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ID0404313600

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    Deutscher Bundestag 43. Sitzung Bonn, den 25. Oktober 1962 Inhalt: Zur Tagesordnung Erler (SPD) 1865 A Dr. h. c. Güde (CDU/CSU) . . . . 1865 D Präsident D. Dr. Gerstenmaier . . . 1866 B Fragestunde (Drucksachen IV/ 671, IV/ 672) Frage des Abg. Gewandt: Finanzierung des Baus eines Hamburger Passagierschiffes Dr. Seiermann, Staatssekretär . . 1866 C ' Gewandt (CDU/CSU) 1866 C Frage des Abg. Wittrock: Gerichtliche Anfragen an das Kraftfahrtbundesamt Dr. Seiermann, Staatssekretär . . . 1866 D Wittrock (SPD) . . . . . . . . 1866 D Frage des Abg. Ritzel: Auto-Windschutzscheiben aus Sicherheitsglas Dr. Seiermann, Staatssekretär . . 1867 A, B Schwabe (SPD) . . . . . . . . 1867 B Frage der Abg. Frau Funcke (Hagen) : Unfälle durch bevorrechtigte Kraftfahrzeuge Dr. Seiermann, Staatssekretär . . 1867 C, D, 1868 A Dr. Atzenroth (FDP) . . 1867 D, 1868 A Frage des Abg. Freiherr von Mühlen: Ausbau der Bundesstraße 14 Dr. Seiermann, Staatssekretär . 1868 A, C Dr. Roesch (SPD) 1868 C Frage des Abg. Drachsler: Prüfungsbericht über die Deutsche Bundesbahn Dr. Seiermann, Staatssekretär . . 1868 D Drachsler (CDU/CSU) 1868 D Frage des Abg. Drachsler: Zinsbelastung der Bundesbahn durch Fremdkapital Dr. Seiermann, Staatssekretär . . . 1869 A Frage des Abg. Drachsler: Wert des entbehrlichen Grundbesitzes der Bundesbahn Dr. Seiermann, Staatssekretär 1869 A, C, D, 1870 A Hammersen (FDP) . . . . . . . 1869 B Drachsler (CDU/CSU) . . . . 1869 C, D Frage des Abg. Dr. Imle: Geschwindigkeit an Baustellen Dr. Seiermann, Staatssekretär 1870 A, B, D Dr. Imle (FDP) 1870 B, C II Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 43. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 25. Oktober 1962 Frage des Abg. Jacobi (Köln) : Waschmittelgrundstoffe Frau Dr. Schwarzhaupt, Bundesminister 1870 D Frage des Abg. Jacobi (Köln) : Erhöhte Giftigkeit von Wasch- und Reinigungsmitteln Frau Dr. Schwarzhaupt, Bundesminister . . . 1870 D, 1871 B Jacobi (Köln) (SPD) 1871 B Frage des Abg. Jacobi (Köln) : Rechtsverordnung betr. Detergentien in Wasch- und Reinigungsmitteln Frau Dr. Schwarzhaupt, Bundesminister 1871 B Jacobi (Köln) (SPD) 1871 D Frage des Abg. Schultz: Novelle zum Weingesetz Frau Dr. Schwarzhaupt, Bundesminister 1871 D Dürr (FDP) 1872 B Frage des Abg. Felder: Vorschläge zur Bekämpfung der Tabakgefahren Frau Dr. Schwarzhaupt, Bundesminister 1872 B Frage des Abg. Felder: Verbreitung von Broschüren über Tabakgefahren Frau Dr. Schwarzhaupt, Bundesminister 1872 C, D Felder (SPD) 1872 C, D Frage des Abg. Felder: Unterstützung der Deutschen Hauptstelle gegen die Suchtgefahren Frau Dr. Schwarzhaupt, Bundesminister 1873 A, B Hammersen (FDP) 1873 A Folger (SPD) 1873 B Frage des Abg. Dröscher: Fürsorge für Multiple-Sklerose-Kranke Frau Dr. Schwarzhaupt, Bundesminister . 1873 B, C, D, 1874 A Dröscher' (SPD) 1873 C Fritsch (SPD) . . . . . 1873 D, 1874 A 2. Schriftlicher Bericht des 1. Untersuchungsausschusses gem. Antrag der Fraktion der SPD (Drucksachen IV/ 247, IV/ 512, IV/ 639) Dr. Dahlgrün (FDP) 1874 A Jahn (SPD) . . . . . 1875 C, 1919 B Benda (CDU/CSU) 1882 D Dr. Schmid (Frankfurt) (SPD) . . 1891 C Dr. h. c. Güde (CDU/CSU) . . . 