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ID0407705400

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    Deutscher Bundestag 77. Sitzung Bonn, den 16. Mai 1963 Inhalt: Nachruf auf den Abg. Lünenstrass Vizepräsident Dr. Jaeger . . . . 3755 A Erweiterung der Tagesordnung . . . . . 3737 A Fragestunde (Drucksachen IV/1250, IV/1255) Frage des Abg. Marquardt: Schriften des Presse- und Informationsamtes von Hase, Staatssekretär . . . 3737 C, D Marquardt (SPD) 3737 C Fragen des Abg. Höhmann (HessischLichtenau) : Bundesfinanzhilfen für Folgeeinrichtungen bei militärischen Bauvorhaben 3737 D Frage des Abg. Schmidt (Kempten) : Englische Elektronengeräte für die Bundeswehr Hopf, Staatssekretär 3738 A Fragen des Abg. Felder: Verleihung des Bundesverdienstkreuzes an Offiziere Hopf, Staatssekretär 3738 B, C Felder (SPD) 3738 C Frage des Abg. Schmitt-Vockenhausen: Gebührenordnung für Maßnahmen im Straßenverkehr Dr. Seiermann, Staatssekretär . . . 3738 D, 3739 A, B Schmitt-Vockenhausen (SPD) . . . 3739 A Fragen der Abg. Frau Schanzenbach: Zugabteile für Reisende mit Kleinkindern und Abteile für Raucher und Nichtraucher Dr. Seiermann, Staatssekretär . 3739 B, C, D Frau Schanzenbach (SPD) . . . . 3739 C Frage des Abg. Dr. von Haniel-Niethammer: Schnellzugverbindung München—Rom Dr. Seiermann, Staatssekretär . . . 3739 D Frage des Abg. Berlin: Ersetzung von Bahnschranken durch Blinklichtanlagen in Lage Dr. Seiermann, Staatssekretär 3740A, B, D, 3741 A Berlin (SPD) . . . . . . . . 3740 B, D Spies (CDU/CSU) 3741 A Frage des Abg. Schmidt (Kempten) : Freifahrten für weibliche Beschäftigte der Bundesbahn . . . . . . . . 3741 A II Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 77. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 16. Mai 1963 Fragen des Abg. Müller (Remscheid) : Gastarbeiter und Bestimmungen über Waffenbesitz 3741 B Frage des Abg. Glombig: Äußerung des Bundesarbeitsministers zur Neuordnung der Kriegsopferversorgung Blank, Bundesminister . . . . 3741 C, D Glombig (SPD) . . . . . . . 3741 C, D Entwurf eines Gesetzes zu der Gemeinsamen Erklärung und zu dem Vertrag vom 22. Januar 1963 mit der Französischen Republik über die deutsch-fransösische Zusammenarbeit (Drucksache 1V/1157); Schriftlicher Bericht des Ausw. Ausschusses (Drucksache IV/1252) — Zweite und dritte Beratung — Dr. Furler (CDU/CSU) 3742 B Dr. Schmid (Frankfurt) (SPD) . . 3745 A Wehner (SPD) 3745 D Dr. von Brentano (CDU/CSU) . . 3748 B Dr. Mende (FDP) . . . . . . 3752 B Dr. Adenauer, Bundeskanzler . . 3753 A Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht (Drucksache IV/1224) — Erste Beratung — Dr. Bucher, Bundesminister 3755 B, 3760 B Dr. Wahl (CDU/CSU) . . . . . . 3756 C Dr. Reischl (SPD) . . . . . . . 3757 D Frau Dr. Diemer-Nicolaus (FDP) . . 3760 D Vizepräsident Dr. Schmid . . . . 3763 A Entwurf eines Gesetzes über Kreuzungen von Eisenbahnen und Straßen (Eisenbahnkreuzungsgesetz) (Drucksache IV/183); Schriftlicher Bericht des Verkehrsausschusses (Drucksache 1V/1206) — Zweite und dritte Beratung — Dr. Bleiß (SPD) 3764 A, D Lemmrich (CDU/CSU) 3764 B Eisenmann (FDP) 3765 D Wahl zum Wahlprüfungsausschuß . . . 3766 C Nächste Sitzung 3766 D Anlagen 3767 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 77. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 16. Mai 1963 3737 77. Sitzung Bonn, den 16. Mai 1963 Stenographischer Bericht Beginn: 9.02 Uhr.
