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ID0407317400

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag 73. Sitzung Bonn, den 25. April 1963 Inhalt: Abg. Anders tritt in den Bundestag ein . . 3405 A Fragestunde (Drucksache IV/1193) Fragen des Abg. Kreitmeyer: Entseuchung des ehemaligen Schießplatzes Deutsch-Evern von Hassel, Bundesminister . . 3405 B, C, 3406 A, Kreitmeyer (FDP) . . . 3405 D, 3406 A Fragen des Abg. Rauhaus: Übungen der Stationierungsstreitkräfte in Erholungsgebieten von Hassel, Bundesminister . 3406 A, B, 3407 B Rauhaus (CDU/CSU) . . . . . . 3407 B Frage der Abg. Frau Dr. Diemer-Nicolaus: Entlohnung von Arbeitern bei Bundeswehrbauten in Hechingen von Hassel, Bundesminister . 3407 C, D Frau Dr. Diemer-Nicolaus (FDP) 3407 C, D Frage des Abg. Peiter: Aufenthaltskosten beim freiwilligen Ausbau eines deutschen Soldatenfriedhofs in Italien 3407 D Frage des Abg. Wittrock: Rechtsverordnung nach § 13 a Abs. 2 des Wehrpflichtgesetzes von Hassel, Bundesminister . . 3408 A Wittrock (SPD) 3408 A Fragen der Abg. Frau Blohm: Beförderung von Sendungen mit Arzneimitteln 3408 B Frage des Abg. Kahn-Ackermann: Zustellungszeit von Postsendungen in München 3408 C Frage der Abg. Frau Dr. Diemer-Nicolaus: Berechnung von Abkürzungen bei Drucksachen Stücklen, Bundesminister . . . . 3408 C, 3409 A, B, C Frau Dr. Diemer-Nicolaus (FDP) . . 3408 D, 3409 B Ritzel (SPD) . . . . . . . . . 3409 B Fragen des Abg. Hörmann (Freiburg) : Gebäude der ehemaligen Kreispflegeanstalt in Freiburg Qualen, Staatssekretär . . . 3409 C, D, 3410 A, B Hörmann (Freiburg) (SPD) 3409 D, 3410 B Frage des Abg. Freiherr von Mühlen: Wiederherstellung des Reichstagsgebäudes in Berlin Qualen, Staatssekretär . . 3410 B, C, D, 3411 A Freiherr von Mühlen (FDP) . . 3410 C, D Ritzel (SPD) 3410 D, 3411 A II Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 73. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 25. April 1963 Fragen des Abg. Dr. Gleissner: Urteil des Bundesverfassungsgerichts betr. Gesetz zur Reinhaltung der Bundeswasserstraßen Frau Dr. Schwarzhaupt, Bundesminister 3411 A, B Frage des Abg. Dr. Gleissner: Förderung von Abwässeranlagen mit ERP-Krediten Frau Dr. Schwarzhaupt, Bundesminister 3411 C, D Dr. Gleissner (CDU/CSU) . . . 3411 C Frage des Abg. Börner: Ölleitung durch den Bodensee Frau Dr. Schwarzhaupt, Bundesminister . 3411 D, 3412 A, B, C Börner (SPD) . . . . . . . . . 3412 A Dr. Schäfer (SPD) 3412 B Matthöfer (SPD) . . . . . . . 3412 C Frage des Abg. Börner: Trinkwasser aus dem Bodensee Frau Dr. Schwarzhaupt, Bundesminister . . 3412 D, 3413 A, B Börner (SPD) . . . . . 3412 D, 3413 A Dr. Schäfer (SPD) 3413 A, B Frage des Abg. Börner: Verhinderung des Baues einer Ölleitung durch den Bodensee Frau Dr. Schwarzhaupt, Bundesminister . . 3413 C, D, 3414 A Börner (SPD) . . . . . 3413 D, 3414 A Frage des Abg. Dr. Hamm (Kaiserslautern) : Kariesbefall bei Kleinkindern und Jugendlichen Frau Dr. Schwarzhaupt, Bundesminister 3414 B Fragen des Abg. Dr. Hamm (Kaiserslautern) : Gesetzliche Regelung der Jugendzahnpflege Frau Dr. Schwarzhaupt, Bundesminister . . . . 3414 B, C, D Dr. Hamm (Kaiserslautern) (FDP) . . 3414 B, C, D Frage des Abg. Faller: Typhus-Fälle im Bundesgebiet . . . 3414 D Frage des Abg. Faller: Untersuchung von Gastarbeitern aus typhusverdächtigen Gebieten . . . . 3415 A Frage des Abg. Faller: Arbeitskräfte aus Lecce . . . . . . 3415 A Frage des Abg. Hörmann (Freiburg) : Haftbarmachung wegen der Typhuserkrankungen in Zermatt . . . . . 3415 B Frage des Abg. Bauknecht: Gefrierhühnchensendung aus USA Frau Dr. Schwarzhaupt, Bundesminister . . . . . . 3415 C, D, 3416 A, B, C, D Bauknecht (CDU/CSU) . . . . 3415 C, D Bewerunge (CDU/CSU) 3415 D Dr. Reinhard (CDU/CSU) . . . . 3416 A, B Dr. Dr. h. c. Dresbach (CDU/CSU) . 3416 C Dr. Schmidt (Gellersen) (SPD) . . . 3416 C Frage des Abg. Bauknecht: Salmonellenfreie Futtermittel Frau Dr. Schwarzhaupt, Bundesminister . . . 3416 D, 3417 A Bauknecht (CDU/CSU) 3417 A Frage des Abg. Bauknecht: Schutz vor Schädigung durch Salmonellen bei der Hühnereinfuhr Frau Dr. Schwarzhaupt, Bundesminister . . . . . . . 3417 A Änderung der Tagesordnung . . . . . 3417 B Schriftlicher Bericht des Außenhandelsausschusses über die Zweiundsechzigste Verordnung zur Änderung des deutschen Zolltarifs 1962 (Gemüse) (Drucksachen IV/1195, IV/1202) . . . . . . . . . 3417 B Entwurf eines Gesetzes zu der Gemeinsamen Erklärung und zu dem Vertrag vom 22. Januar 1963 mit der Französischen Republik über die deutsch-französische Zusammenarbeit (Drucksache IV/1157) — Erste Beratung — Dr. Adenauer, Bundeskanzler . . 3417 C Majonica (CDU/CSU) 3419 C Wehner (SPD) 3424 B Dr. Mende (FDP) . . . . . . 3434 D Dr. Schröder, Bundesminister . . 3438 A Birkelbach (SPD) 3441 D Margulies (FDP) . . . . . . . 3443 D Nächste Sitzung 3445 C Anlagen 3447 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 73. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 25. April 1963 3405 73. Sitzung Bonn, den 25. April 1963 Stenographischer Bericht Beginn: 14.32 Uhr