1894 C Erler (SPD) 1901 D, 1917 A Wehner (SPD) 1905 B Strauß, Bundesminister . . . . 1911 D Dr. von Brentano (CDU/CSU) . . 1918 C Busse (FDP) . . . . . . . . 1919 A Präsident D. Dr. Gerstenmaier . . 1919 C Erklärung des Abg. Stingl (CDU/CSU) 1919 D Nächste Sitzung 1920 C Anlagen 1921 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 43. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 25. Oktober 1962 1865 43. Sitzung Bonn, den 25. Oktober 1962 Stenographischer Bericht Beginn: 15.02 Uhr
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    Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete (r) beurlaubt bis einschließlich a) Beurlaubungen Frau Albertz 3. 11. Arendt (Wattenscheid) 27. 10. Dr. Arndt (Berlin) 26. 10. Dr. Aschoff 26. 10. Auge 19. 11. Dr. Barzel 6. 11. Bauer (Wasserburg) 26. 10. Frau Berger-Heise 6. 11. Bergmann 26. 10. Birkelbach 26. 10. Blachstein 6. 11. Blumenfeld 26. 10. von Bodelschwingh 26. 10. Dr. Bucher 6. 11. Cramer 26. 10. Dr. Dehler 5. 11. Dr. Deist 6. 11. Deringer 5. 11. Figgen 26. 10. Franke 26. 10. Dr. Dr. h. c. Friedensburg 28. 11. Dr. Furler 25. 10. Geiger 26. 10. Dr. Gradl 6. 11. Haage (München) 26. 10. Dr. Harm (Hamburg) 1. 11. Kalbitzer 6. 11. Koenen (Lippstadt) 27. 10. Dr. Kopf 6. 11. Kriedemann 26. 10. Freiherr von Kühlmann-Stumm 26. 10. Kühn (Bonn) 31. 12. Kühn (Köln) 6. 11. Kuntscher 31. 10. Leber 26. 10. Lermer 26. 10. Lücker (München) 25. 10. Majonica 6. 11. Dr. Mälzig 26. 10. Mauk 26. 10. Memmel 6. 11. Dr. h. c. Menne (Frankfurt) 25. 10. Michels 26. 10. Müller (Remscheid) 27. 10. Oetzel 31. 10. 011enhauer 26. 10. Rademacher 31. 10. Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete (r) beurlaubt bis einschließlich Dr. Schäfer 26. 10. Storch 26. 10. Frau Strobel 25. 10. Strohmayr 26. 10. Wacher 6. 11. Dr. Wahl 15. 11. Wehking 3. 11. Werner 27. 10. Wittmer-Eigenbrodt 31. 10. b) Urlaubsanträge Ritzel 2. 11. Anlage 2 Umdruck 150 Änderungsantrag der Fraktion der SPD zum 2. Schriftlichen Bericht des 1. Untersuchungsausschusses gemäß Antrag der Fraktion der SPD (Drucksache IV/ 247) - Ergänzung zum Schriftlichen Bericht des 1. Untersuchungsausschusses (Drucksache IV/ 512) - (Drucksache IV/ 639). Der Bundestag wolle beschließen: Der Antrag des Ausschusses - Drucksache IV/ 639 S. 12 - erhält folgende Fassung: 1. Die Berichte des 1. Untersuchungsausschusses vom 20. Juni 1962 - Drucksache IV/ 512 - und vom 30. August 1962 - Drucksache IV/ 639 - werden zur Kenntnis genommen. 2. Der Schlußfeststellung im Bericht vom 30. August 1962 - Drucksache IV/ 639 - B. III. 1. wird zugestimmt. 3. Die in der Offentlichkeit aufgestellte und verbreitete Behauptung, Bundesminister Dr. Strauß habe dadurch seine Dienstpflichten verletzt, daß er ohne sachgerechte Prüfung und ohne zuständig gewesen zu sein, die Tätigkeit und Vorschläge einer privaten Interessentengruppe für die Errichtung von Wohnungen für die US-Streitkräfte amtlich gegenüber dem Verteidigungsminister der USA unterstützte, trifft zu. 4. Bundesminister Dr. Strauß hat die Kleine Anfrage der Fraktion der SPD vom 15. Juni 1961 - Drucksache 2847 der 3. Wahlperiode - nicht wahrheitsgemäß beantwortet. Bonn, den 25. Oktober 1962 Ollenhauer und Fraktion
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Carlo Schmid