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    . Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordneter) beurlaubt bis einschließlich Dr. Aigner* 16. 5. Arendt (Wattenscheid) * 16. 5. Dr. Arndt (Berlin) 31. 5. Dr. Atzenroth 17. 5. Dr.-Ing. Balke 17. 5. Bausch 16. 5. Bazille 17. 5. Bergmann * 16. 5. Beuster 10. 6. Birkelbach * 16. 5. Birrenbach 16. 5. Böhme (Hildesheim) 6. 6. Brünen 8. 6. Dr. Burgbacher* 16. 5. Corterier 31. 5. Cramer 17. 5. Dr. Deist* 16. 5. Deringer* 16. 5. Dr. Dichgans* 16. 5. Dr. Effertz 16. 5. Frau Dr. Elsner* 16. 5. Even (Köln) 18. 5. Faller* 16. 5. Figgen 15. 6. Franke 17. 5. Dr. Dr. h. c. Friedensburg * 16. 5. Funk (Neuses am Sand) 25. 5. Dr. Furler* 16. 5. Gontrum 17. 5. Gscheidle 16. 5. Dr. h. c. Güde 17. 5. Haage (München) 21. 5. Hahn (Bielefeld) * 16. 5. Dr. Harm (Hamburg) 17. 5. Heiland 19. 5. Dr. Hellige 17. 5. Hermsdorf 17. 5. Hirsch 24. 5. Höhmann (Hessisch Lichtenau) 17. 5. Dr. Huys 17. 5. Illerhaus 17. 5. Dr. Jungmann 18. 5. Kaffka 17. 5. Kalbitzer* 16. 5. Frau Kettig 22. 5. Killat 16. 5. Klinker* 16. 5. Dr. Kreyssig* 16. 5. Kriedemann* 16. 5. Kühn (Hildesheim) 18. 5. Lemmer 17. 5. Lenz (Brühl) * 16. 5. Dr. Löhr* 16. 5. Lücker (München) * 16. 5. Dr. Mälzig 17. 5. * Für die Teilnahme an einer Tagung des Europäischen Parlaments Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Margulies* 16. 5. Marx 17. 5. Mattick 17. 5. Mauk* 16. 5. Dr. h. c. Menne (Frankfurt) 16. 5. Dr. von Merkatz 17. 5. Metzger* 16. 5. Michels 16. 5. Missbach 18. 5. Dr. Mommer 15. 7. Dr. Morgenstern 17. 5. Müller (Nordenham) 17. 5. Müller-Hermann* 16. 5. Nellen 17. 5. Ollenhauer 17. 5. Peters (Norden) 19. 5. Dr.-Ing. Philipp* 16. 5. Frau Dr. Probst* 16. 5. Rademacher* 16. 5. Ramms 17. 5. Ravens 18. 5. Frau Renger 31. 5. Richarts* 16. 5. Rohde 16. 5. Sander 17. 5. Scheppmann 16. 5. Schulhoff 17. 5. Schwabe 16. 5. Seifriz* 16. 5. Soetebier 16. 5. Spitzmüller 17. 5. Dr. Stammberger 16. 5. Dr. Starke 16. 5. Stauch 17. 5. Dr. Stecker 18. 5. Stein 16. 5. Dr. Steinmetz 17. 5. Storch 17. 5. Frau Strobel* 16. 5. Sühler 17. 5. Dr. Toussaint 17. 5. Wächter 17. 5. Weinkamm* 16. 5. Wittmer-Eigenbrodt 31. 7. Zoglmann 31. 5. Anlage 2 Schriftliche Antwort des Herrn Staatssekretärs Dr. Westrick vom 14. Mai 1963 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Jacobi (Köln) (Drucksache IV/1217, Fragen IX/1 und IX/2) : Ist der Bundesregierung bekannt, daß bisher vom Saarland belieferte Versorgungsunternehmen des süddeutschen Raumes mit dem Ablauf des Kohlenwirtschaftsjahres (31. März 1963) nur noch zu wesentlich verschlechterten Preisen und Bedingungen mit Gaskohle beliefert werden? Ist die Bundesregierung der Überzeugung, daß die für das in Frage IX/1 erwähnte Geschäftsgebaren gegebene Begründung (Rationalisierungsmaßnahmen in Verbindung mit Grubenstilllegungen) zutreffend und vertretbar ist? 3768 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 77. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 16. Mai 1963 Zur Frage IX/1 Der Bundesregierung ist bekannt, daß ein Teil der Versorgungsunternehmen im süddeutschen Raum ab 1. April 1963 nicht mehr zu den bisherigen Sonderpreisen und -bedingungen von den Saarbergwerken beliefert wird. Die Saarbergwerke mußten sich seit dem Kohlenwirtschaftsjahr 1958/59 vielfach den Konkurrenzpreisen und den Sonderbedingungen des Ruhrbergbaus anpassen, wenn sie ihre Produktion bei den Versorgungsunternehmen. des süddeutschen Raumes absetzen wollten. Hierzu sind sie durch die