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    Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich a) Beurlaubungen Anders 25. 4. Dr. Artzinger 26. 4. Dr.-Ing. Balke 25. 4. Bazille 14. 5. Berlin 25. 4. Blachstein 25. 4. Dr. Böhm (Frankfurt) 30.4. Corterier 30.4. Dr. Danz 25. 4. Ehren 29.4. Eisenmann 26. 4. Erler 26. 4. Ertl 25. 4. Etzel 25. 4. Even (Köln) 18. 5. Faller * 26. 4. Figgen 15. 6. Franke 27. 4. Dr. Dr. h. c. Friedensburg 26. 4. Funk (Neuses am Sand) 25. 5. Freiher zu Guttenberg 25. 5. Haage (München) 7. 5. Hansing 26. 4. Dr. Hauser 25. 4. Hellenbrock 27. 4. Herold 26. 4. Höfler 26. 4. Hufnagel 26.4. Jacobs 27. 4. Dr. Jaeger 26. 4. Jaksch 26. 4. Keller 3. 5. Frau Kipp-Kaule 26. 4. Dr. Kliesing (Honnef) 26. 4. Frau Krappe 26. 4. Kraus 26. 4. Kriedemann * 26. 4. Frau Dr. Kuchtner 26.4. Leber 25.4. Lenz (Brühl) 25.4. Lohmar 30. 4. Dr. Löhr 25.4. Lücker (München) 25. 4. Mattick 25. 4. Mauk * 25. 4. Dr. h. c. Menne (Frankfurt) 10. 5. Dr. Menzel 26. 4. Dr. Miessner 25. 4. Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller 13. 5. Dr. Mommer 26.4. Müller (Berlin) 26. 4. Müller (Remscheid) 25. 4. Müser 27. 4. Neumann (Allensbach) 25. 4. * Für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischer Parlaments Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordneter) beurlaubt bis einschließlich Frau Dr. Pannhoff 26. 4. Paul 26. 4. Peters (Norden) 19. 5. Pöhler 25. 4. Ramms 26. 4. Riegel (Göppingen) 26. 4. Schlick 26. 4. Soetebier 25. 4. Dr. Starke 13. 5. Storch * 25. 4. Frau Strobel * 26. 4. Frau Vietje 31. 5. Werner 30. 4. Zoglmann 31. 5. Zühlke 30. 4. b) Urlaubsanträge Maier (Mannheim) 3. 5. Wittmer-Eigenbrodt 31. 7. Anlage 2 Schriftliche Antwort des Herrn Bundesministers Dr. Heck vom 24. April 1963 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Peiter - (Drucksache IV/1193) - Frage V *). Stehen für Jugendgruppen, die beim Ausbau deutscher Kriegerfriedhöfe freiwillig Arbeit leisten, Geldmittel zur Verfügung? „Die Betreuung von Kriegsgräbern im Ausland durch Jugendgruppen gehört nach den Richtlinien für den Bundesjugendplan zu den förderungswürdigen Maßnahmen im Rahmen des Programms „Internationale Jugendbegegnung". Für diese Maßnahme ist jährlich ein Betrag von rund 300 000 DM zur Verfügung gestellt worden. Im Jahre 1962 wurden 63 Maßnahmen mit 5141 jugendlichen Teilnehmern gefördert. Es ist beabsichtigt, im laufenden Rechnungsjahr die Kriegsgräberbetreuung in erweitertem Umfange zu fördern. Träger dieser Maßnahmen ist der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge. Die Aktion steht unter dem Motto „Versöhnung über den Gräbern". Es hat sich gezeigt, daß diese Aktion auch für die internationale Verständigung von großer Bedeutung ist. In vielen Fällen ist es den Jugendlichen gelungen, durch die Pflege deutscher Kriegsgräber noch bestehende Ressentiments zu überwinden, enge menschliche Kontakte herzustellen und innerhalb der jungen Generation das europäische Bewußtsein zu vertiefen." *) Siehe 72. Sitzung Seite 3311 A 3448 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 73. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 25. April 1963 Anlage 3 Erklärung des Abg. Seuffert für die Fraktion der SPD zur Beratung des Schriftlichen Berichts des Finanzausschusses (14. Ausschuß) über den von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschlag der Kommission der EWG für eine vom Rat der EWG zu erlassende Richtlinie zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten betreffend die Umsatzsteuern (Drucksachen IV/850, IV/ 1179).*) Auch die sozialdemokratische Opposition begrüßt es, daß wir mit diesem einstimmigen Beschluß in die Verhandlungen über den Richtlinienvorschlag der Kommission der EWG eintreten, mit dem der erste Schritt zur unerläßlichen Steuerharmonisierung im gemeinsamen Markt eingeleitet wird. Wir begrüßen es, daß dieser Vorschlag in Richtung auf eine wettbewerbsneutrale Umsatzsteuer geht, ein Ziel, zu dem sich dieses Haus ebenfalls einstimmig, nunmehr einschließlich der Regierung bekannt hat und in dem wir also auch mit der Kommission übereinstimmen. Unser Beschluß sieht in zwei Punkten eine Abweichung von dem Vorschlag der Kommission vor. Wir halten einen mehrmaligen Systemwechsel, wie er sich aus dem ursprünglichen Vorschlag fast zwangsläufig ergeben müßte, für nicht tragbar; der Termin vom 30. 6. 1964, bis zu welchem wir die Grundzüge des künftigen gemeinsamen Systems erwarten möchten, ist mit unseren eigenen Vorstel- *) Siehe 72. Sitzung Seite 3396 A lungen über den Zeitpunkt unserer Umsatzsteuerreform abgestimmt und beweist die Dringlichkeit, die wir dieser Sache beimessen. Wir sind ferner der Ansicht, daß die Beseitigung der Steuergrenzen nicht zu einem fernen und unbestimmten, sondern zu einem nahen und bestimmten Zeitpunkt vorgesehen werden muß. Bei Steuergrenzen in einem herstellenden gemeinsamen Markt handelt es sich nicht, wie bei den Außengrenzen eines autonomen Marktes, einfach um den Ausgleich zwischen einheimischer und importierter Ware. Solange solche Steuergrenzen innerhalb eines gemeinsamen Marktes noch bestehen — erst wenn sie beseitigt sind, ist wirklich ein gemeinsamer Markt entstanden —, würde es sich hier um den Ausgleich der verschiedenen Steuerbelastungen in den Mitgliedsländern handeln müssen. Wenn deswegen der Maßstab der Ausgleichsmaßnahmen nur aus der Steuerbelastung im Ausgangsland und nicht auch aus ihrer Differenz zur Belastung im Eingangsland genommen wird, entstehen Wettbewerbsverzerrungen zwischen den Mitgliedsländern. Letzten Endes wird es sich hier nicht um isolierte Fragen der Umsatzsteuer, sondern um eine Angleichung der Finanzsysteme überhaupt handeln müssen — eine schwierige und langwierige Aufgabe, die aber unerläßlich ist, wenn schließlich ein gemeinsamer Markt wirklich entstehen und Europa seine endgültige Form erhalten soll. Wir begrüßen den Richtlinienvorschlag als Anfang auf diesem Wege und glauben, daß es ein guter Beitrag auf dem Wege au Europa sein wird, wenn den Änderungen, die unser Beschluß vorschlägt, Rechnung getragen wird.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Konrad Adenauer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)