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Hollege Benda hat uns meisterlich dargetan, was ein Parlament von einem Kabarett unterscheiden sollte. Ich selber will mich damit begnügen, einige Proportionen wiederherzustellen, und versuchen, einige Kategorien und Kriterien zu entwickeln, die zu bedenken uns die leidige Sache, die uns heute beschäftigt, Anlaß geben sollte.
    Doch zunächst will ich mich mit einigen Kritiken beschäftigen, die in der Öffentlichkeit zu dem Verfahren und der Tatsache, daß es eröffnet wurde, geäußert worden sind. Die einen sagen: „Die ganze Geschichte ist ausgegangen wie das Hornberger Schießen; sie war so unnötig wie ein Kropf." Andere sagen, die eine Seite habe unter allen Umständen, koste es, was es wolle, den Verteidigungsminister schwärzen wollen, während die andere Seite ebenso unbedenklich ihn unter allen Umständen als reinen, ein wenig zu gutherzigen Engel habe erscheinen lassen wollen; das sei ein schlechtes Schauspiel gewesen. Man sagt dann weiter, auch ohnedies habe der Ausschuß mehr Schaden als Nutzen gestiftet, denn schmutzige Wäsche wasche man nicht in der Öffentlichkeit. — Ich kann das nicht finden. Es ist nicht schädlich, sondern erscheint mir höchst nützlich für den Staat, wenn sich das Parlament bemüht, Licht in Sachverhalte zu bringen, deren publizitische Erörterung Unruhe ins Volk getragen hat.

    (Abg. Erler: Sehr wahr!)

    Auch der bloße Anschein von unkorrektem Verhalten, von Unrechtshandlungen eines Ministers legt uns den Zwang auf, eine Klärung zu versuchen, die Klärung, von der Sie sprachen, Herr Kollege Benda. Klärungen können dem Minister nützlich sein, genauso wie sie ihm peinlich sein können. Beides liegt in der Klärung.
    Aber ich glaube, daß diese Debatte und die Betrachtung des Verfahrens uns noch einen anderen Nutzen stiften könnten. Vielleicht veranlassen das Verfahren und das, was dabei an den Tag kam, den einen oder anderen, genauer hinzuschauen, wenn ihm ein guter Freund einen Mann empfiehlt, der mit unserer Empfehlung Geschäfte machen möchte. Da stehen wir alle miteinander — nicht nur die Minister, auch die Abgeordneten — in einer Gefahrenzone. Auf dem Unkrautacker der Politik gehören Bitten um Empfehlung an Behörden zu den Servituten, mit denen wir für die Ehre des Mandats zu bezahlen haben. Ich wiederhole: Abgeordnete so gut wie Minister.

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)

    Auch wir Abgeordneten werden angegangen. Jeden Tag bekommen wir Briefe, manchmal um ein gutes Werk zu fördern — das ist schön —, meistens jedoch werden wir gebeten, Empfehlungen an Behörden auszustellen, nicht um Bauaufträge zu bekommen — wir Abgeordneten werden für so etwas nicht angefragt —, sondern, das eine Mal, um ein Verfahren zu beschleunigen, das andere Mal, weil je-



    Dr. Schmid (Frankfurt)

    mand glaubt, wir hätten ein wärmeres Herz als die Bürokratie; und manche glauben sogar, wir könnten zaubern und rechtskräftige Urteile verschwinden lassen . . .
    Niemand kann den Abgeordneten und niemand kann den Minister tadeln, der sich auf solche Dinge einläßt. Demokratie besteht auch darin, daß man an den Sorgen der Bürger, an ihrem persönlichen Schicksal Anteil nimmt, wenn nichts anderes mehr helfen will. Aber solche Hilfe gebührt nur Menschen in Not, nicht Leuten, die Geschäfte machen wollen!

    (Beifall bei der SPD.)