Bestimmungen des Montanunion-Vertrages berechtigt. Es wurden daher mit einem Großteil dieser Verbraucher entsprechende langfristige Verträge mit unterschiedlichen Laufzeiten abgeschlossen. Soweit es sich hierbei um Verträge mit dreijähriger Dauer handelte, sind diese mit dem 31. März 1963 ausgelaufen. Neue derartige Verträge werden von den Saarbergwerken aus Erlösgründen 'vorerst nicht abgeschlossen. Wie bekannt, weist die Entwicklung im Steinkohlenbergbau im ganzen Bundesgebiet steigende Kosten auf, die bisher nur zum Teil durch Rationalisierungen, Stillegungen usw. ausgeglichen werden konnten. Infolgedessen sahen sich auch die Saarbergwerke gezwungen, verschiedene Preisvergünstigungen, die sie in früherer Zeit eingeräumt hatten, aufzuheben. Zur Frage IX/2 Diese Frage steht im Zúsamenhang mit der Frage IX/ 1. Wie hierzu bereits dargelegt, waren auch die Saarbergwerke zu Rationalisierungsmaßnahmen und im Zusammenhange damit zu Zechenstillegungen genötigt. Nach meiner Unterrichtung reichen die bisherigen Rationalisierungserfolge jedoch nicht aus, um die Erhöhung der Arbeits- und Materialkosten voll auszugleichen. Ein teilweiser Ausgleich muß daher anderweitig — d. h. über den Preis — gesucht werden. Die Bundesregierung sieht Preiserhöhungen selbstverständlich nicht gern. Andererseits aber ist es das Ziel der Energiepolitik, die Wettbewerbsfähig- I keit und Leistungskraft des Steinkohlenbergbaus zu steigern. Der Saarbergwerke AG kann es daher m. E. nicht verwehrt werden, ihre Erlöse durch maßvolle Preiskorrekturen zu verbessern, wenn der Markt eine solche Verbesserung erlaubt und diese Preiserhöhung durch die Kostenentwicklung bedingt ist. Jedenfalls erscheint es vernünftiger, den Weg einer maßvollen Preiskorrektur zu wählen, als sich im Wege von Subventionen den unerläßlich notwendigen Ausgleich zu verschaffen. Anlage 3 Schriftliche Antwort des Herrn Staatssekretärs Hopf vom 16. Mai 1963 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Höhmann (Hessisch Lichtenau) Drucksache IV/1250 (Fragen XII/1 und XII/2): Ist dem Herrn Bundesverteidigungsminister bekannt, daß Bundesfinanzhilfen für Schulbauten als Folgeeinrichtungen bei militärischen Bauvorhaben und Wohnsiedlungen teilweise so verspätet gewährt werden, daß die Schulausbildung der Kinder der am Dienstort wohnenden Soldaten gefährdet ist? ist es mit der Fürsorgepflicht des Staates gegeniiber seinen Soldaten vereinbar, daß die Bundesfinanzhilfen für Folgeeinrichtungen in ihrer Gesamtsumme weit unter dem tatsächlichen Bedarf liegen? Mir ist bekannt, daß seit einiger Zeit die Bundesfinanzhilfen mit erheblicher Verspätung gewährt werden. Dadurch treten Verzögerungen bei Schulbauten und bei anderen, insbesondere kommunalen Folgemaßnahmen ein, die für den Schulunterricht und für andere Dinge unangenehm sind. Die Verzögerungen in der Gewährung der Bundesfinanzhilfen liegen daran, daß die Geldmittel nicht ausreichen, um die nötigen Aufgaben schnell durchzuführen. Ich habe bereits angeregt, diese Sache in den zuständigen Ausschüssen des Deutschen Bundestages zu besprechen, um eine Abhilfe zu finden. Bis dies grundsätz4ich möglich ist, werde ich mit dem Bundesminister der Finanzen erwägen, Bindungsermächtigungen zu erlangen, damit wenigstens Zusagen für das nächste Jahr gegeben werden und damit die Gemeinden usw. endgültig planen und die Restfinanzierung sicherstellen können.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Carlo Schmid