    Uns und der Welt wären der Nationalsozialismus, dessen Wurzeln aus dem nicht zustande gekommenen Ausgleich zwischen Frankreich und Deutschland nach dem Kriege von 1914 bis 1918 ihre verderbliche Nahrung gezogen haben, und der letzte Weltkrieg erspart worden. Wären diese Versuche geglückt, so hätten die Geschichte der beiden Völker und die Geschichte Europas einen anderen Verlauf genommen. Jetzt bietet sich uns, meine Damen und Herren, die Gelegenheit, diese Spannung zwischen den beiden Nachbarvölkern für immer zu beenden.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Zwischen Nachbarvölkern bestehen immer Beziehungen besonderer Art, seien es gute, seien es schlechte Beziehungen, die durch die geographische Nähe, durch gleiche oder ähnliche Entwicklungen und Möglichkeiten, seien es wirtschaftliche, seien es politische, entstehen. Die gemeinsame Grenze zwischen Frankreich und Deutschland ist 450 km lang. Deutschland und Frankreich sind beide hochindustrialisierte Länder.
    Für die Bundesrepublik Deutschland ist Frankreich der wichtigste europäische Handelspartner. Das Handelsvolumen unserer Republik mit den Vereinigten Staaten beträgt nach den Zahlen des Jahres 1961 — das sind die letzten, die zugänglich sind — 9,5 Milliarden DM. Das Handelsvolumen zwischen der Bundesrepublik und Frankreich beträgt 9,4 Milliarden DM. Umgekehrt ist auch für Frankreich die Bundesrepublik ein außerordentlich wichtiger Handelspartner. Das Handelsvolumen Frankreichs mit uns betrug, wie ich Ihnen eben schon sagte, 9,4 Milliarden DM.
    Das Verständnis für die kulturelle Vergangenheit und das kulturelle Leben Frankreichs ist in Deutschland außerordentlich groß und verbreitet. Umgekehrt beginnen immer mehr Franzosen auch die deutsche Kultur kennenzulernen und zu schätzen.
    Um die ganze Bedeutung dieses Vertrages würdigen zu können, muß man in die europäische Geschichte zurückgehen. Fast immer standen sich die beiden Nachbarländer feindlich gegenüber. Der latente und dauernde Spannungszustand zwischen ihnen führte seinerzeit zu dem Vertrag des Deutschen Reiches mit Rußland gegen Frankreich. Ein Jahr nach dem Ausscheiden Bismarcks wendete sich das Blatt. Die französische Flotte machte den in die Geschichte eingegangenen Besuch in Kronstadt, und ein Jahr später, im Jahre 1892, schlossen Frankreich und Rußland ein Militärbündnis, eine Militärkonvention gegen Deutschland.
    Im Versailler Vertrag fanden gerade die alten, überkommenen Spannungen zwischen Frankreich und Deutschland einen besonders starken Ausdruck.
    Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten in Deutschland schloß Frankreich mit Sowjetrußland einen neuen Bündnispakt. Noch im Dezember 1944 schloß der damalige Ministerpräsident de Gaulle mit Sowjetrußland einen Bündnisvertrag gegen Deutschland. Noch im Jahre 1946 forderte Bidault, der damals französischer Außenminister war, die Internationalisierung am Rhein und an der Ruhr und die Verhinderung einer neuen deutschen Zentralregierung.
    Aber dann brach in Frankreich die Erkenntnis durch, daß dieser ewige Zwist zwischen Frankreich und Deutschland beiden Ländern nichts wie Unheil, Schwäche und Verderben gebracht habe und weiter bringen würde. Der Außenminister Robert Schuman schlug im Jahre 1950 den Abschluß des Vertrages über die Montanunion vor. Robert Schuman schrieb mir damals einen persönlichen Brief zu diesem offiziellen Vorschlag, in dem er ausführte, daß die Sorge, daß Deutschland nach seinem Wiedererstarken sich gegen Frankreich wenden würde, in Frankreich außerordentlich groß sei. Eine Aufrüstung zeige sich in erster Linie — so schrieb er mir — durch eine erhebliche Steigerung der Produktion von Eisen und Stahl und dementsprechend der Förderung von Kohle. Ihn leite bei seinem Vorschlag, den Montanunionsvertrag zu schließen, der Gedanke, daß, wenn Frankreich und Deutschland einen Vertrag schlössen, der beiden Ländern es ermögliche, auffällige Steigerungen der Produktion von Eisen und Stahl bei dem anderen wahrzunehmen, diese gegenseitige Kontrolle das sicherste Mittel zur Beseitigung von Furcht und Mißtrauen unter diesen beiden Völkern