    Es ist vorgebracht worden, daß sich der Verteidigungsminister pflichtwidrig verhalten habe. Gibt es Normen für das Verhalten eines Ministers — ich meine sichere Normen, unbezweifelbare Normen —, und welches sind sie? Bei Beamten weiß man ziemlich genau, was das Amt von ihm fordert. Man braucht nur die Rechtsprechung der Disziplinargerichte durchzusehen, um ziemlich genau zu wissen — es ist ein großer Katalog —, was ein Beamter darf und was er nicht darf.
    Aber sind die Grundsätze des Disziplinarrechtes auf einen Minister anzuwenden? Die Frage ist nicht so ganz einfach zu beantworten. Das Grundgesetz stellt keine Normen auf, auch das Bundesministergesetz vom Jahre 1953 gibt keine Vorschriften außer einigen formalen Bestimmungen, die nicht hierher gehören. Sicher sind Minister nicht Beamte im staatsrechtlichen Sinne. Aber sie stehen im Dienst ) des Staates und haben einen Eid geschworen. Dieser Eid gibt ihnen eine besondere Treuepflicht auf: die besondere Beachtung der Gesetze und der Verfassung, Unparteilichkeit, gerechte Amtsführung, Arbeit für das Wohl der Gesamtheit; und nun ergänze ich — es steht nicht im Eid —: nicht das Wohl einer Partei, im Gegensatz zu dem der Gesamtheit. Die Verwaltung eines Ressorts durch den Minister muß frei sein von parteilichen Einflüssen.
    Aber er ist ja nicht nur Staatsdiener, er ist auch Parteimann, und beides legitmerweise. Diese beiden Formen seiner Existenz stellen ihn in verschiedene Ordnungen, und die Möglichkeit, daß sich dabei Konflikte von Normen ergeben, ist durchaus gegeben. Wie ist die Treuepflicht im Einzelfall zu aktualisieren und zu konkretisieren? Ich glaube, daß es hierbei nichts anderes gibt, als das Pflichtgefühl und das Ehrgefühl sprechen zu lassen. Hier ist der Mann, den es angeht, ganz zurückgeworfen auf sich selbst. Dieses Zurückgeworfensein auf sich selbst macht die Stellung des Ministers nicht leichter. Sie kennen Vielleicht das Wort Bismarcks, der einmal gesagt hat, wie schwierig gerade ein hohes Ehrgefühl die Stellung eines Ministers mache. Ich glaube, daß der Minister auf der einen Seite in seiner Handlungsfreiheit stärker eingeschränkt ist als der Beamte, wegen der 'besonderen Würde seines Amtes und wegen der besonderen Reichweite seines Armes. *Je länger der Arm ist, desto seltener sollte man ihn ausstrecken. Auf der anderen Seite aber ist der Minister im Gegensatz zum Beamten verpflichtet und berechtigt, politisch zu handeln, und das heißt: außerhalb jedes Schematismus. Auch als Behördenchef steht er nicht außerhalb der Politik, und Politik heißt Entscheidungen treffen müssen, ohne dafür Anweisungen zu haben; Wahlfreiheit gegenüber Mitteln und Personen, Spontaneität des Handelns sind hier geboten. ,Aber all das darf nie ausgeübt werden mit privaten Intentionen, sondern um des
    Staates willen.
    Zum Politischen gehört auch das Streben, an den Kommandohebeln zu bleiben, nicht aus schäbiger Machtgier, sondern weil man davon überzeugt ist, der rechte Mann zu sein. Das ist ein durchaus legitimes Bestreben. Darum kann es einem Minister nicht verwehrt werden, sich durch sein Verhalten Stützen für seine politischen Chancen zu verschaffen, es sei denn, sein Verhalten verstoße gegen die Amtspflichten selbst oder gegen die Moral, die sich auch im Politischen von selbst verstehen sollte. Er darf sich diese Stützen aber nicht am Staatsinteresse vorbei durch Gefälligkeiten verschaffen wollen! Unter keinen Umständen darf ihm etwas erlaubt sein, das sein Amt in der öffentlichen Meinung herabwürdigen oder das die Werte, die unsere Demokratie als ihr Fundament ausgibt, unglaubwürdig machen könnte. Zumindest muß der Minister im personellen Bereich, der sein Amt umgibt, mit der Sorgfalt handeln, die er in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegt.
    Als ich die Ausschußberichte gelesen hatte, habe ich mich gefragt, ob wohl der Herr Minister Strauß in eigenen Bauangelegenheiten einen Herrn Schloß akzeptiert haben würde, selbst wenn ihn Johann Evangelist Kapfinger empfohlen haben sollte.

    (Heiterkeit. — Sehr richtig! bei der SPD.) Ich glaube es nicht.