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe nicht die Absicht, in meiner Eigenschaft als zweiter Berichterstatter den Bericht des ersten Berichterstatters, des Kollegen Furler, in tatsächlicher Hinsicht zu ergänzen. Sein Bericht umfaßt alles, was über den Hergang der Beratungen, über die gestellten Anträge und das Schicksal dieser Anträge wissenswert ist. Ich glaube jedoch, daß es nützlich sein könnte, die im Ausschuß zutage getretenen Auffassungen über die Rechtswirkungen der Präambel und die durch ihren Inhalt erfolgte Bindung jeder deutschen Regierung bei der Anwendung des Vertrages in einer prägnanten Zusammenfassung darzulegen.
    Ich bemerke, daß über die einzelnen Feststellungen, die ich nun treffen werde, nicht formell abgestimmt worden ist, glaube jedoch, sicher sein zu dürfen, daß das, was ich sagen werde, die einmütige Auffassung des Ausschusses wiedergibt.
    Im Ausschuß kam zum Ausdruck, daß die Präambel nicht etwa nur eine deklamatorische Zusammenfassung guter Wünsche darstellt, sondern den Organen der Bundesrepublik die Rechts pflicht auferlegt, entsprechend ihrem Inhalt zu handeln. Die Präambel ist ein Teil des Gesetzes, genauso rechtsverbindlich wie dessen paragraphierter Teil.
    Im Ausschuß kam weiter zum Ausdruck — und diese Meinung wurde vom Vertreter der Regierung geteilt —, daß der deutsch-französische Vertrag innerhalb der rechtlichen und politischen Ordnungen gilt, die durch die Römischen Verträge und die anderen multilateralen Verträge über die Integration Europas und das nordatlantische Verteidigungssystem sowie durch den Deutschlandvertrag geschaffen worden sind. Danach bricht im Zweifelsfalle das Recht der multilateralen Verträge das Gemeinschaftsrecht, wie es mit Recht genannt wurde,
    das durch den zweiseitigen Vertrag geschaffene Recht, falls es überhaupt zu einem Zweifel kommen sollte.
    Im Ausschuß kam weiter zum Ausdruck, daß durch die Feststellung, daß durch diesen Vertrag die Rechte und Pflichten aus den von der Bundesrepublik Deutschland .abgeschlossenen multilateralen Verträgen unberührt bleiben, sowie durch die Erklärung des Willens, die Einigung Europas auf dem durch die Schaffung der europäischen Gemeinschaften begonnenen Wege durchzuführen, klargestellt ist, daß Europapolitik und Verteidigungspolitik der Bundesregierung von den durch 'die aufgeführten multilateralen Verträge geschaffenen Einrichtungen und Zielsetzungen auszugehen haben. Damit ist eine jede Bundesregierung auf eine aktive Europapolitik festgelegt; ebenso lauf eine Politik des Ausbaus und der Ausweitung .der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft; auf eine Politik, die hilft, die Voraussetzungen für ein Wirksamwerden der Kennedy-Round — um es in der Abkürzung zu sagen — zu schaffen, schließlich auf eine Politik, über die durch die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft geschaffenen europäischen Realitäten hinaus auf eine stärkere politische Integration Europas hinzuwirken.
    Der Ausschuß war der Überzeugung, daß damit alle Befürchtungen gegenstandslos geworden sind — falls sie begründet gewesen sein sollten —, die innerhalb Deutschlands und außerhalb durch den Abschluß des Vertrages und die Begleitumstände seines Abschlusses aufgekommen sein mögen. Denn es steht nunmehr fest, daß der Vertrag einer jeden deutschen Bundesregierung nur als Instrument einer positiven europäischen Integrationspolitik und atlantischen Verteidigungspolitik dienen kann.
    Wir wissen, daß darüber, was Europa sein soll, verschiedene Meinungen bestehen. Manche 'glauben, es genüge, ein Europa der Regierungen zu schaffen, .andere, eines der Staaten. Ich glaube mich nicht zu täuschen, wenn ich sage, daß die überwiegende Meinung im 'deutschen Volk ist, ,daß Europa ein Europa der Völker sein soll.