    Bundeskanzler Dr. Adenauer
    sei. Daher schlage er den Abschluß des Vertrages über die Montanunion, wie er später ins Leben trat, vor.
    Beide Völker, meine Damen und Herren, sind jetzt und wahrscheinlich noch auf lange Zeit hinaus vom Osten her bedroht durch auf sie ausgeübten politischen Druck. Ich spreche nicht von kriegerischem Druck, sondern vom politischem Druck. Diesem Druck können beide Völker zusammen viel besser widerstehen als jedes Land für sich allein.
    Die Aufgeschlossenheit und Herzlichkeit, die unserem Bundespräsidenten im Jahre 1961 und mir im Jahre 1962 bei unseren Besuchen in Frankreich von der großen Mehrheit der Franzosen überall entgegengebracht wurden, zeigten deutlich, daß Idas französische Volk bereit war, das Verhältnis zum deutschen Volk grundlegend zu ändern und ihm die Hand zu reichen.
    Bei dem Staatsbesuch, den Herr Staatspräsident de Gaulle im September 1962 in der Bundesrepublik machte und bei dein er Bonn, Köln, Düsseldorf, Hamburg, München und Ludwigsburg besuchte, wurde er von allen Kreisen des deutschen Volkes mit der größten Herzlichkeit aufgenommen, einer Herzlichkeit, die bewies, daß auch das deutsche Volk in allen seinen Schichten eine herzliche Freundschaft für Frankreich empfindet. Dem Willen beider Völker, in Frieden und Freundschaft miteinander zu leben, diesem Willen zweier Völker, die jahrhundertelang sich als Erbfeinde gegenübergestanden hatten, galt es Ausdruck zu geben. Dies Gefühl der Schicksalsgemeinschaft und der Verbundenheit für alle Zukunft zu sichern, — diesem Zweck, meine Damen und Herren, dient der vorliegende Vertrag.
    Ohne eine dauernde Aussöhnung zwischen Deutschland und Frankreich, meine Damen und Herren, kann Europa nicht geschaffen werden.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Ohne diese Aussöhnung und Freundschaft wird es keinen Frieden in Europa und damit in der Welt geben. Der Abschluß dieses Vertrages ist ein Grundpfeiler des Friedens zwischen Frankreich und Deutschland und damit des Friedens in Europa und in der Welt. Er ist ein Ereignis ersten Ranges für unser Land und auch für Europa und — ich wiederhole nochmals — für die ganze freie Welt. Er ist für eine lange, lange Dauer bestimmt. Er macht einem Zustande ein Ende, der Jahrhunderte gewährt hat.
    Ich bitte Sie sehr, meine Damen und Herren, lassen Sie sich in Ihrem Urteil über diesen Vertrag nicht beeinflussen durch ein zufälliges Zusammentreffen der Unterzeichnung dieses Vertrages mit Tagesereignissen und vorübergehenden politischen Stimmungen. Ich sage absichtlich: Tagesereignissen und vorübergehenden politischen Stimmungen; denn ich bin ganz fest davon überzeugt, daß diese Tagesereignisse und auch die damit verbundenen politischen Stimmungen keine dauernden Spuren zwischen den Völkern hinterlassen werden.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Ich bin zutiefst davon überzeugt, daß der Abschluß dieses Vertrages, seine Gutheißung durch Sie, ein Ereignis ersten Ranges ist für unser Land und für den Frieden in Europa und in der Welt.

    (Anhaltender lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien.)



Rede von Dr. Thomas Dehler
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Wir treten in die Aussprache ein. Das Wort hat der Herr Abgeordnete Majonica.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Ernst Majonica


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Annahme des vorliegenden Vertrages lim deutschen und im französischen Parlament stellt ein Ereignis von säkularer Bedeutung dar. Durch diesen Vertrag wird ein besonders leidvolles und trübes Kapitel europäischer Geschichte endgültig beendet. Aus dem Kampf der Franzosen und Deutschen gegeneinander ist eine Zusammenarbeit geworden.
    Sicherlich — der Herr Bundeskanzler hat eben schon darauf hingewiesen — war es auch in Zeiten politischer Spannungen und Gegensätze zwischen beiden Völkern und Staaten so, daß immer ein fruchtbarer geistiger Austausch stattgefunden hat. War das 18. Jahrhundert in Europa das französische Jahrhundert in Sprache, Mode und Kultur, so war der deutsche Einfluß auf die französische Romantik zu verzeichnen. Beide Völker übten aufeinander immer eine starke Faszination aus. Führende Geister beider Nationen wußten immer, wie sehr sich Deutsche und Franzosen gegenseitig ergänzen können.
    Trotzdem hat es die Geschichte gewollt, daß in den letzten 70 Jahren beide Völker dreimal gegeneinander gestanden haben, sich dreimal gegenseitig auf den Schlachtfeldern begegnet sind. 1870 löste der Konflikt den schmerzvollen Prozeß der deutschen Einigung aus, 1914 war es das Versagen aller europäischen Staatsmänner, und 1939 brachte der böse Wille Hitlers die Welt ins Unglück. Sicherlich hätte Hitler — der Herr Bundeskanzler hat schon darauf hingewiesen — für seinen schrankenlosen Nationalismus keinen Nährboden gefunden, wenn schon nach 1918 die Begegnung zwischen Deutschland und Frankreich stattgefunden hätte. An Versuchen hat es nicht gefehlt; es sei hier nur an Stresemann und Briand erinnert. Aber sie starben, ehe ihr Werk reifen konnte, und die Schatten drohenden Unheils lagen schon auf ihren letzten Lebensjahren.
    Während der Krieg 1914 bis 1918 Europa schweren Schaden zufügte, zerstörte es der Krieg 1939 bis 1945. Die Sowjetunion drang bis Mitteldeutschland vor; sie schien die europäische Vormacht geworden zu sein. Weitere Rivalitäten zwischen den europäischen Staaten hätten dazu führen müssen, daß sie bald am Atlantik stehen würde. Aber trotz dieser deutlichen Situation waren alte Vorstellungen, die Schatten deis stürzenden Diktators noch mächtiger als diese Erkenntnis. Frankreich verbündete sich mit Moskau. Als aber die sowjetische Politik jede vernünftige Friedensregelung verhinderte, erkannte Churchill in seiner berühmten Züricher Rede die Situation und forderte Frankreich