    Was einen Minister ausmacht und was ihn bestimmen sollte, hat ein großer Mann, Max Weber, 1917 in einer berühmten Schrift entwickelt: die sachorientierte Leidenschaft, Verantwortlichkeit gegenüber eben dieser Sache, Augenmaß und Distanz zu den Dingen und Menschen. Dies im einzelnen zu realisieren wird nicht immer ganz leicht sein. Man wird da sicher sehr häufig vor Entscheidungen stehen, bei denen man sich irren kann; aber die Grenze ist doch einigermaßen deutlich bestimmt. Ein Minister handelt nicht fehlsam, wenn er sich die Unterstützung eines mächtigen Verlegers — auch zu parteipolitischen Zwecken — zu sichern sucht. Er verstößt aber gegen ungeschriebene Gebote, die auch für den Umgang mit der Macht und den Erwerb der Macht gelten, wenn er als Gegengabe Empfehlungen ausstellt, die dem heute zu protegierenden Protektor von gestern oder morgen mittelbar oder unmittelbar bares Geld einbringen sollen, selbst dann, wenn er überzeugt sein dürfte, daß die angebotene Leistung sachgerecht ist. Politischer Einfluß darf keinem, auch dem verdienten Freund nicht, Nutzen bringen oder ihn gar reicher machen!
    Der Minister hat viele Pflichten sich selbst, seinem Amt, uns allen gegenüber. Er hat dem Parlament gegenüber besondere Pflichten. Das Parlament ist es, was ihn legitimiert; das ist doch wohl der eigentliche Sinn des Wortes von. der Kontrollfunktion des Parlaments. Achtung vor dem Parlament



    Dr. Schmid (Frankfurt)

    ist mehr als bloße Courtoisie. Wenn man in irgendeinem Ausschuß oder hier im Plenum sich auf den Text des Urteils eines Gerichtes beruft, dann muß man den Text ganz zitieren und nicht, wie es geschah, nur bruchstückweise, wenn dadurch Mißverständnisse hervorgerufen werden könnten. So sollte man sich nicht verhalten. Das steht einem Minister nicht wohl an.
    Man hat in der letzten Zeit auch die Frage erörtert, ob unser System von Untersuchungsausschüssen ausreiche, ob es geeignet sei, das Informationsbedürfnis von Parlament und Öffentlichkeit in guter Weise zu befriedigen. Unser Modell verdanken wir eben diesem Max Weber, von dem ich vorher sprach. Er hat die drei Begriffe geprägt, um den Untersuchungsausschuß, wie er ihn sah, zu charakterisieren: Verwaltungskontrolle, Öffentlichkeit der Verhandlungen und das Minoritätenprivileg. Dieses gibt einer Minderheit die Möglichkeit, der Mehrheit einen Untersuchungsausschuß aufzuzwingen. Das schließt naturgemäß und folgerichtig ein Recht der Mehrheit aus, den Ausschuß in seiner Tätigkeit nach ihren Vorstellungen im eigenen Interesse zu manipulieren. Das gibt dem deutschen System — das anders ist als das englische, wo es dieses Minderheitenrecht nicht gibt — eine besondere Bedeutung. So wenig die Mehrheit sich der Einsetzung eines Ausschusses widersetzen kann, so wenig hat sie das Recht, kraft ihrer bloßen Mehrheit den Gang des Untersuchungsverfahrens um des eigenen politischen Interesses willen zu beeinflussen, von Zwecken her zu beeinflussen die außerhalb des eigentlichen Verfahrenszweckes liegen. Ich denke an Verzögerlichkeit, Ablehnung lästiger Beweisanträge und andere Dinge.
    Die Aufgabe des Ausschusses ist schlicht, einen zwielichtigen Sachverhalt, der politisch relevant ist, zu klären — niemand zuliebe und niemand zuleide —, damit man wisse, was die Wahrheit ist, was an einer Sache dran ist. Natürlich wird das Interesse an einer solchen Klärung nicht auf allen Seiten gleich groß sein. Ich sage das ohne jeden Vorwurf; dieser Sachverhalt ist eine Selbstverständlichkeit. Bei der Opposition wird das Interesse größer, stärker sein als bei den Regierungsparteien; das liegt in der Sache selbst. Jede Wahrheit kann sich für jemanden und gegen jemanden auswirken. Die Wahrheit aber selber steht über jedem Interesse. Die Pflicht zur Klärung besteht schlechthin, auch wenn durch diese die eine Seite des Hauses günstig und die andere ungünstig betroffen werden sollte.
    Keine Gruppe darf das Untersuchungsverfahren aber nur deswegen wollen — und ich bitte Sie, mir zu glauben, daß ich es nach allen Seiten hin genauso meine, wie ich es sage —, weil sie sich damit besondere Chancen verschaffen will oder weil sie der anderen Seite schaden will. Die bessere Chance für den einen oder die schlechtere für den anderen mag ein Nebenprodukt sein; das darf aber nicht der eigentliche Gegenstand des Wollens sein.