    (Beifall auf allen Seiten.)



Rede von Dr. Richard Jaeger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Das Wort hat der Abgeordnete Wehner.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Herbert Wehner


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bei der ersten Lesung des Ratifikationsgesetzes zu dem deutsch-französischen Vertrag konnte Übereinstimmung darüber 'festgestellt werden, .daß )die Freundschaft oder beiden Völker lebenswichtige Bedeutung für Deutschland und Frankreich selbst und für ,das Zusammenwachsen Europas hat. Umstritten war die Auswirkung des Vertrages auf das Leiben und damit auf die weitere Entwicklung — zu der auch das Wachsen gehört — der europäischen Gemeinschaften und auf die Partnerschaft mit den Vereinigten Staaten von Amerika.
    Es ist uns dabei, soweit es meine Fraktion betrifft, nicht in erster Linie ;darum gegangen, ob der Wortlaut des Vertrages und die rechtliche Wirkung der durch ihn ins Leben 'gerufenen Einrichtungen über-



    Wehner
    haupt mit den Bestimmungen und mit den Verfahrensregeln der europäischen Gemeinschaftsverträge vereinbar seien. Unsere Sorge — und ich weiß, das war tauch die Sorge vieler in den Partnerländern der europäischen Gemeinschaften — ist gewesen: Wird durch das besondere Verhältnis der Regierungen beider Staaten in das Gefüge der europäischen Gemeinschaften ein störendes, ihre Entwicklung hemmendes Element gebracht?
    Über diese unsere Sorge haben wir in der ersten Lesung offen gesprochen. Der Berichterstatter hat in seinem Schriftlichen Bericht dargelegt, wie versucht worden ist, die Sorgen zu zerstreuen und Einwände zu entkräften. Er hat in diesen Teilen seines Berichts im wesentlichen wiedergegeben, was in den Ausschußberatungen zu gewissen Klarstellungen geführt hat. Er hat dabei in dem Bericht auch die vom Präsidenten der Europäischen Kommission der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft geäußerten Befürchtungen erwähnt, es könne ein fremdes Gewicht in den ausgewogenen Gemeinschaftsprozeß hineingetragen werden. Soweit der Herr Berichterstatter bei der Behandlung dieser Einwände geltend macht, die Mehrheit des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten habe sich diesen Überlegungen nicht anschließen können, hat er damit — wenn ich das, ohne ihn korrigieren zu können und zu wollen, so ausdeuten darf — eigentlich wohl betonen wollen, es bestehe auf deutscher Seite nicht die Absicht, ein solches fremdes Gewicht hineinzutragen. Ich habe auch seine heutigen mündlichen Erläuterungen zu diesem Bericht mit Genugtuung so verstanden.
    Aber der Herr Präsident der Kommission der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft hat ja selber ausdrücklich erklärt, die Kommission habe bei der Prüfung des Sachverhalts selbstverständlich keinerlei Absicht der Vertragsschließenden unterstellt, damit gegen ihre Gemeinschaftsverpflichtungen zu handeln. Er 'hat hinzugefügt, die EWG-Kommission nehme als Kriterium ihres Urteils nicht einen formalen juristischen Maßstab, und er hat betont, die EWG-Kommission sei der Meinung, daß der Schwerpunkt der Frage im Bereich des Politischen liege, und deshalb — so habe ich Herrn Hallstein verstanden — hat er in seiner Eigenschaft als Präsident der Kommission der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft als Kriterium des Urteils der Kommission die, wie er sich ausdrückte, Ratio des Vertrages selbst bezeichnet, d. h. das Interesse an einer in ihrer Substanz und Dynamik unversehrten Gemeinschaft, d. h. einer sicheren und uneingeschränkten Verwirklichung des materiellen Vertragsinhalts und an einem reibungslosen und höchst produktiven Funktionieren der verfassungsmäßigen Organisation der Gemeinschaft. — Soweit Herr Hallstein.
