, daß hier der Wunsch ausgesprochen und es als Aufgabe der deutschen Politik herausgestellt worden ist, im Sinne der Präambel der Römischen Verträge und im Sinne des Art. 237 — ich habe das vorhin schon angedeutet — die Zusammenarbeit auszudehnen auf andere europäische Staaten, die bereit sind, zu den gleichen Bedingungen, wie der Vertrag sie vorschreibt, unter Anpassung an ihre Besonderheiten in diese Gemeinschaft einzutreten.
    Wir wissen es sehr wohl, und ich möchte gar kein Hehl daraus machen, daß jede solche Verhandlung Schwierigkeiten mit sich bringt. Das haben die Brüsseler Verhandlungen bewiesen. Ich möchte noch einmal darauf hinweisen: unsere Situation wäre sehr viel leichter, wir hätten wahrscheinlich weniger Verstimmung erlebt und uns nicht mit der Präambel befassen müssen, wenn die Entscheidung in Großbritannien — ich sage das ohne Vorwurf — früher gefallen wäre als im Jahre 1961. Aber ich möchte doch auch für meine Freunde der Bundesregierung den Wunsch auf den Weg geben, mit dazu beizutragen, daß zwischen den sechs EWG-Partnern und Großbritannien ein ständiger Austausch von Informationen einsetzt.

    (Beifall bei den Regierungsparteien und bei der SPD.)




    Dr. von Brentano
    Es sollte ein Gedankenaustausch stattfinden, der die Gewähr dafür bietet, daß die Maßnahmen, die wir in Brüssel treffen, unid die Maßnahmen, die in London getroffen werden, nicht gegeneinander getroffen, sondern nach Möglichkeit aufeinander abgestimmt werden. Es darf und es sollte nichts geschehen, was noch zusätzlich den Beitritt Großbritanniens zu einer Europäischen Gemeinschaft, mit dem wir rechnen und auf den wir hoffen, erschweren könnte.

    (Beifall bei den Regierungsparteien und bei der SPD.)

    Auf allen Seiten sollte man ein Höchstmaß an gutem Willen und an politischer Entschlossenheit zeigen. Die Entschlossenheit, die schon in der Bereitschaft zum Ausdruck kam, die Verhandlungen mit Großbritannien aufzunehmen, sollte man auch heute in der Praxis der europäischen Zusammenarbeit zeigen.
    Ich möchte ein Zweites sagen. Auch unsere Politik in der atlantischen Gemeinschaft darf und wird von diesem Vertrag nicht berührt werden. Es fällt mir gar nicht leicht — das möchte ich noch einmal aussprechen —, darüber zu sprechen, daß gute Beziehungen zwischen Europa und den Vereinigten Staaten eine unerschütterliche Voraussetzung der Zusammenarbeit der freien Welt sein müssen; es kommt mir peinlich vor, das immer wieder betonen zu müssen.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Aber ich möchte unseren amerikanischen Bundesgenossen und Freunden drüben sagen: es gibt in Deutschland keine Meinungsverschiedenheit, es gibt keine verschiedenen Auffassungen in der Bundesregierung oder im Deutschen Bundestag darüber, daß diese Zusammenarbeit in der NATO mit der größten Führungsmacht der freien Welt in der bisherigen Form nicht nur fortgesetzt, sondern ausgebaut werden soll.

    (Beifall im ganzen Hause.)

    Ich möchte einen Hinweis aufgreifen, der hier gegeben worden ist. Auch ich glaube, daß der deutschfranzösische Vertrag, wenn er sich bewährt, sogar ein Musterbeispiel für das sein kann, was wir in der NATO seit langer Zeit wünschen. Wir wünschen auch dort eine Konsultation, damit politische Entscheidungen in der NATO den Vorrang vor militärischen Entscheidungen haben.

    (Beifall im ganzen Hause.)

    In der Präambel zu dem Vertrag bekennt sich auch der Deutsche Bundestag zur Fortsetzung der atlantischen Politik, zur Bereitschaft, die atlantische Partnerschaft zu verwirklichen und an der KennedyRunde teilzunehmen. Auch hier wollen wir in aller Offenheit sagen, daß die Schwierigkeiten riesengroß sein werden. Aber auch .das, was in Genf diskutiert wird, wird mit einem Mindestmaß an gutem Willen und Verhandlungsbereitschaft gelöst werden können. Ich glaube, es gibt für uns in Europa und ganz gewiß für uns in der Bundesrepublik nur eine Antwort auf das Angebot der amerikanischen Regierung, die atlantische Partnerschaft zu verwirklichen. Es gibt nur die Antwort: wir sind dazu bereit und werden nach besten Kräften dazu beitragen, daß dieser Gedanke verwirklicht wird.

    (Zustimmung bei den Regierungsparteien und bei der SPD.)