    Majonica
    und Deutschland zum Zusammengehen auf, weil nur so Europa zu retten sei. Dieser Gedanke des Zusammengehens von Deutschland und Frankreich in einem vereinten Europa gewann Gestalt; er wurde von de Gasperi, Schuman und Adenauer in die Wirklichkeit umgesetzt.
    Wir wissen, welche Erfolge und Mißerfolge dieses europäische Einigungswerk in der Vergangenheit erlebt hat. Aber immer wuchs im Rahmen des werdenden Europa die deutsch-französische Freundschaft, eine Freundschaft, deren Grundlagen schon in der Politik der vierten Republik in Frankreich gelegt worden sind. Als diese vierte Republik am Algerien-Krieg zu scheitern schien, rief Frankreich de Gaulle. Er hatte den Vertrag mit Stalin gegen Deutschland unterzeichnet. Würde er nun, neu an die Macht gekommen, eine antideutsche Politik betreiben? Aber de Gaulle hatte — und das ist unser gemeinsames Glück — die Zeichen der Zeit erkannt. Er wußte, daß die Gegner Frankreichs 1944 und 1958 nicht mehr die gleichen waren. Er wußte vor allen Dingen und hatte es offen ausgesprochen, daß dieses Deutschland sich unter Konrad Adenauer grundsätzlich gewandelt hatte. So führte de Gaulle die konsequente Politik der vierten Republik fort, eine Politik der Freundschaft mit Deutschland.
    Dazu, daß diese Politik der Freundschaft mit Deutschland ein Kernstück seiner Außenpolitik werden konnte, haben die fruchtbaren Begegnungen zwischen ihm und dem Bundeskanzler beigetragen. Beide Männer, de Gaulle und Adenauer, sind zum Symbol des Lebens- und Aufbauwillens ihrer Völker geworden, und deshalb verstanden sie sich.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Beide, de Gaulle und Adenauer, konnten aber die Politik der Freundschaft, der Zusammenarbeit miteinander nur betreiben, weil diese Politik von der breiten Mehrheit ihrer Völker unterstützt wurde. Die Zusammenarbeit zwischen dem französischen Volk und unserem Volke ist ja schon seit langer Zeit nicht mehr nur eine Angelegenheit der Staatskanzleien; sie ist eine Angelegenheit der Völker geworden. Beide Völker, das deutsche und französische Volk, wollen eindeutig diese Zusammenarbeit.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Diese Freundschaft wird für die Zukunft durch diesen Vertrag gesichert, diese Freundschaft wird durch diesen Vertrag besiegelt. Weit über die Lebensdauer der beiden alten Männer hinaus, die ihn unterzeichneten, wird er die feste Grundlage der Zusammenarbeit zwischen diesen beiden Völkern bilden. Beide Völker sind durch diesen Vertrag zu einem ständigen Gespräch miteinander verpflichtet. Beide Partner haben sich in diesem Vertrag verpflichtet, vor allen wichtigen Entscheidungen ihrer Außenpolitik, vor allem bei Fragen gemeinsamen Interesses, sich vorher zu konsultieren.
    Beide Partner — der Bundeskanzler hat es soeben betont — sind Nachbarn. Ihre Interessen, ihre Arbeit sind eng miteinander verflochten. Alle außenpolitischen Entscheidungen des einen berühren unmittelbar und wirksam die Stellung des anderen. Ich meine, daß es da gut ist, wenn man vorher von diesen Entscheidungen und Handlungen des anderen weiß, wenn man seine eigene Politik darauf einstellen kann, wenn man diese Entscheidungen beeinflussen kann, sie so mit modifizieren kann, daß sie gemeinsam getragen werden können. Wir haben doch in der jüngsten Vergangenheit eine ganze Reihe von Beispielen dafür erlebt, wie nützlich Konsultationen, wenn sie vorher erfolgt wären, gewesen wären.
    Ich darf doch auch die Frage stellen, ab es diese Konsultationen zwischen Partnern im westlichen Bündnis auch an anderer Stelle gibt, beispielsweise zwischen den Vereinigten Staaten und Großbritannien, so wie wir es zwischen Macmillan und Kennedy auf den Bahamas erlebt haben, wo doch, so hoffen wir wenigstens, die positive Reform der NATO ihren Ausgang genommen hat.
    Ich meine, daß es eine völlig falsche Vorstellung ist, wenn man annimmt, daß derartige Konsultationen nur im französischen Interesse liegen würden. Wir müssen doch darauf hinweisen, daß Frankreich eine Vetomacht in der UNO ist. Wie leicht kann einmal die deutsche Frage vor dieses Forum kommen. Wir wissen, daß Frankreich eine der Garantiemächte für Berlin ist. Ich meine, daß da doch ständige Konsultationen eindeutig auch im wohlverstandenen deutschen Interesse liegen.
    Wir dürfen auch nicht übersehen, daß auf multilateralem Gebiet oft nur dann ein Fortschritt zu erzielen war, wenn vorher bilateral die Schwierigkeiten beseitigt worden waren. Manche Hemmungen auf multilateralem Gebiete sind doch in der Vergangenheit durch den deutsch-französischen Gegensatz in Detailfragen entstanden. Es würde im wohlverstandenen Interesse aller Beteiligten liegen, wenn in Zukunft diese Gegensätze vorher ausgeräumt werden könnten.
    In diesem Vertrag verpflichten sich beide Partner, soweit als möglich zu einer gleichgerichteten Haltung zu gelangen. Nun, das scheint mir im Wesen jeder Konsultation zu liegen. Aber daß es eigens in diesen Vertrag hineingeschrieben worden ist, ist doch eine deutliche Einschränkung. Man ist nicht in allen Fällen immer zu einer und derselben Haltung verpflichtet. Sicherlich sollen diese Konsultationen eine gegenseitige Einflußnahme ermöglichen. Aber sie bewahren doch die Haltung des eigenen Standpunktes, wenn in. diesen Konsultationen eine Einigung nichterfolgt ist.

    (Zuruf des Abg. Wehner.)

    Ichmeine, daß hier doch die deutsche Haltung in wichtigen Fragen der internationalen Politik, Herr Kollege Wehner, so eindeutig war, daß eine Mißdeutung einfach nicht erlaubt ist. Wir halben es doch erlebt, daß der Bundeskanzler, daß der Bundeswirtschaftsminister, der Bundesaußenminister und der Bundesverteidigungsminister in wichtigen Fragen der internatonalen Politik als Vertreter der Bundesregierung in den letzten Monaten eine ganz eindeutige Haltung eingenommen haben. Ich darf nur an das Auftreten des Bundeswirtschaftsministers und des Bundesaußenministers in Brüssel erinnern.



    Majonica
    Die Mißdeutungen, denen dieser Vertrag ausgesetzt worden ist, sollten auch durch seine Entstehungsgeschichte ausgeräumt sein. Wir wissen doch alle, daß ,am Beginn der Verhandlungen der Gedanke der Politischen Union der Gemeinschaft der Sechs gestanden hat. Im Juli 1961 trafen hier in Godesberg die Ministerpräsidenten der sechs europäischen Staaten zusammen und beschlossen damals im Grundsatz die Gründung der Politischen Union. Ich will gar nicht untersuchen, wessen Schuld es ist, aber im Sommer 1962 war es klar, daß diese Verhandlungen festgefahren waren, daß sie im Augenblick keinen Erfolg haben konnten.
    Als der Bundeskanzler im Juli des vergangenen Jahres den französischen Staatspräsidenten de Gaulle in Frankreich besuchte, da besprachen beide einen nochmaligen Versuch zur Rettung der Verhandlungen um die Politische Union. Sie wollten eine Konferenz nach Rom einberufen. Als aber auch das scheiterte, beschloß man bei dem Besuch des französischen Staatspräsidenten in Deutschland, daß irgendwo ein Anfang gemacht werden müsse und daß dieser Anfang, wie die Dinge nun einmal lägen, nun eben mit einer politischen Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Frankreich gemacht werden solle. Das ist die Entstehungsgeschichte des Vertrages.
    Aus dem Vertrag geht hervor, daß er auch für die anderen Staaten offen ist. Aus ihm geht auch hervor, daß selbstverständlich die Politische Union das Ziel bleibt, dem wir mit gemeinsamer Kraft zustreben.