    Angesichts dieser Erklärungen wäre es uns richtiger erschienen, wenn der Herr Berichterstatter es für möglich gehalten hätte, ganz freimütig auf jene Bemerkungen des Herrn Präsidenten der Kommission der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft einzugehen, in denen gesagt worden ist, die Kommission habe mit Aufmerksamkeit und mit Genugtuung
    Tendenzen beobachtet, bei der parlamentarischen Ratifikation des Vertrages außer jeden Zweifel zu setzen, daß der Vertrag nicht zu Wirkungen auf die materielle Gemeinschaftsordnung und die Gemeinschaftsverfahren führen darf, die dem Sinn unseres Vertrages zuwiderlaufen.
    Nun, der Herr Berichterstatter selber hat heute gesagt, daß wir mit der Einfügung der Präambel in das Ratifikationsgesetz doch wohl dieser eindringlichen Aufforderung entsprochen haben, eben der Aufforderung, bei Gelegenheit dieser parlamentarischen Ratifikation so klar und so verbindlich wie möglich festzulegen, daß Auslegung und Anwendung des Vertrages Bestand, Funktionieren und Dynamik unserer Gemeinschaft nicht beeinträchtigen dürfen. Darauf kam es an, und wenn wir alle Zweifel ausräumen wollen, dann können wir und dann sollen wir auch freimütig sagen, daß es dem Deutschen Bundestag darauf ankommt, dies so klar und so verbindlich wie nur möglich festzulegen.
    Der Herr Berichterstatter hat in seinem Schriftlichen Bericht ausführliche Betrachtungen über das Schicksal der Versuche angestellt, eine europäische politische Union zustande zu bringen. Wir Sozialdemokraten vertreten nach wie vor die Auffassung, daß die Teilnahme Großbritanniens an dem Anfang einer europäischen politischen Union entscheidend dafür ist, Europa einen erhöhten Einfluß auf das Weltgeschehen zu sichern.

    (Beifall bei der SPD.)

    Deshalb fordern wir, ungeachtet der bisherigen Fehlschläge und auch ohne die Augen vor den derzeitigen auch in Großbritannien selbst erkennbaren Schwierigkeiten zu verschließen, weitere zähe Bemühungen, England mit dem Gemeinsamen Markt zu vereinigen und dadurch die Grundlage für die europäische politische Union zustande zu bringen.

    (Erneuter Beifall bei der SPD.)

    Wir halten uns an die Feststellung, daß das Vertragswerk, wie der Herr Berichterstatter sagt, nach der übereinstimmenden Ansicht beider Vertragspartner die politische Union nicht ersetzen könne und solle und daß ein Ansatzpunkt zur Erweiterung in der Bestimmung des Schlußkapitels — III/2 — liege, wo es heißt, daß die beiden Regierungen die Regierungen der übrigen Mitgliedstaaten der europäischen Gemeinschaften über die Entwicklung der deutsch-französischen Zusammenarbeit laufend unterrichtet halten werden.
    Ich möchte hinzufügen, wir wünschen und erwarten, daß der Herr Bundesminister des Auswärtigen im Zusammenwirken mit den Partnern der europäischen Gemeinschaften die in Brüssel durch seine Initiative dankenswerterweise begonnenen Bemühungen um eine Praxis der Konsultation mit den zum Beitritt entschlossenen Ländern und mit den Ländern, die ein Assoziationsverhältnis zur Gemeinschaft finden wollen, fortsetzt.

    (Beifall bei der SPD.)