    In der Präambel zum deutsch-französischen Vertrag wird auch ausgesprochen, daß der Vertrag der Verwirklichung der deutschen Politik dienen solle. Ich begrüße es, daß der französische Außenminister Couve de Murville in seinem Exposé des motifs auch darauf eingegangen ist. Diese deutsche Politik ist auch im Deutschlandvertrag niedergelegt und hat in zahlreichen Erklärungen ihre Bestätigung erfahren. Sie ist auf die Verwirklichung des Selbstbestimmungsrechtes für alle Deutschen und auf die Wiederherstellung der staatlichen Einheit Deutschlands in einer geordneten rechtsstaatlichen Form gerichtet. Sie geht davon aus, daß ein Friedensvertrag nur mit einem freien Deutschland geschlossen werden kann und daß keine Vorentscheidungen — auch nicht in den Grenzfragen — getroffen werden können und dürfen.
    Ich möchte hier eine Äußerung in Erinnerung rufen, die in Deutschland vielleicht gar nicht so richtig verstanden worden ist. Ich glaube, wir haben Grund, mit Dankbarkeit und Anerkennung festzustellen, was der französische Staatschef, General de Gaulle, am 25. April 1960 vor dem amerikanischen Kongreß in Washington gesagt hat:
    Bevor die Völker zu einem Modus vivendi gelangen werden, wäre es verfrüht und völlig unangebracht, Forderungen über abzuschließende Verträge, festzulegende Gegenden zu stellen, weil dies unweigerlich die herbeizuführende Besserung der Beziehungen kompromittieren würde. Dagegen würden sich in der friedlichen Atmosphäre, die geschaffen werden könnte, mehr und mehr die objektiven Lösungen abzeichnen.
    Jeder begreift,
    — so sagte Präsident de Gaulle —
    daß ich, indem ich derartige Fragen berühre, vor allem auf die Probleme Deutschlands anspiele. Ohne diese Probleme ausführlich behandeln zu wollen, stelle ich fest, daß man jeden Versuch abwehren muß, die Wunden des deutschen Volkes zu vertiefen.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Ich glaube, wir können eine solche Erklärung nur mit Zustimmung und mit Dankbarkeit zur Kenntnis nehmen. Sie enthält gerade in der vorsichtigen Formulierung, glaube ich, eine sehr klare Antwort auf die von uns gestellte Frage, eine Antwort, die zeigt, daß die deutsche Politik bei unserem französischen Bündnispartner nicht nur auf Verständnis stößt, sondern daß wir damit rechnen können, daß sie in ihren Grundsätzen zusammen mit Frankreich verwirklicht wird. Das ist, wenn es nötig wäre, eine zusätzliche Rechtfertigung für diesen Vertrag.
    Ich habe eingangs gesagt, daß meine Fraktion diesen Verträgen zustimmen wird. Ich möchte, bevor ich schließe, daran erinnern, daß wir vor wenigen Tagen den 85. Geburtstag von Stresemann be-



    Dr. von Brentano
    Bangen haben und daß wir, wenn wir heute diesen Vertrag verabschieden, etwas verwirklichen, was Stresemann vor 40 Jahren schon zusammen mit Aristide Briand zu verwirklichen versuchte. Es ist nicht uninteressant — und erlauben Sie mir, daß ich Ihnen das noch vortrage —, nachzulesen, was Aristide Briand in seiner Senatsrede vom 4. Juni 1926 gesagt hat, als er dem französischen Senat den Locarno-Vertrag vorlegte. Er sagte:
    Solche Verträge sind entweder wertlos und deshalb abzulehnen, oder sie haben ihren vollen Wert und Anspruch auf eine erhöhte Wirkungskraft durch eine große Stimmenzahl.
    In dieser Versammlung
    — sagte Briand vor dem französischen Senat —
    sitzen Männer, deren politische Einsicht die ganze Welt achtet und deren Meinung überall Geltung hat. Ich hoffe, daß sich unter ihnen eine starke Mehrheit findet, um dem Vertrage erhöhte Bedeutung zu verleihen. Dies wird, dessen bin ich sicher, nicht ohne große moralische Wirkung in der Welt bleiben.
    Ich glaube, daß wir diese Sätze zitieren können und daß wir auch hier sagen können: die starke Mehrheit, die dieser deutsch-französische Vertrag finden wird, wird nicht ohne starke moralische Wirkung auf die ganze Welt bleiben.