    (Beifall bei der SPD.)

    Ebensowenig darf die Mehrheit des Ausschusses
    seine Arbeit manipulieren zu dem einzigen Zweck,
    damit Chancen, die sich für die andere Seite aus dem Verfahren ergeben könnten, zu zerstören. Es ist nicht korrekt, den Ausschuß nur deswegen zu vertagen oder nicht einzuberufen, weil man einer anderen Partei nicht Munition für den Wahlkampf liefern will; dieses Wort ist hier leider gefallen. Es ist sicher nicht Aufgabe derer, die über den Gang des Verfahrens bestimmen, irgend jemandem Munition zu liefern. Es ist aber auch nicht ihre Aufgabe, einem anderen Chancen vorzuenthalten, die in der Fortführung des Verfahrens für ihn liegen könnten. Es gilt die einfache Pflicht, auf möglichst gründliche und möglichst rasche Aufklärung hinzuwirken.
    Was ich hier sage — ich wiederhole es — gilt sowohl für die Minderheit als auch für die Mehrheit, es gilt für uns alle. Der Untersuchungsausschuß ist kein Gericht, wenn auch gewisse Dinge in seinem Verfahren ähnlich den Verfahrensgrundsätzen der Gerichte sind. In einem Gericht sitzen per definitionem uninteressierte Personen, Personen die kein eigenes Interesse am Ausgang des Verfahrens haben. Das ist bei einem Untersuchungsausschuß anders. Da sind alle seine Mitglieder in irgendeiner Weise „interessiert"; ich meine das nicht im egoistisch-persönlichen Sinne — natürlich —, ich meine „politisch interessiert". Der Ausschuß ist das Mittel, nach besten Kräften dem Parlament und der öffentlichen Meinung das Wissen zu 'verschaffen, das beide brauchen, um die Amtsführung eines Ministers und damit seine Eignung für sein Amt zu beurteilen.
    Da erhebt sich eine ganz ernste Frage: überfordern wir mit diesem Anspruch nicht die Mitglieder der Untersuchungsausschüsse? Ich habe mir diese Frage oft vorgelegt und mit Schmerzen überdacht. Der Ausschuß ist ein Spiegelbild des Parlaments. Die Parlamentsmehrheit ist auch die Ausschußmehrheit. Die Untersuchung wird geführt, um das Verhalten, sagen wir, eines Ministers zu klären. Dieser gehört der Mehrheit an. Oft ist das politische Schicksal dieser Mehrheit abhängig vom politischen Schicksal dieses Ministers. Von dem Votum über das Verhalten dieses Mannes können die Regierungschancen der Mehrheitsgruppe abhängen, vielleicht noch mehr. Ist es da nicht zu viel, von den Ausschußmitgliedern der Mehrheitsgruppe zu verlangen, daß sie unter Umständen ihre Partei politisch umbringen, indem sie sagen: „Dieser unser Minister, — unser Stolz! — hat sich pflichtwidrig verhalten", — insbesondere wenn man nicht recht weiß, durch wen man ihn ersetzen soll; und es ist ja manchmal gar nicht leicht, einen Minister zu ersetzen.

    (Abg. Dr. Heck: Welcher Versuchung unterliegt die Minderheit?)

    -- Eben darauf wollte ich jetzt zu sprechen kommen! Genau dasselbe gilt umgekehrt für die Minderheit. Auch ihr gegenüber ist es eine Überforderung, zu verlangen, daß sie — wie gesagt wurde quasi die Rolle des Verteidigers übernehmen solle; ich bin der Meinung, daß man auch als Mann der Opposition das tun sollte. Aber spricht in diesen Dingen unser Gewissen immer ganz klar und deutlich? Ist