    In diesem Sinne möchten wir verstanden wissen, was im Bericht auf Seite 4 unter Nr. 5 erklärt worden ist, nämlich:



    Wehner
    Die Unterstützung, die das deutsch-französische Vertragswerk bei seiner Anwendung im Bundestag und auch in der Offentlichkeit finden wird, dürfte zu einem großen Teil davon abhängen, wie überzeugend die Orientierung aller zweiseitigen Maßnahmen an dem übergreifenden europäischen Ziel verwirklicht wird.
    So der Herr Berichterstatter im Schriftlichen Bericht.
    Das möchten wir auch im Hinblick auf die im Vertrag enthaltenen Bestimmungen über die Förderung des Austauschs und der Begegnung junger Menschen und Mitbürger beider vertragschließenden Länder besonders hervorheben. Wir haben im Ausschuß betont und im einzelnen ausgeführt, daß wir es als einen Prüfstein ansehen, ob bestehende und segensreich wirkende private und öffentlich-rechtliche Organisationen und Einrichtungen — wir haben z. B. auf die gewerkschaftlichen in Paris hingewiesen — gefördert werden oder ob etwa mit Hilfe des zu errichtenden Fonds die Schwerpunkte auf ganz andere Arten von Einrichtungen verlagert werden. Es kommt hier sehr auf die Förderung des Freiwilligen an, weil das wohl im Sinne des Vertrages und einer solchen Beziehung der Völker liegt.

    (Beifall.)

    Ich habe mit Freude festgestellt, daß darüber Einverständnis im Ausschuß und auch bei der Regierung herrscht. Es ist uns jedenfalls, wie es der Bericht auf Seite 7 vermerkt, ausdrücklich zugesichert worden, daß so verfahren werde.
    Wir haben es im Ausschuß weiter als Prüfstein angesprochen, ob auch entsprechende kulturelle Beziehungen zur Jugend anderer europäischer Staaten gefördert werden und Initiativen dazu von deutscher Seite ergriffen werden. Im Bericht ist ausdrücklich erwähnt, daß ein solcher Wunsch in Übereinstimmung wohl aller Seiten besteht.
    Die Sozialdemokraten haben in der ersten Lesung ausdrücklich gesagt, es gehe uns nicht darum, hier die eine oder die andere Einzelheit im Vertragswerk zu kritisieren, sondern darum, in jeder Form dafür zu sorgen, daß die europäischen Gemeinschaften als der Kern der Entwicklung zu einem vereinigten Europa unbeeinträchtigt und unangetastet bleiben.
    Wir kennen die Schwierigkeiten, mit denen die Gemeinschaften jetzt zu ringen haben. Es wäre falsch — auch von unserer Sicht aus —, den deutschfranzösischen Vertrag an sich als Ursache dieser Schwierigkeiten hinzustellen. Er ist wohl eher einer der Ausdrücke für solche Schwierigkeiten. Aber immerhin!
    Die Bundesregierung wird in jedem Fall unsere vorbehaltlose Unterstützung haben, wenn sie sich um die Überwindung der Hindernisse bemüht. Das sei besonders auch im Hinblick auf die Verhandlungen betont, deren Schatten ja jetzt schon vorausgeworfen werden, die mit der Kennedy-Runde bevorstehen. Wir haben Wert darauf gelegt, die deutsche Politik müsse in ihrer Praxis und auch in dem, was der Gesetzgeber hier beschließt — das werden wir ja heute zu tun haben —, eindeutig und unverrückbar klarstellen, daß wir in der Weiterentwicklung und in der Ausgestaltung der europäischen Gemeinschaften den wirklichen Integrationsprozeß, den wirklichen Einigungsprozeß in Europa sehen.

    (Beifall bei der SPD.)