    (Beifall in der Mitte.)

    Aber um weiteren Mißdeutungen entgegenzutreten: daß dieser Vertrag die Einheit Europas und des Westens nicht spaltet, dafür gibt es doch ein wahrlich sehr unverdächtiges Zeugnis; ich meine die Reaktion des Ostblocks auf diesen Vertrag. Sie wissen, daß die Sowjetunion und andere Staaten des Ostblocks Protestnoten nach Paris und Bonn geschickt haben. Wir haben auch ihre Haltung in den Hauptstädten, vor allen Dingen in den kommunistischen Hauptstädten, analysiert. Diese Protestnoten und die aus ihnen hervorgehende Haltung der Kommunisten zeigen doch, daß sie eben einsehen, daß durch den Abschluß dieses Vertrages an einer wichtigen, für sie sehr wichtigen Stelle ihnen in Zukunft jede Spaltertätigkeit verbaut ist. Sie erkennen doch damit an, meine Damen und Herren, daß dieser Vertrag der Einheit des Westens dient. Wäre das nicht der Fall, spaltete er den Westen, dann würde der Vertrag ja in ihr Konzept hineinpassen. Sie bestätigen damit, daß die deutschfranzösische Zusammenarbeit Eckpfeiler der europäischen und westlichen Einheit ist.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Moskau hat klar erkannt — und deshalb diese Haltung daß die europäische Einheit im Rahmen der Atlantischen Gemeinschaft für die Dauer zur Änderung des Kräfteverhältnisses auf dem Kontinent führen wird, und das will es verhindern. Und Moskau sah ein Mittel zur Verhinderung dieser Veränderung des Kräfteverhältnisses auf dem Kontinent eben im deutsch-französischen Gegensatz. Dieses Mittel ist ihm durch diesen Vertrag genommen, und zwar nicht nur für den Augenblick, sondern — und das ist das Positive und Wesentliche an diesem Vertrag — auch für alle Zukunft.
    Nun, wir wissen - ich habe ja schon davon gesprochen —, daß dieser Vertrag seit seiner Entstehung einer Reihe von Mißverständnissen ausgesetzt war. Wir dürfen aber feststellen, daß sie alle miteinander verschwunden sind bzw. daß diese Mißverständnisse im Abklingen begriffen sind. Daß sie verschwanden, daß sie abklingen, ist, so meine ich, eine Folge der eindeutigen, klaren deutschen Außenpolitik.
    Diese Mißverständnisse — der Bundeskanzler hat schon darauf hingewiesen — kamen vornehmlich durch das Zusammenfallen der Unterzeichnung dieses Vertrages mit dem Nein des französischen Staatspräsidenten zum Beitritt Großbritanniens zu den europäischen Gemeinschaften. Wir haben damals ja die Empfehlungen vernommen, wegen dieses Neins des französischen Staatspräsidenten den Vertrag nicht zu unterschreiben. Ich meine, meine Damen und Herren, daß sich heute zeigt, wie falsch eine solche Empfehlung gewesen ist und wie falsch es gewesen wäre, wenn wir dieser Empfehlung gefolgt wären. Wären wir dieser Empfehlung gefolgt, hätten wir den Vertrag damals im Januar nicht unterschrieben, dann hätten wir de Gaulle damit in eine Isolierung hineingetrieben und damit vielleicht Reaktionen ausgelöst, die die Besserung des Klimas zwischen Frankreich und den USA, wie sie sich eindeutig bei der Tagung der SEATO in Paris gezeigt hat, verhindert hätten.
    Wir werden uns vom deutschen Standpunkt aus immer dagegen verwahren, in eine Formel „Washington oder Paris" hineingepreßt zu werden.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Für uns gilt in der deutschen Außenpolitik immer und unter aller Umständen die Formel „Washington und Paris".

    (Erneuter Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Im Sinne dieser Formel sollten wir den Vertrag, der uns heute in der ersten Lesung vorliegt, anwenden.
    Es ist Kritik daran geübt worden, daß das große Ziel der deutschen Politik, die Wiedervereinigung, nicht in der gemeinsamen Erklärung genannt wird, das Recht des deutschen Volkes auf Selbstbestimmung in diesem Vertragswerk nicht eigens erwähnt wird. Auch ich bin der Meinung — ich sage das offen —, daß es hätte geschehen sollen. Aber, meine Damen und Herren, man darf doch nicht übersehen, daß sich Frankreich bereits im Deutschland-Vertrag, der am 5. Mai 1955 in Kraft getreten ist, zu einer Politik der deutschen Wiedervereinigung verpflichtet hat. Ohne allen Zweifel besteht diese Verpflichtung, niedergelegt lim Deutschland-Vertrag, fort, und das wird auch ohne allen Zweifel von unserem Vertragspartner anerkannt.