    Dr. Schmid (Frankfurt)

    es immer ganz unbeeinflußt von den Umständen? Wir sollten bei diesen Dingen gelegentlich an die Fragwürdigkeit jedes Wollens in der politischen Existenz denken.
    Trotz all dieser Erwägungen meine ich, daß wir die Untersuchungsausschüsse beibehalten müssen. Das eigentlich Wichtige ist dabei gar nicht ihr Votum. Wichtiger ist, daß überhaupt ein Klärungsversuch in der Offentlichkeit gemacht worden ist, daß frei und kontradiktorisch erörtert wurde, was vorliegt. Das scheint mir der eigentliche Wert und die eigentliche Bedeutung eines Untersuchungsausschusses zu sein. Diese Erörterung ist für den Minister ebenso wohltätig — das Gerede hört auf — wie für den Staat nützlich: die Luft wird sauber, und die Verantwortlichen sehen klarer.
    Lassen Sie mich mit Erlaubnis des Herrn Präsidenten einen Passus aus einer Rede zitieren, die der SPD-Abgeordnete Kuttner im Preußischen Landtag am 9. Mai 1930 gehalten hat. Ich zitiere:
    Die Untersuchungsausschüsse verfolgen und erfüllen einen Zweck weit über ihren unmittelbaren Ursprung hinaus. Sie dienen zur ständigen Selbstreinigung und Sauberhaltung des Systems. Es ist eine Unwahrheit, wenn behauptet wird, daß im demokratischen System mehr Korruption herrsche als in irgendeinem anderen System. Richtig ist nur das eine: Es gibt kein System auf der Welt, in dem so offenherzig, so frei über Mißstände geredet werden darf und in dem Mißstände so gründlich untersucht werden, um dann abgestellt zu werden.
    Dem ist, glaube ich, nichts hinzuzufügen.
    Natürlich wird je nach dem Ausgang eines solchen Verfahrens die eine oder die andere Gruppe Vorteil oder Nachteil haben. Da sich der Untersuchungsausschuß im allgemeinen mit dem Verhalten der Regierung oder eines Regierungsmitglieds beschäftigen wird, wird meist das Interesse der Mehrheit im Spiele sein. Das ist das Risiko des Regierens. Die Regierung ist nicht identisch mit dem Staat. Manchmal kann das Wohl des Staates verlangen, daß Dinge geschehen, die den Personen in der Regierung nicht frommen. Der Staat stellt gelegentlich harte Anforderungen an die, die ihm dienen. Gerüchte, in die nicht hineingeleuchtet werden kann, fixieren sich zu Abszessen, und Abszesse vergiften das Blut. Darum sollte jede Gruppe, die glaubt, das Wohl des Staates verlange eine Klärung zwielichtiger Sachverhalte, die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses wollen und seine Arbeiten fördern.
    Man hat heute auch von mißbräuchlicher Handhabung dieses Rechts durch die Opposition gesprochen. Ich möchte Ihnen mit Erlaubnis des Herrn Präsidenten einen Satz aus einer Arbeit Winfried Steffanis zitieren, der ein Kenner der Geschichte der Untersuchungsausschüsse ist — erschienen in der Zeitschrift „Der Monat" vom Mai 1962 —:
    Es ist sicherlich wesentlich der politischen Einsicht der Opposition zu verdanken, die ihre geschichtlichen Erfahrungen offenkundig gut verwertet hat, wenn in unserem Land bis heute
    parlamentarische Untersuchungen im allgemeinen weit mehr ihren politischen Wert als die Gefahren mißbräuchlicher Verwendung offenbart haben.
    So notwendig parlamentarische Untersuchungsausschüsse sind, so notwendig scheint es mir zu sein, unser heutiges System neu zu überdenken; ich glaube, daß es reformbedürftig ist. Jeder wird sich seine eigenen Gedanken über die beste Lösung machen. Wir werden darüber reden müssen. Wir können es nicht heute. Aber wir sollten bald darangehen und miteinander in aller Sachlichkeit und Gelassenheit darüber sprechen, wie man es am besten machen könnte. An unserer Mitwirkung soll es nicht fehlen.
    Noch ein letztes. In einigen Blättern war zu lesen, die SPD sei vom Osten her gesteuert worden, als sie die Einsetzung des Untersuchungsausschusses „Fibag" beantragte. Meine Damen und Herren, auf solche Pamphlete gibt es nur eine Antwort: Niedriger hängen!

    (Beifall bei der SPD.)