    (Beifall bei den Regierungsparteien und bei der SPD)



Rede von Dr. Richard Jaeger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Mende.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Erich Mende


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In der ersten Lesung des deutschfranzösischen Vertrages vor genau drei Wochen hat der Sprecher der Opposition die Befürchtung geäußert, der deutsch-französische Vertrag könnte unter einem gewissen Zeitdruck behandelt werden. Die Berichterstattung der Kollegen Professor Furler und Professor Schmid hat bewiesen, daß diese Befürchtung grundlos war. Es ist sehr sorgfältig im Auswärtigen Ausschuß und in den mitberatenden Ausschüssen jede einzelne Bestimmung des deutschfranzösischen Vertrages geprüft worden. Dabei zeigte sich allerdings eine gewisse Problematik im Bereich des Jugendaustausches, der Zusammenarbeit auf dem Gebiete der Wissenschaft und Forschung und auf dem Gebiet des Kulturwesens.
    Die Verfassungsverhältnisse und damit die Zuständigkeiten bringen gewisse Schwierigkeiten für die Bundesrepublik Deutschland mit sich. Ich möchte das unterstreichen, was Herr Kollege von Brentano hier soeben als Mahnung an die Länder richtete: Man sollte auf diesem so wesentlichen Gebiet des Austauschs unserer Jugend, auf dem Gebiet der Förderung von Wissenschaft und Forschung, auf dem Gebiet der kulturellen Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Frankreich nicht mit dem Maß engstirniger Kompetenzstreitigkeiten messen, auch nicht mit dem Maß von Rivalitäten zwischen Bund und Ländern, sondern es sollte der Versuch gemacht werden, aus mancher Rivalität in ein Verhältnis nationaler Solidarität von Bund und Ländern zu gelangen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Ich glaube nicht, daß der Freiherr vom Stein verdächtigt wird, ein großer Zentralist gewesen zu sein; er ist schließlich der Vater der Selbstverwaltung. Aber der Satz, den Freiherr vom Stein im Jahre 1809 über das Verhältnis von Gesamtstaat und Gliedstaaten prägte, scheint mir in dieser Stunde durchaus eines Zitates in diesem Hause würdig zu sein. Damals, im Jahre 1809, schrieb Freiherr vom Stein:
    Die Auflösung Deutschlands in viele kleine, ohnmächtige Staaten hat dem Charakter der Nation das Gefühl von Würde und Selbständigkeit genommen, das bei großen Nationen Macht und Unabhängigkeit erzeugt. Es hat ihre Tätigkeit abgeleitet von den größeren Nationalinteressen, es hat Titelsucht, das elende Treiben der Eitelkeit, Absichtlichkeit, Ränke durch die Vervielfältigung der kleinen Höfe vermehrt.
    Auch wir sollten gerade auf dem Gebiet der Zusammenarbeit Deutschlands und Frankreichs in Kultur, Wissenschaft, Forschung und Jugendaustausch danach trachten, daß nicht die kleinen, mittleren oder gar größeren Höfe dem Gesamtinteresse zuwiderlaufende Kompetenzstreitigkeiten heraufbeschwören.
    Die Präambel ist hier von meinen Vorrednern wiederholt in ihrem Wert und in ihrer politischen Bedeutung analysiert worden. Ich möchte mich darauf beschränken, mit Genugtuung festzustellen, daß die Freie Demokratische Partei sehr früh den anderen Kolleginnen und Kollegen dieses Hauses die Anregung einer Präambel vermittelte an Stelle der im Bundesrat beschlossenen Entschließung.
    Über den Rang einer Präambel hat es gelegentliche Mißklänge in öffentlichen Äußerungen gegeben. Professor Carlo Schmid hat in seinem Bericht darauf hingewiesen, daß nach höchstrichterlicher Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über den Rang der Präambel des Ratifizierungsgesetzes und über die verbindliche innerdeutsche Wirkung kein Zweifel herrschen kann. Bezüglich ihrer politischen Bedeutung darf ich mich auf meine Äußerungen in der ersten Lesung berufen.
    Gestern hat der französische Außenminister Couve de Murville vor dem Auswärtigen Ausschuß des französischen Parlaments den Charakter des deutschfranzösischen Vertrages so interpretiert, wie auch der Bundestag ihn versteht, nämlich ,als eine Grundlage einer europäischen Union, und Couve de Murville forderte die anderen Staaten auf dem Beispiel der deutsch-französischen Freundschaft zu folgen und diesem Vertrag beizutreten. Ähnliche Feststellungen sind auch in der Versammlung der Westeuropäischen Union gemacht worden. Wir begrüßen die sich anbahnende Tendenz, den deutsch-französischen Vertrag als eine Grundlage einer politischen Union Europas zu werten. Was wir zu diesem Ziel beitragen können, wollen wir unter Auswertung der Möglichkeiten des deutsch-französischen Vertrages tun. Der deutsch-französische Vertrag und die europäische Union wiederum müssen in engem Verbund



    Dr. Mende
    mit der ,atlantischen Partnerschaft gesehen und gehandhabt werden.
    Die Freie Demokratische Partei erklärt daher ihre uneingeschränkte Zustimmung zum deutsch-französischen Vertrag.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)