    Majonica
    Außerdem, meine Damen und Herren, spricht die gemeinsame Erklärung vom „deutschen Volk", und kein Zweifel ist erlaubt, daß damit in dieser Erklärung das gesamte deutsche Volk gemeint ist.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Wir gehen ja gerade davon aus, daß dieser Vertrag nicht nur ein Vertrag der Parlamente miteinander, nicht nur ein Vertrag der Regierungen miteinander, sondern ein Vertrag der Völker miteinander, des gesamten deutschen und des gesamten französischen Volkes, ist.
    Ich darf auch hier wieder einen sehr unverdächtigen Zeugen benennen, der uns bestätigt hat, daß die Wiedervereinigung in der Substanz nicht vergessen ist, sondern daß Bonn hier stellvertretend für alle Deutschen gesprochen hat. Ich erinnere Sie daran, daß in den Protestnoten, die die Sowjetunion nach Paris und Bonn geschickt hat, gerade dagegen protestiert wurde, daß damit auch die Bevölkerung in der Zone verpflichtet sei, daß damit auch die Bevölkerung in der Zone angesprochen sei. Das Auswärtige Amt hat mit Recht auf diesen Protest hin darauf hingewiesen: Wenn die Bevölkerung in der Zone zu diesem Vertrage gefragt würde, würde sie sicherlich ein hundertprozentiges Ja zur Freundschaft mit Frankreich sprechen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Darin besteht ja gerade auch — und das darf hier festgestellt werden — der grundlegende Wandel der französischen Politik gegenüber Deutschland, die nicht mehr wie in der Vergangenheit auf Teilung, sondern auf die Zusammenarbeit mit dem ganzen deutschen Volk gerichtet ist.
    Ein wesentlicher Teil der Kritik innerhalb und außerhalb Deutschlands bezieht sich bei der Diskussion über diesen Vertrag auf die Frage, wie er in die multilateralen Verträge, die die Bundesregierung eingegangen ist, eingebaut werden kann. Hier möchte ich ganz deutlich und unmißverständlich sagen, daß wir uns selbstverständlich zu dem Grundsatz bekennen, daß multilaterale Verträge bilateralen Verträgen vorgehen, daß bilaterale Verträge und Verhandlungen und Entscheidungen immer den größeren Gemeinschaften zu dienen haben, daß sie also in sie eingefügt werden müssen. Das gilt vor allen Dingen für den Nordatlantikpakt und damit für unser Verhältnis zu den Vereinigten Staaten von Amerika.
    Konsultationen innerhalb eines von souveränen Staaten getragenen Bündnisses sind dem Bündnis nicht zuwiderlaufend, es sei denn, sie sind gegen den Zweck und das Ziel des Bündnisses selbst gerichtet. Aber daß die deutsche Politik ein solches Ziel verfolgt, wird selbst der böswilligste Beobachter nicht behaupten können. Wir haben doch niemals auch nur den leisesten Zweifel daran gelassen, daß wir alles tun werden und zu allem bereit sind, was die NATO stärkt. Wir wissen doch sehr wohl, daß von der Lebensfähigkeit, von der Funktionsfähigkeit dieses Bündnisses unsere Freiheit, unsere Sicherheit und der Frieden in der Welt abhängen. Deshalb haben wir immer alles zu tun, um dieses Bündnis, das wir gegen erbitterten Widerstand in diesem Hause durchgesetzt haben, zu stärken.
    Ich darf daran erinnern, daß die Bundeswehr von allen an der NATO beteiligten Armeen die am stärksten in die NATO integrierte ist. Ich darf darauf hinweisen, daß gerade unser Wille zu diesem Integrationsprozeß in der NATO, dieser Stärkung der NATO bewiesen wird durch unser Ja zum Abkommen über eine multilaterale Atommacht und zu den Besprechungen über die Einrichtung einer multilateralen Atommacht. Wir haben durch den Mund unseres Bundeskanzlers erklärt, daß wir mit aller Macht an diesem Gedanken und an der Verwirklichung dieses Gedankens mitwirken wollen.
    Übrigens darf ich am Rande vermerken, daß auch dieser Gedanke aus zweiseitigen Konsultationen geboren ist, an denen wir nicht mitgewirkt haben. Aber ich meine, daß damit doch bewiesen ist, daß derartige Konsultationen durchaus die Stärkung und Fortentwicklung des Bündnisses zum Ziel haben können. Wir haben dieses Ja zur multilateralen Atommacht nicht nur um des militärischen Zwecks willen gesprochen, nicht nur, um eine erhöhte Abwehrbereitschaft und Glaubwürdigkeit der westlichen Abschreckungsmacht zu erreichen, sondern wir sehen in diesem Ja zur multilateralen Atommacht die Möglichkeit der noch stärkeren und engeren Bindung der Vereinigten Staaten an Europa. Wir sehen darin ein Zeichen erhöhter gegenseitiger Abhängigkeit zwischen den Vereinigten Staaten und uns.
    Ich möchte es hier ganz eindeutig und klar sagen, daß wir von der CDU/CSU jeden Gedanken an Europa als eine dritte Kraft zwischen Ost und West ablehnen. Das geht aus wirtschaftlichen Gründen nicht, das geht aus militärischen Gründen nicht. Das geht aber auch aus moralischen Gründen nicht. Man kann nicht die gleiche Distanz zu Washington und zu Moskau haben, wenn man sich eindeutig an die Seite der Freiheit gestellt hat.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Wir meinen auch, daß eine Politik, die den Abzug Amerikas aus Europa auch nur als Möglichkeit einkalkuliert, ihn sehr leicht provozieren kann. Wir möchten alles tun, um die Vereinigten Staaten so eng an Europa zu binden wie nur eben möglich.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Wir wollen die atlantische Gemeinschaft auf zwei Säulen errichten, Nordamerika und Europa. Wir stehen allerdings auf dem Standpunkt, daß nur Europa ein gleichberechtigter Partner zu den Vereinigten Staaten im Rahmen der atlantischen Gemeinschaft sein kann, nicht die einzelnen Nationen, weil das Machtgefälle zu groß wäre. Diesem Europa als Partner in der atlantischen Gemeinschaft zu den Vereinigten Staaten soll dieser Vertrag dienen, wie eindeutig die gemeinsame Erklärung besagt, die diesem Vertrag vorangestellt worden ist.
    Es gibt nun Befürchtungen, daß dieser Vertrag zu einer gewissen Blockbildung in den europäischen Gemeinschaften führen würde, daß damit ein frem-



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    des Gesicht, wie es ein angesehener Europäer gesagt hat, in diese Gemeinschaften hineingetragen würde. Nun, ich meine, daß es selbstverständlich ist, daß beide Regierungen bei ihren Konsultationen den supranationalen Charakter der europäischen Gemeinschaften respektieren. Gemeinschaftlich geregelte Fragen können nur gemeinschaftlich entschieden werden. Ich darf ganz eindeutig sagen, daß dieser Vertrag unsere bisherige europäische Politik nicht verändert. Im Gegenteil, wir von der CDU/CSU sind fest davon überzeugt, daß er ihr dienen und sie fördern wird.
    Bei dieser europäischen Politik und den konkreten Aufgaben, vor denen wir stehen, scheint mir die Stärkung der Gemeinschaft der Sechs eine besonders vordringliche Aufgabe zu sein. Wie diese Stärkung erfolgen soll, welche Pläne hier durchgeführt und welche Aufgaben gelöst werden müssen, hat der deutsche Bundesaußenminister Schröder eindeutig und klar auf der 100. Tagung des Ministerrats der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft dargetan. Es darf auch einmal hier im Parlament festgehalten werden, daß es nicht übertrieben ist, daß durch diese Vorschläge des deutschen Außenministers in Brüssel die eigentliche Krise der europäischen Gemeinschaften beendet worden ist

    (Abg. Wehner: Na, na!)

    und daß die europäischen Gemeinschaften dadurch ein neues Selbstbewußtsein bekommen haben.

    (Beifall bei der CDU/CSU. — Abg. Wehner: Es täte mir leid, wenn das, was Sie bis jetzt gesagt haben, nur so wahr ist wie das, was Sie jetzt gesagt haben!)