Rede von Erwin Schoettle
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Güde.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Max Güde


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sie wissen, ich bin, wie man in diesem Hause sagt, ein junger Abgeordneter. Ich muß es mir manchmal erst selbst bewußt machen und bitte infolgedessen um _Nachsicht, wenn ein so junger Abgeordneter in die Jahre vor dieser seiner Parlamentstätigkeit zurückdenkt und vielleicht zurückfällt.
    Ich werde so oft gefragt, wie es mir in einem so anderen Milieu gefällt. Nun, heute würde ich sagen: Genau wie eh und je. Ich habe einen Ankläger gehört, ich habe einen Verteidiger gehört. Ich habe von einem sehr klugen Gutachter, einem sehr klugen Professor, erhabene Weisheiten und goldene Worte gehört,

    (Heiterkeit und Beifall bei den Regierungsparteien)

    so erhaben und so weise, daß ich manchmal gezweifelt habe, ob sie ganz mit der Wirklichkeit übereinstimmen.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Aber lassen Sie mich nun doch ein paar Dinge aus der bisherigen Debatte zusammenfassen. Ich will mich auf einige wesentliche Gesichtspunkte beschränken, und ich meine, das Wesentlichste, was man voraus sagen muß, ist doch: War hier ein Panama-Skandal? Ist das das Ergebnis eines Panama-Skandals, was hier übriggeblieben ist? War das überhaupt das Ergebnis eines Skandals? Beurteilen Sie es selbst!
    Herr Kollege Benda hat das, was er an den Ausführungen des Herrn Jahn zu beanstanden hatte, sehr deutlich gesagt. Ich gebe Herrn Jahn alle Ungenauigkeiten mit in Kauf und sage: Was blieb denn von der Anklage übrig?

    (Sehr gut! bei der CDU/CSU.)




    Dr. h. c. Güde
    Soll ich verteidigen, nachdem die Anklage sozusagen zurückgenommen ist?

    (Sehr gut! bei der CDU/CSU.)

    Denn, meine Damen und Herren, das Ganze steht noch in einer ungeheuren Wolke von Verdächtigungen, nicht in diesem Raum, aber in dem gesamten Raum, in dem auch dieser Untersuchungsausschuß und noch diese Debatte stehen, und die Leute im Volk wollen doch einmal wissen, was von all dem wahr ist.

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)


    (Vorsitz: Vizepräsident Dr. Jaeger.)

    Und da kann man doch nur ganz ehrlich sagen: nichts, meine Damen und Herren!

    (Beifall bei den Regierungsparteien. — Zurufe von der SPD.)

    Der Herr Kollege Professor Dr. Schmid hat unter anderen goldenen Worten auch über die Ministerverantwortlichkeit gesprochen. Nun, da liegt in der Tat schon in der Anlage des Themas dieses Untersuchungsausschusses und auch in dem Änderungsantrag der SPD ein Ausweichen auf eine Pseudoanklage, die man ganz klar kennzeichnen muß.
    Im Verfassungsrecht der Weimarer Republik konnte gegen einen einzelnen Minister ein Mißtrauensvotum beantragt werden, und der Reichstag konnte gegen ihn die Anklage vor dem Staatsgerichtshof beschließen. Das eine ganz klar die politische Verantwortlichkeit des Ministers, das andere: die rechtliche Verantwortlichkeit. Übrigens mußten bei der Anklage vor dem Staatsgerichtshof in einer Anklageschrift, die im Auftrag des Parlaments anzufertigen war, die Tatsachen genau bezeichnet werden, in denen die Rechtsverletzung gesehen wurde. In der Erinnerung an ein solch vages Thema, wie es hier nun zur Sprache gestellt ist, muß man sagen: Welcher Vorzug, wenigstens ganz genau zu wissen, wessen man angeklagt ist!
    Die Möglichkeit des Mißtrauensvotums gegen den einzelnen Minister ist in das Grundgesetz — niemand, glaube ich, weiß über die Gründe besser Bescheid als der Herr Kollege Dr. Schmid — bewußt nicht wieder aufgenommen worden und die Anklage vor dem Staatsgerichtshof ebensowenig.
    Was ergibt sich daraus? Zum mindesten, daß nicht aus diesen beiden hohen Rangebenen in ein Pseudodisziplinarverfahren gegen einen Minister ausgewichen werden kann.

    (Zustimmung bei den Regierungsparteien.)

    Das scheint mir eine Unmöglichkeit zu sein. Wenn die Opposition oder das ganze Haus Vorwürfe gegen einen Minister zu erheben hat, meine Damen und Herren, dann kann es sich niederschlagen in einem Mißtrauensantrag gegen das Gesamtkabinett.

    (Zuruf von der SPD: Das gibt es nicht! Das wissen Sie doch wohl auch!)

    — Es kann sich niederschlagen, Herr Kollege Schmid.