    Diese europäischen Gemeinschaften, meine Damen und Herren, müssen wir auch herausbringen helfen aus einem Zwielicht, in dem sie sich in den Augen der Demokratien Skandinaviens, Großbritanniens und der Vereinigten Staaten von Amerika in mancher Hinsicht befinden.
    Wenn unsere Erklärungen in der ersten Lesung und die Beratungen in den Ausschüssen dazu beigetragen haben, eindeutige Feststellungen zu erwirken, so sind wir darüber froh. Im Bericht wird auf Seite 6 festgestellt,
    politisch widerspräche es nach den im Auswärtigen Ausschuß abgegebenen Erklärungen der Bundesregierung den Absichten der beiden Regierungen, die Entwicklung der Gemeinschaften etwa durch ein gemeinsames Veto blockieren zu wollen. Der Vertrag soll auch für das Werk der Europäischen Gemeinschaften förderlich sein. Die Vertragschließenden haben durch die doppelte Erwähnung der Gemeinschaften im Text klargemacht, daß sie bei der Organisation ihrer verstärkten Zusammenarbeit von der Existenz und der Bedeutung der Gemeinschaften für das Leben ihrer Völker ausgehen. Die Konsultationen bieten die Möglichkeit, die für die europäische Integration so notwendige deutschfranzösische Übereinstimmung herbeizuführen.
    Niemand
    — so heißt diese Stelle des Berichts —
    zweifelt daran, daß ohne diese Übereinstimmung die Situation der Gemeinschaften sehr schwierig wäre.
    Es folgt dann jene Feststellung über die politische Union als Wille auch derer, die diesen Vertrag schließen, und sicher, möchte ich sagen, als unser Wille, als Wille derer, die wir hier als Teil der Gesetzgebung dazu Stellung zu nehmen haben:
    Der Wille beider Vertragspartner, an der Politik der europäischen Vereinigung festzuhalten, kommt auch in der Abschlußbestimmung zum Ausdruck, nach der die übrigen Mitgliedstaaten über den Fortgang der deutsch-französischen Zusammenarbeit unterrichtet werden. Eine derartige Norm ist in einem bilateralen Vertrag nicht üblich. Sie erklärt sich aus der mit dem Vertrag verbundenen europäischen Zielsetzung. Hier kann der Ansatzpunkt für die Wiederaufnahme der Verhandlungen über die Bildung der Europäischen Politischen Union liegen.
    Darin, meine Damen und Herren, sehen wir einen Fortschritt, gemessen an den Erklärungen, die der Herr Staatssekretär Carstens noch am 1. März im Bundesrat gegeben hatte.
    Wir finden die im Bericht wiedergegebene Haltung und die im Text der Präambel des Ratifikationsgesetzes verbindlich festgelegten Richtlinien auch im Einklang mit Erläuterungen, die am 28. Juli 1959



    Wehner
    bezüglich der Stellungnahme der Bundesregierung zu Anregungen über ein politisches Dreier-Direktorium innerhalb der EWG — worum es damals ging — gegeben worden waren. In jener Erklärung hieß es:
    Es ist mit den politischen Absichten der Bundesregierung und anderer Regierungen unvereinbar, wenn der Eindruck entsteht, daß eine Blockbildung beabsichtigt sei. Dies ist auch unvereinbar mit den Zielsetzungen der Organisationen — wie der EWG, der WEU, der NATO —, denen die Bundesrepublik angehört. Jede politische Zusammenarbeit in diesen Organisationen muß auf der Grundlage der Verträge erfolgen und darf nicht einzelne Staaten beeinträchtigen.
    Das war die damalige Erklärung, und wir finden, daß sich das, was jetzt in diesem Bericht über unsere eigenen Absichten dargelegt worden ist, mit jener Erklärung deckt.
    Lassen Sie mich bitte hinzufügen, daß wir Deutschen ja nicht zuletzt auch aus den Notwendigkeiten unserer Deutschlandpolitik ein solches partnerschaftliches Verhältnis pflegen müssen. Im Ringen um die Einheit Deutschlands in gesicherter Freiheit, im Bemühen darum, die Last unserer Landsleute zu verringern, die noch in der Unterdrückung leben müssen, sind wir darauf angewiesen, die Partnerschaft der freien Völker zu pflegen.
    Aus diesen Erwägungen und in dem festen Willen, die gesamtdeutsche und die europäische Verpflichtung zu erfüllen, die wir uns in unserem Grundgesetz auferlegt haben, wird die Fraktion der Sozialdemokraten dem Gesetz in der in den Beratungen erreichten Form zustimmen.

    (Beifall bei der SPD und von Abgeordneten der CDU/CSU.)