    — Sicherlich, Kollege Wehner, gibt es Kritik an diesen Ausführungen aus Paris und Brüssel und, wie ich jetzt höre, auch aus dem Deutschen Bundestag heraus.

    (Abg. Wehner: Nicht an den Ausführungen!)

    Aber wir wissen, daß es schwierig ist, hier einen neuen Anfang zu setzen. Wir konnten nicht erwarten, daß von vornherein alles angenommen wird. Aber ich möchte doch mit großem Nachdruck feststellen, Herr Kollege Wehner, daß der deutsche Außenminister durch seine Vorschläge einen neuen und positiven Anfang in Brüssel gesetzt hat.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Herr Kollege Wehner, wir werden abwarten müssen, was jetzt praktisch dabei herauskommt. Aber wir können gute Hoffnung haben, daß wir schon in naher Zukunft mit positiven Ergebnissen zu rechnen haben. Wir können damit rechnen — das ist keine Illusion mehr, nicht etwas, was in den blauen Himmel geschrieben ist —, daß wir in der Gemeinschaft der Sechs in naher Zukunft zu einer Zusammenlegung der drei Exekutiven kommen werden. Ich glaube, daß das eine unmittelbare Stärkung der Gemeinschaft sein wird. Sie ist meines Erachtens auch dringend geboten, weil nur so eine europäische Energiepolitik überhaupt möglich ist.
    Ich meine, daß an dieser Festigung und Stärkung, an diesem neuen Selbstbewußtsein der europäischen
    Gemeinschaften auch Großbritannien interessiert ist. Großbritannien möchte ja einem unzerstörten Europa beitreten. Der einzige Sieger eines zerstörten Europas wäre Herr Chruschtschow. Ich meine, daß das die britischen Politiker oft genug erklärt haben, daß sie auch ein unmittelbares Interesse an der Stärkung der Gemeinschaft der Sechs haben.
    Wir bleiben dabei, daß der Beitritt Großbritanniens zu den europäischen Gemeinschaften notwendig ist, und wir werden auf ihn hinwirken. Nichts darf geschehen, was ihn erschwert, alles, was ihn erleichtert. Aber auch darauf, Herr Kollege Wehner, - und ich hoffe, daß Sie das nachher aufnehmen werden in Ihrer Unterstützung einer solchen Politik — hat der Bundesaußenminister auf der erwähnten Tagung hingewiesen. Er hat darauf hingewiesen, daß dazu, daß nichts geschieht, was diesen Beitritt erschwert, eine liberale Außenhandelspolitik notwendig ist, auch in den Beziehungen zu den USA. Ich meine, daß das Kennzeichen der deutschen Vorschläge im wesentlichen darin zu sehen ist, daß hier der offene, weltoffene Charakter der europäischen Gemeinschaft betont wird.
    So ist nach unserer Meinung dieser Vertrag, den wir hier in der ersten Lesung behandeln, kein Fremdkörper in unserer geradlinig fortgesetzten Politik. Er baut sich sinnvoll in unsere bisherige Politik ein.
    Um das unübersehbar deutlich zu machen, wird die CDU/CSU-Fraktion im Auswärtigen Ausschuß und in der weiteren Lesung dieses Vertrages vorschlagen, daß die vom Bundesrat angenommene Resolution dem Grundsatz nach als Präambel dem Ratifikationsgesetz zu dem Vertrage vorangestellt wird.

    (Abg. Dr. Schmid: Was heißt „dem Grundsatz nach"?)

    — Dem Grundsatz nach, Herr Kollege Schmid, bedeutet, daß wir den Beratungen des Auswärtigen Ausschusses heute nicht vorgreifen wollen. Ich möchte den Auswärtigen Ausschuß hier nicht präjudizieren. Diese Resolution wird als Material dem Auswärtigen Ausschuß überwiesen, und in den Beratungen im Auswärtigen Ausschuß werden wir dann diese Resolution des Bundesrates so formulieren, daß sie als Präambel dem Ratifikationsgesetz vorangesetzt werden kann.
    Ich glaube, daß in der Resolution des Bundesrates der Grundriß unserer deutschen Außenpolitik vorhanden ist. Sie macht deutlich, in welchem Sinne dieser Konsultationsvertrag von deutscher Seite gehandhabt wird. Die Niederlegung dieser Grundsätze in der Präambel — was von starken Kräften meiner Fraktion immer gewünscht wurde — hebt die Willenskundgebung dieses Parlaments stärker hervor als eine Resolution. Sie bindet eindeutiger, da gesetzlich verankert, auch die zukünftigen Regierungen über diese Legislaturperiode hinaus. Durch diese Art der Ratifizierung sollten alle Mißverständnisse innerhalb und außerhalb unseres Landes beseitigt sein, zumal ja die Bundesregierung sich eindeutig durch eine Erklärung auf den Boden der Resolution des Bundesrates gestellt hat.



    Majonica
    Bei diesem Verfahren wird sich hoffentlich — ich hoffe es wenigstens wirklich — eine breite Mehrheit für den Vertrag ergeben. Man sollte nicht durch immer neue Forderungen eine klare Sache komplizieren.
    Meine Damen und Herren, ich bin auf viele Einzelheiten des Vertrages nicht eingegangen, nicht auf die gemeinsame Informations- und Entwicklungspolitik, nicht auf die vielen Ansätze zu einer breiten Begegnung unserer beiden Völker, vor allen Dingen der Jugend dieser Völker. Mir kam es darauf an, dieses Vertragswerk hineinzustellen in unsere gesamte Außenpolitik, es in seiner Bedeutung zu würdigen für die Freundschaft zwischen dem deutschen und dem französischen Volke. Im Auswärtigen Ausschuß werden wir ja noch Gelegenheit haben, gründlich über den Vertrag zu beraten. Wir haben als Berichterstatter Herrn Professor Furler gebeten, der ja durch seine Tätigkeit im Europäischen Parlament, früher als Präsident und jetzt als Vizepräsident, gerade die Gewähr für einen Zusammenklang dieses Vertrages mit unserer europäischen Politik bietet.
    Aber, meine Damen und Herren, schließen möchte ich meine Ausführungen zur ersten Lesung dieses Vertrages mit einem Dank an jenen Mann, der auf deutscher Seite der hervorragendste Baumeister dieser deutsch-französischen Verständigung ist, die mit seinem Namen für alle Zeiten verbunden sein wird, schließen möchte ich diese Ausführungen mit einem Dank an Bundeskanzler Konrad Adenauer.

    (Anhaltender Beifall bei den Regierungsparteien.)