Rede von
Hermann
Dürr
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FDP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn ich annehmen darf, daß das ganze Haus die Meinung vertritt, die Herr Kollege Dr. Schäfer eben vorgetragen hat, dann kann ich es mir ersparen, über den Petitionsausschuß weitere Ausführungen zu machen. Ich habe vier Dienstjahre im Petitionsausschuß hinter mir und kann mich etwas in die Situation eines Petenten hineindenken, der nach langem Warten einen Bescheid eines Bundesministeriums bekommt, der, weil der Regierungsdirektor gerade keine Zeit zum Unterschreiben hatte, mit „Beglaubigt Soundso, Angestellte" unterschrieben ist. Das ist dann die Antwort, die der Petent von seinem Parlament, von seiner Volksvertretung erhält. Hier muß geändert, hier muß verbessert werden, und das können wir heute in dieser Lesung nur sehr schwer tun.
Nun aber ein paar Worte zu Herrn Kollegen Brese. Da ein Bundestagsabgeordneter das Recht hat, über die Herkunft seiner Informationen das Zeugnis zu verweigern, kann ich Ihnen, lieber Herr Kollege Brese, folgende Geschichte erzählen. Ich war gerade als Jüngster meiner Fraktion im Bundestag, und Sie haben eine Rede ähnlichen Kalibers wie heute gehalten. Ich fragte meinen Nebensitzer: Wer ist das denn? Und der sagte: Das ist Brese, der Erfinder der Sparsamkeit.
Herr Kollege Brese, ich habe den Satz gebraucht, um Ihnen zu zeigen, daß darin etwas Demagogie liegt. Aber in dem, was Sie sagten, lag noch viel mehr Demagogie. Sie haben gesagt, wir dürften hier keine Stellenvermehrungen vornehmen, sonst vermehrten wir die Bürokratie. Das ist unrichtig. Die Stellenvermehrungen betreffen hauptsächlich Assistenten unseres wissenschaftlichen Hilfsdienstes. Diese zu den Bürokraten zu rechnen, ist schlankweg eine Fehlbezeichnung. Wenn diese zu den Bürokraten gehören würden, lieber Herr Kollege Brese, dann wäre damals, als Sie aus dem Lehrerberuf ausgeschieden und zur Landwirtschaft übergegangen sind, die Welt um einen Bürokraten ärmer geworden, und das würde doch auch nicht stimmen. Das heißt: Unsere Assistenten sind doch, wenn sie auch Beamte sind, so wenig Bürokraten, wie ein Oberlehrer oder der Rektor einer Schule als Bürokrat bezeichnet werden kann.
Mit dem Wachstum der Staatsaufgaben, mit der Vergrößerung der Zahl der Gesetze, die uns zur Bearbeitung gegeben werden, brauchen wir auch mehr Assistenten. Oder halten Sie es für möglich, weiterhin so zu verfahren wie in der letzten Legislaturperiode, wo ein Ausschußassistent vier Ausschüsse zu betreuen hatte? Er mußte sich dann nicht nur wie Rumpelstilzchen in zwei, sondern eigentlich in vier Teile zerreißen, was ihm nicht gelang.
Dann sagten Sie, Sie hätten noch nicht gehört, daß Stellen weggefallen seien. Herr Kollege Brese, Ich empfehle Ihnen das Studium ides Einzelplans 26. Herr Minister Mischnick wird Ihnen sagen, daß vom letzten bis zu diesem Jahr in seinem Ministerium 150 Stellen weggefallen sind. Das ist meines Erachtens allen Lobes wert.
Noch ein Letztes, Herr Kollege Brese. Wenn wir die Stellen für unsere Ausschußassistenten sehr bescheiden dotieren, so daß die Assistenten mit dem Oberregierungsrat etwa an die obere Grenze kommen und in der Bundestagsverwaltung nicht weiterkommen können, was machen die Assistenten dann? Dann gehen sie von der Bundestagsverwaltung weg, die Klügsten zuerst, unid wir haben uns dann vielleicht mit gewissen Restbeständen zu befassen. Diese Gefahr besteht.
Herr Kollege Brese, je besser der wissenschaftliche Hilfsdienst im Deutschen Bundestag ist, desto weniger wird der Parlamentarier — gestatten Sie mir den übertriebenen Ausdruck — von den wirklichen Bürokraten über den Löffel balbiert. Ich habe das übertrieben ausgedrückt; eis ist aber etwas Wahres daran.
Deshalb bin ich der Meinung, daß wir Ihren Antrag, lieber Herr Kollege Brese, der im letzten Grunde — obwohl Sie das glatte Gegenteil wollen — nicht brokratiefeindlich, sondern bürokratiefördernd ist, ohne Gehässigkeit und Unfreundlichkeit gegen Sie ablehnen sollten.